Ophéa von Azahra (Die Braut des Drachen) ================================================================================ Prolog: Prolog (neu) -------------------- Viele Menschen tummelten sich auf dem Markplatz. Es gab nur wenig Platz, weswegen viel gedrängelt und geschubst wurde. Die Marktschreier priesen ihre Waren an, doch um deren Stände sammelten sich kaum Menschen. Es gab eine Attraktion auf dem Markt, die viel interessanter war. Die Menschenkinder drängten sich durch die Lücken der Massen hindurch, um das Schauspiel besser zu sehen. Auch Ophéa, eine Elbensklavin, befand sich unter ihnen. Ihre blaugrünen Augen waren weit aufgerissen und ihr verfilztes, kinnlanges, braungoldenes Haar hing ihr ständig im Gesicht. In Gegensatz zu den anderen Kindern trug sie schäbige Kleidung aus billigem Stoff und sie trug keine Schuhe, wodurch ihr Füße voll verdreckt waren. Sie zwang sich geschickt an zwei anderen Kindern vorbei, die ihr wüste Beschimpfungen nachriefen. Sie überhörte dies. Ophéa war daran gewöhnt. Als sie ganz vorne stand glänzten ihre Augen richtig doch gleichzeitig fühlte sie tiefes Mitleid mit dem magischen Wesen. Der Drache war an seinen vier Beinen angekettet. Die Flügel hatte er angelegt und er kauerte am Boden des Käfigs, der viel zu klein für ihn war. Der Drache hatte eisblaue Schuppen und seine schwarzen Augen sahen hoffnungslos drein. Der Käfig stand auf einem Podest, auf denen Gefangene hingerichtet wurden. Der Schafott stand neben dem Käfig und um das getrocknete Blut schwirrten unzählige von Fliegen. Ein mannshoher Zaun hielt die Staunenden davon ab, der Tribüne näher zu kommen. Die zehnjährige Elbin musste schwer schlucken, als die offene Wunde des Drachen sah, die er unter seinem Flügel versteckte. Du armes Wesen. Du musst schreckliche Schmerzen haben, dachte sie wehmütig und ihre Augen wurden leicht feucht. Plötzlich umfasste jemand grob ihr linkes Handgelenk. »Da bist du ja! Was fällt dir ein einfach wegzulaufen, Elfenbrut!« Das Elbenkind drehte sich um und sah angsterfüllt den Mann an, der sie festhielt. Er war mindestens dreimal so groß und auch doppelt so breit wie sie. Sein roter Wams spannte sich über seinen Bauch und auch die schwarze Hose drohte bald aus allem Nähten zu platzen. Auf seinem Kopf trug er einen albernen blauen Hut mit einer weißen Feder. An seinen Finger steckten unzählige Ringe, besetzt mit Edelsteinen. »Es tut mir Leid, Herr. Aber ich wollte doch nur den Drachen sehen!«, rechtfertigte sie sich und sie nahm wahr, dass die Menschen um sie herum tuschelten und mit dem Finger auf sie zeigten. Die Zornesröte stieg in das dicke Gesicht des Mannes. »Du unverschämtes Gör! Was fällt dir ein, meine Befehle zu missachten! Mehr als einmal habe ich dir schon gesagt, dass du genau das tust, was ich dir sage!« Seine Stimme wurde immer lauter und Ophéa zuckte zusammen. Der Schmerz um ihr Handgelenk wuchs. »Marius!« Der Mann drehte seinen Kopf leicht nach rechts. Er sah die Frau, die ihn angesprochen hatte, angewidert an. »Was willst du, Weib?« Ophéa sah zwischen den beiden hin und her. Die Frau hatte ihr blondes Haar, das langsam ergraute, zu einem Zopf gebunden. Ihre Züge waren hart und mit Falten durchzogen. Sie trug ein langes, kostbares Kleid aus grüner Seide. Ihr Hals war über und über mit Ketten behängt. Marius und seine Frau, Odette, zeigten sich seit Jahren schon keine Liebe mehr. Sie hatten zwei Söhne, weswegen die beiden noch zusammen waren und wegen dem Geld, der Marius verdiente. Odette wusste, dass sie mittellos wäre, würde sie sich von ihm trennen. »Lass sie los. Du tust ihr weh! Du willst doch nicht eine Arztrechnung für dieses wertlose Ding zahlen!« Marius sah auf Ophéa hinab, dann ließ er sie so. Angewiderte wischte er seine Hand an seiner Hose ab. »Du hast Recht. Daran habe ich nicht gedacht. Außerdem möchte ich mir nichts einfangen; so dreckig wie sie ist könnte sie inzwischen alle möglichen Krankheiten haben.« Dann wandte er der Zehnjährigen den Rücken zu und ging auf dem Bürgermeister, der ihn zu sich herwinkte. Odette trat auf Ophéa zu. Diese senkte schnell den Blick. Man hatte ihr gelernt, der Herrin niemals in die Augen zusehen, wenn sie dies nicht forderte. »Habt dank«, stotterte sie nun und begann ihre Hände zu kneten. »Du solltest langsam gehorsam lernen. Seit fast vier Jahren bist nun bei uns. Langsam wird es Zeit, dass unsere Erziehung Früchte trägt«, erwiderte diese und ihre Stimme war hart. Dann legte Odette ihr die rechte Hand auf den Kopf. »Ich mag dich, Ophéa. Doch ich kann dich nicht immer vor ihm schützen. Ich bin alt. Irgendwann bin ich nicht mehr da.« Das Elbenmädchen lächelte. Sie mochte Odette. Sie war zwar manchmal wechselhaft wie der April, doch meistens war sie lieb und nett zu Ophéa. Darüber war sie sehr froh. »Danke, Herrin.« »Odette! Bring das Balg her!«, rief nun Marius laut über den Platz zu seiner Frau hinüber. Diese sah ihn giftig an. »Sie hat einen Namen!« Der reiche Mann winkte ab. »Bring sie schon her.« Odette nahm Ophéa an der Hand ging mit der auf Marius und dem Bürgermeister zu. Sie hatte ein mulmiges Gefühl. »Heinrich und ich habe uns gerade etwas Tolles ausgedacht! Seit seine Magd abgehauen ist, fehlt ihm doch jemand im Haushalt. Was hältst du davon, wenn wir ihm Ophéa für eine Weile ausleihen?« Odette runzelte die Stirn und sah auf die kleine Elbin hinab, die sie immer noch an der Hand hielt. »Ich weiß nicht so recht, Marius. Ophéa war noch nie in so einem großen Haus wie in dem von Heinrich, sie wird viele Abläufe nicht kennen und außerdem brauche ich sie selbst!« - »Es wäre nur für zwei Tage, Odette. Solange können wir sie durchaus entbehren, Liebes«, redete er weiter auf sie ein. Die Gutsherrin seufzte geschlagen. »Gut, in Ordnung. Ophéa, geh mit dem Bürgermeister mit, ja?« Zögerlich ließ das Mädchen Odettes Hand los und ging auf den beleibten Mann zu, der sie aus seinen Schweinsäugelchen musterte. Äußerlich stand er um Marius nichts nach, doch seine Macht war um eines großer, als die des einfachen Gutsbesitzers. Ophéa verneigte sich und murmelte eine Begrüßung. Der Bürgermeister grunzte. »Komm mit mir, kleine Elbin. Ich hoffe, du kannst hart arbeiten.« Heinrich verabschiedete sich von Odette und Marius, dann folgte Ophéa ihm. Dabei kamen die beiden an den Drachen vorbei. Mit großen Augen sah Ophéa ihn an. Der Drachen kämpfte gegen die Ketten an, die ihn in dem Käfig festhielten. Er riss und zog daran wie ein Berserker, aber die Eisenketten gaben nicht nach. Der Drache öffnete sein Maul und schrie seinen Frust laut hinaus. Viele Schaulustige hielten sich die Ohren zu und der Bürgermeister fluchte etwas. »Na ganz klasse. Jetzt kann ich mir die ganze Nacht dieses Geschrei anhören.« Ophéa sah ihn fragend an. »Die ganze Nacht? Wie meint Ihr, Herr?« Heinrich seufzte. »Sie werden den Drachen erst morgen hinrichten, da der Henker verhindert ist. Sie werden ihn die ganze Nacht hier auf dem Marktplatz lassen, da es viel zu viel Mühe kosten würde, den Drachen erneut wo anders hinzubringen.« - »Warum wird der Drache eigentlich getötet?«, hakte die Zehnjährige nach und Heinrich ging weiter. Ophéa folgte ihm auf dem Fuße. »Der Drache stellt eine Gefahr für die Stadt da. Er könnte die ganze Stadt verwüsten, ausrauben und uns alle töten. Wenn wir ihn nicht töten, könnte es sein, dass er mit mehreren seiner Rasse zurückkommt und sich an uns rächt!«, erklärte er ihr. Die Elbin wollte erneut etwas fragen, doch sie kam nicht dazu. Heinrich bog in eine Gasse ab und blieb gleich vor dem ersten Haus stehen. »So da sind wir, Ophéa. Melde dich unten in der Küche bei Bea, sie wird dich einweisen.« Ohne ein weiteres Wort verschwand der Bürgermeister im Inneren des Hauses. Ophéa aber sah noch einmal zu dem Drachen. Erneut schrie er seinen Frust hinaus und senkte danach seinen Kopf hinab. Seine schwarzen Augen bohrten sich in ihre und Ophéa vernahm eine tiefe, unbekannte Stimme in ihrem Kopf: „Hilf mir, Elbenmädchen!“ ~~~ Müde ließ sich Ophéa abends in ihr vorübergehendes Bett fallen. Sie streckte ihre Glieder aus und gähnte. Sie wandte ihren Kopf nach rechts und sah ihre Zimmergenossin an, deren Namen sie leider nicht kannte. Bea hatte ihr nur grob erklärt, was morgen zu tun war und die junge Elbin nahm sich vor, einfach abzuwarten bis ihre Mitbewohnerin erwachte um ihr zu folgen. Ophéa gähnte erneut und wusch ihre nackten Füße mit einem Schwamm ab, der auf einem Regel über ihrem Bett lag. Sie tauchte den Schwamm in einen Eimer Wasser der neben ihrem Bett stand und schrubbte sich den Straßendreck von den Füßen. Sie war froh, dass sie von Bea Schuhe für die Arbeiten im Haus erhalten hatte. Opheá hatte Angst etwas dreckig zu machen. Das Mädchen kroch, nach der Waschung, unter die Decke und kuschelte sich dort hinein. Sie schloss die Augen und nahm sich vor, sofort einzuschlafen, doch etwas hinderte sie daran. Draußen hörte sie den Schrei des Drachen, der immer noch an seinen Ketten zerrte. Die Elbin legte die Hände an die Ohren und versuchte es zu ignorieren, aber sie konnte nicht. Je länger sie den Drachen zuhörte, desto mehr Schmerzte es in ihrem Herzen. Sie wusste nicht warum, aber sie spürte wie der Drache litt. „Hilf mir, Elbenmädchen!“ Diese Worte hallten immer noch in ihrem Kopf wider. Doch woher kamen diese Worte? Etwa von dem Drachen? Die Zehnjährige lachte leise auf. »Klar, der Drache redet mit mir«, sprach sie zu sich selbst und unterdrückte ein Kichern. Ophéa seufzte und schloss erneut die Augen. „Hilf mir endlich!“ Diese Worte rissen die Elbin aus dem Bett. Sie fiel wörtlich auf den harten Boden und landete dort mit einem dumpfen Schlag. Ein Schmerzschrei entrang ihre Kehle und sie begann sich am Boden zu krümmen. Ihre Mitbewohnerin grummelte nur kurz und drehte sich auf die nächste Seite. Sie ließ sich nicht in ihrem Schlaf stören. Was war das?, dachte sie und stand langsam auf. Ihr rechter Arm schmerzte. Sie war mit ihrem ganzen Gewicht darauf gefallen. Ophéa fasste sich an den Kopf und trat zum Fenster ihrer Kammer. Sie sah hinaus, zu den Drachen. Dieser lag am Boden des Käfigs, des Kopf zwischen die Vorderklauen und schien zu schlafen. »Ich bin verrückt«, sprach sie laut und schüttelte den Kopf. Sie schlüpfte in ihre Schuhe, und verließ die Kammer. Leise schlich sie sich die Treppe hinunter, darauf bedacht auf keine quietschende Stufe zu treten. Als sie unten war, öffnete sie die Tür, die nicht abgeschlossen war. Ophéa runzelte die Stirn. Wie unvorsichtig, dachte sie, bevor sie das Haus verließ. Draußen war es kalt und nach wenigen Sekunden zitterte sie schon. Das Mädchen ging vorsichtig auf den Drachen zu. Wenige Meter vor dem Käfig blieb sie stehen. Plötzlich öffnete der Drache seine Augen und sah sie an. „Da bist du ja, Elbenmädchen. Ich habe schon auf dich gewartet“, sprach er zu ihr und Ophéa bildete sich ein, ein Lächeln zu sehen. Wie erstarrt blickte sie ihn an. Der Drache bemerkte dies und sprach weiter: „Mein Name ist Trésko, Elbenmädchen. Diese Menschen haben mich gefangen genommen, als ich ihrer Stadt zu nahe kam. Sie haben mich als Monster und Bestie beschimpft, aber dies bin ich nicht, dass musst du mir glauben, Elbenmädchen. Schon seit langen verbinden die Drachen und die Elben ein unsichtbares Band, durch das wir miteinander kommunizieren können. Ich habe sofort gespürt, dass du kein Menschenkind bist sondern ein unsterbliches Wesen wie ich. Du bist eine Sklavin, richtig? Kommst du aus diesem Haus?“, fragte der Drache sie und blickte Ophéa neugierig an. »N….nein. Ich komm von einem Hof, der ein paar Stunden von hier entfernt liegt. Mein Herr gab mich nur für ein paar Tage diesem Mann, weil er zu wenig Personal hat«, erklärte sie ihm stotternd und wagte sich nicht näher an ihn heranzutreten. „Das hört sich so an als würden diese Menschen dich wie ein Ding behandeln! Seit dem Krieg ist nichts mehr wie früher, Elbenmädchen. Damals hätte sich niemals jemand erlaubt so mit einem Elben umzugehen“, sprach Trésko nun und Ophéa spürte Zorn in seiner Stimme. „Ich unterbreite dir einen Vorschlag: Wenn du mich freilässt, dann werde ich dich holen sobald du Achtzehn bist. Du bist ein Elbin, du gehörst hier nicht her, dass spüre ich.“ Ophéa sah ihn aus großen Augen. Was hatte der Drache gerade gesagt? Er würde ihr die Freiheit schenken? »Lügt Ihr mich an?«, fragte sie ihn leicht trotzig. „Nein, ich bin ein Drache und Drachen lügen nicht! Ich verspreche dir bei meinem Feuer, dass ich dich befreien werde und du wirst einen Platz an meiner Seite bekommen.“ Das Mädchen runzelte die Stirn. Sie sah ihn lange an. Ophéa spürte, dass der Drache sie nicht anlog, er sprach die Wahrheit und sie spürte auch das Band, von dem Trésko gesprochen hatte. Ophéa ging auf das Podest zu und auf den Käfig. »Und wie kann ich Euch helfen? Ich habe keinen Schlüssel«, erklärte sie ihm nun. Trésko grinste. „Sieh beim Schafott nach. Dort müsste ein Schlüssel sein. Einer der Soldaten hat ihn versteckt, weil er Angst hatte, er könnte ihn im Suff verlieren“, erklärt er ihr. Ophéa tat wie geheißen und fand den Schlüssel schnell. Sie ging damit zu dem Käfig und sperrte diesen auf. Sie wartete ein wenig, bevor sie mit dem Schlüssel ebenfalls die Eisenketten aufschloss, und der Drache endgültig frei war. Kaum viel die letzte Kette von seinen Klauen, schrie der Drache laut vor Freude auf. Ophéa stolperte und fiel auf das Podest, während der Drache aus dem Käfig stieg und seine majestätischen Schwingen ausbreitete. Erneut ließ er einen Freudenschrei von sich und schickte diesmal sogar etwas Feuer aus seinem Rachen. Fasziniert betrachtete das Mädchen das magische Wesen. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass hinter den ersten Fenstern Kerzenlicht anging. „Ich danke dir, Elbenmädchen. Dadurch stehe ich ewig in deiner Schuld. Sobald du alt genug bist, werde ich dich holen.“ Trésko drückte sich vom Boden ab und kreiste ein paar Mal über den Platz. »Warte! Ihr wisst doch gar nicht wie heiße!«, schrie sie dem Drachen nach, als er sich endgültig abwenden wollte. Trésko sah zur ihr fragend hinab. »Ich heiße Ophéa!« Der Drache nickte ihr anerkennend zu, dann wandte er sich gen Osten und schon bald war er vor der Dunkelheit der Nacht verschluckt. Ophéa hätte ihm noch gerne länger nachgesehen, doch sie musste sich sputen um still und heimlich zurück ins Haus zu kommen. Die ersten Menschen steckten schon die Köpfe aus ihren Fenstern und sahen sich wütend um, woher die nächtliche Störung kam. Schnell, bevor jemand sie bemerkte, wandte sich um und verschwand wieder in dem Haus. Hoffentlich sind die acht Jahre schnell um. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)