Ophéa von Azahra (Die Braut des Drachen) ================================================================================ Kapitel 1: 1.Kapitel* --------------------- »Ophéa« Die Achtzehnjährige wandte den Kopf nach rechts und lächelte, als sie den Mann sah, der auf sie zu hielt. »Ophéa!«, rief dieser erneut und der Reiter hielt sein Pferd mit einem Ruck an, als er vor ihr stand. Der Hengst, ein brauner Schecke, schnaubte. Er war wohl froh darüber, dass der kräftezerreden Ritt vorbei war. »Guten Tag, Armin. Was machst du hier? Ist heute nicht eine Parade?«, fragte die Elbin ihn und lächelte immer noch. Armin grinste. Der junge Mann hatte kurze, braune Haare und grüne Augen, die schelmisch aufblitzten. Seine blaue Soldatenkleidung war verdreckt durch den Straßenstaub, den er während seines Rittes aufgewirbelt hatte. »Die Parade ist heute ausgefallen, weswegen die Neulinge früher nach Haus durften als sonst. Ich bin darüber ganz froh, denn somit hab ich zusätzlich zwei Tage mehr frei«, erwiderte er ihr erleichtert. Ophéa kicherte. »Typisch.« »Kommst du gerade vom Markt?«, fragte er sie und deutete auf den vollen Weidenkorb, den sie mit beiden Händen festhielt. Die Elbin nickte. »Ja. Dein Vater möchte heute wieder ein köstliches Mahl«, erklärte sie ihm augenzwinkernd. Armin schüttelte leicht den Kopf. »Er wird sich wohl nie ändern.« Die beiden schwiegen eine ganze Weile. »Soll ich dich mitnehmen?«, fragte Armin sie nun. »Wenn es dir nichts ausmacht, dass die anderen wieder über dich tuscheln.« Armin half Ophéa, vor ihm im Sattel Platz zu nehmen. Mit der einen Hand umklammerte sie den Korb, mit der anderen hielt sie sich in der Mähne des Pferdes fest. Armin legte seine linke Hand um ihre Hüfte, damit sie nicht vorm Pferd fiel. Der Hengst setzte sich in Bewegung. »Mir ist, doch egal was andere über mich reden«, sagte er schließlich und sah sich kurz nach rechts um. Dort war ein Getreidefeld, wo mehrere Menschen arbeiteten. Sie sahen zu Armin und Ophéa. Ein paar grüßten die beiden, doch die meisten starrten sie nur misstrauisch an. »Ist es dir auch egal, was Iris über dich sagt?«, stocherte sie nun nach und grinste, als sie merkte, dass sie den Wundenpunkt des Zwanzigjährigen getroffen hatte. »Nun ja, bei ihr ist das etwas anderes. Aber ich werde sie sowieso nie bekommen«, erklärte er ihr und seufzte niedergeschlagen. »Warum glaubst du das? Sag es ihr doch endlich, Armin. Seit vier Jahren drückst du dich davor.« »Das ist gar nicht so einfach, Ophéa. Ich meine, das ist Iris! Sie ist eine Großcousine des Königssohnes! Du glaubst doch kaum, dass jemand wie Iris mich nimmt!« Die Achtzehnjährige rollte mit den Augen. Es war immer das Gleiche mit ihm. »Armin, dein Vater ist einer der reichsten Männer in der Umgebung. Du glaubst doch kaum, dass sie dir einen Korb geben wird. Du bist klug, gut aussehend, witzig und charmant. Sie wäre schön blöd, wenn sie dich ablehnen würde.« »Ach? Du findest mich gut aussehend?«, fragte er nun Ophéa und strich sich durch sein Haar. »Du bist so ein arroganter Schnösel!«, gab Ophéa zurück und stieß ihm mit den Ellenbogen spielerisch leicht in den Magen. »Ich werde auf deinen Rat hören und Iris beim Weinfest meine Liebe gestehen«, erklärte Armin nun und seufzte tief. »Aber nüchtern«, beharrte die junge Elbin und zog eine Schnute. »Ja. Ich werde es nüchtern über die Bühne bringen.« Ophéa drehte sich leicht zu Armin um und gab ihn einen flüchtigen Kuss auf die rechte Wange. »Und wenn du es nichts tust, dann sag ich es ihr.« »Oh nein! Das wirst du lassen.« ~~~ Das Gut von Marius lag in einer grasgrünen Talsenke, ganz versteckt von der Außenwelt. Es war riesig. Ein großes Wohnhaus stand in der Mitte. Daneben zwei hölzerne Scheunen und ein kleines Steinhaus, in dem gerade gebacken wurde; und dessen Rauch aus dem Schornstein stieg. Auf dem gepflasterten Hof sah man Futtertröge und Wassertröge für die Tiere. In der Ferne, auf einer Wiese sah man eine Herde Kühe, die in einem eingezäunten Gebiet grasten. Als Armin und Ophéa ankamen, stiegen sie vom Pferd ab. Sofort kam ein Stalljunge und dieser brachte den Hengst weg. »Danke fürs Mitnehmen«, sagte sie zu Armin und strich sich einige Strähnen ihres braungoldenen, kinnlangen Haares aus dem Gesicht. Armin winkte ab. »Kein Problem. Hätte ich dich heimgehen lassen sollen?« Die junge Elbin blieb ihm eine Antwort schuldig und betrat das Steinhaus, wo dort schon eine beleibte Köchin auf sie wartete. »Ah, Ophéa! Du bist aber früh zurück. Ich hätte nicht mit dir so schnell gerechnet«, begrüßte die Menschenfrau sie herzlich. Ophéa stellte den Korb auf den großen Holztisch ab. »Armin hat mich mitgenommen, Gertrude. Ich habe alles besorgt, was du brauchst«, sprach sie zu der Fünfzigjährigen, die sofort begann den Korb zu durchsuchen. »Ah! Du hast sogar die Datteln bekommen! Sehr gut!«, erwiderte Gertrude voller Freude. Ophéa legte das Wechselgeld vom Markt hin. Gertrude winkte ab. »Behalte es ruhig. Du brauchst es dringender und die fünf Goldmünzen werden Marius wohl kaum auffallen«, sprach sie augenzwinkernd zu ihr und schob das Geld wieder zu Ophéa. Sie lächelte. »Danke, Gertrude. Ich werde es sicher aufbewahren. Vielleicht finde ich damit ein Kleid für das Weinfest.« Die Köchin lächelte. Gertrude hatte Ophéa zum größtenteils großgezogen, weswegen sie die Elbin sehr mochte. Sie wusste auch, dass sie als Sklavin kaum, oder sogar, kein Geld erhielt. Daher steckte sie ihr ab und zu etwas zu. »Ja. Das kannst du machen.« Die beiden wechselten noch ein paar Worte, bis Ophéa das Backhaus verließ und auf das Wohnhaus zuging. Sie wollte hineingehen, doch die Tür wurde aufgerissen und ein wütender – wie so oft – Marius verließ das Haus. Grob stieß er Ophéa zur Seite und strafte sie mit einem kalten Blick. »Pass doch auf, Elbenbalg!«, zischte er ihr zu, dann wandte er sich ab und ging in Richtung Stall. Ophéa streckte ihm die Zunge raus und betrat dann das Wohnhaus. Als im Flur stand, sog sie den frischen Duft von Schnittblumen ein, die in weißen Vasen auf kleinen Beistelltischen standen. Am Ende des Ganges war eine hölzerne Treppe, die in das obere Stockwerk führte. Links und rechts war eine Tür und einige Bilder hingen an der weißen Wand. Ophéa klopfte zaghaft an die rechte Tür. Nach einem dumpfen »Herein«, betrat sie das Zimmer. Sie stand in einem geräumigen Esszimmer. Der Tisch, aus dunklem Eichenholz, bat Platz genug für mehr als zwölf Personen. Ein Kamin befand sich auf der linken Seite. Dieser war leer. Bis auf ein paar Pflanzen und ein trostloses Regal war nichts im Raum. An dem Tisch saßen Odette und Armin. Ophéa verneigte sich leicht vor Odette. Diese strickte einen Schal. Sie beachtete die Elbin kaum. Ophéa begann damit, das Kaffeegeschirr wegzuräumen. Sie war Odette einen schiefen Blick zu. Die Gutsherrin hatten in den letzten Jahren mehr Falten bekommen und auch ihr Haar war nun völlig ergraut. An ihren runzeligen Händen sah sie Altersflecken. Armin räusperte sich, als er sah, dass Ophéa seine Mutter so lange musterte. Der junge Soldat wusste zwar das seine Mutter die Elbin mochte, doch das gab ihr noch nicht lange das Recht, Befehle zu missachten. Ophéa ging wieder ihrer Arbeit nach und Armin las in der Zeitung, die vor ihm lag, weiter. Ophéa nahm das Geschirr, ging durch eine Tür in einem Nebenraum, wo dort die Spülküche lag. Sie holte draußen aus dem Brunnen einen Eimer Wasser, schüttete diesen in den Bottich und weichte das Geschirr in diesen ein, während sie begann mit einem nassen Lappen den Tisch abzuwischen. Odette räusperte sich plötzlich. »Armin? Möchtest du es Ophéa nicht sagen?« Die Achtzehnjährige horchte auf und sah die Herrin aus blaugrünen Augen verwundert an. Armin sah von der Zeitung auf. »Ich weiß nicht.« Er warf der Sklavin einen flüchtigen Blick zu. »Soll ich es ihr wirklich sagen?« Ophéa hatte damit kein Problem, dass man über sie redete, als wäre sie nicht hier. Sie war das gewohnt, seitdem sie hier als Sklavin diente. Die ältere Frau legte das Strickzeug auf dem Tisch und stand auf. Ihr gelbweißes Kleid raschelte dabei. Sie sah nun Ophéa an, die immer noch den Tisch abwischte. »Sag es ihr, Sohn.« Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum und schloss leise die Tür. Die Elbin sah Armin nun an. Ihr Blick war misstrauisch. »Was willst du mir sagen, Armin?« Der Zwanzigjährige faltete die Zeitung zusammen und legte sie zur Seite. Er sah nervös auf seine Hände hinab. »Gestern Abend, nach meiner Schicht, war ich ein wenig in der Stadt. Als ich zurück zu der Kaserne ging, wartete dort ein Elb in der Meldestube. Zuerst dachte ich, es sei ein neuer Diener, der für den Hauptmann arbeitet, doch als ich sah, dass er ein Schwert und kostbare Kleidung trug, begriff ich, dass dieser Elb ein freier war. Er hat nach dir gefragt.« Armin sah Ophéa an. Sie verstand, was er damit meinte. Es gab nur noch eine Handvoll Elben, die der Sklaverei entkommen waren. Diese lebten meist zurückgezogen und wagten sich nur selten unter Menschen. Doch das Verblüffende an der Sache war, dass der Elb wusste, wie Ophéa hieß! Dies war eigentlich nicht üblich. »Er wollte wissen, wie alt du bist und ob du immer noch bei meiner Familie lebst. Ich habe ihm geantwortet, und als ich wissen wollte, warum er sich für dich interessierte fragte er mich nur, wie viel es kosten würde, dich freizukaufen.« Jetzt fiel es der Elbin wie Schuppen von den Augen. »Deswegen war dein Vater gerade so wütend«, flüsterte sie. Die Achtzehnjährige setzte sich auf einem Stuhl. Armin nickte. »Ja. Er ist auf den Weg in die Stadt. Er wird diesen Elb finden und ihn hierher bringen. Mein Vater möchte wissen, warum er all diese Fragen gestellt hat.« Ophéa schluckte. »Glaubst du, dein Vater wird mich ihm geben, sollte der Elb die richtige Summe für mich bezahlen?« Armin runzelte die Stirn. »Würdest du mit ihm mitgehen?« Ophéa zuckte mit den Schultern. »Kann gut möglich sein.« Der junge Soldat lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Mhm. Es kommt ganz darauf an, wie der Gemützustand des Alten ist. Vielleicht lässt er sich erweichen, wenn der Elb genügend zahlt.« Er seufzte. »Aber anderseits … hätte ich etwas dagegen.« Ophéa blinzelte leicht. »Ich mag dich, Ophéa. Ich mag dich wie eine Schwester. Es mag zwar blöd klingen, doch ich sehe eine Elbensklavin als Freundin an.« Er lachte kurz auf. »Oh Gott! Ich bin froh, dass mich niemand hört, außer du.« Die Elbin fühlte sich leicht beleidigt. »Danke für deine schönen Worte«, antwortete sie sarkastisch. »Du weißt doch, wie ich das meine, Ophéa.« Armin nahm ihre rechte Hand in seine. Sie lächelte. »Ja. Du hast recht.« Plötzlich nahmen die beiden laute Schreie auf dem Hof wahr. Ophéa und Armin sahen sich an, dann standen sie auf und ging nach draußen. ~~~ »Was fällt Euch ein, so anmaßend zu werden?!« Marius stand breitbeinig da und sein Gesicht war – wie üblich – feuerrot. Vor ihm, im Hof stand ein Elb mit einem Rappen. Der Elb war hochgewachsen und überragte den Gutsherrn um mehr als zwei Köpfe. Er war schlank und feingliedrig. Der Langlebige hatte goldblonde Haare, die ihn bis zu den Ohren gingen. Seine braunen Augen betrachteten Marius gelangweilt. Er trug edle Kleidung aus feinem Stoff und ein silbernes Schwert baumelte auf seiner linken Seite. »Ich bin gar nicht anmaßend, mein Herr. Ich habe Euch nur eine einfache Frage gestellt«, berichtete der Elb nun und legte den Kopf leicht schief. Marius schäumte vor Wut. »Ihr besitzt die Frechheit zufragen, ob Ihr meine Sklavin freikaufen könnte, die mir mehr als zehn Jahre schon hier Dienst leistet?«, fragte der reiche Mann nun lauter, als eigentlich beabsichtig hatte. Hinter Marius stand Odette. Sie hielt sich aus dem Gespräch raus. Als Armin und Ophéa das Wohnhaus verließen und auf den Hof traten, wandte der Elb ihr sofort den Kopf zu. Die Elbin sah ihn gebannt an. Er war der erste männliche Part ihrer Art, den sie jemals gesehen hatte. Ophéa gefiel der Unbekannte auf Anhieb. Auch er musterte sie eindringlich. Der unbekannte Elb ging auf Ophéa zu. Marius derweil schimpfte laut und stampfte wütend auf den Boden mit seinen Füßen. Seine Frau tat keine Anstalten, um ihn zu beruhigen. Der Elb verneigte sich vor der Elbin. Ophéa lief leicht rot an. »Mein Name ist Arion Drake, Ophéa. Mein Meister hat mich zu Euch geschickt, um sein Versprechen wahr zu machen.« Er sah auf. Seine braunen Augen wirkten so kalt und passten nicht zu seinem Lächeln. »Er möchte, dass ich Euch mit zu ihm nehme. Er verspricht Euch einen Platz an seiner Seite.« Ophéa räusperte sich. Ihr war die ganze Situation peinlich. »E … Euer Herr?« »Der Drache Trésko ist mein Herr. Ihr befreitet ihn doch vor acht Jahren, richtig?« Die Elbin nickte zaghaft. Ja. Sie erinnerte sich. »Ich hätte nie gedacht, dass er sein Wort hält.« Drake richtete sich auf. »Ein Drache hält immer sein Wort, Mylady. Er möchte Euch sehen, sofort.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)