Alles wird sich ändern von BinaLuna (denn die Zeit bleibt nicht stehen) ================================================================================ Kapitel 41: Der Angriff ----------------------- Alles wird sich ändern Author: Luna Genre: Fantasy Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;) Part 41 von ? Warning: bislang keins Da. Ganz nah. Er wusste es, ganz sicher. Mellryn lächelte in die Dunkelheit hinein, als seine Vision verebbte. Die Vision, die ihm gezeigt hatte, dass Eravelle und Dana mit ein paar anderen Freunden vor der Festung standen und ihn befreien würden. Endlich! Bald würde er aus seiner Zelle herauskommen können, diese Magiefressenden Fesseln ablegen und wieder frei sein. Hoffentlich, so dachte er, lassen sich Eravelle und meine Schwester nicht zu viel Zeit… „Wie sollen wir da ungesehen hereinkommen?“, fragte Lydia unsicher, als sie die Mauern empor blickte. Es erschien ihr aussichtslos, da irgendwie reinzukommen. „Gute Frage. Und woher wissen wir, wo Mellryn gefangen ist?“, fragte Jules, der ähnliche Zweifel wie Lydia hegte. „Soweit wir wissen, gibt es einen Dienereingang auf der anderen Seite. Dort könnten wir uns vielleicht irgendwie hereinschleichen“, erklärte Oranor. „Stimmt. Wir sollten möglichst heimlich hinein und genauso heimlich wieder heraus. Kämpfe vermeiden, wo wir können“, nickte Eravelle. „Kriegen wir das hin?“, fragte sich Zack. „Bestimmt. Wir müssen nur dafür sorgen, dass dieser Idiot hier still bleibt“, meinte Estela, die daraufhin Tawha ein wenig schubste. Sie würde schon Mittel und Wege haben, den Dunkelelben ruhig zu halten, da waren sie sich alle sicher. Sie hatten ihr Gepäck und alles, was sie beim Kämpfen und Schleichen nur behindern würde, schon vor einiger Zeit abgelegt und versteckt und so konnten sie nun ein wenig schneller und bequemer vorankommen. Dank Alvars Zauber gelangten sie unbehelligt zu dem Eingang, durch den nur die Dienerschaft aus und ein ging, der aber dennoch bewacht wurde von zwei grimmig dreinschauenden Elben. „Wie sollen wir an denen vorbeikommen?“, fragte Dana, fast schon verzweifelt. Seit sie ihr Ziel erreicht hatten, war sie von Minute zu Minute nervöser geworden und hoffte, dass sie das alles unbeschadet überstehen würden. „Wir müssen sie irgendwie ausschalten und hoffen, dass es keiner mitbekommt“, überlegte Zack, den Bogen fest im Griff. Alvar nickte. „Gute Treffer und sie sind schnell erledigt“, sagte der Elb, der seinerseits seine Armbrust bereithielt und einen Bolzen einlegte. Zack und Alvar nickten sich gegenseitig zu und schossen. Zur Erleichterung der ganzen Gruppe fielen die beiden getroffenen Elben wie nasse Säcke um und gaben keinen Laut von sich. „Das hätten wir geschafft“, seufzte Zack. Er hatte noch nie zuvor jemanden umgebracht und das zehrte jetzt doch ein wenig an seinen Nerven. Bloß nicht daran denken, sagte er sich, dennoch war es nicht leicht, die aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken, die ihn bei dem Gedanken überfiel. Alvar schien damit weniger Probleme zu haben. Hatte er schon mal getötet? Zack würde das zu diesem Zeitpunkt nicht herausfinden, denn die Zeit drängte. Sie mussten so schnell wie möglich hinein und hoffen, dass sie dabei nicht entdeckt wurden. Diesmal waren es Eravelle und Estela, die Schutzzauber um sie woben, damit sie schwieriger aufzuspüren waren. Es war seltsam, wie gut die beiden Frauen, die sich gegenseitig so sehr hassten, miteinander arbeiten konnten. Scheinbar waren sie sich darüber einig geworden, dass sie jetzt erst einmal zusammenhalten mussten, wenn sie Erfolg haben wollten. Nacheinander schlichen sie sich also nun in die Festung und hatten dabei abermals Glück – es war niemand dort, der sie hätte sehen können, als sie alle eingetreten waren. „Wo wird er gefangen gehalten, weißt du das?“, fragte Zack Eravelle. „Nicht direkt. Ich denke, er wird unten im Kerker sein. Wo würde man sonst Gefangene unterbringen?“ „Jetzt müssen wir nur noch wissen, wie wir in die Kerker kommen“, stellte Jules trocken fest. „Das ‚zweite Gesicht‘ wäre jetzt sehr nützlich“, überlegte Lydia, die daraufhin Dana musterte. „Ja…“, gab die Elbin zu, „aber ich beherrsche es noch nicht. Ich bekomme die Visionen nicht, weil ich sie bekommen will…“ „Ich beherrsche es. Aber es ist fraglich, ob ich es schaffe, damit den Weg zu finden. Ich habe keine weitere Verbindung zu Mellryn“, sagte Alvar. Er blickte Eravelle an. Sie war eine sehr gute Magierin und vielleicht in der Lage, Mellryn ausfindig zu machen. „Bedauere“, sagte sie jedoch kopfschüttelnd, „aber ich habe ‚das Gesicht‘ noch nie besessen.“ „Dann hilft alles nichts“, mischte sich Estela ein. „Suchen wir uns jemanden, der uns sagen kann, wo sie sind. Oder weiß unser junger Freund hier vielleicht sogar, wie wir weiterkommen?“ Sie blickte Tawha an, den sie weiter mitschleppten. Tawha grinste und machte auch ohne seine Stimme gut genug deutlich, dass er ihnen nicht helfen würde. „Hmpf. Ich frage mich, was Haryon dir geboten hat, dass du uns alle verraten hast und übergelaufen bist…“, knurrte Eravelle. Es war ihr noch immer unbegreiflich, wie ihr Cousin so was tun konnte. Doch eine Antwort darauf erwartete sie gar nicht erst. Die Gruppe schlich weiter und wurde beinahe entdeckt, als zwei Diener ihres Weges kamen. Nur die Geistesgegenwart Lydias war es, die sie alle davor rettete, dass sie geschnappt wurden – sie hatte rechtzeitig eine offene Tür entdeckt, durch die sie hindurchschlüpfen konnten. „Wir bräuchten einen einzelnen Diener, den wir überrumpeln können“, sagte Estela. „Seht, da vorne läuft einer“, flüsterte auf einmal Falmarin, als sie jemanden entdeckte. „Prima. Genau das richtige für mich“, grinste die Priesterin, die sich daraufhin dem Diener an die Fersen heftete und ihn in einem günstigen Moment niederschlug, bevor er sie bemerken konnte. „Nein, ich möchte sie wirklich niemals als Feindin haben“, bemerkte Zack trocken, als die Frau mit den karmesinroten Haaren den jungen Diener zu ihrem kleinen Unterschlupf zurücktrug. Es dauerte nicht lange, bis der junge Mann wieder zu sich kam und mehr als nur erschrocken reagierte, von so vielen fremden Leuten umgeben zu sein, die nicht gerade freundlich zu ihm herabblickten. Zum Glück verhinderte Estelas Zauber, dass er um Hilfe schreien konnte, auch wenn er es versuchte und beinahe in Panik geriet, als er bemerkte, dass seine Stimme weg war. „Erklär uns, wo die Kerker liegen und wir lassen dich leben“, drohte die unheimliche Priesterin mit einem diabolischen Grinsen auf den Lippen, während sie den Zauber wieder löste. Zum Glück war der Diener klug genug, nicht zu schreien, kooperierte und gab eine genaue Wegbeschreibung ab. „Weißt du, in welcher Zelle Mellryn sitzt?“, fragte Dana beinahe ungeduldig. „Wer?“, fragte er Diener und damit war klar, dass er es nicht wusste. Sie würden ihn also suchen müssen. Nachdem Estela ihr Opfer wieder bewusstlos geschlagen hatte, gingen sie leise und vorsichtig den beschriebenen Weg entlang. Sie mussten noch so einige Male ausweichen, als ihnen Dunkelelben und Diener entgegenkamen, hatten jedoch stets Glück, nicht entdeckt zu werden. Dana fragte sich, wie lange das wohl noch gut gehen würde. So viel Glück war ja schon beinahe unnatürlich. Jedoch trat nun ihr nächstes Problem auf – die Treppe, die hinunter in die Kerker führte, war bewacht. Zwei Dunkelelben hielten dort Wache und es sah nicht so aus, als könnten sie die beiden so leicht ausschalten wie die Wachen am Dienereingang. Calina, die den Weg für die anderen immer vorweg auskundschaftete, seit sie wussten, wie sie in die Kerker kamen, schlich zu ihren Begleitern zurück. „Ich habe keine Ahnung, wie wir an diesen Wachhunden vorbeikommen sollen“, sagte sie bedauernd. „Jemand müsste sie weglocken“, schlug Jules vor. Alvar schüttelte jedoch den Kopf. „Nein, die würden eher Alarm schlagen, als sich weglocken zu lassen, da bin ich mir sicher.“ „Aber einen Versuch ist es dennoch wert“, fand Falmarin. „Wenn sie Alarm schlagen, müssen wir eben auf Plan B zurückgreifen.“ Niemand widersprach, da sonst keiner einen besseren Plan hatte. „Gut. Ich werde den Lockvogel spielen“, sagte die junge Elbin, die ihre Kleider ein wenig ‚zurechtrückte‘ und anschließend zu singen anfing. Falmarin trug nicht umsonst das elbische Wort für „Nymphe“ als Namen – sie hatte eine sehr betörende, weiche Stimme. Und mit ihrer Magie und ihrer Stimme wob sie einen Zauber, der den Verstand der beiden Wachen benebeln würde. „Huch? Was ist das?“ „Was?“ „Na, diese Musik. Heute soll doch gar kein Fest sein, oder?“ Der stämmigere der beiden Wachmänner kratzte sich am Hinterkopf, als er seinen Kollegen fragend ansah. „Nein, nicht dass ich wüsste. Aber hey, das klingt gar nicht schlecht.“ „Oh, sieh mal!“ Die beiden Wachen staunten nicht schlecht, als sie nun die Besitzerin dieser wunderschönen Stimme auf sich zukommen sahen. Es war eine sehr hübsche, junge Elbin – sehr anzüglich bekleidet – die sie da anlächelte und mit ihrer Stimme den beiden Jungs den Kopf verdrehte. Längst war keiner der beiden mehr in der Lage, den Blick von diesem anmutigen Wesen vor ihnen abzuwenden und als sie nun wieder zurückging und ihnen bedeutete, ihr doch zu folgen, taten sie es blind und taub, denn ihr Verstand war von dem Zauber völlig vernebelt. Falmarin lockte die beiden schon beinahe sabbernden Wachen in die falsche Richtung, so dass ihre Freunde nun freie Bahn in die Kerker hatten. Sie würde mit den beiden Wachen schon spielend fertig werden. „Seid ihr Elben eigentlich alle so gruselig?“, fragte Garim, der verblüfft war, wie gut die Elbin ihre Aufgabe gemeistert hatte. Eravelle kicherte jedoch bloß leise und folgte den Treppen weiter nach unten. In den Kerkern roch es sehr unangenehm nach Unrat und Fäulnis und gerade die Elben hofften, hier schnell wieder verschwinden zu können. „Prima, das hätten wir geschafft. Jetzt müssen wir nur noch meinen Bruder finden!“, freute sich Dana. Ihr ungutes Gefühl war zwar noch nicht verschwunden, aber jetzt, da sie so kurz vorm Ziel waren, wurde sie ein wenig zuversichtlicher. Eravelle jedoch wurde immer aufgeregter. Konnte sie ihren Geliebten gleich in ihren Armen halten? Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein. „Wenn wir ihn bei diesen vielen Zellen finden“, seufzte Zack, als er sich nun im Kerker näher umsah. „Hoffentlich sind hier keine weiteren Wachen“, flüsterte Jules. „Wenn hier noch welche sind, mache ich sie zu Hackfleisch!“, knurrte Garim, der seine Axt tätschelte. Ganta kicherte bei dem Gedanken, wie sein Onkel eine Wache niederprügelte, die mindestens doppelt so groß war wie er. „Wir sollten uns aufteilen und jede einzelne Zelle absuchen. Irgendwo muss Mellryn ja sein“, schlug Estela vor und mit diesem Plan waren sie alle einverstanden. Vorn seufzte. Es war kein guter Tag für ihn gewesen, denn er hatte seinem Herrn berichten müssen, dass die fünf Elben, die die Begleiterin Mellryns verfolgt hatten, definitiv tot waren. Man hatte ihre Leichen gefunden. In den Bergen. Und zu allem Überfluss hatte man noch zwei weitere Leichen entdeckt – die eines jungen Dunkelelben, der mit einem gewissen Tawha unterwegs gewesen war und eine, die sie noch nicht hatten identifizieren könnte, da sie bis zur Unkenntlichkeit verkohlt gewesen war. Man vermutete nur, dass es sich um Tawha oder Faer handelte, denn das war der zweite Trupp gewesen, der Eravelle verfolgen sollte, nachdem man von den anderen fünf nichts mehr gehört hatte. Haryon war außer sich gewesen vor Zorn, als er von den Toten hörte. Und nach dem Bericht, dem Vorn ihm übermittelt hatte, war es wahrscheinlich, dass diese dunkelhaarige Elbin zurückkam. Ob sie in Begleitung war, ließ sich nicht sicher sagen, aber es war wahrscheinlich. Natürlich würde sie Mellryn befreien wollen, das war ihnen allen klar gewesen. Die Frage war nur, wann sie mit einem Angriff zu rechnen hatten. Und genau zu dieser Frage hatte Vorn keine Antwort finden können. Lydia untersuchte nun schon die dritte Zelle durch den Sichtschlitz, aber auch hier konnte sie niemanden entdecken. Allerdings fiel ihr nun erst recht auf, dass Alvar immer noch in ihrer Nähe war. Er ließ sie überhaupt nicht mehr aus den Augen. Nicht, dass es ihr unangenehm gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Aber sie hatte keine Ahnung, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Inzwischen war mehr als offensichtlich, dass sie sich mochten. Gern hätte sie ihm längst gestanden, dass sie sich in ihn verliebt hatte, denn genau das wusste sie selbst bereits seit dem Vorfall mit der Lawine. Dennoch hätte sie es als unfair Eravelle gegenüber empfunden, wenn sie sich ihrer Liebe einfach so hingegeben hätte, wo sie selbst doch ihren Liebsten nicht um sich haben konnte. „Nach diesem Akt hier“, sagte sie leise zu sich selbst, „hiernach werde ich es ihm sagen.“ Dana hatte schon einige Zellen begutachtet, doch sie waren alle sehr dunkel gewesen und es war schwer, zu sehen, ob jemand darin war. Jedes Mal flüsterte sie den Namen ihres Bruders, doch bisher hatte sie ihn nicht entdeckt. Dafür hatte sie bereits zwei halbverweste Körper gesehen, die es ihr schwer machten, ihren Mageninhalt bei sich zu behalten. Es waren mehr als widerliche Anblicke gewesen und sie hoffte sehr, dass ihr Bruder noch nicht so enden musste. Als sie in die nächste Zelle blickte, konnte sie nichts weiter als Dunkelheit ausmachen. Seltsam. In dieser Zelle war es viel dunkler als in denen davor. „Mellryn?“, flüsterte sie leise und erschrak, als sie diesmal eine Antwort erhielt. Da waren Schritte, doch es war nicht auszumachen, ob es wieder nur die Wachen waren oder jemand anderes. Sein Gehör hatte sehr gelitten in dieser Gefangenschaft, von seiner Sehkraft auf dem verbliebenen Auge mal ganz abgesehen. Doch als die Schritte nun vor seiner Zelle verklangen und der Riegel vorbeigeschoben wurde, wusste er irgendwie, wer da stand. Und als er diese liebliche, weibliche Stimme vernahm, machte sein Herz einen freudigen Sprung. „Ich bin hier, Schwester“, antwortete er auf die leise Frage Danas. Dana hatte überhaupt keine Ahnung, was sie nun machen sollte, jetzt, da sie Mellryn gefunden hatte. Beinahe hätte sie laut aufgeschrieen, doch im letzten Moment konnte sie sich zurückhalten. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, so aufgeregt war sie. Ihre Empfindungen reichten von totaler Panik bis übergrößter Freude gleichzeitig. Ohne es zu wollen, weinte sie. Tausend Fragen schossen ihr in den Kopf. Wie würde ihr Bruder aussehen? Wie würde er sie behandeln? Würde er sich freuen, sie zu sehen? Er hatte sie bereits als seine Schwester erkannt, aber wie war es eigentlich, ihn als Bruder zu haben? Sie hatte keinerlei Erinnerungen mehr an ihn und sie wusste überhaupt nicht, auf was sie sich vorbereiten sollte. „Schwester, bitte, hol mich hier raus.“ Diese kratzige, schwache Stimme holte sie in die Realität zurück und sie atmete tief durch. „Wie kriege ich diese verdammte Tür auf?“, fragte sie sich, als sie die Zellentür nun näher besah. Sie sah ein Schloss, doch sie hatte doch gar keinen Schlüssel! Endlich hatten auch Estela und Garim bemerkt, dass die Elbenprinzessin am Ziel angekommen war und kamen ihr zu Hilfe. „Lass mich das machen“, sagte Estela grinsend, als sie einen Dietrich hervorzauberte und sich an dem Schloss zu schaffen machte. Dana war für diese Hilfe sehr dankbar, denn sie hätte keine Ahnung gehabt, was zu tun gewesen wäre. Garim gab inzwischen den anderen Bescheid, die kurz darauf alle vor der Zelle standen. Die Nervosität war greifbar, als die Zellentür endlich aufsprang und ein wenig Licht in die Zelle des gefangenen Elben viel. Genau in dem Moment drang ein gellender Schrei durch den Kerker, der sie alle bis ins Mark erschrecken ließ. „Verdammt!“, fluchte Estela, die als erstes realisierte, was geschehen war. Der Fluch, der Tawhas Stimme versiegelt hatte, hatte sich schlussendlich aufgelöst und das hatte der Dunkelelb sofort genutzt, um nach den Wachen zu rufen. „Wir hätten ihn doch umbringen sollen, diesen verfluchten Scheißkerl!“, knurrte die Priesterin, die es sich nun nicht nehmen ließ, ihn zu verprügeln. „Dafür ist keine Zeit“, kreische Eravelle hysterisch, die nun in die Zelle Mellryns stürmte. „Wir müssen hier raus, schnell!“, sagte Alvar, der den Ernst der Lage erkannte. Keiner wusste, wie lange die nächsten Wachen brauchen würden, um nach dem Rechten zu sehen, nun, da sie dort diesen Schrei gehört hatten. Es würde doch schon auffallen, dass die Wachen vor der Treppe spurlos verschwunden waren! Eravelle machte sich an den Fesseln Mellryns zu schaffen, doch sie konnte ihre Magie dafür nicht einsetzen und schaffte es nicht, die eisernen Ringe zu öffnen. Ihrem Gesicht war ihre Panik anzusehen und sie konnte an nichts anderes mehr denken, als mit Mellryn zu flüchten. Dieser freute sich unendlich, seine Freundin zu sehen, erkannte aber ebenso wie alle anderen den Ernst der Lage. Dana stand völlig unbewegt in der Tür. Ihre Gefühle hatten sie bereits komplett überwältigt und dieser Schrei nach den Wachen hatte die Prinzessin total betäubt. Sie wusste gar nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. „Ich kriege diese verdammten Fesseln nicht auf!“, jammerte Eravelle verzweifelt. Hilfe bekam sie von Garim, der einfach seine Axt sprechen ließ. Endlich, nach endlos langen Sekunden war Mellryn befreit und auch, wenn die Ketten ihm noch immer um die Handgelenke hingen, so konnte er sich nun doch fortbewegen. Inzwischen hörten sie die Schreie und das Getrampel der Wachen, die in Windeseile in die Kerker stürzten. „Schnell, schnell!“, rief Jules völlig kopflos. „Ich… ich kann nicht laufen…“, stellte Mellryn überrascht fest, als er es endlich geschafft hatte, aus der Zelle zu treten, aber Alvar fast sofort in die Arme fiel. Seine Beine waren wie Wackelpudding, so weich und unbrauchbar durch die mangelnde Bewegung. Überhaupt bot der junge Elb keinen guten Anblick. Er sah sehr ausgezehrt aus. Dreckig und abgemagert. Alvar überlegte nicht lange, er nahm den Prinzen huckepack, gerade in dem Moment, in dem die Wachen die Kerker stürmten. „Verdammt“, fluchte Eravelle, die nun keine Ahnung hatte, wie sie hier herauskommen sollten. So wie niemand von ihnen. Als Dana sich endlich bewusst wurde, was da eigentlich geschah, kam sie wieder halbwegs zu Sinnen. Der Anblick ihres Bruders machte sie wütend. „So schrecklich…“, flüsterte sie. „Mein armer Bruder sieht so schrecklich aus… was habt ihr nur mit ihm gemacht?“ Es ging alles ganz schnell, als die Wachen auf sie zugerannt kamen, ihre Schwerter gezückt und blutrünstig schreiend. Zack, Jules, Oranor, Garim und Ganta, die ganz vorn standen, hielten die erste Angriffswelle der Wachen ab, doch es war klar, dass sie nicht lange standhalten würden. Eravelle zückte ihr langes Messer und stürzte sich ebenfalls in den Kampf und Estela ließ sich auch nicht zweimal bitten. Sie alle stellten sich schützend vor die Prinzessin und Alvar, der den kraftlosen Mellryn trug, als ein grässlicher Aufschrei in den Kerkern widerhallte und Ganta, der junge Zwerg, tödlich verwundet zu Boden glitt. In Dana bröckelte in ihrem Inneren auf einmal etwas. Eine Barriere löste sich und sie spürte, wie ihr Körper immer heißer wurde. Sie hörte keine Geräusche und nahm alles sehr langsam wahr, ihr Blick verschleierte sich ein wenig, als sie den toten Ganta anstarrte und dieses viele Blut den Boden benetzte. „Nein“, flüsterte sie fast unhörbar und vor ihrem geistigen Auge schwirrten Bilder umher, die sie zehn Jahre lang unterdrückt hatte. Ihr Vater, der vor ihren Augen enthauptet wurde. Ihre Mutter, die auf ebenso grässliche Weise ihr Leben verlor. Lilian, die Zofe ihrer Mutter, die ebenso wenig verschont wurde wie der freundliche alte Tolka, der ihr immer so schöne Geschichten erzählt hatte. Irgendetwas in Danas Kopf explodierte förmlich und sie spürte, wie pure, heiße Kraft in ihr aufwallte. „NEIN!“ Jeder im Raum, der die gewaltige magische Welle wahrnehmen konnte, drehte sich um und starrte die Prinzessin ungläubig an und alle anderen taten es ihnen gleich. Dana hob ihren Arm, richtete ihre Magie gegen die Angreifer und sagte: „Faíre!“ Niemand konnte sehen, was genau geschah, denn der Raum wurde plötzlich strahlend hell und ein gleißendes Licht blendete sie alle. Als dieses Licht wieder verschwand, lagen die angreifenden Wachen regungslos am Boden. Estela bemerkte sofort, dass sie alle tot waren. Ihre Achtung vor Dana wuchs in diesem Augenblick um einiges, denn ihr war schlagartig klar, dass die Elbenprinzessin ihr tatsächlich überlegen war. Alle Augen waren auf Dana gerichtet, die überhaupt nicht sie selbst zu sein schien. Ihre Gestalt war in ein pulsierendes Leuchten gehüllt und als Zack ihr in die Augen blickte, bemerkte er sofort, dass sie seltsam ausdruckslos aussahen. Die Prinzessin schien sich überhaupt nicht bewusst zu sein, was sie tat, als sich ihre Hand nun gegen die Wand richtete. „Edro!“ Dies war der nächste Zauberspruch, der dafür sorgte, dass ihre Magie ein gewaltiges Loch in die Wand sprengte. Natürlich blieb der Tumult in den Kerkern auch von Haryon nicht unbemerkt. Sämtliche Wachen stürmten nach unten und auch Vorn und Haryon selbst hatten sich auf den Weg gemacht. Vorn hätte nie zu träumen gewagt, dass Eravelle bereits im Gebäude sein könnte und um so überraschter war er, als immer wieder starke magische Wellen die Festung erzittern ließen. Als sie endlich in den Kerkern angekommen waren, trauten beide ihren Augen kaum. Sämtliche Wachen lagen tot am Boden und die überwältigende Magie ging tatsächlich von einem jungen, rothaarigen Mädchen aus, das dabei war, die nächste Zerstörungswelle gegen sie loszulassen. Nur Haryons eigener Magie war es zu verdanken, dass er und Vorn diese Attacke überstanden. „Dana!“, rief Zack seiner Ziehschwester zu. „Wach auf! Dana!“ Doch die Elbin schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. Tränen rannen Zack über die Wangen, als er seine Waffe fallen ließ und auf Dana zuging. „Komm zu dir, Dana“, sagte er sanft, doch noch immer reagierte sie überhaupt nicht auf ihn. Niemand schien in der Lage zu sein, sich zu bewegen oder den Blick abzuwenden, als Zack nun seine Arme um die Prinzessin legte und sie an sich drückte. „Komm zurück!“, flüstere Zack. Nun endlich schien Dana wieder Herrin ihrer Sinne zu werden, denn das Leuchten um sie herum verschwand. Dann sank sie besinnungslos zusammen. Es war Eravelle, die nun nicht einen Augenblick lang zögerte. „Lauft!“, schrie sie und rannte ihrerseits durch das Loch, das Dana in der Wand hinterlassen hatte und ihnen nun eine ideale Fluchtmöglichkeit bot. Sofort folgte ihr der Rest der Truppe. Zack trug Dana, während Garim seinen toten Neffen nicht zurücklassen konnte und den leblosen Körper so gut es ging mit sich nahm. Estela schleuderte ihrerseits Haryon und Vorn einen mächtigen Zauber entgegen, um ihre Flucht zu gewährleisten. Und diese Flucht sollte ihnen auch gelingen. End of Part 41 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)