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Konoha Side Stories

von

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Der Regenmacher 4

An diesem Tag war ich sehr gespannt auf das Ergebnis der Trainingsrunde, die ich für Kishio organisiert hatte, als ich nach Konoha zurückkehrte. Alle hatten versprochen mitzuhelfen, und mit jedem hatte ich seine oder ihre Rolle besprochen. Das kleine Gesamtkunstwerk, das meinem kleinen Bruder helfen sollte, sein Selbstbewusstsein neu zu definieren, hatte mich einige Mühen gekostet und etliche Gefallen verbraucht, die ich hier und da noch gehabt hatte. Am liebsten wäre ich in Konoha geblieben, um das Geschehen zu verfolgen. Aber einerseits hätte ich es nie durchgehalten, mich konsequent vor Kishio zu verbergen, und andererseits hätte er mir bei Entscheidungen den Vortritt gelassen, hätte ich ihn begleitet. Also hatte ich tatsächlich Konoha verlassen, um Mai-chan, Kuzomi-chan, Shinji und Kira unbemerkt zu verfolgen. Allerdings erst, nachdem ich Shinpachi vom Krankenhaus zu seinem Projekt begleitet hatte. Zwar war er kräftig genug, um allein zu gehen, aber da der neue Bruch am rechten Schienbein -nötig geworden, um eine Verwachsung zu korrigieren, ein "Geschenk" Orochimarus an den Moeru während seiner Gefangenschaft - noch nicht verheilt war, bestand ich darauf, dass ihn zumindest jemand begleitete.

Danach war ich meinen Genin gefolgt und hatte sie ziemlich genau da angetroffen, wo ich sie zu finden gehofft hatte - beim Mittagessen im Namenlosen Gasthaus, das ich vor jeder Mission mit ihnen aufsuchte, etwa zehn Kilometer von Konoha entfernt.

Den Rest des Tages hatte ich damit verbracht, sie zu observieren und mir Notizen zu machen, die ich ihnen nach ihrer Rückkehr um die Ohren hauen würde... Aber ich gebe zu, die Kleinen machten mich stolz. Sie hatten im vergangenen halben Jahr viel gelernt. Und sie wussten, wie man das Gelernte umsetzte. Das Wort "vielversprechend" drängte sich mir auf. Ich beschloss, der Hokage zu unterbreiten, mein Team zur Chunin-Prüfung im nächsten Jahr zuzulassen, die, wenn sich nichts mehr änderte, in Kirigakure stattfinden würde. Das erinnerte mich an Mei-chan. Ich meine, Terumi-sama. Wie es ihr wohl gerade ging? Es würde eine schöne Gelegenheit sein, sie wiederzusehen. Und auch Suiren-kun würde sich sicher freuen, mein Team und mich wiederzusehen. Aber das war Zukunftsmusik.
 

Vor den Toren der Stadt erwartete mich Rock Lee bereits. Ich grinste beim Gedanken daran, wie ich ihn und Kishio zusammengespannt hatte. Und ich war begierig darauf zu erfahren, wie der Tag gelaufen war.

"Lee!", rief ich und kam per Shunshin neben ihm aus dem Step.

"Ah, Mamo-sempai, guten Abend", sagte er freudestrahlend. "Es ist alles gut gelaufen. Na ja, gut, fast alles. Wie war es bei den Genin?"

"Folgen etwa einen Kilometer hinter mir. Waren recht erfolgreich, meine Kleinen." Ich runzelte die Stirn. "Was bedeutet fast alles? Hat was mit Neko-ANBU-san nicht funktioniert?"

"Was? Nein, da war alles in Ordnung. Die Katzen sind aus dem Korb geflüchtet, und Kishio ist von selbst darauf gekommen, wie man sie schnellstmöglich wieder einfängt. Er hat mich und Neko gut über Funk koordiniert. Aber..."

"Aber was?", fragte ich misstrauisch.

"Wenn du mich fragst, hat der Schattenklon, den er zur Bewachung der Katzen erschaffen hat, zu viel mit den Kätzchen gespielt", sagte Lee in verscwörerischem Ton und nickte gewichtig.

Ich zog beide Augenbrauen hoch. "So, hat er das?"

"Ja. Ich glaube, er ist Katzenfetischist."

"Das kann natürlich möglich sein." Ehrlich gesagt, wusste ich das schon längst. Alle Moerus schienen einen Katzentick zu haben, denn nicht einmal Shinpa-chan konnte an einer Katze vorbeigehen, ohne zu versuchen, sie zu locken und zu streicheln. Dabei betonte Kishio immer, er hätte als Kind keine Tiere halten dürfen und Shinpachi hatte nie eines gehabt, um Kishio nicht neidisch zu machen. Dass sie ihre Vorliebe nun auslebten, war mir durchaus Recht.

"Aber sonst ging alles glatt?"

"Na ja", druckste Lee verlegen, "da war dieser eine Bär..."

"Ein Bär?", fragte ich verständnislos. "Ein Teddy?"

"Oh nein, ein richtiger Bär. Ein Braunbär, fast zwei Meter fünfzig groß. Irgendjemand muss ihn geärgert haben, oder so. Jedenfalls ist er aus den Bergen herabgekommen und verschreckte hier die Leute. Und da wir die einzigen Shinobi in Reichweite waren, haben wir ihn betäubt und wieder in die Berge zurückgeschafft."

"Ihr habt einen ausgewachsenen Bären betäubt und in die Berge geschafft?"

"Ja, das trifft es."

"Aha." Wie nett. Kishio und Lee hatten also mit einem Bären gerungen. Und gewonnen. "Ist noch mehr passiert? Lief mit Shikamaru und seinen Freunden alles gut?"

"Keine Sorge, die Lektion in Sachen Entscheidungen treffen hat er gut gelernt und umgesetzt. Da war soweit alles in Ordnung. Uns kam aber ein Raubüberfall dazwischen. Nicht, dass der Mann eine Gefahr für uns war, immerhin sind wir stolze Shinobi, und das Messer war nicht wirklich ein Problem. Aber Kishio-kun war doch ganz schön sauer, weil das arme Opfer eine alte Oma war, die der Dieb brutal zu Boden gerammt hatte. Es war auch nicht sehr klug, Kishio mit dem Messer zu bedrohen. Wäre es ein Totschläger gewesen, würden die Ärzte aus Konoha es genau in diesem Moment operativ aus dem Rektum des Diebes entfernen müssen, wo Kishio es zwischengelagert hätte... Wie gesagt, er war reichlich sauer, aber ich konnte den Dieb beschützen."

"Den Dieb beschützen", wiederholte ich. Unglaublich. Kishio musste wirklich verdammt sauer gewesen sein. "Ist denn wenigstens mit Hanabi-chan alles glatt gelaufen?"

"Ja, das war super. Die Kontaktlinsen sahen klasse an ihr aus. Blaue Augen stehen ihr, und ich hätte sie beinahe nicht erkannt. Sie hat eine tolle Rolle gespielt und Kishio hat erneut eine gute Entscheidung getroffen, als er sie nach Hause gebracht hat. Ich fürchte nur, er hat Hanabi-chan auch erkannt."

Ich winkte ab. Das ging in Ordnung, solange der Tag als Ganzes lehrreich für ihn gewesen war. "Wie war es ansonsten? Im Medizinwald zum Beispiel?"

"Oh, da lief es wirklich gut. Kishio-kun ist super angekommen. Nur als Shikaku-sama uns zu Tsunade-sama geschickt hat, dachte ich kurz, all unsere Planungen würden den Bach runtergehen."

"Tsunade-sama?"

"Ja, sie wollte einiges mit Kishio besprechen. Und sie hat gefragt, ob er sich in Konoha wohl fühlen würde, jetzt wo hier sein Zuhause ist."

Ich begann zu grinsen. Das war besser als alles, was ich geplant hatte. Ein persönlicher Zuspruch von meiner obersten Chefin musste wie ein dreistöckiger Pfannkuchen mit Sirup-Zwischenlagen, jeder Menge Erdbeereis, tonnenweise Puderzucker und Kirschentopping für Kishio gewesen sein. "Nicht schlecht, nicht schlecht. Als hätte ich es geplant." Geplant vielleicht, aber Tsunade-sama drauf angesprochen hätte ich wohl nie. So sehr ich die Frau auch mochte, sie machte mir immer noch Angst. Vor allem dann, wenn sie es wollte.

"Lass uns zu Shinpachi gehen, Lee, bevor meine Genin kommen. Sie haben den Auftrag, sich gleich bei Tsunade-sama zu melden. Und anschließend sollen sie mich Zuhause aufsuchen. Für den Fall sollte ich vor Ort sein."

"Einverstanden."
 

Wir betraten Konoha durch das Stadttor und bewegten uns in Richtung Chakra-Forschungszentrum.

"Mamoru", rief eine bekannte Stimme hinter mir, als ich das Hauptgebäude mit Lee betreten hatte.

"Kawada." Wir warteten, bis der Chakra-Spezialist zu uns aufgeholt hatte und schüttelten ihm die Hand.

"Und? Wie macht sich Shinji?"

Ich lächelte, denn ich hatte die Frage ausgerechnet von Shinjis großem Bruder bereits erwartet. "Auf der Mission heute hat er sich sehr gut geschlagen. Ich konnte es kaum glauben, als er zwei Affenkrieger auf einen Schlag beschwören konnte. Er hat das eine halbe Stunde durchgehalten. Aber er hat sich auch tüchtig erschrocken, als die Beschwörung auslief." Ich legte einen Zeigefinger auf die Lippen. "Aber das weißt du noch nicht, denn offiziell habe ich nichts gesehen."

Kawada lächelte verschwörerisch. "Haben sich die anderen beiden auch so gut geschlagen?"

"Mai-chan macht sich sehr gut. Es war eine gute Idee, ihr Waffenbeschwörung beizubringen. Und Kira ergänzt sich immer besser mit seiner Spinne. Ja, alles in allem bin ich sehr zufrieden mit meinen Genin. Und da ist noch eine Menge Potential. Aber sie sind ja auch noch jung."

"Äh..." Kawada zögerte. "Mamoru, ist dir an Shinji... Etwas aufgefallen? Warum genau hat die Beschwörung der beiden Krieger nur für eine halbe Stunde gereicht? War sein Chakra verbraucht?"

"Ja, das war der Grund. Aber bei einer Doppelbeschwörung ist das nicht ungewöhnlich, gerade wenn er so etwas zum ersten Mal gemacht hat. Warum fragst du?"

"Vater", sagte er betont und gedehnt, "hat es sich in den Kopf gesetzt, aus Shinji einen Jounin zu machen. Wann immer mein kleiner Bruder Zuhause ist, hetzt er ihn durch ein spezielles Trainingsprogramm."

Ich runzelte die Stirn. Das war schlecht. Es musste nicht wirklich übel sein, aber als Shinjis Sensei war ich nicht nur sein Vorgesetzter, sondern auch für jeden Aspekt seiner Ausbildung verantwortlich. Es war nichts dagegen zu sagen, wenn Vater und Sohn im Zuge ihrer gemeinsamen Zeit etwas trainierten. Aber alles, was mein Training mit ihm beeinträchtigte, oder sogar seine Einsatzfähigkeit, fiel direkt auf mich zurück. Mein Kopf war da in der Schlinge, nicht der von Ryouro Nanahara. Und wenn Kawada so weit ging, mir dies zu verraten, dann übertrieb es sein Vater bei seinem kleinen Bruder. Okay, der Mann war ehemaliger Jounin und wusste, was er tat. Aber er kannte auch die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln Konohas, und das bedeutete, dass er Shinjis Ausbildung eigentlich mir überlassen musste. Oder er musste dafür sorgen, dass mir die Befehlsgewalt über seinen Sohn entzogen wurde. Das ging und kam vor, wenn auch selten. Doch Kawadas Worte machten mir klar, in welcher Zwickmühle ich steckte. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Training rigoros unterbinden und Ryouro schwer brüskieren, oder sich das Training ansehen und mit dem Vater diskutieren, wessen Trainingsprogramm nun auf wessen Kosten reduziert wurde. Zu Lasten meiner Trainingsmethode ging es so oder so.

"Danke, Kawada. Ich werde die Tage mit deinem Vater reden müssen."

Kawada nickte ohne zu lächeln. Ihm war es sicherlich schwer gefallen, mir das zu sagen. So wie es mir schwerfiel, gegenüber seinem Vater meine Stellung behaupten zu müssen. Ich platzierte mich hier zwischen Vater und Sohn, und das war nie eine gute Idee. Die meisten Familien bildeten über das, was der Sensei tat, hinaus noch aus, aber wenigstens wussten die Senseis über die Art und über die Dauer des Trainings stets Bescheid. Das war das Mindeste, was ich fordern musste und würde.

Wir gaben uns erneut die Hand und gingen weiter.

"Das klang nicht so gut", murmelte Lee. "Mir war auch so, als wäre Shinji in letzter Zeit zwar stärker geworden, aber seine Kraft reicht nicht mehr so lange."

Ich war sehr nachdenklich geworden. Ryouro Nanahara war ein hochrangiges Mitglied der Stadtverwaltung und ein erfahrener Jounin. Eine Respektsperson, die ich schon seit Jahren gut kannte. Mir würde das Gespräch sicher nicht gefallen. Uns würde das Gespräch sicher nicht gefallen. Aber Respektsperson hin oder her, ich kam nicht drumherum, ohne Team dreizehn aufzugeben.

"Ja", pflichtete ich bei, "das klang gar nicht gut."
 

Wir entdeckten Shinpachi, der bereits auf mich wartete, und machten uns auf den Weg nach Hause.

Wir kamen gerade rechtzeitig, um Vater und Kishio bei der Schlacht gegen ein Wagenrad von Pizza zu helfen. Natürlich war Lee eingeladen.

"Und?", fragte ich möglichst neutral. "Wie war dein Tag, Kicchan?"

"Gut", erwiderte er und biss von einem Stück Pizza ab. "Sehr gut sogar. Ich weiß nur noch nicht, wie du Hanabi-chan dazu gekriegt hast, mir eine Blauäugige vorzuspielen. Und wo du den Bären her hattest."

Ich lächelte leicht. Also Hosen runter. "Mit dem Bären hatte ich nichts zu tun. Und Hanabi-chan war nur zu bereit, uns zur Hand zu gehen. Ich glaube, sie mag dich."

Kishio wurde ein klein wenig blass. "Äh..."

"Und ich meine, sie mag dich. Dein Leben als Single ist nicht ernsthafter in Gefahr als sonst auch", fügte ich trocken hinzu.

"Mhh. Und wie hast du Tsunade-sama dazu gekriegt, mir Honig ums Maul zu schmieren? Ich meine, es war doch irgendwann etwas offensichtlich, so wie sich die Zufälle häuften. Danke für die Lektionen, ich habe viel gelernt, aber..."

Ich hob beide Hände und zog dabei einen langen Faden Käse von meinem Pizzastück in die Höhe. "Ich bin vollkommen unschuldig. Außerdem bin ich der letzte Mensch, der ausgerechnet die Hokage manipulieren könnte."

Die Augen Kishios leuchteten auf. "Dann hast du... Auch im Medizinwald der Naras...?"

"Was ist damit? Hast du eine gute Zeit gehabt? Waren die Tiere nett zu dir? Ich habe dich angekündigt, aber Tiere sind keine Menschen. Sie können sich nicht so gut verstellen wie wir. Und wenn sie jemanden nicht mögen, dann zeigen sie das meist auch offen. Sie haben dich doch nicht abgelehnt?"

"Ihn nicht, aber mich", druckste Lee verlegen. "Sie haben mir misstraut. Einfach so. Dabei hatte ich nichts getan. Gar nichts."

"Mah, mah." Ich klopfte Lee aufmunternd auf den Rücken. "Solange sie dich nicht aus dem Wald gejagt haben, hassen sie dich zumindest nicht, Lee-kun."

"Na, das ist ja immerhin etwas", murrte er und trank seinen Tee wie ein trotziger Sake-Trinker, der seinen Frust runterspülen wollte.

"Wie war es denn jetzt, Kicchan?", drängelte ich.

"Was? Wie?" Kishio sah auf. Ein verträumter Ausdruck lag in seinen Augen. "Dann haben sie nicht... Ich meine, du hast ihnen nicht gesagt, sie sollen nett zu mir sein?"

"Gesagt habe ich es schon. Das heißt, ich habe sie drum gebeten, denn diese Tiere nehmen keine Befehle an", erklärte ich. "Sie waren doch nicht zu rau mit dir?"

"Nein, oh nein, Sensei, das waren sie nicht", beteuerte Kishio.

Ich wurde hellhörig, weil er mich nur noch sehr selten Sensei nannte. Meistens dann, wenn es um etwas Wichtiges oder um eine unangenehme Information ging. "Hm?", machte ich leise.

"Sie... Waren sehr nett zu mir und manche haben auf meinen Haaren herumgekaut." Kishio lachte. "Aber die haben ihnen wohl nicht geschmeckt. Und alle haben mich abgeleckt. Sogar das kleine Hirschkalb. Es war... Schön, die unverfälschte Zuneigung der Tiere zu spüren."

Ich war versucht, mir eine Hand vors Gesicht zu schlagen. Die Zuneigung von Tieren erkannte er, die von Menschen waren da schon schwerer für ihn zu erkennen. Vor allem die tieferen und komplizierteren Formen. Ich seufzte. Arme Mai. "Dann müssen sie dich auf Anhieb sehr gemocht haben, Kicchan", sagte ich.

Kishio sah mich zaghaft an. "Denkst du wirklich?"

Ich unterließ es, auf diese Fangfrage eine Antwort zu geben.
 

In diesem Moment klopfte es an der Hintertür. "Es ist offen!", rief Vater.

Über die Veranda kamen meine Genin und Kuzomi-chan herein. "Wir sind wieder da, Sensei!", rief Mai. Ihr Gesicht glühte sichtlich vor Aufregung. "Und wir haben eine Menge zu erzählen! Guten Abend, alle miteinander."

"Nabend. Setzt euch", sagte ich und ließ die vier mit an den Tisch. "Scheint ja ein wirklich guter Tag gewesen zu sein. Ihr wirkt so ausgeglichen."

"Also, mir geht es gut", sagte Mai mit froher Stimme, nachdem sie sich unauffällig den freien Platz neben Kishio gesichert hatte. Nicht, dass ihr jemand diesen Platz streitig gemacht hätte. Es gab wohl nur einen Menschen an diesem Tisch, der nicht wusste, warum immer ein Platz neben ihm leer blieb, bis Mai kam: Kishio.

"Für uns war es auch gut", brummelte Kira und schob seinem Spinnchen den Stuhl zurecht, bevor er sich selbst setzte. Man hatte mir erzählt, dass Mai das erste Mädchen gewesen war, mit dem er hatte frei reden können. Ansonsten war er gegenüber den Mädchen die Schüchternheit in Person gewesen. Davon war nichts mehr zu merken. Und daran war nicht zuletzt Kuzomi-chan Schuld. Sie hatte seinen Horizont beträchtlich erweitert. "Es war ein spannender Tag. Aber bitte, Sensei, schick uns nicht so bald wieder alleine auf eine B-Mission."

"Es war eine C-Mission, und das auch nur, weil euer Transportgut so wertvoll war", sagte ich.

"Wir wurden nachträglich aufgestuft", sagte Shinji, während er sich umständlich setzte. "Autsch, verdammt, ich wusste es!", fluchte er lauthals, als er mit der rechten Hand gegen die Tischkante stieß.

"Du bist verletzt?", argwöhnte ich. Davon hatte ich nichts gesehen, als ich meine Genin begleitet hatte.

"Nein, es ist eine Entzündung, die ich die letzten Tage hatte. Mutter hat es mir erklärt. Eine Sehnenscheidenentzündung. Nichts ernstes, und die letzten Tage ging es gut, aber heute muss ich mir die Hand verdreht haben. Ich lasse es nachher von Mutter behandeln."

Die Unterredung mit Kawada fiel mir wieder ein. "Keine Sorge, die nächsten Missionen werden wir zusammen begehen. Ich habe ohnehin was läuten gehört, als Nächstes ist eine B-Mission für uns an der Reihe, bei der wir eine Obversation durchführen werden. Das betrifft vor allem dich, Kishio."

Der junge Moeru nickte überrascht. "Wen werden wir denn observieren?"

"Jemanden, fürchte ich, dem ich nicht freiwillig folgen würde, wenn ich keinen sensorischen Ninja wie dich dabei hätte."

Die Anwesenden wechselten bedeutsame Blicke bei dieser Ankündigung. Ja, es war nicht leicht, ein Shinobi zu sein. Ja, man begab sich oft genug in Gefahr, viel zu oft in Lebensgefahr. Und viele Shinobi aus unseren Rangstufen starben bei solchen Missionen. Und das war nur der Missionspart, dazu kam jener Teil der Arbeit, der Zuhause verrichtet wurde. Dazu gehörte auch, einen Termin mit Shinjis Vater zu vereinbaren, um über sein privates Training zu sprechen. Verdammt, ein zehn Mann-Team aus Genin lenken war einfacher, als Neulinge zu betreuen. Sehr viel einfacher. Meistens waren alle Mitglieder dieser Teams zumindest volljährig und ich trug für ihre weitere Ausbildung keine Verantwortung. Andererseits, wollte ich meine Verantwortung für diese drei Genin überhaupt wieder abgeben? Um keinen Preis der Welt. Sie waren meine Genin. Meine.

Ich grinste bei diesem Gedanken. "Aber jetzt erzählt mal. Wie ist es euch ergangen? Lasst kein Detail aus."

Mai stieß Kishio einen Ellenbogen in die Seite. "Das musst du hören, das wird dir bestimmt gefallen, Kishio. Ich fange an. Also, es begann ja damit, dass..."

***

"Müssen wir in Reihe marschieren?", hatte Kira gewitzelt. "Macht dir dein erstes Kommando vielleicht ein wenig leichter, Mai-chan."

"Ha, ha, sehr witzig", murrte sie. "Vielleicht, wenn wir ins Büro der Hokage gehen. Das dürfte Eindruck auf sie machen."

"Oder auch nicht", seufzte Shinji. "Bringen wir es hinter uns. Mamo-chan ist zwar nicht mit dabei, aber es ist ja auch nur eine Transportmission."

"Nur ist gut. Es ist eine C Rang-Mission." Mai ächzte leise. "C Rang-Mission, jund ich trage die Verantwortung..."

Sie klopfte. "HEREIN!"

Nacheinander traten sie ein und stellten sich vor dem Schreibtisch der Hokage auf. "Team dreizehn ohne Mamo-chan ist angetreten, Tsunade-sama." Mai wurde rot ob ihren ersten Fauxpas. "Ich meine, ohne Morikubo-sensei."

Die blonde Frau hinter dem Schreibtisch lächelte leicht. "Und, wie fühlt es sich an ohne Mamo-chan?" Shizune, die neben ihr stand, wie meist einen Notizblock in der Hand, auf dem sie eifrig mitschrieb, gluckste leise.

"Na ja, wie schon? Ein bisschen einsam halt", sagte Mai unverblümt. "Als wir damals auf dem Hügel im Land der Blitze plötzlich ohne ihn auskommen mussten, beim Angriff der Kumo-Shinobi, da hat er uns an allen Ecken und Enden gefehlt. Deshalb haben wir alle immer so ein klein wenig Schiss ohne ihn, wenn ich ehrlich bin." Sie sah auf und lächelte. "Aber wir haben alle im letzten halben Jahr mächtig zugelegt und können uns jetzt mehr zutrauen. Ich denke, für so eine kleine Transportgeschichte sind wir bereit."

"So, seid Ihr das?" Tsunade-sama nickte ihrer Sekretärin zu.

Die legte ihren Block beiseite und nahm eine Schriftrolle vom Schreibtisch der Hokage. Sie entfaltete die Rolle, auf der ein Siegel zu erkennen war. "Kai!"

Eine Rauchwolke entstand, und als sie sich verzogen hatte, sahen die Genin eine kleine, goldbeschlagene Kiste vor sich stehen. Shizune öffnete sie und präsentierte den staunenden Genin eine prächtige mattweiß schimmernde Kugel.

"Dies ist Hyperion."

Die Kugel war größer als eine von Mamo-chans Fäusten, und das wollte schon was heißen.

"Eine Perle?", fragte Kira. Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. "Gibt es so große Perlen?"

"In der Tat. Das ist eine Perle. Die größte Perle, die je gefunden wurde", sagte die Hokage, während sie die Genin interessiert musterte. "Ihr Wert beträgt etwas über vierhundert Millionen Ryou."

"V-vierhundert..." Kira bekam schwache Knie, als er diese Zahl hörte. "Vierhundert Millionen... Wow."

"Aber das ist doch sicher nicht die echte Perle, oder?", fragte Shinji. "Sicherlich ist das hier ein Duplikat, und das Original wird in diesem Moment von einem Jounin abgeliefert, richtig?"

"Oh, in der Tat ist gerade ein Jounin mit Hyperion unterwegs", sagte Tsunade-sama lächelnd. "Allerdings hat er die Fälschung, während Ihr das Original bekommt."

Mai, die die riesige Perle mit offenem Mund angestarrt hatte, schien wie aus einem Traum zu erwachen. "Ach so, verstehe. Weil niemand mit ein bisschen Verstand glauben wird, dass ausgerechnet drei Genin ein Schatz im Wert von vierhundert Millionen Ryou anvertraut wird. Alle werden sich auf den Jounin stürzen. Sofern sie davon wissen."

"Gut kombiniert. Allerdings rechnen wir zumindest mit dem einen oder anderen Interessenten, denn alleine die Kiste ist mit Gold im Wert von vierzigtausend Ryou beschlagen, um sie authentisch zu machen.

Wir haben die Hoffnung, dass, solltet Ihr versagen, der Original Hyperion für einen Appel und ein Ei als geschickte Fälschung verkauft werden wird und wir ihn billig zurückholen können", stichelte die Hokage.

"Tsunade-sama, das war jetzt nicht sehr nett", murrte Shinji.

"Was meinst du, wie nett ich werde, wenn ich Hyperion tatsächlich auf dem Schwarzmarkt suchen muss?", erwiderte sie amüsiert mit jenem Hauch Gefährlichkeit, der den Überlebensinstinkt jedes Shinobi anregte. Immer.

"Jedenfalls", fuhr sie fort, "besteht eine geringe Chance, dass Ihr angegriffen werdet. Da du, Shinji, Affenkrieger beschwören kannst, habt Ihr eine gute Chance, unverletzt durchzukommen. Oder auch unbemerkt."

"Äh, Tsunade-sama", fragte Kira, "wohin eigentlich?"

"Darauf habe ich gewartet", sagte sie noch immer lächelnd.

"Bisher hat Konoha den Hyperion in der Bank aufbewahrt und bewacht. Er gehört dem Daimyo und war bei uns sicher. Diese Perle stellte stets so etwas wie eine stille Reserve des Landes des Feuers dar, aber sie hat auch zeremonielle Bedeutung. Früher einmal wurden Perlen dieser Art den toten Herrschern in den Mund gelegt. Heutzutage begnügt man sich damit, sie am Kopfende der Toten aufzubahren.

Was denn? Nein, es ist niemand gestorben. Lasst mich ausreden und macht nicht so angewiderte Gesichter", tadelte sie.

"Tun wir ja", sagte Shinji schnell.

"Mittlerweile ist die Perle so etwas wie das inoffizielle Wahrzeichen der Familie des Daimyos geworden. Bei jeder wichtigen Zeremonie liegt sie aus. Einer der Söhne des Daimyos wird heiraten, und der Herrscher wünscht, dass die Perle in dieser Zeit ausgestellt wird, um den Reichtum seines Hauses und seines Landes zu präsentieren. Guy wird in der Zeit die Bewachung übernehmen, nachdem er sich durch den Wust an Dieben gekämpft hat."

"Aber warum hat er dann nicht gleich das Original mitgenommen?", fragte Kira verwundert. "Der Bursche kommt schon durch."

"Weil wir hier über Diebe reden. So sehr ich ihn als Krieger schätze, aber ich fürchte, ihm könnte die Kiste unter dem Allerwertesten fortgestohlen werden. Und dann war es das mit der Perle."

"Ah, verstehe. Dann müssen wir also in die Hauptstadt?"

"Richtig, Mai-chan. Das dauert nicht lange. Abends seid Ihr schon wieder zurück."

"Und nach der Zeremonie wird die Perle wieder nach Konoha gebracht?", fragte Kira.

"Richtig. Aber das wird erst am Ende der nächsten Woche sein. Eventuell werde ich auch eine andere Gruppe mit dieser Aufgabe betrauen, die die Übung und den Nervenkitzel gebrauchen kann für vierhundert Millionen Ryou verantwortlich zu sein. Alles klar soweit?"

Die vier Genin nickten.

Tsunade-sama nickte Shizune zu, die die kleine Kiste wieder schloss und in der Schriftrolle versiegelte. Anschließend rollte sie diese zusammen und überreichte sie Mai.

"V-vierhundert Millionen Ryou...", stotterte sie, als sie die wertvollste Schriftrolle aller Zeiten in Händen hielt. "Was man sich dafür an Schuhen kaufen könnte."

"Typisch Mädchen", murmelte Shinji. "Immer gleich an Schuhe und Klamotten denken."

"Ich bin nun mal eine Frau und will gut aussehen", erwiderte sie etwas zu heftig.

"Dies ist eine C-Mission. Du kannst dir genügend Schuhe von der Belohnung kaufen, Mai-chan", sagte Tsunade. "Im übrigen erwarte ich von euch, dass Ihr mit diesem Vermögen nicht desertiert, um irgendwo in der Fremde bis ans Ende eurer Tage in Saus und Braus zu leben."

"Warum sollten wir etwas so dummes tun, wenn alles, was wir lieben, hier in Konoha ist?", fragte Kira verdutzt.

Seufzend reichte Tsunade-sama ihrer Sekretärin eine Münze im Wert von zwanzig Ryou.

"Danke, Tsunade-sama. Ich wusste, einer von ihnen würde das sagen. Immerhin sind sie Schüler des Ewigen Chunin."

"Vielen Dank, Kira-chan. Und jetzt raus mit euch und auf eure Mission, bevor ich noch mehr Geld verliere."

"Du kannst dich auf uns verlassen, Tsunade-sama!", rief Mai aus vollem Hals. Die anderen stimmten ihr lautstark zu. Anschließend verließen sie das Büro.

"Die haben tatsächlich auf uns gewettet", sagte Kira zu Shinji, bevor die Bürotür zugezogen wurde.
 

"War das klug?", fragte Shizune. "Was, wenn jemand den Bluff durchschaut und sie angreift?"

Tsunade-sama lächelte. "Der Ewige Chunin wird sie zwar nicht anführen, aber er wird sie begleiten. Also keine Sorge, Shizune-chan."

Die junge Frau nickte hocherfreut. "Guter Schachzug, Tsunade-sama."

***

Nervös sah sich Kira zu allen Seiten um, als sie durch die Stadt gingen. Das gab sich nicht, als sie das Stadttor durchschritten. Auch nicht, als sie im Wald unterwegs waren.

"Halt", sagte Mai. Sie drehte sich zu Kira. "Kuzomi-chan, darf ich?"

"Nur zu. Mir geht er damit auch schon auf die Nerven", sagte das Spinnenmädchen lächelnd.

Mai ergriff die Schultern des jungen Shinobi, drehte ihn seitlich und brüllte ihm aus nächster Nähe ins Ohr: "HÖR AUF MIT DEM SCHEIß!"

Erschrocken fuhr Kira zusammen. Er riss sich los und taumelte für einen Moment, wurde aber von Kuzomi-chan aufrecht gehalten. "Oh Elend, jetzt bin ich auf dem linken Ohr taub. Hey, Mai-chan, was soll der Mist?"

"Das sollte ich dich fragen! Warum verhältst du dich so verdammt auffällig? Deine Nervosität ist so offensichtlich, dass sich jeder, der uns gesehen hat, fragen wird, warum du so aufgeregt bist. Und bevor wir uns versehen, haben wir irgendwelche Strolche am Hacken."

"Tatsächlich habt Ihr schon ein paar am Hacken!", dröhnte ein knorriger Bass aus dem Gebüsch rechts von ihnen. "Und Ihr tut gut daran, alles von Wert herzugeben, wenn Ihr nicht wollt, dass euch etwas passiert! Oder euren niedlichen Mädchen!"

Mai sah wütend nach hinten. Fünf Straßenräuber, gerade so gekleidet, dass sie in den Straßen Konohas nicht allzu sehr auffielen. Dies hier war noch Patrouille-Gebiet. Aber es schien keine in der Nähe zu sein, also mussten sie sich selbst drum kümmern.

Sie seufzte. "Shinji, würdest du bitte...?"

"Aber natürlich, Mai-chan. Sind ja nur fünf. Rück du derweil Kira den Kopf gerade."

"Ignoriert Ihr uns? Kinder, ich warne euch, uns zu ignorieren ist eine ganz dumme Idee!"

"Kuchiose no Jutsu!"

"Hör mal, Kira. Ich weiß, der Hyperion ist eine Menge Geld wert...", begann Mai.

"Du hast gerufen, Shinji-kun?"

"Ja, ich habe da ein leichtes Problem, Gosunkugi-san. Könntest du bitte in deine Kampfgestalt wechseln?"

"Das Würstchen soll uns aufhalten? Ha!"

Ungeührt fuhr sie fort: "Und ich weiß, das ist eine Menge Verantwortung, Kira, aber, sieh mal, sogar ich habe mich einen Moment gefragt, was für ein Leben ich mir mit vierhundert Millionen Ryou machen könnte. Und ich habe mich auch gefragt, was passiert, wenn ich versage, ob ich das überlebe und wenn ja, ob Tsunade-sama mich am Leben lässt. Oder euch."

"Dann verstehst du ja, wie es in mir rumort, Mai-chan. Wenn euch etwas passiert wegen diesem Ding, dann...", meinte Kira mit belegter Stimme.

"HIMMEL, IST DER GROß!"

"RÜCKZUG! RÜCKZUG! BLOß WEG HIER!"

"Ich lasse dir den Vortritt, Gosunkugi-san."

"Zu liebenswürdig, Shinji-kun."

Mai nickte heftig. "Genau das ist das Problem, Kira. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen. Aber du bist so verdammt nervös, dass es jeder sehen kann. Du verrätst uns, Kira. Und was passiert wohl, wenn es keine viertklassigen Ganoven sind, die noch nie was vom Patrouillenparameter Konohas gehört haben?"

"Hey! Wir sind mindestens zweitklassig! Uuuuuuffffff!"

"Einer weniger, Shinji-kun."

"Zwei, Gosunkugi-san. Muahahahahaha!"

Mai lächelte. "Und außerdem, alter Freund: Seit wann hast du kein Vertrauen mehr in uns? Mich, Shinji, das Spinnchen?"

"Aber ich vertraue euch doch. Aber ich will nicht, dass euch etwas passiert... Oh..." Erkennen stieg im jungen Raiton-Nutzer auf.

"Ja, oh", sagte Kuzomi.

"HILFE! HILFE! HILFE!"

"Nix da! Erst große Töne spucken, und jetzt jammern ist nicht. Außerdem bringe ich dich ja nur fast um."

"Der Kleine ist brutaler als der Riesenaffe! Weg hier! Wir..."

"Wen hast du gerade Riesenaffe genannt?"

"Urgs..."

"Das waren drei und vier."

Mai ergriff Kiras Rechte und Linke. "Hier, Kira, fühlst du meine Hände? Spürst du ihren Druck? Vertrau mir doch einfach. Du musst uns nur so sehen wie damals auf der Kuppel mit Mamo-chan. Wir sind deine Vertrauten, deine Partner, deine Kameraden, dein Team. Du weißt, was wir können. Und gerade eben hat Shinji mit Gosunkugi vier von fünf Strauchdieben erledigt."

"AUTSCH!"

"Jetzt sind es alle, Mai-chan!"

"Okay, danke, Shinji. Bindet sie irgendwo fest und signalisiert der nächsten Patrouille.

Kira, verstehst du, was ich sagen will? Und wem ich es sagen will? Wir sind mehr als Teamkameraden. Wir sind diejenigen, denen du dein Leben in die Hände legst. Und du bist der, dem wir unsere Leben in die Hände legen." Sie küsste seine Hände. "Ist es besser mit dem Zittern?"

Verdutzt starrte er sie an, während Kuzomi daneben stand und eifersüchtig die Wangen aufblies.

"Äh... Ja. Das Zittern ist weg. I-ich bin nicht mehr so nervös."

Befreit lachte er auf, während Gosunkugi und Shinji ihre Gefangenen fesselten. Anschließend pfiff der dickliche blonde Shinobi einem der Patrouillenhabichte etwas zu, der daraufhin schrie und eine Patrouille benachrichtigte.

"Dann ist alles in Ordnung." Mai lachte laut auf. "Hey, ich kann jetzt Anführerreden halten! Verdammich, ich hätte nie gedacht, dass Mamo-chan so viel aus mir rausholt. Lasst uns weitergehen, damit wir unser Lieblingsrestaurant erreichen, bevor der Mittag vorbei ist. Das Essen geht auf mich."

"Yay!"

"Willst du auch mit essen, oder musst du auf den Affenberg zurück, Gosunkugi-san?"

Der Affenkrieger wechselte von seiner imposanten Affengestalt zu seiner Tarngestalt als schmächtiger, übernächtigter junger Konoha-Genin mit den dicken Augenringen. "Wenn es DAS Restaurant ist, komme ich gerne mit. Aber bist du sicher, dass du so viel ausgeben willst?"

"Ach", meinte Mai und machte eine wegwerfende Handbewegung", dann kaufe ich mir eben ein Paar Schuhe weniger." Sie winkte. "Los jetzt, Leute, ich habe Hunger!"

Das Mädchen ging in Step und verschwand, ihre Teamkameraden folgten ihr.

Kurz darauf kam das Patrouillenteam an und fand fünf überwältigte und gut gefesselte Banditen vor. Keine Frage, hier waren Kollegen vorbeigekommen.

***

"Das ist aber nett, dass Ihr wieder vorbeischaut", sagte Onkel Ma, der Betreiber der kleinen Namenlosen Gaststätte im Nirgendwo der Wälder des Land des Feuers. Wirklich, so hieß sie: Die Namenlose Gaststätte. Das machte sie zu einem der angesagtesten In-Läden in der Nähe und besonders am Wochenende war er rappelvoll mit Besuchern aus Konoha. Gerüchteweise hielt die Besitzerin des Shindo dreißig bis fünfzig Prozent an dem Lokal...

Suchend sah sich der Mann in der Mitte seiner Lebensjahre um. "Ist Mamo-chan spät dran?"

"Äh, nein, Onkel Ma. Wir sind heute alleine unterwegs", sagte Shinji, der bei diesen Worten fast vor Stolz zu platzen schien.

"Ach, tatsächlich? Wow, euer Sensei scheint euch wirklich zu vertrauen und euch eine Menge zuzutrauen, wenn er euch tatsächlich alleine losschickt." Der ältere Herr verzichtete darauf, die Kinder zu fragen, weshalb sie unterwegs waren, was ihr Auftrag war und wohin sie gehen würden, denn das fragte man einen Shinobi im Einsatz nicht. Dafür kannte er seine Gäste viel zu gut. Es hätte auch keine Antwort gegeben. Keine echte zumindest. Diese Kinder waren gut trainiert.

"Wollt Ihr euch draußen hinsetzen? Drin ist zwar noch was frei, aber einige meiner Gäste... Nun."

Kira zuckte die Achseln. "Kein Problem, Onkel Ma. Wir können auf uns aufpassen."

"Ja, das könnt Ihr zweifellos", sagte der Gastwirt nach einem Blick auf die Spinne und den Affenkrieger. "Aber die Gäste sind Großmäuler, und ich will nicht, dass sie deshalb ihre verdiente Prügel kriegen. Zumindest nicht, bevor sie ihre Zeche bezahlt haben."

"Schon verstanden", sagte Mai schnell. "Und es ist ja auch so ein schöner Tag. Wir essen draußen. Schreib bitte alles auf mich, Onkel Ma. Da ich heute die Anführerin bin, bezahle ich."

"Oh nein, Mai-chan. Bei einer so besonderen Gelegenheit wie deinem ersten Kommando seid Ihr selbstverständlich eingeladen. Esst und trinkt, was Ihr wollt."

"Gut, dann nehme ich den Sake und...", begann Kira.

"Außer alkoholischen Getränken, natürlich."

"Mist."

Mai-chan sah den Älteren unsicher an. "Kann ich das überhaupt annehmen?"

Der Gastwirt lachte. "Schau dir doch mal meine Preise an. An fünf Mahlzeiten und den Getränken dazu werde ich nicht des Hungers sterben. Außerdem plane ich für die Zukunft. Irgendwann werdet Ihr Chunin sein, dann Jounin. Bald darauf werdet Ihr eure eigenen Genin-Gruppen anführen. Und wo werdet Ihr wohl essen, wenn euch eure Missionen nach Norden führen? Beim alten Onkel Ma in seiner Namenlosen Gaststätte." Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber es war akzeptabel.

"Danke, Onkel Ma. Wir nehmen von deinen vorzüglichen gebratenen Nudeln. Dazu gebratenes Huhn und etwas Schwein."

"Aber, aber, Mai-chan, warum so bescheiden? Ich stelle euch noch Rind und Seefisch mit dazu. Wir haben frischen Lachs in der Küche."

Mai leckte sich mit der Zunge über die Lippen. Sie liebte Seefisch. "I-ich kann dich doch nicht so ausnutzen, Onkel Ma."

"Mach dir keine Gedanken, keine Gedanken. Setzt euch, bitte. Ich schicke euch gleich Sen zum Eindecken raus. Er wird euch auch eure Getränke bringen, wenn Ihr das Gleiche wie immer wollt."

Die fünf nickten und Onkel Ma machte eine kurze Verbeugung, bevor er ins Haus ging.
 

"Uiii, da haben wir aber Schwein. Und Schwein auch", schwärmte Shinji. Er stieß Mai den Ellenbogen in die Seite. "Sogar Lachs hat er da. Was für ein Glück, eh, Mai-chan?"

"Ist das nicht zu viel? Ich meine, ich habe doch Geld und will bezahlen..."

"Nun nimm das doch einfach hin", sagte Kira. "Das nächste Mal, wenn wir hier essen, bezahle ich halt und drücke dem guten Onkel ein dickes Trinkgeld auf, dann passt das wieder."

"Meinst du?", fragte Mai und nahm Platz.

"Kira hat vollkommen Recht. Setzen wir uns und genießen wir einfach, bevor wir weiter müssen", sagte Kuzomi mit Nachdruck und setzte sich ebenfalls.

"Na, wenn das so ist..." Nun nahmen auch die Jungs ihre Plätze ein.

Kurz darauf kam Sen heraus. Er brachte ein Tablett mit großen Teebechern, in denen grüner Tee und Weizentee war. Er wirkte etwas zerzaust, was bei dem Gleichaltrigen eine ungewöhnliche Erscheinung war. "Verzeiht die Verspätung, aber wir haben ein paar Gäste, die sich leider schlecht benehmen. Ich habe schon Hime nach hinten geschickt, bevor sie zu ungebührlich mit ihr umgehen."

Kiras Kopf ruckte hoch. Hime wurde Sens kleine Schwester genannt, weil sie sehr gute Manieren, ein aristokratisches Auftreten und eine Menge natürlicher Grazie besaß. "Was, bitte, haben die mit Hime gemacht?"

"Schon gut, schon gut, Kira. Es ist alles unter Kontrolle", beeilte sich Sen zu sagen und strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. "Noch zumindest."

"MEHR SAKE!", brüllte jemand aus dem Haus.

"Komme!", rief Sen. Murmelnd betrat er die Gaststätte wieder.

"Habt Ihr gehört? Er hat gesagt: Wenn das mal gutgeht", sagte Gosunkugi. "Soll ich nicht lieber mal..."

"Wir bleiben ruhig. Unser Hauptaugenmerk ist diese Schriftrolle", sagte Mai und deutete auf das, was davon zu sehen war. Ein kleinest Stück Wickelholz zwischen ihren Brüsten, dem derzeit sichersten Ort in Umkreis von fünf bis zehn Kilometern.

Hikari Gosunkugi, schon halb aufgestanden, setzte sich wieder und griff nach seinem Tee. "Wenn du das sagst."
 

Es vergingen etwa zwanzig Minuten. Das Essen kam und kam nicht. Dabei hätte eigentlich zumindest die grandiose Salatbeilage auf dem Tisch stehen müssen. "Soll ich mal...?", meinte Kira fragend.

"WO IST DIE KLEINE?"

"...erst mal bezahlen... ...kein Benehmen... ...Geld her und dann raus..."

"FÜR DIESEN FRAß AUCH NOCH GELD NEHMEN WOLLEN?"

"Soll ich wirklich nicht...?", fragte der Affenkrieger.

"Nun...", meinte Mai.

In diesem Moment erschien Sen in der Tür, die Haare noch zerzauster. Mit entsetztem Blick sah er zu den Shinobi herüber. "Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir uns unserer Freundschaft mit den Shinobi Konohas erinnern sollten. Wenn Ihr uns vielleicht zur Hand gehen könntet..."

"Aber klar. Kira, mach mal."

"Bin schon auf dem Weg." Mit einem Ächzen erhob sich der junge Shinobi. "Bleib mal gleich draußen, Sen. Onkel Ma, geh bitte in die Küche."

"WAS WILL DENN DER HÄNFLING?"

"Danke, Onkel Ma. Was der Hänfling will?", klang Kiras Stimme zu ihnen heraus. "Das Geld für das Essen, das Ihr verdrückt habt. Sofort."

"DU WITZPILLE DENKST WOHL, WEGEN DEINEM SCHEIß STIRNBAND HÄTTEN WIR..."

Das Geräusch einer kleinen statischen Entladung war zu hören. Aus der offenen Tür zuckte ein Blitz hervor, der in die kupferne Dachrinne einschlug, aber nichts beschädigte.

"Reicht das, oder soll ich noch einen drauflegen?", fragte Kira gelassen.

"...reicht! Reicht vollkommen, junger Herr! Entschuldigt bitte unser Auftreten, junger Herr. Ach, Ihr seid ja Shinobi aus Konoha. Großartige Stadt. Die mächtigsten Shinobi weit und breit. Ahahahah. Wir sind alle rechtschaffende, treusorgende und unsere Steuern bezahlende Bürger. Das war alles nur ein Missverständnis. Ahahaha. Natürlich bezahlen wir und legen noch ein saftiges Trinkgeld drauf, weil es sooo lecker war! Ahahahahaha."

"Und vergesst nicht, hier essen jeden Tag rund fünfzig Konoha-Shinobi zu Mittag. Und viele von denen sind nicht so nett wie ich", fügte Kira an.

"Aber wir haben doch keine Probleme mit Konoha-Shinobi. Bestimmt nicht. So, guter Wirt, hier ist das Geld und das als Trinkgeld. Wenn Ihr uns jetzt entschuldigen wollt..."

Kurz darauf floh eine Horde von sieben als Kaufleute gekleidete Burschen aus der Gaststätte, die sich alle dadurch auszeichneten, dass ihnen die Haare zu Berge standen, teilweise verkohlt waren und rauchten. Mit allen Anzeichen des Entsetzens flohen sie die Straße hinab.

"Die sind wir los", meinte Kira grinsend, als er ebenfalls heraustrat. "Sen, du sollst servieren helfen."

"J-ja, Kira-kun. Ich meine, Kira-sama."

Kira tätschelte dem Kellnerjungen die Wange. "Kira reicht. So wie immer. Und die Kerle haben Glück, dass Mai nicht selbst rein ist. Das hätte ich ihnen noch sagen sollen."

"Alles klar, Kira." Hastig eilte Sen ins Haus und Kira setzte sich wieder auf seinen Platz.

Nun kam Onkel Ma persönlich raus, zwei sehr große Schalen mit gebratenen Nudeln tragend.

"Verstehst du jetzt, Mai-chan, warum es gut ist, wenn ich den Konoha-Shinobi zu besonderen Gelegenheiten einen ausgebe?"

"Okay, jetzt ja, Onkel Ma." Sie lachte leise. Und rieb sich die Hände, als ihr der Geruch des gebratenen Fischs in die Nase stieg. "Der riecht ja lecker." Netterweise verzichteten die anderen darauf, ebenfalls vom Lachs zu essen, bis Mai nicht mehr mochte und sich dem Schwein zuwandte.

Und sie mussten wirklich nichts bezahlen.

***



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