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Konoha Side Stories

von

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Der Weg zurück

"Ach ja. So fühlt sich das Paradies an." Mit äußerstem Wohlbehagen ließ sich Omoi neben mir in das heiße Wasser des Onsen sinken. Das Wasser hatte eine gute Temperatur, und nach den anstrengenden letzten Tagen hatte er sich die Entspannung verdient.

Er warf mir einen schiefen Seitenblick zu. "Was ist los, Kleiner? Planst du gerade eine Attacke auf das Frauenbad?", fragte Omoi und deutete mit dem Daumen hinter sich.

"Das haben wir gehört!", klang Karuis wütende Stimme auf. "Untersteh dich! Und zieh den armen Mamo-chan nicht immer in diese Sachen mit rein!"

Ich seufzte leise. Nachdem wir das Gebiet von Kirigakure im Eilmarsch passiert hatten - immerhin waren wir Schuld daran, dass die beiden Gruppen Kiri-Genin bei der zweiten Prüfung gescheitert waren - hatten wir im Land der heißen Quellen ein Rasthaus gefunden. Natürlich mit heißer Quelle. Die Mädchen hatten sich darüber sehr gefreut, aber mir gingen zu viele Dinge durch den Kopf, als dass ich die Wärme des Wassers richtig genießen konnte.

Oder Omoi tatsächlich auf ein waghalsiges Abenteuer begleitete, um ins Frauenbad zu linsen. "Entschuldige, aber ich bin gerade ganz woanders."

"Das ist vollkommen normal, Mamoru-kun", sagte Asuma, während er nach der üblichen Vorreinigung in das heiße Wasser stieg. "Es war eine anstrengende Woche. Und hier fängt der Ärger für dich wahrscheinlich erst an."

"Nun verschüchtere den Kleinen doch nicht gleich, Asuma-kun", sagte Kirabi, während er sich einshampoonierte. "Er ist nicht Kakashi, und er ist auch nicht so ein Monster wie du."

"Na, danke für das Monster", murrte der Spross der Sarutobi-Familie. Er setzte sich ins Osen, streckte sich einmal behaglich, und ließ sich nach hinten sinken. Als er sich richtig wohl fühlte, steckte er sich seine obligatorische Zigarette an.

"Asuma, rauchst du etwa? Kannst du diese Unsitte nicht wenigstens im Bad sein lassen?", klang die Stimme von Kurenai-sensei auf.

Asuma fuhr vor Schreck heftig zusammen. Hastig nahm er die Zigarette aus dem Mund und steckte sie mir zwischen die Lippen. "Ich rauche doch gar nicht! Mamoru-kun raucht!"

Erschrocken sog ich Luft in meine Lungen, und damit den beißenden Rauch der brennenden Zigarette. Der anschließende Hustenanfall ließ mich kurz befürchten, ich könnte daran sterben. "Asuma-sama!", krächzte ich vorwurfsvoll, als ich wieder einigermaßen atmen konnte. Also Tabak würde mit Sicherheit keines meiner Laster werden.

Kirabi-sama stieg nun ebenfalls ins Bad, nahm mir die Zigarette aus dem Mund, löschte es an der Innenseite seiner rechten Hand, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und ohne sich zu verletzen, und schnippte das nun nutzlose Röllchen über den Außenzaun. "Dies hier ist ein Nichtraucherbereich, Mamo-chan", dozierte er.

"Sensei! Du auch?", erwiderte ich anklagend.

"Was? Du rauchst?", rief Hanako von drüben zu uns herüber. "Uns gegenüber den Moralapostel spielen und sagen wie gefährlich und unnütz rauchen ist, und dann qualmst du selber? Dir soll noch mal einer was glauben, Mamo-chan!"

Okay, damit saß ich in der Falle. Obwohl keines der Mädchen, geschweige denn unsere Lehrer, mich jemals mit einer Zigarette gesehen hatten, würden sie glauben, ich würde rauchen. Und das nur, weil Kirabi-sama Asuma zu Hilfe gekommen war, und nicht mir.

"Na, ist ja auch egal", murmelte ich, und ließ mich bis zur Nase ins Wasser sinken. Ich würde mir nachher noch gründlich den Mund ausspülen müssen, um diesen schrecklichen Geschmack los zu werden.

Omoi legte einen Arm um meine Schulter. "Kopf hoch, Kleiner. Wenn die Großen sich gegen die Kleinen verbünden, dann verbünden sich die Kleinen eben gegen die Großen." Er grinste schelmisch und holte tief Luft. "Nein, Asuma-sama, danke für das Angebot, aber diese Zigarette ist nicht meine Marke!"

Konsterniert sah der Jounin den Kuro-Ninja an.

"Also doch! Asuma!" Beinahe erwartete ich, dass Kurenai-sensei das Männerbad stürmte. Entrüstet genug klang sie jedenfalls.

Nun ließ sich auch Asuma ins Wasser sinken. "Mist", murmelte er. "Das wird sie mir nachtragen."

Das hatte er zweifellos verdient, aber aus irgend einem Grund schien ihm das wichtig zu sein. Wie und warum, das überstieg damals meinen Horizont.

Es würde noch einige Zeit dauern, bis ich begriff, dass Männer durchaus versuchten, vor Frauen besser dazustehen als sie eigentlich vorweisen konnten.
 

"Danke", murmelte ich in Omois Richtung.

"Na, da bist du ja wieder", sagte er zufrieden. "Was hat dich denn so sehr abgelenkt?"

Ich schnaubte amüsiert aus. "Dieses und jenes."

"Dieses und jenes? Also, das musst du erklären."

"Habe ich mich jetzt zum Chunin empfohlen? Will ich überhaupt Chunin werden? Diese Dinge gehen mir durch den Kopf. Weißt du noch, damals vor der Burg, als wir wie aus dem Nichts angegriffen wurden, während Kirabi-sama und Uzuki-sensei fort waren? Da erschien mir alles so klar, alles so greifbar. Es war machbar. Aber wenn ich daran denke, dass ich eine Position wie Uzuki-sensei als Teamführer einnehmen sollte, dann kochen die Zweifel in mir hoch."

"Kopf hoch, Mamoru-kun", sagte Asuma und klopfte mir auf die Schulter. "Ein Sieg im Finale garantiert noch lange keine Beförderung, das kann ich dir versprechen. Nur die Summe der ganzen Prüfung lässt den Schluss zu, ob du zum Chunin geeignet bist oder nicht."

"Und? Was sagt diese Prüfung? Du musst doch deine Meinung abgeben, oder? Was denkst du? Wie lautet deine Empfehlung, Asuma-sama?"

Dem Jounin entgleisten kurz die Gesichtszüge. "Also, ich weiß nicht wie sich Yugao-chan und Yuhi entscheiden werden, aber ich werde dem Rat empfehlen, dass du ein Chunin werden sollst. Allerdings werde ich die gleiche Empfehlung auch für Hana-chan und Karin-chan aussprechen. Das ist so oder so kein Garant für diese Beförderung." Etwas leiser fügte er an: "Zumindest kein absolut sicherer."

"Wenn Konoha deine Talente nicht zu würdigen weiß", mischte sich Kirabi-sama ein, "dann komm nach Kumo zurück. Bei uns wirst du Chunin, das verspreche ich dir. Beliebt bist du ohnehin bei uns."

Das ließ mich kurz lächeln. Kirabi-sama spielte damit auf den Abschied vor vier Tagen an, als wir Kumogakure verlassen hatten. Ich war von einer mittleren Menschenmenge verabschiedet worden, und man hatte mich mit Geschenken überhäuft. Um all das nach Hause zu schaffen, musste ich zwei Schattenklone beschwören, die meine beiden zusätzlichen Rucksäcke trugen. Ich war überrascht über die Großzügigkeit Kumogakures, aber andererseits war sie auch verständlich. Denn diese Menschen waren die gleichen, für die ich in Uzuki-senseis Auftrag die vielen kleinen Aufträge erfüllt hatte. Menschen, mit denen ich täglich zu tun gehabt hatte. Menschen, die wollten, das ich sie in Erinnerung behielt, so wie der Gemüsehändler, Herr Ataba, für den ich zweimal die Woche Frischware per Karren aus dem Tal geholt hatte. Oder Mappi-san, der Geldbote, den ich immer eskortiert hatte. Ataba-san hatte mich mit Frischobst für alle versorgt; Mappi hatte es sich nicht nehmen lassen, mir ein erschreckend großes Trinkgeld mit auf den Weg zu geben. Unnötig zu erwähnen, dass die Mädchen mich genötigt hatten, sie mit diesem Geld mit Süßigkeiten und anderen Leckereien zu versorgen. Und das waren nur zwei Beispiele von vielen.

Der Abschied war mir entsprechend schwer gefallen. Aber dass Kirabi-samas Team uns noch bis durch das Land der heißen Quellen eskortierte, linderte den Abschiedsschmerz schon ein wenig. Zumindest, bis auch sie wieder zurückkehren mussten.

"Das Problem liegt ja genau darin. Ich meine, Omoi drückt sich davor, Chunin zu werden. Warum also nicht auch ich?"

"Weil Gekko dir in den Hintern treten würde, und zwar ziemlich kräftig, wenn du dir diese Gelegenheit entgehen lässt, Mamoru-kun", sagte Asuma süffisant, und ich befürchtete, er hatte vollkommen Recht damit.

"Und warum darf Omoi das dann?", fragte ich maulig.

"Weil irgendeiner auf diesen faulen Feigling aufpassen muss", klang es vom Frauenbad herüber. Für einen Augenblick dachte ich, Karuis Stimme erkannt zu haben. Aber es war ausgerechnet die sonst so beherrschte, stoische Samui gewesen. Das erstaunte mich schon.

Omoi aber grinste nur breit und legte beide Arme hinter den Kopf. "Sagen wir einfach, wir haben eine Regelung getroffen. Nicht, Sensei? Äh, Sensei?"

"Hm? Nicht jetzt, Omoi. Also, Asuma-kun, was denkst du? Wen ich mir einen Bart stehen lasse, genau wie du einen trägst, dann käme das doch cool, oder? Und früher habe ich immer gerne Sonnenbrillen getragen. Das würde auch gut dazu passen, oder?"

"Sonnenbrille ist eine gute Idee. Du hast definitiv ein Sonnenbrillengesicht. Und hast du auch schon mal drüber nachgedacht, das Tuch deines Stirnbands wie ein Kopftuch zu tragen? Das sieht bestimmt auch gut aus."

Omoi machte einen verächtlichen Ton. "Scheint so, als wenn die beiden jeder weiteren Diskussion über deine Verwendung als Chunin ausweichen wollen. Mehr Informationen kriegst du aus den beiden nicht raus."

Ich musterte die beiden Jounin, die sich in ihre Unterhaltung vertieft hatten. Oder zumindest vorgaben, in eine Unterhaltung vertieft zu sein. Mein Versuch, Omoi gegen sie auszuspielen, hatte auf ganzer Linie versagt. Das Fazit blieb das Gleiche. Er und Karui durften den Chunin-Rang vor sich her schieben, und ich durfte es nicht. Blieb nur noch die Möglichkeit, dass die Frauen keine positive Empfehlung für mich aussprechen würden. Aber sollte ich mich wirklich bei ihnen unbeliebt machen? Abgesehen davon hatte der Raikage allen Kumogakure-Kunoichi erlaubt, mich zu liquidieren, wenn sie mich im Frauenbad erwischten. Und war es denn wirklich so schlecht, ein Chunin zu sein? Das bedeutete zwar mehr Arbeit, mehr Risiko und mehr Verantwortung, aber auch mehr Geld. Und eventuell mehr Ruhm.

Apropos Ruhm, verwundert stellte ich fest, das ich wirklich nie weiter als bis zu diesem Punkt gedacht hatte. Genin sein, Ninja sein, Aufträge erfüllen, das war meine Welt gewesen. Und jetzt? Ich würde vielleicht mit etwas Glück drum herum kommen, Chunin zu werden und meine alte Welt auf den Kopf gestellt zu sehen. Dennoch, Neues war nicht automatisch Schlechtes. Und vielleicht bot mir eine Karriere als Chunin Möglichkeiten, die ich jetzt noch nicht sehen konnte. Vielleicht gab es neben dem Geld noch einen anderen, wertvolleren Anreiz für mich. Und da war immer noch der Punkt, dass ich Konoha nicht im Stich lassen konnte. Und das würde ich, wenn ich meine Aufgaben nicht ernst nahm. Wenn ich so eine Beförderung ausschlug.

Auf der anderen Seite würde es für die Mädchen furchtbar sein, wenn ich befördert wurde, und eine der beiden nicht. Sie hatten so hart gearbeitet, ihr Potential ausgereizt, es wäre furchtbar gewesen, wenn dieser Eifer nicht belohnt werden würde. Dass dieser Gedanke zu gleichen Teilen auch für mich galt, wollte ich damals nicht sehen. Immerhin hatte ich ja nur am Examen teilgenommen, um Hanako und Karin die Chance zu ermöglichen, ein Chunin zu werden. Dass ich jetzt die besten Karten auf der Hand zu haben schien, verwirrte mich.

Wie würden sie reagieren, wenn sie es nicht schafften? Wie würde ich reagieren, wenn sie es nicht schafften? Was würde passieren, wenn Hanako Chunin werden würde, aber Karin nicht? Oder umgekehrt?

Es lag so viel Ärger vor mir, vielleicht war es wirklich eine gute Idee, nach Kumogakure zurück zu gehen und dort als Ninja zu arbeiten, anstatt mich dem zu erwartenden Chaos in Konoha zu stellen.

Wieder seufzte ich. Es gab Shinobi, die blieben ihr ganzes Leben lang Befehlsempfänger und Genin, und sie wurden glücklich bei dieser Arbeit. Die waren aber auch schlau genug gewesen, sich nicht zur Prüfung drängen zu lassen.

Wenn ich da an Shikamaru dachte, den Sohn unseres Clan-Führers, hatte ich einen Kandidaten für einen ewigen Genin vor mir. Shika-chan war träge, nachdenklich, seltsam fokussiert und wirkte jede Sekunde als müsste er alle Sorgen Konohas auf seinen schmalen Schultern tragen. Dabei war er weder verweichlicht noch fett, und es hatte mich sehr gewundert, dass er tatsächlich in die Shinobi-Schule eingetreten war. Dabei war er nicht dumm, im Gegenteil. Er vermied nur wo immer es ging, jedwelchen Aufwand. Darin war er wirklich gut. Und das war wohl das eindringlichste Zeichen für seine Intelligenz. Und ein sicheres Zeichen für meine Dummheit. Ich hatte mich nicht so erfolgreich drücken können. Ich, das gutmütige Arbeitstier.

Ich sah wieder zu den beiden Jounin herüber, die sich nun in trauter Eintracht gegenseitig heißen Sake einschenkten. Von ihnen konnte ich keine Antworten auf meine Fragen erhoffen. Außer, sie hatten nichts mit dem Chunin-Examen zu tun. Und so ließen sie mich ins offene Messer rennen.

"Kopf hoch, Kleiner", sagte Omoi und verstärkte seinen Griff ein wenig, um mir Zuversicht zu geben. "Du hast das Chunin-Examen gemeistert. Ab jetzt werden die Dinge nur noch schwerer für dich."

"Du verstehst es wirklich, jemanden aufzumuntern", murmelte ich ärgerlich.

"Ach, dafür sind Freunde doch da."

Nun, wer solche Freunde hatte, war auf seine Feinde zumindest besser vorbereitet.

***

Im Frauenbad ging es entspannter zu. Vielleicht deshalb, weil die Shinobi halt... Frauen waren. Nach dem kurzen Ärger über Asumas Zigarette und darauf, wie er diesen Fauxpas Mamoru hatte unterschieben wollen, hatten es sich die Frauen gemütlich gemacht. Während die Älteren ebenso wie Kirabi und Sarutobi einem heißen Sake zusprachen, mussten sich die Mädchen mit dem Versprechen auf eine Fruchtmilch nach dem Bad begnügen. Das tat dem Genuss der heißen Quelle aber keinen Abbruch, und der leichte vulkanische Schwefelgeruch des Wassers störte sie nicht. Es hieß ohnehin, dass der leichte Schwefelgehalt die beste Medizin war, um eine alte Haut zu verjüngen und eine junge jung zu halten. Nicht, dass auch nur eine der Frauen solch eine Behandlung auch nur ansatzweise nötig gehabt hätte. Von der Narbe auf dem Allerwertesten Uzuki-senseis abgesehen.

Alles in allem war es idyllisch, und zur großen Freude der Mädchen badete das niedliche Äffchen Ranko heute mit ihnen. Es hatte sich sogar in menschlicher Art ein Handtuch gefaltet und auf den Kopf gelegt. Karui und Samui waren vom Anblick den triefnassen Äffchens, das wie ein Mensch lässig am Rand saß und das heiße Wasser genoss, hin und weg.

Aber die Niedlichkeit des kleinen Affen reichte heute nicht, um auch Hana und Karin abzulenken. Ihre Gedanken schienen um ganz andere Dinge zu kreisen, und selbst der niedliche Affe konnte sie kaum auf andere Gedanken bringen.

Uzuki und Kurenai sprachen derweil ihrem Sake zu und tratschten wie alte Weiber miteinander.

Hana und Karin konnten also den eigenen Gedanken nachhängen, und die drehten sich natürlich um Mamoru Morikubo.

"Wehe, er kommt rüber und beobachtet uns beim Baden", grummelte Hanako ärgerlich. "Dann werde ich... Werde ich..." Die schlanke Blonde errötete plötzlich, und ließ sich ganz ins Wasser sinken. Als sie nach einiger Zeit wieder auftauchte, weil sie die Luft nicht mehr anhalten konnte, spürte sie Karins Blick auf sich ruhen. "M-meinst du, er will uns überhaupt ansehen? Ich habe nachgedacht, und wenn ich mir Samui und Karui so ansehe... Er hat sie im Bad gesehen, und Karui hat seinen Kopf auf ihren Busen gebettet." Mit großer Verzweiflung sah die junge Akamichi an sich herab. Da gab es nicht viel, was man Busen nennen konnte, im Gegensatz zu den Brüsten der beiden Kumo-Kunoichi, bei denen sich die Entwicklung zu einer prächtigen Oberweite bemerkbar machte.

Karui errötete, als sie das hörte. "Lasst euch das nicht zu Kopf steigen! Immerhin hat er uns getäuscht! Vorsätzlich! Und uns aufs Schlimmste ausgenutzt! Und... U-und..." Noch mehr errötend starrte sie auf ihre Brust.

"Aber er war schon niedlich als Frau, oder?", ragte Samui schelmisch. "Als er sich zurückverwandelt hat, fand ich das richtig schade."

"Schon. Niedlich war er. Ich bin ja auch gar nicht mehr böse. Ich weiß ja, dass der Quatsch auf Omois Mist gewachsen ist. Und er hat uns ja auch zum Essen eingeladen. Aber ich finde, da fehlt noch etwas."

Hanako sah betont gelassen geradeaus. "Und? Hatte er als Mädchen eigentlich viel Oberweite?"

"Ob er als Mädchen..." Karui wechselte einen verwunderten Blick mit ihrer Freundin. "Eigentlich nicht." "Nein, eigentlich nicht."

Hana sah zu Karin herüber und wechselte mit ihr einen triumphierenden Blick. "Und wie war es mit der Hüfte und der Taille?"

"Nun", meinte Karui nachdenklich, "die Taille war wirklich dünn, aber dafür hatte er ein recht breites Becken."

Karin, die bei den ersten Worten noch erfreut aufgehorcht hatte, betastete nun die eigene Hüfte und schaute verzweifelt drein.

Umgekehrt war es bei Hanako. War sie bei der dünnen Taille nahe an der Verzweiflung gewesen, so hatte das breite Becken ihre Hoffnungen erneut entfacht.

"Wieso fragst du?", fragte Karui.

"Ach, aus keinem bestimmten Grund. Ich möchte ihn nur wiedererkennen, wenn er sich als Frau verkleidet und vor mir steht." Vorsichtig ging ihr Blick zu Karin. Hoffnung und Verzweiflung hielten sich dort die Waage, genau wie bei ihr selbst. Unentschieden. Die beiden Mädchen reglementierten das mit einem erhobenen Daumen.

"Wisst Ihr", begann Samui, "wenn ich so drüber nachdenke, ist das vielleicht keine schlechte Idee. Ich meine, Mamo-chan schuldet uns was. Ich meine, richtig was. Und Omoi hat auch noch nicht genug bezahlt, finde ich. Warum schnappen wir uns die beiden nicht, zwingen sie, sich wieder in Frauen zu verwandeln, und..." Karuis Augen leuchteten auf. "Und machen dann ihre Haare und ihr Make-Up! Und stecken sie in hübsche Kimonos!"

Nun begann das Feuer dieser Begeisterung auch die Konoha-Genin zu erfassen. "Ich habe rosa Lippenstift dabei", sagte Hanako hastig. "Und blauen Lidschatten!"

"Aber Hanako, das können wir doch nicht machen", mahnte Karin.

"Ja, du hast Recht. Wir dürfen nicht so übertreiben."

"Nein, das meinte ich nicht. Mamo-chan ist doch ein Erdfarbentyp. Wir müssen meine Schminke benutzen", sagte die kleine Akimichi mit verschwörerischem Lächeln.

Ein unheilvolles leises Gekicher voller Vorfreude erhob sich im Frauenbad.

Drüben bei den Männern hörte man, wie jemand hastig aus dem Wasser sprang.

Lautes Gelächter war zu hören, und schließlich rief Kirabi-sama: "Ihr braucht es gar nicht erst zu versuchen! Sie finden euch ja doch, Mamoru-kun, Omoi!"

"Ach, wie interessant. Sie versuchen uns zu entkommen", sagte Karui, noch immer dieses Kichern auf den Lippen. Sie erhob sich und ging auf den Ausstieg zu. Dabei bewegte ihr Körper, der zu schweben schien, nicht einmal ansatzweise das Wasser. Auch Samui, Karin und Hanako standen nun auf. Immer noch lag dieses leise Kichern in der Luft. Kurz darauf begann die Jagd.
 

Als die Mädchen das Bad verlassen hatten, verwandelte sich Ranko-sama in ihre Menschengestalt. "Hach, endlich etwas Entspannung." Sie seufzte ergeben und streckte ihre langen Beine so weit aus wie es ging.

"Sake, Sensei?", fragte Uzuki und bot der Affenkriegerin eine Trinkschale an.

"Gerne. Ein Schlückchen ab und an ist gesund."

Als ihre Schale gefüllt war, nahm sie einen kräftigen Zug davon und seufzte zufrieden. "Wollt Ihr die vier nicht aufhalten?"

"Warum?" Uzuki schüttelte den Kopf. "Von Schminke ist noch niemand gestorben."

"Abgesehen davon tut es den beiden vielleicht mal gut", fügte Kurenai an. "Ich meine, vielleicht merkt Omoi, was er an den beiden hat. Und Mamo-chan kapiert vielleicht endlich, was er haben könnte. Bevor seine Trottelhaftigkeit zu einer ernsten Krise führt."

"Oder er womöglich ein anderes Mädchen kennenlernt und den beiden vorzieht", ergänzte Uzuki. "Die sollte dann aber besser eine weit fähigere Shinobi sein als meine beiden Mädchen. Sonst hat sie ein schweres Leben."

"Na, Ihr seid mir ja zwei Schätzchen", klang Sarutobis Stimme vom Zaun auf. Der Ninja schaute über die Spitze, eine Zigarette im Mundwinkel und sah auf die Frauen herab.

"Hier wird nicht gespannt!", rief Kurenai,.schleuderte ein Kunai nach ihm und ließ ihn in Deckung gehen. "Was denkst du dir nur dabei?"

"Ich denke, du hast mich beim Rauchen erwischt, also was sollte mir noch Schlimmeres passieren?"

"Lass ihn doch", sagte Ranko mit einem breiten Grinsen. "Wenn er sich von Yugao-chan oder mir davon ablenken lässt, dich anzuschauen, dann hast du ohnehin schlechte Karten, Yuhi."

"W-wer braucht schon schlechte Karten? Oder gute?", erwiderte die Jounin. "Und vor allem, ausgerechnet bei dem?"

Ranko und Uzuki wechselten einen schnellen Blick, bevor sie in schallendes Gelächter ausbrachen.

"Was ist?", fragte Kurenai, noch mehr errötend.

"Ach, nichts, nichts. Du hast vollkommen Recht. Dass er nur dich angeguckt hat, hat dann sicherlich auch nichts zu bedeuten. Noch etwas Sake, bitte, Yugao-chan."

"Aber natürlich, Sensei."

"Und genauso meine ich das auch", sagte Kurenai hastig. Aber sie schien ihre eigenen Worte nicht wirklich ernst gemeint zu haben, denn verstohlen schaute sie zum Zaun herüber, um zu sehen, ob Asuma nicht ein weiteres Mal zu spionieren versuchte.

***

Das Glucksen und die erfreuten Stimmen der Mädchen waren nun schon eine lange Zeit zu hören gewesen. Als das Abendessen anstand, und Kirabi-sama alle zum Essen rief, erwarteten die Jounin sicherlich das Schlimmste, Demütigendste, was Omoi und mir widerfahren konnte. Diese Toren hatten ja keine Ahnung

Als wir, von den Mädchen geschoben, eintraten, herrschte vollkommene Stille unter den Shinobi. Bis Kirabi-sama in brüllendes Gelächter ausbrach. Nach und nach fielen die anderen Jounin ein.

"Also, das ist jetzt nicht sehr nett", murmelte Omoi und versuchte den Speisesaal wieder zu verlassen.

"Oh nein, das wirst du nicht", raunte ich um zu und hielt ihn am Gürtel seines Kimonos fest. "Wir stecken beide drin in der Scheiße."

"Sind sie nicht schön geraten?", säuselte Samui, während sie ein letztes Mal über die Aufschläge des Kumo-Nin ging, damit der herrliche Kirschblüten-Kimono voll zur Geltung kam. In Verbindung mit den weißen, nach hinten gegelten Haaren und dem Lippenstift, der der Farbe der abgebildeten Blüten glich, sicherlich eine perfekte Kombination und sehr feminin. Nur leider hatten die Mädchen das Wichtigste vergessen.

"Eine Frage", sagte Asuma, und sah von Omoi zu mir und wieder zurück. "Wolltet Ihr die beiden nicht zwingen, sich in Frauen zu verwandeln?"

Wir wechselten einen schnellen, verzweifelten Blick. Und ich dachte dabei an den dunkelroten Lippenstift auf meinen Lippen und die bunt geschminkten Augen, mit dem mich die Mädchen traktiert hatten.

"Wir haben uns entschieden, dass es so lustiger ist", sagte Karin und lächelte. Ganz entgegen ihrer Art streichelte sie über meine linke Wange. "Gut siehst du aus, Mamo-chan."

"Das liegt ja wohl am Kimono", erwiderte ich, im verzweifelten Versuch, wenigstens einen letzten Rest männlicher Würde zu bewahren, während Sensei auf meiner rechten Schulter saß, und mir meinen heutigen Anteil an Äffchenliebe verpasste. Beinahe war es ja rührend, wie sie mich umarmte und küsste. Andererseits war es auch Sensei gewesen, die diese vier Furien auf unser Versteck aufmerksam gemacht hatte. Meine Begeisterung hielt sich also in Grenzen. Aber sie passte wunderbar zum dunkelblauen Kimono mit den unaufdringlichen braunen und roten aufgestickten Applikationen. Es fehlte nur noch ein gleichfarbener Kimono für sie. Es war schon ironisch, dass ich in den dreißig Minuten in den Händen der Mädchen mehr über einen Kimono gelernt hatte, als zuvor in meinem ganzen Leben. Mehr als ich jemals hatte lernen wollen.

"Na, dann ist ja alles geklärt." Kirabi-sama klatschte in die Hände. "Dann wollen wir essen. Setzt euch, Mädchen." Als Omoi und ich nicht reagierten, fügte er hinzu: "Alle Mädchen."

Wir seufzten vielsagend und nahmen ebenfalls Platz.
 

Als das Essen aufgetragen wurde, saßen wir links und rechts eskortiert, ich von Hana und Karin, Omoi von seinen beiden Mädchen, damit wir nicht entkommen konnten. Mit Sensei auf der Schulter wäre das auch eine sehr kurze Flucht geworden, und so fügten wir uns in unser Schicksal. Das im Übrigen darin bestand, uns von den Mädchen füttern zu lassen und ihre ständigen Sticheleien darüber, "wie hübsch" wir doch aussahen, über uns ergehen zu lassen.

Derweil sprachen die Jounin dem Sake zu, und schnell wurde es recht ausgelassen. Besonders Kirabi-sama erlebte ich anders als sonst; war er bisher immer beherrscht aufgetreten, so ähnelte er seinem Bruder, dem Raikage, heute mehr denn je. Ein bisschen zu laut, aber sehr fröhlich. Ob die beiden wussten wie ähnlich sie einander waren, obwohl sie nicht blutsverwandt waren?

Ich entspannte mich merklich, blendete die Sticheleien darüber aus, wie niedlich ich doch geschminkt ausschaute, und versuchte das Essen und den Abend zu genießen.

Zumindest, bis die Tür aufglitt, und eine reichlich entsetzte Wirtin herein stolperte.
 

"Ich bitte um Verzeihung, aber wir haben einen hohen Gast, der einzutreten wünscht."

"Ein hoher Gast?", fragte Kirabi-sama erstaunt, aber am Grinsen der anderen Jounin konnte man erkennen, dass sie diese Entwicklung nicht überraschte. Oder war das ein hämisches Grinsen?

"Er mag als unser Gast eintreten", entschied Kirabi-sensei.

Die Wirtin machte nur Platz und deutete dem Wartenden, einzutreten.

Ich war nicht sehr überrascht, als ich Ranma-sensei in seiner Gestalt als Konoha-Shinobi sah.

Verlegen strich er sich über den Hinterkopf. "Es ist mir sehr peinlich, euch zu stören."

"Aber nicht doch, Ranma-sama. Du bist bei uns immer willkommen", sagte Asuma ruhig. Für mich etwas zu ruhig für so einen überraschenden Besuch.

Ranma wollte etwas erwidern, aber ein geölter Blitz unterbrach ihn. Und dieser Blitz zielte auf mich. Bevor ich mich versah, steckte ich in einer innigen Umarmung. "Das ist mein Mamo-chan! Mein Mamo-chan! Und du riechst heute auch noch so gut." Perine wühlte sich in ihrer Affengestalt so gut sie konnte in meinen Kimono. Es vergingen ein paar Sekunden, bevor sie mich wirklich ansah. Als sie es aber tat, löste sie sich von mir, und hielt sich vor lauter Lachen den Bauch. "Was haben sie denn mit dir gemacht, Mamoru? Willst du dich so dem König zeigen?"

Ich erstarrte in vollkommener Konsterniertheit. Ranko-sensei musste Ranma-sama beschworen haben. Der hatte P-chan geholt. Und auch noch Enma?

"Entschuldigt die Störung und das abrupte Erscheinen", klang die dunkle, volltönende Stimme des Affenkönigs vom Eingang auf. Er trat ein, die Wirtin verbeugte sich.

"Enma O!", rief ich und verneigte mich hastig in angemessener Tiefe vor meinem größten Sensei.

Der Affenkönig sah mich irritiert an. "Kennen wir uns, junges Fräulein?"

Als ich ihn daraufhin entsetzt ansah, brach der große Affe in lautes Gelächter aus. "Nur ein Scherz, Mamoru-tono. Nur ein Scherz."

Asuma bot dem König und Ranma-sensei einem Platz am freien Stirnende an, P-chan war nach ihrem Lachanfall nicht mehr von meiner Seite zu kriegen. Das frustrierte Karin und Hanako, auch wenn ich nicht verstand wieso. Also ließen sie die junge Affenkriegerin notgedrungen in ihre Mitte.

Die Wirtin überschlug sich nun fast und tischte neu auf, so als wenn die bisherigen Speisen nur minderwertiger Dreck gewesen wären. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, die Qualität noch steigern zu können. Sie aber schaffte es. Nicht, dass ich kulinarisch in meinem Leben besonders viel erlebt hätte.

"Was verschafft uns die Ehre Eures Besuchs, Enma O?", fragte Asuma nonchalant.

"Natürlich unser Kontraktträger." Mit zufriedener Miene sah er mich an. "Perine hat mir jeden Tag von deinem Fortschritt berichtet. Und Ranma-tono hat sich sehr wohlwollend über deinen Plan geäußert, mit dem du im zweiten Prüfungsteil deine Gruppe in den Turm geführt hast. Und Ranko... Na, reden wir nicht darüber." Der große König der Affen sah Asuma an. "Sarutoni-tono, ich nehme doch an, dass einem Shinobi mit so viel Talent der Titel eines Chunin zusteht."

"Meine Stimme hat er", erwiderte Asuma grinsend.

"Das reicht mir fürs Erste. Und mit Hiruzen werde ich beizeiten reden."

Sake wurde gebracht, und dem König eingeschenkt. Mit der Schale in der Hand prostete er uns zu. "Auf Konoha Eins, das erfolgreich von Chunin-Examen zurückkehrt und Großartiges geleistet hat."

Die Mädchen erröteten, als sie so hoch gelobt wurden.

"Auf Konoha Eins."

"Ja, das ist mein Mamo-chan", sagte P-chan erneut und fiel mir von hinten um den Hals.

Dies löste merkwürdigerweise eine Aura der Frustration bei den Mädchen aus, die ich nicht verstand. Immerhin war sie ein Affe.

Bis ich bemerkte, dass sich kein Fell an meine Wange drückte. Sie hatte die Gestalt eines Menschenmädchens angenommen. Und auf meinen Rücken spürte ich deutlich zwei weiche, warme, große... "P-chan!"

"Was denn? Darf ich dich nicht mal mehr umarmen?" Sie drückte sich noch enger an mich. "Oder möchtest du mir lieber in die Augen sehen können, wenn ich dich umarme? Ich..."

"Einen Moment, bitte, P-chan", sagte Hanako. Sie hatte sich erhoben und griff nun nach dem rechten Arm des Affenmädchens.

"Wir müssen kurz etwas mit dir bereden, P-chan", fügte Karin an und ergriff den anderen Arm. Gemeinsam zogen sie Perine hinter sich her, aus dem Raum raus, in Richtung ihres Zimmers.

Für den Moment war ich frei. Wenn man mal von Sensei absah, die noch immer auf meiner Schulter saß.
 

Als sich die Tür hinter den drei Mädchen geschlossen hatte, nahm sie ihre große Affengestalt an. "Oh, das tut gut. Manchmal ist die kleine Gestalt so... Einengend." Sie lächelte verschmitzt in die Runde, sah das Entsetzen der drei Kumo-Nin, und legte einen Zeigefinger an die Lippen. "Sagt ihnen nichts, okay?" Die drei überraschten Shinobi nickten unisono.

"Wollen wir dann mal, mein König? Perine soll sich ja nicht umsonst geopfert haben."

Der König lachte kurz dazu und erhob sich. Ich wollte ebenfalls aufstehen, aber Enma winkte ab. Er kam zu mir herüber und legte mir die Rechte auf die Schulter. "Mamoru-tono, ich habe gesehen... Ich meine, Perine hat mir darüber berichtet, wie umsichtig und tapfer du in der Arena warst. Du sollst wissen, dass ich sehr stolz auf dich bin. Dass das Affenvolk sehr stolz auf dich ist. Hiruzen hat den Richtigen ausgewählt, als er dich zum Kontraktträger gemacht hat."

Übergangslos steckte ein Riesenkloß in meinem Hals. Rührung und Stolz schnürten mir die Kehle ein. "Danke", brachte ich mühsam hervor. Ein Lob vom König selbst war eine Ehre, die ich mir bisher nicht hatte vorstellen können. Ich war tief ergriffen.

"Und jetzt kannst du mir vielleicht erklären, warum du Frauenkleider trägst und geschminkt bist, Mamoru-tono."

Ach ja, da war ja noch was. Während die anderen am Tisch lauthals lachten, suchte ich verlegen nach Worten.

"Es ist eine Strafe", half Asuma aus. "Er und der da -" er deutete auf Omoi "- waren nicht ganz so nett zu den Kunoichi in Kumogakure, wie sie eigentlich sollten."

"Oh. Dann hat sicher alles seine Richtigkeit." Der König lachte, und ließ sich wieder an seinem Platz nieder. Ranma-sama schenkte ihm Sake ein.

Ranko-sensei verwandelte sich wieder in das Äffchen und kletterte auf meine Schulter, keine Sekunde zu früh, bevor die Tür aufging, und Hana mit Karin und P-chan zurückkamen.

Perine warf sich, kaum das sie eingetreten war, wieder um meinen Hals. Dies löste irritierenderweise bei Karin und Hana keine Reaktion aus. Sie ließen sich links und rechts von mir nieder als wäre nichts geschehen. Rein gar nichts konnte man aber auch nicht sagen, denn als sie es nach Hanas Erachten zu bunt trieb, griff sie dem Affenmädchen in den Obi und zog sie ein wenig von mir runter. "Du bist zwar ein Gast und so selten da", sagte sie mit mühsam beherrschter Stimme, "aber auch Gäste müssen sich an die Regeln halten."

"Oh, die Regeln." Sittsam setzte sie sich schräg hinter mich, im Saizen, die wohlerzogene Tochter mimend. Allerdings nur für bange Sekunden, dann drückte sie mich von hinten. "Aber er riecht doch heute so guuuuut..."

Karin und Hanako seufzten simultan. "Noch etwas zu essen, Mamo-chan?"

Beide hielten mir ihre Essstäbchen unter die Nase. Notgedrungen aß ich von beiden zugleich.

"Und ich dachte, der Abend würde ab jetzt langweiliger werden", sagte Omoi. "Jetzt hat er ja vier."

"Vier?", fragte ich erstaunt.

"Äh, drei." Er zwinkerte mir zu. Damals verstand ich meinen Freund Omoi nicht. Zurückblickend muss ich sagen, dass das auch gut so war.

***

An der Grenze zum Feuerland trennten sich dann unsere Wege. Kirabi-samas Gruppe würde nun wieder zurückkehren, nachdem sie uns sicher bis zur Grenze eskortiert hatten.

Allen, vor allem uns Jungen, war klar, das wir einander eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen würden. Die Erwachsenen nahmen es eher gelassen wie Jounin und zeigten den Schmerz über den Abschied nicht. Im Gegenteil, Asuma und Kirabi-sama wechselten ein paar derbe Worte und Scherze miteinander, während die Frauen eine gute Reise wünschten.

Omoi und die Mädchen waren da ganz anders. Karui lag sich heulend mit Hanako in den Armen, Samui musste die völlig aufgelöste Karin trösten, und selbst dem großen und selbstbewussten Omoi schimmerten die Augen. "Du darfst ruhig weinen, wenn du möchtest."

Ich wischte mir über die nassen Augen. Ich hatte mich schon öfter verabschiedet, auch für längere Zeit, aber noch nie mit einem so ungewissen Ausgang dessen, was passieren konnte. Wir waren Ninjas, konnten morgen Feinde sein, oder irgendwo in der Ferne sterben, ohne ein Grab zu bekommen. In diesem Moment hatte ich einfach Angst, Omoi und die Mädchen niemals wieder zu sehen, oder vielleicht als Feinde. Das war etwas, was ich nicht wollte. Nein, niemals. Aber da war die Pflicht der Shinobi. Die konnte ich nicht ändern, ohne unzählige andere Menschen zu gefährden. Deshalb liefen mir die Tränen. Omoi, Karui und Samui bedeuteten mir etwas. Wir waren Freunde. Richtig gute Freunde.

"Soll ich dir schreiben?", bot Omoi mit aufgesetzter stoischer Ruhe an.

Ich wischte mir erneut über die Augen und schüttelte den Kopf. "Mach dich nur bereit für den Tag, an dem ich dich besuchen komme."

Bevor ich es bemerkte, hatte Karui mich ergriffen und an ihren Busen gedrückt "Versprichst du das, Mamo-chan? Kommst du uns mit unseren beiden süßen Mädchen Hanako und Karin besuchen?" Sie schniefte laut, bevor sich die Tränen wieder Bahn brachen.

"Natürlich verspreche ich das. Wenn wir nicht gerade Krieg haben."

"Es wird keinen Krieg zwischen Konoha und Kumo geben", versetzte sie wütend, so als ob sie alleine das verhindern konnte. Übergangslos begann sie erneut zu heulen.

Omoi indes sah sich von Hanako umklammert. Ein wenig hilflos strich er ihr über den Blondschopf.

Samuis Hand legte sich auf Karuis Schulter. "Gehst du zu Karin-chan? Sie nimmt es besonders schwer." "Natürlich. Kariiiin-chaaaan!"

Nun schloss mich die Chunin in die Arme und drückte mich fest. "Dass du mir nur nach Kumogakure wieder kommst, wenn du ein Chunin bist, hast du gehört, Mamo-chan?" Sie legte den Kopf schräg und berührte dabei meine Wange mit ihrer. "Oder wenn du dir sicher bist, dass du bald einer wirst."
 

Uzuki-sensei klatschte in die Hände. "Genug Tränen vergossen. Ihr seid stolze, siegreiche Shinobi. Es wird Zeit, dass wir nach Hause aufbrechen."

Langsam lösten wir uns voneinander. Und wieder musste ich mir über die feuchten Augen wischen. Wir hatten hier wahrlich Freunde gefunden, richtig gute Freunde. Das würde sich auch nicht ändern, wenn ein Jahr oder mehr verging, bevor wir uns wieder sahen.

Dann standen wir uns gegenüber. Auf der einen Seite Kirabi-samas Gruppe, auf der anderen wir mit Uzuki-sensei, Asuma und Kurenai-sensei.

"Also dann, wir sehen uns", sagte Kirabi-sama, winkte, und sprang davon. Die anderen winkten ebenfalls und folgten ihrem Teamführer.

Als sie im nahen Wald verschwunden waren, atmete ich noch einmal tief durch, seufzte und wischte mir ein letztes Mal über die Augen.

"Das war doch nicht gelogen, oder, Mamo-chan?", fragte Karin schüchtern. "Ich meine, das wir sie besuchen gehen. Irgendwann."

"Nichts könnte mich jemals davon abhalten", versprach ich.

"Eventuell komme ich dann sogar mit!", rief eine vertraute Stimme hinter uns, begleitet von einem asthmatischen Huster.

Überrascht wirbelten wir herum. "Hayate-sensei!"

Ohne nachzudenken lief ich los. Auch Karin und Hanako liefen auf ihn zu. So als wenn wir noch die unschuldigen zwölfjährigen Kinder frisch von der Schule wären, fielen wir Sensei stürmisch um den Hals. Uzuki-sensei war ein guter Ersatz für ihn gewesen, aber wir hatten ihn vermisst.

Bei unserem Ansturm fiel Sensei um wie ein Kartenhaus. Aber er tat es freudig lachend.



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