Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 7: Stur --------------- Keuchend und schwer atmend setzte Mana sich auf, immer wieder hustend. Sie saß direkt neben dem brennenden Vorhang, musterte die Gegend. Es war kaum zu glauben, wie schnell sich dieser Ort in ein Schlachtfeld verwandelt hatte. Der Rauch brannte in ihren Augen, ließ sie tränen. Sie sah erst auf, als sie Seth neben sich stehen sah, der sich zu ihr herunterbeugte und sie förmlich vom Boden aufhob. „Du musst hier weg!“, drängte er, und ignorierte dabei weiterhin den Schmerz in seinem Bein. Mana sah ihn fragend an, hielt sich an ihm fest. „Warum muss ich hier weg?“, fragte sie einfältig, „Du wurdest doch auch getroffen!“ Sie war eindeutig besorgt, doch der Priester winkte ab. Sie sollte sich keine Gedanken um ihn machen. Er zeigte auf den Vorhang. „Es kann sein, dass hier gleich alles in Flammen steht, wir dürfen keine Zeit verlieren!“ Auch wenn Cyrus und Meira geflohen waren, ihr Chaos herrschte hier noch immer. Die Priesterschülerin fühlte sich wohl in Seths Armen, auch wenn die Situation alles andere als entspannt war. Trotzdem, seine Nähe brachte ihr eine ungeahnte Fröhlichkeit. „Ach, so ein bisschen Feuer“, sagte sie lässig, „Das macht mir doch nichts aus. Allerdings“, wieder hustete sie, „Solltest du es wirklich stoppen.“ Als sie dies jedoch sagte, legte sich ein trauriger Glanz in ihre Augen. „Ich kann dir keine allzu große Hilfe mehr sein..“ Meiras Worte klangen in ihren Ohren. Nun hatte sie ihm noch weniger zu bieten. Sie schüttelte schwach den Kopf. Seth sah sie irritiert an. „Natürlich kannst du das!“, wiedersprach er, und setzte sie ab. „Würdest du die Tür öffnen?“ Natürlich konnte er es auch selbst tun, doch er wollte sein verletztes Bein so wenig wie möglich belasten. Verwirrt blinzelte das Mädchen ihn an, öffnete jedoch trotzdem die Tür. Ihr Blick fiel auf sein Bein. „Ist wirklich alles in Ordnung?“, fragte sie skeptisch. „Ich bin mir nicht allzu sicher“, antwortete er beiläufig, während er seine Konzentration auf den Stab richtete und dadurch draußen Sand aufwirbelte, den er auf das Feuer schleuderte, damit die Flammen erstickten. „Ich habe mal eben die Wüste ins Haus geholt“, erklärte er sachlich und stolz auf seine Leistung. Mana sah ihn erst erschrocken an, find dann aber an zu lachen. „Wie toll!“, rief sie, ehrlich beeindruckt. Sie sah sich im Raum um. „Meinst du, der Pharao sollte hiervon erfahren?“, fragte sie grinsend. Sie wusste genau, was Seth von Atemu hielt und auch sie wollte ihre Zeit nun nicht mit ihm verbringen. Seth betrachtete noch immer sein Werk. „Der macht doch eh nichts“, meinte er abwertend, „Wegen so ein bisschen Sand, sollten wir ihn nicht aus seiner heilen Welt reißen.“ Seine Antwort war ganz so, wie Mana es erwartet hatte. „Gut“, sagte sie, und ihre Stimme wurde wieder ernster. „Dann müssen wir dich erst einmal verarzten.“ Das wiederum war überhaupt nicht in Seths Sinne. Er wollte nicht so viel Aufmerksamkeit darauf lenken. Doch das Mädchen verschränkte die Arme, betrachtete skeptisch sein Bein. „Tut dir das nicht weh?!“ Mana konnte kaum glauben, wie gleichgültig ihm das war. Glaubte er denn, dass er so stark sein musste, dass er über alle Verletzungen erhaben war? Das war doch Unsinn. Doch Seth ging nicht auf ihr Drängen ein. „Das ist gleich wieder gut“, meinte er und brachte Mana damit fast zur Verzweiflung. „Gleich?“, sie sah ihn grummelnd an, allen Respekt vergessend, der einem Hohepriester gebührte. „Vielleicht ist das ja etwas ganz schlimmes?!“, fuhr sie fort, „Du hast ja nicht einmal nachgeschaut! Aber du musst ja so tun, als würde es dich nicht interessieren!“ „Hätte ich mich vielleicht darum kümmern sollen?“, konterte der Priester skeptisch, „Dann wären wir beide nun vermutlich gegrillt.“ Das konnte schließlich auch nicht das sein, was das Mädchen wollte. Und tatsächlich. Mana blinzelte kurz verwirrt und sah dann leicht beschämt zu Boden. „ist ja gut“, meinte sie nachgebend, „Danke für deine Hilfe..“ Seth winkte ab. Vielleicht war er stur, doch Mana war nicht weniger stur. Und auch an ihrer Argumentation war einiges stichhaltig. Er sah sich sein Bein an, und blickte auf eine klaffende Wunde, die er selbst gar nicht so wahrgenommen hatte. „Das war kein gewöhnliches Feuer..“, sprach er schließlich murmelnd, „Da war noch etwas in der Kugel..“ Mana sah ihn alarmierend an, immer wieder auf sein Bein schielend, „Und was meinst du, was das war?“ Zu ihrer Enttäuschung wusste er es nicht, schüttelte nur nachdenklich den Kopf. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung“, gab er zu, „Es war ziemlich kalt.. Wenn man beachtet das es Feuer war..“ Die Priesterschülerin betrachtete ihn besorgt, überhäufte ihn dann mit Fragen. Ob es noch sehr weh tat, ob es brannte oder doch eher zog, ob sie es kühlen oder wärmen sollten oder vielleicht beides? Sie redete so schnell, dass sie fast das Atmen vergaß und erschöpft Luft holen musste. Seth hielt ihr kurz den Mund zu um sie zu stoppen. Er brauchte nun niemanden, der vor Panik durchdrehte, so schlimm war es nun wirklich nicht. „Eigentlich ist das ein ganz merkwürdiges Gefühl“, sagte er, mehr zu sich selbst als zu Mana, „Als würde .. irgendetwas.. darauf sitzen.. oder so..“ Es war schwer zu beschreiben. Er fasste auf die Stelle, merkte erst jetzt wie stark es blutete. „Aber da ist nichts.. vielleicht liegt es daran, dass es so pocht..“ Mana sah ihn ernst an. All das gefiel ihr gar nicht, sie packte seinen Arm, zog ihn vorsichtig hinter sich her. Sie hatten schon genug zeit vergeudet, es musste endlich etwas getan werden. Dagegen musste es doch etwas geben, irgendetwas, das Seth helfen konnte. Er folgte ihr ohne Widerworte. Obwohl jeder Schritt schmerzvoller wurde, ließ er sich nichts anmerken. „Wo willst du denn hin?“, fragte er stattdessen. „In mein Zimmer“, antwortete Mana, kurzangebunden und zickig. „Dann wirst du verarztet! Ich habe noch Verbände vom Unterricht mit Mahado!“ Mahado hatte Mana unterrichtet, sie, solange er noch konnte, in die Kunst der Magie eingeführt. Er war ihr Mentor gewesen und hatte eine Priesterin aus ihr machen wollen. Doch er hatte sein Werk nicht vollenden können. Viel zu früh war er in einem Kampf gefallen, hatte Mana mitten in ihrer Ausbildung allein zurückgelassen. Damit sie sie dennoch beenden konnte, hatte Seth sich ihrer angenommen. Seth sah leicht skeptisch zu ihr. „Und du glaubst, das bringt etwas?“ Er konnte es sich nicht vorstellen, einfache Tücher konnten keine Magie vertreiben. „Wenigsten verblutest du dann nicht!“, behaarte Mana und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Sie lächelte leicht verlegen. Im ganzen Raum lagen Papyrusrollen verteilt. „Ich.. hab nicht aufgeräumt.“ Ich? Verbluten? Seth lächelte leichtkopfschüttelnd, blieb aber lieber bei ihrem Zimmer als Thema, wollte sie beschwichtigen ohne sie damit aufzuziehen. Er betrachtete ihr Chaos, wusste kaum, wo er hintreten sollte. „Ist doch nicht so schlimm mit dem Aufräumen..“ Er musste darauf achten, nicht zu stolpern und ihre Aufzeichnungen nicht mit seinem Blut unleserlich zu machen. „Doofe Lernerei“, versuchte Mana sich zu rechtfertigen, packte geschickt nach ein paar der Rollen, stapelte sie auf dem Tisch, der in der Ecke stand, und schmiss dann einige Kissen zurück auf ihr Bett. Ernst und besorgt beobachtete sie die rote Flüssigkeit, die sich langsam ihren Weg an des Priesters Unterschenkel suchte. Du verblutest schon nicht.. Nein.. Mana sah ihn kurz beleidigt an, fasste sich dann aber wieder. „Setze dich aufs Bett“, sagte sie bestimmend, „ich hole die Verbände.“ Sogleich durchwühlte sie alles, was auf ihrem kleinen Holztisch lag, nach den Binden. Einige der Rollen, die sie soeben erst dort abgelegt hatte, fielen wieder zu Boden. Seth gehorchte. Er wollte es nicht zugeben, doch sein Zustand verschlimmerte sich Zusehens. Viel Blut hatte er nun schon verloren, ihm war leicht schwindlig, so dass er kurz die Augen schloss. Er öffnete sie erst, als er einen kalten Lappen auf seinem Bein spürte, mit dem Mana konzentriert versuchte, seine Wunde zu säubern. Es brannte, doch viel mehr machte dem Priester der anhaltende Schwindel zu schaffen. Nebelmagie.., dachte er, sie wird mich wohl auf ewig verfolgen.. Erneut schloss er die Augen. Unterdessen hatte Mana begonnen sein Bein in feste Verbände zu wickeln. „Bist du sicher, dass alles okay ist?“, fragte sie ernst, als sie in sein Gesicht blickte. Er war kreidebleich. „Mir ist nur etwas schwindlig“, antwortete er matt, versuchte sich zusammenzureißen. Doch Mana ließ sich nicht beirren. Entschlossen stand sie auf und drückte ihn in die Kissen. „Dann leg dich hin!“, sagte sie, fast gebieterisch, „Es ist vielleicht nicht so ein tolles Bett wie deines, aber ich werde dich nicht durch den ganzen Palast schleppen.“ Seth lächelte daraufhin. Nichts anderes hatte er von ihr erwartet. „Das musst du auch nicht“, erwiderte er. Für ihn war es eine Erleichterung zu liegen und der Verband tat sein Übriges. Die Priesterschülerin setzte sich neben ihn, legte ihren Kopf schief. „Willst du etwas trinken? Essen? Soll ich bei dir bleiben, oder willst du schlafen?“ Erneut bombardierte sie ihn mit Fragen. Doch Seth wollte weder essen noch trinken. Er lächelte sie an. „Gehst du weg, falls ich einschlafe?“ Auch auf Manas Lippen legte sich ein leichtes, wenn auch unsicheres Lächeln. „Soll ich?“, fragte sie schüchtern, „Ich kann auch auf dich aufpassen..“ Ihre Stimme wurde immer leiser. Der Priester griff ungeschickt nach ihrer Hand. Er fühlte sich unglaublich schwach. „Bleib hier..“ Sie beugte sich leicht zu ihm herunter. Besorgnis stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sie ihn vorsichtig küsste. „Du solltest schlafen“, meinte sie schließlich augenzwinkernd, „Rettungsaktionen sind anstrengend.“ Ein einziger Treffer hatte ausgereicht um ihn so sehr zu schwächen. Seth selbst konnte es nicht verstehen. Er ließ sich tiefer in die Kissen sinken, hielt noch immer Manas Hand. Sie lag leicht angekuschelt neben ihm, hielt ihn fest. „Du verlässt mich doch nicht, oder?“, fragte sie ängstlich, „Du schaffst das doch, nicht wahr?“ Ihre Frage irritierte Seth. Er lächelte sie ausdruckslos an. „Meinst du wirklich, die kriegen mich klein? Mach dir keine Sorgen, es geht mir bald wieder gut..“ Er hatte sie aufbauen wollen, doch das Gegenteil trat ein. „Und wann ist dieses ‚bald‘?!“ Mana hatte schon oft einen nahestehenden Menschen verloren. Ihren Vater hatte sie kaum in Erinnerung und ihre Mutter war früh gestorben. Auch der Verlust der Priester Mahado und Marik, der gemeinsam mit seiner Schwester Isis verschwunden war, hatte sie gezeichnet. Seth konnte ihre Angst verstehen, doch ihre Sorge war unbegründet. „Ehrlich“, flüsterte er und strich ihr sanft über die Wange, „Du musst dir keine Sorgen machen.“ „Mach ich mir aber!“, widersprach Mana stur und drückte ihr Gesicht leicht gegen seine Hand. „So kenne ich dich gar nicht.“ Seth stockte kurz, lächelte traurig. „Es tut mir Leid“, meinte er ehrlich, „Nachdem ich dich sogar angegriffen habe, falle ich dir nun auch noch zur Last..“ Er richtete sich mühsam auf. Völlig entgeistert und empört drückte Mana ihn zurück in die Kissen. „Du bleibst hier! Ich habe doch schon komplett vergessen, dass du mich angegriffen hast!“ Schuldbewusst legte sie eine Hand auf ihren Bauch. Die Schmerzen hatte sie gewiss nicht vergessen. Aber sie wollte nicht, dass er deswegen ein schlechtes Gewissen hatte. „Außerdem kannst du da nichts für!“, fuhr sie entschlossen fort, und sah ihn an, als sei das Thema damit für sie beendet. Nicht so jedoch für Seth. Er wusste, dass er sie angegriffen hatte, ob beabsichtigt oder nicht, er hatte es getan. Und genau aus diesem Grund konnte er es nicht einfach so abtun. „Bist du verletzt?“, fragte er und erntete damit nichts weiter als ein Schulterzucken. „Keine Ahnung..?“ Mana sah an sich herunter, erkannte Blut an ihrem Kleid. Widerwillig schaute sie wieder hoch, grinste verlegen und antwortete erneut. „Nein, bin ich nicht.“ Doch Seth war nicht überzeugt. Er war ihrem Blick gefolgt und auch ihm war der rote Fleck nicht entgangen. „Und was ist das?“ „Ein Kratzer?“, schloss Mana voreilig, „Ich weiß es nicht, ich habe doch nicht nachgeschaut!“ Sie sah ihn fragend an. „Aber sei stolz auf mich“, fügte sie schließlich hinzu, „Ich habe deinen Angriff ganz schön gut weggesteckt!“ Wenn sie damit die Stimmung hatte auflockern wollen, dann war es gründlich misslungen. Seth betrachtete sie besorgt und schuldig, „Dann sollten wir aber dringend nachschauen“, sagte er leise, „Vielleicht ist es etwas ernstes?“ Er ignorierte das wieder stärker werdende Schwindelgefühl, und sah sie auffordernd an. „Also..“, setzte er an und sah ihr dabei direkt in ihre strahlenden Augen, „Zeig her!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)