Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz von uk ================================================================================ Kapitel 21: Die Jagd nach dem Zepter ------------------------------------ Sie bissen auf Granit. Die Hydra-Festung war mit einem Schutzschild umgeben, und Jarvis schaffte es nicht, den Code zum Aufheben der Sperre zu knacken. Auch Thor, der es wie immer mit Gewalt versuchte, hatte keinen Erfolg. «Ich schnappe mir den Tarnanzug und schleiche mich mit einem der Hydra-Leute rein,» beschloss Melinda deshalb und machte sich bereits daran, zum Jet zurückzukehren. Da sie über Funk mit allen verbunden war, wusste sie, dass ihr Vorschlag von allen gehört worden war. Doch ehe einer der Avengers reagieren konnte, hörte sie Lokis Stimme über den Sender: «Kommt gar nicht in Frage! Das ist viel zu gefährlich.» Die Worte waren ihm rausgerutscht, ehe er richtig nachgedacht hatte, was er da sagte. Aber er meinte es absolut ernst. Wenn Melinda da reinging, begab sie sich mitten in die Höhle des Löwen. Und allein bei diesem Gedanken wurde dem Mann heiss und kalt. «Loki, lass das!» flüsterte Melinda zurück. «Es ist unsere einzige Chance, den Schutzschild zu deaktivieren. Wenn ich da mal drin bin, kriege ich sicher raus, wie das...» «Und wenn du auffliegst?» unterbrach er sie. «Berufsrisiko einer Agentin.» Das war Starks Stimme. Er war ganz in Melindas Nähe gewesen und schloss jetzt zu ihr auf. Ein rascher Blick auf ihr entschlossenes Gesicht zeigte ihm, dass er sich nicht irrte: sie würde sich davon nicht abbringen lassen. Und die Idee war ja auch gut. «Ich will jetzt nicht zynisch sein, aber ich könnte mich ja schon wundern, dass sie sich auf einmal um eine gewöhnliche Sterbliche Sorgen zu machen scheinen.» «Sie wollen nicht zynisch sein?» schnauzte Loki zurück, während er sich den Kopf zermarterte, wie er Melinda die Sache ausreden konnte. «Dann lassen sie es auch!» Die junge Agentin hakte sich bei Iron Man unter, der sie innert weniger Sekunden beim Jet absetzte. Als Loki ihr die Tür öffnete, stürmte sie an ihm vorbei und sagte noch im Gehen: «Spar dir jedes weitere Wort. Ich muss das tun, und das weisst du genau.» Mit dem Tarnanzug in der Hand blieb sie dicht vor ihm stehen. Sanft berührte sie sein Gesicht. «Mir passiert schon nichts. Denk dran: ich habe ja sogar einen Trip nach Asgard und zurück unbeschadet überstanden.» Loki verzog das Gesicht, wusste aber, dass es sinnlos war, sie umstimmen zu wollen. Er hatte ihren Dickkopf mittlerweile schon ziemlich gut kennen gelernt, und selbst wenn nicht: wenn er ehrlich sein wollte, musste er ihr ja zustimmen. Die Idee war gut. Wenn nur nicht ausgerechnet Melinda diejenige gewesen wäre, die sie hätte ausführen müssen! Am liebsten hätte er Thor gebeten, ein Auge auf Melinda zu haben, aber das war natürlich unmöglich. Im Gegensatz zu ihr konnte sich sein Bruder ja nicht mit einem Tarnanzug unsichtbar machen. Wenigstens konnte er sie auf dem Bildschirm verfolgen. Aber das war ihm nur ein kleiner Trost. Er wusste: wenn sie aufflog, wäre sie tot bevor auch nur einer der Avengers in ihre Nähe gelangte. Wenn er bloss seine Magie noch hätte! Dann wäre er an ihrer Stelle gegangen, denn er konnte genauso für alle unsichtbar sein, wenn er es wollte. Oder er hatte es gekonnt. Im Moment taugte er zu nichts anderem mehr als dem Überwachen des Teams am Monitor. «Womit ich eine wirklich unverzichtbare Hilfe darstelle!» brummelte er zynisch vor sich hin und sah dann widerstrebend zu, wie Melinda den Jet verliess. Wobei 'sehen' nicht ganz den Tatsachen entsprach: das einzige, was er jetzt noch von ihr sah, war der Punkt ihres Signals auf dem Computer. Sie selbst war für das Auge nicht mehr erkennbar. Draussen tobte ein erbitterter Kampf zwischen den Avengers und den Leuten von Hydra, die zahlenmässig weit überlegen waren. Ausserdem besassen sie offenbar ein nicht gerade kleines Arsenal an Chitauri-Waffen. Waffen, in deren Besitz sie natürlich einzig und allein durch seine, Lokis, Schuld gelangt waren. Nicht zum ersten Mal verfluchte er sich dafür, den Verlockungen von Thanos nachgegeben zu haben. Oder, wenn er ehrlich sein wollte, den eigenen Hass solange genährt zu haben, bis er ihn aufzufressen drohte. Diesen zu jenem Zeitpunkt riesigen Hass auf Odin, Thor und die ganze verlogene Bande in Asgard, wie er sein ehemaliges Volk damals abschätzig genannt hatte. Wäre er nicht so blind vor Zorn und Eifersucht gewesen und hätte er sich nicht benommen wie ein dummes, in seinem Stolz verletztes Kleinkind, hätte er gemerkt, was für einen absurden Plan er da im Namen von Thanos verfolgen sollte. Die Erde erobern... Du meine Güte: als ob ihm je ernsthaft was an einer Herrschaft über Midgard gelegen hätte! Ein lauter Schrei auf dem zweiten Monitor riss ihn aus seinen Überlegungen. Barton war getroffen worden. Zum Glück nur ein Streifschuss, aber Loki erkannte, dass keiner der Avengers etwas davon mitbekommen hatte. Der Mann war von einigen Hydra-Agenten abgedrängt worden und hatte schon seit längerem Mühe bekundet, sich gegen die Übermacht zu behaupten. Nun sah Loki, wie er zusammenbrach. Aber Barton hatte sozusagen Glück im Unglück: er verlor das Bewusstsein und wurde deshalb von seinen Verfolgern für tot gehalten. Loki zögerte keine Sekunde. So wenig er Hawkeye auch leiden konnte: er würde ihn nicht da draussen sich selbst überlassen. Glücklicherweise hatte Iron Man zehn Roboter an Bord, von denen Loki zwei jetzt unverzüglich losschickte, um Barton zu bergen. Er hätte das zwar lieber selbst getan, denn er fragte sich, wie unauffällig diese doch recht grobklotzigen Maschinen sein würden, aber ihm waren die Hände gebunden. Mit seiner Verletzung und ohne weitere Unterstützung war das Beste, das er tun konnte, dafür zu sorgen, dass die nötige medizinische Versorgung für Barton bereitstand, sobald er im Jet war. Loki war froh, dass er bei seinem ersten Besuch auf der Erde genug von der menschlichen Technologie mitbekommen hatte, um auch jetzt, ohne die Unterstützung durch seine Magie, relativ mühelos klar zu kommen. Stark hatte ihm nur ganz kurz erklären müssen, welches Programm er jeweils starten musste, damit die medizinischen Hilfsroboter bei allfälligen Verletzungen eines Teammitgliedes ihre Arbeit tun konnten. Es gab solche computergesteuerten 'Erste-Hilfe' Programme für alle gängigen Verletzungen, mit denen man bei einem solchen Einsatz rechnen musste, und Loki war dankbar, dass Stark ihm offensichtlich zumindest so weit vertraute, dass er ihm diese Aufgabe übertragen hatte. Es dauerte nur wenige Minuten, dann waren die beiden Roboter tatsächlich mit Barton zurück. Der Mann hatte bei der Bergung das Bewusstsein wiedererlangt und stöhnte laut, als er auf einer schwebenden Trage hereingeführt wurde. Bei Lokis Anblick versteifte er sich sichtlich, doch dieser gab ihm gar keine Zeit zum Nachdenken. Er dirigierte die Roboter hinüber in den medizinischen Bereich und sedierte Barton genauso, wie Bruce Banner es ihm gezeigt hatte. Als der Verletzte nach wenigen Sekunden ins Reich der Träume driftete, schnitt Loki die Hose an seinem rechten Unterschenkel auf und legte so die Schusswunde frei, damit die Roboter ihre Arbeit tun konnten. Es sah ziemlich schlimm aus, aber Loki war sich sicher, dass Barton die Sache ohne bleibende Schäden überstehen würde. Sobald Loki sicher sein konnte, dass Hawkeye in guten 'Händen' war, wandte er sich wieder dem Bildschirm zu, auf dem Melindas Signal zu sehen war. Sie hatte es tatsächlich geschafft, sich einigen Hydra-Agenten anzuschliessen und mit ihnen unbemerkt die Festung zu betreten. Nun stand sie im Kommandoraum, der überraschenderweise von nur drei Leuten besetzt war, und versuchte, herauszufinden, wie sie den Schutzschild deaktivieren konnte. «Jarvis, kannst du ihr mal helfen?» Loki hatte keine Ahnung, ob Starks künstliche Intelligenz auch auf ihn hören würde, aber einen Versuch war es ja wohl wert. Er hatte zwar selbst eine ungefähre Ahnung, welchen 'Knopf' er drücken würde, aber er wollte lieber kein unnötiges Risiko eingehen. Doch wenn er hätte raten müssen, wäre er jede Wette eingegangen, dass die flackernde, blaue Lichtspur auf dem linken Kontrollpanel den Schlüssel zur Deaktivierung dieser undurchdringbaren Energiewand darstellte. Schliesslich erkannte er Chitauri-Technologie, wenn er sie sah. Zu seiner Erleichterung antwortete Jarvis umgehend und bestätigte Lokis Vermutung. «Aber sie muss einen Code eingeben,» erklang die künstliche Stimme im Raum. «Und den konnte ich noch nicht identifizieren. Ganz abgesehen davon, dass ich kein Tastenfeld in diesem Lichtkreis erkennen kann.» Die Erkenntnis durchzuckte Loki wie ein Blitz, und er schalt sich einen Narren. Wo hatte er nur sein Gehirn gelassen? Er wusste doch, was das war! Und Jarvis Worte hatten die nötige Erinnerung in ihm jetzt wieder wachgerufen. Hastig sagte er, an Melinda gewandt: «Der Code ist * - # - | - ¦¦ - ^ - ~ Sobald du mit der Hand den Lichtkreis berührst, wird das entsprechende Tastenfeld sichtbar. Aber, Melinda...» Lokis Augen weiteten sich vor Schreck, als er sah, dass die Agentin ohne gross nachzudenken gleich loslegen wollte, «...du musst erst sicherstellen, dass niemand in deine Richtung schaut. Sonst fliegst du auf. Die Typen werden wissen, dass sich das Tastenfeld nicht durch Geisterhand aktiviert.» «Verstanden.» Melinda wartete einen Moment, bis sie sicher sein konnte, dass keiner der drei Männer im Raum zu ihr hinsah, dann schnellte ihre Hand nach vorne und berührte den Lichtkreis. Loki wiederholte die Kombination für sie, sodass die Agentin die Zeichen fehlerlos eingeben konnte. «Sir,» erklang Jarvis Stimme im Jet erneut, «woher kennen sie den Code?» Loki seufzte leise. «Ich war doch mal der böse Kerl, Jarvis. Deshalb kenne ich alle Sicherheitscodes sämtlicher Einrichtungen der Chitauri. Ich hätte nur nie im Leben damit gerechnet, dass Hydra diese Technologie zu nutzen weiss.» Er fuhr sich mit einer fahrigen Geste durchs Haar und fügte, mehr zu sich selbst, hinzu: «Die können das unmöglich alleine geschafft haben. Diese Technologie ist für Menschen nicht einfach so zu kacken...» Jarvis, der ihn natürlich gehört hatte, wollte wissen, wie sie es denn dann seiner Meinung nach geschafft hatten. «Das Zepter natürlich,» gab Loki kurz angebunden zurück. Er liess keinen Blick von Melinda und atmete sichtbar auf, als sie ihre Mission unbemerkt ausgeführt hatte. Ohne Jarvis die Gelegenheit zu weiteren Fragen zu geben, informierte er sofort die Avengers über Funk: «Die Sperre ist aus: ihr könnt reinstürmen! Beeilt euch. Sobald die merken, dass ihr Schutzschild deaktiviert wurde, ist Melinda in grösster Gefahr.» «Wir sind schon unterwegs, Bruder.» ertönte Thors Stimme über die Anlage. Und tatsächlich dauerte es keine zwei Sekunden, ehe der Donnergott die Festung stürmte. «Melinda, hau jetzt bitte ab!» bat Loki eindringlich. «Die Kavallerie ist im Anflug.» «Bin schon weg,» flüsterte die Frau zurück und beeilte sich daraufhin, so rasch wie möglich wieder rauszukommen. «Ich schick dir einen von Starks Robotern,» rief Loki und gab bereits die Anweisung, ehe Melinda widersprechen und ihm versichern konnte, dass sie die paar hundert Meter zurück zum Jet schon noch zu Fuss schaffen würde. «Deaktiviere den Tarnanzug, sobald du die Blechkiste kommen siehst, dann gabelt sie dich auf.» Als sie die deutliche Sorge in Lokis Stimme hörte, schluckte sie jede Gegenrede hinunter und tat, wie ihr geheissen worden war. Wenige Minuten später betrat sie sicher und unversehrt zusammen mit dem Roboter den Jet. Loki stürmte ihr entgegen und legte den gesunden Arm um sie. «Tu das nicht nochmal,» sagte er leise. «Was denn?» fragte sie in gespielt unschuldigem Ton. «Mir einen solchen Schrecken einzujagen.» «Aber es ist doch gar nichts passiert. Im Gegenteil: es lief alles wie am Schnürchen.» Sie war ehrlich überrascht, wie angespannt sein Gesicht wirkte. Hatte er wirklich derart um sie gezittert? Sie konnte nicht verhindern, dass ihr Herz einen Freundensprung machte. «Nein, aber wenn ich daran denke, was alles hätte passieren können...» «Halt die Klappe und küss mich!» gab Melinda zurück. Eine Aufforderung, die sie Loki nicht zweimal sagen musste. Als sie sich schliesslich wieder voneinander lösten, fiel Melindas Blick erstmals auf Barton. Er war noch nicht aus der Narkose aufgewacht, und der jungen Frau war sekundenlang deutlich anzusehen, dass sie das Schlimmste befürchtete. «Es geht ihm gut!» beeilte Loki sich daher rasch, zu sagen. Kurz umriss er ihr, was passiert war. Als er geendet hatte, sah ihn Melinda mit einem sehr merkwürdigen Ausdruck in den Augen an. «Was ist denn?» fragte Loki verunsichert. «Du hast Hawkeye gerettet...» Melinda sagte es fast ehrfürchtig. «Ohne auch nur zu zögern...» «Du liebe Güte!» Der Mann lachte kurz und freudlos auf. «Ich liebe Barton sicher genauso wenig wie er mich, aber das ist ja noch lange kein Grund, ihn verwundet inmitten von lauter feindlichen Agenten liegen zu lassen!» Sein Gesicht wurde wieder ernst. «Aber es überrascht mich nicht wirklich, dass du mir sowas zutraust.» «Es tut mir leid,» flüsterte die Frau kaum hörbar zurück. «Ich werd' das nie wieder tun, ich schwöre es. Ich weiss jetzt, dass du...» Weiter kam sie nicht, denn Loki verschloss ihre Lippen mit einem neuen Kuss. Melindas Knie wurden zu Gummi, und fast war sie erleichtert, als lautes Rumpeln von draussen die Rückkehr der anderen ankündigte. Noch ein paar Sekunden länger, und Lokis Kuss hätte ihre Sinne schwinden lassen. Verflixt, wie um alles in der Welt konnte ein Mann bloss derart gut küssen..? Okay, wenn sie ehrlich sein wollte, war er ja nicht wirklich ein Mann... Kein irdischer zumindest! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)