Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 56: Der ewige Chunin 15 ------------------------------- Am Morgen des vierten Tages reisten wir ab. Die Bewohner von Genta-No-Son gaben sich alle Mühe, um uns nach dem Frühstück möglichst eindrucksvoll zu verabschieden; ich hatte eine Menge Hände zu schütteln und Menschen, die ich mochte, fest zu drücken. Wobei es mir eine innere Befriedigung war, dass Tsuyoshi fast in die Knie ging, als ich seine Hand drückte. Ich schätze, hätte ich in meinem Leben tatsächlich eine kleine Schwester gehabt, wäre ich für all ihre Verehrer ein furchtbarer Schmerz im Arsch geworden. Der Abschied von Gentas Familie war natürlich der schwerste. Ich konnte nicht umhin, zuzugeben, dass mir der neue, protektive und progressive Genta tausendmal besser gefiel als der Straßenräuber. Aber er hatte eben seine Aufgabe gefunden, seine Mitte. Und es machte das Gerücht die Runde, dass er neuer Bezirksvorsteher werden sollte, was die Verwaltung der umliegenden Umschaften in seine Hände legen würde. Ich konnte mir für diese Aufgabe keinen Besseren vorstellen. Tsukasa, mit Gentas und ihrem Sohn Shinnosuke auf dem Arm, war den Tränen nahe, als sie mich und mein Team verabschiedete. Sie ließ mich erst gehen, als ich ihr hoch und heilig versprochen hatte, drei Hauptmahlzeiten am Tag einzunehmen und mit meinem Chakra zu haushalten. Beim Versprechen, "dieses schreckliche Selbstverbrennen nicht mehr zu machen", musste ich allerdings lügen. Die Letzte in der Runde war Suzume. Sie war sehr traurig, aber auch froh, da sie ja nun meine Erlaubnis hatte. Ich hatte vorher nie gewusst, wieviel ich ihr bedeutet habe. Ich war nicht nur ihr großer Bruder, ich war auch ihr erster wirklicher Freund gewesen, und so etwas prägte. Der erste Mensch, der ihr etwas gegeben hatte, ohne sich Vorteile zu erhoffen. Ich konnte nicht anders und sie ihr eigenes Leben lassen, sie dabei zu unterstützen, denn die einzige andere denkbare Alternative war, abgesehen von einem Leben in Konoha, sie den Rest ihres Lebens unglücklich zu machen. Und das war keine akzeptable Variante. Ich umarmte sie herzlich, nicht ohne noch mal zu betonen, dass jeder, der ihr und Gentas Familie etwas Schlimmes antat, damit rechnen musste, dass ich sauer wurde. Alle, die die Explosion des Dai Endan gehört hatten, konnten sich ungefähr vorstellen, was das genau bedeutete. Bis sich auch meine Begleiter verabschiedet hatten, führte ich noch eine letzte Konversation mit dem regionalen Daimyou, Koji-san. Dabei ging es hauptsächlich darum, sicherzustellen, dass ich tatsächlich das Reich des Wassers verlassen würde. Die Aussicht, dass ich frühestens in einer Woche wiederkehren und recht fix durchreisen würde, hellte seine Stimmung merklich auf. Seine genauen Worte waren gewesen: "Nicht, dass ich dich nicht mag, Mamoru-tono, aber wo du gehst und stehst, ziehst du Veränderungen, Entsetzen und Verwüstungen nach dir. Ein Wunder, dass Genta-No-Son noch steht, im Gegensatz zur armen Stadt im Land der Steine, die du halb zerstört hast, nur weil du fliehen musstest. Ach, und besuch meine Burg bitte nicht. Eine Eroberung reicht." Was hätte ich darauf antworten können? Als wir aufbruchbereit waren, verabschiedeten wir uns winkend und verließen die Stadt mit Step. Als wir auf unserem Weg nach Osten den nächsten Wald erreicht hatten, stießen zuerst meine Affenkrieger zu uns, und darauf Suirin und ihre Kiri-Nin-Gruppe. Suirin übernahm die Führung und leitete uns mit einem ansprechenden Tempo an. Schnell genug, um mich zeitig aus dem Reich des Wassers zu bringen, aber nicht schnell genug, um unhöflich zu wirken. Zumindest nicht zu unhöflich. Der Gedanke brachte mich zum Lachen. Tatsächlich folgte mir Zerstörung auf dem Fuß. Wenn ich sie nicht gleich selbst verursachte. Meistens. "Sensei! Wie ist es eigentlich in Kumogakure?", fragte Shinji laut. "Oh, es wird dir gefallen. Die ersten Tage werden etwas schwerfallen, weil die Luft da oben etwas dünn ist. Kumogakure liegt recht hoch. Aber die Menschen sind sehr freundlich und nett. Nicht, Kira?" Der Junge beäugte mich bei diesen Worten. "Du kennst Kumogakure, Sensei?" "Ich habe da mein Chunin-Examen absolviert. In der Vorbereitungsphase ließ mich Uzuki-sensei, die uns als Jounin begleitet hat, Dutzende Hilfsarbeiten pro Tag verrichten. So lernt man die Stadt kennen. Kann durchaus sein, dass ich dabei auch für deinen Clan gearbeitet habe, Kira. Ein paar Yamadas waren definitiv darunter, als ich Unkraut gejätet, Einkäufe erledigt, Transporte durchgeführt und Kinder unterrichtet habe", sagte ich lachend. Am Vorabend hatte Kira uns allen einen Einblick in die traumatischste Erfahrung seines Lebens gewährt, als er uns berichtet hatte, wie seine Schwester getötet worden war... Und in sein aktuelles Leben, sprich seine Familie in Kumogakure väterlicherseits. Und je mehr er davon berichtet hatte, desto sicherer war ich mir, den einen oder anderen zu kennen. Eventuell hatte ich damals sogar seine gleichaltrige Cousine, Shinobu, wenn ich mich richtig erinnerte, im Shuriken-Werfen unterrichtet. Ja, das waren schon tolle Erfahrungen gewesen. "Solltet Ihr vielleicht auch machen." "Arbeiten, statt zu trainieren? Sensei!", protestierte Mai. Ihre lauten Worte freuten mich. Sie war mir seit dem nachgeholten Finale des Capture the Flag-Matches zu still gewesen, aber heute bewies sie mehr Stimme, mehr Präsenz. Ich fragte mich einerseits, was ihr einen Knacks mitgegeben hatte - eigentlich war ich davon ausgegangen, dass das Training von Kishio und mir in der Hütte ihre Stimmung gehoben hätte - und andererseits, welche positive Erfahrung sie wieder aus dem Tief herausgeholt hatte. Kurz sah ich zu Kishio herüber, fing aber seinen Blick nicht auf. Er hätte mir zumindest sagen können, wo sie die letzten Tage in ihrer Freizeit gewesen war. Doch das würde ich auf später verschieben müssen, zumindest bis wir das Land der Blitze erreicht hatten. Dennoch, ich hatte das Gefühl, sie und die anderen beiden Genin vernachlässigt zu haben. Das war ein Punkt, an dem ich jetzt, wo Kishio mehr und mehr integriert war, endlich wieder ansetzen konnte. Prompt hatte ich eine Idee. "Aber es ist Training, Mai-chan. Gutes Training, weil es Flexibilität, Fähigkeiten und Ausdauer erfordert. Außerdem fördert es die guten Beziehungen zwischen Kumogakure und Konoha. Ihr seid ja quasi Botschafter der Hokage." "Botschafter?", rief Shinji aufgeregt. "Ja, so kann man das ja sehen. Wir müssen uns von unserer besten Seite zeigen!" Suirin kicherte leise bei diesen Worten. Sie warf mir einen wissenden Blick zu, enthielt sich aber eines Kommentars. Wirklich, ich mochte diese Frau. "Ha, von wegen! Mamoru-sensei will uns ja nur aus dem Weg haben!", murrte Mai. "Um ehrlich zu sein", begann ich, eine weitere Idee ausbrütend, "ja, du hast Recht. Der Raikage hat mich gerufen. Und das nicht, um Urlaub zu machen, oder um Kiras Familie kennenzulernen. Oder um Kira bei seinem Raiton zu helfen. Obwohl es kaum einen besseren Lehrer als den Raikage geben kann." "Ja, wäre wohl etwas zuviel erwartet", murmelte Kira, leidlich enttäuscht. "Vielleicht kann ich Kira-B belatschern, dass er dir was beibringt. Ich habe einen guten Draht zu ihm", murmelte ich. "Wirklich? Du kennst B-sama?", rief Kira aufgeregt. "Nach dem Raikage ist er der stärkste Shinobi Kumogakures! Eine Legende!" "Wenn er dir so gut gefällt, warum bist du dann nicht Shinobi in Kumo geworden?", stichelte Mai. "Nun, Kira-B-sama ist cool und stark, aber ich bin durchaus bereit, Mamoru-sensei eine Chance zu geben", erwiderte er süffisant. "Hmpf", machte Mai verstimmt. "Jedenfalls seid Ihr nicht im Urlaub. Den hatten wir gerade erst. Ich werde in Kumogakure viel arbeiten müssen, denn es gibt nicht viele Möglichkeiten, warum A-sama mich hat rufen lassen. Die meisten Möglichkeiten drehen sich um meine Hetzjagd letzten Monat, als ich Orochimarus Leutnant Kabuto auf den Fersen war." Ja, das stimmte. Sehr viel mehr gab es nicht. Außer, A-sama wurde sentimental und wollte mich deshalb sehen. Was wohl die unwahrscheinlichste aller Möglichkeiten war. "Und es steht nirgends geschrieben, dass Ihr die Zeit nicht sinnvoll verbringen solltet. Da ist diese wundervolle kleine Trainingshalle, die ich bei meinen Vorbereitungen benutzt habe", sagte ich, einen wissenden Blick mit P-chan austauschend, "und ich denke, ich kann sie wieder bekommen. Außerdem habe ich aus meiner Zeit damals noch etliche Kontakte. Euch wird schon nicht langweilig werden." "Sensei, schiebst du uns ab?", fragte Mai mürrisch. "Na, na, was sind das denn für negative Gedanken?", tadelte ich. "Erstens müsst Ihr Kumo kennenlernen, als Shinobi Konohas. Egal, ob die Stadt unser Verbündeter bleiben wird oder nicht, wir müssen sie einschätzen können. Und das geht am leichtesten, wenn wir sie kennen. Und zweitens müsst Ihr, wie ich schon erwähnt habe, Konoha repräsentieren. Das ist außerdem ein sehr gutes Grundlagentraining für euch, und Ihr seid gerade mal die zweite Woche Shinobi und habt schon zwei Kämpfe hinter euch. Zeit, zum Basis-Training zurückzukehren." Tatsächlich, kam mir zu Bewusstsein, hatte ich meine Genin erheblich durch ihr Training gehetzt. Ich selbst hatte Baumklettern nicht beigebracht bekommen, bevor ich nicht ein halbes Jahr lang Shinobi gewesen war. Einfach, weil Hayate-sensei uns erst grundlegend hatte aufbauen wollen. Dies vernachlässigte ich bei meinen Genin. Mist. Ich wandte mich zu Mai um. "Ich werde mit euch trainieren, wann immer ich es kann, aber ich habe in Kumo eine Mission zu erfüllen. Und mit meinen Affenkriegern haben wir mehr Sensei, als wir brauchen. Außerdem sind da auch noch Kuzoko und Kishio, von denen Ihr lernen könnt. Ein guter Shinobi lernt von allem und jedem, merk dir das, Mai." "Aber ich habe doch gar nichts gegen sie gesagt", erwiderte sie hastig, mit einem schnellen Seitenblick auf die beiden. Hm, irgendetwas musste passiert sein. "Und Ihr würdet mir einen großen Gefallen tun. Wenn ich die Affenparty veranstalte, möchte ich vor meinen Senseis besonders gut da stehen. Das geht am besten, wenn ich meine mächtigen Genin vorstellen kann." Mai wurde rot. "Mächtig ist vielleicht etwas zu sehr übertrieben, aber ich verstehe, was du meinst. Und du hast das auch gemacht, Mamoru-sensei?" "Ja. Und dabei hatte ich einen durchtrennten rechten Bizeps." Ich schob den rechten Ärmel hoch und zeigte ihr die Linie der Narbe, dem letzten Anzeichen der schweren Verletzung. "Ein Katana, zum Glück nicht allzu scharf, sonst hätte es mir den Arm abgetrennt. Ich hatte die Wahl, meinen Arm hinzuhalten, oder meinen Freund Omoi köpfen zu lassen. Die Entscheidung siehst du ja." "Und damit hast du gearbeitet?", rief Shinji. "Sensei, du bist ein harter Kerl." Ich grinste schmallippig. "Manchmal." "Apropos harter Kerl", warf Kuzomi ein, "Sensei, wenn wir nach Kumo kommen, werden wir dann bei Kira-samas Familie wohnen?" Bei dieser Frage musste ich überrascht auflachen. "Der Gedanke ist mir gar nicht gekommen. Der Raikage wird für unsere Unterkunft gesorgt haben, seid unbesorgt. Ich bezweifle zwar, dass dies bei den Yamadas ist, denn ich habe ihnen nicht mitgeteilt, dass Kira kommt, aber ich denke, wir werden zufriedenstellend untergebracht werden. Was nicht heißt, dass du deine Familie nicht besuchen kannst, Kira. Ich werde selbstverständlich mitgehen und mich als deinen neuen Sensei vorstellen. Und wie gesagt, wahrscheinlich kenne ich den einen oder anderen schon. Bei Shinobu klingelt sogar was bei mir. Sie könnte eine meiner Shuriken-Schülerinnen gewesen sein. Dass das schon wieder fast vier Jahre her ist..." "Ich kann ja mal mit Opa sprechen!", ereiferte sich Kira. "Ich bin sicher, er hat überhaupt nichts dagegen, wenn wir alle bei ihm wohnen! Wir sind eine große Familie, und es ist verdammt viel Platz!" "Kira, du bist euphorisch. Das ist mein Part", beschwerte sich Shinji gespielt. "Ja, sorry, dass ich dein Rollenklischee kapere, aber ich bin wirklich aufgeregt. Ich freue mich darauf, meinen Onii-chan zu treffen. Also meinen großen Cousin Shinn. Und die Zwillinge. Und Opa, Tante Akiha und Onkel Seta, aber vor allem freue ich mich auf Shinobu. Vor einem Jahr hätte man uns noch für Zwillinge halten können, obwohl sie da noch größer war, und..." "Komm mal runter von deinem Höhenflug", tadelte Shinji grinsend. "Das hast du uns alles schon gestern beim Abendessen erzählt. Und wir werden ja selbst bald mit eigenen Augen sehen können, ob du Shinobu beim Wachsen überholt hast." Er zwinkerte schelmisch. "Meinst du, sie zeigt mir mal die Narbe, die du ihr verpasst hast?" Kira sprang zu Shinji herüber und legte vertraulich einen Arm um seine Schulter, während sie im Step dahinrasten. "Alter, wir sind Freunde. Und ehrlich, ganz ehrlich, noch vor zwei Wochen hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, das auch nur zu denken. Aber es hilft alles nichts. Für mich bist du wie ein kleiner Bruder." "Hey. Wieso kleiner Bruder?", protestierte Shinji. Doch Kira fuhr unbeirrt fort. "Und du darfst jederzeit jede Narbe an meinem Körper sehen, die du sehen willst, versprochen." Kuzomis Blick wurde glasig. "Kira-sama?" Der Raiton-Nutzer seufzte. "Ja, ich zeige dir die Narbe nachher mal, Kuzomi-chan." "Ui, das wird lustig, und gruselig", sagte sie erfreut. "Jedenfalls, du kannst von mir haben, was immer du willst. Aber bei Shinobu ziehe ich die Grenze. Wenn sie mit dir flirtet, Pech, dann kann man nichts machen. Aber wenn du sie anbaggerst oder gar ihre Narbe sehen willst, Alter, dann ziehe ich dir den Hosenboden stramm." "Kannst es ja mal versuchen", erwiderte Shinji herausfordernd. "Jederzeit, kleiner Bruder. Jederzeit. Und hoffe nicht darauf, dass sie auf dich stehen wird. Sie mag keine Dicken." Mit diesen Worten kniff Kira ihm ins Bauchfleisch. "Hm, ist schon weniger geworden, was?" "Ich bin nicht dick. Ich habe nur schwere Knochen. Und etwas Fett zum Schutz darum", murrte Shinji. "Und ich bin NICHT dein kleiner Bruder. Wenn, dann bist du hier der kleine Bruder, klar? Immerhin bin ich der Ältere von uns beiden. Und ich bin auch vernünftiger und muss deshalb auf dich aufpassen, nicht?" "Wer hier wohl auf wen aufpasst?", fragte Mai gut gelaunt und drängte sich zwischen die beiden. "Von meinem Standpunkt seid Ihr beide meine kleinen Brüder, und ich würde es jedem raten, es sich zweimal zu überlegen, wenn er sich mit einem oder beiden von euch anlegt. Weil Onee-sama dann nämlich mit ihm Schlitten fährt, aber so richtig." Die drei grienten sich an. Dies taten sie mitten in der besten Shinobi-Reisegeschwindigkeit, und allein das war beeindruckend und zeigte, wie gut sie mittlerweile geworden waren. Ich schnaubte zufrieden. Die Menschen wuchsen tatsächlich mit ihren Herausforderungen. Dann sahen die drei zu Kishio herüber, doch der hob nur abwehrend die Arme. "Lasst mich da bitte raus. Ich bin zwar älter als Ihr, und ich stehe jedem von euch jederzeit zur Seite, egal bei welcher Scheiße, aber ich habe nicht vor, mich zum Gesamt-großen Bruder zu erklären. Das wäre so... Vereinnahmend." Kira seufzte. "Ich sehe schon, Kishio braucht einen Crashkurs in Konoha-Verbrüderungsrituale. Also, große Schwester, da diese Sache jetzt geklärt ist, wer ist dein älterer Otouto?" Mai sah einen Moment von einem zum anderen. "Shinji." "Ja, Himmel auch, wieso das denn?" "Weil er eindeutig der kuschligere von euch beiden ist, und das ist wichtig", sagte sie und rieb ihre Wange an seiner. "Ja, das nenne ich weich und zart." Shinji wurde rot. "L-lass das bitte, Onee-chan. Nicht, dass ich mich noch in dich verliebe." "Was? Bist du das etwa noch nicht?", rief sie in gespielter Empörung. "Bei Kira ist das ja klar, der hat nur Augen für sein Spinnchen." Kuzomi errötete bis zu den Ohrenspitzen und sah erschrocken fort. "Kira-sama..." "Aber bei dir dachte ich, auch wenn deine Onee-sama so mager und knochig ist, so magst du sie doch für ihren Charakter." "Protest!", begehrte Shinji auf. "Du hast vielleicht nicht viel Brust, also noch nicht. Aber dafür einen tollen Hi..." "Stopp!", befahl ich scharf und hielt an. "Sensei, wir machen doch nur Spaß...", versuchte Mai sie zu rechtfertigen. "Das ist es nicht. Irgendwas ist hier... Nicht, wie es sein soll." Irritierte Blicke trafen mich. "Dieser Wald ist die Grenze zwischen den Festlandbesitzungen des Reichs des Wassers und dem Reich der Blitze. Wir befinden uns auf der Hauptverkehrsstraße." "Soweit, so gut. Aber?", fragte Kira verwirrt. "Kishio!" "Jawohl!" Der junge Shinobi trat vor und konzentrierte sich. "Bewegungen vor uns. Vage. Sie tarnen sich." Langsam nickte ich. "An dieser Stelle müsste das Empfangskommando auf uns warten, oder, Suirin-kun?" "Ja, Mamoru-sama. Ich verstehe das nicht. Unsere Nachricht war eindeutig." "Vielleicht ein Missverständnis?", fragte Kuzoko. "Ich habe in Kumogakure Feinde", erwiderte ich. "Es kann ein Zufall sein, dass da draußen Menschen sind, die sich vor der Erfassung durch einen sensorischen Ninja tarnen. Aber ich bin nicht gewillt, Risiken einzugehen oder gar die Leben meiner Genin zu riskieren." Mit mahlenden Kieferknochen dachte ich nach. "Suirin-kun, an der Grenze trennen sich unsere Wege." "Ja, Mamoru-sama. Uns ist es nicht erlaubt, das Reich der Blitze zu betreten, ohne vorher um Genehmigung zu bitten." "Dann bitte ich darum, dass du und dein Team noch einige Zeit an der Grenze warten. Es kann sein, dass wir uns aus dem Reich der Blitze zurückziehen müssen, und dann wäre etwas Unterstützung nicht verkehrt." "Ja, Mamoru-sama. Und wenn es keinen Ärger gibt?" "Dann werdet Ihr uns nach Osten weiterziehen spüren. Sind wir zwanzig Kilometer weit gekommen, werde ich euch ein Zeichen geben, das euch sagt, dass Ihr abziehen könnt." "Und wie wird dieses Zeichen aussehen?", fragte sie. "Oh, keine Sorge, Suirin-kun, du wirst es erkennen, wenn du es siehst." Ich grinste schief. "Ja, das befürchte ich auch", erwiderte sie lächelnd. "Also, uns bleibt nichts anderes übrig. Wir müssen weiter. Bleibt wachsam. Suirin-kun, ich bedanke mich im Namen meines Teams für eure Unterstützung. Richte der Mizukage meinen tiefempfundenen Dank aus. Ich bin jederzeit bereit, Mei-chan... Ich meine, Terumi-sama zur Seite zu stehen, sofern ich ihr überhaupt helfen kann." Ein kalter Schauder ging über meinen Rücken, als ich an ihr Lava-Jutsu dachte. Whoa. "Ich habe zu danken für die Gelegenheit, dich kennenlernen zu dürfen, Mamoru-sama. Die Gerüchte über den Ewigen Chunin Konohas sind nicht übertrieben." Ich reichte ihr und ihren Leuten einem nach dem anderen die Hand. "Ich hoffe, wir sehen uns wieder." "Das hoffe ich auch, Mamoru-sama." Es blieb ein letztes Nicken, und wir verschwanden per Step ins Ungewisse. Eventuell war alles ganz harmlos. Ja, klar. *** Die Situation war klar. Unser Empfangskomitee war nicht da. Entweder verspätet, verirrt... Oder tot. Stattdessen hatte Kishio eine vage Ortung von zehn, vielleicht zwölf Personen, die sich tarnten. Das konnte Schlimmes bedeuten. Im Interesse meiner Genin war ich nicht bereit, ein Risiko einzugehen. Nun, wir waren im Vorteil. Sie konnten unmöglich von Kishio und seinem Jutsu wissen; also konnten wir, bis sie sich in Bewegung setzten, den Kampfplatz und damit das Gelände selbst bestimmen. Aber noch war es nicht sicher, dass es zu einem Kampf kommen würde. Zuvorderst galt es, die Vorteile zu sichern, deshalb hatte ich meinen Affen befohlen, ihre Gestalten als kleine Affen anzunehmen und auf den Schultern der "Kleinen" mitzureiten. Ranma hockte nun Kuzomi auf der Schulter, Ryoga hatte es sich bei Mai bequem gemacht; Akane hockte auf Kiras Schulter, und Shinji trug nun P-chan. Kuzoko und Kishio hatten demnach keinen Affenkrieger erhalten, aber ihnen traute ich es durchaus zu, selbst eine gefahrvolle Situation zu überstehen. Warum die Vorsichtsmaßnahme? Als wir über die Oto-Nin gestolpert waren, hatten wir eine überschaubare Anzahl Gegner gehabt, die uns eher zufällig begegnet waren, und die keine Ahnung von unseren Fähigkeiten und unserem Jutsu hatten. Und meine Affenkrieger waren für sie eine absolute Überraschung gewesen. Diesmal aber, so es denn eine Falle war, hatten wir es mit einem Hinterhalt zu tun. Und ich zweifelte für diesen Fall nicht daran, dass der Gegner sich auf mich speziell eingestellt hatte und mit Affenkriegern rechnete. Das bewies alleine schon das Fehlen des Empfangskomitees. Dass es tatsächlich eine Falle war, stellte sich relativ schnell heraus. Unser Glück. "Mamoru-sama!", klang Suirins Stimme hinter uns auf. Ich ließ halten und sah mich um. Die vier Kiri-Nin kamen uns hinterher. "Suirin-kun! Ich denke, Ihr dürft das Reich der Blitze nicht betreten!", rief ich verblüfft. "Ja, schon, aber dann habe ich mir gedacht: Scheiß drauf. Es ist leichter, um Verzeihung zu bitten, als um Erlaubnis zu fragen", sagte sie grinsend. "Wow", sagte ich. "Wow, danke. Du bist mir eine große Unterstützung. Du und deine Leute. Aber wie lautet das Codewort?" Ihre Gesichtszüge erstarrten im Lächeln, das sie aufgesetzt hatte. "Verdammt!", fluchte sie und zog ein Kunai. Ihre Gefährten spritzten auseinander. Das heißt, sie versuchten es. Bevor sie jedoch reagieren konnten, hatte ich Suirin und einen weiteren Kiri-Nin mit Shuriken getroffen. Einen Augenblick später war ich selbst heran und bohrte der Anführerin ein Kunai in den Leib. Rechts neben mir fiel Ranma in Kampfgestalt über den zweiten Verletzten her und tötete ihn mit seinen mächtigen Klauen, von links kam Ryoga heran. Nun erwachten auch meine Genin aus der Starre. Kira zog seine Klinge, Shinji warf seine Kunais und Mai einen Schwung Senbons. Kishio war verschwunden; er tauchte Sekunden später hinter dem dritten Kiri-Nin auf, sein Schwert aus der Brust des Toten ziehend. Ich hielt die Sterbende in den Armen. Im Tode verblasste ihr Jutsu, und unter der Fassade kam ein Kumo-Nin zum Vorschein. "V... Verdammt", stammelte er, schaumiges Blut auf den Lippen. "Das Geheimnis ist...", flüsterte ich ihm zu, "dass ich mit Suirin-kun aus genau diesem Grund kein Codewort vereinbart habe. Sie hätte das gewusst. Eure Beobachtung war nachlässig." "Schlau...", gestand der Kumo-Nin mir zu. Dann starb er. Ich ließ seinen toten Leib zu Boden gleiten. Wer sich mit einem Konoha-Chunin anlegte, musste damit rechnen, dass er schneller starb, als es ihm lieb war. Akane hatte sich mittlerweile um den letzten, bereits von meinen Genin verletzten Kumo-Nin gekümmert. Damit stand es vier zu Null für Konoha. "Weiter!", kommandierte ich. "Es gibt ungefähr fünf Kilometer nördlich einen Hügel! Wenn wir den besetzen, sind wir im Vorteil! Kishio, Vorhut! Schau nach, ob der Hügel vermint wurde! Shinji, du begleitest ihn!" "Ja, Sensei!", riefen die beiden und huschten davon. P-chan, noch immer ein Äffchen, blieb bei Shinji. "Mai, rechte Flanke! Kira, linke Flanke! Kuzomi-chan, Nachhut! Kuzoko, du bleibst bei mir. Es kann sein, dass wir schon bald ein gutes Genjutsu brauchen!" "Verstanden!", riefen sie mir entgegen und nahmen den Abstand auf, den wir trainiert hatten. Sie blieben im Wald auf Sichtweite zu mir, der Vorhut und den anderen Gruppen. Während wir der Vorhut folgten, nickte mir Kuzoko anerkennend zu. Ich hatte nicht nur die Genin delegiert, sondern auch die Affen. Damit machte ich alle Bereiche unserer Einheit äußerst schlagkräftig. Zudem befanden sich alle noch im Bereich meiner vergrößerten sensorischen Sicht. Darüber hinaus deckte ich weitere zwanzig Meter rund um uns ab. Es war anzunehmen, dass unsere Gegner noch nicht wussten, dass sich mein Radius verdoppelt hatte; es war ebenso anzunehmen, dass sie nur dann nahe heran kommen würden, wenn sie angreifen wollten. Das gab mir ein paar Sekunden Vorwarnzeit, um meine Genin zu beschützen. Vor dem Hügel ließ ich halten. Es dauerte einen Augenblick, und Kishio kam per Step zu mir zurück. "Sensei! Der Hügel ist vermint, wie du es vermutet hast! Sicher hat man erwartet, dass Überlebende des Attentats bis hierhin fliehen und sich verschanzen würden! Wir brauchen einen anderen Rückzugsort!" "So, so, vermint also?" Ich grinste schief. Besonders einfallsreich waren unsere Gegner ja nicht. Und ich konnte auch schon ungefähr einordnen, zu welcher Fraktion meiner speziellen Freunde ich sie rechnen musste. "Kuzoko, du übernimmst das Kommando, bis Ihr zu mir aufgeholt habt. Ich räume den Hügel, und Ihr kommt nach. Bleibt wachsam. Ich brauche eine Minute oder zwei." Das Spinnenmädchen nickte. "Ja, Sensei." Sie wirkte angespannt, was angesichts der prekären Situation, einem baldigen Kampf auf Leben und Tod, auch kein Wunder war. "Kage Bunshin no Jutsu!" Mit drei Schattenklonen im Schlepp nutzte ich Step und kam direkt vor dem Hügel an. Meine Klone beeilten sich, um sich um den Hügel zu verteilen. Einer meiner Klone löste ein Sprengtag aus und wurde ausgelöscht. Darum entschied ich mich, den Ring weiter zu ziehen, weil die Verminung größer war, als ich angenommen hatte. Ich erschuf drei weitere Klone. Zeit! Das kostete alles Zeit! Als diese sich verteilt hatten, war es soweit. "Katon! DAI ENDAN!" Mamoru Morikubos Dai Endan mal sechs verteilte sich auf der bewaldeten Anhöhe und senkte sie in flammende Glut. Alles, was sich dort befand, stand für einen kurzen Moment in Flammen, bevor es zu Asche verging. Dutzende Explosionen erklangen. Unsere Gegner hatten mit Sprengtags nicht gespart. Als mein Dai Endan erloschen war, absorbierte ich die Überreste des Chakras vom Boden, was half, die Asche zu kühlen, die anstelle der Bäume nun den Hügel bedeckte. "Kommt!", rief ich meinen Schülern zu. Der Erste, der auf den Hügel huschte, war Kishio, um mit seinen Fähigkeiten die Umgebung zu überwachen. Kira und Shinji folgten ihm auf den Fuß. Shinji war am linken Oberarm verletzt, aber meine sensorischen Fähigkeiten verrieten mir, dass der Stich zwar tief war, aber nicht sehr stark blutete. P-chan kam ihnen hinterher, in ihrer Kampfgestalt, die Klauen blutig. Sie zischte mir zu, während sie mich passierte: "Dreiergruppe. Einer tot, einer verletzt, aber entkommen." Dann kamen Kuzomi und Mai. Kuzoko bildete den Abschluss. "Ich habe zwei Kumo-Nin unter ein Jutsu gesperrt", informierte sie mich hastig. "Aber ihre Leute werden sie bald daraus erwecken." "Ist gut", erwiderte ich, während ich ihr auf den Hügel folgte. Ihr Genjutsu brauchte also nicht viel Vorbereitung und war sehr, sehr effektiv. Oben auf dem Hügel löste ich drei meiner Schattenklone wieder auf, um Chakra zu sparen und teilte meine Genin und ihre Begleiter ein. Fünf Tote, mindestens ein Verletzter auf der Seite unserer Gegner, dazu minimal drei Sichtungen von weiteren Shinobi. Das machte schon mal neun Gegner. Irgendwie wusste ich, dass unsere Feinde es dabei nicht belassen hatten. *** Der Vorteil einer erhöhten Stellung lagen immer auf der Hand. Wenn der Feind einen erreichen wollte, musste er erst mal raufkommen. Wollte man selbst zum Feind, musste man nur runter, und das war wesentlich weniger anstrengend. Das hatten auch unsere unbekannten Gegner vorausgesehen und den Hügel, das wahrscheinlichste Ziel unserer Flucht, vermint. Schwer vermint. Nahm ich jedes einzelne Sprengtag als Gradmesser des Missfallens mir gegenüber, dann hassten mich meine Gegner bis ins Mark. Verstehen konnte ich sie ja, war ich es doch gewesen, der die Anti-Konoha-Fraktion Kumogakures fast im Alleingang auf Jahre geschwächt und blamiert hatte. Die vier Gruppen Kumo-Nin, die mit mir, Hana-chan und Karin das Examen abgenommen hatten, waren allesamt dieser Gruppe zuzurechnen gewesen. Hätte auch nur einer von ihnen das Examen bestanden und wäre Chunin geworden, hätte dies nur positiv für sie ausfallen können. Da aber Jardin Nabara, ihr letzter Genin, im Kampf gegen mich ohne wirkliche Gegenwehr aufgegeben hatte, war ihnen nicht einmal das geblieben. Sie hatten sich selbst lächerlich gemacht. Lächerlich genug, um dem Raikage und seiner Politik gehörig den Rücken zu stärken. Aber das ist mir erst Jahre später so richtig bewusst geworden. So standen wir also auf dem Hügel, einer Erdaufwerfung von gut achtzehn Metern Höhe, dessen Krone ungefähr achtzig Quadratmeter ausmachte. Nach Westen hin, der Richtung, aus der wir gekommen waren, fiel er im sanften Gefälle ab. Nach Norden und Süden war er recht steil, und nach Osten fiel er wieder sanft ins Gelände. Unsere Hauptverteidigungsrichtungen waren also Ost und West. Ich hatte Kuzoko im Norden positioniert und Kishio im Süden. Mai und Shinji hatten den Osten bekommen, P-chan und Ryoga, sowie zwei meiner Schattenklone. P-chan hatte Shinjis Wunde provisorisch behandelt. Er war fit genug für einen Kampf. Ich selbst stand mit dem letzten Schattenklon bei Kira, Kuzomi, Akane und Ranma im Westen, jener Richtung, aus der wir am ehesten einen Angriff erwarten mussten. Die Zeit für Spielchen war vorbei, alle vier Affen hatten ihre Kampfgestalten angenommen. Das hätte normalerweise gereicht, um einen durchschnittlichen Gegner abzuschrecken, vor allem nach den ersten erheblichen Verlusten, die sie erlitten hatten. Aber nicht den fanatisierten Haufen Kumo-Nin, die ich als unsere Gegner vermutete. Alles in allem hatten wir eine überschaubare Position mit allen Vorteilen auf unserer Seite, und der Gegner musste zu uns kommen. Wir konnten hier ausharren, bis sich unser Gegner entweder abgearbeitet hatte, oder aber die Kumo-Delegation uns fand. Oder deren Rächer. Natürlich hätten wir auch zum Gegenangriff übergehen können. Aber einerseits hatte ich Genin dabei. Niemand konnte sagen, ob unser Kampf wieder so glimpflich ausgehen würde wie gegen die eher schwachen Oto-Nin. Und andererseits konnte ich sie auch nicht allein lassen, um mit den Affenkriegern gegen den Gegner loszuschlagen. Ganz davon abgesehen, dass sie mir das sicher auch nicht verziehen hätten. Immerhin, sie waren Shinobi Konohas. Dennoch, ich sah uns auf der sicheren Seite. Zumindest, bis ich das Grollen im Boden vernahm, das mir sehr verdeutlichte, dass ich meinen Gegner doch unterschätzt hatte. Der Boden brach rings um mich auf, gab ein mächtiges Maul frei, das mich umschloss, und sperrte mich in Dunkelheit. "Sensei!" "Mamoru!" Ich hörte ihre Rufe, aber für den Moment war ich zu verdutzt, um überhaupt zu reagieren. Der Angriff dieses... Dieses Riesenwurms? Er war zu überraschend gekommen. Ich hatte nicht mal Zeit gehabt, fortzuspringen. Und er hatte eindeutig mich zum Ziel. Dann waren die Stimmen fort. *** Ich bemerkte den Ortswechsel erst, als sich das Maul wieder öffnete und ich mit einer großen Menge Erde und Gestein ausgespien wurde. Benommen blieb ich eine Sekunde liegen. Eigentlich hatte ich ja eher damit gerechnet, hinten raus zu kommen, oder mir meinen eigenen Pfad zu machen, quer durch das Fleisch des Wurms. "Ist er das?", hörte ich eine betagt klingende Stimme sagen. "Deine Beschreibung seines Geruchs war recht gut. Ich hoffe, es ist der Richtige." "Ja, Baa-chan, das ist der Richtige. Ich danke dir vielmals. Die Opfer stehen wie immer am vereinbarten Ort bereit. Ich habe das gesamte Altpapier Kumogakures dieses Monats aufgekauft." "Oh. Das ist aber eine Menge. Habe vielen Dank dafür, Nabara-kun." "Gern geschehen, Baa-chan. Du kannst dich jetzt dem Papier widmen. Für alles Weitere reichen mir Hyousuke und Kyousuke." Ich hustete, ächzte und würgte. Ja, das war die Stimme von Jardin Nabara. Ich öffnete die Augen. Vor mir breitete sich eine weite Ebene aus, die aus, nun, Erde bestand. Oder mit anderen Worten: Aus der Scheiße von Regenwürmern. Große Wälder erstreckten sich um mich herum. Nein, das war falsch. Nicht Wälder, sondern Gärten, in denen gepflegte Bäume standen. Zwischen ihnen bewegten sich die Würmer; große, kleine, junge, alte. Ich begriff. Der Wurm hatte mich verschlungen und dann seine Beschwörung aufgehoben, um mich in seine Heimat zu bringen, das Wurmreich, deren wichtigster Exportartikel gut gedüngte Blumenerde war. Ihr Hauptimportartikel war Papier. Altpapier vornehmlich, weil es leichter zu beschaffen war. Würmer standen total auf Papier. Es war mir aber neu, dass die Würmer eine großartige Rolle bei den Shinobi spielten, oder sich sogar für den Kampf einspannen ließen. Ich sah zu Jardin Nabara herüber. Er sah mir abschätzend entgegen. Hinter ihm, in einiger Entfernung unter einem Baum, lagen zwei weitere Würmer von dreifacher Manneslänge. "So sieht man sich wieder, Morikubo", sagte der Kumo-Nin selbstgefällig. "Habe ich es mir doch gedacht. Natürlich bist du dort zu finden, wo es voraussichtlich am Gefährlichsten werden wird." "Ja, du hast mich erwischt", sagte ich anerkennend, während ich mich erhob. Gut, keine Schmerzen. Der Transport per Wurmexpress hatte mich weder verletzt, noch negative Auswirkungen gehabt. Ein schneller Rundblick offenbarte mir, das wir die einzigen Menschen auf der riesigen Ebene waren. "Nur wir beide?" "Nur wir beide", bestätigte Nabara nickend. Ich betrachtete ihn genauer. Er war größer geworden, genau wie ich. Etwas breiter in den Schultern. Er hatte aber definitiv mehr Muskeln als ich zugelegt. Und er war die Ruhe selbst. Ich hätte erwartet, dass er vor Eifer triefen würde, kaum das er die Chance bekommen hatte, mich zu töten. "Mir war von vorneherein klar, dass du weder auf die Tarnung als Kiri-Nin hereinfallen würdest, noch auf den verminten erstbesten Hügel. Meine Unterführer glaubten sich ja so schlau und rechneten hier schon damit, dass sie die Hälfte deiner Leute abgeschlachtet hätten, vornehmlich die Affenkrieger, um sich bei den Genin genüsslich Zeit lassen zu können. Vornehmlich, während sie dich zusehen lassen würden... Hat nicht geklappt, wie mir scheint." "Nicht so ganz", erwiderte ich. "Sind ja tolle Zeitgenossen, die du dir da ausgesucht hast." "Steck mich mit ihnen nicht in einen Topf!", blaffte er. "Ich habe sie von vorne herein als Ablenkung ausgewählt, Mamoru Morikubo. Unsere Sache darf nicht geschwächt werden, so oder so nicht. Und da sie ihre recht eigenwilligen Ideen hatten, wie sie ausgerechnet dem Ewigen Chunin beikommen wollten, habe ich ihnen ihren Willen gelassen." "Aha. Und, wie geht es weiter? Ich nehme nicht an, dass du mich ohne einen Kampf zurückschicken wirst?" Abgesehen davon hatte ich keine Lust, wieder im Wurm zu reisen. "Das siehst du vollkommen richtig." Er stutzte. "Vielleicht sollte ich etwas weiter ausholen, Morikubo. Du weißt, unsere Gruppe hatte eigentlich Macht und Einfluss beim Kage stärken wollen, indem wir unsere vier teilnehmenden Gruppen schlussendlich als einzige Teilnehmer des Finales durchbringen wollten. Zwölf Kumo-Nin, die alle aus diesem oder jenem Grund einen Krieg mit Konoha wünschten. Hauptsächlich, weil sie aus Familien stammten, die Verluste im letzten großen Krieg gegen Konoha erlitten hatten. Von ihnen erreichten wegen dir nur drei das dritte Examen, und nur ich das Finale. Und das habe ich verloren, weil du... Nun, ich sage es nicht gerne, aber du warst der Bessere." "Und du bist gerade der Meinung, dass sich das geändert hat?", fragte ich. "Ja." "Okay", sagte ich, mich dabei durchstreckend. "Du willst einen Kampf. Nur wir zwei. Das ist lobenswert. Und was dann?" "Ich werde davon absehen, dich zu töten. Falls ich es schaffe, Morikubo. Du bist auf Einladung des Raikages hier, und ich würde unserer Gruppe einen schlechten Dienst erweisen, würde ich dich töten." "Wie überaus höflich", spottete ich. "Es wird andere Orte und andere Gelegenheiten geben. Aber im Moment bist du sogar wertvoll für Kumogakure. Man munkelt, wir haben ein Versteck Orochimarus ausgehoben, und es gäbe dabei etliche Fragen, von denen du einige beantworten sollst." Ich nickte. "So etwas habe ich mir schon gedacht." Nabara schnaubte. Es klang amüsiert. "Ein guter Grund, dich nicht zu töten. Aber das ist kein Grund, um, ah, eine Wiederholung des Examenskampfs nicht von dir zu fordern." "Ach, darum geht es dir? Gut. Aber ich habe eine Forderung. Sollte ich dich besiegen, will ich zurückgeschafft werden. So schnell wie möglich." "Einverstanden. Hyousuke und Kyousuke stehen bereit, um uns zurückzubringen, ob tot oder lebendig. Man kann auf ihnen reiten. Du musst dich nicht wieder verschlucken lassen wie von der ehrwürdigen alten Matriarchin der Würmer." "Du stehst ja hoch im Kurs, wenn du den mächtigsten Wurm für deine Zwecke gewinnen konntest." "Es geht so. Die Würmer sind keine Krieger, deshalb konnte ich nur einen besonders großen Wurm schicken. Baa-chan hat sich relativ schnell bereit erklärt, weil sie dich mal "schmecken" wollte. Sieh ihr ihr Tun nicht nach. Im Grunde sind die Würmer harmlos." "Ich verstehe." Langsam zog ich mein Schwert hervor. "Ich kann leider nicht mit voller Kraft kämpfen, weil ich drei Schattenklone und vier Affenbeschwörungen aufrecht erhalten muss, aber ich hoffe, ich enttäusche dich nicht." "Ach, komm. Für eine zusätzliche Beschwörung wirst du schon Saft haben. Ich jedenfalls werde mit allem kämpfen, was ich habe." Okay, das war der Moment, vor dem ich mich gefürchtet hatte. Der Augenblick der Wahrheit. Würde ich es schaffen, fünf Beschwörungen aufrecht zu erhalten? Und für wie lange gelang mir dies? Was, wenn mein Chakra ausging und P-chan und die anderen mitten im Kampf wieder auf den Affenberg geschickt wurden? Andererseits, je länger ich hierblieb, desto länger fehlte ich bei meinen Genin. Und für den Notfall hatte ich immer noch eine Soldatenpille der Affen. "Kuchiose no Jutsu!" "Enko O Enma ist gekommen!" Der Nebel zerteilte sich und offenbarte den König der Affen. Er grinste mir über die Schulter zu. "Wie erwartet bist du in Schwierigkeiten, Mamoru-tono." Ich starrte den Affen verblüfft an. In mir war noch genügend Dampf gewesen, um den König zu beschwören? "In erheblichen, Enma-O", gestand ich. "Oh nein, darauf falle ich kein zweites Mal rein!", rief Jardin ärgerlich. "Sag deinem Affenmädchen, sie kann sich diesmal gleich zurückverwandeln!" "Äh, nein, diesmal ist es der echte Enma", sagte ich. "Das kann nicht sein! Es ist haargenau das gleiche Chakra wie damals bei unserem Kampf in Kumos Arena!", rief er ärgerlich. "Ah, Nabara-tono. So sieht man sich wieder", sagte der König. "Vielleicht bist du ja diesmal bereit, mir einen Kampf zu liefern!" "Morikubo! Wenn du mich nicht ernst nimmst, lasse ich dich auf dieser Ebene zurück!", rief er scharf. "Aber es ist Enma-O!", begehrte ich auf. "Ich habe P-chan schon vor Tagen beschworen, und seither begleitet sie mich durch die... Aber das... Das heißt dann ja..." "Hä?", rief Nabara. "Das heißt, all die Jahre habe ich... Aber... Wieso?" Der Affe lachte schallend, bevor er sich mit Hilfe des Gestaltwandlers-Jutsu in die damals noch nicht ausgewachsene P-chan verwandelte. Die derart verwandelte Person zog das rechte Augenlid herab und streckte mir die Zunge raus. "Auch ein Affenkönig ist mal für einen Scherz gut, Mamoru-tono." Ich spürte, wie mir die Sinne zu schwinden drohten. Ich hatte damals also wirklich und tatsächlich den König beschworen... Und ich konnte mir erklären, warum er sich als P-chan ausgegeben hatte. Um mein damals recht labiles Ego zu schonen. Verdammt. "Und all die Jahre dachte ich, ich hätte mir dieses furchterregende Chakra nur eingebildet...", sagte Nabara, halb lachend, halb tobend. "Enma-sama, das war nicht nett!" "Es war genauso nett wie dein Angriff auf mich, als du mich für ein kleines Mädchen gehalten hast", erwiderte der König streng. Er verwandelte sich in seine eigentliche Form zurück. Ich musste zugeben, da hatte er einen Treffer gelandet. "Ja. Ich verstehe." Die Hände des Kumo-Nin ballten sich zu Fäusten. Er sah auf, und in seinen Augen funkelte Vorfreude. "Dann werden wir also beide mit voller Kraft kämpfen können. Sehr gut. KUCHIOSE NO JUTSU!" "Du hast mich gerufen?", fragte eine tiefe, grollende Stimme. Aus dem Nebel des Jutsus schälte sich eine gigantische Gestalt. Sie war über und über mit einem braunen Pelz bedeckt und trug einen Waffengürtel und eine blaue Weste, auf der vorne links unüberschaubar Kumogakure aufgestickt war. Es war ein riesiger, aufrecht gehender Bär. Nicht so riesig wie die Kodiaks im Nordwesten des Landes der Reißzähne, aber die hatten eher selten gesprochen. Und die hatten auch keine Schwerter und keine Kurisagama, die Wurfsichel mit der langen Kette, dabei. "Ja, Matunus-sama. Ich stelle mich dem Feind, von dem ich dir berichtet habe." Der Bär sah über die Schulter zurück. "Hast du dich zuerst deinem größten Feind gestellt?" Der Ninja verbeugte sich tief vor dem grimmigen Bären. "Ja, Matunus-sama. Ich habe mich mir selbst gestellt. Ich will diesen Kampf nicht, um mein Ego zu befriedigen, sondern um festzustellen, wo ich als Ninja stehe." "Dann ist es gut. Dies sind unsere Gegner? Der König der Affen und der Ewige Chunin Konohas?" Ich fühlte mich vom Bären gemustert, beinahe bis auf die Knochen durchschaut. "Wie weit ist dieser Spitzname denn noch verbreitet?", brummte ich. "Oh, bist du nicht der Chunin, der auf dem Rang eines Jounin kämpft, aber vom Rat Konohas mit einem Beförderungsverbot... Was ist denn, Enma-tono? Warum winkst du so?" "Zu spät", murmelte der Affe deprimiert. "Oh, kein Sorge, Enma-O-sama", sagte ich leichthin. "Ich habe das schon selbst herausgefunden, und ich habe mich dem Problem gestellt. Ich kann jetzt damit leben." Der Affe sah mich entgeistert an. "Wer sind Sie, und was haben Sie mit Mamoru-tono gemacht?" "Hä? Ist es so unwahrscheinlich, dass ich akzeptieren kann, dass ich sehr viel besser bin, als ich all die Jahre gedacht habe?", erwiderte ich. "WER sind Sie?", fragte Enma-sama erneut. Das brachte mich zum Lachen. "Oh, ich muss mich furchtbar angestellt haben. Wie habt Ihr das nur ausgehalten?" "Weil wir alle dich lieben, Mamoru-tono", erwiderte der Affenkönig mit einem einer seltenen Lächeln auf den Lippen. "Genug geredet", sagte Nabara. "Lasst uns anfangen. Hier will nämlich jemand schnellstmöglich wieder zurück. Nicht, Morikubo?" "Dann schlage ich vor, dass wir beide uns raushalten und euch nur zuschauen. Die Macht eurer Kontraktpartner und Beschwörungen habt Ihr einander bewiesen. Enma-tono ist war stärker als ich, aber in einem Kampf spielen viele Dinge eine Rolle. Da Ihr eure Stärke messen wollt, aber nicht unsere, ist unser Kampf nicht erforderlich. Auf der anderen Seite aber werden wir euch fortan besser einschätzen können", sagte der Bär. Enma-sama nickte. "Ich stimme zu, Matunus-tono." "Gut", sagte Nabara. "Gehen wir hier herüber. Ich habe absichtlich einen Bereich ausgesucht, in dem dein Feuer nicht allzu viel Schaden verursachen wird, Morikubo. Du kannst dich also auslassen, so viel du willst. Im Gegenzug werde ich das auch tun." Er zog seine Waffe, ein Schwert. Kurz darauf war es von zuckenden Blitzen bedeckt. Er war Raiton-Nutzer. "Noch eine Bedingung für den Fall, dass ich gewinne", sagte ich. "Einer meiner Schüler ist Raiton-Nutzer. Ich kann ihm nichts beibringen, und..." "Du willst, das ich ihm Raiton lehre? Du spinnst, Morikubo! Ich bin dein Feind!", blaffte er. "Aber du hast genug Ehre im Leib, um am Angriff auf meine Genin nicht teilzunehmen. Und mir ist es egal, wie sehr der Lehrer meines Genins mich hasst, solange der Junge etwas lernt." "Gut." Nabara lachte. "Dann auch von mir eine Bedingung, falls ich gewinne. Einmal in deinem Leben will ich deine Unterstützung. Du wirst sie mir geben, ohne nachzufragen oder dich zu weigern." "Einmal?" "Einmal, Morikubo." "Gut. Ich nehme an." Ich richtete meine Klinge auf ihn. "Komm, Nabara-tono." Mit wild funkelnden Augen griff er mich an. Ich parierte. Dabei raste ein Teil seines Raitons über mein Schwert in meinen Körper. Schmerzen erfüllten meinen Arm, aber das hielt ich aus. Das war nicht mehr gewesen als ein Willkommensgruß. Als Antwort spie ich ein Endan aus, dem Nabara aber auswich. Er sprang zur Seite und wich dem ihm folgenden Flammenatem aus, bis ich aufhörte. "Beeindruckend, dein Feuer." "Danke, das du mir nicht den Arm betäubt hast." "Ich war mir nicht sicher, ob du anfällig für Raiton bist, deshalb habe ich eine Variante gewählt, die wenig Zeit kostet und mir meine Bewegungsfreiheit lässt." "Sie tasten einander ab", kommentierte der Bär grimmig grinsend. Enma-sama nickte dazu. Diesmal eröffnete ich, warf eine Spur Shuriken auf den Kumo-Nin. Er wich aus, und bevor ich mich versah, formte er Fingerzeichen. Es brauchte nicht das Grollen über mir, um mir klarzumachen, dass sich da im wahrsten Sinne des Wortes etwas zusammenbraute. "Raiton: Kumo no hyakuman no Kaminari!" Aus der Wolke, die sich über mir zusammengebraut hatte, zuckten nicht ganz zehntausend Blitze, wie der Name des Jutsu vermuten ließ, aber es waren mehr als genügend, um mich durch die Gegend zu scheuchen. Es hieß, Kakashi hätte mal einen Blitz mit seinem Chidori gespaltet, und das war eine schwierige Sache bei etwas, das lichtschnell war. Diese Fähigkeit hätte ich gerade gut gebrauchen können. Natürlich nutzte Nabara aus, dass ich meine Aufmerksamkeit aufteilen musste und griff an. Aber mein Endan hielt ihn auf Distanz. Schwer atmend blieb ich stehen, meinen Gegner musternd. Nahkampf bedeutete, dass er mich unter Strom setzte. Und das vermutlich nicht mit der kleinlichen Dosis von vorhin. Davon konnte ich ihn allerdings abhalten, indem ich in mit meinem Feuer auf Distanz hielt. Uns stand ein Ermüdungskampf bevor, bei dem derjenige gewann, der am meisten Chakra hatte. Und genau das war eine Sache, die ich nicht hatte: Zeit. Sein Raiton war zwar Wind-Jutsu gegenüber anfällig, aber ich war weit davon entfernt, mein Fuuton wenigstens auf Chunin-Level zu beherrschen. Es half alles nichts, ich musste aufs Ganze gehen."Augenblick", bat ich, stieß mein Schwert neben mir in die Erde und entkleidete mich. Nabara beäugte mich misstrauisch. "Was hast du jetzt denn vor? Nur, damit du es weißt, mich kannst du nicht betören. Ich stehe mehr auf hübsche blonde Mädchen, weißt du?" "Wer will dich denn betören?", erwiderte ich ärgerlich. Das letzte Kleidungsstück fiel, die Unterhose. Zum Glück hatte ich das nicht mit den Mädchen trainiert. Das hätte eventuell den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt. "Ich packe nur mein stärkstes defensives Jutsu aus. Greif mich an mit allem was du hast." "Du willst es also zu Ende bringen? Gut." Ich produzierte Öl und spie es über mir in die Luft. Es landete wieder auf mir, lief meinen Körper hinab. Dann entzündete ich es. Mein ganzer Körper war nun mit Flammen bedeckt. Das hielt ich genau eine Minute durch, bevor der Hitzestau mich ohnmächtig werden ließ. "Okay", sagte Nabara grimmig. Sein ganzer Körper wurde von handspannenbreiten Blitzen überzogen, ein intensives Knäuel sammelte sich an seinem Schwert. Überschlagblitze huschten zwischen Boden und Schwert hin und her. "Greif an!", forderte ich. Nabara attackierte mich, mit seiner geballten Kraft als Raiton-Nutzer, mit seinem Schwert. Ich spürte, wie die Spitze, als sie mich berührte, sofort zu schmelzen begann. Das Nächste, was ich spürte, war sein Raiton. Es geriet in Konflikt mit meinen Flammen. Dann gab es eine Detonation. Danach war... Schwärze. Ich erwachte aus der traumlosen Ohnmacht, Enmas Gesicht über mir. "Du bist in Ordnung, Mamoru-tono", sagte er zu mir. "Ich habe die überschüssige Hitze aufgenommen und abgeleitet." "Danke", ächzte ich und erhob mich. "Nabara?" "Lebt auch noch, obwohl das bei der Detonation für euch beide zweifelhaft erschien." Zustimmendes Gelächter vom Bären erklang. "Du solltest dir zuerst deine Sachen wieder anziehen", sagte Nabara, der schon wieder stand. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Sein Blick ging zu seinem Schwert, das bis auf einen deformierten Rest vorne am Griff abgeschmolzen war. "Ich habe verloren", sagte er ärgerlich. "Morikubo-tono hat deine Waffe vernichtet", sagte Matunus-sama. "Aber du hast als Erster das Bewusstsein wiedererlangt. Ich würde sagen, unentschieden." Sein Blick traf mich. Er war eine einzige Frage. Zögerlich nickte ich. "Also gut. Unentschieden. Das bedeutet wohl, ich habe weiterhin intensiv an mir zu arbeiten." "Und ich an mir", erwiderte ich. Raiton war nicht die typische Schwäche für Katon-Nutzer wie mich; das war das Wasser-Jutsu. Aber es hatte sich für mein Taijutsu als gefährlich herausgestellt. Als sehr gefährlich. Also musste ich meinen Nahkampf überdenken, zumindest wenn ich gegen einen Raiton-Nutzer kämpfte. "Schade. Ich hätte es gerne gesehen, wenn du in meiner Schuld stehst", erwiderte er. "Das wäre die Krönung eines langen Trainings gewesen, das ich mir nur auferlegt habe, um dich eines Tages besiegen zu können. Tatsächlich... Wäre es etwas schade, wenn mein Ansporn nicht mehr da wäre." Wir wechselten einen amüsierten Blick. "Und ich finde es schade, das ich die Gelegenheit verpasst habe, meinem Kira etwas über Raiton beibringen zu lassen. Das Jutsu der Zehntausend Blitze-Wolke ist interessant." In seinem Gesicht arbeitete es. "Ich habe mein Bewusstsein vor dir erlangt, deshalb beanspruche ich meinen Preis trotzdem." Er hob eine Hand, um meinen vorhersehbaren Protest abzuwehren. "Im Gegenzug werde ich deinen Genin unterrichten, solange er in Kumogakure ist." "Du forderst viel", erwiderte ich. "Aber du bist vor mir erwacht. Also gut, einverstanden." Nabara grinste. "Es ist schön, zu sehen, dass du bereit bist, für deine Genin viel einzusetzen." "Das Leben ändert sich eben, wenn man Kinder hat", scherzte ich. "Ja, das stimmt." Erneut sah er mich an. "Aber glaube ja nicht, dass sich zwischen uns etwas ändert. Eines Tages werde ich dich erneut herausfordern und diesmal besiegen. Sollten wir bis dahin auf verschiedenen Seiten eines Schlachtfelds sein, erwarte kein Verständnis und keine Gnade von mir." "Meine Worte", sagte ich, während ich mir das Hemd aus Spinnenseide überstreifte. "Ihr habt beide schon einen weiten Weg hinter euch", sagte Matunus-sama, "und ein noch längerer Weg liegt vor euch. Ein wenig Rivalität ist nie verkehrt. Bedenke, Mamoru Morikubo-tono, wie weit Jardin gekommen ist, nur weil er zu dir aufholen wollte." Ich nickte. "Ja, das erkenne ich an." Der Kumo-Nin schwieg mit fest aufeinander gepressten Lippen. Harsch wandte er sich ab. "Komm, Morikubo. Die Würmer bringen uns zurück." Ich klaubte mein Schwert auf und folgte ihm. Er hatte es etwas zu eilig, fand ich. "Enma-O-sama, ich sende dich zurück." "Danke. Es hat sich gelohnt, zu kommen. Dein Jutsu ist sehr interessant, und ich erwarte, eines Tages die finale Form zu sehen. Allerdings noch nicht bei unserem Festmahl in anderthalb Wochen." "Vielleicht ist es dann aber schon ausgereifter", sagte ich. "Und danke, Enma-O-sama." Er nickte mir huldvoll zu. Daraufhin löste ich die Beschwörung auf und sandte ihn wieder auf den Affenberg zurück. "Ich bin kein so großer Wortklauber wie Morikubo, Matunus-sama, aber ich weiß deine Unterstützung wirklich zu schätzen." Der große Bär winkte bei Nabaras Worten großzügig ab. "Es ist mir Lohn genug, dass du so gut geworden bist und die Philosophie der Bärenkrieger angenommen hast. Das, und der Honig, zugegeben." Irrte ich mich, oder zerdrückte der Kumo-Nin gerade eine Träne der Rührung unter dem rechten Augenlid, bevor er den Bärenkrieger zurücksandte? "Komm jetzt", sagte er in einem barschen Ton. "Hyosuke bringt dich zu deinen Leuten. Kyosuke bringt mich zu meinem Ausgangspunkt. Und - ich war nie hier und habe nie mit dir gekämpft." Ich nickte zustimmend. Immerhin wollte ich von ihm, dass er meinen Schüler trainierte. Gemeinsam kletterten wir auf die Würmer, wechselten einen letzten Blick, und schossen in unterschiedliche Richtungen davon. Tatsächlich führte dieser Weg durch die Erde. Als ich mich auf dem Hügel wiederfand, offenbarte sich mir ein Schlachtfeld, wie ich es erwartet hatte. "Sensei!", rief Shinji enthusiastisch. "Es geht dir gut!" "Euch anscheinend nicht so sehr", erwiderte ich und betrachtete die Misere. Mai hatte es erwischt. Sie trug den rechten Arm in einer Schlinge, die ihr P-chan angelegt hatte. Kuzoko hatte einen tiefen Cut unter dem linken Auge, und es war zugeschwollen. Kuzomi schien unverletzt, aber sie kümmerte sich hingebungsvoll um Kira, der ein Kunai im rechten Bein hatte. Augenscheinlich steckte die Spitze im Oberschenkelknochen, und um eine Fettembolie zu vermeiden, hatten die Affen die Klinge nicht entfernt. Damit hatten alle drei Genin und Kuzoko etwas abbekommen. Das lastete schwer auf meiner Seele. Von meinen Bunshin existierte nur noch einer. Das verriet mir genug darüber, wie schwer die Kämpfe gewesen waren, obwohl wir den Stellungsvorteil gehabt hatten. Kishio schien unverletzt, aber von ihm spürte ich unterschwellige Schmerzen. Ein totes Rhinozeros, das in seiner Nähe lag, sprach Bände, woher die Schmerzen kamen. "Wir haben Akane auf den Berg zurückgeschickt. Sie wurde schwer verletzt", sagte Ryoga. "Ranma hat darauf bestanden, sie zu begleiten. Jetzt sind nur noch P-chan und ich hier. Wir sind nahezu unverletzt." "Welcher Art ist ihre Verletzung?", fragte ich nach. "Nichts, womit ein Affe nicht fertig wird", erwiderte P-chan grinsend. "Aber schwer genug, um ihr Ranma-niichans Fürsorge einzubringen." Sie feixte mir zu und ich verstand. Nun, warum sollte Liebe nicht ein wenig blühen dürfen, selbst nach einer Schlacht? "Kuzoko?" Sie kam zu mir. "Mamoru-sensei?" "Ich nehme an, nachdem ich verschlungen wurde, hast du das Kommando übernommen." "Ja, Sensei. Ich habe die Abwehr organisiert, mit Hilfe deiner Schattenklone. Sie haben nicht dagegen gesprochen, als ich übernommen habe." Natürlich nicht. Weil sie ebenso wie ich hatten wissen wollten, wie sie sich geschlagen hat. Das nächste Mal würde ich Kishio das Kommando geben, danach einem der Genin. Und so weiter. Ich löste den letzten Kage Bunshin auf. Die Informationen flossen nun aus erster Hand in meinen Geist, zusammen mit dem Wissen der beiden zerstörten Klone, das sich im letzten Klon manifestiert hatte, was genug darüber aussagte, wie weit das Reich der Würmer vom Reich der Blitze entfernt war. Nun sah ich klar. Also waren es insgesamt zwanzig Angreifer gewesen, und von denen hatten nur zwei überlebt. Einer war geflohen, der andere lag, mittlerweile versorgt, am Fuß des Hügels, nicht transportfähig. Zumindest nicht für etwas anderes als ein ausgebildetes Medi-Nin-Team. Sie waren mit Tierbeschwörungen und mit Kage Bunshin über meine Leute hergefallen; das Rhino hatte Kishio regelrecht auf die Hörner genommen, bevor er es getötet hatte. Shinji hatte sich durchgesetzt und einen Feind mit Wind-Jutsu zerteilt. Kira war verwundet worden, als er Kuzomi beschützt hatte, die wehrlos gewesen war, weil ihr Genjutsu einen Feind gefangen gehalten hatte. Und Mai hatte wütend gekämpft und sich in den Nahkampf gestürzt. Ein Gegner hatte ihr schließlich den Arm gebrochen, aber sie hatte ihm einen Senbon in die rechte Schläfe gestoßen und ihn getötet. Sie machte ihrem selbsternannten Titel als große Schwester Ehre. Über die Taten der Affen musste ich nicht viele Worte verlieren. Wie immer hatten sie gekämpft und gesiegt. Wenn Akane dabei verletzt worden war, sagte das genug über die Härte der Kämpfe aus. Ich schämte mich dafür, dass ich nicht bei ihnen gewesen war. Ich würde ihnen später erklären müssen, was ich getan hatte, während sie um Leben und Tod gerungen hatten. Verdammt. Ich spürte, wie Kishios Stresskurve stieg. "Da ist noch...!" Er sprang mit gezücktem Schwert vom Hügel, ließ die Klinge niederfahren. Sein Gegner handelte geistesgegenwärtig und fing die Waffe zwischen beiden Handflächen auf. Kishio knurrte wütend und versuchte die Waffe seinem Gegner in die Brust zu rammen. Selbst als die Kunoichi, die plötzlich auftauchte, drohte, ihm mit ihrem Kunai die Kehle durchzuschneiden, hielt er nicht inne. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um alle Klingen aufzuhalten. Das schloss die Klinge der zweiten Kunoichi ein. "STOPP!", rief ich. "Kishio, nimm die Waffe zurück. Dies ist Omoi, mein guter Freund." Ich sah die Frau an, die dem Jungen ihr Kunai an die Kehle presste. "Und das ist meine gute Freundin Kamui-chan, die hoffentlich aufhört zu versuchen, meinen Genin zu töten." Die große, rothaarige Frau raunte erschrocken auf und zog die Waffe zurück. Samui, die das Kunai geworfen hatte, das ich in letzter Sekunde aufgefangen hatte, kam per Step zu uns. "Und dies ist ihre Anführerin, und auch meine besondere Freundin. Samui-chan. Sie ist Chunin in Kumogakure." "Jounin. Das kommt davon, dass du nie zu Besuch kommst, Mamo-chan", tadelte sie mich. "Warum wart Ihr nicht am vereinbarten Treffpunkt?" Omoi grinste. "Ich wusste doch gleich, dass das Feuer von Mamoru war. Äh, Kishio-kun, könntest du vielleicht..." Der junge Moeru schien wie aus einem Traum zu erwachen. "Was? Ach so, ja." Er nahm den Druck von der Klinge, wartete, bis der große Ninja sie freigegeben hatte und steckte sie wieder fort. "Was war hier los, Mamo-chan?", fragte Karui. Ihr Blick fiel auf einen Toten, der das Stirnband Kumos trug. "Und das würde ich gerne sehr genau wissen." "Folgt mir zu meinen Genin. Ich erkläre euch alles, wenn wir uns auf den Weg nach Kumogakure machen." Ich wandte mich um, um per Step auf den Hügel zu gehen. "Moment!" Omois Hand legte sich auf meine Schulter und stoppte mich. Bevor ich mich versah, steckte ich in seiner brüderlichen Umarmung. "Erstmal willkommen im Reich der Blitze, kleiner Bruder. Gut, dass du so ein großes Feuerwerk veranstaltet hast, damit wir dich finden konnten." Ich lachte auf. "Ich habe mir Mühe gegeben, großer Bruder." Ich war da, im Reich der Blitze. Nach so langer Zeit. Und es gab Menschen, die mich hier willkommen hießen. Ein schönes Gefühl. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)