Anime Evolution: Krieg von Ace_Kaiser (Fünfte Staffel) ================================================================================ Kapitel 5: Gefährliche Liebe ---------------------------- Prolog: Als der Hawk auf dem mächtigen Mecha-Träger XIANG landete, folgten ihm drei weitere Maschinen: Ein zweiter Hawk, ein Sparrow und ein Eagle. John Takei unterdrückte ein Schmunzeln, als er an die drei Piloten dachte, für die er zuerst auf dem Träger und danach auf Atalantis das Kindermädchen spielen musste. Immerhin hatte er sie auf vier runter gehandelt und nur die besten der Kids mitgenommen, derer er sich angenommen hatte. Sie waren definitiv die Besten aus der Horde, die heimlich ihr KI und den Mecha-Kampf trainierte, um ihren Teil zum Schutz der Erde beizutragen, auch wenn ihre eigentliche Motivation hinterfragt werden sollte. Jedenfalls hatte er das Beste aus dem gemacht, was sich ihm geboten hatte. Und das Beste war enorm, wenn man die Jugend und die relativ kurze Zeit bedachte, die Haru Mizuhara damit verbracht hatte, diese spezielle Truppe zusammen zu führen. Ein wenig fühlte sich John an die Zeiten erinnert, als solche Ausnahmepiloten wie Akira Otomo und Megumi Uno den Himmel beherrscht hatten. Der Gedanke ließ ihn schmunzeln, denn es gab Akira, es gab Megumi, und dann gab es lange Zeit nichts, bevor es mit Yohko Otomo und Makoto Ino weiter ging. Danach kam eine neue Pause, und hier reihten sich dann die anderen Piloten zur Elite auf. Leute wie Yoshi Futabe, Hina Yamada, Doitsu Ataka, Torum Acati... Diese jungen Leute hatten sicherlich das Potential, eines Tages auf dem Level der Titanen oder gar der Hekatoncheiren zu sein. Aber Ausnahmetalente wie Akira und Megumi waren sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Der Gedanke beruhigte ihn ungemein. Er hätte nicht gewusst, wie er einen zweiten Akira zu bändigen gehabt hätte. Als John sich abschnallte, glitt das Cockpit automatisch auf. Hilfreiche Hände streckten sich ihm entgegen, und dankbar ließ er sich von den Chinesen und Koreanern aus dem Sitz helfen. Sie waren über vier Stunden geflogen, um den Anschein erwecken zu können, von Hawaii gekommen zu sein, und steife Knochen in den ersten Minuten waren stets der Preis für eine sitzende Tätigkeit. Der Eagle hatte nun ebenfalls Parkposition erreicht und öffnete das Cockpit. Ob Takashi auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, wie produktiv seine kleine Schwester mittlerweile war? Es war offensichtlich, dass ihr Bruder nicht sehr viel Zeit und Gelegenheit hatte, einen bequemen Vorsprung vorzulegen. Sie würde ihn einholen. Irgendwann sicher. Und sie sah zudem auch noch besser aus. Sehr viel besser, wenn er sich den großen, breitschultrigen Mann mit dem stets mürrischen Gesicht in Erinnerung rief. Auch ihr reckten sich die helfenden Hände der Techniker der Xiang entgegen, aber sie wehrte höflich und bestimmt ab. Mit einem Satz war sie auf dem Boden und stand dort so selbstverständlich mit beiden Beinen fest auf dem Flugdeck, als hätte sie hier das Kommando inne. Ihr folgte Philip King, ihr amerikanischer Berater und Stellvertreter. Er nahm es etwas steifer und ließ sich helfen, als er sich vom Bordschützensitz abschnallte. Der Sparrow, als Vorletzter gelandet, öffnete nun ebenfalls das Cockpit, um Sven Dorff an die frische Luft zu lassen. Die Dorffs gehörten zu einem der japanisch-deutschen Mischclans, die im zwanzigsten Jahrhundert entstanden waren und mittlerweile eine starke dynastische Macht in der Wirtschaft darstellten. Einer Entwicklung, die auf Michael Berger zurück zu führen war, den Fioran, der im Kronosierkrieg einen Großteil der Kriegsindustrie der verbündeten Nationen koordiniert hatte. Heutzutage war sein Aufenthaltsort geheim, es war nicht mal sicher, ob Berger auf der Erde war. Aber wo immer er war, der Ärger konnte nicht weit sein. Bei ihm gab es weniger Explosionen als bei einem Akira Otomo, aber dennoch war seine Anwesenheit stets mit unglaublichen Umwälzungen verbunden. Wie auch die Dorff-Familie bewies, aus der letztendlich auch die Futabes hervor gegangen waren. Das machte Sven zu einem sehr weitläufigen Cousin von Yoshi Futabe, und wie es aussah auch zu einem passablen KI-Anwender. John wollte ihn nicht KI-Meister nennen, noch nicht, aber dieser Titel schien ihm nicht mehr fern zu sein. Der zweite Hawk war mittlerweile ebenfalls geöffnet. Der kanadische Kadett Luc Valsonne war ihm entstiegen. Der junge Offiziersanwärter schwatzte bereits aufgeregt mit den Technikern und gab ihnen kleine Anweisungen für die Wartung und Pflege seiner Maschine. John wusste nicht, wo der Kanadier Mandarin gelernt hatte, aber er sprach es, und das beinahe akzentfrei. Das verwunderte ihn doch ein wenig, war er eigentlich davon ausgegangen, dass die Amerikaner von der ganzen Welt erwarteten, dass sie ihre Sprache sprachen, und sie damit selbst keine neuen Sprachen lernen mussten. Valsonne hätte ein kometenhafter Aufstieg zugestanden, zumindest in der UEMF, die sich noch immer mit jedem Tag ein wenig vergrößerte. In den kanadischen Streitkräften hingegen wäre er trotz seiner Fähigkeiten nur sehr mühsam voran gekommen, so ganz ohne Krieg und gefallene Vorgesetzte. Wenn das alles hier vorbei war, dann würden diese vier hier ganz oben auf der Liste derjenigen stehen, die von der UEMF angeworben werden würden. "Spezialist Takei?", klang eine angenehme Baritonstimme neben ihm auf. John wandte sich um und unterdrückte den Drang zu salutieren. Takei war Testpilot, einer der Besten zwar, aber seit dem zweiten Marsfeldzug kein Militär mehr. "Richtig." Er musterte die Tressen des Offiziers vor sich. "Und Sie sind, Commander?" "Steven Wang, Erstes Bataillon der Gelben Tiger." Die Gelben Tiger, oder auch 8. Mecha-Kampfgeschwader, war die Bordeinheit der XIANG. Sie bestand aus drei voll bestückten Bataillonen und umfasste somit einhundert Mechas der vier Grundgattungen. Jedes Bataillon und die Regimentsführungskompanie verfügten je über einen Phoenix, um die Koordination der unterstellten Einheiten zu optimieren. China hatte speziell für dieses Geschwader auch zwei LRAO für die Luft- und Raumaufklärung erworben. Denn auch wenn die XIANG sich nicht in den Weltraum erheben konnte - die Gelben Drachen konnten es! Und China war mehr als gewillt seinen Teil an der Verteidigung der Welt zu tragen. Und auf einem Planeten, der zu achtzig Prozent mit Wasser bedeckt war, bedeutete ein Mecha-Träger erhöhte Flexibilität. "Hong Kong-Chinese?", folgerte John. Der chinesische Offizier lachte auf eine sehr sympathische Weise. "Taiwanese. Korea und wir haben mit der Volksbefreiungsarmee seit dem ersten Marsangriff einen Kooperationsvertrag, der uns verpflichtet, im Ausland operierende Verbände gemeinsam aufzustellen. Es klappt ganz gut." "Freut mich zu hören." John reichte dem Taiwanesen die Hand und drückte kräftig zu. Wang nickte in Richtung der vier Juniorpiloten. "Das sind Ihre Kids?" John Takei nickte ernst. "Ja, das sind sie. Und sie haben ein Talent, das ich in manchen Militärschulen nicht gesehen habe, seit Blue Lightning den Himmel dieser Welt beherrschte." Skeptisch sah der Taiwanese ihn an. "Wollen Sie das wirklich durchziehen? Ich meine, Atlantis..." "Sprechen Sie nicht darüber. Alle vier trainieren ihr KI und könnten uns hören. Und ja, wir ziehen es durch. Ich darf annehmen, dass Ihre Leute instruiert sind?" "Keine Sorge. Was uns angeht, sind Sie Ausbilder an der Alberta Mecha Academy und machen mit vier Ihrer Schüler eine Weltumrundung." Eine gewisse Unsicherheit huschte durch den Blick des Asiaten. "Sind Sie sicher, dass Sie keine Rückendeckung wollen? Ich könnte einen LRAO rauf schicken, für den Fall der Fälle, und eine Kompanie in Bereitschaft halten." John schnaubte amüsiert. "Danke, dass Sie sich um uns sorgen, Commander. Aber wenn es geht lassen Sie uns diese Mission so authentisch wie möglich machen. Dies hier ist nicht nur eine Beschäftigungstherapie, sondern auch eine Art Test. Wenn möglich wollen wir ein Kuratov-Syndrom in jeglicher Hinsicht vermeiden." "Kuratov-Syndrom", erwiderte der Taiwanese grinsend. "Die einzigen die sich nicht darüber beschweren konnten waren die UEMF-Mechastreitkräfte, als sie plötzlich und aus heiterem Himmel ein ganzes Bataillon mit einigen der besten Piloten der Erde erhalten haben. Viele Staaten sehen das heute noch als Desertion an." "Und etwas ähnliches möchten wir hier verhindern", schloss Takei. "Ich nehme an, Sie haben Räume für uns vorbereitet?" "Natürlich. Sammeln wir Ihre Schutzbefohlenen ein, dann zeige ich Ihnen alles. Es ist etwas eng, aber sehr gemütlich, Spezialist Takei. Wir... Oh, Ärger." Wangs Kopf fuhr zum Turmaufbau herum, der wie in alten Zeiten die Brücke des Trägers beherbergte. Eine Sekunde später begann die Alarmsirene zu heulen. Der Rhythmus ließ keine Zweifel daran zu, worum es ging: Großalarm. John warf sich auf dem Absatz herum und eilte zu seinem Hawk. Wang trennte sich von ihm, sprach hastig in einen Kommunikator, den er aus seiner Jacke gezückt hatte, und die Mitglieder der Alarmrotte stürmten aus dem Untergrund des Trägers an die Oberfläche, um ihre vorbereiteten Mechas zu bemannen. Auch seine vier Schützlinge liefen zu ihren Mechas zurück. Die gleichen chinesischen Techniker, die ihm heraus geholfen hatten, vervollständigten diesmal die Anschnallprozeduren. John nahm einen kurzen Check vor und rief dann die anderen Mechas seiner Gruppe. "Ich nehme nicht an, das hier ist ein chinesischer Trick, um an unsere Mechas zu kommen?", klang die leicht erschrockene Stimme von Haru Mizuhara auf. "Mitnichten, sonst wären wir nie bis zu unseren Maschinen gekommen", erwiderte Takei. "Wir starten nach der Freigabe durch das Bodenpersonal und sammeln uns einen Kilometer hinter dem Träger. Dort stören wir weder die Start-, noch die Landeoperationen." "Was ist wenn die Chinesen unsere Hilfe brauchen?", klang die Stimme von Dorff auf. John schaltete die Hilfsmonitore dazu und hatte nun von allen vier seiner Schäfchen ein Bild. "Das ist durchaus möglich, aber wir sollten den Chinesen die Gelegenheit geben, unsere Unterstützung zu suchen. Seid ihr startbereit?" Alle drei Mechas bestätigten. "Okay, wie besprochen erst einmal sammeln." Er wechselte die Frequenz. "Verbindung zur Brücke der XIANG. Hier Spezialist Takei. Was ist passiert, XIANG?" "Takei, hier spricht Admiral Lu. Starten Sie sofort und begeben Sie sich auf eine Reserveposition. Weitere UEMF-Einheiten sind angefordert und werden Sie integrieren. Wenn es schlimm kommt werde ich Sie und Ihre Kinder eventuell anfordern müssen." Takei erschrak. Wenn der alte und stolze Offizier schon jetzt davon sprach, ihre Hilfe zu beanspruchen, musste es übel sein, richtig übel. "Wir haben eine gewaltige Wassersäule in achtundvierzig Kilometern Entfernung die sich aus einem Tiefseegraben nach oben arbeitet. Eine Tsunami-Warnung an alle nächstgelegenen Küsten ist bereits raus." "Lassen Sie mich raten, die Bewegung ist nicht natürlichen Ursprungs?", folgerte John ernst. "Das steht zu befürchten. Ein Seebeben oder einen Vulkanausbruch gibt es nicht. Die UEMF befürchtet, es könnte sich um einen Strafer der Götter handeln, der wer weiß wie lange da unten gelegen hat und jetzt aufsteigt, um uns Ärger zu machen." Die Stimme des Admirals, zuvor rau im Angesicht des puren Grauen dieser Information, wurde hart und volltönend. "Machen Sie sich keine Sorgen, Takei. Wir kennen unsere Pflicht unserem Vaterland und der Welt gegenüber. Die XIANG und ihr Begleitverband werden kämpfen." "Wir sind zur Unterstützung bereit", murmelte John, mehr automatisch, weniger aus Überzeugung. Ein Strafer auf der Erde? Was für ein wahnsinniges Szenario. Was für eine Gefahr. Eikichi Otomo würde alles schicken was fliegen konnte. "Dafür danke ich Ihnen. XIANG Ende." Die Startfreigabe kam, und die vier Mechas erhoben sich in den Himmel. Wie abgesprochen sammelten sie sich einen Kilometer hinter dem Träger. Ein Verband Hawks zog an ihnen vorbei und bewies damit, das sie der Gefahr nähergerückt waren. Der Anführer flog einen Phoenix und kontaktierte John. Es war Wang. "Haben Sie einen Rat für mich, John? Ich war nicht auf dem Mars." "Ja, den habe ich. Blockieren Sie den Weg des Strafers in die Stratosphäre, so gut Sie können. Er wird seine Hauptwaffe nicht einsetzen, solange er sich selbst mitsamt der Erde vernichtet." "Ich werde daran denken. Wünschen Sie uns Glück." "Alles Glück, das den Fliegern der Erde zur Verfügung steht, Steven." Der andere Pilot bedankte sich, indem er seinen Phoenix kurz mit dem rechten Arm winken ließ, dann verschwand die Einheit Richtung Südwesten. John schaltete sich wieder auf den Staffelfunk seiner kleinen Truppe. "Sie befürchten, das ein Strafer gerade vom Meeresboden aufsteigt. Die Kacke dampft, Leute." Haru lachte auf. "Also, entweder sind wir hier in was großes hinein geraten, das für uns zu groß ist und uns zerstören wird", sagte sie, "oder wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort." "Ein wenig von beidem, schätze ich", meinte Dorff. Valsonne lachte rau auf. "Und ich dachte, so etwas passiert nur Akira Otomo." "Akira ist nicht auf der Erde. Also erbt der nächstbeste Pilot sein Glück", murmelte John ernst. "Werden wir eingreifen?", hakte Mizuhara nach. "Ich meine, werden wir gegen den Strafer kämpfen?" "Es geht um die Rettung der Erde. Wenn uns die Chinesen brauchen, wenn die UEMF uns braucht, werden wir auch kämpfen", erwiderte John ernst. "Gut. Ich dachte schon, Sie wollten uns schonen, während da draußen unsere Piloten um die Rettung der Erde kämpfen, John." "Manche Dinge gehen einfach vor", erwiderte er zynisch. Akira hatte das nie verstanden. Allerdings war er es, der nie geschont wurde. 1. Normalerweise galt Dai-Okame-sama, der große König der Wolfs-Dämonen, als äußerst mundfaul. Darüber hinaus war er auch noch manipulativ, berechnend und übertrieben stolz, wenn es um die Interessen der Dämonen ging. Umso mehr musste es jeden eingeweihten Beobachter verwundern der ihn in dieser Szene sah: friedlich in einem Straßencafé sitzend und mit einem anderen Dai, Tyges von der ADAMAS, plaudernd. Dabei wirkte der große, grauhaarige Mann äußerst gelassen, geradezu heiter und entspannt. Und das, obwohl neben Tyges noch ein dritter Dai am Tisch saß, der noch größere Macht hatte als der alte, erfahrene Dämonenkönig: Dai-Sphinx-sama. Die als Major Cynthia Andrews bekannte Frau war nach eigener Aussage über fünftausend Jahre alt, und galt als unbändig, unberechenbar und als Genuss-Dai. Im Moment aber war sie wie eine normale junge Frau im normalen Gespräch mit zwei Männern in einem beliebigen Straßencafé an einer belebten Straße von Fushida City. Von ihrer Sprunghaftigkeit und ihrem überzogenen Bedürfnis nach Nähe war im Moment nicht viel zu bemerken. Im Gegenteil, sie wirkte ein wenig abwesend. Tyges wedelte mit seiner Rechten von Cynthias Augen. "Sphinx?" Erschrocken sah sie auf. "Was? Oh, entschuldigt, ich war in Gedanken. Es ist so viel passiert in letzter Zeit, ich fürchte ich komme nicht ganz hinterher." Sie lachte leise. "Kitsune hat mich gewarnt, dass das Leben in Akiras Nähe im Zeitraffer abläuft, aber sie hat mir leider verschwiegen, dass er kosmische Ereignisse anzieht wie ein Magnet Eisenspäne." Sie schüttelte ungläubig den Kopf. "Jetzt ist er also ein Reyan Maxus. Schade, ich habe geglaubt, dass er ein guter Kandidat für den Aufstieg zum Dai ist." "Wir haben alle unsere Erwartungen in Akira", sagte Okame ruhig und nahm einen Schluck Kaffee. Dabei legte er eine Affektiertheit an den Tag, die vermuten ließ, er würde mit der britischen Königin im Buckingham Palace dinieren, und nicht irgendwo in den Straßen der AURORA. Es fehlte eigentlich nur noch der abgespreizte kleine Finger. "Und unsere Erwartungen wurden enttäuscht, erfüllt oder übertroffen. Der Junge hat sich mit einem Dai angelegt ohne es zu wissen, damals auf dem Mars. Und mit Torum Acati hatte er einen Halb-Dai zum Gegner, den er beinahe bezwingen konnte. Im direkten Duell. Himmel, er ist nur ein Mensch!" Tyges runzelte die Stirn und nippte an seinem Milchshake. Seit er und seine Leute von West Ends Hangar für die ADAMAS auf die AURORA gewechselt waren, hatte er für viele terranische Speisen Vorlieben entwickelt. Außerdem einige Allergien, die eigentlich einen Dai nicht beeinträchtigen sollten. Auf jeden Fall war das Nahrungsangebot vielfältiger und geschmacklich erfüllender als in der kleinen Enklave, die sein Volk und das ehemalige Kommandoschiff geschützt hatte. "Aris Arogad ist ein sehr mächtiger Mensch. Ich habe die Transformation von Prime gesehen. Selbst unter den Dai meines Volkes kenne ich vielleicht drei, die zu solch einer Tat fähig wären. Und er hat sie unbewusst ausgeführt. Beinahe muss man froh sein, dass er sich als Dai disqualifiziert hat. Stellt ihn euch mit der Macht Kitsunes vor. Welche Macht im Universum würde sich gegen ihn stellen können?" "Keine. Er würde sie einfach alle mit reißen", spöttelte Sphinx. "Das befürchte ich auch", brummte Okame und orderte eine neue Tasse. Er schnaubte amüsiert. "Was mich zu einem ganz anderen Problem bringt. Tag und Nacht." "Oh ja, ein sehr interessantes Thema." Cynthia nickte gewichtig zu den ernsten Worten den großen, breitschultrigen Wolfsdämonen. "Dafür, dass Michi so schwer verletzt wurde, als der KI-Attentäter ihn anstatt Akira getroffen hat, ist er ziemlich schnell wieder auf die Beine gekommen. Ich bin immer noch sehr verwundert über die KI-Rüstung, die er angelegt hat. Er hat sich noch nie in einen Tiger verwandelt, oder? Und ein unerfahrender Daina wie er, selbst wenn er ein halber Dai ist, kann und darf nicht die Fähigkeit zu dieser Transformation haben. Ich habe es geprüft. Es war keine KI-Rüstung, es war eine komplette Verwandlung. Du hast es sicher auch gemerkt, Okame." Dai-Okame ließ ein kurzes Lächeln sehen. Eine Geste mit Seltenheitswert bei dem alten Dämonenkönig. "Natürlich habe ich es gemerkt. Ich bin der beste Heiler der Erde. Und ich frage mich immer noch, wie Toras Sohn so etwas schaffen konnte. Die einfachste Erklärung wäre, dass Tora ihn von klein auf trainiert hat. Aber dagegen spricht, dass er seinen Feinschliff als KI-Meister ausgerechnet von Akira bekommen hat." "Für das Rätsel gibt es eine einfache Lösung, aber sie behagt mir nicht. In keinster Weise. Sie ist unangenehm, unbequem, und wird mehr als einem Dämonen nicht passen. Oder um es mal konkret zu sagen: Es wäre einen Aufstand wert." Tyges und Okame sahen interessiert herüber. Die junge Frau mit den strohblonden Haaren winkte ab. "Fragt nicht. Fragt einfach nicht. Ich sage nur soviel: Mir ist da einiges klar geworden. Außerdem ist das ja noch nicht alles, oder? Nach dem Tag kommt auch noch die Nacht. Ihr erinnert euch an den KI-Sturm, den Akari entfesselt hat, nachdem Michi tödlich getroffen zu Boden ging?" "Sie hat sicherlich gemerkt, das er gestorben war, bewusst oder unbewusst", kommentierte Tyges. "Nur seine Dai-Seite konnte auf diese Weise nicht sterben. Nicht so schnell, meine ich. Sie hat es gesehen." "Das alleine wäre schon erstaunlich genug. Aber die Verwüstungen, die sie angerichtet hat, waren noch viel erstaunlicher", murmelte Okame. Er deutete auf eine Ausfallstraße. "Ihr wart nicht dabei, aber in diese Richtung liegt das Loch, das Akira zusammen mit Torum Acati gebohrt hat, als die beiden einen verbissenen Zweikampf ausgefochten haben. Ihre Auren lösten die molekularen Bindungen der Materie in ihrer Umgebung auf. Es war ein sehr erschreckender Anblick, und hätte Akira nicht nachgegeben, dann hätten sich die beiden einmal bis durch den Bodensockel unseres Giganten gearbeitet. Mit allen damit verbundenen Konsequenzen." "Interessant. Ich glaube, ich habe mal ein Video dazu gesehen. Habt ihr das Loch wieder zugeschüttet?", fragte Tyges interessiert. "Wir haben einen Fahrstuhl eingebaut. Das Loch reicht bis in die Grey Zone hinab, die mittlerweile industriell genutzt wird. Es war eine gute Gelegenheit und besser als das Loch einfach wieder zu zu schütten. Wie hat Sakura es gleich genannt: Gelegenheiten sind dazu da, um genutzt zu werden." "Ich nehme an, du willst damit sagen, dass Akari ebenfalls die Materie in ihrer Umgebung aufgelöst hätte, wenn sie nicht gestoppt worden wäre." "Bingo, Sphinx." "Na Klasse. Eine durchgetickte Viertel-Dai auf Vernichtungstrip hätte dem Schiff gerade noch gefehlt." Tyges hob fragend eine Augenbraue. "Wie redest du denn über deine eigene Enkelin, Cynthia?" Die blonde Frau schnaubte amüsiert. "Sie ist meine Enkelin, und ich kann über sie reden wie ich will. Euch hingegen würde ich windelweich schlagen, wenn ihr so etwas über meinen kleinen schwarzhaarigen Engel sagen würdet." "Schon verstanden", erwiderte Tyges und hob abwehrend die Arme. "Apropos verstanden. Wie hat sich dein Volk eingewöhnt? Hat es sich denn eingewöhnt?" "Meine Daina? Tyges machte eine sehr nachdenkliche Geste. "Dafür, das wir unseren alten Lebensraum aufgeben mussten, dass wir uns in eine bereits bestehende Einheit integrieren mussten, dass wir aufgeteilt wurden, geradezu zershreddert, hier auf Fushida City, die Appartements in den Wänden und die kleinen Ortschaften zwischen den Feldern, haben wir es eigentlich ziemlich gut verdaut. Das, und den Kulturschock. Ursprünglich, im Hangar der ADAMAS, waren wir eine kleine Agrar-Gesellschaft, die ohne Technologie auskam und auf dem regelmäßigen Kontakt untereinander beruhte. Heute aber hören die Leute Joan Reilley auf tragbaren Playern, fahren mit dem Schnellzug in die Wand zur Arbeit und chatten den ganzen Tag über das interne Kommunikationsnetzwerk der AURORA. Ich hoffe doch sehr, das die Verbundenheit, dass die Gemeinschaft, die wir damals hatten, hier nicht ersetzt wird. Integration ist schön und gut, aber meine Leute haben eine eigene Identität, die sie nicht vergessen dürfen. Das unterscheidet sie nicht vom Core oder von den Anelph." Er lächelte aufrichtig. "Davon abgesehen bin ich natürlich sehr froh, dass Sakura-chan uns erlaubt hat, mitzufliegen. Einmal ganz davon abgesehen, das uns die totale Auslöschung durch einen Strafer gedroht hätte, bin ich sehr dankbar, dass ich die Verantwortung für mein Volk nun nicht mehr vollends alleine tragen muss, dass es eine Zukunft hat." Cynthia nickte verstehend. "Hast du schon weitere Pläne? Hat dein Volk bereits beschlossen, wohin es gehen will, wenn diese Reise zu Ende ist?" "Wir hoffen darauf, auf dem Mars siedeln zu können, so wie die Anelph und die Kronosier. Der grüne Gürtel ist mittlerweile groß genug, um uns allen dort Platz zu bieten. Aber ich kann schon jetzt sagen, dass es mir schwer fallen wird, die Kultur meiner Art zu bewahren. Einige werden genau wie bei den Anelph auf die Erde gehen wollen weil sie sich auf dem Mars isoliert fühlen. Die Jungen wissen mit Dingen wie Integrität und Identität wenig anzufangen. Ich fürchte, sie werden zu viel ihrer Loyalität der UEMF schenken. Vielleicht wird es uns als Volk auslöschen. Andererseits, wenn wir verschmelzen, haben meine Leute mehr Zukunft als jetzt, wo sie nur ein versprengtes Häuflein einer ehemals großen Nation sind. Ich bin nicht sicher wohin die Zeit die Meinen führen wird. Ich bin nicht sicher, was auf uns zukommen wird. Aber ich bin sehr sicher, dass die UEMF von sehr guten Leuten angeführt wird, denen wir vertrauen können. Und langweilig wird es auch nicht." Cynthia lachte. "Den letzten Punkt kann ich nur bestätigen. Langweilig auf keinen Fall. Nicht solange Akira an Bord ist." Die drei Dai tauschten wissende Blicke aus. "Apropos Michi. Seit wann ist er aus dem Krankenhaus entlassen worden?", fragte Tyges wie beiläufig. Sphinx legte nachdenklich eine Hand an ihr Kinn. "Seit drei Tagen. Er ist noch auf Schongang gestellt. Ich hoffe Akari respektiert das und versucht nicht in einem Anflug von Panik, nun, ihrer Dai-Natur nachzugeben. Wieso fragst du?" "Das da ist doch Michi, oder?" Tyges deutete auf einen mittelgroßen jungen Mann in Tarnkleidung, das Gesicht in Tarnfarben angemalt, zusammen mit zwei ähnlich maskierten Gestalten schwatzend über die Straße gehend. Ungläubig betrachtete Sphinx die Szene. "Also, auf die Erklärung bin ich wirklich gespannt." *** Wenn man erst einmal anfängt Phrasen zu benutzen, wird man sie schwer wieder los. Meine bevorzugte Phrase war: Seit ich so alt geworden bin. Das mag nach Ironie klingen, war aber immer mein voller Ernst. Seit einiger Zeit war ich nach geltender terranischer Zeitrechnung einundzwanzig, und damit hatte ich in jedem existierenden politischen System der Erde Volljährigkeit erlangt. Letztendlich. Ich, der legendäre Blue Lightning, der Mann, der zweimal auf dem Mars gekämpft hatte, der Beschützer ungezählter Städte, und, und, und, was es halt an Superlativen noch mehr gab. Seit ich also so alt geworden war, um selbstständig zu sein - ich meine selbstständiger - sah ich viele Dinge etwas anders. Die wichtigste Lektion in meinem Leben war wohl, dass ich überall Freunde gewinnen konnte, wie ich an meiner entfernten Cousine Yuna Omaret Lencis und an meinen Core-Untergebenen Maltran Choaster gesehen hatte. Das war eine sehr erfreuliche Tatsache, wenn man bedachte, dass ich neue Feinde noch viel einfacher gewinnen konnte. Alles in allem hielt ich das für eine sehr positive Entwicklung bei einem jungen Mann, der mit dreizehn in einen Krieg gestürzt worden war, dem man einen Großteil seines Gedächtnisses geraubt hatte, und der in sein neues Leben mit einer Handvoll guter Freunde gestartet war. Wenn ich an meine alte Truppe dachte, mein Schlägerhaufen Akiras Zorn, hatte ich irgendwie einen Anflug an Nostalgie. Es lag beinahe vier Jahre in der Vergangenheit, in einer Vergangenheit die mich geformt hatte. Dennoch eine unglaublich lange Zeit, die in mir die Frage weckte, wie die Dais ihre langen Leben überhaupt aushielten. Wenn sie in einem ähnlichen Tempo wie das meine stattfanden, mussten sie ja alleine am nervlichen Verschleiß schon nach wenigen Jahren sterben. Was war aus uns geworden? Ich hatte meinen Job als Anführer der Hekatoncheiren ein für allemal an Megumi verloren und war im Gegenzug Vize-Prätendent der Iovar geworden, oberster militärischer Anführer des Cores und Eigentümer des Daness-Turms, von Mond und Mars einmal ganz zu schweigen. Was für ein interessanter Tausch, aber eigentlich hätte ich doch lieber wieder die Hekatoncheiren zurück. Nicht diese aufgeblähte Version unserer heutigen Tage, sondern die kleine feine Truppe, die nur aus mir, Yohko, Mako-chan und Megumi bestanden hatte. Meinetwegen auch die kleine Truppe in Bataillonsgröße vor dem zweiten Marsfeldzug. Ich vermisste Thomas irgendwie, Colt, Preach und all die anderen. Einige waren gefallen, andere versetzt worden. Von dieser Einheit waren letztendlich nur sehr wenige übrig, wie Olivier Laroche und Ryu Kazama. Makoto war feigerweise in den Stab desertiert und diente dort als General. Ich wusste nicht was ihm dieser Rang bedeutete, aber der Sold war schon was feines. Yoshi führte ein Regiment der Hekatoncheiren an und war zum festen Freund meiner Schwester geworden. Hoffentlich ließen mir die beiden noch ein, zwei Jahre Zeit zur Gewöhnung, bevor sie mit solchen unglaublichen Sachen zu mir kamen die Verlobung, Heirat und Kinder beinhalteten. Himmel, sie war immer noch meine kleine Schwester, und Yoshi mein bester Freund. Kenji hatte sein Leben mittlerweile auch sehr gut im Griff. Aus seiner Rolle als Stichwortgeber und Statist befreit, führte er heute eines der besten Bataillone der Hekatoncheiren, und führte mit Emi Sakuraba eine glückliche Beziehung. Bei den beiden würde es bald Nachwuchs geben. Ein Umstand, der mir Schweißperlen auf die Stirn trieb und die Frage in meinem Kopf pochen ließ: Was, zum Henker, hast du die letzten Jahre nicht mitgekriegt? Das erste Kind, das in meinem Freundeskreis geboren werden würde... Ich war gespannt, aufgeregt, und noch weit entschlossener als je zuvor, diesen Konflikt zu beenden und diesem Kind ein friedvolles Leben zu ermöglichen. Ihm, den zukünftigen Kindern meiner Freunde, meinen eigenen, falls Megumi und ich jemals so weit kommen konnten und durften, sowie für jeden einzelnen jungen Menschen, der auf der Erde geboren war, seit ich mich zu ihrem Beschützer aufgeschwungen hatte. War es vermessen von mir, die halbe Galaxis beschützen zu wollen? War es vermessen, dass man mir zutraute, die halbe Galaxis schützen zu können? Warum ließ ich es nicht etwas netter und ein paar Stufen ruhiger angehen, so wie Doitsu? Der Erbe eines Yakuza-Clans war nicht nur Regimentschef bei den Hekatoncheiren, er war auch der Oyabun der AURORA geworden. In jeder menschlichen Gesellschaft gab es Subkulturen jeglicher Form, wie ich schon damals festgestellt hatte, als ich in der Gray Zone die Beauftragten der Legaten bekämpft hatte. Seine Aufgabe war schwierig. Er musste die Waage halten zwischen Legalität und den Bedürfnissen, welche die Menschen an eben diese Schattenkultur richteten. Der letzte ehemalige Schläger - Schläger, ha - war Kei, der kleine, zerbrechlich wirkende Kei, der heutzutage als kometenhaft aufgestiegener UEMF-Admiral in Poseidon residierte und die Begleitflotte kommandierte. Ein weiter Weg vom auf dem Schulhof gefakte Kussbilder von mir und Yoshi verkaufenden Computergenius zum zweitwichtigsten Offizier der AURORA-Hierarchie. Seine Beziehung zu Ami war auf jeden Fall etwas, was ich nicht erwartet hatte. Ehrlich gesagt hatte ich lange Zeit an einen Scherz geglaubt, gerade weil die beiden ein so perfektes Paar waren. Es passte alleine schon von der Größe. Kei war ein recht kleiner Mann, und Ami entsprach in ihrer Körpergröße dem japanischen Durchschnitt. Beide waren schlau, gewitzt und erfindungsreich. Die Zeiten, in denen Ami Shirai durch ihren blassen Teint und ihre zärtelnde Erscheinung so wirkte, als würde ein Notarztteam mit Defibrilator jederzeit hinter der nächsten Ecke auf ihren Zusammenbruch lauern, waren natürlich lange vorbei. Wie ich heute wusste,war sie einfach immer übermüdet gewesen. Die vielen Nächte, in der sie als Slayer die Stadt patrouilliert hatte, um die Menschen vor den Youmas zu schützen, welche Tora wieder und wieder auf sie los gelassen hatte, mussten damals ja irgendwann ihren Tribut fordern. Dazu kamen noch Karate und Judo als bewegungsintensive Hobbys dazu. Ich fragte mich wie Kei mit einem Mädchen klar kam, das bereits in ihren Kampfsportarten unterrichtete, und ich fragte mich wie Ami mit einem Jungen klar kam, der so unendlich harmlos wirkte, aber die Kampfkraft der ADAMAS unter seiner direkten Kontrolle hatte. Alles in allem konnte und wollte ich nur hoffen, das ihre Zukunft eine Fortsetzung der Gegenwart sein würde. Aber bitte ohne Krieg und dergleichen. Außerdem hoffte ich wirklich, dass nach den Göttern nicht noch weitere Gegner wie dahin gezaubert auftauchen würden, und wir uns danach den reichlich vorhandenen inneren Sorgen und Problemen zuwenden konnten, wie den Logodoboro und ihre Sezession aus dem Naguad-Imperium. Oh, es gab viel und reichlich zu tun für uns. Beinahe musste man sich fragen, wie wir genügend Zeit zum schlafen und für die eine oder andere Party hatten, wenn sich die Probleme derart häuften. Andererseits gab es genügend Probleme, denen ich mich mit Vorliebe widmete, und im Moment war es das Problem mit dem Geisterregiment Blue Lightning, das niemand kannte, nie aufgestellt worden war und dem niemand angehörte. Ein Regiment mit meinem alten Callsign, das nie gegründet worden war, was für eine interessante Entwicklung. Ich gebe zu, die anderen und ich waren kein alltägliches Bild, als wir uns in Tarnkleidung und mit bemalten Gesichtern an den Außentischen von Gina Casolis Restaurant nieder ließen. Wir, das waren Yoshi, Joan, Ban Shee, Doitsu, Kei und natürlich ich. Aber zumindest lösten wir keine Panik aus, nur einen Pulk sehr interessierter Leute, die uns teilweise durch die halbe Stadt gefolgt waren. Ich bezweifelte, das ich erkannt worden war. Andererseits war ich für meinen mitunter skurrilen Humor und meine Fähigkeit bekannt, stets im Mittelpunkt allgemeiner Aufmerksamkeit zu stecken. Allerdings hielt ich es schon seit einiger Zeit für vermessen, mich selbst zum Mittelpunkt des Universums zu erklären. Demnach folgten sie den merkwürdigen, bekloppten Typen in Tarnfarben und bemalten Gesichtern, die durch die Innenstadt schlenderten, aussahen als würden sie in den Krieg ziehen und sich benahmen als wollten sie shoppen. "Also wirklich!", klang die vertraute und helle Stimme von Gina Casoli auf. Die junge Frau sah mich ernst an, während ihre kleinen Hände fest in die Hüften gestemmt waren. "Akira Otomo! Wenn du meinen Laden populär machen wolltest, hast du es geschafft. Aber ich befürchte, er ist nun auch berüchtigt." Ich lachte. "Beides ist gut fürs Geschäft, oder?" "Zugegeben", murmelte sie. "Karte?" Ich nickte. Warum nicht? Wir waren nicht die Treiber, wir waren die Baumschüttler. Der Rest würde nicht dadurch entschieden wie schnell meine gemischte Truppe war, sondern wie viel Lärm wir verursachten. Gina teilte die Karten aus, und nicht nur bei einem meiner Begleiter blinzelte sie erschrocken. "Du auch? Und du? Dich hätte ich bei so einer Verrücktheit nicht erwartet. Dich schon." Ich grinste schief, und einige meiner Begleiter reagierten ganz nach ihrem Temperament. Eifrig notierten Gina und eine ihrer Kellnerinnen die Bestellungen meiner Gruppe, während sich die Zahl der Zaungäste weiterhin erhöhte. Flugs waren alle Außen- und Innentische belegt, und das zur eher schwachen Nachmittagszeit. "Und was darf ich dir bringen, Blue Lightning?", fragte Gina mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme. "Einen Tee, einen übermächtigen Feind, einen Mecha?" "Ich nehme den Tee, danke. Und dazu hätte ich gerne noch einmal das Blue Lightning Regiment." Gina stockte. "Das was?" "Du weißt schon. Ein geheimnisvolles, nicht existierendes Regiment, das meinen alten Kampfnamen trägt und wer weiß was tut. Es scheint eine recht hochkarätige Truppe zu sein, wenn sogar meine liebliche Cousine Sora als Fioran-Assasinin Mitglied ist." "Wow. Muss ja ein harter Haufen sein", murmelte sie. "Und genau das versuche ich heraus zu finden." Nachdenklich betrachtete ich die junge Argentinierin. "Sag mal, mein Engel, kann es sein, dass du da auch Mitglied bist? Ich meine, du hast das Wissen und die Erfahrungen von Ai Yamagata und Corinne Vaslot in dir vereinigt, zwei der besten Geheimdienstagentinnen der Welt. Zudem weiß ich, dass du deinen Morgen mit einem Trainingsprogramm beginnst, bei dem sogar die Hekatoncheiren neidisch werden würden." Ich langte nach ihrem Oberarm. "Ein sehr erfolgreiches Training, wie mir scheint. Dein Bizeps ist ganz schön hart." "Ach, das. Stimmt, ich habe ihre Erinnerungen. Und deshalb habe ich auch den Drang, mich fit zu halten. Als mich Corinne noch als KI-Agentin übernommen hatte, da hat sie alles getan, um mich sportlicher zu machen und meine Kampfkraft zu vergrößern. Ich habe mich eben dran gewöhnt, Akira. Für dein Blue Lightning Regiment reicht das aber noch nicht." Ich runzelte die Stirn. Aha. "Du hast allerdings an Operationen teil genommen, oder? Zum Beispiel um Corinnes Körper zu retten. Leider ist das schief gegangen." Ein leises Klirren neben mir verursachte zwei Dinge: einen peinlichen Augenblick für eine unvorsichtige Kellnerin und den Heldentod für ein Eisparfait auf den Steingutfliesen. Unter vielerlei Entschuldigungen begann sie die Scherben einzusammeln. "Du hast die Agentin eingestellt, die mich in der Konstruktwelt des Core töten wollte?", fragte ich gerade heraus. "Nun", meinte Gina verlegen. "Ich brauchte halt noch wen. Und du hast gesagt, wir sind nun alle Verbündete und so." "Hm." Ich beugte mich im Sitz etwas vor. "Wenn ich sie mir ein wenig genauer anschaue, dann kommt mir irgendwas an ihren Augen bekannt vor." Erschrocken erhob sich die junge Frau, die bisher aufgesammelten Splitter in Händen. "Entschuldigt mich, ich hole ein Kehrblech." "Und wenn ich so drüber nachdenke, dann kommt mir diese Attacke im Paradies irgendwie merkwürdig vor. Dieser Angriff schien es irgendwie zum Ziel gehabt zu haben, beide Arme um mich zu schlingen. Es war weniger ein Angriff, mehr eine Umarmung, wenn ich es recht bedenke. Was meinst du dazu, Corinne?" Zu Tode erschrocken ließ sie die Scherben wieder fallen. Mit allen Anzeichen offenen Entsetzens wandte sie sich mir zu. "Du hast es gewusst?" "Nein. Du hast es mir gerade verraten", erwiderte ich ernst. "Du... Du... Du..." Gefangen zwischen Erleichterung, Abscheu und einem Gefühl, das ich nicht definieren konnte, wandte sie sich schließlich doch ab. "Ich hole was zum aufkehren." "Es ist schön, dass ich nun endlich zur Persönlichkeit ein Gesicht kenne", rief ich ihr nach. "Junge, Junge, Akira. Ich dachte wir hätten mal drüber geredet, wie gefährlich du für manche Mädchen bist", brummte Kei verstimmt. "Hä? Aber ich dachte, er hat Megumi-neechan. Hat er es denn da noch nötig zu flirten?", warf Michi erstaunt ein. Yoshi legte dem Jüngeren einen Arm vertraulich um die Schulter. "Das Problem hierbei ist, dass Akira das nicht absichtlich macht. Er ist einfach so. Sieh ihn ein wenig wie den Rattenfänger von Hameln. Die possierlichen Tierchen kommen einfach." "Was für ein überaus schmeichelhafter Vergleich", murmelte Ban Shee Ryon. "Die Geschichte des Hamelner Rattenfängers ist mir leider bekannt. Aber die Assoziation zwischen dem Nager und einer Frau an sich ist mir nicht willkommen." "Können wir bitte zum Thema zurück kommen? Wir konzentrieren uns besser auf den wahren Feind", mahnte ich. "Die Judäische Volksfront!", rief Yoshi enthusiastisch. Er erntete irritierte Blicke. Mit einem peinlich berührten Lächeln winkte er ab. "Schon gut. Nur ein Zitat aus einem meiner europäischen Lieblingsfilme. Ich ziehe den Rattenfängervergleich zurück und ersetze ihn durch einen Magnetvergleich. Besser, Ban Shee?" "Die Vergleiche sind mir persönlich egal", meldete sich Joan Reilley zu Wort. "Mich interessieren hier nur zwei Dinge. Erstens, wie tief steckt mein Schatz Mako-chan in dieser Regimentsgeschichte drin? Und zweitens, wer zahlt die Rechnung unseres kleinen Vespers?" "Akira", sagte Kenji Hazegawa wie aus der Pistole geschossen. "Natürlich Akira. Er hat uns schließlich alle mitgeschleift, oder?", fügte Doitsu hinzu. "Oh, sehr gut. Dann nehme ich nämlich den Jumbo-Becher", erklärte Joan zufrieden. Ich seufzte tief und lang. Nicht nur das wir in unserer Tarnbemalung einen sehr merkwürdigen Anblick boten, unsere Texte hatten auch noch etwas Comedy-haftes. Es fehlten nur noch fliegende Torten. Das Leben konnte manchmal so unwirklich sein. Soweit so gut, aber ich hatte noch immer nichts konkretes über dieses Regiment erfahren, das meinen alten Kampfnamen trug. Ich konnte nur für sie hoffen, dass sie mir Ehre machten. Wenn nicht, würde ich unerbittlich sein. Und der beste Mecha-Pilot der Erde hatte Möglichkeiten genug, um unerbittlich zu sein. Nachdenklich rieb ich meine Stirn. Wenn Makoto darin verwickelt war, dann garantiert auch Opa Aris. Und wenn er mit drin war, dann wusste Sakura garantiert was Sache war. Hm, vielleicht setzte ich hier falsch an; andererseits machte die Suche auf diese Weise mehr Spaß. Auch wenn es für mich teuer werden würde, wie ich erkannte, als Joan auch Ban Shee zum Jumbo-Parfait überredete. Nachdenklich betrachtete ich meine Hände und ließ für einen Augenblick mein KI aufleuchten. So viel war geschehen, so viel hatte ich bereits erlebt, und so viel würde mir noch bevor stehen. War es das alles wert? Natürlich war es das. Ich löschte das KI wieder und ergriff die Karte. Ich gebe zu, ich war mäßig irritiert als die Plastikmappe zwischen meinen Fingern zu Staub zerbröselte. Es weckte unliebsame Erinnerungen an meine erste Begegnung mit Torum Acati. "Äh, Leute, fällt euch eigentlich etwas ungewöhnliches auf?", murmelte ich. "Dein Tischende vaporisiert gerade. Ansonsten ist alles normal", murmelte Yoshi mit einem Blick über seinen Kartenrand. Die blanke Ironie der Situation brach sich in mir Bahn, ich begann zu lachen. Danach hatte ich mein KI wieder vollständig im Griff. Mist, verdammter, diese destruktive Kraft hatte ich eigentlich nie wieder wecken wollen. Und nun war sie aus dem Nichts, ohne meinen Wunsch entstanden. Aber ich hatte sie im Griff, konnte sie wieder abschalten. Wahrscheinlich lag es am Stress. Und ich konnte wohl froh sein, dass ich mir nicht den Stuhl unter dem Hintern wegpulverisiert hatte. "Ich nehme eine neue Karte", murmelte ich ein wenig kleinlaut, denn der Tisch und die alte Karte würden garantiert auf meiner Rechnung auftauchen. Aber irgendetwas sagte mir, dass ich in Ginas Lokal dem Geheimnis des Blue Lightning Regiments ein Stück näher gekommen war. 2. "Bericht!", schnarrte Rooter Kevoran, Kapitän der RASZHANZ, dem wahrscheinlich letzten Kriegskreuzer der Götter, während das Schiff an die Oberfläche von Lemur strebte. Vritrives Acouterasal, die Erste Offizierin, neigte zum Zeichen der Ehrerbietung das Haupt. "Wir haben eine Tiefe von dreiundzwanzig Ran erreicht. Das entspricht im System der Daina dieser Welt zweitausendfünfhundert Meter. Wenn wir weiter bei dieser Geschwindigkeit aufsteigen, dann erreichen wir in fünfzehn Minuten die Oberfläche." "Tarco Parhel, hast du das gehört?" Der Waffenoffizier der RASZHANZ sah auf. "Mein Kapitän?" "Ich erwarte Widerstand von den Daina. Der Key hat uns darüber informiert, welche Streitkräfte uns erwarten. Ja, ich erwarte schon jetzt den ersten Kampf, lange bevor wir überhaupt die Oberfläche erreicht haben. Richte dich darauf ein, deine Drohnen zum Kampf zu schicken." "Sie werden es nicht wagen, einen Kriegskreuzer zu attackieren!", erwiderte der Waffenoffizier fest. "Das ist deine Vermutung, und auf Vermutungen gebe ich nicht einen Deut!", erwiderte Rooter Kevoran. Er winkte den Key zu sich heran. "Haben die Lemurer eine nennenswerte Marine? Über Wasser, unter Wasser?" "Die meisten Kämpfe fanden im Luftraum oder im Weltraum statt. Es bestand keine Notwendigkeit, neben diesen Streitkräften auch die Marine der neuen Zeit entsprechend anzupassen, zumal moderne Mechas auch unter Wasser weit bessere Ergebnisse liefern als wir erwartet haben. Allerdings ist es mittlerweile durchaus üblich, entweder Mechas an Bord von Schiffen zu stationieren oder mit ihnen ganze Träger zu bemannen." "Wie viele dieser Träger gibt es auf der Erde?" "Die meisten tragen Atmosphäregebundene Flugzeuge und Senkrechtstarter. Es gibt nur eine Handvoll, die bereits für die Aufnahme, Wartung und Versorgung von Mechas umgestellt sind. Dies sind die amerikanischen Träger ENTERPRISE, WASHINGTON und WASP mit einer Kapazität von drei Bataillonen, der chinesische Träger XIANG mit ebenfalls drei Bataillonen Mecha-Kapazität, sowie den europäischen Trägern CHARLES DE GAULLE, HOOD und KIEW mit je zwei Bataillonen Kapazität. In dieser Region ist im Moment nur die XIANG unterwegs. Wobei das, wenn ich es anmerken darf, aber relativ egal ist und nur für langwierige Kämpfe entscheidend sein wird, denn mit dem Fahrstuhl-System Titanen-Station und OLYMP haben wir nur wenige hundert Kilometer vor Japans Küste die volle Kapazität von drei Mecha-Regimentern, die in wenigen Stunden jeden Punkt des Pazifiks erreichen können, von den dort stationierten Schiffen und ihren eigenen Mechas einmal ganz abgesehen." "Du malst die Zukunft nicht gerade in den schönsten Farben, Key." "Ich bin nicht dazu erschaffen worden, etwas zu beschönigen, Kapitän", erwiderte Helen Otomo dreist. "Und meine menschliche Komponente wünscht dir nicht gerade Glück, Kapitän." "Ein merkwürdige Key bist du", murmelte Rooter. "Also, mit wie viel Widerstand rechnest du insgesamt?" "Hier und jetzt? Mit keinem gravierenden. An der Oberfläche in fünfzehn Minuten? Mit allem was fliegen kann. Es gibt ein Sprichwort auf der Erde: Viele Hunde sind des Bären Tod. Hunde sind kleine, schnelle, im Rudel jagende Säugetiere. Bären sind einzelgängerische, große und kraftvolle Räuber." "Schon gut, ich verstehe deine Implikation. Dann will ich dir mal etwas über die Taktik des Bären verraten. Zuerst töten wir den Anführer, und dann bedienen wir in der Reihenfolge der Aufträge." Helen lachte leise. "Was ist, Key?" "Deine Worte, Kapitän. Sie klingen so wie mein Sohn oder mein Mann sie aussprechen würden. Schade, dass ihr einander nie kennen lernen werdet. Ihr hättet wahrhaftig Freude aneinander." "Oh, sei versichert, dass ich deinen Sohn und deinen Mann treffen werde. Und wir werden Freude aneinander haben. Tarco Parhel, hast du deine Waffen bereit?" "Nur einen Teil, Kapitän. Die lange Zeit war nicht gut zu ihnen. Ich habe dreißig Prozent feuerklar. Die Reparaturprozesse sind aber im Gang. Im Moment gibt es allerdings auch keine Gefahren. Lediglich in achtundsechzig Ran Entfernung steht ein Schiffsverband, der Unterseeboote in unsere Richtung geschickt hat. Eine erste Analyse ergab, dass sich ihr Flaggschiff XIANG nennt." "Was für Unterwasserschiffe?" "Atomgetriebene und solche mit Batteriebetrieb. Sehr primitiv." "Wir gehen dennoch kein Risiko ein. Wir vernichten sie, bevor wir uns der XIANG zuwenden. Denn die hat, wie wir wissen, die Kapazität für drei Bataillone Mechas." Rooter wandte sich wieder Helen zu. "Key, was ist ein Bataillon? Was ist ein Mecha?" "Ein Bataillon besteht aus dreimal zehn Mechas. Ein Mecha ist eine Art Exoskelett, in dem ein Pilot und eine künstliche Intelligenz stecken. Es gibt verschiedene Mechas, sie sind zudem unterschiedlich bewaffnet. Einige ihrer Piloten können KI-Meister sein." Als sie den verständnislosen Blick des Gottes sah, fügte sie erklärend hinzu: "AO-Meister, Kapitän." "Dann ist die Plage nicht nur auf diesen verdammten Reyan Maxus beschränkt", knurrte Rooter Kevoran. "Hast du Daten über die Kampfkraft dieser Mechas, Key?" "Ich bin Diplomat, kein Militär. Ich kann nur sagen, dass die Kampfkraft unserer Mechas für unsere Gegner immer gereicht hat, Kapitän." "Und damit implizierst du, dass es auch für uns reichen wird, nicht?" Der Kapitän lachte laut auf. "Nun, wir werden sehen. Legehatis Atrino!" "Kapitän?", rief eine junge Frau erstaunt. "Wir sind in einer Daimon eingeschlossen. Ich will, dass du den Weg hinaus findest. Und ich will, dass du uns ein Versteck für die Zeit nach der ersten Schlacht suchst, wo wir uns in Ruhe reparieren können." "Wir zerstören Lemur nicht sofort?", fragte sie zweifelnd. "Nein, wir zerstören Lemur nicht sofort. Hätte ich das gewollt, hätte ich unseren Tod in Kauf genommen und diese ganze Welt aufgebrochen wie das Ei eines Komul", erwiderte der Kapitän scharf. "Du bist unsere Taktikerin, also tue deine Pflicht. Wir werden Lemur vernichten, sobald uns der Durchgang durch die Daimon gelungen ist." "Ich höre und gehorche, Kapitän", erwiderte sie und widmete sich dem Datenfluss an ihrem Arbeitsplatz. "Probleme, die Crew im Griff zu halten?", erkundigte sich Helen spöttisch. "Hm. Sie ist jung. Sie ist fanatisch. Sie hat noch nicht begriffen was der Tod wirklich ist und was er ihr antun wird. Sie denkt immer noch es wäre ehrenvoll, das eigene Leben fort zu werfen. Und das bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit." Beschämt über die Worte ihres Kapitäns senkte Atrino den Kopf. "Und du? Was tust du mit deinem Leben?" Rooter lächelte dünn. "Ich habe es immer als meine Pflicht angesehen, nicht für mein Volk zu sterben, sondern für mein Volk zu töten. Lebend nütze ich den meinen am meisten. Nur wenn ich lebe, bin ich eine Gefahr für meine Feinde." "Es scheint, nicht jeder teilt deine Meinung, Kapitän", erwiderte Helen. Kevoran runzelte die Stirn. "Wie du siehst lebe ich noch immer. Das bedeutet, bis heute habe ich meine Meinung durchsetzen können." "Ein sehr gutes Argument, Kapitän. Ihr drei hättet wahrlich Freude aneinander gehabt", murmelte Helen mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen. "Oder einander verdient gehabt." *** Haru Mizuhara registrierte mit Entsetzen, dass ihre Hände, die sie fest um die Steuersticks geschlossen hatte, zitterten wie Espenlaub. Sie wusste nicht was Espenlaub war, aber sie war sich sicher, dass diese Metapher auf den Zustand ihrer Hände mehr als zutraf. Sie widerstand dem Verlangen, mit der Linken die Rechte zu umschließen und das Zittern damit zu beenden. Sie war noch lange nicht gut genug, um einen Mecha einarmig zu steuern. Ohnehin sollte es nur ein Dutzend Piloten geben, die dieses Kunststück im Gefecht notgedrungen angewendet und es überlebt hatten. Natürlich gehörte Akira Otomo dazu, ihr großes Vorbild. Der Mann, der bereits als Kind für die Erde gekämpft hatte. Der Mann, der alles riskiert, alles verloren und alles gewonnen hatte. Der Mann, von dem selbst ihr Bruder Takashi immer nur mit tiefem Respekt gesprochen hatte, selbst als noch nicht bekannt gewesen war, dass er eigentlich der geheimnisvolle Blue Lightning war. Haru hatte diesen tiefen Respekt damals für sehr erstaunlich gehalten und sich schon damals sehr darüber geärgert, dass sie niemals zusammen mit Akira Otomo auf eine Schule gehen konnte, weil sie ihm vier Jahre hinterher hinkte. Die Hoffnung auf eine gemeinsame Universität hatten sie die letzten Jahre immer zu Höchstleistungen beflügelt, doch sie war grausam enttäuscht worden, nachdem Blue Lightning mit der AURORA zwischen den Sternen verschwunden war. Ihre Versuche, als Familienmitglied ihrem Bruder auf das Gigantschiff zu folgen, hatten nicht gefruchtet. Und um allein auf den fliegenden Koloss zu wechseln hatte sie weder das Alter noch die richtigen Fähigkeiten. Sie war schlicht und einfach zu jung und unerfahren gewesen, all die Jahre. Und seitdem hatte sie hart daran gearbeitet, ihre Qualifikation deutlich zu verbessern und sich als Pilot im Training bei der UEMF zu bewerben. Mit durchaus spektakulärem Erfolg. Sie war sich sicher gewesen, nach dem Abschluss der Oberstufe eine erfolgreiche Bewerbung auf der Fushida-Universität an Bord der AURORA abgeben zu können, ihrem Idol endlich einmal nahe zu kommen, nachdem ihr Bruder sich jahrelang geweigert hatte, seine eigene kleine Schwester Blue Lightning direkt vorzustellen. Sein Ausspruch, sie müsse es aus eigener Kraft schaffen, war sicherlich ungerecht, aber irgendwie auch verdient gewesen. Also hatte sie es aus eigener Kraft versucht, hatte Akira Otomo nachgeeifert, war ihm in so vielen Dingen wie zum Beispiel dem Kendo-Club oder als Schul-Idol nachgefolgt und saß nun tatsächlich in einem Eagle, um die Menschheit zu verteidigen. Allerdings nicht gegen die Daimon, die sie als überaus verdächtig empfunden hatte, sondern ausgerechnet gegen ihren Hauptfeind, die Götter. Wie lange hatte das Schiff wohl auf dem Meeresgrund geruht, bevor es aktiviert worden war? Bevor Atlantis hinter einer Daimon verschwunden war? Also vor ein paar zehntausend Jahren? Ein ehrfurchtseinflößender Gedanke, wenn man bedachte, dass eine Gigantstadt wie Tokyo ohne ständige bauliche Maßnahmen nach weniger als eintausend Jahren von der Natur vom Erdboden getilgt sein würde... Nach zwanzigtausend Jahren hätte es kaum noch Ruinen gegeben. Die Technik der Götter musste erstaunlich hoch entwickelt sein, höher als jene der Naguad, höher als jene der Iovar. Es war zwar einerseits spätestens seit dem Schuss eines Strafers auf die amerikanische Ostküste allgemein bekannt, aber da gab es immer noch einen Unterschied zwischen hören und selbst erleben. So wie sie es jetzt tat. Ihre Hände krampften, das Zittern ließ merklich nach. Sie würde sich diesen Göttern stellen. Sie würde ihre Pflicht gegenüber der Erde und den Menschen erfüllen, die sie an Akiras Stelle beschützte. Sie würde ihr Leben wagen, und wenn es sein musste sterben. Natürlich war sie nicht so gut wie Blue Lightning, das war ihr klar. Kaum jemand reichte an seine gottgleichen Fähigkeiten heran, eine wilde Mischung aus enormem Talent, erstklassigen Lehrern und extrem hoher Lernfähigkeit. Aber sie war für einen Zivilisten hervorragend, im Vergleich mit einem durchschnittlichen UEMF-Mechapiloten weit besser. Und sie lernte verdammt gut, wenn sie etwas praktisch anging. So wie hier und heute. Sie würde Akira Otomo nicht enttäuschen. Im Moment hielt sich der kleine Vierer-Pulk, bestehend aus zwei Hawks, einem Sparrow und ihrem Eagle sich noch am Rand des Operationsgebiets auf. Die Streitmacht der XIANG war dem Gebiet, in dem das Schiff der Götter die Oberfläche erreichen würde, weit näher, hatte sich aber auch schon wieder etwas zurückgezogen. Ehrlich gesagt verstand sie das ebenso wenig wie Admiral Lus Anweisung an die Unterseeboote des Begleitverbandes, die zuerst zum Angriff geprescht waren und nun ebenfalls einen Sicherheitsabstand einhielten. Warum das zögern? Sie waren doch die ersten Einheiten im Zielgebiet, oder? "Haru-chan, John ruft uns." Für einen winzigen Sekundenbruchteil erschrak die schlanke Schülerin der Fushida. Ihr Stellvertreter Philip hatte sich die letzten zehn Minuten auf dem Bordschützenplatz so ruhig verhalten, dass sie ihn beinahe vergessen hätte. "Stell durch." Einer ihrer Hilfsmonitore erhellte sich und zeigte das bekannt herbe Gesicht mit der markanten Augenklappe über dem rechten Auge. "Hergehört, Kids. Wir bleiben vorerst auf unseren Positionen. Auch die Chinesen rücken vorerst nicht weiter vor. Die UEMF greift bereits in den Kampf ein, und wir haben ebenso wie die Chinesen Anweisung, uns unter zu ordnen. Keine Bange, unsere Zeiten für Heldentaten werden noch kommen. Bis dahin üben wir uns in der zweitwichtigsten soldatischen Tugend: Geduld. Fragen?" "Dorff hier. John, wie genau will die UEMF eingreifen? Ich sehe hier keinen einzigen zusätzlichen Mecha anfliegen. Und das verdammte Schiff der Götter ist bald an der Wasseroberfläche. Noch können wir es bombardieren wie wir wollen, aber sobald es erst einmal über Wasser ist, ballert es doch zurück." "Verständlicher Einwand. In diesem Moment kommt die HINDENBURG die Stratosphäre hinab geklettert, um uns zu unterstützen. Ihr gebührt die Ehre des Erstschlags." "Verstehe", meldete sich Valsonne zu Wort, "deshalb halten wir Abstand, um nicht in den Wirkungskreis des Angriffs zu geraten." "Das ist korrekt. Eure Künstlichen Intelligenzen bekommen im Moment eine Überrangberechtigung von mir, die beim Angriff der HINDENBURG zu eigenmächtigen Aktionen führen kann. Fürchtet euch nicht, aber eine K.I. kann bei einem Atomschlag in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen, die ihr nicht könnt." Haru schluckte heftig, hinter ihr keuchte Philip erschrocken auf. "John, hast du gerade Atomschlag gesagt? Die HINDENBURG schießt Atomwaffen ab, hier auf der Erde?" "Hier über dem Ozean. Das ist schon ein kleiner Unterschied", erwiderte der Hawk-Pilot mit einem wilden Grinsen. "Aber das erkläre ich später. Wichtig für uns ist einerseits nicht in die Randgebiete der Explosion zu geraten und andererseits nicht die Tuchfühlung zum Feind zu verlieren. Davon wird alles abhängen. Unser Schicksal ebenso wie das der ganzen Menschheit. Weitere Fragen?" "Eine noch", meldete sich Haru zu Wort. "Wenn Geduld die zweitwichtigste Fähigkeit eines Soldaten ist, welches ist die wichtigste?" Takei kniff die Augenbrauen zusammen. "Zu überleben, um später weiter kämpfen zu können natürlich." Die Künstliche Intelligenz ihres Eagles gab eine Warnmeldung heraus. Haru blickte auf den taktischen Bildschirm und erkannte ein neues markiertes Objekt, das mit hoher Geschwindigkeit aus den höheren Atmosphäreschichten zu Boden, genauer gesagt, dem Wasser des Pazifiks entgegen raste. Die optische Erfassung lieferte das Bild einer fernen, lodernden Fackel. Die K.I. fügte einige technische Daten ein und identifizierte die Rakete als Torchwood VII, dem gängigen Torpedomodell für den Raumkampf, die in der Lage war, eine Megatonne Sprengkraft ins Ziel zu tragen. "Da kommt die Bombe", flüsterte Philip ergriffen. "Es sieht aus als wäre Ikarus erneut der Sonne zu nahe gekommen und würde nun wieder zur Erde stürzen." "Hm. Ich wette, dieser Ikarus wird mit einem größeren Wumms aufkommen als der aus der griechischen Sage", murmelte Haru als Antwort. "Mit dem Ding wird normalerweise versucht, den Energieschirm eines Kreuzers zu knacken. Das Meer hat keinen schützenden Energieschirm." "Ich hoffe wir sind weit genug entfernt, wenn das Ding da hoch geht", sagte Philip mit einem Schaudern in der Stimme. Unwillkürlich nickte Haru. Das hatte sie nicht geplant, nachdem sie aus den viel versprechensten Nachwuchspiloten der Welt ihre eigene kleine Einheit geformt hatte. Aber die Realität war eben nicht gnädig mit irgendwelchen Plänen. 3. Das Paradies konnte ein angenehmer Ort sein, wenn man es zu manipulieren wusste. Maltran Choaster wusste es - und er war mit seinem Wissen nicht geizig gewesen. So war aus dem Nichts ein hell erleuchteter Kommandostand entstanden, in denen er zusammen mit Henry William Taylor und Ai Yamagata die Hetzjagd auf jene uralten Dai leitete, die beinahe Akira Otomo getötet hatten. Ein Umstand, den der Offizier des Cores mehr als nur persönlich nahm. Akira war mehr als sein Vorgesetzter. Er war sein Freund. "Ich denke, wir haben sie eingekreist", stellte Ai Yamagata mit einem Blick auf die Taktikanzeige zufrieden fest. "Sie können uns nicht mehr entkommen." "Das ist Unsinn." Henry Taylor runzelte die Stirn. "Wir können hier niemanden einkreisen. Dies ist ein virtueller Raum, der nicht existent ist. Alles was wir sehen, hören und fühlen ist uns lediglich realitätsnahe aufindoktriniert. Wir sind alle nur unsere Kernkörper, die Dateninfusionen vom Paradies, und im Fall der Dai, die wir hetzen, Partitionen auf einer gigantischen Festplatte." "Da muss ich nun widerum dich korrigieren, Henry", sagte Maltran sachlich. "Sicher, das Paradies ist letztendlich nichts weiter als eine große Illusion. Aber Materie ist allgemein Illusion. So viel unwirklicher ist der Zustand im Paradies nun auch nicht." "Ein etwas an den Haaren herbei gezogener Vergleich, oder?", erwiderte Henry amüsiert. "Durchaus nicht. Was ich sagen will ist, dass es hier nicht nur nackte Daten gibt, die erst in deinem Gehirn zu diesem Bild zusammen gesetzt werden. Es gibt tatsächlich ein Paradies. Nenne es eine Seitentasche der Realität, angefüllt mit Fiktivem. Aber auf eine andere Art könnten AO und vergeistigte Dai hier überhaupt nicht existieren. Vergiss nicht, viele Bewohner des Cores haben sich schon vor langer Zeit ihrer Körper entledigt, um die Ressourcen des Systems zu schonen. Und viele Uralt-Daina und Daima sind überhaupt gar nicht erst mit Körper ins Paradies eingegangen." "Du willst also sagen, das Paradies ist real?" Henry zwinkerte entgeistert. "Sagen wir es ist so real wie wir wollen, dass es real ist. Immateriell, halbmateriell, materiell, das ist eine reine Glaubensfrage, die zu Realität wird. Alleine unsere Anwesenheit, also vielmehr meine Anwesenheit im Paradies erfordert bereits eine Teilmaterialisation. Ich existiere nicht in einem Tank und absorbiere reine Daten. Ich interagiere mit dem Paradies." "Aha. Das ist interessant. Und wann hattest du vor, mich mit diesem Wissen zu erschlagen, Maltran?", sagte Henry lakonisch. "Du hast nicht gefragt." "Das ist aber mindestens zwanzig Aurora-Mark für die Phrasenkasse wert", brummte der ehemalige Legat. "Also, wie gehen wir vor? Was tun wir, wenn es hier tatsächlich Raumzeit gibt? Können wir unsere Ziele überhaupt in die Ecke treiben? Gibt es hier Ecken oder paradieren wir an den realen Ecken einfach vorbei?" "Sicherlich nicht. Da jeder Bewohner des Paradies vollen Einfluss auf seine Umgebung hat, ist das Paradies urdemokratisch. Es kann nur so sein wie die Mehrheit es haben will. Und in kleinen Nischen treffen sich kleine Interessentengruppen. Das bedeutet, die Dai können sich nicht verbergen, wenn die Suchenden es nicht wollen." "Gibt es da nicht noch ein paar Abstufungen wie stärkerer Wille oder größere Erfahrung oder beides?", merkte Ai an. Spöttisch sah Maltran zu der Japanerin herüber. "SOLL es denn diese Abstufungen geben, Yamagata?" "Ich verstehe. Wie gehen wir von hier an vor?" "Wir machen weiter wie bisher. Wir kreisen sie ein, nehmen sie gefangen, und dann quetschen wir aus ihnen das Wissen raus, das ihr beide mit eurer Expedition erlangen wolltet. Nachdem sie für den Angriff auf Akira gebüßt haben." Maltran bemerkte die leicht erstaunten Blicke der beiden Menschen. "Ach kommt schon. Wir sind doch alle Gefolgsmänner Akiras aus Überzeugung." "Gefolgsfrau", beschwerte sich die Japanerin. "Meinetwegen Gefolgsfrau. Und das macht die Sache auf unserer Seite so einfach." Er grinste breit. "Also, schnappen wir uns die Beute." Die beiden bestätigten mit einem Nicken. Die Jagd war in ihrer Schlussphase. Niemand entkam allen Soldaten des Cores gleichzeitig. Niemand. Auch kein uralter Dai. *** "Sie kommen, Herr!", rief Tomar aufgeregt. Latiss beobachtete verwundert, das der Jüngere nicht nur schwitzte, sondern auch schwer atmete, so als wäre er in der Realität mit einem handelsüblichen biologischen Körper eine weite Strecke gelaufen. Er lächelte dünn und lehnte sich in seiner Liege zurück. "Beruhige dich, Junge. Ob sie kommen oder nicht macht keinen Unterschied mehr. Sie werden bald genügend andere Sorgen haben, und hier im Paradies kann uns eh nichts passieren." "Aber was ist wenn sie uns verbannen? Was ist wenn sie uns nach draußen schicken?", hauchte der Dai mit Entsetzen in der Stimme. "MICH verbannen. Du hast nichts getan. Und wenn doch, dann nur auf meine Anweisung." "Ich kann dich doch nicht allein lassen, Herr!", rief Tomar entrüstet. "Ich kann doch nicht..." "Du kannst nicht was? Reichen schon zehntausend kurzweilige Jahre, dass du dich schon so sehr an mich gewöhnt hast?", fragte Latiss mit spöttischer Stimme. "Was mich angeht, so habe ich keine Angst vor der Verbannung. Das schlimmste was sie mir antun können ist mich auf einen der Planeten zu schicken, die wir passieren. Oder in Fushida City auf der AURORA zu belassen. Ansonsten kann mir nichts passieren." Der alte Dai lächelte unergründlich. "Sie haben keine Gesetze gegen AO-Verbrechen, weißt du?" "Vielleicht haben die Terraner keine Gesetze gegen AO-Verbrechen. Aber der Core hat sie schon!", erklang eine feste, befehlsgewohnte Stimme hinter Latiss auf. Der alte Mann wandte sich halb im Liegestuhl um und griff nach einem Glas mit einer undefinierbaren Flüssigkeit. "Was willst du hier, Maltran Choaster? Wenn du mir die Sonne nehmen willst, stehst du falsch." Irritiert ging Choasters Blick über die Szenerie, über den Sonnenschirm, den Meeresstrand und und die Liege, die von dem älteren Mann besetzt war. "Was, bitte, ist das hier?" "Eine Szenerie aus der Realität. Kommt sie dir nicht bekannt vor? So sieht eine Partie des Serenity-Meeres in der AURORA aus. Ich fand die Ecke sehr gemütlich, schon seit ich die Daten zur AURORA das erste Mal gesichtet habe. Ich denke, ich werde der Realität beizeiten einen Besuch abstatten und schauen, ob ein AO-Körper unter dieser Kunstsonne braun werden kann." Der Alte streckte sich, während Tomar eine Verbeugung andeutete. "Vierstern Choaster, ich grüße dich." "Dich habe ich hier nicht erwartet, Tomar", tadelte Maltran Choaster ernst. "Warum hilfst du ihm?" "Warum bist du in der Armee? Warum hast du dich Aris Arogad unterstellt?", giftete der andere. "Manche Aufgaben wählt man aus. Manche Aufgaben wählen einen aus. Der Dienst für Meister Latiss ist meine Aufgabe." "Interessant, das du Aufgaben erwähnst. Meine ist es nämlich den Dai zu finden und zu bestrafen, der Akira Otomo beinahe umgebracht hat. Und es wird mir ein ganz besonderes Vergnügen sein, das auch zu tun." "Du wirst nicht...", begann Tomar und stellte sich zwischen Choaster und den Liegestuhl. "Ich und fünf Millionen Freunde", erwiderte der Offizier streng. Übergangslos füllte sich die Szenerie mit aktiven Soldaten des Cores. Ein unüberschaubares Heer, das sich vom virtuellen Horizont bis zu ihnen zu erstrecken schien. Latiss hob eine Hand. Er deutete auf einen Mann in der vordersten Reihe. "Du bist der, den ich in die Pararealität geschickt habe. Sean O´Donnely. Hast du erfahren, was du erfahren solltest?" Henry schürzte verächtlich die Lippen, als er an die Liege trat. "Es war zumindest keine vollkommene Zeitverschwendung. Denn wenn die Pararealität auch nicht sehr exakt war, so habe ich mich zumindest gut in ihr amüsiert." "Oh. Du hast bemerkt, dass ich bei der Konstruktion etwas... Großzügig war? Bedanke dich bei deinen Feinden und ihrer Agentin, die mich vor euch besucht und darum gebeten hat. Sie wollte, dass es lange dauert und dass es interessant bleibt. Also habe ich Tatsachen, verklärte Erinnerungen und meine gewaltige Phantasie angestrengt um dich ein wenig bei Laune zu halten. Wenn du dich amüsiert hast, haben wir beide unsere Zeit nicht verschwendet." "Kerl, ich werde dich...", begann Henry wütend und griff nach dem Kragen des Liegenden. "Du wirst mich was? Gibt es da nicht noch ein paar Fragen, die es zu beantworten gilt, bevor du mich schlägst, tötest oder verstümmelst? Du solltest nett zu mir sein, solange du etwas von mir willst." "Ich brauche nicht nett sein!", zischte Henry. "Ich kann dir auch alles raus prügeln, was ich wissen will! Maltran, wir können diesen Bereich doch so real machen, dass dieser Bastard hier Schmerzen verspürt, oder?" Tomar legte eine Hand auf Henrys Unterarm. Seine Augen glommen von konzentriertem KI auf. "Das ist keine gute Idee, Legat." Ai Yamagata stand übergangslos neben Tomar und hielt ihm eine Hand an die Kehle. Bemerkenswert daran war, dass ihre Handkante von ihrem KI grellweiß leuchtete. Ein Streich damit würde Tomar definitiv weh tun. "Und ich finde, es ist keine gute Idee, dass du meinen Freund bedrohst, Idiot." Tomar sah sie spöttisch an. "Ich bedrohe ihn nicht. Ich rette ihn. Und damit das klappen soll, müsste er Meister Latiss die nächsten fünf bis acht Sekunden los lassen." "Tue was er sagt, Henry", mahnte Maltran. Taylor wechselte einen missmutigen Blick mit Maltran, dann öffnete er die Rechte und ließ den Hemdkragen wieder los. "Aus Respekt vor dir, Maltran. Nur aus Respekt zu dir." Bedächtig strich der alte Dai den Hemdkragen glatt und griff wieder nach seinem Getränk. "Nun gut, kommen wir zum Thema des Tages zurück. Ihr habt mich. Und ihr seid böse, weil ich Aris Arogad zu töten versucht habe. Und?" "Was, und? Kerl, ich werde dich...!", brauste Henry erneut auf. "Er dürfte mittlerweile ein Reyan Maxus sein, oder? Ist er bereits eine Bedrohung für das Schiff?" Die Worte von Latiss schnitten wie eisiger Arktiswind in die Bewusstseine der Anwesenden. "Er ist ein Reyan Maxus, so hat Sphinx ihn genannt", sagte Ai ernst, während sie sich selbst zwang, ihre glühende Hand von Tomars Kehle zu nehmen. "Aber er ist keine Gefahr für die AURORA." "Noch nicht", orakelte der Alte mit düsterem Blick. "Aber ihr werdet es merken, wenn es soweit ist. Er wäre besser ein Reyan Oren geblieben oder zum Dai aufgestiegen. Das wäre für uns alle besser gewesen. Viel besser." "Was redest du da, Alter? Bist du schon so alt, dass du nur noch Unsinn brabbelst? Defragmentierst du? Ist das die Demenz bei euch Körperlosen?", höhnte Henry. "Wir reden hier von Akira Otomo! DEM Akira Otomo!" "Und er ist ein Reyan Maxus geworden. Das in einer Zeit, in der ihn niemand mehr bändigen kann." Nachdenklich starrte Latiss in sein leeres Glas, bevor er sich dazu entschied, es wieder abzustellen. "Wisst ihr, ich habe im Krieg mit den Göttern an der Seite eines Reyan Maxus gekämpft. Es ist eine erschreckende Erfahrung. Vor allem wenn sie die Kontrolle über sich verlieren, was sehr oft vor kommt. Sie..." Fahrig fuhr er mit den Händen durch die Luft, suchte nach Worten. "Sie sind so gewaltig, und dazu auch so kurzlebig. Sie... Wie soll ich beschreiben was ich selbst nicht verstehe?" "Alter", sagte Henry mit zitternder Stimme, "was willst du uns hier für einen Mist verkaufen? Akira ist vielleicht jetzt ein Maxus, aber er würde nie wissentlich etwas tun, was uns schaden könnte." "Das hätten die Reyan Maxus in meiner Zeit auch nie getan. Aber sie konnten nicht anders. Sie konnten nie anders. Zuerst haben sie die Götter ausgelöscht, und danach einander... Dann kamen die Götter wieder, und es gab keinen Reyan Maxus mehr, und niemand der bereit oder in der Lage gewesen wäre, einer zu werden. Das war unser Ende. Und für uns Wenigen, die aus der Blüte des Dai-Reichs stammen war es der Anfang der Hölle. Bis wir Zuflucht hier im Paradies der Daina und Daima gefunden haben. Wir... Es hat wirklich noch nicht begonnen?" "Wovon redest du immer? Ich habe dir schon mal gesagt, Akira würde uns nie wissentlich schaden!", blaffte Henry. "Es ist nicht so als würde er eine Wahl haben", erwiderte Latiss. "Er wäre besser ein Dai geworden. Wäre er hier im Paradies gestorben, wäre er aufgestiegen. Aber nein, ihr musstet ihn ja retten." "Er wäre ohne seinen Körper zum Dai geworden?", fragte Ai Yamagata überrascht. "Ihr Daina wisst nicht sehr viel über eure eigene Vergangenheit, oder? Wie ich sehe, waren die Dai gut darin, ihre Geheimnisse zu behüten. Geheimnisse, die früher einmal Allgemeinwissen waren. Aber es war ja zu eurer eigenen Sicherheit." Der alte Mann seufzte. "Dann will ich dir mal eine wichtige Lektion über Dai geben, junge Dame. Ein Dai ist ein Mensch." "So weit sind wir auch schon", erwiderte Henry harsch, um seine Überraschung zu verbergen. "Ein Mensch mit einer sehr hohen AO-Affinität, die ihn befähigt, zeitweise ohne seinen Körper zu existieren." Maltran räusperte sich. "Akira wurde einst als pures AO zu uns gebracht", merkte er an. Latiss nickte. "Und wenn diese Affinität mit seinem körperlichen Tod zusammenfällt hat er die Chance sich selbst komplett aus AO neu zu generieren. Das ist eigentlich alles was einen Dai ausmacht. Oder einen Daimon, wie ihr sie manchmal nennt. Ein Mann wie Aris Arogad wäre mit Leichtigkeit ein Dai geworden." "Was er sicher nicht gewollt hätte", warf Ai ärgerlich ein. "Seine Entwicklung zum Reyan Maxus war bereits zu weit. Ich habe ihn schon gespürt als er das erste Mal ins Paradies gekommen war. Ich wusste, dass ihm bis zu seiner Entscheidung nicht mehr viel Zeit bleiben würde. Zu groß ist seine Macht bereits. Sein Tod wäre die einzige Chance gewesen, ihn zu retten." Latiss sah die Menschen ernst an. "Euch, uns alle zu retten." "Du sprichst in Rätseln. Warum wird der Reyan Maxus dann von den Dai so verklärt? Die müssten doch eine Scheiß Angst vor ihm haben, wenn er wirklich so furchtbar sein würde, oder?" "Nun, Sean, da hast du wohl Recht. Einige Reyan Maxus waren schwach genug, sodass sie von Pressoren im Zaum gehalten werden konnten. Sind Pressoren an Bord?" Als er die unwissenden Mienen sah, lächelte Latiss. "Besonders mächtige Dämonenkönige? Und ich meine richtig mächtig?" "Sphinx und Okame", sagte Ai tonlos. "Zusammen mit dem Kapitän der ADAMAS sollen sie sicher die Pressoren bilden. Aber sie werden es nicht schaffen. Sein Potential ist bereits zu groß. Er wird uns alle umbringen." "Was genau macht einen Maxus denn so gefährlich, dass sogar du dich einpisst, Alter?", brummte Henry ärgerlich. Der Alte lächelte dünn, überlegen und gehässig. "Oh, er frisst, Sean. Er frisst so viel er kann. Ob er will oder nicht. Er kann nicht anders. Das ist seine Natur. Darüber hat er keine Kontrolle. Und je mächtiger er wird, desto größer ist sein Appetit. Er hat schon gefressen bevor er ein Maxus oder gar ein Oren wurde, und nun wird sein Appetit ungeahnte Höhen erreichen. Verabschiedet euch schon mal von dem Ort, an dem er sich gerade aufhält." Ein Datenfenster entstand aus dem Nichts vor dem alten Dai. "Ah, Fushida City. Schade, das wir ihn nicht beobachten können, weil eure dummen Gesetze eine lückenlose Überwachung der Stadt verbieten. Ich bin sicher, er ist schon längst dabei, dem Titel eines Maxus Ehre zu machen, indem er alles in Schutt und Asche legt." Latiss ließ das Hologamm erlöschen und sah Henry wütend an. "Das war eine Warnung, du Idiot! Rettet was zu retten ist!" Henry zuckte zusammen. Dann nickte er. "Schaden kann es nicht. Maltran, ich verlasse mich auf dich, dass du diesen alten Sack und seinen Diener gut verwahrst." "Versprochen, Henry. Hoffentlich hat Latiss unrecht." "Das hoffen wir alle", erwiderte Henry wütend und griff nach Ais Hand. Gemeinsam verschwanden sie. "Und so beginnt es", murmelte Latiss zufrieden. "Vielleicht schaffen sie es sogar." *** Rooter Kevoran zuckte zusammen, als die Hülle der RASZHANZ zu schwingen begann. Vibrationen rannten durch das Schiff, und eine besonders heftige Schwankung holte Vritrives Acouterasal, seine Erste Offizierin, von den Beinen. "Bericht!", ächzte er. Helen Otomo trat an ein Pult heran und manipulierte die Ansicht. "Ein Atomschlag. Eine Nuklearrakete wurde aus dem Weltraum abgefeuert und direkt über dem Wasser gezündet. Die Energie entspricht fünfundachtzigtausendsechshundert Kerk. In terranischen Verhältnissen ungefähr einer Megatonne Vergleichs-TNT." "Berichte über Schäden?" Vritrives wuchtete sich wieder auf ihre Station. "Keine Schäden. Noch nicht. Aber wir haben Fahrt verloren, und die Wassersäule unter dem Schiff droht uns wieder hinab zu saugen." "Nicht schlecht, Terraner. Nur einfach noch zu früh, um uns gefährlich zu werden. Achtet auf weitere Raketen und vernichtet sie, sobald sie bekämpft werden können." Er sah den Key mit gerunzelter Stirn an. "Deine Leute haben Ideen. Das muss man ihnen lassen. Und anscheinend wissen sie, dass wir noch nicht sterben wollen." "Der Gruß ist bestimmt von meinem Mann. Er ist bekannt dafür, etwas rücksichtslos zu sein. Er hat unseren Sohn im Kindesalter in den Krieg geschickt, danach unsere Tochter und weitere Minderjährige. Für ihn ist der atomare Beschuss eines Meeres im Gegensatz zu den Risiken, die er seiner Familie bereitet hat, nur ein Appetithappen." "Ich sehe das nicht als Risiko. Wasser neigt nicht dazu, Radioaktivität aufzunehmen. Außerdem hat er die Oberflächenschiffe, die Mechas und die Unterseeboote außer Reichweite gehalten, um sie nicht zu gefährden. Taktisch klug, vorsichtig, mit maximaler Effizienz. Allerdings hat er dich gefährdet. Das ist doch etwas ungewöhnlich." "Oh, er rechnet sicher damit, dass weder die RASZHANZ so schnell vernichtet wird, noch das ich ewig der Key bleibe. Im Gegenteil. Jetzt wo meine Aufgabe erfüllt ist, zehrt sich das Potential des Keys auf. Irgendwann werde ich von ihm frei sein und das Schiff verlassen." "Unsinn. Der Key zehrt sich nicht auf. Dazu müsstest du sterben, und es dürfte kein Wirt zugegen sein", wiegelte Kevoran ab. "Habe ich nicht erwähnt, das ich einmal beinahe gestorben bin? Der Key wurde in dieser Zeit entscheidend geschwächt." Der Kapitän der der RASZHANZ schloss die Rechte um die Kehle der Naguad. "Wenn das so ist, sollte ich dich gleich töten, oder?" "Wozu mich töten, solange ich noch deine allwissende Datenbank sein kann? Jede Sekunde, die ich bei dir verbringe, ist für dich unendlich wertvoll. Also lass bitte diesen Quatsch." Mit einer nebensächlichen Bewegung strich sie die Hand von ihrem Hals. "Außerdem war es das noch nicht. Eikichi macht selten nur halbe Sachen. Wir sollten auf einen zweiten Angriff achten. Vielleicht auch atomar." "Ein zweiter Angriff?" "Der erste war nur eine Ablenkung. Ich kenne meinen Mann lang genug um das zu wissen. Er pflegte immer zu mir zu sagen: Wenn alle auf den großen Bumms achten, was meinst du, kannst du hinter ihrem Rücken machen?" Kevoran nickte schwer. "Vritrides! Achte auf Feindschiffe in Feuerreichweite! Achte auf Fremdkörper im Wasser!" "Unbekannter Kontakt, dreiundsiebzig Ran entfernt! Nähert sich schnell aus Süden! Kontakt feuert acht Torpedos! Torpedos nähern sich schnell!" Die Erste Offizierin sah von ihrem Arbeitspult auf. "Sie werden uns in einer Tiefe von siebzehn Ran unterqueren, Kapitän." Kevoran erbleichte. "Dieser Eikichi... Es wäre vielleicht wirklich interessant, ihn einmal kennen zu lernen! Auf Einschlag vorbereiten! Die unteren Decks räumen und versiegeln! Auftrieb erhöhen! Volle Last auf die Antigrav-Einrichtungen! Auch die Strahltriebwerke zuschalten! Wir müssen Höhe gewinnen!" Die Zentrale brach in Hektik aus, um die Anweisungen des Kapitäns zu erfüllen. "Ein kluger Bursche, dein Mann. Diese Torpedos sind auch nuklear, oder? Er zündet sie unter meinem Schiff, es verliert den Auftrieb und zerbricht. Auf jeden Fall wird es schwer beschädigt. Tarco Parhel, fange diese Torpedos ab, wenn dir dein Leben lieb ist!" "Ja, Kapitän!" *** An der Oberfläche zogen die chinesischen Einheiten wieder näher an den Auftauchpunkt heran, während die HINDENBURG ihren Abstieg in respektvoller Distanz beendete. Der Kreuzer drehte den Schiffsrumpf so, dass die Torpedowerfer und die Hauptbewaffnung auf jenen Punkt zeigten, an dem das Götterschiff auftauchen würde. Alle hofften sie, dass dieses Gigantschiff eben nicht mehr auftauchte, nachdem es von oben atomar bombardiert und von unten torpediert wurde, aber man konnte Hoffnung niemals zu Tatsachen erklären. Deshalb machten sich nun auch die XIANG und ihre Raketenbegleitkreuzer bereit, um das Feuer auf den Feind eröffnen zu können. Notfalls würde die HINDENBURG weitere Torchwood einsetzen, das war allen Beteiligten klar. Ziel der Mission war endgültig und einmalig, entweder das Schlachtschiff zu vernichten oder zumindest daran zu hindern die Daimon zu verlassen. Die Götter oder vielmehr ihre robotischen Surrogate hätten die Vernichtung der Erde längst betreiben können. Sie hatten es nicht getan, und deshalb standen die Chancen wirklich nicht schlecht, dass sie das Überleben dieses Schiffs weiterhin über die Vernichtung der Erde priorisierten. Der Trick bei der Geschichte war sie glauben zu machen, sie hätten eine Wahl und ein Druckmittel. "Was geschieht jetzt, John?", klang Luc Valsonnes nervöse Stimme auf. Der kanadische Kadett hielt sich gut, fand Takei. Für sein erstes reales Gefecht war er gefasst, aufmerksam und sachlich. Er fiel weder in das Extrem der übergroßen Ängstlichkeit, noch in das andere Extrem übergroßer Kampfbereitschaft. Beides konnte zum schnellen Tod eines Piloten führen. In einer anderen Zeit wie dem Zweiten Marsfeldzug hätte Valsonne gutes Material für die Hekatoncheiren abgegeben. Der Veteran des Marsfeldzugs lächelte dünn. Man würde sehen, wie er sich hier schlagen würde. "Zwei Atomunterseeboote der Chinesen haben acht Torpedos abgeschossen. Sie werden unter den Kreuzer gelenkt und dort zur Detonation gebracht." "Unter dem Kreuzer? Wäre es nicht besser, ihn direkt zu torpedieren?", zweifelte Philip King. "Das hat was mit Wasser zu tun. Mit Wasserdruck, Wassersäule und dergleichen. Wisst ihr, warum eine Seemine ein Schiff vernichten kann?" "Weil sie das Schiff schwer beschädigt?", riet Haru Mizuhara. "Nicht ganz richtig und nicht ganz falsch. Schiffe haben eine bestimmte Form, die es ihnen erlaubt, vom Auftrieb des Wassers zu profitieren. Diese Form ist für das Medium H2O hervorragend konzipiert. Fällt dieses Medium aber weg, bricht die Wassersäule fest, auf der es ruht, kann es versenkt werden. Unabhängig von den Schäden durch die Explosion der Mine." "Was John meint ist, dass dieses Ding auf seiner eigenen Wassersäule in die Höhe geritten kommt. Mit der Atombombe haben wir die Säule gestaucht. Wenn jetzt inmitten dieser Säule acht Torpedos explodieren, wird der Auftrieb unterbrochen. Unter dem Schiff tut sich ein Loch im Wasser auf. Ein klassisches Kriegsschiff würde in diese Situation schlicht und einfach zerbrechen. Unser Kumpel hingegen macht die Bekanntschaft mit der Kraft und der Wucht von ein paar Millionen Tonnen Wasser. Wenn es hier auftaucht, falls es überhaupt auftaucht, dann wird es schwer beschädigt sein. Und dann liegt es an uns", sagte Sven Dorff mit entschlossener Stimme. John runzelte die Stirn. Kluge und entschlossene Worte ausgerechnet von dem jungen deutschen Piloten. Der Futabe-Clan musste irgendwie ein Mecha-Gen in seinem Erbgut haben, denn Dorff hatte ein geradezu beängstigend gutes Verständnis für seinen Mecha, das mit jedem Tag besser wurde. "Genauso ist es. Wasser ist ein sehr unfreundliches Medium mit großer Masse. Gerade wenn wir in den Größenordnungen des Pazifiks rechnen, oder auch nur in der Wassersäule, die das Schiff der Götter produziert." "Gut erkannt. Hoffen wir also das Beste - nämlich schwere Schäden am Feindschiff." Für einen Moment erlaubte sich John ein dünnes Grinsen. Welchen Göttern musste er eigentlich für die Arroganz, oder besser Ignoranz dieses Kapitäns danken? Mit voller Wucht nach oben war eine Taktik, die Gegner doch anlocken musste wie eine helle Straßenlaterne die nachtaktiven Insekten. Schlimmer hätte er es nur machen können, wenn über dem Meer eine Funkboje geschwommen hätte, die permanent den Auftauchpunkt des Götterschiffs bekannt gegeben hätte. Andererseits bestand immer noch die Möglichkeit, dass dieses Schiff etwas konnte, was sie bei den Strafern und Scouts der Götter noch nicht kennen gelernt hatten. Überraschungen waren der Feind jeglicher Planung, waren der Feind eines leichten Sieges. Und John war nicht bereit auf den Sieg über gerade diesen Gegner zu verzichten. Zuviel hing davon ab. Viel zuviel. Die Ortungsdaten der Torpedos vereinigten sich zu einem einzigen großen Punkt, dann verschwanden sie unter dem Ortungsrelief des gegnerischen Kreuzers. John wagte es nicht, ihn als Strafer zu bezeichnen. Noch nicht. Er roch einfach nicht nach einem Strafer. Dann wurde die Detonation angezeigt, und der pazifische Ozean verwandelte sich in ein brodelndes und schäumendes Ungetüm. "Banditen in der Luft!", blaffte Sven und riss seinen Sparrow zur Seite und dichter übers Wasser. John reagierte instinktiv, und auch der zweite Hawk und der Eagle spritzten von ihren alten Positionen fort. Eine gute Entscheidung, denn Energiebahnen standen nun dort, wo sie vor Sekundenbruchteilen noch gewesen waren. "Was zur Hölle sind das für Dinger?", rief Dorff aufgebracht, riss die Artemis-Lanze seines Sparrows hoch und feuerte seinerseits eine Aufladung auf den fernen Gegner. John warf einen flüchtigen Blick auf die ersten Ortungsbilder und Kamera-Aufnahmen des Gegners. Die Maschinen waren aus dem Wasser hervor gebrochen, kaum das die Torpedos unter dem Götterschiff detoniert waren. Sie ähnelten den klassischen Banges, waren grob humanoid, aber um einiges bulliger. Und wenn die Messdaten stimmten, auch um einiges größer. Die Dinger maßen im Schnitt fünfunddreißig Meter allein in der Höhe, was diese Dinger mehr zu Kanonenbooten denn Mechas machte. Zu verdammt gut ausgerüsteten Kanonenbooten, wie John erkannte, als nach dem ersten Feuerschlag dieser Maschinen dreiundzwanzig Signale für chinesische Hawks erloschen. Das war das Ergebnis von acht dieser Teufelsmaschinen, und niemand garantierte, dass nicht noch mehr kamen. "Rückzug!", blaffte John, warf seinen Hawk aber zugleich nach vorne, näher an den Feind heran. Er ergriff beide Hercules-Schwerter und stürzte näher an den Feind heran. Er wurde nicht beschossen. Warum nicht? Gingen sie davon aus, der erste Feuerschlag hätte ihn und seine Gruppe vernichtet? Wie arrogant. Wie typisch für die Götter. Als ihn dann doch ein Streifschuss am rechten Bein traf, war er beinahe erleichtert. Zumindest bis zu dem Moment, an dem Mizuharas Eagle eine volle Salve aus Laserbeschuss und Glattrohrkanone an ihm vorbei auf den Gegner feuerte. John checkte sein Radarbild und biss sich auf die Unterlippe. "Ich habe Rückzug gesagt", knurrte er, und wusste doch, dass er die jungen Leute nicht würde davon abbringen können, ihn in diese Schlacht zu begleiten. Also feuerte er seinerseits auf die gegnerischen Mechas, sowohl mit eine Salve Raketen als auch mit einer Schwertaufladung. "Aber wenn ihr schon mal hier seid..." Drei weitere chinesische Signale erloschen. Das war zumindest zu den ersten dreiundzwanzig Verlusten eine echte Verbesserung, aber immer noch unannehmbar, denn von acht Gegnern existierten noch immer acht Gegner. "Haru, such dir eine nette Ecke für Fernbeschuss. Sven, flieg einen Bogen, um zu den Chinesen zu kommen. Aus ihrem Deckschatten hast du die beste Chance für einen überraschenden Vorstoß. Luc, bleibe an meiner Flanke kleben. Wir tun das wofür die Hawks seit Akira Otomos Zeiten konzipiert wurden - wir erledigen diese Biester im Nahkampf!" Die Bestätigungen seiner Piloten waren sachlich, ruhig, gefasst. Beinahe erlaubte er sich die Illusion, dass er die Kids tatsächlich so gut er vermocht hatte, auf diesen Moment vorbereitet zu haben. Aber zwei Dinge drängten sich in seinen Verstand: Würde er diesen Tag überleben? Würden seine Kids den Tag überleben? "Achtet auch auf das Feindschiff. Sobald es der Oberfläche nahe genug ist, wird es mit Flakfeuer unterstützen", mahnte er seine Kids. Das war genau drei Sekunden bevor der Kreuzer tatsächlich zu feuern begann, obwohl sich noch dreihundert Meter Wasser zwischen ihm und der Oberfläche befanden. Die Meterdicken Partikelstrahlen wüteten furchtbar unter den dicht gestaffelten chinesischen Pulks, und die Signale von zwei Bataillonsführern erloschen. Im Gegenzug war noch nicht ein einziger Feind gefallen. Als John den ersten Gegner erreichte, wandte sich der Gigant äußerst wendig und elegant zu ihm um. Er hob eine Waffe, die ihn wie ein großes finsteres Nichts anstarrte. John begriff, dass dieses Ding dazu benutzt wurde, gegnerische Schiffe abzuschießen, und ihn schauderte für einen Moment. Für genau den Moment, den er brauchte, um nach unten abzutauchen und dem mächtigen Waffenstrahl auszuweichen. Hinter ihm entstand eine riesige Furche im Wasser, und in weiter Ferne entlud sich die Waffenenergie des Schusses in einer lichterfüllten Detonation. Dann war John heran, zog das linke Hercules-Schwert über den Torso des Giganten, fühlte, wie die Vibrationsklinge tief in dessen Eingeweide schnitt. Die andere Waffe führte er über die Hauptwaffe seines Gegners. Er schlitzte sie einmal längs auf, traf den Energiekern und brachte es somit zur Detonation. Der Druck warf ihn aus der Bahn, zur Seite und glücklicherweise fort von einer Zwanzigersalve Raketen, die ihn sonst teilweise getroffen hätte. Nun war Valsonne heran. Er raste mit seinem Hawk wie ein American Football-Spieler zum Tackle heran, rammte den Gegner mit dem Schulterschild und schob ihn mehrere Dutzend Meter vor sich her. Dann setzte er seine eigene schwere Partikelkanone direkt auf dem Torso jener bereits von John beschädigten Stelle auf und zog den Abzug durch. Die Waffe stanzte ein halbmetergroßes Loch in den Rumpf. Der Waffenstrahl schmolz sich zuerst durch die Panzerung, dann durch die Eingeweide der Riesenmaschine. Schließlich verging die restliche Energie in seinen Eingeweiden. Dorff riss seinen Mecha fort, nach unten, entging so dem Feind, der nach ihm schlug wie nach einer lästigen Fliege. Aber diese lästige Fliege hatte ihm sehr, sehr weh getan. Ein Gedanke, der John mit Zuversicht erfüllte. Dann fuhren zwei Laserstrahlen in die Wunde, die von den beiden Hawks gerissen worden waren. Die Lanzen aus Licht spießten den Gegner auf, wirbelten ihn herum wie eine Gliederpuppe. Darauf erfolgte die Detonation. Die Druckwelle wirbelte John und Luc in ihren Mechas herum, trieb sie auf die Wasserschicht nieder, die in diesem Moment so hart und kompakt wie kalter Stahl war, und nur mit Mühe konnten beide Piloten ihre Mechas weit genug stabilisieren, um nicht mit der unnachgiebigen Härte Bekanntschaft zu machen. "Einer weniger", keuchte Valsonne atemlos. "Zwei weniger. Auch die Chinesen waren eifrig", meldete Dorff. "Diese Dinger sind übrigens bemannt. Eine Cockpitkapsel wurde abgesprengt, als die Chinesen ihren Behemoth vernichtet hatten." "Bemannt?" John warf seine Maschine zur Seite, um dem Beschuss eines weiteren Gegners zu entgehen. Sicher, er und seine Leute waren nun Ziele, denn sie hatten zu dritt geschafft, wofür die Chinesen ein Regiment benötigt hatten. "Bemannt. Ich habe die Kapsel aufgelesen." "Sven, bringe sie sofort zur HINDENBURG hoch! Sie ist das nächststehende Schiff!" "Verstanden!" Dorff riss seine Maschine in eine enge Kehre und startete durch. Begleitet vom Beschuss der anderen Behemoths stieg er in den Himmel, der HINDENBURG entgegen, die ihm Feuerschutz gab. Unter ihnen brach das Gigantschiff aus dem Wasser hervor. Tausende Kubikmeter Meerwasser wurden dabei aufgetürmt und wurden fortgedrückt. Nach der Welle durch die atomare Explosion würde dies die zweite große Existenzprobe für die näheren Inseln sein. Deutlich konnte John erkennen, dass der Riesenpott beschädigt war. Auf seiner Unterseite klafften mehrere Risse. Hektoliterweise floss das eingedrungene Wasser daraus hervor, während sich der Gigant gemächlich auf eine Seite wälzte. Ohne einen erkennbaren Übergang hüllte sich das Schiff in einen weißen Tarnschild, der die Dimensionen dessen, was John kannte, zu sprengen drohte. Nach den neuen Daten durchmaß dieser Schild von Bug zu Heck stolze vier Komma zwei Kilometer. Der Kern war zwar erheblich kleiner. Dennoch war dies nach der AURORA das größte von Intelligenzen erschaffene Schiff, das er je gesehen hatte. Ein Treffer, der ihm fast den linken Arm abriss, erinnerte ihn wieder daran, dass sie hier noch lange nicht fertig waren. Also riss er seine Mühle wieder herum und stürzte sich auf den nächsten Behemoth, einem Gegner in seiner Gewichtsklasse, während das riesige Schiff der Bismarck-Klasse, die HINDENBURG, mit allen Geschützen feuerte. Die sechzig an Bord stationierten Mechas, Standard für diese Schiffsklasse, hatten ihre Katapultstarts gerade beendet und begannen mit ihrem eigenen Angriff. Die Transponder identifizierten sie als Teil der Titanen, mit dem Besten, was die Erde aufzubieten hatte. Das riesige Kampfschiff der Götter ließ sich weder davon noch von den Schäden beeindrucken. Gemächlich richtete es den Bug aus und beschleunigte langsam. John extrapolierte den Kurs und schluckte hart. Der Kurs würde den Giganten zwangsläufig nach Atlantis bringen. Es schien ganz so als planten ihre Gegner länger zu bleiben. Im Moment war das sogar eine gute Nachricht. 4. Also, Spaß gemacht hatte mir die Aktion von vorne herein. Aber nun wurde sie richtig witzig. Ich war eigentlich nicht der Mensch der dazu neigte andere zu quälen. Aber das gerötete und erschrockene Gesicht von Corinne zu sehen bereitete mir Vergnügen. Einerseits weil ich es endlich sehen konnte, andererseits war es meine kleine Rache für ihren diversen Überfälle auf mich als wir noch Feinde gewesen waren. Vornehmlich auf der Herrentoilette im denkbar schlechtesten Augenblick. Außerdem brachte mich das Geschehen dem Blue Lightning-Regiment näher. Ein Talent wie die junge Algerierin würde sich ein hochkarätiges Team wie dieses sicherlich nicht entgehen lassen. Außerdem konnte mir Gina erzählen was sie wollte - sie steckte garantiert bis über beide Ohren mit drin. Sie hatte schon immer eine leicht konspirative Ader besessen, die süße kleine Italienerin aus Buenos Aires. Das hatte man ja zuletzt gesehen, als sie für meine Megumi ein Autor trifft Fans-Treffen organisiert hatte. Sora und Mako-chan waren ebenfalls involviert, das war so sicher wie der Ärger den ich dafür bekommen würde, dass ich das Familienschwert abgebrochen hatte. Hm, war ich anfangs nur ärgerlich darüber gewesen, dass jemand einfach meinen alten Pilotennamen benutzt hatte - nun war ich schlicht und einfach nur noch neugierig. Ich wollte mehr über dieses Team wissen. Seine Aufgaben. Seine Missionen. Seine Mitglieder. Der arme Teufel, der von einem KI-Agenten übernommen worden war, auf mich geschossen und stattdessen Micchan getroffen hatte, war sicherlich auch Mitglied des Blue Lightning-Regiments. Oh ja, der Verein wurde immer interessanter für mich. Ich fragte mich mittlerweile jedoch, warum Mako-chan mir die Existenz einer solchen Einheit vorenthalten wollte. Sollte stattdessen nicht jeder Soldat mehr als geehrt sein, wenn andere Soldaten unter seinem Namen in den Kampf zogen? Von der Struktur her, zumindest durch die Mitglieder die mir bekannt waren, sah alles nach einem Spezialteam aus, wie es SAS, SEALS KSK bildeten. Trainiert für Einsätze hinter den Linien, Sabotage, Liquidation, und noch einige weitere Schweinereien, die unheimlich effektiv werden konnten. Befürchtete Makoto etwa, ich wäre nicht damit einverstanden, das einfache Infanterie meinen Kampfnamen trug? Befürchtete er, ich könnte mich mit Sabotage nicht anfreunden? Himmel, ich hatte drei Jahre in einem Krieg gesteckt, wo ich manches Mal darüber froh gewesen wäre, wenn jemand auf dem Mars eifrig Sabotage an kronosischen Kriegsgerät betrieben hätte. Heftig atmete ich aus. Ich fühlte mich unterschätzt, maßlos unterschätzt. Oder zumindest falsch eingeschätzt. "Akira", sagte Ban Shee ernst. Ich sah zur Kapitänin der SUNDER herüber. "Ja?" "Deine Tarnfarbe löst sich auf." "Wie jetzt?" Ich griff mir ins Gesicht, wischte über meine Wangen und betrachtete meine Finger. Doch anstatt farbige grünbraune Schlieren vorzufinden war sogar die Tarnfarbe auf meinen Fingerspitzen verschwunden. Verwundert sah ich umher und bemerkte einen feinen, gleißenden Staub, der mich umgab. KI? Ich brachte mein KI unter Kontrolle. Mist. Das bedeutete wohl mindestens noch zwanzig Minuten auf Ginas Herrentoilette nachschminken. Was hatte mich so verdammt aufgewühlt, dass ich mein KI heute einfach nicht unter Kontrolle bekam? "Akira?", merkte Michi an. "Du löst den Tisch auf." Irritiert sah ich meinen Schüler an. Dann sah ich auf den Tisch, der tatsächlich in feinem Glitter nach und nach verschwand. Ein lustiger Kommentar lag mir auf der Zunge, aber leider wurde ich hier unterbrochen. Teilweise durch mein beginnendes Entsetzen, teilweise durch die Tatsache, dass mein Stuhl nicht mehr vorhanden war. Übergangslosfand ich mich zwischen vier einsam in die Höhe ragenden Plastikbeinen wieder. "Alles in Ordnung, Akira?", fragte Kei besorgt und reichte mir eine Hand zum aufstehen. "Geht schon. Danke." Ich griff zu - und ließ ebenso schnell wieder los. Kei betrachtete verwundert seine rechte Hand. Dann begann er entsetzt zu brüllen, als er merkte, dass ihm Fleisch auf den Fingerkuppen fehlte. Überall dort wo ich ihn berührt hatte, fehlte Haut und teilweise Fleisch. "Akira, was tust du?", rief Yoshi entsetzt. Er sprang hinzu, sah mich an, sah meine Hände an. "Nein, das tust nicht du! Alle gehen sofort von Akira zurück! Weit, weit zurück! Doitsu?" Der große Yakuza nickte. Er zerrte die Leute von mir fort, bis ich in einem leeren Raum von vielleicht drei Metern Durchmesser saß. Merkwürdig, wurde ich kleiner? Nein, ich löste den Boden unter mir auf und versank allmählich. Verdammt, das erinnerte mich doch sehr an dem Kampf mit Torum Acati. Was war mit mir los? Warum passierte mir das ausgerechnet jetzt? Ein KI-Angriff? Die Naguad kannten einige Medikamente, um KI zu manipulieren. Und Feinde hatte ich wahrlich genug. Gina kam herbei, besah sich das Malheur und wollte auf mich zutreten. "Komm nicht näher!", rief ich. "Irgend etwas stimmt nicht mit mir!" "Ich habe keine Schmerzen, aber merkwürdig ist das schon", murmelte Kei und betrachtete seine halb zerfleischte Hand, während Yoshi versuchte ihn zu heilen. Ihr Blick ging von den beiden wieder zu mir und dann zu den Tischen, die in meiner Nähe standen und allmählich Auflösungserscheinungen zeigten. "Was...?", begann sie entsetzt. "Ich rufe Futabe-sensei!" "Verdammt!", hörte ich eine Stimme, die mir nur zu bekannt war. Okame landete direkt vor mir, presste die Recht auf meine Brust. Ich wollte ihn warnen, ihn abwehren, aber da schwappte bereits eine KI-Welle durch meinen Körper, die mir enormen körperlichen Schmerz bereitete. Aha, so musste es sich also anfühlen, wenn einem bei lebendigem Leib die Haut abgezogen wurde. Links von mir landete Sphinx, recht Tyges. Auch sie pressten ihre Hände gegen mich, genauer gesagt gegen meine Schultern, und weitere Schmerzwellen liefen durch meinen Körper. Agonie erfasste mich, schien mich von meinem Körper trennen zu wollen. Nicht auf diese Art, in der ich mein Über-ich in diesen goldenen Vogel versetzte. Auf eine andere, transzendente Art. Auf eine faszinierende und gefährliche Art. Mir war, als würde ich über der Szene schweben. Die drei Dai umgaben mich wie die Spitzen eines gleichseitigen Dreiecks. Ich sah ihre Hände vor KI aufleuchten, bemerkte Schweiß auf der Stirn von Sphinx und Okame, während die Miene von Tyges diese Phase schon hinter sich gelassen zu haben schien. Mit Entsetzen und all seiner Macht versuchte er seine Hand davor zu bewahren, ebenfalls aufgelöst zu werden. "Du musst ruhiger werden! Projiziere dein AO auf die gesamte Handfläche! Dann hat Akiras AO keine Angriffsfläche!", mahnte Sphinx ernst. Sie warf einen Blick in die Runde. "Mehr Platz! Wir brauchen viel mehr Platz!" "Nicht der Platz ist das Problem. Die Menschen sind es. Als Reyan Maxus partizipiert er von ihrem KI. Wir müssen ihn hier wegbringen, irgendwohin wo keine Menschen sind", hauchte Okame konzentriert. "Er saugt uns aus?", klang eine erschrockene Stimme irgendwo aus der Menge auf. "Das ist nicht das Problem. Er bräuchte Jahre, um einen Menschen auf diese Weise zu töten", erwiderte Okame. "Viel schlimmer ist, dass er das AO wieder unkontrolliert an seine Umgebung abgibt. Ich habe es mir schlimm vorgestellt, aber bei weitem nicht so schlimm." "Ich habe einen der Sauerstoffdistributoren herbei gerufen!", rief Gina. "Die Besatzung verlässt ihn gerade! Er wird mit euch bis unter die Decke steigen. Reicht das?" "Für den Moment ja", erwiderte Sphinx. "Aber jetzt wo all das über Akira herein gebrochen ist, stehen wir erst am Anfang der Entwicklung. Ich hätte es wissen sollen, dass ausgerechnet Akira keinen schwachen Verlauf haben würde. Ich war nachlässig." "Die ADAMAS", meldete sich Tyges zu Wort. Seine Stirn war nun mit einem dicken Film aus kaltem Schweiß bedeckt, während er den Kampf gegen mein KI gerade so zu gewinnen schien. "Sie ist ein Kommandoschiff. Oder das Schiff eines Reyan Maxus. Evakuieren wir es und bringen wir Akira an Bord." "Ist im Moment das einzige was wir tun können", erwiderte Sphinx. Ihre Augen suchten die meinen, fanden sie. Sie erschrak. "Akira?" Übergangslos fand ich mich in meinem Körper wieder, inmitten all der Schmerzen und dem peinigenden Gedanken, dass ich Kei verletzt hatte - und hätte töten können. "Akira, wir bringen dich zuerst auf einen Zeppelin, und danach auf die ADAMAS. Du darfst nicht in der Nähe von normalen Menschen bleiben. Du absorbierst ihr KI und gibst es destruktiv an deine Umgebung weiter. Es ist mein Fehler. Ich dachte wir hätten noch Zeit, um dich ordentlich vorzubereiten, aber... Ich weiß nicht wie es jetzt weiter gehen soll." Langsam nickte ich. Jeder Gedanke, jeder Atemzug, jede noch so kleine Bewegung schmerzten. Gut, dachte ich. Wie Jerry immer gesagt hat, wer Schmerzen hat ist noch nicht tot. Langsam war es wirklich an der Zeit um zu erfahren, was diese verdammten antiken KI-Meister wirklich waren. Mein Leben hing davon ab. Meins und das all der Menschen, die ich zu beschützen versprochen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)