Training im Schnee 1 oder Wie kriegen wir unseren Teamchef wieder? von Venka (Für alle Kommentar-Schreiber hier das angekündigte Bonuskapitel!!!) ================================================================================ Kapitel 16: Could it be love...? -------------------------------- Training im Schnee oder Wir kriegen wir unseren Teamchef wieder? So, da sind wir auch schon wieder!!! Und nachdem Tala jetzt erst mal von der Biovolt weg ist, wenden wir uns wieder Kai und Ray zu! Viel Spaß euch allen und einmal fest in die Runde geknuddelt für die vielen tollen Kommis! Venka und Lillie ------------------------------------ 16 – Could it be Love? Stunden später… Leise, aber doch gut hörbar einatmend, drehte sich Kai auf den Rücken. Schwer atmend blieb er liegen und legte einen Arm auf seine Stirn. „Mein Gott...“ murmelte er. „Ich bin wohl doch nicht mehr ganz so fit, wie ich es dachte... – Ich hätte den Fechtkampf gestern sausen lassen sollen... – Das nächste Mal denk ich wohl besser vorher dran, dass mich meine Arme am nächsten Tag eventuell vor Muskelkater umbringen könnten... – Und dann dieser Traum... – Wie kann man nur so einen totalen Quatsch träumen...“ Kai brach ab, als er ein seltsames, auf den ersten Moment nicht zuordenbares Geräusch hörte. Er richtete sich auf, soweit es sein schmerzender Körper zuließ, und sah sich im Raum um. Seine Augen erfassten nicht das, was er gedacht hatte. Er befand sich nicht in dem Zimmer des Schlosses, welches er mit Lee und Ray teilte sondern alles um ihn herum erinnerte ihn vehement an ein Zimmer eines Krankenhauses. Alles war weiß und ein Hauch von Desinfektionsmitteln lag in der Luft. Wo zum Teufel war er? Er war nicht dazu in der Lage, sich die selbst gestellte Frage zu beantworten und dann stutzte er. Direkt neben ihm befand sich ein weiteres Krankenbett und es lag auch jemand darin. Neugierig warf Kai einen Blick auf seinen Bettnachbarn und sofort gefror ihm das Blut in den Adern. Neben ihm lag Ray; die Augen geschlossen, das Gesicht leicht verzogen von den Schmerzen, die er haben musste... Sein Brustkorb war bandagiert, ebenso auch die Arme und auf Gesicht und Hals waren mehrere Pflaster verteilt. Kai drehte den Kopf weg. Er konnte den Anblick des verletzten Freundes nicht ertragen, weil er ihn mit seinem seltsamen „Traum“ in Verbindung brachte. Zitternd krallte sich der Grauhaarige in der Decke fest. „Es war kein Traum...“ keuchte er. „Es war kein verdammter Traum! – Es war alles echt! – Black Dranzer... – Der Kampf im Schloss gegen Alex... – Die Kathedrale... – Gegen die Anderen... – Alles echt...?“ Er hob den Kopf und blickte noch einmal kurz zu Ray hinüber, bevor er seine Augen wieder zukniff und die Tränen über seine Wangen zu rollen begannen. „Wie konnte ich nur...?“ schluchzte er auf. „Wie konnte ich nur wieder...?“ Eine leise Stimme unterbrach den Jungen. „Mach dir keine Vorwürfe, du kannst doch gar nichts dafür...“ Kai hob den Kopf und blickte mit tränenverschleierten Augen zu Ray hinüber. „Ray...“ mehr bekam er nicht heraus. Der Chinese lächelte. „Ich bitte dich... – Mach dir jetzt bloß keine Vorwürfe! Wir alle wissen, dass du das nicht freiwillig getan hast! Keiner von uns würde dir daraus einen Strick drehen! – Weder einer der Bladebreakers noch einer aus den anderen Teams!“ Kai gab keine Antwort. Er senkte nur den Kopf und schluckte schwer. „Kai?“ Ray richtete sich, so weit es ihm möglich war, auf und blickte seinen Teamkameraden an. Dieser schüttelte nur den Kopf und legte eine Hand an seine Stirn. „Ich kann nicht...“ presste Kai schluchzend hervor. „Ich kann mir das nicht verzeihen!“ „Was?“ fragte Ray zaghaft. Kai schluchzte wieder. „Ich hätte beinahe den wichtigsten Menschen in meinem Leben getötet!“ Der junge Russe erntete einen skeptischen Blick von Ray. ‚Was meint er denn jetzt bloß wieder damit?’ dachte dieser. ‚Moment mal... – Kann es sein, dass...?’ Ray brachte den Gedanken nicht zuende, denn Kai blickte ihn nun zur Abwechslung mal wieder an. „Ich hätte dich mit diesem verdammten Teufelsblade beinahe umgebracht! – Wenn statt dieses seltsamen Bit-Beasts der Black Dranzer erschienen wäre, dann wäre alles aus gewesen! – Einfach alles!“ Ray lächelte leicht verunsichert. Er kam noch nicht wirklich klar mit dem, was Kai ihm da gerade offenbart hatte: Er, Ray Kon, war der wichtigste Mensch in Kais Leben? Schwer zu glauben, aber wohl wahr, wenn man sich Kai ansah, wie dieser auf dem Bett saß: Vollkommen verkrampft und die Tränen liefen ungehindert seine Wangen hinunter. „Jetzt...“ Ray brach ab, begann aber gleich wieder von neuem. „Jetzt denk doch nicht daran, was hätte passieren können! Es ist schließlich nichts passiert!“ Das hätte er nicht sagen dürfen. Kais Kopf zuckte von einer Sekunde auf die andere zu ihm herum und seine Augen funkelten Ray sauer an. „Nichts passiert?“ fragte er. „Sieh dich doch mal an! Sieh dich an...“ Wieder gewannen die Tränen die Oberhand bei Kai und sein kurzzeitig gestraffter Körper sank wieder in sich zusammen. Verzweifelt versuchte der Junge, die Tränen zurückzuhalten, doch es gelang ihm einfach nicht. Die Emotionen, die er jahrelang hatte unterdrücken können, waren stärker als Kais eiskalte Maske. Sie schmolz dahin wie Schnee in der Sonne und Kai offenbarte seinem Teamkameraden als erstem Menschen sein wahres Inneres. Ray lächelte schwach. „Weißt du was...?“ begann er. Ein leises „Hmm?“ war die einzige Antwort. Der Chinese atmete noch einmal tief durch und beruhigte seine flatternden Nerven für das, was er sagen wollte: „Kai... – Du bist richtig süß, wenn du endlich mal zeigst, was du fühlst...“ „Du musst mich doch jetzt für den größten Trottel der Welt halten...“ murmelte Kai. Ray stützte sich so gut es ging auf seinen Arm. „Wieso?“ wollte er wissen. „Weil du mir zeigst, was du empfindest?“ Eine kleine Pause folgte, dann rang sich der Junge dazu durch, seine Gedanken in Worte zu fassen. „Hältst du DICH etwa für einen Trottel, weil du mir zeigst, was du für MICH empfindest? – Oder war es nicht das, was du meintest, als du vom wichtigsten Menschen in deinem Leben gesprochen hast?“ Ray überlegte kurz, ob er weitersprechen sollte, doch sein Herz traf die Entscheidung, noch bevor sein Verstand einschreiten konnte. „Damit... – Hast du doch mich gemeint, oder?“ Kai seufzte. Er sah Ray nicht an, als er die gestellte Frage durch ein kurzes Nicken mit Ja beantwortete. „Kai, ich...“ begann Ray, doch der Grauhaarige winkte nur ab. Er atmete einmal tief ein und sagte: „Aber... – ... das alles hat doch keinen Sinn... – Ich meine... – du und Mariah... – Ihr zwei seid schon seit Ewigkeiten ein Paar... – Und... – Mal ganz ehrlich... – ... das hätte doch alles keinen Sinn... – Es ist einfach nicht richtig...“ Weiter kam der Junge nicht. Wieder schnitten ihm die Tränen die Worte ab; verhinderten, dass er das sagen konnte, was er sagen wollte. „Das wollte ich damit aber nicht sagen...“ protestierte Ray schwach. „So?“ Kai wandte sein Gesicht wieder seinem Teamkameraden zu und blickte ihn an. Dieser nickte. „Ich... – Es stimmt schon.... – Ich mag Mariah... – Sie ist ganz OK, wenn man vom Freundschaftsstandpunkt ausgeht, aber sie ist eine Freundin... – Mehr nicht...“ „Aha...“ Ray ließ sich von Kais kurz angebundener Antwort nicht entmutigen, er sprach einfach weiter. „Weißt du Kai... – Seit ein paar Monaten gehört mein Herz jemandem ganz anderem... – Jemandem, von dem ich es nie erwartet hätte, verstehst du?“ „Hmm...“ Ray seufzte. ‘Klingt nicht so, als ob er verstanden hätte, worauf ich hinauswill…’ dachte der Junge. ‚Egal... – Augen zu und durch!’ Der junge Chinese atmete noch einmal tief durch und sagte: „Mein Herz... – Mein Herz gehört einem verbohrten und verstockten Beyblader, der nichts besseres zu tun hat, als sich blaue Dreiecke auf die Wangen zu malen und bei dem man ständig Angst haben muss, dass er sich an seinem fast 1,20 Meter langen Halstuch irgendwann mal irgendwo erhängt...“ Die im Zimmer nach diesen Worten eintretende, fast greifbare Stille ließ Ray erschaudern. Er hatte schon während er gesprochen hatte, sehen können, dass sich Kais Körper mit jedem Wort mehr und mehr versteift hatte. Doch noch reagierte der junge Russe nicht. Dann jedoch... Langsam aber sicher drehte sich Kai zu Ray um und blickte ihn an. „Was war das grade? – Was hast du da gerade gesagt?“ Ray lächelte. „Hast du es denn immer noch nicht begriffen, Kai Hiwatari? – Ich liebe DICH!“ Kai schluckte. Das hatte er nicht erwartet. Langsam stand er auf und kam auf Ray zu. Er stützte sich auf den Rahmen des Bettes, legte den Kopf schief und blickte den Freund an. Instinktiv wich Ray ein Stück zurück. Zu frisch waren die Erinnerungen an die Geschehnisse unter der Kathedrale. Denn da hatte ihm Kai denselben Blick geschenkt, bevor er... ‚Nein, nein, nein!’ schrie Ray in Gedanken. ‚DAS wird nicht noch einmal passieren! Kai ist wieder normal! – Aber... – Was ist für Kai eigentlich normal...?’ Ray lief ein kalter Schauer über den Rücken, als Kai ihm sanft in die Haare griff und den Kopf des Jungen zu sich zog. Dem sanften Kuss auf die Stirn folgte ein plötzlicher Schwächeanfall, der Kai in die Knie gehen ließ. „Kai! – Du kannst doch kaum stehen...“ stellte Ray fest. „Geht schon...“ Ray verdrehte die Augen. ‚Typisch Kai... – Nur keine Schwäche zeigen...’ dachte er und meinte dann: „Komm schon... – Leg dich neben mich...“ Kai schüttelte jedoch energisch den Kopf. „Zu zweit in dem schmalen Bett... – Und dann mit dieser... – ...Wunde an deiner Brust...“ Der nachdenkliche Blick seitens Kai wich nur kurz darauf einen verschmitzten Grinsen. „Das ist es...“ „Was ist es?“ wollte Ray wissen, doch dann lächelte er. Kai löste die Arretierung an einem der Betten und schob es an das andere Bett heran und arretierte die Rollen wieder. Dann krabbelte der Russe in sein Bett und griff nach seiner Decke. „Wir brauchen doch nur eine Decke, oder? – Also nimm doch die andere um die Ritze auszufüllen.“ schlug Ray vor und wollte seinen Vorschlag gleich in die Tat umsetzen. Kai jedoch schlug ihm scherzhaft aber bestimmend auf die Finger. „DU brauchst Ruhe! Bleib liegen!“ erklärte er, während er die Decke in die Ritze stopfte und dann zu Ray hinüber rutschte. Da Ray aber nicht hören konnte, rutschte er auch ein Stück in Richtung der Bettmitte. Ein vor Schmerzen verzogenes Gesicht bei Ray und ein vorwurfsvoller Blick seitens Kai waren die logische Folge. „Du Idiot!“ zischte Kai, merklich sauer über den Ungehorsam des Freundes. „Du solltest doch liegen bleiben!“ Doch dem glücklichen Lächeln, welches Ray ihm schenkte, hatte auch Kai nichts mehr entgegenzusetzen. „Dickkopf...“ flüsterte er und küsste den Älteren sanft auf die Wange. Ray schloss seine Augen und schlang seine Arme so gut es ging um Kais Brust. Leicht zog er den Jüngeren zu sich. „Ai-shiteru, Ray-chan...“ flüsterte Kai. Ray schnurrte genießerisch und kuschelte sich enger an seinen Freund. „Weißt du eigentlich, wie lange ich darauf gewartet habe?“ „Viel zu lange...“ gab Kai zurück. „Und nur deshalb, weil ich zu feige war, dir zu gestehen, was ich für dich empfinde...“ Ray legte den Kopf schief und blickte Kai an. Gleich darauf verzog er das Gesicht und ließ sich auf das Kissen sinken. Was auch immer den Jungen störte, es schien sich nicht zu verbessern; der leicht schmerzverzogene Ausdruck blieb in seinen Gesichtszügen erhalten. „Was ist? – Ray, sag was!“ forderte Kai ungeduldig und besorgt zugleich. „Nichts schlimmes...“ gab der Chinese zurück. „Mein Pferdeschwanz drückt nur...“ Kai lächelte sanft. „Ich könnt ihn dir ja aufmachen...“ „Gern...“ Vorsichtig griff Kai um den Kopf seines Freundes herum und zog den mehr als einen Meter langen Pferdeschwanz zu sich. Mit raschen Bewegungen löste er das kunstvolle Gebilde auf und Rays lange Haare flossen, befreit von dem sie einengenden Stoffband, wie ein schwarzer Wasserfall über das Bett auf der Seite des Chinesen. Kai musste wieder lächeln, als er das sah. „Weißt du eigentlich, dass du mit offenen Haaren so richtig süß aussiehst?“ fragte er schließlich, nachdem er Ray einige Sekunden lang nur angesehen hatte. Die logische Folge dieser Äußerung war, dass Ray rot anlief und seinen Kopf verschüchtert wegdrehte. „Ich mein das ernst...“ flüsterte Kai, während er den Kopf des Chinesen wieder zu sich drehte, damit er ihm in die Augen blicken konnte. „Ich sag dir was... – Damals bei der Weltmeisterschaft... – Als Bryan dich so zugerichtet hat... – Ich hab ohnehin fast eine Krise bekommen und wäre dir am liebsten zu Hilfe gekommen... – Aber dann... – In Drigers Aura... – Du hast ausgesehen wie ein Engel...“ Ray wurde noch röter im Gesicht, er sah inzwischen einer Tomate zum Verwechseln ähnlich, und wollte seinen Kopf wieder wegdrehen, doch Kai hielt ihn unerbittlich fest. „Vergiss es...“ flüsterte er. „Du kommst nicht weg... – Was ich einmal habe, das gebe ich so schnell nicht mehr her...“ Ray hob seine Hand und strich Kai über die diesmal ungeschminkten Wangen. „Was anderes habe ich von dir auch nicht erwartet...“ murmelte Ray schläfrig und kuschelte sich noch enger an Kais Körper. „Ich will dich nie wieder verlieren...“ „Keine Angst, Ray-chan... – Uns wird niemand mehr trennen...“ gab Kai leise zurück. Zufrieden beobachtete der 14-Jährige, wie der 2 Jahre ältere Junge in seinen Armen einschlief. Dann legte auch er den Kopf auf das Kissen und fiel in einen erholsamen Schlaf. Es war noch nicht allzu viel Zeit vergangen, als sich die Tür zu dem Krankenzimmer der beiden Jungen leise öffnete. Judy kam herein, schloss leise die Tür wieder und trat dann hinter dem die Tür verdeckenden Vorhang hervor, wo sie von dem sich ihr bietenden Bild mehr als überrascht stehen blieb: Das Krankenzimmer war umgestaltet, die Betten standen direkt nebeneinander und Kai und Ray lagen eng aneinander gekuschelt darin. Die Atmung beider Jungen kam ruhig und in regelmäßigen Abständen, was darauf hinwies, dass sie tief und fest schliefen. Es dauerte einige Sekunden, bis sich Judy wieder gefangen hatte und vorsichtig auf die Betten zukam. ‚Na sieh mal einer an...’ dachte sie. ‚Deshalb war Ray so außer sich und wollte die Suche nach Kai unbedingt so schnell wie möglich alleine durchführen...’ Die blonde Frau lächelte und packte dann leise den riesigen Blumenstrauß aus, den alle im Schloss zurückgebliebenen Blader den beiden verletzten Freunden zur guten Besserung geschickt hatten. Sie füllte die mitgebrachte Vase mit Wasser und platzierte die Blumen auf Kais Nachtschrank. Das allerdings wohl nicht leise genug, denn als sie sich zum Gehen wandte und noch einmal zum Bett der Jungen blickte, hatte Kai die Augen geöffnet und blickte Judy verschlafen an. Die Trainerin der All-Starz lächelte. Kai erwiderte die Geste und zog den schlafenden Ray demonstrativ näher an sich heran und Judy wusste ihren Verdacht bestätigt. Ray und Kai waren ineinander verliebt, das Ganze wohl schon ziemlich lang, und hatten es endlich geschafft, einander zu gestehen, was sie füreinander empfanden. Noch dazu kam dass Judy den sprichwörtlichen Eisblock Kai noch nie so sanft gesehen hatte. Er wirkte nicht wie der Kai, den sie kannte. Das da im Bett war ein ganz anderer Junge. – Es war der Kai, der sich all die Monate, die sie den Jungen nun kannte, tief im Inneren eines eisigen Gefängnisses versteckt hatte. Judy wusste genau, wer dafür verantwortlich war. Und wenn sie jetzt nichts unternahm, dann würde dieser Kai, den sie gerade gesehen hatte, für ewig in diesem Gefängnis bleiben. Als sie das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss, nahm der Plan in ihrem Kopf langsam Gestalt an. ‚Keine Angst Kai...’ dachte sie. ‚Das wird niemals so enden...’ „Miss Tate?“ Judy fuhr, von Josies Stimme aus ihren Gedanken gerissen, zu dem Mädchen herum. „Ja?“ „Wie geht es unseren beiden Verletzten?“ fragte Mr. Dickenson, der gemeinsam mit Josie, Aleksej und dem Schlossherrn ins Krankenhaus gekommen war und jetzt Anstalten machte, das Zimmer zu betreten. Judy jedoch vertrat ihm den Weg. „Sie können da nicht rein Mr. Dickenson, die Jungen brauchen unbedingt Ruhe.“ sagte sie bestimmt. „Aber...“ begann Aleksej. „Der Arzt hat doch gesagt, dass wir zu ihnen können...“ Judy jedoch schüttelte den Kopf. „Die Jungen brauchen Ruhe! Das lege ICH fest! Und wenn ich das festlege, dann ist das auch so!“ Mr. Dickenson lachte. „Jetzt weiß ich endlich, woher Max seinen Dickkopf hat. – Also gut, Judy... – Wenn sie meinen...“ Josie jedoch verengte ihre Augen und zog Judy beiseite, während Aleksej, Mr. Dickenson und Stanislav Ljubow bereits wieder in Richtung des Ausganges gingen. „Miss Tate... – Warum wollen sie uns denn nicht zu Ray und Kai lassen?“ Die Angesprochene lächelte geheimnisvoll. Josie erwiderte das Lächeln verschmitzt. „Lassen sie mich raten... – Die beiden Turteltauben liegen zusammen in einem Bett und kuscheln miteinander...“ „Woher weißt du...?“ Josie grinste. „Das hat doch ein Blinder mit Krückstock gesehen, dass bei den Beiden einer was vom anderen wollte...“ Judy seufzte. „Josie, ich glaube da bist du die einzige, die das gemerkt hat...“ Das Mädchen lachte. „Das will ich doch hoffen! – Schließlich möchte Kai sicher nicht, dass DAS einer erfährt, außer er sagt’s den Anderen selber...“ „Oh ja...“ gab Judy zurück. Dann musste sie lachen. „Das wird für Mariah ein ganz schöner Schock, wenn sie feststellt, dass Ray schwul ist...“ Josie lachte zustimmend und dann verließen auch sie und Judy das Krankenhaus um ins Schloss zurückzukehren. Am nächsten Tag erwachte Ray davon, dass in dem Krankenzimmer etwas leise aber doch unüberhörbar raschelte. Schläfrig richtete er sich halb auf, zuckte aber sofort zurück, als ihn seine Rippen daran erinnerten, warum er in diesem Krankenhaus war. Trotzdem gelang es ihm, sich einen ungefähren Überblick über das Zimmer zu verschaffen: Er sah den riesigen Blumenstrauß auf dem Nachtschrank und er bemerkte auch, dass Kai nicht mehr neben ihm lag. „Kai?“ fragte er vorsichtig. „Hm?“ Die Antwort kam aus Richtung des kleinen Tisches, der an der Wand gegenüber den Betten stand. „Was raschelt hier so?“ „Zeitungen, mein Schatz. – Judy hat sie uns vorhin gebracht...“ „Hmhm...“ brachte Ray noch hervor, bevor er herzhaft gähnen musste. „Steht denn was Interessantes drin?“ Kai wiegte bedenklich mit dem Kopf. „Interessant ist es schon, aber unbedingt erfreulich ist es nicht...“ murmelte er. Ray drehte sich von der unverletzten Seite auf den Rücken und starrte an die Decke. „Lies vor!“ forderte er. Kai seufzte und begann zu lesen: „BBA-Helikopter über Russland spurlos verschwunden. – Wie uns die Beyblade-Battle-Association gestern Abend per Ticker mitteilte, ist einer ihrer Helikopter von einem Flug nach Russland bisher nicht zurückgekehrt. Die Vermutungen gehen dahin, dass die Maschine vom Typ ZX2 aufgrund der momentan über dem Fluggebiet tobenden Schneestürme an einem noch nicht bekannten Punkt notlanden musste. Der Pressesprecher der BBA teilte uns auf telefonische Nachfrage hin mit, dass noch kein Grund zur Besorgnis bestünde. Noch sei es unklar wo genau der Helikopter sei und was genau passiert ist, ließe sich im Moment auch nicht sagen.“ Kai brach ab und blickte zu Ray hinüber, der immer noch nachdenklich an die Decke starrte. „Weißt du, was ich mich grade gefragt habe...?“ begann der Chinese. „Was?“ „Wie ein BBA-Helikopter gerade JETZT hierher nach Russland kommt... – Ist doch irgendwie ein komischer Zufall, oder...?“ Kai zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, weshalb der Helikopter hier war und wo genau er war, weiß ich auch nicht. Ich hoffe nur, dass sie ihn finden und dass es wirklich nur ne Notlandung war...“ Ray lächelte. „Das hoffen wir doch alle...“ Zwei Tage darauf durften Ray und Kai das Krankenhaus endlich wieder verlassen. Bei Ray musste Judy, welche die Jungen abholte, den Ärzten zwar hoch und heilig versprechen, dass der Junge auf gar keinen Fall irgendwelche Dummheiten machte, aber immerhin war er aus diesem „weißen Gefängnis“, wie es Kai bezeichnete, endlich heraus. Josie, die ihren Groll gegen Kai endlich begraben zu haben schien und es ihm endlich nicht mehr nachtrug, dass ihre Mutter Alexandra bei dem Einsturz der Abtei in Moskau ums Leben gekommen war, hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, Judy bei diesem strahlenden Sonnenschein mit dem Pferdeschlitten bis zum Krankenhaus zu fahren. Jetzt saß die junge Russin auf dem Kutschbock und führte die Troika mit sicherer Hand durch den Wald. Kai und Ray saßen im Schlitten in Fahrtrichtung und Judy saß ihnen gegenüber. Kaum einer sprach auf dem Weg ein Wort, bis Kai etwas auffiel und er Judy skeptisch anblickte. „Das ist aber nicht der Weg ins Schloss...“ stellte er fest. Judy nickte. „Du hast vollkommen recht, Kai, das ist nicht der Weg ins Schloss, das ist der Weg zum Haus deines Großvaters.“ „Wie bitte???“ Rays Stimme überschlug sich fast, als er aufsprang und Judy fassungslos anstarrte. „Das kann nicht dein Ernst sein!“ „Es ist mein Ernst, Ray...“ gab die Trainerin der All-Starz zurück und beobachtete vergnügt, wie Kai Ray sanft wieder auf den Sitz zurückdrückte. „Was willst du dort?“ fragte Kai. „Es gibt da noch ein paar ungeklärte Dinge... – Macht euch keine Gedanken, die Demolition-Boys sind gestern wieder nach Moskau abgereist und dein Großvater ist alleine.“ gab Judy zurück. „Das macht ihn nicht weniger gefährlich...“ brummte Kai. „Keine Angst, ich bin ja bei dir...“ flüsterte Ray und lehnte sich an Kais Schulter, was zur Folge hatte, dass Kai bemerkte, wie sehr seinem Freund die Kälte zu schaffen machte. „Das nützt mir nichts, wenn du mir hier halb erfrierst...“ flüsterte er. Mit einer schnellen Bewegung löste er seinen langen weißen Schal und band ihn vorsichtig um Rays Hals. Dieser wurde augenblicklich leicht rosa im Gesicht. „Danke...“ Mehr brachte er nicht heraus. Kai lächelte kurz und atmete dann tief durch. Automatisch glitt seine Hand an seine Hüfte und umklammerte das sich dort befindende Beyblade. Es war das Blade von Black Dranzer, der pechschwarze „Black Dranzer F(ighter)“, auf dem sich jetzt, Ray sei dank, der Bit von Dranzer befand. Kai erinnerte sich nur noch schwach an das, was im Gutshaus passiert war, aber er wusste noch ganz genau, dass durch Rays Einsatz Dranzer und Black Dranzer zu einem einzigen Bit-Beast fusioniert waren. An mehr konnte er sich nicht erinnern; vielleicht wollte er das auch gar nicht und sein Gehirn blockte die Erinnerungen mal wieder ab. Das war ja mittlerweile nichts neues mehr; auf ähnliche Art hatte er ja auch die Erinnerungen an seine Kindheit in der Abtei verdrängt. So in Gedanken versunken bemerkte Kai nicht, wie der Schlitten vor dem Herrenhaus schließlich anhielt. Erst als Ray ihn mit dem Finger auf die Nase stupste, wurde er sich bewusst, dass er sich jetzt vor dem Herrenhaus befand und dass es Zeit war, mit seiner Vergangenheit abzurechnen. Kai verengte seine Augen und ging dann als erster, gefolgt von Judy und Ray, die Treppen zum Eingang des Herrenhauses hinauf. Knarrend öffnete sich die große Tür und die drei betraten die Vorhalle. Die drei von dort abgehenden Treppen, eine große Geschwungene in der Mitte direkt gegenüber der Tür und zwei Kleinere an den Seiten, lagen in gespenstigem Halbdunkel, da an den Fenstern sämtliche Vorhänge zugezogen waren. Schritte auf der Treppe ließen den Jungen herumfahren. Es war Voltaire, der die Treppe hinunterkam und auf der drittletzten Stufe schließlich stehen blieb. Judys Blick musterte Kai sehr genau. Sie hatte sehen können, dass sich der Junge verkrampft hatte, als er die Schritte hörte. Und nun drückte seine ganze Haltung nichts als Verachtung und Abwehr aus. „Kai...“ begann Voltaire. „Wie schön, dass es dir wieder gut geht! Ich habe mir solche Sorgen um deinen Zustand gemacht.“ Es fehlte nicht viel und Kai hätte laut losgelacht. Das war ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit. Aber Ray reagierte schneller. Er ging an Kai vorbei und fauchte: „Das müssen SIE gerade sagen! SIE waren es doch, der...“ Weiter kam er nicht. Kai legte seinen Arm vor Rays Brust und schob den Chinesen ein Stück zurück, wofür er einen verständnislosen Blick von seinem Freund kassierte. „Ah sieh mal an...“ ertönte erneut Voltaires Stimme. „Unser kleiner chinesischer Freund... – Wie war doch gleich der Name? Raymond?“ Sauer über den verhassten Namen wollte Ray nach vorn springen, aber Kai hielt ihn abermals zurück. „Was willst du noch?“ rief er. „Nur zu deiner Information! Ich gehöre jetzt nur noch mir selbst! Du hast die Kontrolle über mich verloren!“ Voltaire lächelte gewinnend, als er einen kurzen Blick auf das Blade an Kais Hüfte erhaschen konnte. Ray blieb das nicht verborgen und er meinte: „Das können sie gleich vergessen! Nur Kai ist jetzt noch in der Lage dazu, ihn zu führen! Nur Kai und niemand anderes!“ Das triumphierende Lächeln, dass sich daraufhin auf Kais Gesicht ausbreitete, schien Voltaire dazu zu bewegen, seine Taktik zu verändern. Jedenfalls blickte er Kai beinahe flehend an und sagte: „Junge! Überleg dir das doch lieber noch mal! – Du bist schließlich mein Lieblingsenkel!“ „Aber klar...“ knurrte Ray. „Du bist schließlich auch sein einziger...“ Kai drehte verächtlich den Kopf beiseite. „Vergiss es!“ zischte er abfällig. „Die Masche zieht nicht mehr! – Ich werde einfach gehen, dich aus meinem Leben streichen und nie wieder einen Gedanken an dich verschwenden!“ „Aber wohin willst du denn gehen?“ war die prompte Rückfrage. „Du bist immerhin erst 14 Jahre alt und ich bin immer noch dein Vormund.“ Kai senkte den Kopf und knirschte mit den Zähnen. „Ja, leider...“ „Das schaffen wir schon!“ mischte sich Ray ein. „Ich bin 16 und habe bereits einen Job! Ich kann uns auch beide durchbringen!“ „Ray... – Er hat recht... – Ich kann hier nicht weg! – Und wenn ich gehe, kann er mich zurückholen lassen, weil er mein verdammter Vormund ist!“ „Aber es gäbe da noch eine andere Variante, das bestehende Problem zu lösen...“ Kai und Ray fuhren herum. Judy hatte bisher hinter ihnen im Schatten gestanden und sich nicht eingemischt. Jetzt jedoch schien es ihr genau der richtige Zeitpunkt zu sein. Kai schenkte der Trainerin der All-Starz einen verständnislosen Blick. „Was willst du damit sagen?“ fragte Ray verwirrt. Doch Judy achtete nicht auf ihn, sie wandte sich direkt an Voltaire. „Es ist doch nun mehr als offensichtlich, dass Kai nicht hier bleiben will... – Also Mister Voltaire... – Erzählen sie ihrem Enkel die zweite Variante.“ „Gut Miss Tate, wie sie wollen... – Kai, wir hatten... – ...eine kleine Unterredung, während du im Krankenhaus warst und...“ Kai legte den Kopf schief. „Wird das heute noch was?“ fragte er genervt, als er sich wieder zu seinem Großvater umgedreht hatte. „Schließlich wollen wir doch hier keine Wurzeln schlagen...“ knurrte Ray. Die beiden Jungen bekamen keine Antwort. Judy schüttelte den Kopf und meinte schließlich: „Kai, da wäre noch die Möglichkeit, dass du mit mir zusammen in die USA kommst.“ „Was?“ „Wie?“ Überrascht fuhren die beiden Jungen zu Judy herum. Sie glaubten ihren Ohren nicht zu trauen, doch das Lächeln auf Judys Gesicht zeigte ihnen, dass sie sich nicht verhört hatten. Max’ Mutter meinte das tatsächlich ernst. „Ihr habt mich schon richtig verstanden! Ich würde dich mit zu mir nehmen und dein Großvater würde mir die Vormundschaft für dich übertragen. – Das heißt natürlich nur, wenn du das auch willst...“ Kai antwortete nicht. Statt dessen kam er auf Judy zu, nahm sie in die Arme und hob sie hoch. „Huch? – Wer hätte denn gedacht, dass ein 14-jähriger schon so viel Kraft hat... – Hey, drück nicht so fest zu, lass mich leben, ich schätze du wirst mich jetzt wohl noch eine Weile brauchen!“ Lächelnd ließ Kai Judy runter und blickte dann zu Ray, der ihn ebenso glücklich anlächelte, wie er sich selbst fühlte. Judy jedoch drehte sich zu Voltaire um und meinte: „Also... – Nachdem das geklärt wäre, sollten wir dann gehen... – Und ich werde auf die Papiere warten, Mr. Voltaire... – Vergessen sie unsere kleine Abmachung nicht, sonst...“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ, gefolgt von Ray und Kai das Herrenhaus. Als die drei am Schlitten angekommen waren, brachte es Ray endlich fertig, Judy die Frage zu stellen, die ihm seit ein paar Minuten auf der Zunge lag. „Sag mal Judy... – Wie hast du das denn bitte schön geschafft?“ Die Trainerin der All-Starz legte den Kopf schief und lächelte verschmitzt. „Sagen wir es mal so... – Da gibt es einen Jungen mit einem hochmodernen Kontrollchip am Nervenzentrum und einen älteren Herrn, der unbedingt verhindern will, dass ein paar neugierige amerikanische Ärzte diesen Chip mal genauer betrachten...“ „Das... – ist Erpressung...“ „Stimmt Ray, da muss ich dir recht geben...“ gab Judy ungerührt zurück. „Aber es hat funktioniert...“ „Ja, das hat es...“ grinste Kai. Ray schüttelte den Kopf und stieg dann in den Schlitten ein. „Ihr zwei seid mir vielleicht welche...“ „Wieso ich?“ fragte Kai. „Ich bin unschuldig...“ „Aber sicher... – Wie der Wolf im Schafspelz...“ schmunzelte Ray. „Hey!“ Kai kletterte hinter seinem Koi in den Schlitten und setzte sich neben ihn, während Judy auf den Kutschbock kletterte. „Du warst echt mutig da drin...“ flüsterte Kai in Rays Ohr, als sich der Schlitten wieder in Bewegung gesetzt hatte und das Herrenhaus außer Sicht geriet. Ray lief in Sekundenschnelle rot an. „Findest du...?“ „Hmhm...“ Kai nickte leicht und legte dann den Kopf schief. „Das muss belohnt werden, findest du nicht...?“ Ray kam nicht mehr zum Antworten, denn Kai drückte sanft seine Lippen auf die des Chinesen. ‚Gesucht und gefunden...’ dachte Josie, als sie die beiden aus den Augenwinkeln beobachtete, bevor sie sich wieder auf den Waldweg konzentrierte und den Schlitten zurück zum Schloss lenkte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)