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Sunset over Egypt

Even if tomorrow dies
von

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Schuld

Ein schlechtes Gewissen war dermaßen unpassend im Augenblick, zu vieles anderes hatte ihn zu beschäftigen, verlangte den Fokus seiner Gedanken. Und doch kam der Pharao – stolz und mächtig wie er aussah – nicht darum herum sich ein schlechtes Gewissen einzureden und sich selbst die Schuld zuzusprechen.

Schuld konnte verschieden schwer wiegen, doch diese Schuld war kaum zu schultern. Seine unheilvolle Ernennung hatte Mana so viel Leid beschert, dass er kaum wusste, ob er je den Mut haben würde, ihr jemals wieder unter die Augen zu treten. Selbst wenn sie ihn nicht mehr erkennen würde, er würde sie überall heraus erkennen, er hatte ihr fröhliches Gesicht nicht vergessen. Ihre aufrichtige, lockere, oft kindliche Art hatte er immer bewundert. Sie war stets sie selbst geblieben, trotz all der Aufgaben in der Priesterschule, den schweren Schlägen zum Trotz, die sie schon viel früher getroffen hatten. Nie hatte sie ihre Fröhlichkeit verloren. Mit Seth an ihrer Seite kamen die Verpflichtungen, denen sie nicht mehr entfliehen konnte, die Ketten der Herrschenden hatten auch sie erreicht und gefesselt. Atemu ertappte sich dabei, wie er sich wünschte, sie hätte sich niemals in ihn verliebt. Wenn schon nicht Mana, so hätte doch wenigstens Seth genug Vernunft und Verantwortungsbewusstsein besitzen sollen, damit diese Ketten niemals hätten greifen können.

Er fühlte sich elend. Er wusste genau, dass ausgerechnet sein Cousin das alles so nicht gewollt hatte, und doch kam er nicht daran vorbei die Schuld, die Verantwortung bei eben diesem zu suchen. Hätte er doch besser aufgepasst, hätte er doch...

Doch nein. Seth hatte getan, was er konnte. Er, Atemu selbst, hatte Shada und Karim zu Manas offiziellen Lehrern ernannt, er selbst hatte das Unheil über sie gebracht und sie ihnen ausgeliefert. Und er selbst musste sich jetzt den Konsequenzen stellen.

„Verzeih mir“, sprach er leise, und doch so laut, dass Seth ihn hören konnte, „Dass ich die falschen ausgesucht habe.“

Kurz angebunden und knapp waren noch immer des Priesters Antworten. Er schüttelte den Kopf. „Du hast es nicht gewollt, Mana war schließlich auch deine Freundin.“ So ungern er es auch zugab, er wusste, dass es stimmte.

Leicht empört beugte sich der Pharao nach vorn, „Sprich nicht in der Vergangenheit“, sagte er streng, „Und du trägst auch keine Schuld.“ Er gestand dies mehr sich selbst ein als dem Brünetten, doch er musste die Worte einfach loswerden, damit sie seinen Grübeleien Einhalt gebieten konnten.

„Sie wird dich nicht erkennen“, gab Seth bitter zurück, „Ich habe ihr jede Erinnerungen nehmen müssen.“

Der Pharao nickte. Er konnte sich nicht recht vorstellen, was es bedeutete, doch er hatte verstanden. Egal wie auch immer er sich die Situation ausmalte, er würde der Realität erst dann nahe kommen, wenn er Mana wiedersah. Trotzdem gab es eine Sache, die Seth nicht verstanden zu haben schien. „An deiner Liebe zu ihr hat sich nichts geändert, sehe ich das richtig?“, fragte er, ohne auf die Antwort zu warten, „Wieso sollte ich meine Freundschaft zu ihr aufgeben?“

Ein tiefes Seufzen durchzog des Hohepriesters Kehle. „Du hast wahrscheinlich Recht“, stimmte er zu, ehe er wieder in ein tiefes Schweigen versank.

Erst Meilen später durchbrach Seth die Stille, sichtlich gefasster und hochkonzentriert. „Wir haben einen Krieg zu führen, das hat nun Priorität.“ Seine Stimme klang kalt und mächtig, genau so wie Atemu es von seinem Cousin gewöhnt war, doch beinhalte dieser Klang nicht noch mehr? Oder bildete er sich das ein? Es schien nicht, als glaubte Seth sonderlich an seine eigenen Worte, sie schienen aufgesetzt und auswendig gelernt zu sein. Und Atemu konnte es ihm noch nicht einmal verübeln. Wieso es den Anschein hatte, dass der Hohepriester mit der Situation wesentlich besser zurecht kam als er, konnte Atemu nicht sagen. Vermutlich lag es daran, dass er mehr Zeit gehabt hatte, sich an den Gedanken zu gewöhnen, falls etwas solches überhaupt möglich war. In Seths entschlossenen Augen brannte ein Feuer, das dem Pharao Angst gemacht hätte, wenn er ihn nicht so gut gekannt hätte. Der Brünette brannte darauf, in die Schlacht einzutreten, verzerrte sich danach, seinem Hass endlich freien Lauf zu lassen. Man konnte es sehen. Man konnte es spüren. Die Luft um ihn herum schien zu knistern, versetzte den folgenden Truppen eine unglaubliche Motivation, einen Siegeswillen, der nicht auf Stärke, sondern nur auf Hass basierte.

„Zeigen wir den Libyern, was es heißt, Ägypten herauszufordern!“ Die Entschlossenheit hätte kaum fassbarer sein können. Ein Gemetzel, dachte Atemu, das war im Augenblick vermutlich genau das Richtige.

Doch wollte er nur aus Hass heraus einen Krieg führen? Diese Art passte nicht zu ihm, er liebte die Schlacht nicht. Seinen Männern jedoch die einzige Motivation zu nehmen, aus der heraus sie bereit waren ihr Leben zu geben, erschien ihm töricht. Die Stimmung, die Seth um sich herum schaffte, war bis zum Zerreißen gespannt. Dies war der Moment, da es kein Zurück gab, da jeder Zweifel an ihrem Vorhaben nicht nur völlig unpassend war, sondern sofort im Keim erstickt wurde.

Der Pharao ließ sich mitreißen. Jetzt zu zweifeln, hieße an seinem Volk zu zweifeln, jetzt zu zögern, hieße sein ganzes Reich zu verraten. Er war Atemu, der Pharao Ägyptens, und er würde seine Männer in den Sieg führen! „Die werden noch was erleben“, stimmt er zu und zum ersten Mal legte sich auch auf sein Gesicht ein grimmiges Lächeln.

Im Einklang zogen Atemu und Seth das Tempo an, achteten dabei genauestens auf das Gelände und auf das Verhalten der Truppen. Der Sand unter ihren Füßen wurde grobkörniger, sie kamen ihrem Ziel immer näher.

„Bisher verläuft alles nach Plan“, sagte der Hohepriester und auch wenn er es eher zu sich selbst gesagt hatte, der Pharao hörte es trotzdem, nickte kurz zustimmend.

In ihrem Blickfeld war nun die gegnerische Streitmacht aufgetaucht, keine Boten sondern Männer der Schlacht. Der Ausdruck in ihren Augen verriet vieles, jedoch keine Schwäche. Es waren sogar noch mehr, als berichtet worden war, dachte Atemu, doch vielleicht spielten ihm seine Augen in der Anspannung einen Streich. Sie sahen sehr gut vorbereitet aus, mit entsetzter Genugtuung stellte er fest, dass Libyen diesen Krieg durchaus ernst nahm und in Ägypten eine reelle Gefahr sah.

„Es kann losgehen“, erklang des Priesters kalte Stimme, auch er musste erkannt haben, dass sie ihren Feinden zahlenmäßig weit unterlegen waren. Doch sie waren vorbereitet.

„Auf in den Krieg!“, gab Atemu als Antwort zurück und schaute für eine Sekunde in Seths entschlossenes Gesicht. „Führen wir das Heer zum Sieg!“

Sie ritten weiter. Atemu zog mit seiner Hälfte der Truppen weiter nach Norden, Seth ritt nach Süden. Sich an dieser Stelle zu trennen, gerade da sie sich der Übermacht ihrer Gegner bewusst geworden waren, war durchaus gewagt. Vieles konnte schief gehen, doch sie hatten nur diese eine Chance. An der Spitze sollten die beiden Teile des Heeres wieder zusammentreffen, sie alle konnten jetzt nur hoffen, dass dies auch gelang. Ansonsten stünden die ägyptischen Truppen gespalten da, die lediglich noch dafür hätten sorgen können, dass sie einen heldenhaften Tod finden würden, denn der Untergang wäre gewiss.
 

Sie lief durch die Gänge, schlich fast. Sie wusste nicht, wo ihre Füße sie hintrugen und es war ihr auch egal. Es kümmerte sie nicht. Vieles ging ihr durch den Kopf und doch wieder nichts, ihre Gedanken liefen im Kreis, kamen zu nichts Neuem. Wie auch immer sie es drehte und wendete, sie konnte es nicht begreifen.

Wie lange war es her gewesen, dass sie Seth aufgegeben hatte? Es erschien ihr Ewigkeiten her, dass er sie stehen gelassen hatte und doch waren nur Tage vergangen. Ihre gemeinsame Zeit schien so unendlich weit weg. Hatte sie ihn aufgegeben, damit er sich ins Unglück stürzte? Sie hatte gehofft, dass er wenigstens glücklich werden würde, reichte es denn nicht, wenn sie allein zurück blieb? Nie hatte die Weißhaarige geglaubt, dass so etwas wie Mitleid für das Kind, dass ihr alles genommen hatte, in ihr wachsen konnte, doch was sie nun spürte, übertraf alles, was sie bisher gekannt hatte. Sie hatte sich gewünscht, dass Mana es schwer haben würde mit dem Hohepriester, dass sie dafür zahlte, ihr des Hohepriesters Liebe entrissen zu haben. Doch etwas solches?

Das war zu viel, das hatte sie nicht gewollt. Die Wut, die Kisara tief in ihrem Herzen spürte, loderte wie Feuer, hatte jede Enttäuschung ihrerseits längst kompensiert. Wie Seth es schaffte ruhig zu bleiben, war ihr ein Rätsel, wenn er nicht das Recht dazu gehabt hätte, so hätte sie die beiden Männer auf der Stelle zerstört. Nur mit großer Anstrengung war es ihr gelungen, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten, und den Drachen zu beruhigen. Mit größter Anstrengung, die nur der Respekt vor Seth und Mana – sie hätte selbst nicht gedacht, jemals so zu denken – gerechtfertigt hatte. Ein Zeichen. Sie schluckte leicht. Dazu war sie also noch gut? Seths Lächeln war so falsch gewesen, so unglücklich. Nie hatte sie ihn so gesehen, nie hatte sie eine solche Leere in seinen Augen gesehen. Alles andere schien in den Hintergrund gerückt zu sein. Wie schnell sich doch die Sichtweisen ändern konnten, es war beinahe Ironie.

Der Hohepriester hatte sie verlassen um so unglücklich zu werden wie nie zuvor. Eine blühende Zukunft lag vor seinen Füßen, nun da er seinem Traum so viel näher gekommen war, doch seine Zukunft war schwarz. Die Freude hatte nicht lange gehalten, nun hatte er noch mehr Verpflichtungen, noch weniger Zeit.

War dies richtig? War es nicht vielleicht sogar das Beste, das ihm noch passieren konnte? Auf diese Weise musste er sie nicht immer sehen, auf diese Weise konnte er vielleicht ein wenig an etwas anderes denken und Kraft sammeln. Kraft, die er so dringend brauchte, damit er und somit auch Ägypten nicht der dunklen Zeit entgegen sehen mussten. Hing nicht alles davon ab? Hing nicht auch ihre Zukunft von ihm ab?

Sie hatte gehofft, sich losreißen zu können, doch sie hatte im entscheidenden Moment den Absprung verpasst. Nun durfte sie nicht mehr fliehen, nicht jetzt, da er sich auf ihre Hilfe verließ. Nicht jetzt, da er ihr endlich wieder vertraute. Sie seufzte schwer. Ihre Füße trugen sie immer noch, Schritt für Schritt kam sie voran, Schritt für Schritt dichter heran an Mana. Denn soviel wusste sie inzwischen. Sie wollte nach ihr sehen, wollte wissen, ob sie helfen konnte. Außerdem war es einfacher, ein Auge auf sie zu haben, wenn sie wusste, was sie machte. Sie hatte das unglaubliche Bedürfnis das Mädchen zu sehen, dass es ihr selbst unwohl wurde. Was versprach sie sich davon? Sie wollte sie nicht anstarren, wollte nicht gaffen.

Aber sie wollte sie sehen, wollte erkennen können, dass alles ein sehr schlechter Scherz gewesen war. Wäre Seth soweit gegangen, um sie von sich zu stoßen?

Nein. Sie kannte die Antwort, seit sie in seine blauen und doch seltsam farblosen Augen gesehen hatte. Augen, die den ihren sonst in keinster Weise nachstanden. Sie blieb stehen, lenkte ihren Blick nach draußen. So unentschlossen wie sie im Augenblick war, wollte sie Mana nicht unter die Augen treten.

Und dann sah sie es. Bildete sie sich es ein? Sah sie eine Reflexion des Lichtes, die sie verwirrte? Dort unten, in den Büschen des Palastgartens hockte eine bekannte Gestalt. Eine Gestalt, die nicht hätte dort sein dürfen.
 

„Für Ägypten!“, hatte Atemu geschrien, als er losgezogen war, Seth hatte nichts erwidert. Er kämpfte nicht für Ägypten. Diese Schlacht führte er mit all seiner Macht um zu Mana zurückkehren zu können und das so schnell wie möglich. Und um sein Versprechen an sie halten zu können. Bald war es soweit. Er konnte es kaum erwarten, den Zauber von den Priestern zu nehmen und sie die Schrecken der Welt spüren zu lassen. Die Teilung des Heeres hatte vor allem eines gebracht: Verwirrung in den gegnerischen Reihen. Sie schienen nicht mit einem solchen Schritt gerechnet zu haben und hatten nun Schwierigkeiten sich neu zu formieren. Seth lächelte. Er wusste, sie konnten jede Sekunde angegriffen werden, ein einziger unachtsamer Augenblick wäre fatal.

Doch es gab keinen unachtsamen Moment.

Er lenkte seinen Blick in alle Richtungen und seine Männer vorwärts. Links und rechts von ihnen gab es mehrere Sanddünen, Versteckmöglichkeiten, genau wie erwartet. Sie kämpften auf ihrem Land, sie kannten jeden Winkel. Das Heer wurde unruhig, doch das – befand der Priester – gereichte nur zu ihrem Vorteil. In einem solchen Gelände würden die Libyer es schwer haben, ihre große Zahl voll auszuspielen. Genau wie Mana es gesagt hatte. Letztendlich war dies ihr Plan gewesen, sie hatte die Idee entwickelt und zur Überraschung aller – ihrer selbst eingeschlossen – war der Vorschlag von allen Seiten auf Zustimmung gestoßen. Dies war vielleicht ihre einzige Chance.

Sie würden sie nutzen. Sie würden ihren Vorteil ausnutzen und all die Erwartungen, die an sie gestellt wurden, erfüllen.

Er wollte es so schnell es geht hinter sich haben, wollte, dass alles schnell vorbei war. Nicht, weil er nicht die Schlacht suchte, im Gegenteil. Vielleicht suchte er soviel mehr als nur den Krieg, der blutig vor seinen Füßen lag. Vielleicht suchte er nur eine Ausrede für die Grausamkeit, die er selbst in seinem Körper, in jeder Faser und in allen seinen Gedanken spüren konnte.

Doch sein Platz war nicht auf dem Schlachtfeld, und sein Platz war auch nicht im Palast. Im Augenblick gab es nur einen einzigen Ort, der seine Bestimmung war: An der Spitze seiner Männer, die er in den Sieg zu führen hatte.

Sie wurden immer unruhiger. Die Zeit war gekommen und sie spürten es. Der Feind war zum Greifen nahe, doch ein Ausfall durfte nicht riskiert werden, der Preis wäre zu hoch.

Der Hohepriester ritt um seine Truppen herum, versuchte sie ruhig zu halten und ihnen Mut zuzusprechen. Niemand von ihnen durfte jetzt noch zweifeln, die Zeit der Unsicherheit war vorbei. Ein grimmiges und erwartungsvolles Lächeln legte sich auf Seths Lippen. Am Horizont waren Truppen aufgetaucht. Es ging los.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  TeaGardnerChan
2009-07-09T16:08:48+00:00 09.07.2009 18:08
Hallo Mausi ^^
Jetzt mache ich mich mal dran all die tollen Kapitel nach zu lesen die ich schon verpasst habe XD

Nein die beiden dürfen Mana nicht aufgeben.
Schon schlimm genung dass Seth ihr die Erinnerungen nehmen musste... aber ich will nicht dran denken was passieren wird wenn sie diese plötzlich doch wieder erlangen sollte O.O

Neeee nicht auf in den Krieg XD
*ati festhält*

Oh oh... Jetzt macht Kisaras Zorn auch noch probleme XD
Probleme an allen ecken und kanten... nicht gut...

Krieg löst niemals probleme... hoffentlich geht das gut aus.
*betet*

Sper goil ^^
Wie immer
Ich liebe deinen Schreibstil ^^
Von: abgemeldet
2009-05-19T15:03:44+00:00 19.05.2009 17:03
Wah ist glaub ich das richtige Wort. Geil, ein anderes das passt. Ich kan nnicht mal Zitate suchen. Alles ist so wohl gewählt und in seinem Zusammenhang einfach umwerfend. Geil. Das ist wirklich toll. Hochachtung, Mausi Oô
Von:  Sakura
2009-05-19T11:49:08+00:00 19.05.2009 13:49
woah *-*
ich bin so gefesselt
Mana tut mir soo leid >//<~
die ganzen Erinnerungen weg und danna lles neu lernen ;//;
aber Seth ist soo toll >///> icgh bin echt gespannt XD!


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