Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 10: Heimkehr -------------------- Die Trauer über den Abschied schmerzte, aber die Freude, wieder heim zu kommen, überwog sie allmählich. Die mehrtägige Reise durch das Land des Feuers war belebend, wir durchquerten Gebiete, die wir durch frühere Missionen wie unsere eigenen Rucksäcke kannten. Apropos Rucksäcke; mittlerweile war meine Last zwar leichter geworden, weil die Kumo-Nin und meine eigene Gruppe mir eifrig dabei geholfen hatte, die verderblichen Geschenke der Bürger Kumogakures rechtzeitig zu verwerten - Spötter konnten auch sagen, sie hätten mir die Leckereien weggefuttert - aber auch jetzt noch, mit deutlich reduzierter Last, erschuf ich ab und an einen Schattenklon, um den zweiten Rucksack zu tragen, wenn er mir zu schwer wurde. Das ging natürlich doppelt auf mein Chakra, und endete meistens damit, dass sich Asuma erbarmte und den Rucksack einen Teil des Weges trug. "Junge, dafür schuldest du mir ein Essen", war seine Standard-Antwort. Und wenn ich diese Aussagen addierte, dann würde ich ihn wohl die komplette nächste Woche aushalten müssen. Hayate-sensei wollte keiner von uns diese Last zumuten. Das Ding war schwer, gefüllt mit Krimskrams, Andenken, neuen Ninja-Waffen und weiterem schweren Unsinn, aber an den Stücken hing mein Herz, wie es nun auch an Kumogakure hing. Ich konnte und wollte es nicht einfach zurück lassen. Ich wollte aber auch nicht Sensei unter der Last ächzen sehen. Er hatte es doch schon so schwer mit seinem chronischen Husten. Und dann war da auch noch Ranko-sama, die noch immer auf meiner Schulter mitritt, oder je nachdem wer die meisten Orangen hatte, auf den Schultern meiner Begleiter. Wenn sie vor hatte, bis nach Kohona mit zu reisen, konnte das nur bedeuten, dass sie den Hokage sprechen wollte. Und das würde mit Sicherheit Auswirkungen auf die Entscheidung haben, ob ich Chunin wurde, oder auch nicht. Zeichnete sich da ein Schimmer an Hoffnung für mich ab? Gab es da eine Chance, um diese unliebsame Pflicht herum zu kommen? War diese Pflicht überhaupt unliebsam? Ich gebe zu, ich war in der Zwickmühle. Aber wenigstens war dank Ranko-sensei die Stimmung richtig gut. Als wir nach mehreren Tagen die Tore Konohas erreichten, hatten wir bereits drei oder vier Patrouillen passiert. Einige unbemerkt, andere waren uns offen begegnet und hatten uns willkommen geheißen. Vor dem Tor war nicht viel los. Ich hatte nicht gerade ein Empfangskomitee erwartet, aber doch zumindest irgendjemand, der uns erwartete. Stattdessen lehnte da nur dieser maskierte Kerl am Tor, in ein Buch vertieft, dessen Titel ich nicht lesen konnte, und der so gelangweilt wirkte, als könnte die Welt ihm nicht egaler sein. Ich kannte ihn, ging es mir durch den Kopf. Ein Jounin. Der legendäre Copy-Ninja Kakashi Hatake. Der schräg aufgesetzte Stirnschutz, der sein linkes Auge verdeckte, sprach Bände. "Uzuki-kun", sagte er, kaum das die Torwachen uns begrüßt hatten, "Asuma-san, Yuhi-kun, der Hokage lässt ausrichten, dass die Kinder erst einmal zu ihren Familien zurückkehren sollen. Die Jounin sollen für die abschließende Besprechung gleich zu ihm kommen." Er klappte sein Buch zu und sah zu uns herüber. "Gekko, du kannst sie einzeln heim bringen und wirst dann ebenfalls beim Hokage erwartet." "Verstanden, Kakashi-san." Kaum hatte er ausgesprochen, ging der weißhaarige Kerl von dannen, als ginge ihn die ganze Szenerie überhaupt nichts an. Er schlug sein Buch auf und las weiter. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen, als der tödliche, legendäre Copy-Ninja plötzlich glucksend zu lachen begann. "Ihr habt die Befehle gehört", sagte Hayate-sensei seufzend. "Ich bringe die Kinder nach Hause. Macht Ihr euch schon mal auf den Weg ins Büro. Asuma-san, ich verlasse mich darauf, dass Ihr nur Gutes berichtet." "Ich könnte nichts anderes tun, ohne zu lügen", versicherte er. "Ach, Mamoru-kun. Hier ist deine zweite Tasche. Die erste Rate für meine Hilfe kannst du heute Abend im Ichiruka Ramen abbezahlen." Säuerlich nahm ich die schwere Tasche in Empfang. Ramen also? Na, das würde jetzt nicht so teuer werden. Uzuki-sensei verabschiedete sich von den Mädchen. Verständlich, denn sie war eine ANBU, und obwohl sie Senseis Freundin war, bekamen wir sie nicht sehr oft zu sehen. Dementsprechend herzlich war der Abschied auch. Als sie zu mir kam, hielt sie mir einen kleinen Geldbeutel hin. "Hier ist die Differenz, die dir noch von deinen Aufträgen in Kumogakure zusteht. Ich hatte es einbehalten, damit du die Mädchen nicht noch häufiger einlädst." Überrascht nahm ich den Beutel an mich. Es war ja nicht so als hätte ich Hana und Karin - und die Jounin, wohlgemerkt - freiwillig so oft eingeladen. "Danke, Sensei." Er war schwer und gut gefüllt. Also hatte sich meine Arbeit doch gelohnt. Irgendwie. Kurz schloss sie mich in die Arme. "Pass auf dich auf, Mamo-chan. Und pass auf deine Mädchen auf, ja?" Ich erwiderte die Umarmung für einen Moment. Dann ließ ich sie fahren. "Geht jetzt mal ordentlich feiern", meinte Kurenai-sensei. Sie strich den Mädchen über den Kopf und winkte mir zu. Zu dritt verließen sie uns, um mit dem Hokage und dem Rat zu besprechen, wer sich zum Chunin eignete, und wer nicht. Hayate-sensei atmete leise durch. "Also, Hana wohnt am Nächsten. Dann bringen wir Karin heim, und anschließend ist Mamoru-kun dran." Und so betraten wir wieder den Boden der Stadt Konoha. Es fühlte sich besser an als sonst. Als wir den Bereich erreichten, in dem die meisten Yamanakas in Konoha lebten, bemerkten wir schon die erste Veränderung. Fröhlicher Lärm scholl uns entgegen, und als Hanako ihr Elternhaus erreichte, wurde sie von einer wahren Menschenmenge empfangen und frenetisch gefeiert. In diesem Gewühl hatten wir natürlich keine Chance, uns von ihr zu verabschieden; andererseits hatten wir einige Mühe, den Yamanakas, den Yodamas, den Izunos und wie sie alle hießen, die Einladung für die Heimkehrparty auszuschlagen. Bei den Akimichis war es nicht ruhiger, eher noch schlimmer. Noch bevor Karin ihren ersten Verwandten umarmen konnte - in diesem Fall ihren jüngeren Vetter Choji - musste sie nach diversen Gratulationen darüber, trotz ihres Defizits (dem nach Akimichi-Meinung gesundheitsschädlichen Untergewicht) so weit gekommen zu sein, alle wichtigen Phasen der Prüfung erzählen. Diesmal gelang es Hayate-sensei und mir nicht, uns so schnell wieder los zu eisen, und nur mit dem Versprechen, am nächsten Tag zu Besuch zu kommen, durften wir die Runde eine Viertelstunde später verlassen. Als wir in den Sektor kamen, in dem der Nara-Clan residierte, und von dem ich so wenig Talent in mir trug, waren die Gefühle in mir sehr gemischt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, ebenso groß empfangen zu werden. Ich hatte keinerlei Talent für das Aushängeschild des Clans, das Schattenjutsu, und rein Familientechnisch entstammte ich einem unbedeutenden Nebenzweig. Mehr als einmal spielte ich mit dem Gedanken, zu den Akimichis zurück zu kehren, wo ich mir wenigstens einiger Aufmerksamkeit gewiss sein konnte, anstatt zu den Naras zu gehen. Das war zumindest so, bis wir das erste von Naras bewohnte Gebäude sehen konnten. An der Ecke lehnte Shikamaru, der Sohn des Clanchefs. Er musterte mich mit mehr Interesse, als er der Welt ansonsten zu zeigen pflegte. "Du bist zurück." Eine Feststellung, ganz wie es seine trockene Art war. "Ja. War ganz schön anstrengend." Er lächelte dünn. "Was für ein unnützer Aufwand. Hast du es wenigstens geschafft?" "Weiß ich noch nicht. Und, weißt du schon, mit wem du in eine Gruppe kommst?" Er zuckte mit den Schultern. "Das solltest du doch am besten wissen. Einen Nara spannt man immer mit einem Akimichi und einem Yamanaka zusammen." Ich lachte für einen Moment auf. "Ich bin nicht wirklich ein Nara, das weißt du." "Du beherrschst das Schattenjutsu nicht, na und? Seit wann bestimmt das, wie gut ein Shinobi ist? Oder wer du bist?" Er lächelte dünnlippig, stieß sich von seiner Wand ab und ging neben mir her. "Wie anstrengend war denn anstrengend?" Das brachte mich zum Grinsen. Ich krempelte meinen rechten Ärmel hoch und zeigte ihm die Narbe vom Schwert, das meinen Bizeps durchtrennt hatte. "Richtig schwer." Shikamaru schnaubte amüsiert. "Und was wäre, wenn du getötet worden wärst? Dann wäre der ganze Aufwand für nichts gewesen." "Ja, da hast du wohl Recht. Aber es gibt da etwas, was du auch noch kennenlernen wirst, sobald du in deiner eigenen Gruppe bist. Für seine Kameraden ist man bereit, einiges an Schmerzen zu ertragen." Ich drückte ihm gespielt mit der rechten Faust das Kinn zur Seite. "Ich werde es ja nächste Woche erleben. Mal sehen." "Kein Sorge", erwiderte ich mit dem sicheren Wissen des Veteranen, "die ersten Aufträge sind nie sehr schwer. Eigentlich richtig gemütlich, also genau dein Ding." Er lächelte erneut. "Wehe, du lügst mich an, Mamo-niichan." "Wer weiß das schon. Ich bin ein Shinobi, oder?" "Und ein ziemlich guter, habe ich mir sagen lassen", klang von vorne eine weitere, sehr vertraute Stimme auf. Ebenso lässig wie der Sohn ein paar Minuten zuvor lehnte unser Clanchef im Schatten einer Hausmauer. "Onkel Shikaku", sagte ich erschrocken. Er stieß sich von der Wand ab und kam auf mich zu. "Wir haben einiges gehört. Und wir werden sicher noch einiges hören, nicht zuletzt von dir, Ranko-sama", sagte er in Richtung des Äffchens auf meiner Schulter. "Auf jeden Fall ist es genug, um jeden Zweifel darüber auszuräumen, ob du ein Shinobi werden solltest oder nicht." Okay, ich gebe zu, mir waren bei Onkel Shikakus Auftritt die Knie weich geworden. Wenn ich daran denke, wie mein Karrierewunsch kommentiert worden war - ohne Schattenjutsu ein Ninja aus dem Nara-Clan zu werden, wie lange ich wohl noch zu leben hatte, und so weiter - und wie gut die Worte Shikakus jetzt taten, geht mir selbst heute noch ein wohliger Schauder über dem Rücken. Ich hatte mich bewährt, vor den Augen des Clanchefs voll habilitiert. Selten war mir ein Lob so gut bekommen, selten hatte ein Schulterklopfer für mich so einen Wert gehabt. "Wir haben ein kleines Fest zu deiner Rückkehr vorbereitet", fuhr er fort und klopfte mir erneut auf die Schulter. "Nichts Großes. Aber genug um unseren Stolz auf unseren tapferen Mamoru-kun auszudrücken. Gekko, du bist selbstverständlich auch eingeladen." "Ich würde gerne, wirklich", wiegelte er ab, "aber der Hokage erwartet mich, sobald ich Mamoru-kun abgeliefert habe." "Das war zu erwarten gewesen." Schmunzelnd schritt er uns voran. Die Straße vor dem Haus des Nara-Clans, des Hauptsitzes, wohlgemerkt, war leer. Kein Anzeichen der großen Menschenansammlungen wie bei den Akimichis oder den Yamanakas. Aber was hatte ich auch schon erwartet? Beinahe erleichtert atmete ich aus. So einen Trubel war ich auch gar nicht wert. Den Gedanken konnte ich festhalten, bis ich merkte, das wir sowohl an meinem Geburtshaus als auch am Stammsitz vorbei gingen. Wir hielten, wenn ich die Strecke extrapolierte, auf einen großen Saal zu, der den Anwohnern für die verschiedensten Gelegenheiten diente. Von dort klang der Lärm vieler Menschen, die sich unterhielten, zu uns herüber, dazu Musik, und der Wind wehte den Duft vieler Speisen heran. Ich meinte für einen Moment, die Miso-Suppe zu erkennen, die meine große Schwester so unnachahmlich zubereiten konnte. Meine Unsicherheit wuchs wieder. Dann war Onkel Shikaku am Tor, zog es auf und deutete einladend hinein. "Willkommen zurück, Mamoru-kun." Halb betäubt vor Aufregung stolperte ich hinein. Und beinahe ganz betäubt vor Freude, Entsetzen und Panik sah ich den gesamten Clan vor mir, darüber hinaus weitere Verwandte und Freunde. Meine Eltern, meine Schwester, Kou, der mit ihr geredet hatte bis ich eintrat, und noch viele mehr. Während der Begrüßungssturm um mich herum los brach, Mutter mich als erste umarmte und Vater auf sein Recht pochte, seinen großen Jungen ebenfalls liebkosen zu dürfen, im Wirbelsturm der Glückwünsche und der Freude über meine einigermaßen unbeschadete Heimkehr, gelang es mir nur, Hayate-sensei zuzunicken, als er den Saal mit ein paar letzten Worten an Onkel Shikaku wieder verließ. "Was für ein sinnloser Tumult", murrte Shikamaru, der noch immer an meiner Seite war. Aber sein breites Lächeln passte überhaupt nicht zu seinen Worten. Als es wieder etwas ruhiger geworden war, als das Buffet eröffnet war und jeder ein Getränk in Händen hielt, musste ich natürlich alles haarklein erzählen. Ergänzt wurde das von Ranko-sama, die sich wieder in die große Menschenfrau verwandelt hatte, um einerseits den vielen gierigen Kinderhänden zu entkommen, die sie hatten streicheln wollen, und andererseits ein paar gewichtige Worte mit Vater und Shikaku zu wechseln. Dabei wurde Vaters Miene immer starrer. Er war nie Ninja gewesen, sondern hatte eine Karriere als Händler eingeschlagen. Es konnten nicht alle Nara Ninja sein, hieß es oft. Daher konnte ich mir bildlich vorstellen, dass ihn die Schilderungen meiner Erlebnisse erschreckten. Mutter wäre da ein ganz anderes Beispiel gewesen. Bis sie Yuriko ausgetragen hatte, war sie selbst Kunoichi gewesen, hatte sich dann aber ganz der Familie gewidmet. Sie war nicht so leicht zu erschrecken, hatte als Medi-Nin aber auch genug gesehen. Deshalb war ihre erste Reaktion, kaum das ich meine Narbe gezeigt hatte, eine intensive Chakra-Untersuchung, um den Heilungsprozess zu überprüfen. Ein, zwei Flüche über "die Stümper und Amateure in Kumogakure", dann war sie mit dem Zustand meines Arms zufrieden. Währenddessen hing mir der Clan an den Lippen, und ich vollbrachte das Kunststück, zu essen und zu trinken, und nebenbei meine Erzählungen mit beiden Händen gestikulierend zu untermauern. Die Falle der Kumo-Nin mit der Tür, die keine war, das schriftliche Examen - wobei ich einige Details übersprang, um es künftigen Shinobi nicht zu leicht zu machen - der lange Weg zum Turm und den Verrat der Oto-Nin, die Falle der Kiri- und Kumo-Ninjas, die Ausscheidungen, an denen ich dank Ranma-sama nicht hatte teilnehmen müssen. Die langen vier Wochen in Kumogakure, in denen ich als Mädchen für alles gewütet hatte, das Essen mit dem Raikage, was allgemeine Belustigung auslöste, und schließlich das große Finale, in dem ich zerschlagen und schmerzerfüllt gegen meinen hasserfüllten Gegner Jardin eingetreten war. Als ich dann endlich an jene Stelle kam, in der P-chan im Finalkampf als Enma O aufgetreten war, hörte ich amüsiertes Gelächter, am lautesten aber von Ranko-sama. Die anschließenden Fragen konnte ich kaum beantworten, am allerwenigsten die Frage, ob ich nun Chunin werden würde oder nicht. Mein vorsichtiger Hinweis, dass Asuma auf meiner Seite war, wurde mit Zustimmung aufgenommen, aber auch mit der einen oder anderen Stimme, dass sich Asuma "nicht mehr hier blicken lassen brauchte, wenn er gegen Mamoru stimmte". Das fand ich in Anbetracht eines der stärksten Jounin Konohas doch etwas bedenklich. Aber ich interpretierte es nicht als Diskriminierung der Sarutobis, sondern als Zuneigung an mich. Das macht es nicht besser, aber verständlicher. In den frühen Abendstunden gelang es mir dann dank Shikamaru, mich von der Feier abzusetzen, damit ich meinen Termin mit Asuma nicht verpasste. Allerdings hing mir der Bengel wie eine Klette an und fragte mich auf dem ganzen Weg zum besten Ramen-Shop der Stadt weiter aus. "Und wo war das Essen am besten? Welches Gasthaus kannst du empfehlen? Außerdem, bei der Stelle mit den Straßenräubern, hat es dich da wirklich nur eine Drohung gekostet, um sie zu vertreiben?" Hätte er nicht einen so gelangweilten Ton in der Stimme gehabt, hätte man meinen können, er interessiere sich wirklich. Nicht für das Ninja-Handwerk, wohl aber für die Orte mit der besten Verpflegung. "Musst du nicht bald nach Hause?", fragte ich, wohl wissend auf wen sein Essen gehen würde, wenn er bis zu Ichiraku mitkam. "Du triffst doch Asuma, oder?" Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und gähnte. "Ich wollte ihn ohnehin noch was fragen. Das passt sich also. Außerdem ist Naruto bestimmt auch da." Interessiert sah ich ihn an. "Naruto Uzumaki? Seid Ihr Freunde?" "Na, was heißt hier Freunde. Wir gehen in die gleiche Klasse, und wir kommen ganz gut miteinander aus. Aber er ist so... Aktiv. So anstrengend." Ich schnaubte amüsiert. Manchmal meinte ich, man sollte Shikamaru eine Schnecke als Haustier besorgen. Das hätte seinem Gemüt entsprochen. Aber wahrscheinlich hätte er sich irgendwann beschwert, dass ihm das Biest zu schnell war. "Und ansonsten? Weißt du noch mehr über den Burschen?" "Nicht viel. Er lebt alleine, ist der Schlechteste in der Klasse, heckt dauernd irgendwelche Streiche aus... Du hättest gestern hier sein sollen. Da hat er tatsächlich die vier Hokage-Köpfe beschmiert. Nicht einfach nur bemalt, sondern den Köpfen Sachen wie laufende Nasen und Bärte verpasst... Kreativ ist er ja, das muss man ihm lassen." "Und das hat dir gefallen?", folgerte ich. Shikamaru grinste mich schief an. "Natürlich hat mir das gefallen. Mir wäre der Aufwand ja zu groß gewesen. Vor allem das ganze Zeug wieder abzuwaschen muss eine Mörderarbeit gewesen sein. Aber es ist doch immer schön zu sehen, wie jemand etwas unorthodoxes ausprobiert." Nun war es an mir zu grinsen. "Du redest wie über eine Ausstellung moderner Kunst, nicht wie über einen Kleiner Jungen-Streich." "Sieh es als ausgleichende Gerechtigkeit. So wie die Erwachsenen ihn manchmal behandeln, hat er jedes Recht, sich ein wenig auszutoben." Seine Miene verdüsterte sich. "Ich habe mal gesehen, wie er etwas kaufen wollte. Der Verkäufer hat ihn nicht nur davon gejagt, sondern ihm das Teil, eine Maske, hinterher geworfen, als wäre sie jetzt vergiftet. Geld hatte er auch nicht haben wollen. Als ich das Vater erzählt habe, hat er den Händler dreimal quer gefaltet, so dass es die ganze Straße mitbekommen hat. Das hat aber nicht viel geändert. Aber wenigstens wird Naruto jetzt nicht mehr verscheucht." "Das ist ja schrecklich", entfuhr es mir. Beinahe tat es mir leid, das ich mir vorgenommen hatte, nicht mit ihm und damit noch mehr Problemen involviert zu werden. Eine Einstellung, die Shikamaru würdig gewesen wäre. Stattdessen aber nahm er die Mühen auf sich, diesem Naruto zumindest ein Kumpel zu sein, wovor ich zurückgeschreckt war. "Ich weiß ja, dass es suspekt für einen Jungen seines Alters ist, alleine zu leben, aber..." "Aber es steckt mehr dahinter, oder was meinst du? Die Erwachsenen rücken nicht damit raus, was es ist. Aber nicht viele Väter wie meiner oder Chojis erlauben es uns, mit ihm zu spielen." Shikamaru errötete ein wenig und hüstelte verlegen. "Zumindest als wir noch kleiner waren und noch gespielt haben." "Verstehe", erwiderte ich und ersparte ihm die Gegenfrage, wie lange das her war. "Jedenfalls, egal was es ist, Naruto kann da sicher nichts für. Aber es wird besser. Finde ich." Das weckte mein Interesse. "Wie, besser?" "Du kennst doch Sasuke Uchiha. Den einzigen Überlebenden nach dem Massaker am ganzen Clan." Ich nickte zustimmend. Natürlich kannte ich die Geschichte. Das machte Sasuke zu einer ebenso einsamen Person wie Naruto, aber auch zu einem reichen Bengel, denn das gesamte Vermögen der Uchiha und die Gebäude wurden derzeit von einem Treuhänder verwaltet und Sasuke überschrieben, sobald er volljährig war. Das bedeutete ein beträchtliches Vermögen, das ihm seine ermordeten Verwandten hinterließen. "Und die beiden..." "Nein, so ist es nicht. Aber Naruto hat es sich in den Kopf gesetzt, mit Sasuke mitzuhalten. Der ist unser Klassenprimus, also ein verdammt hoch gestecktes Ziel für jemanden mit so wenig Talent wie Naruto. Im Gegenzug merkt er nicht einmal, wie er besser und besser wird, weil er nur Sasuke als Maßstab zulässt. Und Sasuke tut das auch gut, finde ich. Bisher war er immer so eigenbrödlerisch, kaum aus sich raus zu kriegen. Aber wenn Naruto die Konfrontation mit ihm sucht, reagiert er beinahe normal." Er seufzte erneut und hob in komischer Verzweiflung die Schultern. "Also, entweder endet das alles in einem gigantischen Unglück, oder die beiden werden noch die dicksten Freunde." "Wohl eher Ersteres", murmelte ich. Die Arroganz der Uchihas war mir noch viel zu sehr aus erster Hand bekannt, als dass ich daran zweifelte, dass auch dieser Sasuke sie geerbt hatte. Oder ablegen konnte. Als wir den Stand des Ichiruka Ramen erreichten, war Asuma schon da. Er rauchte wohl gerade die vierte oder fünfte Zigarette auf Vorrat. Hinter dem Vorhang war nämlich Rauchverbot. "Hallo, Mamoru-kun, Shikamaru." Wir nickten ihm freundlich zu. "Er wollte mich unbedingt begleiten." Asuma zog an seiner Zigarette, um den Rauch tief zu inhalieren. "Passt schon. Und wenn nicht heute, dann spätestens morgen." Er drückte den Rest in einem Ascher aus, dann lüftete er den Vorhang. "Der mit dem Geld zuerst, bitte", sagte er grinsend. Damit war mein Schicksal besiegelt. Mürrisch trat ich ein. "Herzlich willkommen", schallte es mir vom Besitzer und seiner Tochter entgegen. Missmutig setzte ich mich auf einen der Hocker, Asuma rechts von mir, und Shikamaru links. Dort saß auf einem weiteren Hocker tatsächlich Naruto Uzumaki, und leerte gerade die fünfte Schüssel. "Ich nehme dann mal das Rindfleisch-Ramen", sagte Asuma gedehnt. "Zwei Portionen, bitte." "Kommt sofort", erwiderte Teuchi-san. "Ich nehme das Sesam-Ramen", sagte Shikamaru. "Einfache Portion." Wahrscheinlich wollte er mich damit beruhigen. Oder in die Falle locken. "Und noch mal eine Portion für Naruto", fügte er an. Mit einem Seufzer gab ich meine Zustimmung. Immerhin war die Summe, die mir Uzuki-sensei ausgehändigt hatte, nicht gerade kleinlich gewesen. "Wirklich? Oh, danke, Shikamaru!" "Nein, nein, das geht auf Mamo-niichan." "Mamo-niichan? Du hast einen Bruder?" "Mehr einen älteren Vetter." Ich deutete auf Narutos leere Schüsseln. "Ich nehme das Gleiche, was er hatte. Muss ja lecker sein, wenn er davon sechs Portionen verdrückt." "Darauf kannst du dich verlassen, Mamo-niichan", sagte Naruto stolz. "Obwohl, hier ist jedes Ramen lecker." "Und es gibt keinen, der da widerspricht", kam es von Asuma. Ich konnte nur zustimmend nicken. "Schmeichler", kam es vom Hausherrn, der bei diesem Lob jeder Schale ein Extra-Ei spendierte. "Guten Appetit", wünschte Ayame, die Tochter des Hauses, und schenkte jedem ein besonders fröhliches Lächeln beim Servieren. Selbst Naruto bekam seine Portion dienstlicher Zuneigung. Vielleicht ein Grund, warum es ihm hier so gut schmeckte. "Du bist ja schon wieder gewachsen", sagte Ayame zu ihm. "Wenn du so weiter in die Höhe schießt, bist du bald größer als ich." Naruto lachte verlegen. "Das muss am guten Ramen liegen, Ayame-nee." Wir lachten zustimmend. Dann teilte ich meine Stäbchen und wünschte allgemein einen guten Appetit. Während wir die heiße Nudelsuppe verspeisten - sie war wirklich verdammt gut - fing Shikamaru eine Unterhaltung mit Naruto an. "War ja nicht sehr glücklich heute morgen, oder? Was bereitet dir denn solche Schwierigkeiten beim Bunshin no Jutsu?" "Ach, hör auf. Morgen will mich Iruka-sensei noch mal prüfen, und ich kann es immer noch nicht. Dabei ist Bunshin no Jutsu doch so simpel. Wenn ich es dann wieder nicht schaffe, soll ich dann vielleicht das Jahr wiederholen, oder was? Dann sehe ich Saku... Ich meine, dann sehe ich ja keinen aus unserem Jahrgang wieder." Interessiert sah ich herüber. "Du hast Schwierigkeiten beim Bunshin?" "Ja, hat er. Wenn er Doppelgänger von sich anfertigt, werden das immer nur unförmige Quallen, die man vor lauter Erbarmen am liebsten töten würde. Dabei ist er beim Sexy no Jutsu eigentlich richtig gut. Also, an mangelnder Vorstellungskraft liegt es sicher nicht." Naruto lachte verlegen. "Hör auf mich zu loben, Shikamaru." "Sexy no Jutsu?", fragte ich verständnislos. Als die beiden mir erklärten, was es damit auf sich hatte, hätte ich beinahe den Strang Nudeln wieder ausgespuckt, den ich gerade erst in den Mund genommen hatte. "Ach so." Ich sah zu Asuma herüber. "Asuma-sama, meinst du nicht auch, dass..." "Ja, ich kenne das Problem. Das tritt auf, wenn man viel Chakra bei schlechter Kontrolle hat, das Jutsu aber wenig benötigt. Vielleicht solltest du versuchen, gleich mehrere Klone zu machen, Naruto." "Oder du versuchst es mit dem Kage Bunshin no Jutsu", griff ich den Gedanken auf. "Das erfordert mehr Konzentration, aber auch mehr Chakra. Das könnte deine schlechte Chakra-Kontrolle kompensieren. Ich würde mit mehreren anfangen und mich dann nach und nach auf einen reduzieren, Naruto." "Kage Bunshin no Jutsu? Aber das beherrsche ich doch gar nicht", beschwerte sich Naruto maulig. "Das ist auch nicht viel schwerer als Bunshin", erklärte ich. "Du solltest das in deinem Lehrbuch haben. Wenn du Bunshin no Jutsu beherrschst und Klone erzeugen kannst, ist es nur ein kleiner Schritt zum Kage Bunshin. Allerdings ist es da wie mit allen Jutsu. Du musst sie verstehen, dir zu eigen machen. So wie ein Sänger ein Lied imitieren kann, oder es auf seine eigene Art singen kann." "Mamoru-kun, überfordere ihn nicht. Damit er in nur einer Nacht Kage Bunshin erlernt, bräuchte er schon ein besseres Lehrbuch als das Schulbuch. Das ist darauf ausgelegt, dass der Lernende mit viel Intuition einiges selbst erahnt oder beherrschen lernt. Was er bräuchte wäre ein Lehrbuch, das geschrieben wurde, damit jemand dieses Jutsu ohne Anleitung durch einen Lehrer beherrschen lernt." "Na Klasse. Und wo kriege ich so ein Buch her?", murrte Naruto. "Konzentriere dich doch erst mal auf das Bunshin no Jutsu und versuche es mit vielen Klonen", sagte Asuma ernst. "Wenn das nicht funktioniert, zeigen Mamoru-kun oder ich dir den Kage Bunshin. Notfalls die ganze Nacht, wenn es sein muss." "Aber... Können wir nicht gleich...", begann er verzweifelt. "Nein, Naruto, es ist wichtig, dass du auf einige Dinge selbst kommst. Du musst es versuchen. Sagen wir, du schaffst es nicht bis Mitternacht, dann kannst du einen von uns aufsuchen. Aber nicht vorher." "Na, immerhin", murrte Naruto. Er schob die halb leer gegessene Schale von sich weg. "Ich bin satt." Dann erhob er sich, grüßte noch mal in die Runde und verließ den Ramen-Stand. Nachdenklich fragte ich: "War das richtig? Wir hätten ihm wenigstens den einen oder anderen Kniff verraten sollen." Asuma lachte leise. Nachdem er auch seine zweite Schale geleert hatte, erwiderte er: "Iruka-kohai ist ein fähiger Bursche. Wenn Naruto die grobe Struktur begriffen hat, kriegt er von ihm den Feinschliff, sei unbesorgt. Und sollte er tatsächlich um Mitternacht vor deiner oder meiner Tür stehen, ist es immer noch früh genug für Kniffe. Bis dahin lass ihn seinen eigenen Verstand benutzen. Noch eine Schale, bitte." "Sensei!", rief ich empört. "Du lässt ihn genauso ins Messer laufen wie alle anderen." "Nein, tue ich nicht. Denn ich weiß, dass Iruka au ihn aufpasst. Die zwei finden sich schon noch, warte es ab. Auf den Rest haben wir keinen Einfluss. Und glaub mir, das wird eine gute Erfahrung für Naruto. Das, und ein weiterer Mensch, der ihm ein Freund sein kann." Er klopfte mir auf die Schulter, was mir ein müdes Lächeln entlockte. "Freund? Eher ein Kumpel. Falsches Jahr, unterschiedliche Missionen, und keine familiären Bande. Ich werde ihn noch seltener sehen als Kou oder meine eigene Familie." Ich lächelte dünnlippig. "Aber Kumpel wird wohl in Ordnung gehen. Noch eine Portion, bitte!" Teuchi, der mir bis dahin aufmerksam zugehört hatte, bestätigte, und machte eine weitere Portion Ramen für mich zurecht, und wieder legte er ein Extra-Ei mit hinein. Womit ich diese Luxusbehandlung verdient hatte, wusste ich nicht, aber bei dem Ramen wollte ich nur genießen, nicht nachfragen. "Guten Appetit." "Nicht vor Mitternacht. Versprich mir das, Mamoru-kun", mahnte Asuma. "Jaja, verfproffen", erwiderte ich mit vollem Mund. Als ich nach dem Essen zurückkehrte, erfasste mich Unruhe. Ein Gefühl, so als würde ich etwas Wichtiges oder Interessantes verpassen. Ich marschierte im Hausflur auf und ab, bis sich Yuriko-Oneechan, als sie von der Feier nach Hause kam, sorgenvoll bei mir erkundigte, ob ich noch Schmerzen im Bizeps hätte und sie Mutter rufen sollte. Aber es waren keine Schmerzen, die mich umtrieben. Die Unruhe hatte ein ganz eigenes Kaliber. Dann kam die Mitternachtsstunde. Meine Eltern waren mittlerweile auch Zuhause und hatten sich gewundert, dass ich, erschöpft wie ich war, noch nicht schlafen gegangen war. Aber an Ruhe konnte ich nicht denken, nicht solange Naruto noch kommen konnte. Eine Stunde verging, zwei vergingen, und trotz der inneren Unruhe versuchte ich zu schlafen. Erst in den frühen Morgenstunden fiel ich in einen unruhigen Dämmerschlaf. *** Am nächsten Tag wurde ich von Ranko-sama geweckt. Es war beinahe schon Mittag, aber die Familie hatte entschieden, dass ich den Schlaf brauchte. Es war Zeit für meinen Termin beim Hokage. Vor dem Haus warteten schon die Mädchen, misstrauisch die große schwarzhaarige Kunoichi in meiner Begleitung beäugend. Auch Hayate-sensei kam gerade an, und gemeinsam gingen wir zum Verwaltungskomplex Konohas. Als wir eingelassen wurden, waren auch die anderen Jounin, die uns begleitet hatten, anwesend. Zumindest vermutete ich, dass der ANBU mit der Katzenmaske Uzuki-sensei war. Neben dem Hokage und seinen Beisitzern war auch der Rat vertreten. Ich entdeckte Onkel Shikaku, eine nichtssagende Miene zur Schau tragend. Der Sandaime Hokage schmunzelte, als er uns eintreten sah. Er bedeutete uns, vor dem Schreibtisch stehen zu bleiben, während er sich umwandte, und aus seinen Bürofenstern auf Konohagakure blickte. "Wenn ich ehrlich sein soll", begann er mit seiner sonoren Stimme zu sagen, "dann hatte ich nicht sehr viele Hoffnungen, die Chunin-Prüfung in Kumogakure gesetzt. Wir haben auch nur ein Gruppe entsandt. Und dann wurde der Erfolg mehr, so viel mehr." Er wandte sich vom Fenster ab. Sein Blick fiel auf mich. "Mamoru-kun, der Rat ist sich einig. Du hast die Fähigkeiten gezeigt, die ein Chunin haben muss. Deshalb befördern wir dich hiermit in den Chunin-Rang." Für einen Moment fühlte ich mich, als würde ich neben mir stehen. Irgendwas rauschte in meinem Kopf, und die Welt war so unwirklich, und ich so unbeteiligt. Ich merkte kaum, wie Hana und Karin mir um den Hals fielen, um mir zu gratulieren. Ich konnte kaum ein Danke stammeln. Hauptsächlich deshalb, weil ich immer noch nicht wusste, ob die Beförderung zum Chunin nun gut oder schlecht für mich war. "Was euch beide betrifft, Hanako Yodama und Karin Akimichi, so habt Ihr nicht nur eure Fähigkeiten während des Examens bewiesen, sondern auch enorme Fortschritte bei der Vorbereitung für die finale Prüfung vorzuweisen. Konoha ist glücklich, so begabte Ninjas zu haben. Aber den Chunin-Rang können wir euch nicht geben." "Tja", meinte Hana-chan, "da kann man wohl nichts machen." Karin zuckte mit den Achseln. "Versuchen wir es eben nächstes Jahr wieder." "Moment mal, bin ich hier im falschen Theater? Ihr wart doch so scharf auf den Titel, und jetzt tut Ihr das ab wie ein heruntergefallenes Stück Tofu?", rief ich erstaunt. "Man soll eben nicht so an Titeln hängen", erwiderte Hanako. "Ich bin noch nicht fertig", mahnte der Hokage. "So wie die Dinge liegen, werden wir Team drei noch einige Zeit bestehen lassen. Nämlich um zu trainieren, was euch beiden fehlt, Akimichi-kun, Yodama-kun. Euch fehlen die Qualitäten, andere Genin anzuführen. Diese müsst Ihr entwickeln. Auf Mamoru Morikubo warten demnächst einige Einsätze mit größeren Gruppen. An diesen werdet Ihr teilnehmen und als seine Stellvertreter agieren. Habt Ihr dadurch genug Erfahrung gesammelt, steht einer Beförderung zum Chunin nichts mehr im Wege." Der Hokage beugte sich vor. "Ihr seid also quasi bis auf Weiteres Chunin auf Bewährung. Zumindest, bis Ihr genug gelernt habt, um eigenständige Chunin zu sein. Denn alle Anwesenden sind sich einig, dass Ihr das Potential habt, um Führungsqualitäten zu entwickeln. Auch wenn du, Yodama-kun, etwas leiser werden musst. Und du, Akimichi-kun, etwas lauter." Ich unterdrückte ein Auflachen bei diesen Worten. Sarutobi-sensei hatte alles sehr treffend zusammengefasst. "Damit ist diese Sitzung beendet. Mamoru-kun, bleibe bitte noch." Die Beisitzer und die Räte erhoben sich und gratulierten uns nacheinander. Hastig fragte Karin Hayate-sensei: "Aber Team drei bleibt erst einmal bestehen?" "Daran ändert sich für das ganze nächste Jahr nichts, keine Sorge, Hana-chan", bestätigte er lächelnd. Die beiden Mädchen atmeten auf. "Aber Ihr müsst ohnehin nicht in einer Gruppe sein, um ihn...", begann Sensei, und Karin fiel ihm hastig in den Arm. "Sensei, du wolltest mir noch dieses neue Jutsu zeigen!" "Und mir wolltest du ein neues Katon beibringen!", sagte Hana und ergriff den anderen Arm. Bevor Hayate-sensei sich versah, hatten die Mädchen ihn aus dem Raum gezogen. Ich spürte den Blick des Hokages auf mir ruhen. Es war ein beinahe mitleidiger Blick, der mir gehörig auf die Nerven ging. "Und du hast tatsächlich in Verwandlung das Frauenbad unsicher gemacht, Mamoru-kun?", fragte er ungläubig. "Und dann verstehst du nicht, was hier vorgeht?" Erstaunt sah ich den Hokage an. "Äh, ich bin Chunin, und die beiden Chunin auf Probe. Muss ich noch mehr verstehen, Sarutobi-sensei?" "Irgendwann wird er es schon lernen, Hiruzen-tono", sagte Ranko-sensei mit einem Lächeln. "Und wenn ich es in ihn reinprügeln muss." "Ja, das wird vielleicht notwendig sein, bevor die ganze Situation in einer Katastrophe endet." Er versuchte sich an einem Lächeln, aber es misslang. "Hast du eigentlich irgend etwas im Frauenbad von Kumogakure gelernt?" "Ja. Frauen sind Bestien, wenn sie dir auf die Schliche kommen." Der Hokage ließ ein prustendes Lachen hören. "Na immerhin. Etwas hat er gelernt. Vielleicht ist da ja noch Hoffnung." Er lächelte mich großväterlich an. "Du kannst auch gehen, Mamoru-kun. Und wenn du raus gehst, schick bitte Naruto in den Tagungsraum, ja?" "Verstanden, Hokage-sama." Mit Ranko-sensei verließ ich das Büro wieder. Nach einigen Schritten fand ich auch besagten Naruto. Er griente mich an wie eine Schüssel Ichiruka-Ramen. "Mamo-niichan! Danke für deinen Tipp! Das mit dem Kage Bunshin no Jutsu hat super geklappt! Ich brauchte nur eines von diesen Büchern, das einem die Kunst wirklich haarklein erklärt. Damit hat das super geklappt!" "Na, das ist ja Klasse. Dann schaffst du ja die Prüfung mit links." "Äh, Niichan", sagte Naruto grinsend und deutete auf seine Stirn. Dort prangte tatsächlich der Stirnschutz Konohas. "Habe ich schon. Wir hatten letzte Nacht... Einige Probleme, und da ist mir ein Tajuu Kage Bunshin no Jutsu gelungen." "Da gratuliere ich aber. Willkommen in der Welt der Shinobi. Wie viele Schattenklone hast du denn geschafft?" Kurz dachte ich nach. "Mein Bestes war bisher acht." "Äh..." Naruto wirkte verlegen. "Mamo-niichan, ich..." "Ach, halb so wild, Naruto. Alle fangen klein an. Das ist normal. Wie viele waren es denn jetzt?" "..." "Was?" "Zweihundert, oder so", flüsterte er. Entsetzt wich ich bis an die Wand zurück. "WIEVIELE?" Narutos Blick bekam etwas Gequältes, als er meine Reaktion sah. Doch ich schüttelte nur den Kopf, ging wieder einen Schritt vor und klopfte ihm auf die Schulter. "Jetzt in diesem Moment bin ich gerade sehr neidisch, Naruto. Da erschaffst du einfach so zweihundert Klone. Tssss. Ich frage mich, ob dir überhaupt Grenzen gesetzt sind." "M-meinst du, Mamo-niichan?" "Als Ninja brauchst du natürlich mehr als eine Kunst. Das habe ich erst neulich schmerzhaft erfahren müssen. Aber so ein mächtiges Jutsu ist schon mal ein guter Anfang. Wenn du jetzt etwas erreichen willst, dann brauchst du nur den Willen, dein Können, und jemand, der es dir haarklein erklärt." "Niichan, der war gemein!", beschwerte sich der Blondschopf. "War nur Spaß", erwiderte ich und strich ihm über die blonden Haare. "Wenn ich alles erreichen kann...", sinnierte er leise. "Du musst dich nur anstrengen, Naruto", versicherte ich. "Wenn ich alles erreichen kann, meinst du, ich finde dann auch Freunde?" Diese Frage war etwas absurd, wenn ich an Shikamaru dachte. Dann aber kam mir wieder in den Sinn, was er über Narutos Besessenheit vom Uchiha erzählt hatte. "Wenn du dir genügend Mühe gibst, sicherlich. Viele Freunde. Und falls die Freunde dir irgendwann mal Zeit lassen und wir beide zur gleichen Zeit in Konoha sind, lade ich dich noch mal zu Ramen ein." "Echt? Das ist ein Versprechen, oder?" "Klar. Aber Ninjas sind viel unterwegs. Das wirst du auch noch merken. Es wird ein Wunder sein, wenn wir uns überhaupt einmal im Monat begegnen", erklärte ich. "Ach, das reicht doch für eine Schüssel Ramen von Ichiraku", erwiderte er lachend. "Naruto... Ich habe gerade das Gefühl, du freust dich nur darauf, mich erneut zu treffen, weil es dann was zu Essen gibt", sagte ich bedrückt. "Äh... Auch." Ich unterdrückte einen prustenden Lacher. "Du bist ein Frechdachs, Naruto Uzumaki. Und jetzt ab ins Konferenzzimmer mit dir. Der Hokage erwartet dich da bereits. Ach, und mach Konoha Ehre, Genin." "Genin. Das klingt gut. Natürlich werde ich das, Mamo-niichan. Und ich freue mich schon darauf einmal wieder mit dir Ramen zu essen." Er griente mich noch einmal an, bevor er in den Gang lief. "Auf bald, Mamo-niichan." "Auf bald, Naruto." Ich seufzte. Es war keine Lüge gewesen, als ich gesagt hatte, wir würden einander kaum sehen. Chunin erhielten grundsätzlich vollkommen andere Aufträge an vollkommen anderen Orten als die Anfängergruppen. Selbst wenn wir beide in Konoha waren, würden wir einander kaum über den Weg laufen. Aber darum machte ich mir wenig Sorgen. Ich zweifelte nicht daran, dass der blonde Bursche nun motiviert genug war, um seinen ersten richtigen Freund zu finden. Auch wenn ich bezweifelte, dass es der kleine Uchiha werden würde. "Ah! Mamo-nii!" Ich wandte mich der Stimme zu, die mich gerufen hatte. "Konohamaru-kun?" Der kleine Bursche trat an mich heran. "Hast du den alten Mann gesehen?" Ich sah zweifelnd auf den Jungen herab. "Willst du ihn immer noch besiegen und selbst Hokage werden?" "Natürlich! Irgendwie muss ich ja dafür sorgen, nicht mehr wie ein Kind behandelt zu werden", rief er entrüstet. Leiser fügte er hinzu: "Oder dauernd verhätschelt." Ich schnaubte verzweifelt. "Er ist im Konferenzraum, Konohamaru-kun." "Danke, Mamo-nii!" Eilig hastete er an mir vorbei. Und wäre fast über seinen protzigen Umhang gestolpert. "Na, das kann ja was werden", murmelte ich und wandte mich in Richtung Ausgang. "War das nicht gerade der Enkel von Hiruzen?", fragte Ranko erstaunt. "Und er will seinen Großvater angreifen?" "Eine lange Geschichte. Ich hätte ihm den Hosenboden stramm ziehen sollen, anstatt ihm den Weg zu zeigen", seufzte ich. "Konohamaru-sama!", rief eine aufgeregte Männerstimme. Ich erkannte Ebi-sensei wieder, Konohamarus persönlichen Trainer. Mit dem Daumen deutete ich tiefer in den Gang hinein. "Konferenzraum." "Danke, Morikubo-tono!" Erleichtert hastete er an mir vorbei. Ranko-sama räusperte sich. "Was die lange Geschichte angeht, also ich habe Zeit." "Na, meinetwegen. Es geht hierbei vornehmlich um Konohamarus Vater, der..." So begann meine Karriere als Chunin. Es war eine Zeit, die mich geprägt hatte wie kaum eine andere in meinem Leben. Es war die Zeit, in der der menschliche Verstand am meisten und am besten lernt. Und es war eine Zeit, in der ich in eine Welt voller Wunder, aber auch voller Vernichtung und Menschenverachtung eintrat. Was ich damals erlebt hatte, es hatte mich geformt und zu dem gemacht, was ich heute bin. Ende der ersten Erzählung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)