Abweisung! von littleblaze ================================================================================ Epilog ------ Autor: littleblaze E-Mail: little_blaze_2000@yahoo.de Warnung: Shonen Ai Disclaimer: Alle Rechte an den Charakteren und der Storyline gehören mir und die Geschichte darf nicht ohne meine vorherige Zusage auf anderen Seiten, Portalen oder Foren gepostet werden. Abweisung – Epilog Mein Geburtstag liegt ganze zwei Tage zurück, und dass ich diesen in Ohio, in Gegenwart meiner Mutter und meines Bruders verbringen würde, hätte ich niemals für möglich gehalten. Es war kein schöner Geburtstag, aber weit besser, als die Geburtstage der letzten Jahre, die ich meist allein, in einer kalten, mit Urin getränkten Gasse verbracht habe. Überhaupt waren die vergangenen Wochen in Ohio nicht gerade eine sehr schöne Zeit gewesen. Auf der Straße hatte ich weitaus glücklichere Momente gehabt. Die Stimmung war kalt, die Umgebung fremd, trotz der vielen Dinge, die immer noch an demselben Platz standen wie in den Jahren meiner Kindheit; selbst in meinem früheren Zimmer fühlte ich mich fehl am Platz … eingesperrt und isoliert. Es war nicht mehr mein Zuhause, kein Ort mehr, an den ich zurückkehren wollte. Ein Museum voller Erinnerungen, die ich krampfhaft versuchte zu verdrängen… Ich zucke auf, als der Pilot unseren baldigen Landeanflug bekannt gibt. Schnell schließe ich das Fotoalbum, das mir Lienn mitgegeben hat, und verstaue es in meinem Rucksack. Noch mehr Erinnerungen, die nicht mehr zu meinem Leben gehören. Ich drücke mich in den Sitz zurück und spüre wie mein Herz schneller anfängt zu schlagen. Der Flug ging fiel zu schnell vorüber… war es wirklich okay so? Denn auch in dieser Stadt bin ich nicht wirklich zuhause. Nur aus dem Zufall heraus bin ich damals in ihr hängen geblieben und ein noch viel größerer war es, dass ich jemanden getroffen hatte, für den ich nun bereit war, dorthin zurückzukehren. Doch war ich das…? Bereit? Immer noch bin ich mir nicht sicher, ob es richtig oder falsch ist. Zu viel Zeit habe ich damit verbracht, mich zu fragen, ob ich wirklich in dieses Flugzeug steigen soll. Viele Zweifel hat besagte Zeit aufgeworfen, denn wie man es auch dreht und wendet, reicht Liebe oft nicht aus, um glücklich zu sein. Darüber ist sich die Menschheit schon zu oft bewusst geworden. Fast schon belustigt muss ich mir eingestehen, dass ich mit diesem Gedanken weit mehr Zeit verbracht habe, als mit dem Versuch, mein zerstörtes Verhältnis zu meiner Familie wieder zu kitten. Dass ich mich in ihnen nicht mehr wieder erkannte, konnte ich den beiden nicht einmal zur Last legen, was in Bezug auf meinen Bruder schon irgendwie witzig klingt. Vielleicht hatte ich zu viel erlebt, um so einfach zurückzukehren? Das Anschnallsignal leuchtet auf, ein hektisches Gemurmel beginnt. Selber trifft mich diese Unruhe nicht, da ich den Gurt nicht einmal gelockert habe, seit ich in den stählernen Bauch der Boing 767 gestiegen bin; ich bin noch nie begeistert vom Fliegen gewesen. Ich nehme mein Handy von dem kleinen Tisch vor mir, lasse es in den Rucksack zu meinen Füßen gleiten und schiebe den Tisch in seine Vorrichtung zurück. Ein dumpfes Gefühl lässt mich erkennen, dass wir in den Sinkflug gehen. Ich versuche gerade mich auf etwas anderes als meinen Magen zu konzentrieren, als mein Gehstock in Richtung Boden gleitet. Auf halbem Weg fange ich ihn auf und klemme ihn mir wieder zwischen die Beine. Die Dame, welcher ich den ganzen Flug über keine Aufmerksamkeit geschenkt habe, lächelt mich entschuldigend an, nur zögernd erwidere ich ihr Lächeln, drehe mein Gesicht dann wieder zum Gang hin. Es prägt einen, ganz offensichtlich, wenn man über Jahre hinweg nur mir Argwohn und Misstrauen angeschaut wurde, wenn Mütter ihre Kinder in sicheren Abstand ziehen, nur weil man ein verwüstetes Aussehen birgt und keinen Wohnsitz sein eigene nennen kann. Verurteilt als schlechter Mensch, nur weil man ein armseliges Leben führt. Doch nicht die verängstigten Blicke der Mütter oder die herablassenden der Anzugträger stachen mir dabei ins Herz, sondern die Blicke derer, die ich mit meinen früheren Leben verband. Menschen, die mich von klein auf kannten, die mir Weihnachtsgeschenke mitgebracht haben, wenn sie zur großen Feier eingeladen waren. Nette Damen, die mir sagten, wie groß ich doch schon geworden sei, und mich in die Wangen zwackten und mir Bonbons schenkten… Die Nachricht meiner Rückkehr hatte sich schnell herum gesprochen und viele kamen, um auf den abtrünnigen Sohn einen Blick zu werfen. Sie versuchten Freundlichkeit vorzutäuschen, die vornehmen Damen aus meinen Kindertagen, doch nicht einmal ein Drittel von ihnen überwand sich, mir die Hand zu reichen. Nicht ein ehrlicher Blick hat mich erreicht; sie sahen immer noch den Schwulen, den Mörder, und meine Mutter teilte ihren Blick. Habe ich mit etwas anderem gerechnet? Gewiss nicht! Man könnte vermuten, dass dieser Zustand vielleicht dazu beigetragen hat, dass ich mir schnell darüber klar war, dass dies nicht mehr mein Zuhause sein konnte, aber weder die Blicke, noch die aufkommende, penetrante Abneigung meiner Mutter gegen „meinen Lebensstil“ hat irgendetwas damit zu tun. Doch was lässt mich dann so sicher sein? Die meisten Menschen haben furchtbare Angst davor, dass sie, nach jahrelanger Abwesenheit, nach Hause kommen und sich alles verändert hat. Ich denke, bei mir war es eher der umgekehrte Fall. Es kam mir vor, als wäre die Zeit in einem kleinen Teil von Ohio einfach stehengeblieben und ich hielt einfach still, saß die meine ab, bis mein Bein soweit genesen war, dass ich mich wieder auf den Weg machen konnte. Wohin er mich allerdings führen sollte, war mir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bewusst. Nicht einmal jetzt bin ich mir vollkommen sicher diesbezüglich. Ich hatte ihn vermisst, weiß Gott, wie sehr ich das habe. Aber bin ich soweit, zurückzugehen? Bin ich überhaupt fähig, eine Beziehung zu führen? Ich will meine Vergangenheit zwanghaft hinter mir lassen, aber sie verarbeitet habe ich noch lange nicht… Lienns gutgemeinten Rat, einen Psychiater aufzusuchen, um mit meiner Vergangenheit wieder ins Reine zu kommen, ist an sich keine schlechte Idee gewesen, wenn die einzige Praxis in der Nähe nicht zu Mandy Pekellys Familie gehört hätte. Mandy; ich kann mich noch gut an sie erinnern. Sie hat rotes Haar, welches sie zu einem langen Zopf gebunden hatte, und Unmengen an Sommersprossen im Gesicht. Ihr Lachen lag immer irgendwie schief auf ihrem Mund, weshalb man automatisch mitlachte, wenn sie es tat. Sie war ein nettes Mädchen gewesen, voller Träume, nur, dass sie jetzt nicht mehr Pekelly sondern Hutton hieß. Mandy Hutton… so wie: Mitchell Hutton. Warum ich mich an meinem letzten Tag in Ohio auf den Weg machte und mich auf die gegenüberliegende Straßenseite von Mitchells Haus stellte, war wohl eher neugierdebedingt. Ich wollte wissen, wie er sich in den letzten acht Jahren verändert hatte, wenigstens redete ich mir das ein; ob es der wahre Grund war… woher sollte ich das schon wissen? Ich stand drei Stunden vor dem Haus, bevor er mit Mandy vorgefahren kam. Der Schmerz in meinem Bein war inzwischen ins Unermessliche gestiegen, aber ich wollte nicht weichen, bevor ich einen Blick auf ihn geworfen hatte. Ungerührt blieb ich stehen und starrte hinüber, als Mandy das Auto verließ; einen runden Babybauch trug sie vor sich her. Sie entdeckte mich als erstes. Ihr Gesicht war zu weit entfernt, um es deuten zu können, jedoch schien sie verwirrt und verängstigt. Natürlich wusste sie wie jeder andere auch, was damals passiert war. Wovor hatte sie aber solche Angst? Es gab eine kleine Diskussion, bevor sie ins Haus wankte und er sich auf dem Weg über die Straße machte. Sein Gesicht war um einiges markanter geworden. Die Augen hatten viel von ihrem Glanz verloren… aber vielleicht hatte beides auch nur etwas mit meiner Anwesenheit zu tun. Seine Statur war immer noch ziemlich schmächtig; sie hatte auch schon früher nicht zu seinem draufgängerischen Auftreten gepasst. Als er vor mir stehen blieb, hatte ich schon die Lust an diesem Treffen verloren. Ich hatte damit gerechnet, irgendetwas zu fühlen, aber da war rein gar nichts, weder positiv noch negativ. Mein schmerzendes Bein fragte mich, wozu das Ganze jetzt gut gewesen sei, und im selben Moment sprach er mich an: „Was willst du hier?“ Sein Tonfall sollte vielleicht barsch klingen, doch auch hier erkannte ich Angst. Innerlich lächelte ich darüber. Vielleicht hätte ich irgendwie darauf antworten sollen, doch nicht mal das war es mir wert. Ich versuchte mir den Schmerz, den mein Bein verursachte, nicht anmerken zu lassen, als ich mich umdrehte und einfach meines Weges gehen wollte. „Ryan!“ Abrupt blieb ich stehen, nicht mein Name war es gewesen, der mich dazu veranlasste, sondern der Klang, wie er ihn ausgesprochen hatte. Es war verrückt, dass ich plötzlich nicht mehr in der Lage war, mich ihm zuzuwenden. Ich hörte die wenigen Schritte auf dem Gehsteig, wusste, dass er nur einen knappen Meter hinter mir stand. Mein Herz hatte wie wild angefangen zu schlagen. „Es tut mir leid… das alles… ich…“ Und plötzlich hatte ich die Kontrolle über meinen Körper zurück. Ich wollte ihm ins Gesicht schreien, dass er sich seine Entschuldigung in den Arsch schieben könnte, dass er das Letzte war. Ich drehte mich zu ihm um, sah ihm ins Gesicht und erkannte mit einem Male etwas, was mich viel mehr befriedigte… Ich sah es in ihrem Gesicht, hinter der Fensterscheibe, und ich sah es in seinen Augen, die sich mit meinen über eine so kurze Distanz verbanden. Sie hatten Angst, denn er war nicht dafür gemacht; nicht für dieses Leben, in das ihn Mandy gerne halten wollte. Er konnte sie auf gewisse Art lieben, vielleicht befriedigte ihn der Sex sogar und das Kind würde sie zweifelsfrei fester zusammen binden, doch sie waren sich beide darüber bewusst, dass er etwas anderes begehrte. Er hatte sich nach dem Zwischenfall wahrscheinlich einfach nur verbiegen lassen, sich vielleicht als armes Opfer aufgespielt, damit er in Ruhe sein Leben leben konnte, und nun war er gefangen, gefangen in einem Leben, in dem er eigentlich nicht sein wollte. Ich grinste ihn nur breit an und ging… „Gleich haben Sie es geschafft.“ „Bitte?“, wende ich mich meiner Sitznachbarin zu. „Die Landebahn ist schon in Sichtweite“, deutet sie aus dem Fenster heraus. Ich nicke nur kurz und wende den Blick wieder ab. Was soll ich ihm nur sagen?, drängen mich meine Gedanken nun auf den Flughafen hinunter. Er wird da sein, ganz sicher wird er das, obwohl ich ihn erst gestern darüber informiert habe, dass ich wieder in die Stadt komme. Aber was wird sein, nach der wochenlangen Trennung, in der ich es nicht einmal für nötig gehalten habe, mit ihm am Telefon zu sprechen? Will er es überhaupt noch? Bin ich dazu eigentlich fähig? Oder hat Jeremy es doch noch geschafft, sein Herz zurückzugewinnen? Würde mir jemand das Steuer in die Hand drücken, wäre ich gewillt, das Flugzeug eine volle Kehrtwende machen zu lassen. Ich habe Angst; Angst vor dem ersten Blickkontakt, vor dem ersten Wortwechsel… Angst davor, dass sich seine Gefühle geändert haben und ich nicht mehr die Chance erhalte, zu versuchen, sie zu erwidern. Ich will wieder sehen, wie seine blauen Augen konzentriert über ein Blatt wandern, wie versessen er darauf beharrt, dass Gemüse längs geschnitten wird, und ich möchte ihn berühren. Ich habe mir durch meine Verbohrtheit immer wieder die Chance dazu verbaut und dabei wollte ich es so gerne tun; so oft habe ich mich gefragt, wie es sich wohl anfühlen mag… Das Aufsetzen der Maschine holt mich wieder zurück. Ich versuche nicht daran zu denken, was gleich passieren wird, denn Kontrolle habe ich darüber sowieso kein Stück. Ich habe nicht das Recht, um irgendetwas zu bitten oder zu verlangen. Ich stehe mit hundert anderen Passagieren auf, als das Flugzeug endlich seinen Stillstand erreicht hat. An meiner Jacke befühle ich die Innentasche, der Briefumschlag mit einem Bündel Geldscheine ist immer noch vorhanden. Wenigstens dies bin ich ihm schuldig, da ich nun zu dem Geld des Treuhandfonds meines Vaters Zugang habe. Der Ausstieg ist die reinste Zerreißprobe, nur Millimetersprünge geht es vorwärts und die Tür ist noch gut zehn Meter entfernt. Ich schaue mich um, versuche hässliche oder schöne Dinge an den Menschen in meiner Umgebung zu finden, nur nicht über das Gleich nachdenken. Jedoch kommt dies schneller als erwartet. Ich gehe durch einen kleinen Tunnel, einige Treppen hinunter und bleibe an der Gepäckausgabe stehen. Auch hier geht alles viel zu schnell; mein Koffer ist schon bei den ersten zehn Gepäckstücken dabei. Kurz überlege ich, ob ich ihm eine Ehrenrunde gestatten soll, beuge mich dann aber doch vor und hieve ihn hinunter auf den Boden. Nicht einmal die Zollabfertigung nimmt sich mir, einen leicht lädierten Passagiers an. Ich trete durch die letzte Tür, bleibe auf der kleinen Anhöhe stehen und überblicke die wartende Menschenmenge. Einige Kinder ziehen ungeduldig an den Händen ihrer Eltern und junge Menschen warten wahrscheinlich auf die Ankunft ihres Liebsten, jedoch suche ich nach blondem Haar; so blond, dass es fast dem alten Bucheschreibtisch gleicht, den ich als Kind hatte. Die wenigen blonden Haarschöpfe sind schnell ausgemacht und mit einem resignierenden Gefühl muss ich feststellen, dass er nicht unter ihnen ist; er ist nicht hier! Kann man es wirklich spüren, wenn einem das Herz bricht? Ist es ein schmerzhaftes Gefühl oder ein dumpfes… ist es wie ein Schockzustand oder ist es einfach nur etwas, was einen zur Kapitulation zwingt? Ich empfange einen Stoß von hinten, falle nach vorne, bis ich mir an dem kleinen Geländer Halt verschaffe; von meinem Stock lasse ich ab, er fällt hinunter. „Entschuldigung“, dröhnt die dunkle Stimme des übergewichtigen Mannes an mich heran und ich presse mich näher an das Gelände, ziehe meinen Koffer näher an mich heran. Er ist nicht da! Lachen dringt langsam durch die Ankunftshalle, freudige Rufe. Ich will gehen, doch mein Stock liegt einen Meter unter mir auf den Boden. Alles in mir schreit danach diesen Ort der Freude zu verlassen, ich gehöre nicht hier her. Warum ist er nicht da? Die wenige Kraft, die ich momentan mein eigen nennen kann, verlässt mich schlagartig. Mein Bein fängt an zu zittern. Ich will dem nachgeben, mich einfach auf den kalten Boden setzen, mich in eine Ecke verziehen... Jemand berührt mich am Arm, verhindert, dass ich zu Boden gehe. Er redet auf mich ein, doch ich will es nicht hören. Als mein Gesicht unerwartet gegen einen Körper gepresst wird, verschlägt es mir den Atem. Obwohl meine Augen die ganze Zeit über geöffnet waren, schaffte ich es nicht zu sehen. Erst jetzt erkenne ich die fransigen Strähnen von blonden Haaren, entdecke den bekannten Duft, der durch meine Nase strömt. Meine Finger krallen sich in den kühlen Stoff. Ist er wirklich da? „Du warst nicht da“, stammle ich hervor. Erschrocken werden mir die Tränen auf meinem Gesicht bewusst. „Der Verkehr. Es tut mir leid.“ Er versucht mich ein wenig von sich zu drücken, wahrscheinlich, um mich ansehen zu können, jedoch bin ich gerade nicht bereit dazu. Ich will nicht, dass er mich so sieht, so bemitleidenswert. Ich schüttle mit dem Kopf und drücke uns wieder mehr zusammen. „Halt mich fest...“, bitte ich. „… nur noch ein bisschen, bitte.“ „Natürlich!" Seine Lippen berühren meinen Hals. „Solange du möchtest.“ Abweisung - Epilog - Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)