Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 2: Eifersucht --------------------- Vorsätze waren eine Sache, Geduld eine völlig andere. Mana hatte kurz nachdem Seth die Tür geschlossen hatte, den Gang verlassen. Einfach nur da sitzen und warten, das war nichts für sie. Schon gar nicht in der Situation, sie wollte etwas machen, etwas unternehmen, ansonsten hatte es keinen Sinn ihre Aufgaben zu verschieben. Eine Weile hatte sie versucht an der Tür zu lauschen, aber sie konnte kaum ein Wort verstehen. Seth und Kisara waren ziemlich laut geworden und als Kisara schließlich schluchzend davon gelaufen war, war Mana sicher, dass sie die Zeichen richtig gedeutet hatte. Unweigerlich musste sie grinsen. Doch Seth war nicht noch einmal aus seinem Gemach gekommen, deswegen hatte Mana beschlossen zu warten, eine Nacht darüber zu schlafen. Sie war aufgestanden und hatte den sichtlich verunsicherten Diener mitgezogen. Seinen Herrn schreien zu hören, kannte er zwar, dennoch war es ein merkwürdiges Gefühl für ihn, nicht der Auslöser dafür zu sein. Denn Seth schrie selten, aber wenn er schrie, dann hatte er meistens einen guten Grund. Mana zog ihn hinter sich her, vorbei an dem Garten, um den der Diener allerdings einen großen Bogen machen wollte. Er war schon eigenartig, verhielt sich nicht seines Alters entsprechend, sondern eher wie ein verirrtes, kleines Kind. Vielleicht war er das auch, schließlich war er noch ein Kind gewesen, als Seth ihn zu sich geholt hatte. Trotzdem hatte sie erwartet, dass die Jahre, die er mit dem Priester verbrachte, Auswirkungen auf ihn haben würden. Vergeblich. Lächelnd sah sie ihn an. „Duu, darf ich dir mal eine Frage stellen?“ Es brannte ihr auf der Zunge, es hatte sie schon immer gewundert. Überrascht nickte der junge Diener, sah sie fragend an. Interesse an seiner Person war er nicht gewohnt, aber er mochte es, weil er Mana mochte. „Na jaa“, begann das Mädchen zögernd, „Ich würde gerne wissen.. Wie heißt du eigentlich?“ Nie hatte jemand nach seinem Namen gefragt. Nie hatte er darüber nachgedacht, dass es ungewöhnlich war, einfach nur Diener genannt zu werden. Damals, vor sechs Jahren, hatte er seinen Namen genannt, der Hohepriester hatte genickt und an mehr konnte der Junge sich nicht erinnern. Seitdem hatte er seinen Namen nie wieder gehört, ja ihn sogar vergessen. Nun, als Mana danach fragte, dachte er eine ganze Weile darüber nach, doch es strengte ihn an. Aber schließlich hüpfte er freudestrahlend vor Mana auf und ab. „Akim, heiße ich!“, jubelte er, und Mana lächelte. Am nächsten Morgen stand Mana schon früh bei Seth vor der Tür, Akim im Schlepptau. Sie hatte ihn auf dem Gang aufgelesen, wo er offensichtlich am Tag vorher eingeschlafen war. Sie wusste, der Hohepriester hatte vormittags eine Menge zu tun, aber sie hoffte vorher noch einige Worte mit ihm wechseln zu können. Wenig zaghaft klopfte sie an die Tür, öffnete sie ein Stück und spähte in den Raum. „Dürfen wir?“, fragte sie höflich. Der Angesprochene sah auf, nickte kurz, zögerte dann. „Was heißt wir?“ „Akim und ich natürlich!“, grinste Mana, und ging auf Seth zu. Sie stemmte die Arme in ihre Taille und sah ihn herausfordernd an. „Und? War sie sehr nervig?“ Die Aussicht, nun über Kisara zu reden, erweckte nicht gerade Interesse in Seth, doch er hatte nichts anderes erwartet. Trotzdem horchte er auf, etwas hatte ihn stutzig gemacht. „Weißt du, ich denke, ich kenne ein ganz einfaches Mittel sie los zu werden“, fuhr Mana hingegen ungestört fort, „Du könntest sie K.O. schlagen und sie in den Nil werfen oder von einem Turm, sagen, sie wäre umgefallen und heruntergestürzt.“ Es war offensichtlich, dass die Priesterschülerin ihre Freude an diesen Gedanken hatte. Auch Seth lachte kurz auf. Er war im Moment ebenfalls nicht besonders gut auf Kisara zu sprechen, daraus einen Hehl zu machen, war völlig unnötig und überflüssig. Gerade als Seth etwas erwidern wollte, spürte er etwas gegen seine Rippen prallen und trat einen Schritt zurück. Sofortiges Gelächter von Mana war die Antwort darauf. „Akiiim!“, rief sie, „Was tust du da?!“ Doch er wusste es selbst nicht. Er hatte sich gelangweilt, das Gespräch zwischen Mana und Seth fand er nicht interessant, und so hatte das getan, was ihm gerade eingefallen war – und sich damit in keine gute Situation manövriert. Noch immer ruhte sein Kopf in des Hohepriesters Seite, der sich nun zu voller Größe aufrichtete, Mana kurz ansah, und begann sich die Ärmel hochzukrempeln. „Magst du dein Leben?“ Mana bekam kaum noch Luft, so sehr lachte sie. Es sah aber auch zu komisch aus. Beschwichtigend nahm sie Seths Hände um ihn aufzuhalten, doch der sah sie nur lächelnd an. „Er will das doch so“, sagte er schlicht und baute sich hinter seinem Diener auf, der noch immer nichts verstand. „Er wollte doch nur Aufmerksamkeit!“, sie hatte schon Tränen in den Augen. Wenn es weiter nichts war, die sollte er bekommen. Seth war ja einiges von dem Jungen gewöhnt, aber manchmal fragte er sich, ob es nicht schlauer gewesen wäre einen Affen als Diener anzuheuern. Jedenfalls würde er ihm dieses Mal nicht so leicht davon kommen. Während Mana noch lachte, näherte er sich seinem Diener, langsam aber stetig trat er dichter an ihn heran. Drohend stand er nun hinter ihm, warf sogar schon einen dunklen Schatten auf ihn. Überrascht drehte sich Akim um und erschrak fürchterlich. Er duckte sich reflexartig und sprang verschüchtert auf Manas Schoß. Er wusste gar nicht, wie ihm geschah, er hatte doch gar nichts getan, nichts böses jedenfalls. Aber der Priester schien das anders zu sehen. Hilflos wandte sich Akim an Mana, „Ist der schon die ganze Zeit da?!“, er zeigte auf Seth, dessen Unheilbringender Blick nun auf ihm lastete. „Natürlich ist er das!“, prustete Mana los, Naivität war eine Sache, aber so naiv konnte selbst Akim nicht sein. Doch er konnte. Seth selbst war schon kaum mehr sauer, nur noch amüsiert. Der Affe wäre intelligenter gewesen, eindeutig. Unheimliche Laute von sich gebend, beugte er sich über den Jungen, und sah auf ihn herab. Er hatte ihn in der Hand, soviel stand fest. Die Frage war nur, wie lange noch. Als Akim versuchte, sich noch kleiner zu machen, um in Deckung zu gehen, gab Seth auf. Er richtete sich auf, ließ sich dann auf sein Bett fallen und begann zu lachen. Der Junge war komisch, es bestand überhaupt kein Zweifel. Mana schubste ihn von ihrem Schoß und setzte sich kichernd neben den Priester. „Was ist denn mit dir los?“, fragte sie begeistert, ihre Augen leuchteten, folgten Seths Blick und seiner Hand, denn er zeigte nun auf Akim. „Er ist soo überfordert mit der Welt!“ Das war es also, der Herr machte sich über seinen Diener lustig. Und er hatte auch allen Grund dazu, wie Mana beschloss. Sie nickte zustimmend. Akim konnte mit dem plötzlichen Umschlag der Situation gar nichts anfangen. Verwirrt saß er am Boden, dort, wo er gelandet war, nachdem Mana ihn weggestoßen hatte. Er saß da und wunderte sich über die zwei anderen, wieso sie lachten konnte er nicht nachvollziehen. Seine Hände trommelten unruhig über den Boden. „Was ist so komisch?“, fragte er ruhig, erhielt aber keine Antwort. „Über wen lacht ihr?“ Schließlich konnte sich Mana nicht mehr zurückhalten. „Über dich, du Volltrottel!“, rief sie lachend, mit Tränen in den Augen. Dass sie sich inzwischen an Seth lehnte und der sich an sie, merkte sie gar nicht. Akims Blick verhärtete sich. „Ich.. bin ein Volltrottel?“, schüchtern und unsicher fragte er nach. Seine Frage wurde sogleich bejaht. Er verstand es nicht. Mana sah seinen verwirrten Blick, versuchte zu erklären. „Du bist einfach sooo trottelig!“, lächelte sie und zeigte dabei eine größere Entfernung mit ihren Händen an. Eine zufriedenstellende Antwort war das nicht. Akim rutschte unruhig auf dem Boden hin und her. Diese Behandlung gefiel ihm nicht, da wurde er doch lieber ignoriert. Er ließ den Kopf hängen. „Bin ich gar nicht..“, widersprach er trotzig, jedoch hatte diese Äußerung nicht gerade die erwünschte Wirkung. „War der schon immer so?“, inzwischen plagten sie Bauchschmerzen, aber sie konnte einfach nicht aufhören zu lachen. Seth jedoch wurde auf diese Frage hin ganz ruhig. „Nein“, sagte er nach einer Weile, „Verblüffender Weise nicht. Er muss sich zurückentwickelt haben.“ Was er sagte, entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber es war auch nicht gelogen. Er beobachtete Akim, während er dies sagte, bekam jedoch keine Reaktion. Erleichtert blickte er auf, lächelte wieder. „Weißt du waas?“, Mana hatte ihn von der Seite her beobachtet, nun drehte er sich zu ihr um. „Ich weiß so einiges“, sagte er stolz, wartete aber darauf, dass sie sagte, was sie dachte. Augenverdrehend lächelte Mana ihn an. „Ich hab dich noch nie so lachen gehört!“ Offensichtlich hatte sie nicht bemerkt, wie nachdenklich er soeben geworden war. „Wie kommst du darauf?!“ Das Mädchen grinste nur. „Na jaa, wann hast du denn schon mal richtig gelacht?“, fragte sie mitfühlend, und dieses Mitgefühl passte Seth gar nicht, „In der Zeit als du diese..“, sie rang nach den richtigen Worten, aber es fiel ihr einfach nichts passendes ein, „diese Kisara an dir kleben hattest? Du willst mir doch nicht erzählen, dass du glücklich warst!“ Seths skeptischer Blick genügte um die Schülerin in ihrer Vermutung zu bestärken. „Aber jetzt scheinst du es zu sein!“, schloss sie fröhlich. Da war es also wieder, Kisara schien wirklich ein bleibendes Gesprächsthema zu sein. Wenn man bedachte, dass er einfach nur ignorieren wollte, dass es sie gab, fiel ihr Name recht häufig. Es verwunderte ihn jedoch viel mehr, dass es ihn nicht im geringsten störte, dass Mana immer wieder davon anfing. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du Kisara wirklich geliebt hast.“ Es ermutigte die Priesterschülerin, dass ihre Meinung offenbar tatsächlich gefragt war, Seth legte Wert auf ihre Meinung! Und obwohl sie ihrem Freund soeben unterstellt hatte, dass er Kisara nur etwas vorgelogen hatte, strahlte sie vor Freude. „Ich habe dich nie wirklich lachen gehört“, fuhr sie fort, „Und du warst immer mies drauf. Jetzt bist du viel besser gelaunt!“ Seth blieb skeptisch, musste sich aber im geheimen eingestehen, dass sie Recht hatte. „Das lag alles nur an Kisara?“ War es wirklich so? Hatte sie ihn nicht glücklich machen können? Nun, in letzter Zeit nicht, deswegen war ja auch alles so eskaliert. Warum hatte sie auch soviel Wert auf jede Kleinigkeit legen müssen. Und überhaupt, was fiel ihr ein, sich irgendeinen Schwachsinn über Mana auszudenken? Es machte ihn schon wütend, wenn er nur daran dachte. Akim saß noch immer auf dem Boden und grübelte unentschlossen vor sich hin. Die beiden schienen ihn vergessen zu haben, waren ganz in ihr Gespräch vertieft. Nein, entschied er, ignoriert werden war auch nicht besser – und so piekte er Mana in die Seite. „Duu..“, sagte er leise, „Ich bin gar nicht trottelig..“ Sofort drehte das Mädchen sich zu ihm um. Wieder lachte sie. „Ein bisschen vielleicht?“Ein Kompromiss war immer das beste. Er legte den Kopf schief. „Ist das gut oder schlecht?“ „Mhmmm, ich denke, für dich ist es gut.“ Er strahlte. Er war so einfach zu begeistert, sprang wieder auf Manas Schoß und in ihre Arme. Perplex schloss sie diese um ihn, war zwar verwundert, aber dachte sich nichts dabei. Stattdessen sah sie wieder zu Seth, dessen kalter Blick auf Akim ruhte. „Habe ich etwas falsches gesagt?“, fragte Mana überrascht. Doch Seth blockte ab. Er war auf einmal völlig abwesend, tief in seinen eigenen Gedanken versunken. Gedanken, die ihn verwirrten. „Hey, das war doch nicht böse gemeint!“ Was war denn auf einmal los mit ihm? Seth blinzelte. Mana sah ihm direkt in seine eisblauen Augen, auf ihrem Schoß saß noch immer Akim, und lächelte vor sich hin. Er musste sich wieder fangen, sich zusammenreißen. Ein solch kindisches Verhalten war eines Hohepriesters nicht angemessen. Trotzdem konnte er einen patzigen Unterton nicht unterdrücken. „Ja, ich weiß, tut mir Leid.“ Knappe Antwort, knapper Sinn, knappe Meinung. Mana war nicht zufrieden gestellt. Enttäuscht und verletzt sah sie Seth an, fuchtelte mit den Händen vor seinen Augen herum. „Bist du noch da? Was hast du denn plötzlich?“ Eine Antwort des Priesters bekam Mana nicht, denn in dem Moment, fing Akim an, sie zu kitzeln. Sie lachte, sie zappelte. Sie war unglaublich kitzlig, schrie, strampelte und kreischte, und Akim machte ebenfalls lachend weiter. Ruckartig erhob sich Seth, das Gesicht verzerrt vor Zorn. Diesem Jungen würde er jeden Knochen einzeln herausreißen. „Lass deine Finger von ihr!!“, fauchte er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)