Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 75: Der Regenmacher 11 ------------------------------ 4. Man konnte einiges über Kankurou sagen; dass er eine kalte Aura hatte, dass er mit seiner Schminke bewusst Unsicherheit verbreiten wollte, dass er ein durchaus arroganter Mensch war... Vollkommen richtig. Was man aber auch über ihn sagen konnte, war, dass er Freundschaft ernst nahm. Und so wunderte es mich nicht, dass er mich stumm einige Zeit musterte, bevor er fragte: "Kann ich dir helfen, Mamo-chan?" Verwundert sah ich ihn an. Es war keine Stunde her, dass wir unseren Ausflug in die Tiefen Konohas beendet hatten, und mir zitterten noch immer die Knie. Ich wusste, bei der nächsten Begegnung mit Danzou würde es zum Kampf kommen und womöglich einer von uns beiden sterben. Dabei rechnete ich mir durchaus gute Chancen gegen ihn alleine aus, nicht aber gegen seine gesammelte ANBU-Ne-Truppe, die Shinobi von hervorragender Qualität und zweifelhafter Moral zu bieten hatte. Ich meine, Shinobi wurden darauf trainiert zu töten und Befehle auszuführen, und dies schon ab einem Alter von acht Jahren, aber wir "normalen" Shinobi halfen nach der Schlacht den Verwundeten beider Seiten. Bei den ANBU-Ne wurden alle Toten nochmal getötet, nur um auf Nummer sicher zu gehen - eigene wie feindliche. Vielleicht konnte ich es mit Danzou und einem Begleiter aufnehmen, aber sicher nicht mit zwei oder drei. Und das auch nur, wenn ich die richtigen Affenkrieger beschwor, die die mir unbekannten Fähigkeiten seiner Begleiter kontern konnten. Das geraubte Sharingan konnte ein Sensoriker kompensieren, darum machte ich mir keine Sorgen. Aber von seinen kannte ich kaum die Fähigkeiten. Sai's waren mir bekannt, und die des Aburame mit seinen mikroskopisch kleinen Käfern. Auch sollte ein Yamanaga in ihren Reihen sein, aber sicher kein Nara. Der Rest war mir unbekannt. Ein unabwägbares Risiko. Einer der Gründe, warum ich Kishio nicht direkt mitgenommen hatte: Man wedelte nicht mit dem Hauptpreis vor dem Maul einer Bestie herum. "Was?", fragte ich. "Ob ich dir helfen kann." Eines seiner seltenen Lächeln zierte Kankurous Miene. "Mir wurde zugetragen, dass du kleine Probleme hast. Es wäre mir eine Freude, wenn ich ein klein wenig von dem zurückgeben könnte, was Suna dir schuldet." Vor Schreck fiel mir die Gabel aus der Hand und landete krachend auf dem Teller. Die anderen Anwesenden in unserer Küche sahen mich an. "Was meinst du, Kan-chan?" Nun wurde das Lächeln ein Grinsen. "Mir wurde zugetragen, dass, ah, eine gewisse innere Fraktion Konohas sich etwas zu sehr für die Moerus interessiert. Anscheinend hast du einen Frieden ausgehandelt, aber, nun, bei dieser Fraktion gehört Lügen und Betrügen noch mehr zum Geschäft als bei Shinobi üblich. Deshalb solltest du entgegen deiner Art jedem Konoha-Nin vorerst mit Misstrauen begegnen." Meine Irritation musste an meinem Gesicht abzulesen sein, denn Kankurou lachte nun prustend. "Was bist du so schockiert? Seit wir unser Bündnis erneuert haben, habe ich viele neue Kontakte in der Stadt geschaffen", sagte er grinsend. "Aha. Neue Kontakte", erwiderte ich. Natürlich meinte er Spione. Suna hatte also gerade inoffiziell zugegeben, dass es Spionage in Konoha verrichtete. "Neue Kontakte", bestätigte er. "Du magst ein wundervoller Mensch sein, dem ich uneingeschränkt mein Vertrauen geben kann, aber du bist nicht Konoha, oder? Auch Tsunade-sama kann ich vertrauen, aber nicht allen Fraktionen und Strömungen Konohas. Es ist, ah, immer besser, schon vorab zu wissen, in welche Richtung sie marschieren, um gegebenenfalls gewappnet zu sein. Das ist in Suna nicht anders. Schon seit einiger Zeit beobachte ich mit Sorge eine Strömung gegen Gaara, die in letzter Zeit an Fahrt gewinnt. Es ist immer wichtig, in solchen Situationen Quellen vor Ort zu haben, sei es nun in Suna oder sei es in Konoha." Er lehnte sich zurück. "Diesmal aber habe ich nur unsere Kopien der Geheimdienstberichte aus Mizugakure gelesen." "Sehr witzig, Kan-chan", brummte ich. Das war so ziemlich der älteste Witz im Spionagegewerbe. Andererseits verstand ich sehr wohl, was er sagen wollte. Ich dachte darüber nach und tauschte einen Blick mit Tooma aus, der diesen mit einem feinen Lächeln erwiderte. Wenn ich mich wirklich mit Danzou anlegte - und die Entscheidung darüber würde nicht von mir gefällt werden, wie mir schmerzlich bewusst wurde - dann konnte ich jede Hilfe gebrauchen, die ich kriegen konnte, denn der alte Mann war ein skrupelloser, gewissenloser und selbstgerechter alter Sack. Er redete zwar immer davon, dass er all das mit Schmerzen und nur im Sinne von Konoha tat, aber Konoha, das war in seinen Augen er selbst. Alles andere nur eine Irrmeinung. Wäre Tsunade-sama nicht eine durchaus wehrhafte Frau und wäre sie dank ihres persönlichen Jutsu nach nicht unverwundbar, hätte Danzou eventuell schon eine Dummheit riskiert. Ich schob diese Gedanken beiseite, denn sie brachten mir nichts. Mehr als sie im Hinterkopf behalten konnte ich im Moment nicht. Und dann, wenn es akut wurde, konnte ich nur hoffen, dass ich einerseits schnell genug reagierte und andererseits überhaupt etwas helfen konnte, denn letztendlich war ich gegenübe Tsunade-sama nur ein kleines Licht. Wenn sie meine Hilfe, die eines kleinen spezialisierten Jounin, brauchte, würde die Kacke aber mächtig am Dampfen sein. Die Alternative war, den eigenen Standpunkt so gut ich es konnte verstärken. "Da gibt es tatsächlich etwas...", sagte ich gedehnt."Aki-chan hat es in Suna ziemlich gut gefallen. Aber vielleicht werde ich nicht mehr die Zeit haben, ihn dorthin mitzunehmen." Kankurou kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Er sah kurz zu Maria herüber, die, über eine Tasse Tee gebeugt, die Konversation stumm mitverfolgte. Ihr Gesicht war eine undurchdringliche Maske. Natürlich hatte ich ihr nichts von den Problemen mit Danzou und den ANBU-Ne gesagt, niemand in der Familie sollte davon wissen, dass sie ihre Klauen nach Kishio ausgestreckt hatten. Das hieß aber nicht, dass sie es nicht selbst herausgefunden hatten. Kankurou klopfte leise auf den Tisch. "Mach dir darum keine Sorgen, Mamo-chan. Wenn du keine Zeit hast, wird es mir eine Ehre sein, den Kleinen nach Suna zu holen und ihm die schönen Seiten der Stadt zu zeigen." Ich fühlte eine gewisse Erleichterung in meinen Eingeweiden. Für einen Ninja bedeutete das Leben, dass er auch immer mit seinem Tod rechnete. Tatsächlich starben die wenigsten Shinobi an Altersschwäche, die Meisten starben in jüngeren Jahren auf dem Schlachtfeld. Ich rechnete also mit meinem eigenen Tod schon, seit ich das erste Mal ein Kunai in die Hand genommen hatte. Aber diese unterschwellige Gewissheit, diese Angst, hatte nichts mit Akira zu tun. Sollte also wirklich etwas passieren, sollte das Schlimmste passieren und die Familie Morikubo zerstreut oder gar vernichtet werden, dann hatte Aki-chan, falls er dann noch lebte, eine sichere Zuflucht in Sunagakure unter den wachsamen Augen von Kankurou. "Danke", sagte ich mit einem knappen Lächeln. "Ich mag Sunagakure und seine Shinobi sehr." "Und jetzt noch mehr, eh?", scherzte Tooma. Er sah seine Verlobte an. "Eigentlich ist das eine super Gelegenheit, um ein wenig Urlaub zu machen, findest du nicht, Schatz? Ein paar Wochen das gute Essen in Konoha wird uns guttun." "Du willst ja nur, dass ich zunehme", erwiderte sie mürrisch. "Damit du mehr zu lieben hast." "Und was ist falsch daran?", neckte er sie. "Ihr wohnt dann selbstverständlich hier", erklärte ich rigoros. "So lange, wie Ihr wollt." Tooma rutschte ein Grinsen durch die Fassade seines Lächelns. "Danke, Mamo-chan. Wir wissen das zu schätzen." Innerlich atmete ich auf. Kankurou hatte die beiden in meinem Haushalt platziert, womöglich für den ganzen Zeitraum meiner Mission im Land des Schnees, damit sie auf meine Familie aufpassten. Nur für den Fall, dass sich der unfreundliche Teil Konohas gegen sie wendete. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie dankbar ich dem Ratsherrn Sunas und meinen beiden Freunden Lian und Tooma war. "Nicht doch. Ich danke euch, dass Ihr Konoha mit eurer Anwesenheit ehrt. Und dass Ihr Mutter ein wenig auslastet, während ich nicht da bin. Sie kommt sonst womöglich noch zum Nachdenken, und das ist immer gefährlich." Ich war mir sicher, dass Mutter genau jetzt niesen musste. Ihr sechster Sinn für derart Gesagtes war phänomenal. Deshalb war sie ja auch eine so gut Kunoichi gewesen. Ich erhob mich. "Entschuldigt mich jetzt bitte. Termin bei der Hokage. Fühlt euch hier ganz wie Zuhause, bitte." Ich nickte Ryuji Nekozumi und Suzume-chan aufmunternd zu. "Kishi! Wir müssen los!" "Hai, Aniki!", kam sein Ruf zurück, bevor er, sein Stirnband gerade umbindend, ins Gebäude rüberkam. "Ich habe noch kurz mit Kin-chan gesprochen." Worum es dabei gegangen war konnte ich nur ahnen, aber bei Kicchans feinem Gespür für Situationen hatte er den ANBU, der seit ein paar Tagen bei ihm logierte (und zwar länger als eine Renovierung seiner Wohnung dauern würde), das Versprechen abgerungen, gegen ANBU-Ne auf der Hut zu sein. Wir hatten damit wahrlich in ein Wespennest gegriffen. Nein, das war falsch formuliert. Danzous Gier nach Kishios Fähigkeiten waren wie eine Hand, die aus dem Wespennest hervorgeschossen war, um uns hineinzuziehen. Und das würde ich dem alten Bastard nicht verzeihen. Nicht, solange ich lebte. Was hoffentlich eine lange Zeit sein würde. Ich nickte bestätigend. "Gut. Lian und Tooma bleiben auch noch ein wenig hier. Maria, was ist mit dir?" Die junge Frau lächelte, sehr falsch und sehr verstörend. Auch sie wusste mehr, als ich mir eingestehen wollte. "Ich gehe mit Aki-chan zu seinem Großvater. Der Spielplatz dort ist toll." Ihre Worte erinnerten mich wieder daran, dass sie seit einem Jahr ein offizielles Familienmitglied war. Und ich wurde auch daran erinnert, dass der Rat der Nara von mir erwartete, sie zu heiraten und Aki-chan damit noch enger an Konoha zu binden. Was mich wiederum daran erinnerte, dass ich mich mit Karin auch hatte verloben wollen. Gut, dass ich im Vorfeld meines Geburtstags keine entsprechenden Andeutungen gemacht hatte, wann ich das tun wollte. Ich nickte als Zeichen, das ich verstanden hatte. Und zwar alles. Dann wünschten Kishio und ich noch einen schönen Tag in die Runde und machten uns auf den Weg. *** In Tsunade-samas Büro eingetroffen erwartete uns zu unserer Überraschung Leere. Sie war nicht da. Auch Shizune, ihre Sekretärin und rechte Hand, war nicht aufzutreiben. Das war ungewöhnlich, denn ihre Termine hielt die Godaime Hokage immer ein. "Kishio?" Der rothaarige Moeru nickte und spannte sein Kanshi auf. Da er Tsunade-samas Chakra gut genug kannte, würde er sie über kurz oder lang finden, wenn sie noch in Konoha war. Trotzdem dauerte es ein paar Minuten, bevor er meine Hand ergriff, damit ich an seinen sensorischen Fähigkeiten teilhaben konnte. Noch immer war meine Reichweite gegenüber der Kishios erbärmlich zu nennen, aber immerhin hatte ich mich von meinen Anfängen, lächerlichen zwanzig Metern, auf mittlerweile einen Kilometer hochgearbeitet. Und das war selbst unter sensorischen Ninjas nicht schlecht. Aber wahrscheinlich auch mein Limit. Auf Kishios Fähigkeiten mitreitend fand ich sie schnell. Sie war im Krankenhaus. Das war nicht ungewöhnlich. Sie war die fähigste Medi-Nin Konohas, vielleicht die fähigste Medi-Nin aller fünf großen Länder und darüber hinaus. Es war nicht ungewöhnlich, dass sie zu komplizierten Fällen oder schwierigen Behandlungen gerufen wurde. Das bedeutete eine Wartezeit von fünfzehn bis zwanzig Minuten, die Tsunade-sama brauchen würde, um zum Büro zurückzukommen. Die restliche Zeit für das, was sie gerade tat, nicht eingerechnet. Ich seufzte. "Tee?" Kishio nickte. Es war mehr als genug Zeit, um in einem der Lokale einen Grüntee zu trinken. Und dank seiner sensorischen Fähigkeiten würden wir es wissen, wenn sie früher zurückkehrte. Es musste darüber hinaus sehr wichtig sein, wenn die Hokage ihren Terminplan komplett auf den Kopf stellte. Sicherheitshalber prüfte ich, erneut Kishios Fähigkeiten nutzend, die Umgebung Tsunade-samas auf Shizunes Anwesenheit. Aber seltsamerweise entdeckte ich sie nicht. Stattdessen aber fiel mir ein Chakra auf, das ich erst ein paar Tage kannte. Der Person, die es verströmte, traute ich nicht weiter, als dass ich einen der Hokage-Köpfe auf den Felsen über uns werfen konnte. Es war unser Regenmacher. Fragend hob ich beide Augenbrauen. Aber Kishio hütete sich, eine irgendwie geartete Vermutung auszusprechen. Dennoch fragte ich mich, was die beiden im Krankenhaus zu tun hatten. Und das im gleichen Raum. Hatte es mit unserer Mission zu tun? Ich konnte es nicht sagen. Und vielleicht würden wir es nie erfahren. Eine halbe Stunde später standen wir erneut in Tsunade-samas Büro, weil Shizune eingetroffen war. Die junge Frau hatte eine erstaunlich schlechte Laune gehabt, aber sie versuchte tapfer, diese vor uns zu verbergen. Stattdessen betrieb sie belanglose Konversation und bot uns Tee an. Fünf Minuten später traf Tsunade-sama mit Haru ein. Zusammen. Die Hokage musterte mich und Kishio aufmerksam. Zwischen ihren Augen stand eine tiefe Falte. "Ihr habt uns gesehen." Das war keine Frage gewesen. Nur eine Feststellung. "Hai, Tsunade-sama", sagte Kishio. "War es verboten?" Sie setzte sich auf ihren Platz hinter dem Schreibtisch. "Nein. Es ist nur irrelevant für eure Mission." Damit schob sie das Thema beiseite und bot uns Plätze an. Haru nahm ebenfalls Platz, was logisch erschien, immerhin war dies ein Missionsbriefing. Nur, wie weit war Kiri in unser Vorhaben eingeweiht? Die nächsten Worte Tsunade-samas bewiesen, dass sie nur das wissen konnten, was sie sich selbst zusammenreimten. "Als Tarnung für eure Untersuchung", begann sie, mit keinem Wort von den Moerus sprechend, "bauen wir auf der Arbeit Kirigakures auf. Nachdem Team sieben unter Kakashi eine Begleitschutzmission im Yuki no Kuni absolviert und dabei "aus Versehen" ein neues Staatsoberhaupt etabliert hat, entwickelte die neue Führung Interesse an, ah, Ninjutsu." "Frage, Tsunade-sama", sagte Kishio. "Wie kann man aus Versehen ein neues Staatsoberhaupt etablieren?" Ich musste grinsen. "Naruto." Tsunade-sama nickte gewichtig. "Naruto." Damit war für uns beide diese Frage geklärt. Aber der junge Moeru, der Jiraiyas Meisterschüler noch nicht so gut kannte, runzelte die Stirn. Sein Gesicht war eine einzige Frage. "Sagen wir einfach, dass Naruto die Fähigkeit hat, Ungerechtigkeiten zu erkennen und zu bekämpfen. Und wenn man ihn von der Leine lässt, dann bekommt ein kleines Land eben ein neues Oberhaupt." Bei diesen Worten musste sie nun grinsen. Sie hatte, lange nach diesen Ereignissen im Land des Schnees, ihre eigenen Erfahrungen mit Narutos Hartnäckigkeit gemacht. Shizune hatte mir ein paar Anekdoten erzählt, die Tsunade-sama nie freiwillig rausgerückt hätte. "Auf jeden Fall bedeutet dies für uns, dass wir es mit Koyuki Kazahana zu tun haben. Diese ist, wie ich bereits erwähnt habe, vom Ninjutsu beeindruckt, sodass sie einige Zeit Kiri-Nin angeworben und eingesetzt hat, um talentierte Leute in den eigenen Reihen in die Grundlagen einzuführen." "Warum Kiri-Nin und warum keine Konoha-Nin?", fragte ich erstaunt. "Ich hätte eher erwartet, dass sie sogar Team sieben direkt anfordert." "Das hat sie auch getan, aber Team sieben war damals nicht verfügbar. Außerdem musste damals ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte bewahrt werden, weshalb wir zugunsten Kirigakures auf den Auftrag verzichtet haben. Damals hatte Sarutobi-sama dich dafür im Auge, Mamo-chan, aber zugunsten der Außenpolitik wurde ihm aus dem Büro des Daimyos nahegelegt, an Kiri zu delegieren. Damals waren die Räte noch der Meinung, Kirigakure als Puffer zu Kumogakure zu brauchen." Sie deutete auf Haru. "Im letzten Jahr war er einer der Hilfsausbilder, die den ausgesandten Jounin unterstützt haben. Durch seine vortreffliche Arbeit bekam er die Einstufung Chunin und wechselte, genau wie du damals, Mamo-chan, ins Ausbildungsressort im Feld. Er kennt also die Leute, das Gelände und die örtlichen Gegebenheiten und Sitten. Faktisch eine sehr gute Wahl, um die Mission durchzuführen, denn um unser Erkundungsunternehmen nach Orochimaru zu kaschieren, haben wir Kiri darum gebeten, den Ausbildungsauftrag dieses Jahr an uns zurückzugeben, und Kazahana-sama hat dem zugestimmt, nachdem ihr gegenüber erwähnt wurde, du seist ein Freund Narutos." "Ah, Vitamin B", schmunzelte ich. Nun, ich mochte es wirklich, wenn über Naruto gut geredet wurde. Das hatte er sich verdient, denn er war ein feiner Kerl. Und nur die Götter mochten wissen, wie groß sein Chakra war und wohin ihn sein Weg noch führen würde. Wer einmal das Rasengan gesehen hatte, das er hauptsächlich verwendete, ahnte, dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange war. Er pflegte stets zu sagen, dass er Hokage werden und sich den Respekt aller verdienen wollte. Nun, letzteres würde er zweifellos irgendwann schaffen. "Etwas in der Art, ja." Sie räusperte sich vernehmlich; Haru hörte aufmerksam zu, verzog aber keine Miene. Ich war mir nicht sicher, dass das nur an der Mission lag. "Um auf die eigentliche Mission zurückzukommen, so habe ich entschieden, dass du der Köder sein wirst, Kishio-kun." "Äh, Tsunade-sama, Köder?", fragte er erstaunt. "Kishio no Moeru, ja", sagte sie bestimmt. "Wir werden deine Anwesenheit durchsickern lassen und wir werden dich stets prominent positionieren. Jeder, der sich für die Moerus und ihren stärksten Überlebenden interessiert, wird davon angelockt werden wie die Motten nachts von einer Kerzenflamme. Das ist natürlich ein für dich sehr gefährliches Vorgehen und ich kann verstehen, wenn du ablehnst. Es gibt noch einen Plan B und einen Plan C in der Schublade, die..." "Nein, nein, das geht schon in Ordnung", sagte Kishio lächelnd und hob abwehrend die Hände. "Ich bin ein Shinobi und ich werde meine Pflicht nicht vernachlässigen oder meine Arbeit einem Schwächeren überlassen, dessu ne? Außerdem vertraue ich Mamo-nii. Er wird schon auf mich aufpassen." "Wer wohl auf wen aufpassen wird, Herr Sensoriker", scherzte ich und knuffte ihm einen Ellenbogen in die Seite. "Schön, dass du das ansprichst, Kishio-kun. Wir haben intern diskutiert, wie wir den Köder noch attraktiver machen können und sind auf eine Idee gekommen, die, nun, von dir einiges an schauspielerischem Talent abverlangt." Sie sah mich an, und ich fühlte einen eisigen Schauder den Rücken runterlaufen. "Und von dir ein, ah, etwas größeres Opfer, Mamo-chan." "Ich bin zu jeder Schandtat bereit", sagte ich jovial, zitterte aber innerlich vor dem, was sie verlangen würde. Verdammt, wenn sie so ein Trara darum machte, musste es etwas sein, was mir nicht gefiel. "Gut, dann sei bitte heute Nachmittag um zwei mit Kira-kun in der Klinik." "Mit Kira?", fragte ich verwundert. "Warum das denn?" "Außerdem hast du die nächsten Tage bis zum Aufbruch ein paar Trainingseinheiten mit Kakashi", fuhr sie fort, meine Frage übergehend. "Wir wollen doch, dass alles zumindest perfekt aussieht, oder?" Zufrieden lehnte sie sich nach hinten. "Kishio, ich denke, du wirst einen guten persönlichen Sklaven abgeben." In etwa so irritiert wie ein Kunde, der in einen Fleischerladen geht und dort einen Shop für Intimhygiene findet, sah Kishio unsere höchste Vorgesetzte an. "Hai?" "Ein seinem Meister vollkommen ergebener, aber nicht ganz so guter Kishio no Moeru wird die Aufmerksamkeit erzeugen, die uns vorschwebt", sagte sie selbstzufrieden. "Für die einen wirst du schwach wirken, schwach genug, um dich in die Hand zu bekommen, für die anderen schwach genug, um den Wunsch zu wecken, ah, deine Situation zu verbessern." Ihr Lächeln verschwand und machte einem sehr ernsten Gesicht Platz. "Ich erwarte von euch beiden ein perfektes Spiel!" Beim Ton ihrer Stimme fuhr ich zusammen, Kishio erging es ebenso. "Jawohl, Tsunade-sama!" "Hai, Taisho!" "Gut. Dann seid Ihr entlassen, Mamoru, Kishio. Haru, du ebenfalls." Wir nickten der Hokage zu und verließen ihr Büro wieder. Vor der Tür sah ich den ehemaligen Harusame an. "Darf ich wissen, was im Krankenhaus los war?" Er zuckte mit den Schultern. "Warum nicht? Es ist kein großes Geheimnis. Ich werde bald sterben, Morikubo-sama." Mit diesen Worten ließ er uns stehen und ging davon. Kishio knirschte mit den Zähnen. "Wenn er denkt, er kann sich bei uns einschmeicheln, hat er sich aber geirrt." Ich runzelte die Stirn. Anscheinend musste ich mir keine Sorgen machen, dass Haru zu viel Sympathie entgegengebracht werden würde. Nicht mal meine eigene. *** Eine Stunde vor dem Mittagessen waren wir wieder Zuhause. Bis auf Anne brachen meine Freunde aus Tsukigakure wieder auf. Und Maria blieb noch bis zu meinem Aufbruch, um Aki-chan wieder mitzunehmen. Für Lian und Tooma bedeutete das, wenn Kankurou Wort hielt - woran zu zweifeln ich nicht eine Sekunde wagte - ein bezahlter Urlaub an einem der schönsten Strände, die ich kannte. Ryuji Nekozumi, mein alter Freund hingegen, würde mit uns aufbrechen, da wir, um auf den neuesten Stand zu kommen, noch mal bei ihm daheim vorbeischauen und aktuelle Geheimdienstberichte einholen würden, die Moerus betreffend. Einen Teil des Weges würde uns Team Samui begleiten, bis wir kurz vor der Landesgrenze verschiedene Wege gehen würden. Ich hatte Omoi und den Mädchen allerdings bereits das Versprechen abgeluchst, Suzume und ihren Freund sicher nach Hause zu bringen. Immerhin kannten sie die Burg, in der die beiden heutzutage arbeiteten, noch ziemlich gut aus jenen Tagen, in denen Kirabi-sama und Yugao-chan selbige zerstört hatten. War es ein schlechtes Vorzeichen, dass der damalige Unter-Daimyo, der meine Lehrerin und den Jinchuriki Kumogakures hatte anwerben und als das nicht gelang töten lassen wollte, nun als Chunin Kirigakures mit uns kam? Auf jeden Fall waren wir uns mehr als einig, ihm gegenüber mit keinem Wort zu erwähnen, dass wir überlebende Moerus suchten. Offiziell jagten wir Orochimarus Labore; da ich bereits in dreien von ihnen gewesen war, galt ich durchaus als Experte, denn die meisten Shinobi, die eines der Verstecke zu Gesicht bekamen, sahen nur eines - das, in dem sie anschließend umkamen. Darüber hinaus waren zwei Dinge nicht auszuschließen. Erstens, dass Orochimaru im Yuki no Kuni tatsächlich Stützpunkte und Labors unterhielt. Das Land war so abgelegen und so uninteressant für die fünf großen Reiche, für gewisse Forschungen und Experimente war es geradezu ideal. Und zweitens, dass Orochimaru theoretisch über die gleichen Informationen verfügte wie Konoha. Bedeutete dies einen Wettlauf um die letzten freien Moerus? Bedeutete dies, dass ihre Leben bedroht waren, falls es sie tatsächlich gab? Für die Spurensuche hatte Ryuji nur eine kleine Handvoll Personen eingesetzt, denen er vorbehaltlos vertraute. Aber letztendlich war jeder erpressbar oder unter Folter bereit, alles zu verraten, was er wusste. Und das war nicht einmal notwendig. Ein guter Spion musste einem anderen Spion nur folgen, um zu den gleichen Schlüssen zu kommen wie der andere. Zwar hatte es keinen Briefverkehr gegeben, nur mündliche Berichte, aber das war nur bis Nekozumi gewesen; Konoha hatte natürlich wieder einen Haufen Dokumente gebraucht. Wir waren sicher, dass es noch den einen oder anderen auf Oros Lohnliste in Konoha gab und deshalb die Gelegenheit genutzt, ein paar Fallen zu stellen, in denen sich früher oder später der eine oder andere Lohnsklave verfangen würde, aber wie erfolgreich würden diese sein? Hinzu kam, dass die meisten von ihnen sicherlich nicht einmal wussten, dass sie für Orochimaru arbeiteten. Und es kamen sicher noch ein paar Spione der anderen vier großen Nationen hinzu, die ihrerseits am Moeru-Komplex interessiert waren. Letztendlich aber würden die Klügsten unter ihnen folgerichtig annehmen, dass sie sich erst bewegen durften, wenn sich Kishio oder Shinpachi oder ich - oder alle drei zusammen - bewegten. Fehlten zum Beispiel Orochimaru Daten für eigene Ermittlungen, würde er einfach uns verfolgen lassen, um an sein Ziel zu kommen. War er uns voraus, kamen wir so oder so zu spät. Aber das waren Gedanken, die sich nur Anfänger machten. Profis nahmen hin, und gut war. Und es war ja nicht so, als wären wir Oro selbst nicht auch auf den Fersen. Mein kleiner Bruder Naruto befand sich just auf der Suche nach solch einem Versteck. Natürlich nicht nach dem Versteck selbst und das auch nicht alleine, aber er klapperte Informanten ab, um das Netz enger zu ziehen und Orochimaru endlich zu stellen. War er erfolgreich, würde Team Kakashi einen Präventivschlag führen. Ziel würde es sein, Orochimaru daran zu hindern, den Körper von Sasuke Uchiha nach seinem Drei Jahre-Turnus zu übernehmen und zu eigen zu machen. Falls die Anhaltspunkte zusammengetragen werden konnten. Wie ich wusste, war Sakura Haruno in seinem Team, ein ziemlich vorlautes Gör, aber eine Schülern Tsunade-samas. Selbstverständlich führte Kakashi die Truppe an, und er war einer der besten Jounin, über die Konoha verfügte. Wenn ich es recht bedachte, waren Naruto und ich an der gleichen Mission beteiligt. Wir marschierten nur in verschiedene Richtungen und hatten verschiedene Einzelziele. Aber alles war darauf ausgerichtet, Orochimaru zu schwächen oder ganz zu vernichten. Was kam danach? Die alte Rivalität der fünf großen Reiche? Akatsuki, die mein Team bereits zu observieren versucht hatte? Ich wusste es nicht. Aber solange Orochimaru lebte und sein perfides Werk verrichtete, band er zumindest einen Teil der Ressourcen aller fünf großen Dörfer, die ansonsten vielleicht für einen vierten großen Krieg verwendet werden würden, und... "Was?", fragte ich erstaunt und sah auf. Kankurou schnippte erneut mit der Rechten vor meinen Augen. "Wieder da, Kleiner? Ich sagte, ich muss vorzeitig nach Hause aufbrechen." "Was? Aber..." Mir war von vorne herein klar gewesen, dass ich auf meiner eigenen Feier nicht viel von meinen oft weitgereisten Besuchern haben würde, deshalb hatte ich jedem einzelnen angeboten, die Tage bis zu meinem Missionsbeginn zu bleiben. Kankurou hatte sich eigentlich die Zeit freigeschaufelt, um noch drei Tage in Konoha zu verbringen. Wenn er trotzdem am Tag nach meinem Geburtstag aufbrach, und das auch noch so plötzlich, dann war etwas im Busch. "Ärger?", fragte ich. "Genügend", erwiderte er. "Ich bin es gewohnt, dass man Zuhause gegen Gaara intrigiert, aber es scheint etwas im Busch zu sein, das dieses normale Maß in den Schatten stellt. Es klappert und rappelt an viel zu vielen Ecken und Enden." Sein Blick, gedankenverloren in die Ferne gerichtet, kam zurück in die Wirklichkeit. "Irgendetwas wird passieren. Dann will ich in Suna sein, nicht in Konoha." Ich nickte zustimmend. "Soll ich helfen?" Verdutzt sah er mich an, bevor er schallend zu lachen begann. "Das habe ich von dir erwartet. Schade, dass ich nicht drauf gewettet habe." Er grinste in Richtung von Tooma, der das Grinsen erwiderte. "Danke. Du hast deine eigene Mission. Du nützt uns allen, wenn du die letzten Moerus findest." Konsterniert sah ich ihn an. "Hast du das auch aus einer Kopie eines Berichts aus Kirigakure?" "Nein, das ist meine Menschenkenntnis. Wenn Team dreizehn zusammen mit den Moerus aufbricht, um in eine abgelegene Gegend zu gehen und damit ihre wertvollen Leben riskiert, für nichts weiter als eine D-Mission, dann stinkt der Mist von unten. Da gibt es nur eine logische Schlussfolgerung." Er zuckte die Achseln. "Also gut, es gibt zwei, aber ich nehme nicht an, dass du schon wieder Wert darauf legst, mit Orochimaru und seinen Leuten zu kollidieren. Also bleibt Möglichkeit eins wahrscheinlicher. Ihr sucht nach weiteren Überlebenden des Moeru-Clans." Ich zog die Stirn kraus. "Kan-chan, ich..." "Mach dir lieber Sorgen darum, dass ich nicht der Einzige bin, der darauf kommen kann. Ansonsten ist die Information bei mir sicher. Ich werde sie nur im kleinen Kreis verbreiten. Und es gibt kaum wortfaulere Menschen als Temari, Gaara und Baki-sensei. Mit dem Rest musst du selbst klarkommen." Für einen Moment dachte er nach. "Es wird aber gewiss nicht schaden, wenn ich noch mal vor meinem Aufbruch bei Tsunade-sama vorbeischaue und an unseren Beistandspakt appelliere. Ist Naruto verfügbar? Und weißt du, wo Jiraiya-sama steckt?" "Was genau befürchtest du eigentlich für Sunagakure?", erwiderte ich. "Ärger. Hatte ich das nicht schon erwähnt?" Er klopfte mir auf die Schulter. "Tooma und Lian bleiben aber hier. Sie begleiten Aki-chan und Maria dann auch nach Tsukigakure zurück, um ein wenig Strandurlaub machen zu können. Die letzten Wochen waren hart für sie, und ein wenig Erholung steht ihnen zu." Ich ergriff die Hand des Freundes, Ratsherr Sunagakures, und drückte sie fest. "Ich wünsche dir einen guten Heimweg, alter Freund. Und mögen sich deine Sorgen als unberechtigt herausstellen." "Das hoffe ich auch. Aber leider bin ich zu sehr Realist." Mit der Linken klopfte er mir auf die Schulter. Dabei zeigte er eines seiner seltenen Lächeln. Mir wurde dabei Angst und Bange. "Vielleicht sollte ich die Mission verschieben. Zwei oder drei Wochen, und mit dir nach Suna gehen. Wenn ich Shinpachi oder Kishio mitbringe, sollten wir..." "Um Himmels Willen, lass das mal schön bleiben", sagte Kankurou erschrocken. "Meinst du, bei all dem Ärger, der Suna bevorsteht, will ich auch noch Orochimaru neugierig machen?" Er lachte erneut. "Bleib du mal schön bei deiner Mission. Und sei gefälligst erfolgreich. Das Letzte, was ich sehen will, ist Orochimaru mit einem Körper mit überlegenen sensorischen Fähigkeiten und der Kraft, mit Hilfe seines Chakras Menschen töten zu können." Ich schluckte trocken. In mehrfacher Hinsicht, denn es war nicht gerade sehr aufbauend für mich, meine eigene Mission erklärt zu bekommen - von einem Ratsherrn Sunas. Auch, die Geheimnisse der Moerus geschildert zu bekommen half nicht gerade, um mein Vertrauen in die Gegenspionage Konohas zu verstärken. Auch wenn Sunagakure unser Verbündeter war, wir mussten irgendwo ein Leck haben, jemanden, der unsere Geheimnisse weiter verriet. "Bevor du lange grübelst, es war Tsunade-sama selbst", sagte Kankurou unvermittelt. "Da unser Land erwiesenermaßen Orochimaru-frei ist, nicht zuletzt dank uns beiden, hat sie mich enger ins Vertrauen gezogen. Für den Fall, dass wir die Details wissen sollten, als Konohas wichtigste Verbündete." Ich nickte zögerlich. Es war sicher nicht verkehrt, wenn Suna diese Dinge wusste und entscheiden konnte, wie es in den verschiedensten ungünstigen Entwicklungen, die möglich waren, vorgehen sollte. Falls das Bündnis hielt. Nein, ich ritt nicht darauf herum, dass Suna uns bereits einmal verraten hatte. Aber ich als Shinobi wusste nur zu gut, dass sich die Politik nicht viel um Freundschaft scherte. Es mochte der Tag kommen, an dem Kankurou und ich auf einem Schlachtfeld als Feinde auf verschiedenen Seiten zu finden waren. Möge dieser Tag niemals kommen. Oh, was für ein einfältiger Wunsch. Ich nickte, nickte erneut und klopfte ihm auf die Schulter. "Komm gut nach Hause, alter Freund. Und pass gut auf Sunagakure auf." "Will sehen, was sich da machen lässt." Err klopfte nun mir noch einmal auf die Schulter und ging ohne ein weiteres Wort an mir vorbei. Tooma hastete an seine Seite. Zweifellos würde er da bleiben, bis sich ihre Wege am Haupttor Konohas trennten. Ich schüttelte den Kopf. Zu viele Informationen, zu viele Spekulationen. Und wie immer dachte ich zuviel. Viel zuviel. Das brachte nichts. Zuerst einmal musste ich meine Gedanken sortieren. Dann konnte ich immer noch spekulieren. Außerdem war es nicht gut, so kurz vor der Mission abzudriften und mir um Dinge Sorgen zu machen, mit denen ich voraussichtlich nichts zu tun haben würde. Aber ich machte mir eben Sorgen um Kan-chan, um Gaara, um Temari und erstaunlicherweise sogar um Baki, den alten Sack. Mein Hass auf ihn war erloschen, seit ich ihm die Scheiße aus dem Körper hatte prügeln können. Wirklich, der Gedanke, Gekko zu rächen, indem ich Bakis Leben nahm, war fort. Es war alles eine große Intrige Orochimarus gewesen, und mein erster Meister war nur eines der ersten Opfer. Baki hatte nur Befehle befolgt und war besser gewesen als Hayate-sensei. Und ich war besser als Baki gewesen. Schluss und gut. Aber es befriedigte mich durchaus, dass der alte Sack zu schwitzen begann, wenn wir im gleichen Raum waren... Genug. Wenn mir das gefiel, konnte es nicht mehr lange dauern, bis Baki, immerhin Ratsherr Sunas, seinen ANBU befahl, mich als potentielle Gefahr zu liquidieren, meine Freundschaft zu Kan-chan und das Wohlwollen des Godaime Kazekages hin oder her. Ich war nicht Kakashi, was bedeutete, Suna würde nur genügend ANBU schicken müssen, um mich tot sehen zu können. "Mamo-chan? Mamo?" Das entrückend schöne Gesicht vor mir lag leicht schräg. Ein Lächeln lag darauf, von leichter Sorge durchdrungen. Sorge, um mich? "Maria?" "Du warst weggetreten, seit sich Kankurou-sama verabschiedet hat." Ich versuchte mich an einem beruhigenden Lächeln. Aber ich wusste, ich scheiterte. "Sorgen. Aber keine um uns." Damit wischte ich das Thema beiseite. "Wo ich dich gerade sehe, kannst du bitte Karin suchen? Ich würde euch beide gerne allein sprechen. Am See im Trainingsgelände. Karin weiß, wo das ist." "Ich weiß auch, wo das ist, keine Sorge", erwiderte sie, nun weniger ernst lächelnd. "Und ich denke auch, ich weiß, wo sie ist. Sie verbringt jede freie Minute mit Hana-chan, weil die sich nicht sicher fühlt, solange Haru in der Stadt ist." Aha. Noch eine neue Information. "Bring sie ruhig mit, wenn sie nicht alleine bleiben will." "Und was ist, wenn Kaminari bei ihr ist? Darf der auch mitkommen?" Eine gute Frage. Aber war es notwendig? Oder würde er sich zurückgesetzt fühlen, wenn ich ihn nicht dabei haben wollte? "Wenn er schon da ist..." Ich wandte mich um, sah noch mal über die Schulter und sagte: "Reichen zehn Minuten?" "Ja, das reicht. Bis gleich, Mamo-chan." Sie verschwand mit Step. Anscheinend hatte sie eine wirklich gute Ahnung, wo die beiden steckten. Wie gut verstanden die drei sich mittlerweile, nachdem sie seit der Chunin-Prüfung mehrfach versucht hatten, einander umzubringen? Das Leben war manchmal wirklich merkwürdig. Ich seufzte und machte mich selbst auf den Weg. Sonst konnte ich das Mittagessen ausfallen lassen und gleich direkt zur Klinik gehen. "Kuchiose nu Jutsu!" Vor meinen Augen schälte sich Hikari Gosunkugi aus dem Nebel der Beschwörung. Der riesige Affe sah auf mich herab. Seine Klauen waren so scharf wie Samurai-Katana. Seinen Sinnen entging nichts. Sein Blick ruhte kalt und grausam auf mir. Das Einzige, was diesen Anblick ein wenig negierte, war die rosa Schürze, die er trug. Das, und die Aufschrift auf ihr: Küss den Koch. "Verzeih, Mamo-chan, ich war gerade dabei, ein wenig fürs Abendbrot zu schnippeln", sagte er, während er die Schürze auszog. "Soll ich dich zurückschicken, Hikari?", fragte ich. "Nein, nein, schon gut." Er verwandelte sich vor meinen Augen vom riesigen Affen in den kleinen, mageren Menschenjungen mit den dunkel umränderten Augen, von dem kaum jemand jemals angenommen hätte, dass er zu den stärksten Affenkriegern gehörte, die der Clan hatte - außer, er hatte Gaara schon einmal in Aktion gesehen. "Ich koche mit Nabiki und Kasumi. Die beiden Tendo-Schwestern werden auch ohne mich klarkommen. Aber es wäre nett, wenn ich zum Mittagessen für eine halbe Stunde zurückkehren könnte." "Oh. Ja, das ist machbar. Ich wollte mich auch nur mit dir unterhalten, während ich zu einem Treffpunkt gehe." Hikari fühlte sich sichtlich unwohl, als er antwortete. "Hör mal, Mamo-chan, wenn es wichtig ist, können wir auch durcharbeiten. Ich bin sicher, Kasumi versteht das." "Nanu? Läuft da was zwischen dir und der Jüngsten im Hause Tendo?", fragte ich erstaunt. Der blasse kleine Shinobi errötete leicht. "Nein. Ja. Nein. Ja. Ach, ich weiß es nicht. Ich habe sie mir wohl nie so richtig angesehen, immer nur auf ihren Ruf als verschlagene Spielerin geachtet... Aber als ich das mal getan habe, fand ich einen schwierigen Affen vor, ja, aber jemand, bei dem es sich lohnt, mehr über ihn zu erfahren." Schüchtern hob er die Schultern. "Wir sind noch in der Kennenlern-Phase. Vielleicht passen wir auch gar nicht zusammen, aber seit einem Monat etwa bin ich mehr bei den Tendos als bei mir Zuhause. Onkel Soun hat mich schon ziemlich verstört gefragt, ob ich bereits in seinem Haus schlafe." Ich kicherte. "Und? Tust du es?" "Natürlich tue ich es, aber das brauche ich dem alten Wolf ja nicht gerade unter die Schnauze zu reiben, oder?" Er grinste wölfisch. Dabei wirkten seine Reißzähne länger als sonst, irgendwie affischer. Das erinnerte mich daran, dass selbst der dürre Junge vor mir nur ein Scheinbild war. Der riesige Affe war seine wahre Gestalt. "Und? Denkst du, es wird was?" Hikari seufzte. "Vielleicht wenn sie ein wenig von sich aufgibt und ich ein wenig, hm, offener werde. Erstaunlicherweise haben wir viele gemeinsame Interessen. Sie küsst phantastisch, und ihr Hintern, der ist eine echte Wucht. Da mal die Hand drauf legen, und du schwebst in Wolke sieben, und... Ist was, Mamo-chan?" "Sicher, dass ich das hören soll?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Hikari lachte und legte einen Arm um meine Schultern. "Ist doch egal. Du bist der Mensch, dem ich am meisten vertraue. Das macht dich in der Reihenfolge meiner Freunde zu Nummer vier oder fünf." "Oh, ich fühle mich geehrt." Und das meinte ich nicht spöttisch. "Und? Ist es was ernstes? Ich weiß, du fandest früher Akane toll, aber..." Er verzog das Gesicht zu einem wehmütigen Lächeln. "Ja, das ist auch so ein Problem. Ich fand sie immer klasse, und es tut mir weh, dass Ranma jetzt unverkennbar ihre Nummer eins ist. Aber nicht so sehr, wie ich befürchtet habe. Außerdem würde ich nicht Zeit mit Nabiki verbringen, wenn sie für mich nur ein Ersatz wäre. Du kennst mich." "Ja. Bloß jedem unnötigen Aufwand aus dem Weg gehen." Ich knuffte ihn gegen die Schulter. "Das ist mein Hikari, wie ich ihn kenne." "Und mag, wolltest du doch gewiss sagen?", fragte er argwöhnisch. "Natürlich. Und jetzt komm, lass uns gehen und dabei reden." Wir hatten ein gutes Tempo drauf, aber wir liefen nicht. Ab und an benutzten wir Step. Zwischendurch einmal hielt ich, weil ich Fuses Chakra entdeckt hatte. Aber keine Probleme, die Katze trug nun das Konoha-Stirnband als Halsband und ließ sich kraulen und überfüttern. Und das von ANBU. Die hatten sich aber schnell an die veränderte Situation gewöhnt. Während wir also für Ninja-Begriffe schlenderten, informierte ich ihn über die Natur des bevorstehenden Auftrags. Hikari nickte, wiederholte einige Details und stellte dann Fragen. "So, wie ich das sehe, wird Kicchan für die Suche zuständig sein, während Shinpa-chan die Außensicherung übernimmt. Team dreizehn beschützt beide dabei. Wozu brauchst du mich als Sensorik-Spezialisten?" "Genau deshalb. Du bist Sensoriker und meinen Fähigkeiten weit überlegen. Außerdem bist du ein herausragender Kundschafter. Ich hätte gerne, dass du als zusätzliche Instanz die Peripherie überwachst. Wir, die wir mitten in der Materie stecken werden, neigen eventuell dazu, Details zu übersehen, die wichtig werden könnten." "Du meinst so wichtige Details wie gewisse weißhaarige Shinobi, die Konoha verraten haben?" "Zum Beispiel." "Hm." Hikari legte den Kopf schräg. "Aber das Hauptziel ist es, potentielle Moerus zu finden, die nicht getötet wurden? Gibt es dafür überhaupt eine Wahrscheinlichkeit?" "Eine gewisse. Einige Moerus waren auf Missionen unterwegs, und jene, die im Dorf waren, als es von Itachi Uchiha vernichtet wurde, können nicht gezählt werden. Wenn einige wie Kishio außerhalb waren und wenn der eine oder andere auf Mission schneller war als die auf ihn abgestellten Attentäter, kann es Überlebende geben. Sicher gab es Notfallpläne, Ausweichpläne. Kishio kannte keinen davon, sonst wäre er dem Notfallplan gefolgt." "Himmel, aber warum kannte er keine? Ich meine, mit sechs musste er schon töten! Da wird doch irgendjemand in der Hierarchie doch daran gedacht haben, dass gerade der zukünftige Clanschef wissen muss, wie er sich im Notfall in Sicherheit bringen konnte!" "Ein unglücklicher Zufall", erklärte ich. "Wirklich, ein dumme Geschichte. Die Moerus wechselten ihre Notfallpläne regelmäßig und bereiteten jeweils neue Verstecke vor. Als Kishio seine letzte Moeru-Prüfung durchlief, wurden die Verstecke turnusmäßig neu verteilt. Alle wurden informiert, nur nicht der kleine Kishio auf seiner Überlebensprüfung draußen im Wald. Als er heim kam und alles zerstört vorfand, suchte er die alten Ausweichplätze auf, fand aber niemanden. Er versuchte natürlich, die neuen zu finden, zum Beispiel in den Dörfern ihrer Verbündeten, aber die hatten ihn zum Feind erklärt. So kam eines zum anderen. Ach, und falls ich es noch nicht erwähnt hatte, als Shinpachi gefangen wurde, wurden mit ihm eine Handvoll Kinder gefangen. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Nein, das ist falsch. Eine von ihnen, Kishios Schwester, arbeitet nun für Orochimaru. Sie soll ein ziemlich brutales und gewissenloses Biest geworden sein. Ich nehme nicht an, dass es den anderen Kindern besser ergangen ist." Hikari starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. "Ach du heilige Scheiße. Wie mag dann erst der Rest aussehen? Falls es einen Rest gibt. Ich meine, wenn es Gefangene gab, haben die Angreifer auch bald über die Notfallpläne Bescheid gewusst, richtig?" Natürlich, das war klar. Folter lockerte jede Zunge. Wer das Gegenteil behauptete, oder sogar meinte, er könne Folter widerstehen, hatte sie noch nie am eigenen Leib erlebt. Es gehörte zur Ausbildung eines Konoha-Nin, Folter kennenzulernen und zu erlernen, wie man ihr lange genug widerstand oder wie man zur richtigen Zeit die falschen Informationen preisgab. Man lernte auch, wie man sich selbst tötete, selbst wenn Arme und Beine gebunden und die Zunge aus dem Mund gezerrt worden war, für den ultimativen Selbstschutz. Kurz gingen meine Gedanken zu Puny-sama. Sie war auf solche Dinge spezialisiert. Ich konnte mir kaum vorstellen, was sie alles durchlebt hatte, aber ich wusste, dass sich eine ziemlich große und alte Narbe über ihre Bauchdecke zog. Ein Überbleibsel einer besonders schweren Gewalttat, die sie als Kunoichi über sich hatte ergehen lassen. Der Lohn war das Leben des Sandaime Hokages gewesen, der durch seine fähige Spionin rechtzeitig vor einem Komplott gegen ihn gewarnt worden war. Aber das war eine vollkommen andere Geschichte. "Deshalb werden sich die überlebenden Moerus nicht an die Notfallpläne gehalten haben, sondern sind eigenen Wegen gefolgt. Dadurch waren sie so gut wie unmöglich aufzuspüren. So gut wie unmöglich." Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. "Mein Freund Ryuji hat eine Spur im Yuki no Kuni entdeckt. Weißt du, je weiter man sich vom Land der Reisfelder entfernt, desto seltener begegnet man dem Moeru-Mythos, der jedem den Tod prophezeit, der einem Moeru begegnet oder sich gar mit ihm einlässt. Im Yuki no Kuni sollte der Mythos demnach gänzlich unbekannt sein. Ist er aber nicht." "Und das ist die ganze Spur?", fragte Hikari überrascht. "Es gibt noch ein paar Details mehr, aber, ja, das ist unser Aufhänger. Und damit wir nicht vollkommen vergebens da hoch fahren, werden wir das neu aufgestellte Ninja-Kontingent des Landes trainieren." Hikari nickte. "Klar, ist ja auch logisch. Der ewige Chunin ist dafür bekannt, dass er bis zu einundzwanzig Mann auf einen Schlag lenken kann und jeden einzelnen optimal nach seinen Fähigkeiten einsetzt. Das passt schon." "Aber?" Hikari lächelte. "Aber ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, wenn wir da oben tatsächlich Moerus finden. Sie werden eine verdammt misstrauische Bande sein. Und vergiss nicht die entführten Kinder. Wenn sie alle umgedreht wurden und da oben mitmischen... Das könnte hässlich werden." "Wir werden sehen, Hikari. Genau deshalb will ich ja, dass du mitkommst." "Ich verstehe immer besser, wieso." Wir erreichten das Trainingsgelände. "Wenn es das gewesen ist und du die Freundlichkeit besitzt, mich wieder zurückzuschicken... Es gibt gleich Essen." "Natürlich. Danke, hast einen gut bei mir, Hikari. Kai!" Der Affe verschwand in einer weißen Rauchwolke. Das war der leichte Part gewesen. Ich zog mich in Richtung der drei Phäle zurück, setzte mich auf den mittleren und spielte mit dem Gedanken, einen Kage Bunshin zu erschaffen, der an meiner Stelle mit Maria und Karin reden würde. Etwas zu spät, denn kaum hatte ich es mir bequem gemacht, kamen drei Shinobi vor mir aus dem Step. Genauer gesagt waren es Kunoichi. Hanako, Karin und Maria. Hinter mir folgte eine vierte Person. Ein Mann diesmal. Ryu Kaminari, Hana-chans Freund. Ich spürte leichte Eifersucht auf ihn. Noch immer. Ja, auch ich konnte egoistisch und selbstverliebt sein. "Na, da bin ich aber gespannt", sagte Ryu und ließ sich neben dem mittleren Pfahl zu Boden sinken, um sich hinzusetzen. "Hast du nicht was zu tun?", fragte ich freundlich. "Damit ich das hier verpasse? Keine Chance, alter Junge." "Eins sage ich dir gleich. Das könnte hässlich werden." "Eventuell kannst du dann jemanden gebrauchen, der auf deiner Seite ist", erwiderte er. "Bist du denn auf meiner Seite?" "Kommt drauf an", erwiderte er grinsend. "Hört auf so zu reden, als wären wir nicht da!", rief Hana-chan entrüstet. "Nicht, dass es mich etwas angeht, aber solange dieser Haru hier rumläuft, bleibe ich bei Karin." Ryu räusperte sich vernehmlich, und das blonde Mädchen errötete. "Außer nachts. Da übernimmt Ryu meinen Schutz." Erneut spürte ich meine Galle aufkochen. Ich hatte es immer noch schwer zu akzeptieren, nicht mehr Hanas Nummer eins zu sein, obwohl ich es nie darauf angelegt hatte. "Aber wahrscheinlich schadet es nichts, wenn ich meinen Frauen zur Seite stehe", schloss sie und setzte sich im Seiza. Maria und Karin folgten ihrem Beispiel. Ich sprang vom Balken herab und ließ mich ebenfalls im Seiza vor ihnen nieder. "Karin, Maria, ich weiß nicht recht, wie ich das anfangen soll, aber... Nun. Eventuell habt Ihr erwartet, ich würde an meinem Geburtstag Tacheless sprechen, nachdem sogar der Rat der Nara mir im Nacken sitzt, um Aki-chan stärker an Konoha zu binden und so weiter. Aber ehrlich gesagt habe ich es nicht gewagt. Mich nicht getraut. Es ging mir schlagartig besser, als ich die Entscheidung getroffen hatte, es nicht zu tun." Die beiden Mädchen sahen mich erstaunt an. "Heißt das etwa, du...?", begann Karin fragend. "Nein, das heißt es nicht." Ich sah Maria an. "Du bist die Mutter meines Sohnes. Was habe ich dich früher gehasst. Es fiel mir nicht schwer, diesen Hass aufzugeben, weil ich von dir spüre, dass du dich vielleicht nicht geändert hast, aber dass sich deine Prioritäten verschoben haben. Auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich dich heute liebe, so mag ich dich mittlerweile. Sehr sogar. Und ich denke, durch deine und Akiras Aufnahme in die Morikubo-Familie haben wir einiges richtig gemacht." Ich sah Karin an. "Du und Hanako, Ihr beide seid für mich stets das Wichtigste auf der Welt gewesen. Immer, wenn ich gekämpft habe, habe ich mir gesagt, ich tue es für euch oder um euch wiederzusehen. Daran hat sich nichts geändert." Ich sah, dass beide Mädchen erröteten. Unsere Bande waren stark, und das mussten sie auch sein, denn wir waren ein Genin-Team gewesen. So etwas verband für das ganze Leben. "Du hingegen, Karin, hast einmal vor mir gestanden, dein Hemd aufgerissen und mir die Brust zum Todesstoß hingehalten, weil du nicht in einer Welt leben wolltest, in der ich dich nicht mehr kenne, in der ich dein Feind bin. Damals habe ich gemerkt, dass..." Ich musste lächeln, warm und aus der Tiefe meines Herzens. "Dass das kleine, stille, blasse und schüchterne Mädchen mein Herz erobert hat. Stärker und nachdrücklicher als alle anderen Frauen. Ich liebe dich, Karin, und das mehr als alles andere auf dieser Welt." Sie sah mich an, als hätte sie diese Worte von mir zum ersten Mal in ihrem Leben gehört. Ihr Lächeln war wie ein wunderschöner Schmetterling, der das erste Mal seine Flügel ausbreitete und die Welt erfreute. Sie sagte nichts, aber ihr Blick erzählte mir, dass ich für diese Worte vor einer langen und anstrengenden Nacht stand. Was mich nicht unbedingt störte. "Jedenfalls habe ich gut daran getan, euch beiden gestern keinen Antrag zu machen. Denn ich wurde heute morgen auf einen wichtigen Umstand aufmerksam gemacht." Danke, Kawada. "Und dieser Umstand ist, dass Konoha zwar vom reinen Gesetz her eine legale Zweitfrau erlaubt, ein Erbe aus jener Zeit, als die Clans in unserer Stadt noch wesentlich stärker waren als heute, aber die Heirat erfordert, nun, die Erlaubnis der Hauptfrau." Verwirrt sahen die Mädchen mich an. "Mamo-chan, du meinst..." "Richtig, Hana-chan. Um mich mit Maria verloben zu können muss ich zuerst mit Karin verheiratet sein. Und um sie zu heiraten, muss ich mich erst mit ihr verloben. Ich denke, es wäre gestern das falsche Signal gewesen, das Gesetz zu brechen oder mich ohne diese Erklärung nur mit Karin zu verloben." Die jungen Frauen wechselten ein paar Blicke untereinander. Teufel auch, wie gut sie sich mittlerweile verstanden. Alle drei. Und obwohl Hanako nicht mehr "im Rennen" war, spielte sie nur zu gerne ehrenhalber mit. "Okay, das haben wir verstanden. Was also schlägst du vor, Mamo-chan?", fragte Karin. Ich kratzte mich an der Stirn und sah verlegen in die Wolken. "Wann bist du denn bereit, mich zu heiraten, Karin?" "Was?" "Nur so ungefähr. Damit ich weiß, wie, nun, der Gesamtfahrplan aussehen wird." "Sie hört dich nicht mehr." Hanako fuhr mit der rechten Hand vor ihren Augen auf und ab. "Vollkommen weggetreten. Du hättest das H-Wort nicht so unverblümt aussprechen sollen." Ich betrachtete ihr vollkommen verzücktes Gesicht. Der Schock, den sie erlitten hatte - natürlich im positiven Sinne - war heftig gewesen. "Nein!", hörte ich ihre Stimme energisch rufen. "Nicht jetzt. Nicht JETZT!" Ihre Augen wurden wieder klar. Sie sah mich an, aber das Lächeln blieb das Gleiche. "Muss es sofort sein?" "Wir sind hier, um genau darüber zu reden." Karin sah Maria an. "Maria-chan, wie lange darf es denn für dich noch dauern?" Sie errötete ein klein wenig. "Oh, ich kann warten. Nur, was ist für Akira das Beste?" "Guter Einwand." "Wenn wir Akira hinzu ziehen, dann sollten wir das abschließen, bevor er auf die Akademie kommt. Denn er wird sicherlich ein Shinobi werden wie sein Vater", sagte Karin bestimmt. "Ich weiß nicht. Das Handelsgeschäft seines Großvaters findet er auch ziemlich cool", warf Maria ein. "Aber der Zeitrahmen ist zumindest eine Idee." Karin nickte zufrieden und sah wieder mich an. "Zwei Jahre. Lass uns zwei Jahre warten und dann eine endgültige Entscheidung fällen, wann wir heiraten. Und dann, wenn wir verheiratet sind, verlobst du dich mit Maria, und wir entscheiden, wann Ihr heiratet. Sind alle damit einverstanden?" Maria nickte ohne zu zögern, Hanako ebenfalls. Warum hatte sie dabei eigentlich ein Mitspracherecht? Und Ryu meinte, als Karin ihn ansah: "Geht in Ordnung." "Was hast du da eigentlich mitzubestimmen?", fragte ich ärgerlich. Er beugte sich leicht vor, sodass er mir auf die Schulter klopfen konnte. "Geht schon in Ordnung. Ich gehöre zum inneren Kreis jener verschworenen Gruppe, die dir mächtig auf die Füße gestiegen wäre, wenn du dein Leben nächstes Jahr immer noch vor dir hergeschoben hättest. Natürlich nur aus rein freundschaftlichen Motiven, großer, böser Konoha-Nin." Ich lächelte gequält. Wer die Mitglieder dieser Gruppe waren, ließ sich sehr leicht erraten. Und das Problem war, sie meinten es wirklich gut mit mir. Zumindest redeten sie sich das ein... "Gut, dann sind wir uns einig", sagte ich und erhob mich. "Und nun ab nach Hause. Es gibt gleich Essen. Hana-chan, Ryu, kommt Ihr auch?" "Yuria-samas gutes Essen werden wir uns wohl kaum durch die Lappen gehen lassen. Nicht, Schatz?", meinte Ryu. "Darauf kannst du wetten!", erwiderte sie. Die beiden verschwanden per Step. "Hey! Einen Vorsprung holen ist unfair!", rief ich. Kurz lächelte ich den beiden Mädchen zu, und gemeinsam gingen wir in den Step. *** Eine Stunde später stand ich in einem sterilen Flur in Konohas Hospital. Ich war einigermaßen erstaunt, vielleicht sogar geschockt, seit ich wusste, was Tsunade-sama geplant hatte. Und es war umso erstaunlicher, dass es tatsächlich funktionierte. Ich sah Kira an, der mir gegenüber saß und seine Gedanken ordnete. Komisch genug, ihn ohne Kuzomi zu sehen. Aber so tief in Gedanken versunken, so als würde er tatsächlich ernsthaft überlegen, war etwas vollkommen Neues. "Hast du Angst?", fragte ich. Er winkte ab. "Nicht wegen sowas, Mamo-chan. Außerdem geht es in Ordnung. Es ist schließlich eine Mission. Und wer braucht schon Haare? Nein, was mir zu schaffen macht, ist die Entscheidung, wo ich sie mir entnehmen lasse. Dass ich das für dich tue, stand schon fest, bevor man mich gefragt hat." Das war eine erwachsene Einstellung. Mehr noch, es bewies ein Vertrauen in mich, das ich kaum jemals rechtfertigen konnte. Und dabei hatte es beinahe harmlos begonnen. Tsunade-sama hatte uns beide empfangen, begleitet von Kakashi, und einen langen Vortrag darüber gehalten, wie Chakra entstand, wie es sich manifestierte und woran es haften konnte. Dies schloss einen Vortrag über Kinkaku und Ginkaku ein, die der Legende folgend einmal vom Kyubi gefressen worden waren und sich am Leben gehalten hatten, indem sie sein Fleisch gegessen hatten - bis der Kyubi alle beide wieder ausgekotzt hatte. Na, besser da raus als anders herum. Auf jeden Fall hatten sie dadurch, dass sie sein intensiv chakralastiges Fleisch gegessen hatten, auch sein Chakra absorbiert, zumindest zum Teil. Es hieß sogar, ihre Körper hätten bis zu ihren Toden das Chakra dies Neunschwänzigen selbst produziert. Und genau das war der Punkt gewesen, an dem sie angesetzt hatten. "Es ist nur eine Art Spielerei", hatte Tsunade-sama gesagt, "aber es wird eine Überraschung sein, und das ist es, was wir für diese Mission brauchen: Verwirrung unter Feinden und Freunden. Mamoru, ich will, dass du Körpersubstanz in dich aufnimmst, die von einem Raiton-Nutzer stammt. Dadurch wirst du für eine begrenzte Zeit in der Lage sein, künstlich eine schwache Raiton-Natur zu entwickeln. Genauer gesagt will ich, dass Ihr zwei, Mamoru, Kira, einen Teil eurer Haare tauscht." "Ist das möglich, Tsunade-sama?", hatte ich überrascht gefragt. "Es ist möglich. Aber wir stehen hier noch relativ am Anfang, also garantiere ich maximal fünf Wochen, bevor eure Körper die fremden Haare samt Wurzel abstoßen", hatte sie erklärt. "Bis dahin müsst Ihr wieder hier sein und die Haare zurücktauschen." "Moment, Moment, noch mal für die billigen Plätze. Kira und ich tauschen Haare aus. Meine wachsen dann auf seinem Kopf, und seine auf meinem. Dadurch erlange ich eine, wenn auch schwache, Raiton-Fähigkeit, und er eine Katon-Ader?" "Allerdings eine sehr schwache, die er kaum wird nutzen können", hatte sie bestätigt. "Bei dir wird es etwas anders sein, denn Kakashi hat sich bereit erklärt, ein paar seiner Haare zu opfern und dir eine Grundkontrolle im Raiton beizubringen. Die Haare sollen dir vor allem helfen, quasi mit einem Trick, Raiton-Chakra zu schmieden." Ich hatte Kakashi gemustert. "Haare von dir, Sempai?" Der weißhaarige Ninja hatte genickt. "Nur ein paar. Von einer Stelle meines Körpers, wo es nicht unbedingt auffällt, dass sie fehlen." "Will ich wissen, von wo genau die Haare stammen werden?" Doch Kakashi hatte nur gelacht. "Haare sind Haare. Kira bringt die Masse, ich bringe die Feinheiten." "Okay, das kann ich akzeptieren. Aber warum brauche ich eine zeitweilige Raiton-Fähigkeit, Tsunade-sama?" Sie hatte mich angesehen und beinahe gelacht. "Für die Show, Mamo-chan. Für die Show." "Für die Show?" Ihr Grinsen wurde diabolisch. "Für die Show. Mit diesem Raiton wirst du deinem Diener Kishio, der dir vollkommen hörig ist, von Zeit zu Zeit einen vollkommen harmlosen, aber sehr effektvollen Stromstoß verpassen, zu dem dieser höllische Schmerzen schauspielern wird. Ich kann gar nicht abschätzen, wie verwirrt unsere Feinde sein werden, wenn statt Mamoru Morikubos ein alter Mann mit Raiton-Fähigkeiten gen Norden gesandt wird. Und ich will behaupten, dass Kishios erbarmungswürdige Position einiges an Aufmerksamkeit und Mitleid wecken wird. Natürlich tust du das nur, um den kaum zu bändigen Moeru unter Kontrolle zu halten, damit er nicht sinnlos tötet." Ich spürte einen kalten Schauder meinen Rücken runterjagen. "Show schön und gut, Haare schön und gut, und einen Moeru, der einem bösen Albtraum entsprungen sein wird schön und gut, Tsunade-sama. Aber warum soll ich einen alten Mann mimen?" "Weil schauspielern für uns fast genauso wichtig ist wie ein Kunai zu werfen. Und weil Desinformation zu unserem Geschäft gehört. Du kriegst das doch hin, oder?" "Natürlich kriege ich das hin." "Na, dann überlegt euch mal, Ihr zwei, von wo wir die Haare nehmen sollen, Mamoru, Kira. Wir sehen uns wieder, wenn Ihr euch entschieden habt. Ach, und noch etwas. Kintaro wird als Bodyguard der Moerus mitgehen, nur falls du damit noch nicht gerechnet hast. Zudem gebe ich eine weitere ANBU mit." Ich hatte die Ohren gespitzt, denn dass sie die weibliche Form so betonte, hieß tatsächlich nichts anderes, als dass sie eine weibliche ANBU zugeteilt hatte. Und mir schwante, dass da eine Geschichte dranhing. Tja, und nun saßen wir zwei vor der Tür und überlegten uns, wo die Haare von unseren Köpfen fortgenommen werden würden. Das war vor allem für mich wichtig, denn die Haare, die Kakashi-sempais Haaren weichen würden, würde ich kaum wiederbekommen. Und: Wollte ich wirklich wissen, wo sich Kakashi die Haare entnehmen ließ, wenn er sie dort tatsächlich nicht mehr brauchte? Ich beschloss, diesen Teil für immer zu ignorieren. Kira schlug beide Hände auf seine Oberschenkel. "Das ist es. Wir verpflanzen sie entlang des Mittelscheitels, bis runter zum Hinterkopf. Dieser schwarze Strich wird mir eine ganz besondere Note geben!" Ich war tatsächlich beeindruckt von seinem Mut. Und von seiner Eitelkeit. "Dann lasse ich mir meinen auf dem Hinterkopf entnehmen und deine dort einpflanzen. Für einen Nara-Teebesen sind sie nicht lang genug, aber eine blonde Strähne da hinten wird mir gut stehen." Kira schnaubte amüsiert. "Pass bloß gut auf meine Haare auf, Sensei." "Und du auf meine." Ich streckte ihm die Hand entgegen und er schlug ein. "Tsunade-sama, wir haben uns geeinigt." "Reinkommen!" "Sensei, wenn ich deine Haare habe, auch wenn das Katon nur schwach ist - zeigst du mir ein paar Tricks?" "Natürlich, Kira." Die Tür schloss sich hinter uns. Und eine neue öffnete sich vor uns. Sie führte in einen verdammt spannenden Raum namens Zukunft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)