Walk on the Edge von ChogaRamirez (Arkham City) ================================================================================ Kapitel 2: Was es wirklich heißt, Schmerzen zu haben ... -------------------------------------------------------- Oswald Chesterfield Cobblepot hatte gut Lachen, als er durch die Gänge im hinteren Teil seines Nachtclubs schritt – durch sein angeborenes Hüftleiden bedingt, watschelte er mehr, als dass er lief – und sein Büro ansteuerte. Er hatte allerbeste Laune und er war sich verdammt sicher, dass Nichts und Niemand ihm diese Laune heute verderben konnte. Er freute sich im wahrsten Sinne des Worte diebisch darüber, dass er dem »Industrial District« einen großen Schritt näher gekommen war. Und es war so verdammt einfach gewesen! Ein Glucksen, welches entfernt an das Quaken eines Pinguin erinnerte, entkam seiner Kehle, als er im Vorbeigehen seine Karte musterte. Sein Blick streifte die von ihm vor einer Weile selber umgestoßene Karte, die den Joker darstellen sollte, und der Pinguin brach in schallendes Gelächter aus. Der psychotische Clown ahnte nicht einmal, dass fleißig an seinem Thron gesägt wurde und er bald, mit der spitzen Nase voran, auf dem schmutzigen Boden der Tatsachen angelangen würde. Cobblepot klatschte in die Hände und rieb die Handflächen aneinander. Er freute sich wie ein kleines Kind zu Weihnachten auf das dumme Gesicht des Jokers, wenn ihm bewusst wurde, dass er dieses Mal der Verlierer war. Dieses Mal, nur dieses eine verdammte Mal, wollte der Pinguin am längeren Hebel sitzen und wenn es sein musste, würde er dafür sein komplettes Inventar nutzen, um den Clownprinzen zu stürzen. Viel zu lange schon regierte er die Untergrundszene von Gotham City und viel zu lange schon hatte sich Cobblepot von ihm auf der Nase herumtanzen lassen. Er würde dem Treiben nun endlich ein Ende setzen. Egal, was es kostete! Der Pinguin warf einen letzten gehässigen Blick auf das, auf der Karte verzeichnete, Stahlwerk und ging dann weiter zu seinem Büro, welches nur durch ein Labyrinth an Gängen innerhalb der »Iceberg Lounge« zu erreichen war. Hinter jeder Tür, die man auf dem Weg dorthin passierte, befanden sich Lagerräume und kleine prunkvoll ausgestattete Räume, in die sich die betuchten Kunden für geschäftliche oder private Aktivitäten zurück ziehen konnten. Und in jedem dieser Räume gab es grundsätzlich einen Fluchtweg, den man auf den ersten Blick nicht sehen konnte. Nur wenn man wusste, wo man hinsehen musste, konnte man ihn erkennen. Fluchtwege waren das A und O, wenn man zuließ, dass reiche, zwielichtige Gestalten den eigenen Nachtclub für dubiose Geschäfte nutzen. Mittlerweile waren aus vielen dieser Zimmer Lagerräume geworden. Hier, in »Arkham City«, wo sich Jeder selber der Nächste war, hatte es keinen Sinn, einen Nachtclub zu betreiben. Schließlich hätten es sich nur die Wenigsten leisten können, im Club des Pinguin für einige Zeit zu verweilen. Nicht umsonst war die »Iceberg Lounge« mal einer der angesagtesten und teuersten Clubs der Stadt gewesen. Stattdessen nutzte Cobblepot seine Räumlichkeiten lieber, um die Waffen, die er unter der Hand von Hugo Strange höchstpersönlich bezog, zu lagern. Und um die Laune seiner Handlager zu gewährleisten, durften sie es sich in den salonartigen Privatzimmern gemütlich machen, wenn sie nicht gerade im Einsatz waren. Cobblepot öffnete die leicht knarrende Tür zu seinem Büro, knipste das Licht an und gab der Tür dann einen Schubs, damit sie schwungvoll zurück ins Schloss fiel. Er seufzte lautlos und zog sich umständlich seinen dicken, mit Fell gefütterten knöchellangen Mantel aus, um ihn über einen Haken des alten Kleiderständers neben der Tür zu hängen. Sein Büro war so ziemlich der einzige Ort in »Arkham City«, wo er seine Ruhe hatte. Das raumhohe Fenster hinter seinem Schreibtisch war mit dicken, dunkelblauen, fast schon schwarzen, Vorhängen aus schwerem Brokat versehen, die das gesamte einfallende Licht schlucken konnten. Fast immer waren die Vorhänge zugezogen und verliehen dem Raum damit einen sehr düsteren Charakter. An den Wänden, die ebenfalls mit Brokat bespannt waren, standen Bücherregale und Aktenschränke in Reih und Glied. Die Regale, in denen kein einziges Buch zu finden war, waren vollgestopft mit allem möglichen Krimskrams, angefangen bei diversen ausgestopften Vögeln über eine vielfältige Auswahl hochpreisiger Spirituosen bis hin zu einer Sammlung an Trick-Regenschirmen. Der imposante, im Kolonialstil gehaltene, wuchtige Schreibtisch aus Mahagoni dominierte den Raum deutlich. Cobblepot ließ sich schwer in seinen nicht weniger prunkvollen, hinter dem Schreibtisch stehenden, Sessel fallen, zog eine der Schubladen auf und fischte dann eine sehr viel kleinere Version seiner Karte von »Arkham City« hervor. Kaum, dass er die kleine Karte vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatte, fing der Pinguin wieder an zu glucksen, wie es einer seiner gefiederten Namensvettern nicht besser gekonnt hätte. Schon alleine der Gedanke, was für eine hübsche, kleine Überraschung er für den selbsternannten »Clown Prince of Crime« vorbereitet hatte, ließ ihn über beide Ohren strahlen. Aber nicht nur für den Joker hatte er Überraschung parat, nein, auch für seine nicht weniger geisteskranke Freundin hatte er Etwas vorbereitet. Einige der Schaukästen, die zur Unterwasser-Ausstellung der Museums gehörten und in denen eigentlich verschiedene Arten von Fischen leben sollten, hatte Cobblepot kurzerhand umfunktioniert. Es war nie ein Fan von diesen Meeresbewohnern gewesen und würde es wohl auch nie werden. In einigen dieser, bis oben hin mit Salzwasser gefüllten Schaukästen, präsentierte der Pinguin sehr eindrucksvoll – wie er selber fand – potenziellen neuen Mitarbeitern seiner kriminellen Organisation, was es bedeutete, ihn aufs Kreuz legen zu wollen. Praktischerweise befanden sich an den Schaukästen versteckte Lautsprecher, die ursprünglich dafür gedacht waren, interessierte Besucher über die darin lebenden Tiere zu informieren. So brauchte Cobblepot nur noch eine eigene Ansage diktieren, die verkündete, auf welche Art und Weise die in den Schaukästen treibenden Leichen und seiner Meinung nach äußerst ansprechend platzierten Skelette ums Leben gekommen waren. Sie sollten als abschreckendes Beispiel dienen und bislang funktionierte das auch einwandfrei. Für diesen brillanten Einfall würde sich der Pinguin am liebsten selbst auf die Schulter klopfen, wie er wieder einmal feststellte. Ein weiterer Aspekt, der dafür sorgte, dass seine Handlager spurten, war sein neues Haustier – ein riesiger weißer Hai, den er auf den Namen Tiny getauft hatte. Fische waren zwar in den Augen des Pinguin nichts Besonderes, aber so ein riesiger Hai mit seinem gewaltigen Gebiss machte doch schon Einiges her. Bevor er zu sehr ins Schwärmen für seine neuste Errungenschaft kam, konzentrierte sich Cobblepot lieber weiter auf die Überraschung, die er für den Joker und seine liebreizende Freundin plante. Noch war sie nicht ganz fertig, aber wenn sie es war, würde es einfach fantastisch werden. Er hatte zwei so große Schaukästen, in denen ein Erwachsener im Stehen bequem Platz hatte, angefangen so umzubauen, dass sie letztendlich seine größten Trophäen beherbergen würden. Einer der Schaukästen hatte er für den Joker eingeplant, den er ausstopfen und dort präsentieren wollte. Bislang befand sich jedoch nur eine lebensgroße Puppe mit einer Imitation seines abscheulichen violetten Anzugs und einem kleinen Fernseher auf dem Kopf darin. Schon alleine bei dem Gedanken an den grausamen Kleidungsstil des Clowns, lief dem Pinguin ein eiskalter Schauer über den Rücken. Wie konnte er es nur wagen, sich so in der Öffentlichkeit zu präsentieren? Der andere Schaukasten war für Harley Quinn vorgesehen. Auch dort befand sich bislang nur eine lebensgroße Schaufensterpuppe ohne Kopf, dafür aber einen roten Luftballon in der Hand haltend, auf dem in schwarzen Lettern »MR. J« stand. Auch sie trug eine Imitation ihres hautengen schwarz-roten Einteilers. Doch dieser Schaukasten würde nicht mehr allzu lange unbenutzt sein. Schließlich hatte er Quinn in seiner Gewalt und in nicht allzu ferner Zukunft würde er sie dort unterbringen. Doch bevor er das tun konnte, hatte Cobblepot noch Etwas zu erledigen. Er würde ein kurzes, aber sehr prägnantes Video anfertigen, in dem er dem Joker mitzuteilen gedachte, dass er Quinn entführt hatte und nicht willens war, sie wieder freizulassen. Nein, stattdessen würde er sich auf ihre Kosten königlich amüsieren. Und bei dem Glück, das der Pinguin derzeit hatte, würde dem Clown vielleicht sogar der Kopf explodieren, wenn er das Video sah. Aber selbst wenn das nicht passierte, würde ihn seine TITAN-Vergiftung früher oder später unter die Erde bringen. ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ Sie wusste nicht, wo sie war, oder wie lange sie schon hier war. Das Einzige, was sie mit Sicherheit wusste, war, dass sie mörderische Kopfschmerzen hatte. Ihr Schädel fühlte sich an, als ob er jeden Moment zerspringen würde. Vom Rücken her strahlten stechende Schmerzen nach vorne aus, die in ihrem Magen eine nicht zu unterschätzende Übelkeit erzeugten. Der Brechreiz wurde noch zusätzlich von dem widerwärtigen Geruch des harten Teppichs verstärkt, auf dem sie mit dem Gesicht lag. Der filzige Bodenbelag strömte ein Aroma aus, als ob er den Gestank und den Dreck von Jahrzehnten in sich aufgesogen hatte. Das Letzte, an das sich Harley erinnern konnte, waren ein paar Männer des Pinguin gewesen, die ihr aufgelauert und ihre Eskorte aus dem Hinterhalt mit präzisen Kopfschüssen hingerichtet hatten. Der Schlag in den Rücken hatte sie vollkommen aus dem Konzept gebracht und der darauf folgende Treffer ins Gesicht hatte ihr das Bewusstsein geraubt. Pinguins Männer. Also musste sie sich in der Gewalt des hässlichen Vogels befinden. Kein schöner Gedanke. Er und der Joker waren so etwas wie Todfeinde und wenn sie nun wirklich bei Cobblepot war, war das äußerst unschön. Mit einem leisen, unterdrücken Stöhnen versuchte sie eine bequemere Position zu finden, in der sie nicht den Dreck des abgewetzten Teppichs einatmete, aber schon alleine der Versuch scheiterte daran, dass nicht nur ihre Handgelenke hinter dem Rücken schmerzhaft eng verschnürt waren, sondern auch ihre Fußgelenke gefesselt waren. Sie spürte den beißenden Schmerz, den die, anscheinend aus Plastik bestehenden, Fesseln auslösten, als sie sich bei jeder Bewegung tiefer ins Fleisch schnitten. Die Schmerzen in Kopf und Rücken taten ihr Übriges dazu, dass sich Harley vorkam, wie eine Schildkröte, die auf ihrem Panzer lag, mit den Beinen zappelte und vollkommen hilflos war. Wohin ihre Stiefel verschwunden waren, wusste wohl nur derjenige, der sie wie ein Päckchen verschnürt hatte. Instinktiv schloss sie die Augen, als mit einem Mal eine Tür geräuschvoll aufgerissen wurde und das helle Licht von draußen den Raum flutete. Die Tür fiel krachend zurück ins Schloss, doch der Raum blieb taghell erleuchtet. "Na, Dornröschen? Wieder wach, ja?", hörte sie die schneidende und sehr markante Stimme des Pinguin. Für einen Moment war sie gewillt, einfach so zu tun, als ob sie immer noch bewusstlos wäre, entschied sich aber dagegen. Cobblepot war zu ihrem Leidwesen nicht gerade auf den Kopf gefallen und würde sie schneller durchschauen, als ihr lieb sein konnte. Also öffnete Harley zaghaft die Augen, was ihre Kopfschmerzen dazu veranlasste, eine weitere schmerzhafte Protestwelle aufgrund des hellen Lichtes der Glühbirne loszutreten. Direkt vor sich sah sie ein Paar schwarzer, glänzender Herrenschuhe und sie wusste sofort, dass deren Besitzer der Ursprung ihrer miserablen Situation war. Sie versuchte, den Kopf ein wenig anzuheben, um Cobblepot wenigstens wütend ansehen zu können – wahlweise ihn auch zu beschimpfen -, wenn sie schon nicht in der Lage war, ihm zu demonstrieren, was sie von ihrer Entführung hielt, doch auch dieses Mal scheiterte sie kläglich. Der Pinguin fand die Szene anscheinend extrem belustigend, denn er kicherte auf eine Art und Weise, wie nur er es konnte und sorgte so dafür, dass die Schmerzen hinter ihren Schläfen noch stärker pulsierten. Cobblepot ging in die Knie, packte sie grob am Kinn und zwang ihren Hals zu einer unangenehmen Drehung, die ihre Halswirbel nur widerwillig und mit lautstarkem, knackendem Protest vollführten. "Ich freue mich sehr, dass du die Gelegenheit beim Schopf gepackt hast und meiner großzügigen Einladung, die »Iceberg Lounge« zu besuchen, gefolgt bist. Es ist allerdings sehr schade, dass du allein gekommen bist, wo ich doch für deinen Liebhaber", er spuckte dieses Wort so abfällig, wie es ging aus und verdrehte dabei angewidert die Augen, "einen ganz besonders Platz reserviert habe." Er grinste sie schadenfroh an und ließ dann so abrupt ihr Kinn los, dass ihr Kopf auf dem Boden aufschlug und sie die Zähne zusammenbeißen musste, um nicht vor Schmerzen zu wimmern. Sie wollte ihm auf gar keinen Fall diese Genugtuung geben. Cobblepot schritt langsam um sie herum und kicherte dabei spöttisch, so dass Harley ihm am liebsten eigenhändig den Hals umgedreht und wie ein totes Huhn gerupft hätte. Da ihr aber im wahrsten Sinne des Wortes die Hände gebunden waren und jede noch so kleine Bewegung starke Schmerzen verursachte, blieb ihr nichts Anderes übrig, als beinahe bewegungslos auf dem schmutzigen Teppich zu verharren und seiner kleinen Ansprache widerwillig zu lauschen. "Die Sache ist ganz einfach, Quinn", begann der Pinguin wieder zu sprechen, nachdem er sie umrundet hatte und sie selbstgefällig von oben herab anblickte. "Du gibst mir Antworten auf meine Fragen und ich lasse dir dein bedauernswertes Leben als Fußabtreter des Jokers. Wenn du dich allerdings weigerst, dann werde ich andere Saiten aufziehen und du wirst dir wünschen, dass ich dich endlich von deinem Leid erlöse." "Vergiss es ... Cobblepot", quetschte Harley mit zusammengebissenen Zähnen hervor und versuchte ihre Worte so bösartig wie möglich klingen zu lassen. Im ersten Moment glaubte sie, dem Pinguin hätte es tatsächlich die Sprache verschlagen, doch als sie von einem seiner Gefolgsleute brutal am Oberarm auf die Füße gerissen und ihr dabei fast die Schulter ausgekugelt wurde, war ihr klar, dass Cobblepot keineswegs für Wortspiele zu haben war. "Jetzt pass mal schön auf, meine Hübsche", sagte der Pinguin mit einem gefährlich drohenden Unterton in der Stimme. "Wenn du nicht willst, dass ich dir dein Leben noch schlimmer als der Joker zur Hölle mache, dann kooperierst du lieber mit mir! Ich kann sehr ungemütlich werden, wenn man nicht das tut, was ich sage!" "Nur über meine Leiche!", erwiderte Harley und fing sich daraufhin eine schmerzhafte Ohrfeige von Cobblepot ein. "Das lässt sich einrichten, meine Liebe", sagte er und musterte sie mit einem hämischen Grinsen. "Deine hässlichen Hyänen habe ich ja schon kalt gemacht und du bist die Nächste!" Harley riss bei seinen harten Worten die Augen auf und versuchte dem festen Griff des hinter ihr stehenden Handlangers zu entkommen, um Cobblepot dafür bezahlen zu lassen, was er Bud und Lou angetan hatte. Harley hatte schon an dem Tag geahnt, dass den Beiden Etwas zugestoßen sein musste, als sie sich vom Stahlwerk entfernt hatten und nicht mehr aufgetaucht waren. Doch es blieb wieder nur bei einem kläglichen Versuch, denn kaum, dass der Pinguin seinen Satz beendet hatte, trat ein weiterer Gefolgsmann auf sie zu und drückte ihr ein Tuch vor Mund und Nase. Harley hielt die Luft an, um nicht das Chloroform einzuatmen, doch der Koloss hinter ihr, rammte ihr seine Faust in die Niere, woraufhin sie aufschrie und scharf Luft holte. Der betäubende Effekt des Chloroforms entfaltete fast sofort seine Wirkung und ließ ihren ganzen Körper erschlaffen. ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ Als Harley Quinn das nächste Mal zu sich kam, hatte sie das Gefühl zu ertrinken. Sie schnappte beinahe panisch nach Luft, was mit dem Knebel in ihrem Mund gar nicht so einfach war, als ihr mehr und mehr Wasser über den Kopf lief. Als sie ein gehässiges Auflachen hörte und der Wasserfluss abrupt aufhörte, riss sie die Augen auf und starrte direkt in das teigige Gesicht von Oswald Cobblepot, der, umkreist von einigen seiner Männer, vor ihr stand und sie angafften wie ein seltenes Tier in einem Zoo. Hinter sich spürte sie eine Bewegung und hörte ein metallisches Klirren. Sie lag nun nicht mehr auf diesem ekelhaften Teppich, sondern saß auf einem harten, ungepolsterten Stuhl direkt unter einer nackten Glühbirne. Es schien, als ob die Finsternis, die diesen Raum für sich veranschlagte, zu mächtig für das künstliche Licht war, da der Übergang vom Licht in die Dunkelheit einen so starken Kontrast bildete. Was sich außerhalb des Lichtes befand, konnte sie nur erahnen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, wie viele Personen anwesend waren oder wie lange sie bewusstlos gewesen war. "Seht her, meine Herren", begann der Pinguin zu sprechen und machte eine einladende Geste in ihre Richtung. "Vor euch sitzt die berühmt berüchtigte Harley Quinn, besser bekannt als Lustobjekt und Fußabtreter des Jokers!" Ein kollektives Auflachen ging durch die Runde und Harley spürte plötzlich einige schlüpfrige Blicke auf sich ruhen. "Unsere kleine Prinzessin hier hält sich für etwas Besseres und war arrogant und selbstgefällig genug, einfach so durch mein Revier zu stolzieren. Ich denke, wir sollten ihr eine Lektion erteilen, die sie nie wieder vergisst." Cobblepot drehte Harley den Rücken zu, um mit ausgestreckten Armen den gönnerhaften Applaus seine Gefolgschaft anzunehmen. Als er sich dann wieder zu ihr umdrehte und sich ihr mit langsamen Schritten näherte, bemerkte sie hinter seiner ursprünglichen Position ein kleines blinkendes rotes Lämpchen, was auf sie fast wie ein Leuchtturm in einer sternenklaren Nacht auf ruhiger See wirkte. Erst war ihr nicht klar, was dieses Licht bedeutete, doch als der Pinguin dann ihr gesamtes Sichtfeld einnahm und sie mit einem seltsam zweideutigen Blick betrachtete, fiel ihr ein, dass es sich dabei um eine Video-Aufzeichnung handeln könnte. "Weißt du, meine Liebe", fing Cobblepot mit einer für ihn untypischen samtweichen Stimme an zu sprechen. "Ich finde es schon sehr erstaunlich, dass du immer noch hier bist." Er grinste schadenfroh. "Du bist nun schon seit zwei Tagen bei mir zu Gast und der Joker hat sich immer noch nicht gerührt. Also entweder bist du zu unbedeutend für ihn, dass er dich noch gar nicht vermisst, oder es ist ihm schlichtweg scheißegal, was mit dir passiert. Womöglich ist er sogar froh, dass du endlich weg bist und ihm nicht mehr auf die Nerven gehst." Seine Worte hatte er so sorgsam gewählt und ausgesprochen, dass Harley ihn nur sprachlos mit weit aufgerissenen Augen anstarren konnte. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie vom Chloroform betäubt gewesen war, aber sie wusste, dass es bei wiederholter Anwendung durchaus sein konnte, dass sie wirklich bereits zwei volle Tage in Gefangenschaft war. Sie wusste zwar nicht, ob es stimmte, was der Pinguin erzählte, aber seine Worte versetzen ihr einen lähmenden Stich ins Herz. Eigentlich glaubte sie nicht daran, dass es dem Joker nicht aufgefallen war, dass sie fort war. Und noch weniger glaubte sie daran, dass es ihm egal war, dass sie nicht mehr an seiner Seite war und sich um ihn kümmerte. In seinem Zustand war er kaum in der Lage, sich alleine um den »Industrial District« zu kümmern. Bestimmt war er schon dabei, einen Plan zu schmieden, wie er sie aus den Fängen des Pinguin befreien konnte. Das spöttische Auflachen von Cobblepot, der sehr genau ihre Mimik beobachtet hatte, riss sie aus ihren Gedanken und ließ sie zusammenzucken. Sein Gesicht war so nah an ihrem, dass sie sich selber in der Reflexion seines Monokels beobachten konnte. Hinter ihm grölten seine Männer um die Wette. "Du weißt, dass ich recht habe, nicht wahr?", fragte der Pinguin. "Er wird dich nicht retten und das weißt du. Du warst ihm schon immer lästig und deine einzige Chance ist es, dich mir anzuschließen. Tu, was ich will, und ich lasse dich am Leben. Tust du es allerdings nicht, werden dir meine Männer zeigen, was es wirklich heißt, Schmerzen zu haben. Sie sind allesamt sehr begierig darauf, dich näher kennen zu lernen. Und sie alle sind schon so lange von ihren Frauen getrennt, dass sie sich mal wieder so richtig austoben müssen." Panik irrlichterte in Harleys blauen Augen, als sie sich der Tragweite von Cobblepots Worten bewusst wurde. Sie war an einen Stuhl gefesselt, ihrer Waffen beraubt und der Willkür des Pinguin und seine Männer ausgesetzt. Und sie wusste, dass, wenn nicht ein Wunder geschah, sie ihr mehr antaten, als ihr nur ein paar Knochen zu brechen. Sie wollten ihren Willen brechen und das mit allen Methoden, die ihnen zu Verfügung standen. Harley schluckte den Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte, nur schwer hinunter, als der Pinguin von ihr abließ, sich zu seinen Männern umdrehte und verkündete: "Ihr dürft euch jetzt gerne ein wenig mit ihr amüsieren, aber passt auf, dass ihr Alles auf Band habt. Vielleicht können wir den Joker ja so dazu motivieren, uns einen Besuch abzustatten." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)