Diamonds and Rust von Shirokko (Manche Dinge sind für die Ewigkeit und so dauerhaft wie Diamanten, während andere vom Rost der Zeit befallen werden und zerbröseln...) ================================================================================ Memori Momento -------------- Titel: Diamonds and Rust Kapitel: Begegnung 62: Memori Momento Autoren: abranka und Shirokko Pairing: Draco / Harry Beschreibung: Die Fanfic spielt zeitlich nach dem 4. Buch, sprich hat Harry gerade die Begegnung bei der Auferstehung Voldemorts hinter sich. Die Ferien sind fast vorbei und er ist in der Winkelgasse, um auf seine Freunde zu warten, als er Draco sieht und sein Hass auf die Todesser ihn überwältigt. Es führt zu einer ganz neuen Erfahrung für den Blonden. In vielerlei Hinsicht… Den Rest solltet ihr schon selbst lesen… Warnung: Angst, Depri, Shonen-Ai, Kariesgefahr. Leute, deckt euch ausreichend mit Zahnpasta und Klobürsten ein. Und mit Schokolade, sie soll angeblich gegen Schocks helfen… vielleicht hat auch noch einer die eine oder andere Flasche Rohrreiniger da. Bemerkungen: Schuld an sämtlichen Logikfehlern sind die Protagonisten, die während des Schreibens allzu oft beschlossen haben, unsere Pläne zu durchkreuzen und getan haben, was sie wollten. Und nein, das ist keine Ausrede! *sich leicht wütend zu Harry und Draco umdreh und sie anfunkel* Nicht wahr? Hm, natürlich leugnen sie… Wie auch immer. Für eventuell anfallende Zahnarztkosten übernehmen wir keine Verantwortung. Edelkitsch garantiert. Disclaimer: Äh… ja, die Leute aus Harry Potter gehören natürlich nicht uns. Sie gehören sich selbst oder vielleicht auch dieser Frau, die sich Joanne K. Rowling nennt. Der Liedtextauszug ist in diesem Fall von a-ha - Lifelines. Widmung: Unserer Freundschaft und dem einjährigen Jubiläum. Begegnung 62: Memori Momento Harry hatte sich nicht mehr umgedreht, nachdem er den Platz unter der Weide erst mal verlassen hatte. Sie liebte ihre Eltern. War doch klar! Wer tat es denn nicht? Draco hatte seine Eltern doch auch lieb, seine Mutter zumindest, oder nicht? Er würde seine Eltern doch auch lieben, wenn sie sich für den falschen Weg hätten entscheiden können! Das würde doch jeder tun! Aber… „Verdammt!“, fluchte er heiser. „Das darf doch einfach nicht wahr sein!“ Er hatte Rache geschworen! Er hatte sie allen Todessern geschworen! Jedem einzelnen, der existierte. Er konnte doch nicht ein paar dieser… Monster ausklammern, weil es irgendwen gab, der sie liebte! Dann würde es nie enden! Niemals! Selbst Voldemort wurde von seinen Anhängern doch irgendwo geliebt, oder? Warum sonst hätte Malfoy ihn Draco vorziehen sollen? Er konnte diese… Mörder doch nicht entkommen lassen, weil sie die Eltern eines seiner Freunde waren! Das war unmöglich! Aber das würde bedeuten, dass er Pansy unglaublich wehtun würde. So richtig. Er… wäre dafür verantwortlich, dass sie leben musste, wie er gelebt hatte. Ohne Eltern! Einfach so. Weil sie tot waren. Weil er sie… umgebracht oder dafür gesorgt hatte, dass sie starben oder ins Gefängnis, nach Askaban, kamen. Das ging doch auch nicht! Bloß… wenn er das eine nicht verantworten wollte und das andere nicht konnte, was sollte er dann tun? Er brauchte etwas, das ihm half, diese Entscheidung zu treffen. Er brauchte etwas, das ihn sehen ließ, wer verdient hatte, zu leben, damit er nicht zu dem wurde, was Voldemort ausmachte: ein willkürlicher Richter. Er bemerkte die Schüler nicht, die ihm entgegen kamen, bemerkte nicht, wohin er lief, bevor er da war. Und er wusste auch nicht, was er hier wollte, als er die Tür zu Snapes Büro aufriss und ungefragt eintrat. Dafür war der Grund draußen, bevor er sich darüber klar werden konnte und bevor Snape ihn wegen des rüden Eindringens zur Schnecke machen konnte: „Bringen Sie mir Legilimentik bei!“ Es war selten, dass Snape sprachlos war. Und es war seltener, dass er es aus Fassungslosigkeit war. Jetzt war er beides, sprachlos und fassungslos. Was war denn das für ein Auftritt? Das war ja wohl… „Potter, hast du wieder Drogen geschluckt?“, fragte er mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen. Der Junge-der-lebt schüttelte den Kopf. „Ich will das lernen!“, beharrte er. Damit könnte er vielleicht eine Möglichkeit finden, wie man entschied, dass… „Warum? Du kannst nicht einmal Okklumentik richtig anwenden, wie willst du da Legilimentik lernen?“ „Ich will keine Unschuldigen auf dem Gewissen haben!“, platzte es aus dem Jungen heraus. Snape sah ihn vollkommen perplex an. Wie bitte? Unschuldige auf dem Gewissen? Fast hätte er gelacht. Er hatte doch nicht einmal Schuldige auf dem Gewissen! „Wovon zum Teufel redest du da?“ Harry verdrehte die Augen. „Das ist doch jetzt vollkommen unwichtig!“, erklärte er gezwungen ruhig. „Ich muss es lernen!“ Snape erhob sich aus seinem Sessel. Oha, er meinte es wohl ernst. Offenbar hatte er die Kehrseite dessen erkannt, was er laut Dumbledore plante. Offenbar hatte er langsam begriffen, dass seine Idee nicht so einfach durchführbar war, wie er geglaubt hatte. „Warum? Weil du dir die Zeit lassen willst, jedem einzelnen im Gehirn rumzupfuschen, bevor du ihn erledigst? Was hättest du davon? Reine Zeitverschwendung! Sie sind böse!“ „Sie sind auch nicht böse, obwohl Sie dieses verfluchte Zeichen tragen!“, erwiderte Harry aufgebracht. „Sie haben bereut und jetzt riskieren Sie Ihr Leben, damit alles endet! Solche Menschen… solche Menschen wie Sie brauchen nicht zu sterben!“ Er war leiser geworden und Snape schwieg ob der Worte. Irgendwas lief hier verdammt falsch. Dumbledore hatte schon gesagt, dass Harry sich wahrscheinlich auf einen Gegenschlag vorbereite und seit einiger Zeit schien es so, als ob er Draco damit angesteckt hatte. Er lernte Zauber, die anders waren, die in einem Kampf nützlich sein könnten. Der Lichtzauber, den er in Tonks’ Unterricht verwendet hatte, der stand nur in einem einzigen Buch, welches wiederum in der Verbotenen Abteilung verwahrt wurde. Auch der Zauber, den er letztens in der Pause vor sich hingemurmelt hatte, war aus so einem Buch. Für Snape stand es schon fast fest, dass Harry auch am gestrigen Tag in der Verbotenen Abteilung gewesen war. Aber Legilimentik konnte ihm nicht helfen, den zu vernichten, der sein Ziel war. Der Unnennbare war selbst Meister in dieser Technik. Ihn würde man damit nicht schlagen können. Außerdem war da etwas in Harrys Blick, das Zweifeln doch recht nahe kam. Zweifeln wovor? „Warum willst du es lernen?“ „Das… wissen Sie doch, nicht wahr? Sie wissen Bescheid über das Ziel!“ Snape nickte. „Aber das ist nicht alles. Warum ausgerechnet jetzt? Was hat sich geändert, dass du von Verteidigung auf Angriff schwenkst?“ Harrys Augen weiteten sich ein wenig. Woher wusste er davon, dass… „Hat es was mit deinen neuen Freunden zu tun?“ Harry schwieg noch immer und Snape fühlte sich bestärkt. „Geht es darum, dass ihre Eltern ebenfalls Todesser sind? Willst du in ihren Gehirnen nach einem Hinweis suchen, der sie für unschuldig erklärt?“ Mehr als ein Nicken kam nicht, aber es reichte auch. „Du kennst Dracos Eltern.“, stellte der Lehrer fest. „Du kennst Lucius Malfoy. Du weißt, wozu er fähig ist, dass er die Rechte Hand des Unnennbaren ist. Seine Mutter ist auch nicht besser. Sie tut, was man ihr sagt, damit ihr nichts passiert und damit man ihren Sohn verschont.“ Er konnte in Harrys Augen sehen, dass er ihm nichts Neues erzählte. „Du brauchst in ihren Gehirnen nichts suchen, denn da ist nichts. Bei Pansys Eltern ist es nicht anderes. Sie wollen das Leben, das sie führen. Beide. Und du kannst in einem Krieg nicht alle retten. Du kannst in einem Krieg nur die vernichten, die dir im Weg sind. Das ist es, was Krieg ausmacht.“ Ganz genau beobachtete er die Regungen im Gesicht des Jungen-der-lebt, sah, wie er blass wurde, wie er sich gegen diese Erkenntnis wehrte… „Krieg bedeutet Tod.“, fuhr er ungerührt fort. „Entweder du stirbst oder du tötest. Eins von beidem oder beides. Keines ist unmöglich.“ Harry wich zurück. Ihn schien dieser Gedanke regelrecht zu verschrecken. Doch er wäre nicht Harry, wenn er nicht sturer wäre, als jemand, der ihm eine Wahrheit des Lebens beibringen wollte. „Es ist doch egal!“, rief er, seine Schultern strafften sich und plötzlich hielt er den Zauberstab in der Hand. „Bringen Sie es mir einfach bei! Wenn Sie doch eh wissen, was ich vorhabe, dann bringen Sie mir so viel wie möglich bei! Wer weiß, für was ich es gebrauchen kann!“ „Nein!“ Die Drohung mit dem Zauberstab wirkte nicht. Als ob dieser Halbstarke ihm etwas tun könnte. Irgendwie lachhaft, dass er es jetzt ebenfalls versuchte. Wie Draco vor ein paar Tagen einmal… „Du wärst eh nicht stark genug, um es zu lernen.“ Klipp und klar. Und natürlich wollte er trotzdem nicht verstehen. „Dann werde ich Sie besiegen, dann bin ich stark genug!“ Snape begann nun wirklich zu grinsen. „Du glaubst, dass du das schaffst? Vermessen, Potter. Unglaublich vermessen. Aber wenn du meinst…“ Er holte seinen Zauberstab aus seinem Ärmel. „Versuche dein Glück.“ Harrys Augen blitzten auf, dann schoss auch schon der erste Zauber auf ihn zu. Snape lächelte böse. Schnell war er, unzweifelhaft, aber… nicht schnell genug. Aber mal abwarten, was er noch so alles zeigen würde, nur um zu erreichen, was er wollte… ~*~*~*~ Unter der Weide wurde Ron plötzlich blass, als die Fußspuren von Snape und Harry das Büro verließen. „Wo wollen sie denn jetzt hin?“, fragte er. „Ob er jetzt übertrieben hat? Wird er jetzt rausgeschmissen?“ Hermione schüttelte den Kopf. „Er nicht. Niemals…“ Sie blickte ebenfalls auf das Papier, folgte dem Weg geistig im Voraus, den sie gingen. Und es war nicht der zu Dumbledore. „Die Krankenstation.“, sagte sie leise. „Sie gehen zur Krankenstation…“ ~*~*~*~ „Scheiße...“, murmelte Draco leise. Zur Krankenstation. Das konnte nur heißen, dass Harry eine verdammte Dummheit gemacht hatte. Er war auf den Beinen, ehe er nachdenken konnte, und rannte in Richtung Schloss davon. Blaise sah ihm nach und stand ebenfalls auf. „Das halte ich für eine gute Idee.“ Er schnappte sich sowohl seine als auch Dracos Tasche und zog die beiden Mädchen hoch. Mindestens fünf Schüler hatte der Blonde auf dem Weg angerempelt, darunter zwei Erstklässler, die heulend zu Boden gefallen waren. Er hatte es gar nicht bemerkt. ~*~*~*~ Ron hatte die Karte in Harrys Tasche zurückgestopft und war den anderen als letzter gefolgt, doch er hatte sie bald schon eingeholt. Und ihnen machten die Schüler sofort Platz. Offenbar hatte Dracos Rücksichtslosigkeit sie von dieser freundlichen Geste überzeugt. ~*~*~*~ Mme Pomfrey war nicht wirklich überrascht, als Snape mit dem Jungen auf einer schwebenden Trage ankam. Irgendwie hatte sie Harry ja schon vermisst. Wie lange war er nicht mehr hier gewesen? Zwei Wochen oder so… Ja, nach ihrer inneren Uhr wurde es mal wieder Zeit… „Was ist passiert?“, fragte sie sachlich, während sie den Schwarzhaarigen auf ein Bett verfrachtete, wo er genauso bewusstlos liegen blieb, wie er mit Snape angekommen war. „Innere Verletzungen möglich?“ Snape verzog das Gesicht, als sie geschäftig herumwuselnd diese Frage stellte. „Das würde ich schon meinen.“, sagte er. „Er war gut.“ Sie hielt in ihrer Bewegung inne und starrte ihn an. „Severus, das ist jetzt nicht Ihr Ernst.“, stellte sie klar, bevor sie fast wütend fragte: „Sie haben mit ihm gekämpft? Etwa ernst?“ Der Schwarzhaarige gab ein kurzes, unmissverständliches Nicken zur Antwort und sie blitzte ihn an, bevor sie sich wortlos umwandte und Harry ein halbes Dutzend Analysezauber auf den Hals jagte. Am Ende dieser doch recht kurzen Prozedur seufzte sie. „Ordentliche Arbeit.“, murrte sie. „Sie sind echt unverantwortlich. Wie können Sie einem Schüler dieser Schule den Imperius antun? Dieser Zauber ist verboten! Das wissen Sie ganz genau!“ „Er wollte einen realistischen Kampf gegen einen Todesser.“, kam die ungerührte Antwort. Mme Pomfrey seufzte. „Verdammt, Severus!“ Aber was half es, Beschimpfungen und Strafpredigten halfen bei diesem Lehrer nicht. Sie gingen ihm durchs eine Ohr rein und zum anderen wieder raus, das war doch schon immer so gewesen. Stattdessen fragte sie: „Welche Zauber noch?“ Und Snape begann emotionslos herunterzuleiern, was er Harry angehext hatte, angefangen bei leichten Feuerzaubern bis hin zu dem schlimmsten aller Psychozaubern, dem Imperius. „Davon hat er mindestens die Hälfte blocken können.“ Sie sah ihn an, dann seufzte sie erneut. „Wie oft hat er getroffen?“ Snape schwieg, woraufhin sie ihn resolut auf eines der Betten drückte und ebenfalls Analysezauber über ihn verhängte. Die goldenen Ziffern und Lettern gaben ihr genug Auskunft. Der linke Arm, mit dem sich Snape auch schon früher gegen seine Angreifer geschützt hatte, war gebrochen, verbrannt und so ziemlich im Eimer. Ein Wunder, dass man es dem Mann nicht ansah. Kurz verschwand Mme Pomfrey in einem Raum und drückte ihm, als sie wieder herauskam, eine Flasche in die Hand. „Sie kennen die Dosierung, runter damit! Und dann reiben Sie ihren Arm mit dieser Salbe ein.“ Snape nickte nur. Mit dieser Frau legte man sich im verletzten Zustand auch nicht ungestraft an. ~*~*~*~ Draco platzte mitten in die Untersuchung, doch das war ihm scheißegal. „Mr Malfoy, wie können Sie es wagen...“, begann Madam Pomfrey, bekam fast einen Anfall und wollte ihn direkt wieder rausschmeißen, doch davon ließ sich der Blonde kein bisschen beeindrucken. Er brauchte nur Snape anzusehen und dann Harry, der ohnmächtig auf dem Bett lag. In ihm brannten sämtliche Sicherungen durch. Er hatte seinen Zauberstab schneller in der Hand, als er überhaupt denken konnte. Diese Bestie in ihm rührte sich wieder. Er konnte die Magie regelrecht in seinen Fingern knistern spüren und er wusste: Wenn er jetzt Schwarze Magie einsetzen würde, würde sie funktionieren. Dieser lächerliche Bann würde nichts davon halten können. „WAS HABEN SIE GETAN?“, brüllte er Snape an. Die grauen Augen funkelten gefährlich wie geschliffener Stahl. Er hörte nicht, wie hinter ihm die Tür aufging und die verbliebenen vier seiner Freunde in der Tür stehen blieben. Alle vier waren vollkommen paralysiert. ~*~*~*~ Snape blickte ihn kalt an. Tja, was hatte er erwartet? Er hatte doch gewusst, dass Draco in Sachen Harry keinen Spaß verstand… „Er hat es so gewollt.“, antwortete er. „Es war seine Idee, ein Duell mit mir auszufechten. Er war sich der Konsequenzen bewusst.“ Danach schwieg er wieder. Er würde sich nichts vorwerfen lassen. Harry war alt genug, um selbst zu entscheiden, was er wollte und ein besseres Training konnte er sich doch gar nicht wünschen. ~*~*~*~ „Sie...“, setzte Draco an, doch Blaise unterbrach ihn. „Draco! Mach keine Dummheiten!“ Der Blonde wirbelte herum und fixierte seinen Freund aus so kalten Augen, dass dieser zusammenzuckte. „Halte dich raus, Blaise!“ Für den Augenblick zielte der Zauberstab auf diesen und machte mehr als deutlich, dass Draco sich auch gegen seine Freunde wenden würde, wenn sie es wagen sollten, ihn aufzuhalten. Blaise erbleichte und wich sichtlich betroffen zurück. Draco wandte sich gedankenschnell wieder um. „Sie arroganter Mistkerl! Sie wussten doch, dass es so enden würde! Und ich wette, dass es Ihnen auch noch Spaß gemacht hat! Sie elender Sadist!“, fauchte er den Lehrer an. Er sah endgültig rot und hob den Zauberstab, um seiner Wut freien Lauf zu lassen, um das schwarzmagische Monster in seinem Inneren freizulassen, damit es toben konnte... Der Schlafzauber traf ihn vollkommen unvorbereitet in die Seite und schleuderte ihn vor Snape zu Boden. Madam Pomfrey strich sich den Schweiß von der Stirn. „Sie vier - raus!“, befahl sie und die vier verbliebenen Schüler huschten kleinlaut aus der Tür. Dort drinnen war gerade wirklich kein Ort, wo sie sein sollten. Viel zu viel Explosionsgefahr. ~*~*~*~ Snape nickte anerkennend, dann ließ er Draco mittels Wingardium in eines der Betten schweben, bevor er den schwarzen Stab neben sich auf das Bett legte. „Da überlegt man sich doch gleich dreimal, ob man seiner Kette etwas tut, wenn sie dann reißt und er sich nicht mehr zurückhalten kann.“, murmelte er, strich danach endlich, als wäre nie etwas gewesen, die Salbe auf seinen Arm, der sich schrecklich verfärbt hatte. Verflixt. Man sollte diese zwei wirklich nicht unterschätzen… Snape blickte zu Mme Pomfrey, die sich inzwischen wieder um Harry kümmerte. Es widerstrebte ihm zu fragen, aber dennoch… „Wie gut waren seine Blocks wirklich?“, fragte er. ~*~*~*~ „Gut.“, antwortete die Medihexe und konzentrierte sich wieder auf ihren Patienten. „Aber nicht gut genug, um unbeschadet davon zu kommen.“ Sie wandte einige Heilzauber an und flößte dem Ohnmächtigen vorsichtig einen Trank ein. „Sie hätten das nicht tun dürfen, Severus.“, sagte sie leise und widmete ihre Aufmerksamkeit dann dem Zaubertränkelehrer. ~*~*~*~ Snape nickte unbeeindruckt, dann stand er auf. „Ich werde mich dann verabschieden. Ich werde zu meinem Unterricht ohnehin schon zu spät kommen. Auf Wiedersehen, Poppy.“ Damit verließ er den Krankenflügel. Was sie gesagt hatte, war schon richtig, er hätte es nicht tun sollen… Aber wenn er ganz ehrlich war, hatte er dieses Duell fast herbeigesehnt. Er hatte wissen wollen, wie stark Harry schon war, hatte wissen wollen, ob das Training etwas brachte. Er hatte festgestellt, dass es etwas brachte, aber dass er noch lange nicht weit genug war, um einem Kampf auf Leben und Tod wirklich standzuhalten. Dafür brachte ihn der Tod selbst zu sehr aus dem Konzept… ~*~*~*~ Draco wachte drei Stunden später wieder auf und fühlte sich auch dann noch wahnsinnig benommen. Er blinzelte müde zur Decke und brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, wo er sich befand. Krankenstation... Die Erinnerung kam augenblicklich wieder zurück. Harry. Snape. Sein Ausraster. Wie ging es Harry? Er setzte sich abrupt auf und ignorierte den Schwindel, obwohl er beinahe wieder ins Land der Träume zurückgesegelt wäre. Harry lag in dem Bett neben ihm. Die grünen Augen waren geschlossen und die schwarzen Wimpern hoben sich noch deutlicher als sonst von der blassen Haut ab. Er stand endgültig auf und ließ sich drüben auf der Bettkante nieder. Sorgenvoll streckte er die Hand aus und strich ihm über die Wange. ~*~*~*~ Der Schwarzhaarige öffnete die Augen, als er die Berührung spürte. Er war schon seit einiger Zeit wach, aber er hatte sich nicht durchringen können, sich zu bewegen. Das lag gewiss nicht daran, dass er so schwer verletzt war. Es lag viel eher daran, dass er das Gefühl hatte, auf ganzer Linie versagt zu haben. Im Thema Freundschaft genauso wie im Kampf. Draco hatte er erkannt, als er ihn berührt hatte. Dieses Gefühl hätte er immer wieder erkannt. Er lächelte schwach, lehnte sich dann gegen die Hand. Alles andere wäre zuviel Bewegung gewesen, aber er war froh, dass der Blonde da war. Er konnte es ihm bloß nicht sagen… ~*~*~*~ „Was machst du nur für Sachen.“, raunte Draco leise. Er konnte spüren, dass Harry wach war und sich gegen seine Hand schmiegte. Ein wenig von seiner Angst verschwand. Ein ganz klein wenig. Doch ein Schatten von Panik und ohnmächtiger Wut waren immer noch da und er fühlte nur allzu deutlich, dass sich dieses schwarzmagische Monster nicht dauerhaft zur Ruhe gelegt hatte. Langsam beugte er sich vor und küsste ganz sachte die blassen Lippen. ~*~*~*~ Harry lächelte leicht, als er die Augen öffnete. Er wollte etwas sagen, aber seine Stimme fehlte noch immer. Einer von Snapes Flüchen. Stummzauber… Hatte ihm nur nicht viel gebracht, was ihn sichtlich erstaunt hatte… Also seufzte er lautlos und versuchte nun doch seine Hand unter der Bettdecke hervor zu wurschteln, um ihn berühren zu können. Es gelang nur mittelmäßig gut, viel zu kraftlos war er noch. Auf halber Strecke blieb sie liegen, so dass er nur entschuldigend zu Draco aufsehen konnte. ~*~*~*~ „Schon okay...“, murmelte dieser leise und strich Harry erneut über die Wange. „Du hast dich mit Snape angelegt...“ Die Worte waren eine reine Feststellung, nichts weiter. So, als wenn das Erklärung genug für den Zustand des Gryffindors war. „Ich hatte Angst um dich...“ Seine Stimme war auf einmal belegt und es fiel ihm schwer, überhaupt zu sprechen. Mühsam kämpfte er gegen Tränen an, deren Ursache er nicht kannte. Es war doch dumm, jetzt zu heulen... ~*~*~*~ Harrys Lächeln wurde breiter, liebevoll, als sich noch einmal ganz doll zusammenriss und die Hand hob. Ganz sachte, nur etwas unkoordiniert, berührte er die blassen Lippen, bevor die Hand einfach hinab fiel, auf die Decke prallte. Entschuldige!, formten die Lippen, dann wurde sein Gesicht ein wenig gequält. Zu gerne wollte er ihm erzählen, was in ihm vorging, wie er sich fühlte, wie er versagt hatte und warum er es getan hatte, aber er konnte nicht. Dabei… wollte er ihn doch beruhigen. Ich... kann noch nichts sagen. War das frustrierend. Kein Ton kam aus seiner Kehle, obwohl er sich so anstrengte! ~*~*~*~ Draco verstand Harrys Problem. Suchend blickte er sich um. Irgendwie schien Madam Pomfrey einen Sinn für diese Situationen zu haben, denn sie kaum genau jetzt durch die Tür. Allerdings war der Blick, mit dem sie Draco bedachte, nicht gerade freundlich. „Er... kann nicht sprechen“, sagte der Blonde zaghaft. Es war nur zu klar, dass sie wütend auf ihn war, weil er so ausgetickt war. Vermutlich war sie es gewesen, die ihn schlafen geschickt hatte... „So? Dann wollen wir uns darum mal kümmern.“ Sie lächelte Harry an und sprach erneut einen Diagnosezauber. „Sieh an... Das habe ich bei den anderen Dingen glatt übersehen...“, murmelte sie leise, mehr zu sich selbst als zu den beiden Jungen. Einen Moment später sprach sie den Gegenzauber. „Ihre Stimme wird noch etwas störrisch sein, aber das gibt sich in den nächsten Stunden.“ Ihr Lächeln wurde beruhigend und gleichzeitig noch etwas warmherziger, verschwand jedoch vollständig, als sie Draco anblickte. „Eigentlich sollte ich Sie hinauswerfen, wo Sie jetzt wieder wach sind.“ Sichtlich wütend funkelte die Medihexe Draco an. Dieser senkte geknickt den Blick. Sie hatte ja Recht... „Entschuldigen Sie bitte, Ma’am...“, murmelte er leise. „Eine Entschuldigung ist das mindeste.“, sagte sie spitz. „Und danke, dass Sie verhindert haben, dass ich etwas Dummes tue...“, fügte er noch leiser hinzu. Diese Worte hellten ihre Miene ein wenig auf. „Sie können Ihren Zauberstab bei mir abholen, wenn Sie gehen.“, sagte sie fest und wandte sich um. Im Moment konnte sie nichts anderes für Harry tun. „Aber regen Sie Mr Potter nicht auf.“ Damit verschwand sie nach nebenan. ~*~*~*~ Harry blickte ihr nach, dann zu Draco. Irgendwie hatte er verstanden. Der Gedanke war so… klar, dass es ihn betrübte. Draco hatte nicht wirklich wieder Schwarze Magie verwenden wollen? Das war doch der Grund, warum sie so frostig gewesen war, nicht? Auf diese Art Magie reagierten die Erwachsenen doch immer so. Wieder bewegte er die Lippen und tatsächlich kam ein Ton heraus. „Warum?“, fragte er. Irgendwie war er unglücklich. „Warum… getan?“ ~*~*~*~ Dieser traurige Blick in den grünen Augen tat weh und brachte diese dummen Tränen nur noch näher an die Oberfläche. „Ich habe gar nichts getan...“ Dracos Stimme war nur ein heiseres Flüstern. „Aber ich wollte... Ich habe... Snape zusammengebrüllt... Und wollte auf ihn losgehen... Ich bin vollkommen durchgedreht...“ Er stockte und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und dann durch das blonde Haar. Er fühlte sich so unsagbar beschissen. Und er bekam Angst vor sich selbst. Angst vor dem, wozu er fähig war. „Pomfrey hat es verhindert, indem sie mich schlafen geschickt hat. Ansonsten...“ Er brach ab und starrte auf seine Hände. Wenn sie ihn nicht aufgehalten hätte, hätte er etwas wirklich Schlimmes getan. Er wusste, welchen Zauber er gewählt hätte... Seine Hand zitterte, als er sie auf Harrys legte. „Es tut mir Leid...“ Jetzt konnte er diese dummen Tränen wirklich nicht mehr zurückhalten. Der erste Tropfen rann ihm einfach so über die Wange, obwohl er doch so sehr darum kämpfte, sie zu verbannen. ~*~*~*~ Harry blickte ihn an, dann streckte er den Arm nach ihm aus, wurschtelte irgendwie auch noch den zweiten unter der Decke hervor und reckte ihm diesen auch noch entgegen. „Nicht… weinen.“, flüsterte er, spürte, wie die Verzweiflung übergriff. „Ich… bin nicht… böse.“ Und er hätte es doch auch getan, nicht wahr? ~*~*~*~ Draco lächelte verlegen und wischte sich über die Wange. Mühsam blinzelte er die Tränen zurück und lehnte sich dann vor, um sich wenigstens halb in Harrys Arme zu schmiegen. Die Wärme des Gryffindors tat so gut und war wirklich Balsam auf seiner verletzten Seele. Gleichzeitig kam er sich jedoch so unglaublich schwach vor, weil er es auf einmal war, der Trost und Nähe suchte, nicht Harry, der doch verletzt war... „Was hast du nur gemacht, dass du hier gelandet bist?“, murmelte er. ~*~*~*~ Harry verzog gequält das Gesicht. „Ich… wollte…“ Er seufzte und riss sich dann zusammen. Nur weil seine Stimme beschlossen hatte, jetzt zu streiken, hieß das noch lange nicht, dass er sich damit abfinden musste. Außerdem wollte er es Draco erzählen. Er wollte eine Lösung für dieses Problem! Vielleicht konnte Draco ja helfen! „Er sollte mir Legi… Legilimentik beibringen.“, brachte er schließlich hervor und stellte erfreut fest, dass sein Zusammenreißen tatsächlich etwas brachte. „Und weil er gesagt hat… ich wäre…“ Mit einem Räuspern brachte er seine Stimmbänder wieder frei. „…zu schwach, das zu können, habe ich ihn herausgefordert.“ Er lachte leise. „Selbst… schuld also. Er hat sich nur verteidigt…“ ~*~*~*~ „Verteidigt...“ Draco schnaubte leise. „Er hat dich voll auflaufen lassen und das garantiert genossen...“, knurrte er. Oh ja, mit Sicherheit hatte Snape seinen Spaß an dem Duell gehabt. Ganz sicher... Dieser elende Sadist! „Aber... warum willst du Legilimentik lernen?“ ~*~*~*~ Harrys Augen wanderten ins Leere. Das stimmte wahrscheinlich. Er hatte nur gedacht, dass er eine Chance gegen den Zaubertränkelehrer hatte. Die Wahrheit sah so was von anders aus… Und Dracos Frage… „Ich habe Angst.“, gab er schließlich zu, was ihm auf der Seele brannte. „Ich habe Angst, dass… ich bei meiner Rache vergesse, dass es Menschen gibt… wie dich, wie Snape. Menschen, die...“ Leise hustete er. Blöder Zauber! „…verstanden haben. Menschen wie Blaises Eltern, die keine Wahl haben… Und Menschen, die traurig sein werden… wie Pansy…“ Immer leiser wurde er, bis er schließlich verstummte. Aber nur kurz. Ruhig, fast tonlos sprach er weiter. „Ich wollte lernen, zu entscheiden, wer den Tod verdient hat.“ ~*~*~*~ „Harry...“ Draco setzte sich auf, um den anderen besser ansehen zu können. Seine grauen Augen waren ernst. „Du bist kein Richter. Du kannst nicht entscheiden, wer den Tod verdient hat und wer nicht. Es wird immer Menschen geben, die um jemanden trauern. Selbst um...“ Er stockte kurz. „…Voldemort wird wahrscheinlich irgendjemand trauern, wenn auch nicht gerade aus edlen Motiven. Das dort draußen ist ein Krieg. Krieg kennt keine Gerechtigkeit. Krieg kennt nur Leid und Tod. Das einzige, was man tun kann, ist, das Leid zu begrenzen versuchen... Indem man diesen Krieg so schnell wie möglich beendet. Aber das ist etwas, was nicht in unserer Macht liegt.“ Einen Augenblick hielt er inne. „Wenigstens noch nicht. Du kannst nur das Duell mit Snape als Lektion sehen, dass du noch stärker werden musst, um dort draußen etwas zu bewegen. Das ist es, was wir jetzt tun können. Nichts anderes.“ „Das sind sehr weise Worte, Draco.“ Der Blonde zuckte zusammen, als Dumbledores Stimme auf einmal hinter ihm erklang. Er hatte nicht gehört, wie der Schulleiter eingetreten war. „Es scheint, als wenn du etwas begriffen hast...“ Der Slytherin spürte, wie er rot wurde. Verdammt, jetzt brachte der alte Mann ihn sogar noch in Verlegenheit! ~*~*~*~ Harry blickte der verschwommenen Gestalt entgegen, dann wandte er sich demonstrativ ein wenig ab. Draco hatte ja Recht. Er hatte so was von Recht. Er war schwach. Er war nicht stark genug, um einen einzelnen Mann zu besiegen, der noch dazu nicht einmal das Ziel verfolgte, ihn umzubringen. Und Dumbledore hatte gut reden. Natürlich. Er konnte ja auch helfen! Er konnte ihnen allen helfen! Jedem einzelnen! War doch klar, dass er da so großartig sprechen konnte. Schweigend schlossen sich seine Hände um Dracos Umhang. Er wollte, dass er blieb, ihn vor diesem mächtigen Mann abschirmte, damit dieser nicht erkannte, wie schwach er wirklich war, damit er nicht sein Vertrauen in ihn verlor… Ein vollkommen aberwitziger Gedanke, aber er hatte gerade jetzt einfach das Bedürfnis, klein und kindisch zu sein… ~*~*~*~ „Wie mir scheint, hat nicht nur Harry ein Ziel gefunden. Wolltest du nicht vor nicht allzu langer Zeit noch diese Welt einfach untergehen lassen?“ Autsch. Die Worte trafen Draco. Er zog die Schultern unwillkürlich ein wenig hoch. „Die Dinge ändern sich...“, murmelte er leise. „Oh ja, das tun sie ständig.“ Dumbledore lächelte vergnügt und ließ sich Draco gegenüber auf der anderen Bettkante neben Harry nieder. „Es freut mich zu sehen, dass es dir einigermaßen gut geht. Severus wird nicht gerade sehr nett zu dir gewesen sein, nicht wahr?“ ~*~*~*~ „Nett genug.“, murrte Harry. Ja. Eigentlich… eigentlich war es doch wirklich zu freundlich von ihm gewesen, dass er ihm diesen einen Spruch erst so spät angehängt hatte, dass er ihm die Illusion einer Chance gelassen hatte, um sie nachher in hunderttausend Scherben zu zerschmettern. Jeder Spruch, jeder Fluch, jeder noch so winzige Zauber war wirkungslos geblieben. Selbst die kleine Finte, die er gegen Blaise probiert hatte, hatte nicht funktioniert. Wahrscheinlich konnte er regelrecht froh sein, dass er überhaupt mal getroffen hatte. Wahrscheinlich konnte er wirklich froh sein, dass seine Verteidigungszauber so viel besser waren als seine Angriffszauber. „Er war so freundlich, mir zu zeigen, was mich erwartet.“ Denn so in etwa würde ein Kampf gegen Voldemort werden. Er würde ihn nicht ernst nehmen, wie er ihn nie ernst genommen hatte. Er würde sich Fehler erlauben… und er würde stärker sein als Snape. Also würde es noch schwerer werden… ~*~*~*~ „Und das ist eine wichtige Lektion. Kein Todesser wird so gnädig sein und dich mit dem Leben davon kommen lassen.“ Die Worte klangen seltsam hart aus Dumbledores freundlichem Gesicht. „Es ist eure Zeit zu lernen.“, wiederholte er das, was er bereits am heutigen Morgen zu Blaise und Harry gesagt hatte. Dann blickte der Schulleiter zur Seite und fixierte Draco. „Und für dich heißt das vor allem, dass du lernst, deinen Zorn zu zügeln. Du hast es gespürt, nicht wahr? Dass dich dieser Bann nicht aufhalten kann, wenn du es wirklich darauf anlegst. Er kann dir nur eine Stütze sein, die dir hilft, mit dir selbst zurechtzukommen.“ Draco senkte den Blick. „Ja...“, antwortete er kaum hörbar. ~*~*~*~ Harrys Augen fixierten Draco, kniffen sich ein wenig zusammen, um das fast zerknirschte Gesicht scharf zu stellen. Er konnte den Bann von sich aus lösen? Der Bann konnte ihn nicht aufhalten? Was sollte das? Was wollte Dumbledore damit sagen? Dass… Draco wirklich hätte zaubern können? Dass er keine wirklichen Probleme damit hatte, Schwarze Magie anzuwenden? Seufzend schloss er die Augen. Das war gar nicht gut für ihn. Was würde mit Draco passieren, wenn er zuviel von dieser Macht gebrauchte? Wenn man sich betrachtete, wie es nach nur zehn Minuten war… Er blickte zu Dumbledore auf. Es war fies, dass Draco diese verdammte Magie am Hals hatte. Wenn er bedachte, dass er sie selbst hatte einsetzen wollen… Uh, niemals! Stattdessen kam ihm eine andere Frage in den Sinn. Im Grunde die, welche dieses ganze Theater mit dem Duell ausgelöst hatte. „Professor. Sir, haben Sie schon Nachrichten von Blaises Eltern?“ ~*~*~*~ „Ich bin gerade auf dem Weg zu ihnen. Ich wollte nur vorher nach dir schauen. Und wie mir scheint, war das eine sehr gute Idee.“ Der alte Zauberer lächelte den Jungen freundlich an. „Gibt es noch etwas, das du vielleicht loswerden möchtest?“ Seine Augen huschten kurz zu Draco hinüber, der jedoch den Blick gesenkt hatte und offenbar nachdachte. Gut so. Denn Nachdenken war es, was der Slytherin gerade tun sollte. ~*~*~*~ Harry schüttelte den Kopf. Nein, wollte er nicht. Nicht wirklich. Wirklich nicht… „Danke.“, sagte er schließlich. „Für die Sorge.“ ~*~*~*~ Dumbledore lächelte. „Oh, ich habe da noch etwas für dich...“ Er klopfte auf seinen Umhangtaschen herum und zog schließlich ein kleines Päckchen heraus. „Schokofrösche.“ Er schenkte dem Gryffindor noch ein wissendes und zugleich freundliches Lächeln und stand auf. „Du solltest dich ausruhen, Harry.“, sagte er, so wie man es von einem sorgenden Erwachsenden erwartete. Dann wandte er sich um und verließ die Krankenstation. ~*~*~*~ Harry blickte auf das Päckchen in seiner Hand. Schokolade… Immer bekam er Schokolade, wenn etwas nicht stimmte, wenn etwas mit ihm oder seiner Psyche nicht in Ordnung war. Seufzend fragte er sich, ob sie ihm, wenn sich ihm Schokolade schenkten, nicht im Grunde genommen sagen wollten: Du bist krank, also iss sie… Was für ein dummer Gedanke… „Draco?“, fragte er schließlich leise, ohne den Blick von dem Päckchen zu nehmen. „Ich will nicht ungerecht werden, nur weil Krieg herrscht.“, erklärte er. ~*~*~*~ Der Blonde hob den Kopf und schenkte ihm ein behutsames Lächeln. „Ich weiß...“ Er drückte Harrys Hand fest. Gerne hätte er etwas Kluges gesagt und ihm diese Angst genommen, doch das ging nicht... Es gab keine schlauen Worte, um ihm diese Sorge zu nehmen. ~*~*~*~ Der Schwarzhaarige schwieg daraufhin. Draco wusste also auch keine Antwort. Keine Antwort darauf, wie man Pansy glücklich machen konnte und gleichzeitig die Welt davor bewahrte, unterzugehen… Opfer… mussten gebracht werden. So lautete doch dieser berühmte Satz, nicht wahr? „Lass uns schnell stark werden.“, begann Harry nach einiger Zeit erneut. Dracos Worte waren wieder in seine Gedanken getreten. Das einzige, was man tun kann, ist, das Leid zu begrenzen versuchen... Indem man diesen Krieg so schnell wie möglich beendet. „Lass uns ganz schnell stark werden, damit das alles ein Ende hat! Damit niemand… Damit niemand mehr leiden muss!“ Und damit ich mich nicht mehr dafür schuldig fühlen muss, wenn wieder jemand stirbt… Aber das sagte er nicht laut. Es hätte Draco mit Sicherheit nicht gefallen. ~*~*~*~ „Okay.“ Draco nickte. In seinen grauen Augen lag Entschlossenheit, die signalisierte, dass er Harry unterstützen würde. „Aber erst einmal musst du wieder richtig auf den Beinen sein...“ Er stupste den Gryffindor liebevoll auf die Nasenspitze. ~*~*~*~ „Bin dabei.“, murmelte der Schwarzhaarige. „Hörst du, meine Stimme ist schon wieder ganz da.“ Tatsächlich klang sie inzwischen nicht mehr wie das Reibeisen persönlich, sondern schon wieder ziemlich normal, vielleicht aufgrund dieser merkwürdig melancholischen Stimmung etwas weicher als sonst, aber das würde sich auch noch geben. Einige Zeit herrschte Stille, aber etwas nagte noch an Harry. Etwas, das er nicht vergessen konnte… Etwas Wichtiges. „Du hast nicht an meine Worte gedacht, nicht wahr?“, fragte er. „Als du Snape angreifen wolltest, da hast du nicht darüber nachgedacht, ob es sinnvoll ist oder ob er es verdient hat, nicht? Du hast es einfach tun wollen.“ ~*~*~*~ „Ich habe gar nicht mehr gedacht...“ Dracos Blick ging ins Leere. „Ich hatte Angst um dich... Irgendwie... ist diese Panik in Wut umgeschlagen.“ Er drückte Harrys Hand fester, ohne es überhaupt zu bemerken. „Blaise wollte verhindern, dass ich auf Snape losgehe...“ Seine Stimme war nur noch ein leises Flüstern und klang seltsam heiser. „Ich... ich...“ Er brach ab und blickte Harry an, hielt sich an dessen grünen Augen fest. „Ich hätte auch ihn verletzt, wenn er nicht zurückgewichen wäre... Nichts hätte mich mehr aufgehalten. Gar nichts... Dieser Bann... Ich weiß, dass ich ihn einfach zerfetzt hätte.“ Seine Stimme stockte erneut. „Das macht mir Angst...“ Die Worte waren nahezu unhörbar. ~*~*~*~ Harry biss sich mitleidig auf die Lippe. Er konnte ihn verstehen. Es entsetzte ihn, dass Draco dazu in der Lage war, einen Freund anzugreifen. Einen Freund, der ihm nie etwas Böses wollen würde, der nur helfen wollte… Und das alles, weil er Angst um ihn gehabt hatte… „Draco…“, murmelte er traurig, drückte seine Hand. Was sollte er denn dagegen tun? Er wollte nicht, dass Draco wegen ihm so eine Dummheit beging. „Du hättest wissen sollen, dass er mir nicht wehtun kann, solange Dumbledore da ist. Außerdem… Snape ist… zwar fies, aber er schützt mich trotzdem besser als so mancher andere.“ Reine Wahrheit. Wer hatte ihn denn im dritten Jahr davor bewahren wollen, in Sirius Blacks Arme zu rennen? Wer hatte ihn denn letztes Jahr zusammen mit Dumbledore vor dem falschen Moody bewahrt? Snape hasste ihn vielleicht, aber er beschützte ihn trotzdem. „Du hättest dich selbst ins Unglück gestürzt, obwohl ich noch am Leben war. Außerdem hab ich es dir versprochen. Ich bleibe bei dir. Vergessen? Es gab keinen Grund, warum du Angst um mich hättest haben müssen. Ich halte meine Versprechen.“ ~*~*~*~ Draco seufzte leise und lehnte den Kopf an Harrys Schulter. „Ich weiß... Ich weiß... Du hast ja Recht. Ich habe die Kontrolle verloren...“ Er konnte diese schwarzmagische Bestie immer noch in sich spüren. Sie lauerte. Sie lauerte darauf, dass sie wieder toben konnte, und irgendwann... irgendwann würde sie sicher durchbrechen. Er schloss die Augen. „Ausgerechnet Blaise...“ Das nagte an ihm. Es tat weh. Er wäre bereit gewesen, seinen besten Freund zu verletzen... Urplötzlich musste er an seinen ersten harten Zusammenprall mit Snape denken. Wie er ihn gefragt hatte, ob er auch Blaise und Pansy angreifen würde, wenn sie ihm im Weg standen... Der Blonde schmiegte sich näher an den Gryffindor, suchte beinahe schon verzweifelt nach Halt. ~*~*~*~ Es brachte Harry zum Schmunzeln. Das morgige Training… Er wollte es gar nicht erleben. Wenn allein der Gedanke wieder solche Auswirkungen auf Dracos Psyche hatte… „Schreib ihm doch eine Entschuldigung.“, sagte Harry leise. Und er selbst sollte wohl auch den anderen sagen, dass es ihm gut ging. Sie machten sich sicher auch Sorgen… Er wusste zwar nicht, dass sie da gewesen waren, aber zumindest Blaise wusste davon, also war den anderen sicher auch bekannt, dass er mal wieder bei Poppy abhing… ~*~*~*~ „Hm...“, murmelte Draco. „Wahrscheinlich sollte ich besser direkt mit ihm reden... Morgen...“ Seine freie Hand fuhr sachte über die Wange des Gryffindors. Er legte den Kopf schräg und sah seinem Zeigefinger zu, wie er das Profil des Jungen neben sich nachzeichnete. Er lief vor dem Gedanken an Blaise weg. Er wusste es. Und doch sah er sich gerade einfach nicht in der Lage, sich dem zu stellen. ~*~*~*~ „Okay.“ Harry wusste es ebenfalls. Es war Draco, also war es nicht so verwunderlich. Immer wenn er sich schuldig fühlte, brauchte er einige Zeit, sich ein Herz zu fassen, um sich zu entschuldigen oder etwas richtig zu stellen. Das hatte er in der kurzen Zeit, die er ihn nun besser kannte, bereits gelernt. Er seufzte und schloss die Augen. Die bleierne Müdigkeit in seinen Gliedern sorgte dafür, dass er Kraft sammeln musste, wenn er wach bleiben wollte. Einen kurzen Moment… nur einen Augenblick… Um danach wieder für ihn da sein zu können. Es wollte ihm nicht mehr so recht gelingen, die Augen wieder zu öffnen. Die Wärme, der sanfte Druck auf seiner Schulter, der von Dracos Stirn herrührte, seine Nähe und die Müdigkeit forderten Tribut. Durch einen regelrechten Schleier vor den Augen tastete er nach Draco und zog ihn endgültig zu sich herunter. Er wollte ihm näher sein, damit er sich nicht mehr so alleine fühlte, damit er Draco weiter beschützen konnte, denn er wollte schlafen. Nur noch schlafen… ~*~*~*~ Widerstandslos ließ sich Draco neben Harry auf das Bett ziehen, half noch nach, indem er die Beine hochnahm und sich richtig neben ihn legte. Still zog er den Schwarzhaarigen in seine Arme und versprach ihm damit die Geborgenheit, die er gerade selbst bekam. Er konnte spüren, wie Harry einschlief, wie die Spannung von ihm abfiel und Entspannung Platz machte. Auch er schloss die Augen und spürte, wie er wegdöste. Im Halbschlaf meinte er mitzubekommen, dass Madam Pomfrey nach ihnen sah und eine Weile neben dem Bett stand, unschlüssig, ob sie ihn in seinen Gemeinschaftsraum davonjagen oder ihn doch bleiben lassen sollte. Sie musste sich für letzteres entschieden haben, denn niemand weckte ihn... ~*~*~*~ Helles Licht, schwarze Möbel… Harry begann sich zu bewegen, ganz sachte. Ein Blitz, Schmerz. Aber er gab nicht auf. Konnte er nicht. Zuviel hing davon ab. Viel zu viel! Das Leben so vieler Menschen hing davon ab, ob er gewann oder verlor… Seine Lippen bewegten sich im Schlaf, als er den Zauber im Traum sprach, der Snape angreifen sollte. Helles Licht… zerbrach an einem durchsichtigen Schild. Löste sich auf. Wut in seinem Bauch ließ ihn den Zauber zurückschmettern. Höhnisches Gelächter. Irgendwie nicht echt, nur gekünstelt… um ihn auf die Palme zu bringen. Was hervorragend funktionierte. Er griff erneut an, dann war sein Gegner plötzlich weg. Harrys Augen flatterten, flogen auf, schlossen sich wieder, dann lag er still. Wartete. Wartete auf den nächsten Angriff, der so schnell kam, dass er ihn nicht blocken konnte. Er wollte eine Erwiderung schreien, doch seine Stimme versagte. Der Zauber flog trotzdem los, traf. Traf das erstaunte Gesicht… nicht ganz. Traf den Arm, der schützend vor das Gesicht gehalten wurde. Wut in diesen Augen. Mehr Zauber. Die er blockte. Blocken konnte. Nur wenige gingen durch, trafen ihn, streiften ihn, klammerten sich wie lebendige Wesen an ihn. Monster, die seine Beine umklammerten. Sie schwer wie Blei sein ließen. Dann ein Zauber, den er schon so oft gehört hatte. „Imperio…“, murmelte er. Angst machte sich in ihm breit, als er seinen Zauberstab sinken ließ. Keine andere Wahl hatte, als ihn sinken zu lassen. Panik. Die Gewissheit verloren zu haben. Die Gewissheit, jetzt etwas wirklich Schlimmes zu erleben… Schwarze Augen drangen in ihn ein, krochen wie Spinnen durch seine Adern, durch seinen Geist, durch seine Seele. Suchten ein Geheimnis in ihm. Suchten diese eine Tür. Fanden sie schnell, weil er daran dachte. Bleiche, große Männerhände legten sich auf die Klinke, drückten sie auf, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Panisch krallte er sich in die Bettdecke. Nein! Nein, er durfte da nicht rein! Niemals! Nie! Das… das war sein Schatz! Niemand durfte dieses Heiligtum betreten! Niemand hatte das Recht dazu! Die Tür wurde aufgeschoben, er konnte rote Sessel sehen, einen Kessel… „Nein!“ Harry saß senkrecht im Bett, seine Augen geweitet in der Dunkelheit. Angstschweiß auf der Stirn. Dunkelheit… „Nein…“ Seine Hände vergruben sich in seinen Haaren. Hatte er Snape etwa hineingelassen? Hatte der Lehrer… dieser Giftmischer etwa gesehen, was dahinter war? Was hinter der Tür verborgen lag? Hatte er… sein Geheimnis beschmutzt? Wie hatte er das nur zulassen können? Wie hatte er nur erlauben können, dass er das zu sehen bekam? Tränen sammelten sich in seinen Augen. Wie hatte er nur so dumm sein können, je gegen Snape gekämpft zu haben? Er hätte doch wissen müssen, dass der so etwas ausnutzen würde… ~*~*~*~ Draco schreckte auf, als sich Harry auf einmal neben ihm so abrupt bewegte. Selbst urplötzlich hellwach, setzte er sich auf und zog den Gryffindor in seine Arme. Die Anspannung in dem schmalen Körper war nur allzu deutlich. Beruhigend strich er ihm über den Rücken, gab ihm soviel von seiner Wärme, wie er konnte. Mit der anderen Hand strich er ihm über die Wange, die Schläfe entlang und spürte den kalten Angstschweiß unter seinen Fingerspitzen. Vorsichtig ließ er sie zu Harrys Nacken weiterwandern, kraulte ihn sachte. „Du hast geträumt...“, sagte er leise und streichelte den anderen Jungen behutsam weiter. Und so, wie er das in dem Halbdunkel erkennen konnte, musste das etwas Schreckliches gewesen sein, denn Harrys Gesicht war ganz bleich und die grünen Augen wirkten unnatürlich groß. „Sagst du mir was?“ Ganz sachte war die Frage, einfühlsam und ehrlich besorgt. Er hatte Harry noch nie mit einem Albtraum erlebt... Er wusste, dass der Gryffindor welche gehabt hatte, aber nie, wenn sie nebeneinander schliefen. Nie, wenn er da war... ~*~*~*~ Harry zitterte. Nickte. Schüttelte den Kopf und nickte erneut, bevor er sich in diese Umarmung fallen ließ. Warum? Warum hatte er das nicht verhindern können? Warum hatte er nicht einfach wie immer Nein sagen können? Es dauerte etwas, bis er antworten konnte und selbst dann hatte er fast Angst, diese Worte auszusprechen. Aber… Draco musste doch wissen, was passiert war… „Er weiß es.“, flüsterte er heiser, schluchzte. „Ich… Er hat es sich aus meinem Kopf geholt! Ich konnte ihn nicht aufhalten!“ Er hatte ihre kleine, zweisame Welt gestört und entehrt! „Ich hasse ihn…“ Warum konnte er sich nicht einfach damit zufrieden geben, dass es ihn nichts anging, was in diesem Zimmer vor sich ging? Warum… ~*~*~*~ „Ganz ruhig...“ Dracos Streichelbewegungen wurden noch ein wenig sanfter und einfühlsamer. „Was genau weiß er?“, hakte er leise nach. Dass Snape von ihnen wusste, war im Prinzip klar, schließlich war der Slytherinhauslehrer nicht gerade blöd. Es war nur die Frage, was genau er wusste... Der Blonde spürte, wie die Wut auf Snape wieder neu entfacht wurde. Er bedauerte es in diesem Moment wirklich, dass Pomfrey ihn ausgeknockt hatte, ehe er dem Zaubertränkelehrer eine Lektion erteilt hatte... ~*~*~*~ „Ich…“ Harry holte tief Luft, um überhaupt noch einen Ton herauszubringen, sich zu beruhigen. „Ich weiß es nicht.“, flüsterte er kleinlaut. „Ich kann… ich kann mich nicht erinnern. Er war da. Er hat die Tür aufgemacht. Er hat den Raum gesehen… Was dann kam… Ich erinnere mich nicht!“ Er hob die Hand und hämmerte damit gegen seine Stirn, um sein Gedächtnis auf Trab zu bringen, aber es half nichts. Nach diesem einen Bild war Schluss. Ende. Alles wie ausgelöscht. Schwarz und undurchschaubar. Langsam ließ er die Hand wieder sinken und den Kopf hängen. ~*~*~*~ „Den Raum hat er in meinen Gedanken schon gesehen...“, murmelte Draco. „Er kann fast immer einen Blick hineinwerfen, ehe ich ihm die Tür zuknallen kann...“ Er überlegte. Er hatte eine Idee, aber... wahrscheinlich würde sie Harry nur bedingt gefallen. „Es gäbe... da einen Spruch. Er bringt Erinnerungen wieder hervor, die unklar sind...“ Er biss sich auf die Unterlippe und lächelte schief. „Aber... er ist schwarzmagisch.“ ~*~*~*~ Harry blickte ihn an, sah ihn noch verschwommener als sonst, wegen des Tränenschleiers. Schwarzmagisch? Seine Stirn bekam kleine Falten und er schüttelte den Kopf. Fast furchtsam. Schwarze Magie schadete ihm! Sie tat ihm nicht gut, nicht wahr? Auch nicht, wenn er damit niemanden angriff, oder? Und nur weil er wissen wollte, was passiert war, hieß das doch nicht, dass er es zulassen würde, dass Draco sich schlecht fühlte! Wieder schüttelte er den Kopf. „Nicht wegen mir.“, murmelte er. ~*~*~*~ „Aber du machst dir Sorgen... Und du willst es wissen...“ Draco strich dem Gryffindor behutsam eine vorwitzige Träne von der Wange. „Und mich quält es mehr, wenn du dich so zerreißt... Ich bekomme das hin, Harry. Ich werde es kontrollieren...“ ~*~*~*~ Der Schwarzhaarige blickte ihn an, bebte einmal. „Es schadet dir nicht, wenn es kein Angriff ist?“, fragte er leise, fast flehend. Er kam sich gerade so winzig vor. Wie vorhin bei Dumbledores Auftritt. Hilflos, Hilfe suchend… Er wollte es doch wissen. Und wenn Draco es wirklich kontrollieren konnte… Und wäre es nicht eine gute Übung für ihn? Konnte er damit nicht stärker werden? ~*~*~*~ „Ich denke nicht... Nein.“ Draco lächelte Harry zuversichtlich an. Innerlich fühlte er sich nicht so zuversichtlich, aber das wollte er dem Gryffindor nicht zeigen. „Lass es uns tun... Aber...“ Er grinste verlegen. „Dafür brauche ich deinen Zauberstab. Madam Pomfrey hat meinen noch...“ Oh ja. Und sie würde ihn ihm garantiert erst morgen wiedergeben... ~*~*~*~ Etwas unsicher wandte sich Harry um und zog seinen Umhang vom Nachtisch aufs Bett, um daraus den Zauberstab zu holen. Kurz blickte er auf das helle Holz. Tom Riddle hatte auch schon damit gezaubert… Jetzt… auch Draco. „Wenn es nicht geht, dann brichst du sofort ab, okay?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue, dann händigte er ihm das Zauberinstrument aus, rutschte ein bisschen im Bett zurück, um sich gegen das Kopfende lehnen zu können. Vertrauensvoll schloss er die Augen, lächelte leicht. Es war ein schönes Gefühl, dass es jemanden gab, der ihm helfen wollte, obwohl er nicht sicher sein konnte, ob es ihm schadete. ~*~*~*~ Draco nickte. „Versprochen.“ Er drehte den Zauberstab vorsichtig in den Fingern. Harrys Stab fühlte sich so anders an als sein eigener... So fremd. Er wog den Stab noch einen Moment in der Hand und blickte dann zu seinem Freund hinüber. Dieser hatte die Augen geschlossen und strahlte reines Vertrauen aus. Draco lächelte leicht und bewahrte dieses positive Gefühl in sich auf. Er würde es gleich wahrscheinlich brauchen... „Memori Momento!“, sagte er fest und richtete den Stab auf Harrys Stirn. Die Schwarze Magie riss ihn beinahe mit sich, so stark war ihr Strom. Alles in ihr gierte nach Verletzung, nach Macht... Irgendwie gelang es ihm dennoch, sie in die notwendige Bahn zu bringen. Sie war wie ein wildes Tier... Mehr noch, wie wenn er verletzende Flüche sprach. Vielleicht, weil sie diesmal nicht direkt dieses düstere Ziel hatte... ~*~*~*~ Harry riss die Augen auf, zuckte leicht zurück und krampfte sich zusammen, als die Erinnerungen an das Duell mit Snape zurückkamen. Unzählige Details blitzten durch seinen Geist. Der Faltenwurf in Snapes Gewändern, als er einen Schritt nach hinten machte. Die genaue Farbe seines fünften Fluches, die er als lila deklariert hatte, die aber eigentlich mehr rot war. Ein kleines Glas im Hintergrund, aus dem unschuldig Bläschen aufstiegen. Es war im Laufe des Kampfes einfach zerplatzt. Er erinnerte sich daran, dass einer der Splitter einen winzigen Kratzer in die Holzplatte des Schreibtischs gebohrt hatte… Er erinnerte sich an die exakte Betonung des Imperius. Und an alles, was Snape hatte sehen können. Er sah zum ersten Mal, wie sich die Augen des Trolls mit der Geschmacksverirrung leicht bewegten. Er sah einen kleinen schwarzen Fleck neben der Türklinke. Er konnte einen Kratzer im Rahmen sehen. Er sah blaue Adern auf Snapes alabasterfarbenen Händen… rote Sessel, einen dampfenden Kessel und nichts sagende Finsternis, die ihm folgte. Schwärze. Dann ging der Zauber tiefer, weil er keine verblassten Erinnerungen in naher Zukunft mehr finden konnte, zwang ihn in seinen Bann, ohne dass er sich davon lösen könnte. Zwang ihn in eine Nacht, die schicksalhaft in seinem Leben war. Zwang ihn ein Geräusch zu hören. Brechende Knochen und ein gellender Schrei von Ron. Wenig später Staub, das lähmende Gefühl von Hass und Verzweiflung, er bekam die Geschichte seiner Eltern noch einmal erzählt. Er konnte Wurmschwanz’ ekelhafte, kleine, wässrige Augen in jedem Detail sehen, die widerliche Anbiederung, die er betrieb, um sein Leben zu retten… Er keuchte auf vor Ekel. Dann das Bild am See. Harte Steine unter ihm, schwindende Sinne, abartige Gefühle. Dann der schauderhafte Anblick des Dementors, als er sich über ihn beugte, sein Geruch… Ihm wurde schlecht. „Schluss!“, keuchte er. Mehr wollte er nicht sehen! Er wollte nicht sehen, was danach kam, nicht den Abgrund… der gerade kam. Der Abgrund, der seine Seele für immer auslöschen würde, wenn sie ihn erreichte. Der ihn für immer gefangen halten würde… „Genug!“ ~*~*~*~ Draco stemmte sich mit aller Macht gegen den Zauber. Der Sog war berauschend. Nicht so sehr, wie bei den Flüchen, aber ähnlich genug... Er riss die Erinnerung hoch. An Harry. Seine Zuneigung zu ihm. Seine Liebe. Er krallte sich daran fest. Beinahe hatte er das Gefühl, dass es schief gehen würde. Beinahe... Doch dann konnte er den Stab senken und den Zauber beenden. Sein Atem ging schwer und in ihm tobte Chaos. Alles schrie, dass er den Stab wieder nehmen und weitermachen solle... Er schloss die Augen und ließ den Zauberstab auf das Bett fallen, als wenn er sich verbrannte hätte. Ein Zittern überlief ihn. Mühsam zwang er sich, Harry wieder anzusehen. „Und?“, fragte er zaghaft. Irgendwie... hatte er kein besonders gutes Gefühl. ~*~*~*~ Harry ließ sich einen Moment, um zu antworten. Einen Moment, um das zu finden, was er gerade verloren hatte… seine Fassung. Seine Narbe pochte. Sie tat nicht weh, aber sie pochte als wäre jemand drin, der unbedingt rauswollte. Dann holte er einmal tief Luft und lächelte. „Ist dir jemals aufgefallen, dass Snape Schokolade am Kinn hatte?“, fragte er schief grinsend. ~*~*~*~ „Nein...“ Draco grinste. „Hatte er?“ Er griff nach der Hand seines Freundes und drückte sie fest. „Hast du... eine Antwort gefunden?“ Wieder war seine Frage zaghaft. Er hoffte es... Denn ansonsten wäre dieser Ausflug in die Schwarze Magie nicht gerade sinnvoll gewesen. Kälte überkam ihn, doch er kämpfte dagegen an, wollte sie nicht spüren, wollte sie nicht wahrhaben. ~*~*~*~ Harry schüttelte den Kopf, das Grinsen war gegangen. „Nein. Finsternis. Das ist alles, was nach seinem Suchen kam.“, verriet er, dann blickte er ihn an. „Draco. Deine Hände sind eiskalt.“ Es war eine Feststellung. Er wusste, dass es nicht in Ordnung war, aber er würde weder fragen noch etwas dazu sagen. Stattdessen zog er ihn an sich und die Decke wieder etwas höher. Schwarze Magie war immer scheiße, auch wenn es kein Angriff war. ~*~*~*~ „Hm...“, machte der Slytherin, sodass es als Antwort auf beides gelten konnte. Unwillkürlich zitternd schmiegte er sich an Harry. Er war so schön warm... „Sorry... Es ist... Diese Nebenwirkung bleibt wohl. Ich frage mich nur, ob... Todesser sie auch verspüren...“ ~*~*~*~ Eine gute Frage, dachte Harry nachdenklich. „Vielleicht frag ich sie mal, wenn ich das nächste Mal einen treffe…“, murmelte er und beschloss noch am nächsten Morgen Snape genau diese Frage zu stellen. Vielleicht kannte der auch eine Möglichkeit, wie es abzustellen war, damit es Draco nicht mehr wehtat… ~*~*~*~ Draco schloss die Augen. Er war jetzt müde. Es war schon komisch ein Talent zu besitzen, das ihm irgendwie zu schaden schien... Aber... wenn sie wirklich gegen Voldemort kämpfen wollten, dann würde er es brauchen. Im Zweifelsfall um das zu tun, wozu Harry sich nicht in der Lage sah. Oh, verdammt... Besser, er schob diesen Gedanken wieder beiseite. „Denkst du, dass du schlafen kannst?“ Bevor Harry nicht schlief, wollte er selbst definitiv nicht einschlafen. ~*~*~*~ Der Gryffindor nickte nur, hatte gar nicht richtig hingehört. Noch immer halb sitzend legte er die Wange gegen Dracos Haarschopf und starrte in die Finsternis des Raumes, die nur durch den Mondschein erhellt wurde. Ob Snape Draco helfen konnte…? ~*~*~*~ „Okay...“ Draco spürte regelrecht, wie er wegdämmerte. Er war so müde... Der Schlaf umfing ihn. Beinahe sacht und angenehm. Aber er schlief nicht ruhig, sondern immer wieder blitzte dieses Verlangen nach Schwarzer Magie in ihm auf. Funkelte verlockend und wollte ihn verführen. Oder aber es drohte ihm und verlangte nach mehr... Sie war so vielgestaltig, doch letztlich wollte sie immer nur eins: Ihn voll und ganz zerstören. Aber das würde sie nicht... Nein, er hatte Harry doch versprochen, dass er leben würde. Und irgendwie im Zustand zwischen Schlaf und Wachen schwor er sich, dass er versuchen würde, sie zu beherrschen... ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ What do you see? What do you know? What are the signs? What do I do? Just follow your lifelines through What do you hate? What do I do? What do you say? Don't throw your lifelines away ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ----------__-----------__------------__-----------__-----------__------------ abranka: Sie sind süß. >.< Ich mag es, wenn Draco durchdreht. ^.^ Er kann so herrlich dramatisch sein. *g* Shirokko: Und ich mag den Gedanken, dass Harry wirklich gegen Snape gekämpft hat. Und den Gedanken, dass Snape immer zum Schutz seinen Arm hochnimmt… Das hat so was von Schwertkampf mit Schild oder so… Oder von einem Leben, wo das wirklich nützlich war, weil immer alles ins Gesicht ging, was kam… Mich würde echt interessieren, was MEIN Snape für eine Vergangenheit hat. (Die aus Band 7 knicken wir hier, klar?) Vielleicht sollte ich mir da mal Gedanken drüber machen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)