Geliebter Feind von LauraAStern ================================================================================ Kapitel 1: Geliebter Feind -------------------------- Du treibst mich in den Wahnsinn, bist bester Freund und schlimmster Feind zugleich. Da sitze ich, nichts Böses ahnend, arg- und wehrlos. Mein ruheloser Geist, der das Unbekannte, das Abenteuer sucht, und doch nicht findet, weshalb er in Langeweile verfällt, zieht dich an, wie das Licht die Motten. Du, Muse, überfällst mich, überhäufst mich mit Küssen, von denen ich keinen einzigen will, von denen ich keinen einzigen gebrauchen kann. Doch egal wie sehr ich mich winde, egal wie sehr ich mich wehre, dein Griff hält mich eisern umklammert. Du lässt nicht los, raubst mir den Schlaf, bis ich mich dir hingebe, die Feder zur Hand nehme und Wort um Wort auf das Papier zaubere. Sinnlos, unpassend, ganz und gar nicht so, wie ich es wollte entsteht ein Werk, dass einzig ich, der Autor, verstehe, deuten kann und das letztlich nur deiner Belustigung dient. Doch damit kann ich leben. Lieber gefangen in deiner bestimmten, doch zärtlichen Umarmung, die mich in ein fremdes, unbekanntes Reich entführt, denn in der kalten Realität, die genauso unerbittlich an mir zerrt. Du wankelmütige Botin der Kunst. Kaum einen Tag später sitze ich nun hier, vor mir ein blankes Blatt weissen Papiers, ohne dass auch nur ein Wort aus meiner Feder fliesst. Wartend, denkend, hoffend, ja fast schon betend sitze ich da und erwarte ein Zeichen von dir, willig, jeden deiner flüchtigen Küsse mit dem eifrigen Kratzen meiner Feder zu entlohnen. Ich möchte schreiben, doch du bist nicht da. Wo bist du? Warum bist du nicht hier? Was habe ich dir getan, dass du mich so quälst? Lauernd, spähend, wachend sitze ich am Fenster, hoffe, dich in der finstren Nacht erspähen zu können, doch nur der kalte Wind antwortet auf meinen Ruf. Ungehört von dir verhallt er im Nebel, der durch die Strassen zieht. Komm zurück zu mir, Muse, ich kann nicht ohne dich. Verzweifelt und gequält, ja sogar weinend, sehne ich mich nach dir, deinen sanften Schwingen, die mich fort führen aus dieser tristen Grausamkeit des Alltags, deinen ach so vergänglichen Küssen, die mich erfüllen, deiner süssen Verführung, die mich dir letztlich hörig macht. Ich mag nicht mehr essen, nicht mehr schlafen, jeder meiner Gedanken ist bei dir. Wo magst du sein? Wirst du je zurückkommen? Das alles erscheint mir so grotesk, so bizarr, dass das nicht wirklich sein kann. Was bist du, Muse, denn letztlich? Ein nicht fassbares geisterhaftes Wesen, entsprungen meinem gelangweilten Geist, das bist du, nicht mehr! Was kümmert es mich, ob du hier bist oder sonst irgendwo auf der Welt? Ich habe dich erschaffen, wozu brauche ich dich schon? Doch warum schmerzt es mich dennoch so sehr, dass du nicht hier bist? Das ist doch verrückt! Du bist nicht wirklich, hörst du? Du bist nicht wirklich! Doch verliere ich mit dir nicht letzten Endes einen Teil meiner selbst? Das, woran ich glaube? Oder habe ich bereits etwas verloren in der Zeit, als ich dir und deinen im Grunde leeren Versprechungen folgte? Ich weiss es nicht. Es ist mir auch egal, denn ich fühle, wie sich deine sanften Arme nun um mich legen, deine schillernden Flügel meine Wangen streifen, deine süssen Lippen die meinen berühren. Ich höre dein leises Hauchen. „Ich habe etwas für dich“ Dies sind deine Worte. Oh, wie sehr ich darauf gewartet habe, dass du dies zu mir sagst. Nein, du bist kein Gespenst, du bist meine Erlösung, mein Elysion. „Dann erfülle mich“, flüstere ich, dir ganz ergeben und du und ich, wir werden eins. Ich fühle weder Hunger, noch Kälte, noch Durst, einzig deine Gegenwart nehme ich noch wahr. Wort um Wort fliesst aus der Feder. Mein Selbst ist für diesen Augenblick vergangen, ich bin nur mehr ein Gefäss, ein Medium einer höheren Macht. Die Zeit steht still, nichts ist mehr wichtig, es gibt nur noch dich und mich, bis die Geschichte zu Ende ist. Vielleicht sind wir nur zwei Seiten der selben Medaille… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)