Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 12: Folter ------------------ Finster und dunkel erschienen die Wände und Gänge, durch die sie eilte, schnellen, sicheren Schrittes führten sie sie immer dichter an ihr Ziel, trugen sie fast lautlos durch den Palast. Sollte sich ihr jemand entgegen stellen, es war gleichgültig, niemand hier war sich dem bewusst, wer sie war, niemand würde etwas anderes in ihr sehen, als eine stumme Dienerin, die nichts anderes tat, als einem Befehl zu folgen. Sicher, ihr rotes Haar konnte nicht lange unentdeckt bleiben, doch wer würde schon darauf achten. Unbehelligt erreichte Meira das Gemach des Hohepriesters, öffnete wie von Zauberhand die Tür und trat ein. Es war kein besonders anmutiger Anblick, wie er dort lag, völlig entkräftet, auf dem Bett zusammengebrochen. Er schien zu schlafen, doch war er von einer enormen Unruhe geplagt, die ihn nicht genesen ließ. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Armer Priester..“, flüsterte sie, halb zu der leblosen Gestalt, halb zu sich selbst, „Schwacher Priester.. du hast keine Chance.. quälst du dich? Ich kann dir helfen, weißt du..“ Er zeigte keinerlei Reaktion, es ließ sich nicht feststellen, ob er wusste, dass sie hier war. Sie ließ sich an seinem Bett nieder, strich ihm die Haare aus der Stirn. „Ich kann dich von deinem Leiden befreien..“ Er glühte. Meira ließ einen Nebel in dem Zimmer erscheinen, alles lag allein in ihrer Hand. „Bald hast du es überstanden..“, hauchte sie voller Entzückung, und entfernte den blutdurchtränkten Verband von seinem Bein. „Ich müsste nur zusehen, wie du verblutest.. aber das wäre dir nicht recht, oder?“ Erneut strich sie über seine Wangen, fast zärtlich. „Mir würde das auch keinen Spaß machen..“, fuhr sie fort, ohne darauf zu achten, dass er sie gar nicht wahrnahm. Der Nebel nahm eine grüne Farbe an, legte sich leuchtend direkt über den Priester. Meira wartete. Nur wenige Augenblicke darauf schreckte Seth aus seinen Fieberträumen auf, ohne sich rühren zu können, einfach nur den Nebel über sich anstarrend. Auf das Schlimmste gefasst, blickte er sich um, so gut es ging, ohne seinen Kopf zu bewegen. Fast panisch blickte er in Meiras Gesicht, die nun, da ihre Magie ihn geweckt hatte, fast kindlich strahlte. „Gut geschlafen?“, fragte sie tückisch, und veränderte die Gegebenheiten erneut nach ihrem Willen. Der Nebel, der noch eben grün gestrahlt hatte, nahm nun eine tiefblaue Färbung an. Seth antwortete nicht, konnte es nicht. Er war ihr ausgeliefert, konnte sich weder befreien, noch um Hilfe schreien, alle Möglichkeiten der Wehr hatte sie ihm genommen, bevor er auch nur die Augen geöffnet hatte. Eine eisige Kälte ging von dem Nebel aus, fuhr tief ihn seine Glieder, ließ ihn zittern, ließ ihn frieren. Kälte, die er noch niemals gespürt hatte, durchzog alles an ihm wie eisige Dolche, denen er nicht entkommen konnte. „Und?“, spottete das Mädchen, „Wie ist das so? Wehrlos? Ganz und gar hilflos? Wo du doch sonst immer der Große bist..“ Sie schüttelte ihren Kopf, warf ihr Haar zurück über ihre Schultern, „Aber nun.. keiner wird dir helfen.. meine Brüder kümmern sich um deine kleine Freundin..“ Meira stand auf und ging ans Fenster. „Sie macht nicht gerade den besten Eindruck, weißt du.“ Seth konnte nicht antworten. Jedes ihrer Worte war wie ein Stich, tief in seinem Herzen, es wurde immer kälter und er wusste nicht einmal, ob er all das nicht vielleicht wirklich verdiente. Meira genoss es, ihn zu foltern, sah ihn mitleidig an. „Ist dir kalt?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte, „So besser?“ Der Nebel hatte sich rot verfärbt. Wie Feuer schien er sich in seine Haut einzubrennen, Hitze, die nun, da er die Kälte gespürt hatte, noch viel heißer und unerträglicher war. Er wollte, dass es vorbei war, es war ihm alles egal, was auch immer kommen sollte, sollte geschehen, doch es sollte jetzt passieren, sollte endlich alles beenden. Er wollte schreien, doch er brachte kein Wort heraus, alles was er hören konnte, war Meiras Gelächter, die sich nun über ihn gebeugt hatte und voller Hohn auf ihn herabsah, ohne dass der Nebel auch nur den geringsten Einfluss auf sie hatte. Unerwartet und mit enormer Wucht schlug der Lichtblitz ein, ließ Cyrus zurückweichen. Er starrte in die Richtung, aus der der Angriff gekommen war. „Du sollst deine Zeit nicht mit Fragen vergeuden, Mana, oder ihr werdet beide sterben!“ Die Stimme, die aus dem Nebel hervordrang, war klar und hell, hatte etwas mahnendes an sich. Um sie herum war alles hell, und über ihrem Kopf schwebte ein heller, weißer und wunderschöner Drache. „Kisara!“, stieß Mana hervor. Nie hatte sie sich mehr gefreut, das weißhaarige Mädchen zu sehen. Sie kam wirklich wie gerufen. Trotzdem stand ihr der Sinn nicht danach, von ihr belehrt zu werden. „Das weiß ich auch! Aber ich komm hier ja nicht weg!“, meckerte sie. Cyrus war wir von Donner gerührt. „Das ist das Mädchen, das von Seth abserviert wurde!“, rief Akim ihm erklärend zu und Cyrus verstand. Das Mädchen mit dem Drachen.. er hatte ihr schon einmal gegenüber gestanden, doch damals war sie bei weitem nicht so entschlossen aufgetreten. Er zog den Nebel um sie enger. „Was willst du?“, fauchte er sie an. „Ich will nicht, dass Seth stirb!“, entgegnete sie sauer. „Und auch, wenn ich Mana auf diese Weise loswerden könnte, hab ich doch nichts davon!“ Sie hob den Arm, der Drache folgte ihrer Bewegung und breitete seine gewaltigen Schwingen aus. Der Nebel um sie verschwand in einem weiteren Lichtstrahl. „Nun lauf schon!“, zischte sie der Priesterschülerin zu, während sie Cyrus und Akim im Blick behielt und der Drache Mana den Weg freihielt. Diese ließ sich nicht zweimal bitten, sondern lief sofort los, rannte zum Palast, schneller als sie je gelaufen war. Sie blickte nicht zurück, sie musste einfach darauf vertrauen, dass Kisara wusste, was sie tat. Sie lief die Gänge entlang, stürmte auf des Priesters Gemächer zu, stieß die Tür auf und rannte hinein. Akim versuchte Mana aufzuhalten, kam aber nicht an dem Drachen vorbei, der sich nun bedrohlich vor ihm aufbaute, Kisaras ganzen Groll in sich tragend. „Du wagst es dich uns entgegen zu stellen?!“, fauchte er sie an. Niemals hätte er erwartet, dass ausgerechnet sie ihn würde aufhalten wollen. Sie, die doch von Seth so schlecht behandelt wurde. Er hatte nie groß auf sie geachtet, sicher, dennoch hätte er seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass sie niemals etwas tun würde, das Mana helfen würde. Selbst wenn es um Seth ging, es passte nicht zu seinem Bild von Kisara, dass sie Mana das Feld räumte, ihr den Vortritt ließ. Kisara sah ihn ernst an. „Was hast du denn? Ist der Drache zu groß für dich?“ Sie legte ihren Kopf schief. Dabei fiel ihr Blick auf Cyrus, der sich am Nebel zu schaffen machte, und einen Vogel daraus formte. Er wollte seine Schwester warnen, wollte ihr Bescheid geben, doch das war gar nicht in Kisaras Sinne. Sie ließ den Drache den Vogel angreifen, und lenkte ihn dann auf Cyrus. Sofort hielt dieser in seinem Bemühen inne, musterte das Mädchen besorgt. Er kannte die Gefahr, die von diesem Drachen ausging, wusste genau, dass Kisara keinerlei Scherze machte. Er betrachtete seinen Bruder. Er hatte keine Ahnung, worauf er sich da einließ. Kurz entschlossen schloss er den Nebel um sich und Akim und verschwand mit ihm. Kisara blieb allein zurück. „Feiglinge..“, murmelte sie sauer. Erschrocken schrie Meira auf. „Du?! Hier?!“ Sie hätte nicht damit gerechnet, dass Mana hier herkommen könnte. Schließlich hatte Cyrus sich um sie gekümmert und selbst wenn sie ihm irgendwie entwischt wäre, er hätte sie gewarnt. Warum also war sie hier? Mana war zwar außer Atem, dennoch fest entschlossen. „Natürlich bin ich hier“, sagte sie und ihr Blick fiel auf Seth. Sie nahm den Millenniumsstab, richtete ihn gegen Meira und aktivierte ihn. „Ich lasse nicht zu, dass du ihn umbringst!“, rief sie außer sich vor Wut. Meira konnte zwar Manas Angriff abwehren, doch dadurch verlor sie die Kontrolle über den Nebel, der Seth noch immer folterte. Sie kümmerte sich nicht um ihn. Er konnte sowieso nichts ausrichten. Stattdessen konzentrierte sie sich auf das Mädchen. Was auch immer ihre Brüder aufgehalten haben mochte, sie würde dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten. „Vergiss es!“, kreischte sie und feuerte Nebelkugeln auf Mana. So gut es ging, wich Mana aus, wurde ein paar Mal leicht gestreift, doch nicht schwerer getroffen. Auch sie griff weiter an, doch ihre Kraft ließ nach, der Millenniumsstab erforderte unglaubliche Konzentration. Und letztendlich war sie doch nichts weiter als eine Priesterschülerin, weder ausreichend in der Magie ausgebildet, noch eine Hüterin des Millenniumsgegenstandes. Meira war sauer. Sie wich Manas immer kläglicher werdenden Angriffen aus, und griff sie ihrerseits weiterhin an. Im Gegensatz zu ihr jedoch ließ ihre Kraft nicht nach. „Stell dich mir nicht in den Weg, Kleine!“ Sie wollte weiter angreifen, wollte nicht einfach nur über die Nebelkugeln stolpern um ihnen irgendwie auszuweichen, doch sie konnte es nicht. Sie schüttelte den Stab, er wollte einfach nicht mehr auf sie hören, ließ sich nicht mehr kontrollieren. Ausgerechnet jetzt, wo sie ihn doch so sehr brauchte. Doch sie konnte nur noch ausweichen. Sie konnte wieder gar nichts tun. Die Angriffe stoppten. Wie eine Furie trat Meira auf sie zu, schloss sie in einen dichten Nebel ein und ließ ihren Körper ein paar Zentimeter über dem Boden schweben. „So!“, fauchte sie ungehalten, „Nun darfst du zuschauen!“ Sie richtete ihre Aufmerksamkeit erneut auf den Priester, richtete den Nebel wieder auf ihn und tat so, als hätte Mana sie niemals unterbrochen. Dunkelblau leuchtete er, und ließ Seth vor Schmerzen aufschreien. Er wälzte sich hin und her, die Augen weit aufgerissen. Meira wollte nicht mehr spielen, sie wollte ihn leiden lassen, wollte ihn foltern und sich auf die Weise an Mana rächen. Verzweifelt musste die Priesterschülerin zusehen, konnte sich nichts grausameres vorstellen, doch der Nebel hielt sie gefangen, der Stab ließ sich nicht aktivieren und ihren Eigenen hatte sie noch immer nicht wieder. Sie zuckte immer wieder zusammen, versuchte sich zu wehren, irgendwie freizukommen. „Lass mich los!“, schrie sie, doch Meira lachte nur. Für sie war es eine Genugtuung, die beiden leiden zu sehen, sie lachte bestialisch, während sie Seth weiterhin Schmerzen zufügte. „Seeeth!“, Mana schrie, verzweifelt, völlig außer sich. Sie weinte, wollte ihn nicht leiden sehen. Nein.. Es konnte einfach nicht sein, dass sie nichts tun konnte. All ihr Unterricht durfte nicht umsonst gewesen sein, sie musste doch etwas tun können. Sie versuchte die Nerven zu behalten, konzentrierte sich auf das, was sie konnte, während sie auf ihrer Lippe herum kaute. Sie schrei erneut auf, erregte damit Meiras Aufmerksamkeit. „Was tust du?!“, rief diese als sie in Manas hochkonzentriertes Gesicht blickte. Mana sank zu Boden, der Nebel, der sie festhielt, löste sich auf. Der Millenniumsstab war zu Boden gefallen, doch das kümmerte sie nicht. In ihrer Hand hielt sie einen ganz anderen Stab – ihren Stab. Sie hatte ihn gerufen, ohne zu wissen, ob sie Erfolg haben würde, doch schließlich war sie seine rechtmäßige Besitzerin und nicht Cyrus. Neuer Mut durchzog sie, jetzt, da sie ihren Stab in den Händen hielt, einen Zauberstab, den sie wirklich kontrollieren konnte, fühlte sie sich viel besser. Nicht mehr so schutzlos, nicht mehr so ausgeliefert. „Was hast du denn?“, spottete nun sie, „Verwirrt?!“ Sie lächelte. Meira schüttelte entschieden den Kopf, was hier geschah, hatte nicht einmal die Millenniumskette ihr zeigen können. „Oh nein, du wirst ihn nicht retten!“, schrie sie, und richtete all ihre Kraft gegen den Priester, der sofort erneut aufschrie und kurz darauf das Bewusstsein verlor. Mana nahm das alles nur zum Teil wahr. „Was hast du denn? Kleine Meira?“ Noch immer lächelte sie sie an, „Ganz allein?“ Sie hielt ihren Stab in die Richtung der Rothaarigen, die fauchte und mit Nebel um sich warf. Mana interessierte es nicht, lenkte jeden ihrer Angriffe ab. Ihr Stab hatte eine Magie freigesetzt, die ihr noch nie zuvor gelungen war. Doch sie war fest entschlossen, kein Zweifel wohnte in ihrem Herzen, kein Verständnis. „Ich werde dir niemals verzeihen!“, schrie sie Meira an, und schleuderte sie gegen eine Wand. „Wage es ja nicht noch einmal in Seths Nähe zu kommen!“ Die Nebeltochter schlug hart gegen das Gemäuer und sank zu Boden. Sie blieb liegen, war leicht benommen. Doch ihr Wille war nicht gebrochen, sie wollte Mana bezahlen lassen, wie konnte sie es wagen. Mana ließ eine magische Kugel an der Spitze ihres Stabes erscheinen, lächelte Meira grimmig und zufrieden an. „Erinnert dich das an etwas?“, fragte sie voller Abscheu, ehe sie die Kugel auf ihre immer noch benommene Gegnerin feuerte. Sie hatte keine Möglichkeit, auszuweichen. Sie konnte nur noch eines tun. Mit letzter Kraft beschwor Meira einen Nebelschleier um sich herum und verschwand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)