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Bis(s) zum Ende der Ewigkeit

Meine Fortsetzung zur Bis(s)-Reihe
von

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Wir sind die Cullens

Autor: littleblaze

E-Mail: little_blaze_2000@yahoo.de
 

Disclaimer: Alle Rechte an den Bis(s)-Charakteren gehen auf das Konto von Stephenie Meyer und ich selber verdiene keinen einzigen Cent mit meiner Story.
 

Neue Charaktere, die Storyline, selbsterstellte sowie editierte Bilder und sämtliche, für die Story erstellten Extras gehören mir und dürfen nicht ohne meine vorherige Zusage auf anderen Seiten, Portalen oder Foren gepostet werden.
 

Kapitel 05 - Wir sind die Cullens
 

Das Gespräch mit Charlie hatte mir besser getan als geglaubt, und ich telefonierte lange mit ihm.

Als ich mich danach endlich aufraffte und das Wohnzimmer verließ, räumten die anderen schon in atemberaubender Geschwindigkeit den Umzugswagen aus.

Ich blieb einen Moment ruhig am Türrahmen stehen, bis ich mir Edward aus dem Gewusel herauszog und ihn fragte, wo ich mich nützlich machen konnte.

„Wir sind schon so gut wie fertig.“ Er lächelte mich zaghaft an. Wahrscheinlich wollte er herausfinden, wie meine Verfassung gerade war. „Wenn du magst, kannst du dich schon mal umziehen, wir wollen gleich los.“

„Los?“

Hatte ich wieder einmal etwas nicht mitbekommen?

„Unsere neue Heimat soll uns doch schließlich kennenlernen.“ Er grinste verwegen, so als wartete hinter der nächste Ecke fette Beute auf uns. Manchmal kam der Jäger zu deutlich in seiner Natur hervor, ich liebte diesen hervorstechenden Blick, den er dabei aufsetzte. „Und mach dir keine Sorgen wegen Renesmee, Esme bleibt bei ihr.“

„Und warum soll ich mich dafür umziehen?“

Ehe ich die Frage komplett ausgesprochen hatte, stand Alice schon neben mir und inspiziere meine Garderobe.

„Ja, das muss alles runter“, blickte sie verschwörerisch.

Ich ließ selber einen kurzen Blick über mich schweifen, und konnte beim besten Willen nicht feststellen, was sie gegen meine jetzige Auswahl auszusetzen hatte, immerhin waren doch alle Dinge in meinem Kleiderschrank auf ihrem Mist gewachsen. Wie lange war es her, dass ich mir selber etwas gekauft hatte, ohne ihre Zustimmung einzuholen?

Doch ehe ich die Antwort darauf finden konnte, stiegen wir schon leichtfüßig die Treppe hinauf. Sie zog mich in Edwards altes Zimmer, das ja nun auch meines war. Zu meiner Verwunderung schienen all meine Sachen schon hier zu sein, Unmengen von Kisten und Kartons versperrten den Weg. Sie schüttelte genervt den Kopf.

„Hast du sie beschriftet?“

„Nein.“

Es standen zwar Namen auf den Kartons, aber ihren Inhalt hatte ich nicht notiert. Wieder ein Punkt, den ich mir für den nächsten Umzug merken sollte. Aber auch so fanden wir jene mit den Kleidungsstücken ziemlich schnell heraus. Ihr Duft war unverkennbar.

„Wonach suchst du denn?“

Alice riss bereits den siebten Karton auf, ohne gefunden zu haben, was sie verlangte. Ihre Lippen setzten gerade zu einer Antwort an, als sie durch ein Lächeln ersetzt wurde. Sie zerrte einmal kraftvoll und brachte einen ganzen Stoß weißer Wäsche zum Vorschein.

„Warum denn ausgerechnet diese Sachen?“

Weiß war nicht gerade meine Lieblingsfarbe in Punkto Kleidung; ich konnte mich nicht einmal erinnern, ob ich überhaupt eines der Stücke jemals getragen hatte.

„Nicht auffallen ist die Devise.“

Sie hielt mir ein Teil nach dem anderen an den Körper.

„Und wie sollen mir gerade diese Sachen dabei helfen?“

Ehrlich gesagt verstand ich gerade null. Sie blickte mir ins Gesicht.

„Halt das!“

Sie drückte mir einige Stücke in die Arme und stürmte aus dem Zimmer hinaus, ohne meine Frage beantwortet zu haben. Ich tippelte nervös mit dem Fuß auf… ganze fünf Mal, dann war sie wieder zurück, bewaffnet mit ihrem Schminkkoffer. Ich seufzte hörbar auf.

„Wir werden so schon das Stadtgespräch sein…“ Sie befreite mich von den losen Stücken in meinen Armen und schälte mich aus meiner getragenen Kleidung heraus. „… da versuchen wir, in der ersten Zeit so wenig wie möglich aufzufallen. Also ein wenig Makeup und weiße Kleidung, um unseren unwiderstehlichen Teint zu verbergen.“ Sie grinste. „Außerdem ist weiß ziemlich, wie soll ich sagen… harmlos?“

„Aber sieht es denn nicht irgendwie total bescheuert aus, wenn wir alle in weißen Klamotten durch die Stadt trudeln? Nachher denken sie noch, wir gehören irgendeiner Sekte an.“

Mittlerweile war ich geschminkt und weiß eingekleidet. Es stand mir gut, kein Zweifel.

„Tun wir das denn nicht in gewisser Weise? Und stell dir mal die Gedanken der Leute vor, wenn wir alle in schwarz auftreten würden.“ Sie kicherte und ließ nun endlich von mir ab. Sie deutete mir, mich im Kreis herum zu drehen, beäugte noch ein letztes Mal ihr Werk und schien mehr als zufrieden mit sich zu sein.

„Ich werde mich dann auch mal fertig machen.“

Sie blinzelte, griff nach dem Schminkkoffer und verschwand hastig aus meinem Blickfeld.

Ich überlegte gerade, ob ich ihr nach oder doch schon wieder nach unten gehen sollte, als Edward das Zimmer betrat.

„Du siehst gut aus.“

Er hielt die Nase in die Luft und versuchte wohl ebenfalls, seine Kleidung ausfindig zu machen.

„Nur gut?“, fragte ich gespielt beleidigt, als wäre seine Äußerung dermaßen unangebracht gewesen.

„Bezaubernd“, legte sich sein Arm in einer schnellen Bewegung um meine Hüfte und wiegte meinen Körper leicht zur Seite. „Zum Anbeißen.“

„Ja“, stimmte ich ihm zu. „Rot würde sich bestimmt ganz toll auf meinem Outfit machen. Deine Sachen sind übrigens im hinteren Teil, Alice war gründlich.“

Edward richtete uns wieder auf, entfernte sich aber nicht von mir, ohne meine Lippen zuvor in Beschlag zu nehmen. Er wanderte von meinen Lippen zum Hals, drückte mit den Kinn das Oberteil ein wenig zur Seite, um mehr Platz für seine Zärtlichkeiten zu erhalten. Ich stieß ihn hinab und landete weich auf seiner Brust, küsste ihn begierig.

„Alice wird böse sein, wenn dein Makeup verwischt.“

Ich stockte und sah ihn grinsend an.

„Stört uns das?“

„Eigentlich nicht“, grinste er zurück. „Aber sie warten unten auf uns.“

Ich brauchte einen Moment um die aufkeimende Lust zu unterdrücken.

„Dann lass uns das verschieden.“

„Nichts dagegen einzuwenden, Mrs. Cullen.“

Er drehte sich unter mir, stieß sich am Boden ab und ließ uns wieder auf die Beine kommen.

„Ganz hinten, meintest du?“

Ich nickte und Edward huschte herüber zu den Kartons mit seiner Kleidung.

Schnell hatte er seine Wahl getroffen und war nach einer knappen Minute ebenfalls in zutraulichem Weiß gekleidet. Nur das Armband an seinem Handgelenk entblößte sich in abtrünnigem Schwarz.

„Können wir?“

Erneut ließ er kaum Raum zwischen uns.

„Ich komme gleich nach.“

Ich lächelte, damit er nicht schon wieder falsche Schlüsse zog, und er strich sanft über meinen Arm hinweg, bevor er den Raum verließ. Würde diese verrückte, körperliche Anziehungskraft irgendwann nachlassen?

Ich hoffte nicht.

Mein Blick wanderte herum. Fragend… suchend… wo sollte ich bloß anfangen? Was hatte ich noch in den Karton getan? Ich brauchte irgendetwas, was ich heraus riechen könnte, sie alle aufzureißen, würde bestimmt zu lange dauern, oder?

Ohne einen weiteren Gedanken an die Möglichkeit selbst zu verlieren, riss ich den ersten Karton auf. Danach den nächsten und noch einen… Kartons mit weiterer Kleidung schob ich direkt beiseite, beim Fünften hatte ich Glück.

Vorsichtig nahm ich den gesuchten Gegenstand, eine silberne Schmuckschatulle, hinaus und öffnete sie.

Vieles lag hier begraben, denn so ein wirklicher Schmucktyp war ich nie gewesen. Dinge aus meiner Kindheit, Geschenke von Freunden, und Jacobs Armband, welches auf der Jagd einfach nur unpraktisch gewesen war; Zu laut und man blieb damit an Sträuchern hängen. Einzig und allein meinen Ehering hatte ich ohne wichtigen Grund nie wieder vom Finger gestreift.

Ich schob Ohrringe und Armbänder beiseite und pulte einen kleinen, samtigen Beutel hervor. Der blaue Gegenstand lag tonnenschwer in meiner Hand. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, als Esme ihn mir mit strahlendem Lächeln überreicht hatte und Carlisle meinte, dass nun wirklich alles perfekt wäre. Doch bis zum heutigen Tag hatte ich es noch nicht geschafft, es perfekt zu machen. Ich hatte lange Zeit immer noch das Gefühl in mir gehabt, es nicht wirklich verdient zu haben, zu ihnen zu gehören, glaubte, dass sie mich nur wegen Edward in der Familie willkommen geheißen hatten und nicht wegen meiner Person selbst.

Natürlich waren diese Zweifeln schon lange nicht mehr vorhanden, aber trotzdem…

Ich zögerte immer noch, aber nur kurz.

Vorsichtig entwand ich die Schnüre, schaffte Raum und griff mit den Fingerspitzen in die Dunkelheit. Ich zog die Ohrringe hinaus, hob sie an und ließ sie im Glanz der Sonne funkeln. Ich drehte sie für mich wie tanzende Ballerinas und sie gaben mir als Belohnung immer wieder das preis, wovor ich so lange zurück gewichen war: Das Cullen-Familienwappen.

Ein unsagbares Gefühl von Stolz überkam mich, als nun endlich alles perfekt war.
 

Wir warteten bis 11.18 Uhr.

Laut Alices Vorhersage würde die Sonne ab 11.12 Uhr für den Rest des Tages unter einer dicken Decke verborgen bleiben. Zuvor durften wir allerdings noch miterleben, wie sich Jacob knurrend dagegen sträubte, die ihm angebotenen Kreditkarten entgegen zu nehmen. Ein riesiges Hin und Her entstand, jedoch schaffte es Esme schließlich, ihn davon zu überzeugen, dass es eine existenzielle Notwendigkeit sein könnte, dass er schnell über reichliche Geldmittel verfügen müsste, dass sogar Renesmees Leben davon einmal abhängen könnte.

Widerwillig nahm er schließlich seine neuen Kreditkarten an und ließ sich grummelnd auf den Beifahrersitz meines Wagens fallen. Ich verabschiedete mich von Edward und den anderen und stieg ebenfalls in den Wagen. „Sich zeigen“ war unser Ziel und das so weiträumig wie möglich, deswegen die Trennung, deswegen die gebildeten Zweierteams.

Natürlich wäre ich lieber mit Edward oder Alice zusammen gegangen, mit jemandem, der mir sagen konnte, ob mein hirnloses Gebrabbel irgendwelchen Schaden anrichten würde. Aber Edward wurde an Carlisles Seite gebraucht, denn dort gab es am meisten einzuschätzen, und Jasper mit Jacob loszuschicken, wäre bei der tollen Stimmung, welche Jacob gerade begleitete und welche sich auf Jasper absetzen würde, nicht gerade vorteilhaft für die Bewohner dieser Stadt gewesen.

Auch als nicht besonders vorteilhaft erachtete ich es, mit einem Ferrari, einem Porsche und einem Mercedes in die Stadt zu fahren. Aber was sollte es groß bringen, die Wagen zu verstecken, und wo sollten wir dies überhaupt tun? Eine Garage war ja nicht einmal vorhanden und sehen würden die Einwohner über kurz oder lang dann doch, womit wir uns fortbewegten, wenn wir uns nicht gerade auf unsere eigene Schnelligkeit verließen. Trotzdem schämte ich mich, als wir hintereinender in die Stadt fuhren, die ersten Blicke auf uns zogen.

Was mochten sie denken? Berühmtheiten oder verwöhnte Gören? Schon jetzt wünschte ich mir Edward an meine Seite. Jacob war im Moment weder großer Gesprächspartner noch eine gute Ablenkung für meine Gedanken, sein Augenmerk richtete sich schon eine Weile aus dem Fenster. Konnte er mir nicht wenigstens mitteilen, was er da draußen so Interessantes sah?

Einige Minuten später wand sich Alice nach links, Carlisle fuhr geradeaus weiter und ich selber bewegte mein Lenkrad rechts herum. Ich fuhr einfach die Straße entlang, ohne ein genaues Ziel zu haben. Eine kleine Brücke ließ ich hinter mir, dann einen Park. Erst als der Geruch von Wasser immer intensiver wurde, hielt ich an. Ich parkte gegenüber einer Kirche: Frederick Street.

„Na dann“, zog ich den Zündschlüssel und stieg aus. Noch nicht richtig Boden unter den Füßen, hatte ich schon bei einer Gruppe Jugendlicher Aufsehen erregt.

„Schickes Auto“, pfiff einer von ihnen anerkennend.

Die meisten waren nicht viel jünger als ich selber für sie zu sein schien. Ich lächelte leicht und ging auf den Bürgersteig. Kurz musste ich an mein Vorher-Auto denken und wie peinlich ich die Situation an der Tankstelle empfunden hatte, als diese zwei Typen wie wild Fotos von meinem Wagen geschossen hatten.

Jacob trat an meine Seite, und was auch immer die begeisterten Jungendlichen noch sagen wollten, blieb ihnen im Halse stecken. Schon beinahe ängstlich schauten sie den großen, furchteinflößenden Typen, der gerade aus dem Auto gestiegen war, an und machten sich daraufhin schnell aus dem Staub. Dass Jacob im Gegensatz zu mir in dunkle Kleidung gehüllt war, hatte seinen ersten Eindruck auf sie bestimmt noch um ein gutes Stück verstärkt. Ich verschloss den Wagen und hakte mich bei ihm unter.

„Also… rechts oder links?“

Ich schaute mich nach etwas Ansprechendem um.

„Mir doch gleich.“

„Ach komm schon… sei nicht so.“

Mit großen Augen blickte ich ihn an, obwohl mir klar war, dass ich mit meinen früheren, braunen Augen wohl mehr Erfolg gehabt hätte. Sein Blick wurde zwar weicher, doch es verließ nur ein genervtes Geräusch seinen Mund. Ich zog ihn nach links, irgendwie fühlte ich mich sicherer, in die Richtung der anderen zu gehen. Was sie wohl gerade sahen?

Auch wenn Jacob versuchte, desinteressiert zu wirken, so blickten seine Augen genauso neugierig wie meine in der Umgebung umher. Wir kamen an vielen Wohnhäusern und dem Park vorbei, den wir zuvor hinter uns gelassen hatten. Die Häuser waren klein, so richtig Vorstadt mäßig. In einigen Straßen reihten sie sich brav eines neben das andere, in anderen lief man einige Minuten, um wieder etwas Bewohntes zu erkennen.

Personen jeder Altersstufe kamen uns auf unserem Weg entgegen. Manchmal lag interessiert ein Blick auf uns, anderen Males ging man einfach ignorierend an uns vorbei. Kinder schauten uns grundsätzlich an, was wohl mit dem ganz natürlichen Interesse an Fremdem zusammenhing. In einem Lebensmittelgeschäft, in dem ich eine Packung Kaugummi kaufen wollte, welche ich nicht vorhatte zu essen, erzählte ich zum ersten Mal unsere Geschichte:

„Hallo, mein Name ist Isabella Cullen und dies ist mein Adoptivbruder Jacob. Wir sind gerade erst hierher gezogen und wollen nun die Stadt ein wenig kennenlernen.“

Ich lächelte die Frau hinter dem Tresen freundlich an, Jacobs Lächeln wirkte deutlich aufgesetzt, aber wenigstens lächelte er.

„Oh, das ist aber schön. Wir freuen uns, wenn junge Menschen in unsere Stadt ziehen.“

Sie lächelte so süß zurück, dass man Zahnschmerzen davon bekommen könnte. Ihre Arme waren dünn, so richtig ausgemergelt, als würde die Frau nicht genügend zu Essen bekommen, ihre Kleidung schien regelrecht an ihr zu hängen, wie ein zu großer Sack. Ihr Gesicht allerdings strahlte wie ein fünfjähriges Kind und kleine Grübchen wurden auf ihren Wangen sichtbar.

„Da haben sie mit uns ja ein richtig gutes Los gezogen. Wir haben noch drei Geschwister.“

„Wirklich?“

Sie schien begeistert zu sein, und obwohl mir das ein wenig Angst machte, legte ich mein Lächeln nicht ab. Vielleicht war die ganze Stadt ja von Verrückten besiedelt und sie brauchten junge, unbefleckte Menschen als Opfergaben oder so.

Wir gaben den Rest unserer Geschichte zum Besten, ernteten Mitleid für die verstorbenen Eltern und das abgebrannte Zuhause und gingen am Ende mit einer geschenkten Packung Kaugummi und einem Blick voller Anteilnahme aus dem Laden wieder hinaus. Ich war froh, den Laden wieder verlassen zu haben, doch eine Befürchtung in mir schrie, dass ich noch einige Male in das grübchenbesetzte Gesicht schauen würde.

„Das lief doch mal gar nicht so schlecht, aber irgendwie unheimlich war die trotzdem.“

„Ja, aber du warst richtig gut. Beim nächsten Mal bin ich dran, du hast ja gequatscht wie ein Wasserfall.“

Er lachte leicht auf und ich schloss mich ihm nur zu gerne an; das mir diese Lügengeschichte so leicht und glaubwürdig von den Lippen gehen würde, hatte mich selber überrascht.

Jedoch schaffte es mein Gewissen sofort wieder, das kleine Gefühl von Zufriedenheit zu verdrängen. Ich musste wieder daran denken, was Renesmee vor ein paar Stunden zu mir gesagt hatte, fragte mich abermals, ob Jacob über ihre Wünsche bescheid wusste. Sollte ich versuchen, es zu erfahren, oder sollte ich mich da erst gar nicht einmischen?

Abgelenkt wurde ich, als Jacob mich durch eine Ladentür drängte. Ich hatte nicht einmal mitbekommen, was für eine Art von Laden ich betreten hatte, bis ich mitten drin stand. Überwältigt schaute ich mich um, mein Verstand wusste gar nicht, welches Stück Kunst es zuerst verarbeiten sollte.

„Das ist ja toll“, überkam es mich.

Der riesige Raum war bis unter die Decke voll gestopft mit Indianerkunst. Holzschnitzereien, Talismane, Masken und eine riesige Anzahl an kleinen Totems.

„Nicht wahr?“

Jacob ging ein Stück voran, es herrschte eine unnatürliche Wärme, die Luft lag wie ein schweres Band in dem überfüllten Raum. Ich stellte das Atmen ein, meine Aufmerksamkeit hing nun an Jacob, der seine Fingerspitzen über eine kleine Wolfsstatur gleiten ließ.

Schnell ging ich näher heran und nahm die Traurigkeit in seinen Augen wahr. Ich überlegte gerade, was ich Aufmunterndes sagen könnte, was den Abschied von dem Rudel einfacher werden lassen würde, als ein alter Mann, ein Indianer, wahrscheinlich der Ladenbesitzer, zu uns heran trat. Er war dem Anschein nach in seiner traditionellen Tracht gekleidet, wohl eher Tourismusfänger als wirkliche Kleidung, sein schwarzes Haar war typisch zu einem langen Zopf nach hinten gebunden. Er kam freundlich auf uns zu, schaute erst uns, dann die Statur, der Jacobs Interesse galt, an.

„Die Wölfe sind ziemlich wichtige Gestalten in den Legenden der Tsimshian… aber das brauche ich dir wohl nicht zu erzählen.“

Er legte eine Hand auf Jacobs Schulter und alles in mir stellte sich auf Gefahr ein, mein Körper wollte in Angriffsposition verfallen, mein Verstand schrie: „ER WEIß ES!“

Doch zu unserer Erleichterung hatte er nur die allgemeine Beziehung zwischen Indianern und Tieren gemeint, was uns Gott sei Dank klar wurde, bevor einer von uns über den hilflosen Mann herfallen konnte.

Es folgten Erzählungen über die ansässigen Stämme, alte Legenden und Erklärungen über die heutigen Zustände; zu unserer Verwunderung waren über 30 Prozent der Stadtbevölkerung Indianer.

Wir hörten wahrscheinlich mit gemischten Gefühlen zu. In Jacob blitzte etwas wie Zugehörigkeit auf, in mir manifestierten sich nur Fragen wie: Würde hier das gleiche passieren wie in La Push? Gab es hier vielleicht auch Kinder, denen wir mit unserer Anwesenheit einen lebenslangen Fluch auflasteten?
 

Als wir den Laden eine Stunde später verließen, unsere Geschichte natürlich auch hier weitergegeben, erzählte ich Jacob von meiner Befürchtung. Doch dieser schien mir nicht richtig zuzuhören und bewunderte nur die Wolfsstatur in seiner Hand.

„War der nicht nett?“, grinste er von einer Seite seines Gesichtes zur anderen.

„Natürlich, und solange sich die Indianer nicht in Werwölfe verwandeln und nach unserem Tod dürsten, soll mir gleich sein, wie viele von ihnen hier leben.“

Jacob blieb unerwartet stehen, ich war schon einige Schritte weiter gegangen, bevor ich es bemerkte und wieder zu ihm heran trat. Sein Blick war ausdruckslos.

„Was ist? Glaubst du, es könnte passieren?“

Ich erstarrte neben ihm. Ein vorbeigehender Passant schaute uns an. Wir warteten, bis er außer Hörweite war.

„Nein, glauben nicht. Aber wir sollten uns vorsichtshalber mit dem Stamm auseinandersetzen.“

„Was willst du tun? Hingehen und nachfragen?“

Der Sarkasmus sprudelte einfach so aus mir hinaus. Aber ich hatte das ungute Gefühl, dass er meine Sorge nicht ernst nehmen könnte.

„Quatsch, wozu gibt es Büchereien und Internet? Dort werden wir schon was finden, wenn es was zu finden gibt.“

„Sollen wir jetzt gleich?“

Ich wollte sofort Sicherheit, sofort dem beunruhigen Gefühl in mir Einhalt gebieten.

„Nein.“ Er schaute auf sein Handy. „Wir treffen uns in einer knappen halbe Stunde mit den anderen an der Schule. Machen wir es danach, dann haben wir mehr Zeit.“

„Ok“, willigte ich ein, zufrieden, dass er das Thema nicht einfach nur versuchte, beiseite zu schieben.

„Dann lass uns noch mal unsere Geschichte zum Besten geben.“

Er deutete auf einen Laden auf der anderen Straßenseite.

Ich schaute kurz hinüber, wurde dann aber von einem anderen Schild am Ende der Straße gefangen genommen.

„Nein, lass uns da rein gehen.“

Ich zeigte in die neue Richtung.

„Ok, wie du magst.“

Jacob zuckte mit den Schultern und schob die Statur in seine Tasche und ich hakte mich wieder bei ihm unter. In Begleitung einiger interessierter Blicke überquerten wir die Straße und gingen sie hinauf. Vor einem großen Holzschild mit der Aufschrift „Ellen´s little Palace“ blieben wir stehen, ich schaute neugierig durch die Fenster.

Kleine Tische, Stühle, Kommoden, Lampen und Unmengen von Geschirr konnte ich hinter dem Glas ausmachen. Vorfreudig und ungeduldig schob ich Jacob durch die Tür, eine schrille Glocke machte auf unser Kommen aufmerksam.

Sofort war das Pärchen hinter dem Tresen uns zugewandt. Ein freundliches „Hallo“ wurde uns zugeworfen. Auch hier war die Luft unangenehm dick, trotzdem war ich begeistert von den vielen kleinen Möbelstücken. Mit erwartungsvollem Ausdruck ging ich näher an den Tresen heran.

„Hallo, mein Name ist Isabella Cullen und dies ist mein Adoptivbruder Jacob“, fing ich abermals an und gab unsere Geschichte zum Besten. Interessiert hörte man zu und auch hier schwang Mitleid in der Stimme zurück.

„Und, sucht ihr etwas Bestimmtes?“, kam man endlich auf den Zweck unseres Besuches zu sprechen.

„Ehrlich gesagt, ja. Ich suche ein Bett.“

„Betten führen wir leider ni-“

Die Frau, Ellen, wie wir nun wussten, bekam von ihrem eher ruhigen Ehemann einen kleinen Stoß in die Rippen. Irritiert schaute sie ihn an, wie er nach oben deutete, und sogleich gingen alle Blicke zur Decke.

„Ach so, ja natürlich. Wir haben oben ein Gästezimmer, das seit Jahren nicht mehr benutzt worden ist. Natürlich steht in dem Zimmer auch ein Bett.“ Sie lächelte. „Doch irgendwie ist es total unnütze. Wenn du magst, kannst du es dir ja mal anschauen?“

„Ja, ja natürlich.“

Sogleich war ich Feuer und Flamme zugleich. Schon als ich das Schild von weitem gesehen hatte, sagte mir etwas, dass ich hier eine kleine Verknüpfung zu meinem Schicksal finden würde. Dieser verrückte Zufall machte alles noch viel glaubwürdiger.

Wir folgten den Beiden ins Obergeschoss, die Dielen der Treppe knarrten doppelt so laut wie in unserem Haus. Ein wenig unheimlich war dies schon. Ein langer Flur, einige verschlossene Türen, bis wir endlich das Zimmer betraten, das anscheinend nur darauf gewartet hatte, dass ich kommen würde.

Ein dreckiger Braunton an den Wänden, ein hässlicher, geblümter Teppich auf dem Boden, doch in der hinteren linken Ecke stand es, das wohl schönste Bett, welches ich je gesehen hatte: Schwarz lackiertes Holz, kleine undefinierbare Einkerbungen und einfach nur atemberaubend schön.

„Die Matratze ist neu, noch original verpackt. Wir wollten es immer wieder zu einem Gästezimmer machen, aber w-“

„Ich nehme es“, unterbrach ich Ellen.

„Wirklich?“

„Ja, wie viel soll es kosten?“

Ich hatte mich nicht einmal vom Türrahmen entfernt, nicht geschafft, auch nur einen Schritt mehr in den Raum zu treten. Ich war einfach zu überwältigt. Wie konnte ein einfaches Möbelstück so unverkennbar zu Edward gehören?

„Ich weiß nicht… 200 Dollar?“

„Ich gebe ihnen 500.“

Wild entschlossen war mein Blick.
 

„Was war an dem Bett denn so besonders?“

Jacob schaute mich an, als hätte ich nicht mehr alle beisammen.

„Das verstehst du nicht.“

Ich nahm seinen Arm wieder gefangen und lief schmunzelnd neben ihm her.

„Versuchs doch mal.“

„Jetzt nicht, da sind schon die anderen.“

Ich löste mich von Jacobs Arm und winkte in Richtung Schule, meiner Schule. Begeisterung konnte ich für diesen Punkt nicht wirklich aufbringen, aber es musste nun einmal so sein. Neben Edward und Alice zum Stehen gekommen, gab es eine kurze Lagebesprechung, bevor wir ins Innere des ziemlich niedrigen, ausdruckslosen Gebäudes gingen.

Wenigstens hatte man von drinnen das Gefühl, in einer wirklichen Schule zu sein, lange Gänge, hunderte von Spinden und Plakate mit Schulankündigungen an jedem freien Stück der Wand… eben, eine ganz normale Highschool. Doch noch ein viel interessanterer Punkt wies auf einen Ort mit großer Menschenanzahl hin: der durchdringende, nicht enden wollende Geruch von Menschenblut.

Von sämtlichen Seiten strömte er auf uns ein, legte uns abermals nah, dass wir noch etwas anderes begehrten, tief in unserem dunkelsten Inneren nach etwas verlangten. Ein wenig beunruhigt ließ ich meinen Blick über Edwards Schulter vorbei auf Jasper gleiten. Doch dieser grinste gerade über eine Aussage von Alice und ließ mich somit annehmen, dass es ihm gut ging.
 

Nach einem kurzen Gespräch mit Mrs. Patch, der Schulsekretärin, wurde Carlisle zunächst alleine zum Direktor vorgelassen, wir anderen warteten brav unter dem strengen Blick der Sekretärin im Vorraum.

Wohlerzogen und freundlich dreinblickend saßen wir auf unseren Stühlen und horchten mit gespitzten Ohren, was hinter der verschlossenen Tür besprochen wurde. Doch nicht nur mir wurde dies irgendwann zu langweilig, Alice verspürte wohl fast gleichzeitig dasselbe Gefühl.

Sie fing leise an, mit mir zu sprechen, aber hörte schnell wieder damit auf, als Mrs. Patch den Kopf hob. Verwirrt schaute sie uns an, sich nicht sicher, ob überhaupt jemand gesprochen hatte oder die Klänge nur aus ihrer Einbildung entstanden waren.

Natürlich hatten wir alle bald viel zu erzählen, was die angeblichen Wahnvorstellungen ein riesiges Ausmaß annehmen ließ. Der kleine Stadtrundgang wollte erzählt werden, man wollte mitteilen, was man gesehen und welche Eindrücke man gemacht hatte, für normale Menschenohren musste es sich wie ein gespenstiges Flüstern einer Partygesellschaft anhören. Unter anderem erzählte ich Edward von dem Bett, welches ich gekauft hatte, und von meiner kleinen Besorgnis, was die Indianer in dieser Stadt anging. Mrs. Patch hatte sich derweilen mit schüttelndem Kopf in die hinterste Ecke des Zimmers zurückgezogen.

Gerade als alles erzählt und uns wieder langweilig wurde, trat Carlisle mit dem Direktor, einem voluminösen Mann mit dunklen, glatt gekämmten Haaren, hinaus. Wir wurden einer nach dem anderen vorgestellt und ließen unsere besten Manieren zu Vorschein treten. Alice beehrte Mr. Digs sogar mit einem kleinen Knicks, was ihm einen winzigen Rotschimmer auf die dicken Pausbacken lockte.

„Und wer ist dieser junge Mann?“

Mr. Digs schien von Jacobs Anwesenheit irritiert zu sein, was man ihm nicht einmal übel nehmen konnte, denn Jacob hatte weder im Alter, noch vom Aussehen oder der Kleidung etwas vorzuweisen, was ihn zu uns zugehörig machte.

„Ebenfalls ein Sohn von mir: Jacob.“

Jacob versuchte ein annehmbares Lächeln hinzubekommen und schloss die eher kleine Hand des Direktors kurz in seine.

„Und du gehst dann wohl aufs Collage, nicht wahr? Keine Sorge, wir haben ein ganz wunderbares, kleines College hier.“

Der Direktor tätschelte Jacobs Hand, bevor er wieder von ihr abließ.

Jacobs Lächeln verzog sich leicht, er wusste ebenso wenig wie wir anderen, was darauf zu antworten war.

„Er hat sich noch nicht entschieden, was er machen möchte“, half ihm Carlisle aus der Situation hinaus. „Wir werden sehen.“ Er legte seine Hand beruhigend auf Jacobs Schulter. „Immerhin haben wir gerade erst alle zusammen gefunden.“

Ich wollte Edwards Nähe spüren, besann mich aber und ließ es bleiben.

Da unsere Schulunterlagen aufgrund unseres Schicksals oder bei dem angeblichen Feuer verloren gegangen waren, bestand der Direktor auf einen Aufnahmetest für die 11. Stufe. Auf diese Möglichkeit waren wir schon vorbereitet gewesen, da dies nicht zum ersten Mal in dem Schulalltag der Cullens verlangt wurde.

Alice und Jasper würden den Test machen, Edward wollte darauf verzichten, da wir uns nicht sicher waren, ob ich den Test trotz Highschoolabschluss bestehen würde. Er wollte unter keinen Umständen das Risiko eingehen, von mir getrennt zu werden, also hieß es für ihn und mich: 10. Stufe. Doch so oder so hatte ich nicht angenommen, dass wir alle vier wirklich in dieselbe Klasse gekommen wären.

Zum Abschluss erhielten wir Stundenpläne, Besorgungslisten und einige Informationen über die Schule selbst. Jacob hielt sich die restliche Zeit diskret im Hintergrund, damit man nicht noch einmal auf ihn zu sprechen kommen würde. Ich beobachtete ihn, wie er Informationen über Lehrgänge am schwarzen Brett las, und fragte mich, was wohl gerade in ihm vorging. Hatte er vielleicht damit gerechnet, mit uns zur Schule zu gehen, wollte er dies sogar? Ich hatte ihn nach seiner Prägung auf Renesmee nicht einmal gefragt, wie er sich sein weiteres Leben so vorstellte, doch irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass sein Wunsch „Schule“ hieß.

Er könnte wirklich aufs College gehen, wenn er wollte, alt genug sah er jedenfalls aus. Doch was konnte ich mir noch vorstellen, außer, dass er brav ein Leben neben meiner Tochter fristete? Ehrlich gesagt… nichts, und das machte mich gerade ziemlich wütend auf mich selbst.
 

Immer noch mit den gleichen Gedanken standen wir, bis auf Alice und Jasper, die sicherlich mit hervorragenden Ergebnissen den Aufnahmetest absolvierten, wieder auf dem Bürgersteig vor der Schule. Carlisle flüsterte kurz mit Edward und nahm uns daraufhin die Listen ab, um die Besorgungen zu erledigen. Bevor er sich abermals an den Mann an meiner Seite wand, wies er Jacob und mich darauf hin, dass gegen Abend Fremde in unserem Haus sein würden. Er hatte einen ordentlichen Bonus springen lassen, damit die Anschlüsse für Telefon, Internet und Strom noch heute einwandfrei funktionieren würden. Wir sollten also nichts Unüberlegtes machen, wenn wir heim kämen.

Ich verabschiedete mich von Edward mit einem sehnsüchtigen Blick.

„Die Bücherei ist direkt da drüben“, wies mich Jacob an.

„Schon gesehen“, entfloh es bedrückt meinen Lippen, als mir noch etwas einfiel.

„Edward!“, rief ich ihm in Gedanken hinterher. Er drehte sich um. Er war nur zirka zehn Meter entfernt, ich hätte auch rufen können. „Das Bett… du musst es noch abholen, bevor du mit Jasper den Umzugswagen weg bringst.“

„Wo?“

Seine Lippen formten das kleine Wort, ich lächelte.

„Taylor Street, es ist nicht zu verfehlen, ein kleines Möbelgeschäft.“

„Ok!“, formten seine Lippen.

Er lächelte zurück, drehte sich um und ging einige Schritte.

„Edward!“, rief ich abermals und er drehte sich zu mir. „Ich liebe dich!“

Sein Lächeln wurde breit.

„Ich liebe dich auch“, formten seine Lippen und in mir breitete sich ein Gefühl aus, als hätte er es jetzt gerade, in diesem Moment, zum ersten Mal zu mir gesagt. Ich war unglaublich glücklich.

Ich wirbelte zu Jacob herum und grinste ihn wie ein kleines Schulmädchen an.

„Lass uns endlich gehen.“

Jacob schien genervt von meinem Gesichtsausdruck zu sein, verdrehte die Augen. Als nächstes griff er nach meiner Hand, zog mich über die Straße und in eine kleine Menge Menschen, die wohl auf das Öffnen der Bücherei warteten.

„Die machen aber spät auf“, flüsterte ich nach kurzem Blick auf ein kleines Schild.

Ich zuckte nur mit den Schultern, als ich keine Antwort bekam, und fast zeitgleich vernahm ich das bekannte Geräusch einer Schulglocke. Wissbegierig blickte ich zum Schulgebäude, wie viele Personen würden gleich hinaus treten und wie viele davon würden wohl meine neuen Klassenkameraden sein?

Ich erkannte Schüler in dem bekannt schwarzen Look, die schönen Cheerleader, die beliebten Sportskanonen, die weniger beliebten Loser, einige Punks und Mädchen, die schüchtern ihre Köpfe hinunter hingen ließen, wenn sie an anderen vorbeikamen. Wie würden wir wohl auf sie wirken?

Ich ließ mich wieder einmal zurück fallen, um an meine ersten Schultage in Forks zu denken, daran, wie ich die Cullens empfunden hatte. Schön, geheimnisvoll und interessant waren die ersten Dinge, die mir einfielen.

Einige Schüler traten zu uns heran, ließen die wartende Menschenmenge größer werden. Bald schon waren wir umringt von ihnen, von Menschen, die nach köstlich frischem Blut rochen.

Die Mädchen unterhielten sich größtenteils über Jungs, die Jungs über den Sport. Einige Male drang ein baldiges Schulereignis heraus, was genau konnte ich aber nicht erfahren.

Man beachtete uns kaum, wir waren nur zwei weitere Personen in einer großen Menge. Doch dann ließen sowohl meines, als auch Jacobs Handy plötzlich einen schrillen Ton erklingen und die Blicke sich auf uns richten. Besorgt schauten wir uns an. So ein Zufall hatte bestimmt nichts Gutes zu bedeuten.

Wir griffen schon beinahe gleichzeitig hinab zu unseren Taschen, um die kleinen Geräte zu befreien, und wenn mich nicht alles täuschte, sahen wir den leichten Schimmer der Sonne, der sich auf meiner Hand absetzte, ebenfalls in der gleichen Sekunde.

Ruckartig und ohne jegliche Vorwarnung zog mich Jacob an seine Brust. Ich war so überrumpelt, dass ich total erstarrt war, ich hatte nicht einmal an Flucht gedacht.

Mit weit aufgerissenen Augen verweilte ich still, mich nicht trauend zu atmen, nicht wissend, was als nächstes passieren würde. Meine Hände hatte ich zwischen unsere Körper gedrückt, Jacobs Arme pressten sich um mein Gesicht, um meinen Nacken.

Angst… schon lange nicht mehr hatte ich eine solche, existenzielle Angst. Sie ließ mich die Zähne fester zusammen drücken, Gift schoss mir in den Mund. Ich schluckte es hastig wieder hinunter. Die Stimmen um mich herum waren zu laut, zu durcheinander, ich schaffte es nicht, auch nur eine von ihnen zu isolieren.

Würden sie mich entdecken, feststellen, was ich war? Waren die anderen in Sicherheit? War vielleicht einer von ihnen entdeckt worden? Würden wir fliehen müssen… gerade angekommen und schon wieder unterwegs? Meine Finger krallten sich in Jacobs Jacke, es war der einzige Halt, den ich gerade hatte.

„Wir sind gerade erst hierher gezogen, sie vermisst nur ihr Zuhause.“

Ich vernahm Jacobs Stimme. Sie schien zwar besorgt, aber Panik war nicht hinaus zu hören. Es schien alles noch mal gut gegangen zu sein, oder?

Unsere Handys ertönten erneut, wann hatten sie zuvor aufgehört? Doch keiner von uns, war in der Lage, sich damit zu beschäftigen, unsere momentane Stellung aufzugeben. Jedoch ließ das eindringliche Geräusch schnell wieder nach, wahrscheinlich hatte Edward auch so erfahren, dass alles soweit in Ordnung war. Wenigstens dachte ich zumindest, dass alles soweit in Ordnung war.

Ich versuchte, mich zu beruhigen, versuchte, mich auf die Wärme um mich herum zu konzentrieren, auf den Herzschlag, der mir schon früher immer so nah gewesen war, mir immer schon ein wenig der Angst hatte nehmen können. Ich drückte mich dagegen, suchte Schutz und wies mich an, mich nur auf das Geräusch zu konzentrieren… so wie früher… und ich empfand es gar nicht einmal als schwer, mich wieder nach La Push zu versetzten, in die Zeit, als Jacob für mich ein rettender Anker auf tosender See gewesen war. Es war alles so einfach in dieser Zeit…

„Bella, alles in Ordnung?“

Seine Finger strichen beruhigend in meinen Nacken.

„Ja… hat es… keiner gemerkt?“

Meine Stimme war nur ein Flüstern, nicht für andere Ohren bestimmt.

„Nein.“ Ich spürte die leichte Bewegung seines Kopfes und wie sich dessen Gewicht auf mich legte. „Alles in Ordnung, es dauert nicht mehr lang. Die Sonne wird gleich hinter dem nächsten Wolkenband verschwinden.“

Ich drücke mich noch näher an ihn, wenn dies überhaupt noch ging, und plötzlich, spürte ich Auflockerung um mich herum, irgendwas verringert die Menschenmenge. Die Bücherei hatte anscheinend endlich geöffnet.
 

Minuten später, stand ich wieder selbstständig auf dem Bürgersteig. Wir hatten uns erst einmal von der Bücherei entfernt und ich wollte gerade nach meinem Handy greifen, um Edward anzurufen, als ich in eine kleine Gasse gezogen wurde. Mein beinahe Aufschrei wurde von festen Lippen auf meinem Mund unterbrochen, Jacobs schützende Verteidigung wurde fallen gelassen, als er den Mann, der mit fast schon tierischem Verlangen an meinen Lippen hing, erkannte.

Jacob drehte sich weg und hielt die Straße außerhalb der Gasse im Auge.

„Ich habe mir solche Sorgen gemacht“, hauchte Edward zwischen unsere Küsse.

„Ich auch“, erwiderte ich in Gedanken. „Jacob hat m-“

„Ja, ich weiß.“

Begierig drückte er mich gegen die Wand, ich hatte das Gefühl, ihn überall an mir zu spüren. Er musste wirklich unbeschreibliche Angst gehabt haben. Er küsste mich immer wieder, ohne Scheu oder Scham vor Beobachtern, und am liebsten hätte ich mich ihm einfach hingegeben. Doch dann wurde sich geräuspert und Edward entfernte sich leicht von mir. Seine Hände glitten an mein Gesicht, er war voller Erleichterung.

„Er ist gleich da“, ließ uns Jacob wissen.

Noch ein kleiner Kuss auf die Stirn und eine sachte Berührung, bevor wir uns wieder körperlich trennten. Wir traten an Jacobs Seite, gerade rechtzeitig, als der alte Mann uns beunruhigt anschaute. Er versuchte, an uns vorbei zu spähen, wahrscheinlich dachte er, dass irgendetwas Verbotenes vor sich ging.

Edward trat einen Schritt nach vorn, verbeugte sich leicht: „Einen schönen Tag, Sir“, woraufhin der Mann seinen Schritt beschleunigte. Jacob wollte gerade ein kleines Lachen loslassen, als ihm von Edward die Luft dafür aus der Brust gedrückt wurde.

„Danke“, hielt Edward ihn fest umklammert.

„Ok, ok, was hast du erwartet, dass ich sie ihrem Schicksal überlassen würde?“

Jacob schien es ziemlich unangenehm zu sein, einige Passanten sandten schon Blicke in unsere Richtung. Ich kicherte, während Jacob wild mit den Armen in der Luft wedelte.

„Nein, trotzdem… vielen Dank.“

Edward ließ zu Jacobs Erleichterung von ihm ab.

„Wirklich, kein Problem, immerhin beschützt man sich doch in einer Familie, oder nicht?“

Mit seiner Aussage bildete sich ein ordentlicher Klecks Rot auf seinen Wangen, und am liebsten wäre ich ihm nun auch um den Hals gefallen.

„Ja, dafür ist eine Familie da.“
 

Es war nicht einfach gewesen, Edward dazu zu bringen, sich wieder Carlisle anzuschließen. Alice versicherte zwar, soweit sie eben konnte, dass es heute keine Zwischenfälle mehr geben würde, aber Edward schaute sie nur ungläubig an. Gemeinsam mit Jacob machte ich mich auf den Weg in die Bücherei.

Es war nicht schwer, die richtige Abteilung zu finden. Es war Unmengen über die Tsimshian geschrieben worden, ganz gleich welche Art von Literatur man versuchte, zu finden.

Jacob fing mit den Kinderbüchern an, er meinte, dass dort mehr Wahres drin stecken würde als man meist glaubte. Mein Interesse galt dem Stadtarchiv und dem Internet. Ich suchte nach Anzeichen von Vampiren, kalten Wesen oder sonstige Beschreibungen, welche in unsere Richtung gehen könnten.

Ich fand nichts unter den gängigen Suchbegriffen, was mich schon einmal erleichterte. Auch Jacobs Suche blieb erfolglos und so nahmen wir uns als nächstes alte Legenden und Mythen um den Stamm vor.

„Das könnte was Interessantes sein.“

Jacob deutete auf eine Passage im Schöpfungsmythos der Tsimshian:

„Im Schöpfungsmythos der Tsimshian-Indianer war die Welt weiß und von Gletschern bedeckt. Ein Rabe tauchte dann die Welt in sattes Grün. Um die Menschen an die Zeit zu erinnern, als die Welt noch weiß war, ließ er jeden zehnten Schwarzbären weiß werden. Die Welt der Tsimshians befindet sich an der kanadischen Westküste im Bundesstaat British Columbia. Die Gletscher haben sich seit der letzten Eiszeit auf die Bergwipfel zurückgezogen, und die sagenumwobenen weißen Bären gibt es tatsächlich.“

„Du glaubst also, dass wir es demnächst mit weißen Bären zu tun bekommen werden?“

Emmett würde sich freuen.

„Nein, ich meine nur, dass dies wirklich das einzige ist, was irgendwie etwas mit einem besonderen Tier zu tun hat.“ Er lehnte sich in dem weichen Stuhl zurück und gähnte herzhaft. „Wenn ich ehrlich bin, denke ich, dass uns hier überhaupt keine Gefahr in dieser Form droht.“

„Und weißt du was…. das denke ich jetzt auch.“

Ein erleichterter Ausdruck setzte sich auf mein Gesicht, bevor mir mein Kopf zum ersten Mal einen entspannten Blick über die vielen Reihen von Büchern erlaubte und lernende Schüler erblickte, von denen ich auch bald wieder einer sein würde. Eine neue Identität, ein neues Leben, eine neue Schule. Es könnte wirklich funktionieren, nicht wahr?
 

Es wurde schon dunkel, als wir wieder beim Wagen ankamen. Jacob lehnte sich müde gegen die Karosserie, während ich nach dem Schlüssel in meiner Tasche kramte, ihn gefunden und ins Schloss gesteckt, hielt ich jedoch inne.

„Was ist?“, blieb mein Zögern nicht unbemerkt.

Ich schüttelte den Kopf.

„Bella?“

Er sprach es so besorgt aus, dass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte.

„Es tut mir leid, Jake“, ging meine Stimme eine Oktave höher. „Es tut mir leid“, wiederholte ich.

„Was denn?“

„Alles.“ Ich starrte stur auf den Wagen, umklammerte den Schlüssel im Schloss. Ich musste mich zügeln, damit er nicht abbrach. „Dass du hier sein musst und dass du deine Freunde, das Rudel und deinen Vater verlassen musstest.“ Ich holte tief Luft, um weitersprechen zu können. „Dass du dein Leben so oft für mich aufs Spiel setzten musstest und dass ich selbst jetzt noch ein Klotz am Bein und auf deine Hilfe angewiesen bin… dass ich damals deine Nähe gesucht habe und es zuließ, dass du dich in mich verliebt hast, obwohl ich jemand anderen liebte und damit unser Schicksal für immer verbunden habe… dass du keine Chance hattest, selber zu entscheiden, was du willst, und dass ich dich angezickt, ungerecht behandelt habe und meine Wut an dir ausließ… Das alles hast du einfach nicht verdient.“

Ich schüttelte mittlerweile energisch den Kopf. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass ich durch meine eigenen, egoistischen Wünsche so viele Leben verändert hatte, und besonders nicht was ihn anging.

Wie viele Existenzen wurden eigentlich bis jetzt beendet, nur weil ich nicht an einem vereisten Tag auf dem Schulparkplatz ums Leben gekommen war? Warum war es mein Schicksal gewesen, von einem Vampir gerettet zu werden, mich in ihm zu verlieben und somit die ganze Ordnung aus den Fugen zu werfen?

Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, wie Jacob sich vom Auto abstieß, es vibrierte leicht unter meinen Fingerspitzen. Seine Hände glitten von hinten an meinen Fingern entlang, befreiten mich vom Schlüssel und schlangen meine Arme anschließend schützend um meinen Körper. Er schmiegte sich an mich und umgab mich mit seinem Geruch, auf den ich schon lange nicht mehr abstoßend reagierte.

„Weißt du eigentlich, wie lange es her ist, seit du mich das letzte Mal Jake genannt hast?“

Er hielt mich fest, und wieder einmal wünschte ich mir, weinen zu können.
 

Kapitel 05 - Wir sind die Cullens - Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (50)
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Von:  Nelli
2010-02-06T21:13:48+00:00 06.02.2010 22:13
Die "Beziehung" zwischen Bella und Jacob ist mir noch nicht so ganz klar. Manchmal macht sich Bella richtig Gedanken um Jacob - wie man sich eben Gedanken um einen Freund macht.
Und dann wieder ist sie so kühl und gleichgültig seinen Gefühlen gegenüber, dass ich nur den Kopf schütteln kann. Natürlich kann ich verstehen, dass sie als Mutter nur das Beste für Renesmee möchte. Aber sie möchte es ohne Rücksicht auf Jacob. Und das macht sie mir in solchen Momenten unsympatisch.
Eine Frage hab ich allerdings: Wolltest Du in dem folgenden Satz wirklich "meine" (Arme) schreiben? Meintest Du nicht "seine" (Jacobs) Arme?
'Seine Hände glitten von hinten an meinen Fingern entlang, befreiten mich vom Schlüssel und schlangen meine Arme anschließend schützend um meinen Körper.'
Aber gerade dieser Schluss und was Bella zu Jacob sagt ist so typisch für die Bella von SMeyer. Wieder einmal toll, wie Du Bella treffend beschrieben hast.

Nelli

Von: abgemeldet
2009-06-26T19:04:50+00:00 26.06.2009 21:04
hey ich heiss auch ellen xD
krasse sache... ich kanns kaum erwarten bis du weiter schreibst!
Von: abgemeldet
2009-03-22T13:32:48+00:00 22.03.2009 14:32
hammer geil ^^ ich freu mich schon riesig auf die fortsetzung ^^
Von:  NyriaAlaine
2009-03-22T02:11:22+00:00 22.03.2009 03:11
Herrlich.
Eigentlich war es ein nerviger Tag und es versprach eine ebenso langweilige Nacht zu werden. Die Lektüre deiner Geschichte hat das Ganze sehr verbessert.
Mir gefällt dein Schreibstil und er passt auch sehr gut zu den Originalen. Die Storyline ist bis jetzt sehr vielversprechend, ich hoffe du holst so viel da raus wie man jetzt erwarten kann! Die Charaktere sind eigentlich gut getroffen, im Nachhinein gibt es (für mich persönlich) zwar einige kleinere Unstimmigkeiten (also Dinge wo ich mich frage "Hätte er/sie das wirklich getan?") aber insgesamt passen die Wesenszüge gut.
Ich freue mich schon darauf weitere Kapitel zu lesen und hoffe du schreibst fleißig weiter.
Grüßle
Von: abgemeldet
2009-03-21T10:31:23+00:00 21.03.2009 11:31
uuuh hammer =)

aah ich liebe diese story!
man hat echt das gefühl wirklich in der biss-reihe vertieft zu sein! hast es super umgesetzt und alles!

freu mich schon voll auf die fortsetzung!
lg
Von: abgemeldet
2009-03-20T11:55:09+00:00 20.03.2009 12:55
also erst mal wow xD
Ich hab gerade die ganze Story gelesen und sie gefällt mir jetzt schon sehr.
Dein Schreibstil is toll und erinnert mich trotzdem auch an den von SM.
Ich liebe die FF jetzt schon und bin gespannt wie es weiter geht. Die Story ist schön und auch wie alles beschrieben ist. man kann sich hineinversetzen so, als würdest du selber da wohnen und es ist einfach alles so unglaublich.
ach mir fällt dazu nicht viel ein...^^ich bin einfach nur sprachlos xD

lG Jaze
Von:  C0ce
2009-03-20T09:48:32+00:00 20.03.2009 10:48
Wiedermal ein schönes Kapitel! Der letzte Absatz hat mir mit am besten Gefallen..
Von:  bella-swan1
2009-03-17T07:39:33+00:00 17.03.2009 08:39
Hi super Kapi. freu mich schon drauf wie es weiter geht. lg. bella-swan1
Danke für die ENS^^
Von:  Kayara
2009-03-17T05:28:40+00:00 17.03.2009 06:28
Ich bin irritiert! Sollten die nicht anders mit Nachnamen heißen oder vertue ich mich da gerade?? ô.O...
Aber bis jetzt ist es schoen geschrieben ^-^... Ich les' nachher weiter :)
Von:  Stiffy
2009-03-16T22:02:06+00:00 16.03.2009 23:02
Hi Hase ^^

Sorry, dass ich erst jetzt dazu komm...
Zu diesem Kapitel:

*für Bella in Tränen ausbrech*...
Es war wirklich rührend! Gott, ich spüre richtig die bedrückende Stimmung!! *schluchz*… wobei ich mir besser vorstellen kann, wie schlimm Jacob sich gerade fühlen muss… aber das liegt wohl daran, dass ich mit ihm fühle und Bella einfach immer nur treten will
*drop drop drop*
*Jacob-Puppe bastel und an sich drück*
*herz*

Zum Rest: Ich fand das Kapitel wirklich toll! Alles so toll beschrieben, besonders die Sonnen-Szene war genial (Edward hätte ihr nicht helfen können *hehe* [sorry^^*])... wirklich toll beschrieben! Aber auch die anschließende Szene mit Edward war toll emotional! Wirklich großes Lob mal wieder, Hase :D

*dich drücks*


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