Diamonds and Rust von Shirokko (Manche Dinge sind für die Ewigkeit und so dauerhaft wie Diamanten, während andere vom Rost der Zeit befallen werden und zerbröseln...) ================================================================================ Kekse und Limonade ------------------ Titel: Diamonds and Rust Kapitel: Begegnung 29: Kekse und Limonade Autoren: abranka und Shirokko Pairing: Draco / Harry Beschreibung: Die Fanfic spielt zeitlich nach dem 4. Buch, sprich hat Harry gerade die Begegnung bei der Auferstehung Voldemorts hinter sich. Die Ferien sind fast vorbei und er ist in der Winkelgasse, um auf seine Freunde zu warten, als er Draco sieht und sein Hass auf die Todesser ihn überwältigt. Es führt zu einer ganz neuen Erfahrung für den Blonden. In vielerlei Hinsicht… Den Rest solltet ihr schon selbst lesen… Warnung: Angst, Depri, Shonen-Ai, Kariesgefahr. Leute, deckt euch ausreichend mit Zahnpasta und Klobürsten ein. Und mit Schokolade, sie soll angeblich gegen Schocks helfen… vielleicht hat auch noch einer die eine oder andere Flasche Rohrreiniger da. Bemerkungen: Schuld an sämtlichen Logikfehlern sind die Protagonisten, die während des Schreibens allzu oft beschlossen haben, unsere Pläne zu durchkreuzen und getan haben, was sie wollten. Und nein, das ist keine Ausrede! *sich leicht wütend zu Harry und Draco umdreh und sie anfunkel* Nicht wahr? Hm, natürlich leugnen sie… Wie auch immer. Für eventuell anfallende Zahnarztkosten übernehmen wir keine Verantwortung. Edelkitsch garantiert. Disclaimer: Äh… ja, die Leute aus Harry Potter gehören natürlich nicht uns. Sie gehören sich selbst oder vielleicht auch dieser Frau, die sich Joanne K. Rowling nennt. Der Liedtextauszug ist in diesem Fall von ‘Kurt Nilsen, Espen Lind, Askil Holm & Alejandro Fuentes - I can’t make you love me’ und ‘Goo Goo Dolls - Truth Is A Whisper’. Widmung: Unserer Freundschaft und dem einjährigen Jubiläum. Begegnung 29: Kekse und Limonade ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Truth is a whisper and only a choice Nobody hears above this noise Always a risk when you try and believe ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ „Hey...“ Der Blonde trat langsam auf Harry zu und fühlte sich auf einmal doch unsicher. Verdammt. Reiß dich zusammen. Die Tasche, das langsam recht lästige Päckchen und ebenfalls seinen Umhang legte er ab, ehe er sich neben Harry auf dem Sofa niederließ. Und jetzt? Dummerweise fehlten ihm nun wirklich die Worte. ~*~*~*~ „Warst du schon einmal verliebt?“, kam da Harrys Stimme von neben ihm. Der Schwarzhaarige starrte in die kalte Feuerstelle und schien nur am Rand bemerkt zu haben, dass Draco es war, der da eingetreten war. „Es ist ein komisches Gefühl. Chaos in den Gedanken, eine Mischung zwischen Stress und Wohlbefinden. Man weiß nicht mehr, wo vorne oder hinten ist, wie man sich verhalten soll…“ ~*~*~*~ Draco sah Harry verblüfft an. Das war nun die letzte Frage, die er erwartet hatte. Warum kamen ihm auf einmal alle mit Liebe? Okay, nicht alle. Nur Pansy... Aber jetzt auch Harry? „Nein, ich war noch nie verliebt...“, antwortete der Blonde leise. „Es ist komisch, dass du fragst... Ich habe das erst neulich Blaise und Pansy erklärt... Weißt du, wenn du von klein auf keine Liebe kennen lernst, wenn dir deine Eltern nie das Gefühl vermitteln, geliebt zu werden, und du vollkommen vergeblich um ihre Liebe ringst und man dir stets vermittelt, dass du vollkommen unzureichend bist, obwohl du immer dein Bestes gibst, dann erreichst du einfach den Punkt, wo du dir selbst das Herz rausreißt, damit es nicht mehr so erbärmlich weh tut.“ Er stockte. „Aber es tut nicht weniger weh... Man wird nur so kalt, dass man es einigermaßen ertragen kann. Liebe...“ Er ließ sich das Wort regelrecht auf der Zunge zergehen. „Ich kann verstehen, wenn man danach sucht und sich danach sehnt. Ich für mich - ich habe jegliche Hoffnung längst aufgegeben. Sie ist eine Phrase geworden, eine Illusion. Nichts weiter.“ ~*~*~*~ Harry richtete seinen Blick auf ihn. War das so? „Ich war auch allein.“, sagte er leise. „Meine Eltern sind tot, sie können mir keine Liebe mehr geben. Mein Onkel und meine Tante finden mich abartig, da half es auch nichts, wenn ich gut in der Schule war. Ich habe immer versucht, zu ihnen durchzukommen, aber es hat nie funktioniert… Warum konntest…“ Harry brach ab. Er wollte nicht schon wieder einen Streit hervorrufen, indem er ihn fragte, warum er sich die Liebe nicht in seiner Umgebung geholt hatte, bei seinen Freunden, bei Menschen, denen er etwas bedeutete… Ob Draco einfach keine solchen Menschen gekannt hatte? Und jetzt… Er hätte doch Liebe zu geben. Nur schien es nicht so, als wollte Draco diese haben… Es tat weh, dass er einfach nicht sehen wollte, dass er… dieser Illusion nicht nachgeben konnte, damit er sich das Leben leichter machte. Es musste doch nicht er sein. Irgendjemand… Denn… es war doch einfacher, wenn man sich eine Illusion aufbaute, anstatt die kalte Wirklichkeit tatsächlich an sich heran zu lassen. Oder warum sollten die Menschen sonst Voldemorts Rückkehr so penetrant leugnen und stattdessen ihn zum Mörder deklarieren? Aber das war wohl nicht zu vergleichen… Er blickte wieder in die kalte Feuerstelle. ~*~*~*~ Schweigend hörte Draco ihm zu. Die Umstände ihres Aufwachsens waren sich so ähnlich. Warum aber waren sie so anders geworden? „Warum konnte ich was nicht?“ Seine Stimme war weich. „Versuchen zu ihnen durchkommen?“ Er lachte heiser, bitter. „Weißt du, was ich heute versucht habe? Ich habe ein allerletztes Mal versucht, an meinen Vater ranzukommen. Ein allerletztes Mal. Ich bin zu ihm hingegangen und habe ihn umarmt. Einfach so. So, wie ein Sohn seinen Vater doch umarmen kann... Aber da war nichts. Keine Wärme. Nichts... Die habe ich das erste Mal bei... dir gefunden. Bei Blaise, bei Pansy. Bei den einzigen Menschen, die ich meine Freunde nenne. Aber nicht bei meinem Vater. Weißt du, was er gesagt hat? Dass ich es lassen soll. Dass ich kein Kind mehr sei...“ Seine Stimme wurde leiser und er brach ab. Noch nie zuvor hatte er mit solcher Bitterkeit über seinen Vater gesprochen. ~*~*~*~ Dieser Vater war das Letzte. Wirklich. Wäre er kein Todesser, würde er trotzdem auf diese Liste kommen. Einfach so. Aus Grausamkeit… Aber immerhin versuchte Draco inzwischen sich zu öffnen. Er versuchte zumindest, Liebe zu finden, Geborgenheit, Freundschaft. Wärme! Und er fand sie auch bei ihm… Harry schlang seine Arme um seinen Bauch, als hätte er Leibschmerzen, versuchte das nervige Monster in seinem Bauch zur Ruhe zu bringen, das dort seine Eingeweide zum Kribbeln brachte. Bedeutete er Draco vielleicht doch was? Auch wenn er ihm nicht vertraute… Aber im Grunde tat er es doch. Ihm vertrauen... Oder würde er sonst über so etwas mit ihm reden? Wieder schickte er einen Blick zu ihm, Unsicherheit lag in den Augen. Unsicherheit, ob er Recht hatte, oder nicht. Unsicher, was genau er bei Draco bewirken konnte… ~*~*~*~ „Ironischerweise ist es trotzdem so unglaublich schwer, sich von ihm zu lösen... Es ist...“ Der Slytherin lehnte sich auf dem Sofa zurück und legte den Kopf in den Nacken, starrte eine volle Minute schweigend zur Decke empor. Dann blickte er Harry an, die grauen Augen so offen, so ehrlich wie wohl noch nie zuvor in seinem Leben. „Ich weiß, dass er mich zu seiner Marionette gemacht hat. Ich weiß, dass er mich von Anfang an in eine Form gepresst hat, die ihm zusagte. Ich weiß es. Und doch... bis heute wäre ich bereit gewesen, ihm das zu verzeihen. Immer noch. Nach allem. Nach den letzten beschissenen fünfzehn Jahren.“ Er legte die Handflächen zusammen, drückte die Nase dagegen, schloss die Augen und dachte nach. „Ich habe bisher noch nicht darüber geredet. Mit niemandem... Aber vielleicht... verstehst du es jetzt etwas besser. Auch mein Verhalten am Samstag...“ Draco sah den Gryffindor wieder an, nahezu bittend. ~*~*~*~ Die Worte hatten einen Kloß in seinen Hals gezaubert, der dicker nicht hätte sein können. Er war der Erste? Der erste, der das hören durfte? Der erste… dem er das anvertraute? Wie schwer musste ihm das gefallen sein? Wenn nicht einmal seine… Freunde davon wussten, wenn es nicht einmal seine Mutter wusste. Aber er hatte ja mal gesagt, dass seine Mutter ihm nicht half… Harry blickte einfach nur zurück in diese grauen Augen, konnte gar nichts anderes mehr tun. Hätte er versucht, etwas zu sagen, hätte er sicherlich geweint. Hätte er sich bewegt… ebenfalls. Er konnte ja noch nicht einmal lächeln, um ihm zu sagen, dass er ihm verziehen hatte. Dass er ihm für Samstag verziehen hatte, dass es ihm leid tat, was passiert war. ~*~*~*~ Ein weiches Lächeln erschien auf Dracos Gesicht. Er hatte begriffen, was der andere ihm durch den stummen Blick sagen wollte, und dabei hatte er das Gefühl, dass ihm ein tonnenschweres Gewicht von der Seele fiel. Er seufzte leise, rutschte ein wenig zur Seite und überbrückte die Entfernung zwischen ihnen. Danach lehnte er den Kopf an Harrys Schulter. Der Wunsch nach Nähe hätte ihn sonst innerlich zerrissen. Er brauchte die Wärme eines anderen, um die Kälte und den Schmerz in seinem Inneren zu lindern und beides erträglich zu machen. „Es...“, setzte er langsam an. „Es kann sein, dass ich wieder... austicke. Aber das hat dann nichts mit dir zu tun... Vor allem nicht, wenn es... ihn betrifft.“ Noch ein Entgegenkommen. ~*~*~*~ Harry nickte, doch um seine Selbstbeherrschung war es geschehen. Er hatte die Tränen nicht mehr aufhalten können. Wortlos legte er den Kopf auf Dracos, schloss die Augen, wehrte sich nicht dagegen, denn das würde nur ein Schluchzen provozieren. Vielleicht… vielleicht bemerkte er es so nicht… Seine Hand griff nach Dracos, legte sich von oben darüber und er drückte sie sacht. Vielleicht konnte er so das zeigen, was zu sagen er momentan nicht fähig war… Ich bin da. ~*~*~*~ Draco spürte, wie Harrys Tränen sich den Weg durch seine blonden Haare bahnten. Beinahe fühlten sie sich an wie Regen... Er schloss die Augen, sagte nichts. Still legte er seine freie Hand wiederum über Harrys und strich sanft mit dem Daumen hinüber. Mehr Trost konnte er nicht spenden, fühlte er sich selbst doch vollkommen leer und ausgebrannt. Doch weinen... Weinen lag ihm fern. ~*~*~*~ Es war klar gewesen, dass er es merken würde. So klar. Aber solange er nichts sagte, war es doch in Ordnung. Er hatte Draco noch nie weinen sehen… Vielleicht konnte es ihm ja auch helfen, wenn jemand anderes für ihn weinte. War ja nicht so, als würde man immer alles selbst machen müssen… Außerdem half es ihm selbst. Als seine Tränen schließlich versiegten, fühlte er sich besser. Vielleicht brannten seine Augen, aber seiner Seele ging es besser. Auch dem Chaos in ihm drin. Irgendwie hatte er gerade eingesehen, dass er von Draco nichts zurückerwarten konnte, denn jemand, dem nicht beigebracht wurde, wie man liebt, der konnte auch keine Liebe geben. Oder? Aber es war nicht schlimm. Hauptsache, es ging ihm besser. Wenn er etwas dazu beitragen konnte, dann war das gut so. Es schlug sieben und seine Finger schlossen sich ein wenig mehr um Dracos Hand. „Willst du noch was essen?“, fragte er leise. Ihm wäre danach, nachdem er die letzten zwei Tage durch gefastet hatte, aber er würde Draco jetzt nicht alleine lassen, wenn dieser es nicht wollte. Zu wertvoll war dieses Beisammensein. „Viel Zeit bleibt nicht mehr…“ ~*~*~*~ Draco hielt die Augen geschlossen, spürte wie Harry für ihn weinte, um ihn weinte. Es war... ein seltsames Gefühl. Seltsam und doch... fühlte er sich geborgen und angenommen. Er merkte gar nicht, wie die Zeit verging, doch Harrys Worte zwangen ihn dazu, sich damit auseinanderzusetzen. „Nicht unbedingt...“ Draco seufzte leise, was beinahe schon wie ein Schnurren klang. Er fühlte sich wohl... Und das wollte er nicht hergeben. Dennoch... Er konnte schlecht die Verantwortung dafür übernehmen, wenn der Gryffindor nicht zum Abendessen ging. Er war ohnehin schon so dünn geworden... „Aber ich will nicht Schuld sein, wenn du schon wieder nichts isst. Also geh. Ich werde hier bleiben...“ Er hob widerwillig den Kopf und lächelte den Schwarzhaarigen an. Ganz behutsam wischte er ihm mit dem Finger eine verbliebene Träne von der Wange. ~*~*~*~ Der Schwarzhaarige blickte seinen Freund an. Wäre wohl tatsächlich besser, wenn er ginge... Harry konnte direkt spüren, wie sich in ihm Hoffnung breit machte, ein kleiner Funke, doch er würgte ihn gekonnt ab. Da war nichts, da würde nichts sein. Diese Geste bedeutete nichts! Nicht mehr, als Dracos Augen ihm sagten: Dankbarkeit und leise Fürsorge. Er hatte ja sogar bemerkt, dass er nichts gegessen hatte… Er wollte nicht gehen… Gab es nicht vielleicht eine andere Lösung? Ein winziger Gedanke machte sich in ihm breit. Er angelte nach seinem Umhang, bekam ihn gerade so zu fassen und zog den Zauberstab aus dem Ärmel, nachdem er diesen gefunden hatte. Ein kurzer Schwung, ein leises Wort und Kekse waren da. Das musste vorerst genügen. Und dazu… Ein zweiter Zauber und auf der Couch standen zwei Flaschen Zitronenlimo. Als er sich bewegte, um den Mantel wieder wegzutun, kippten beide um. „Ich werde hier essen!“, verkündete er das Offensichtliche und grinste Draco vergnügt an. Und schon steckte er sich einen Keks in den Mund. ~*~*~*~ Ein leichtes Schmunzeln zog über Dracos Lippen, als Harry tatsächlich Kekse herzauberte und Limonade noch dazu. Er schüttelte mit einem leichten Lachen den Kopf. Dieser Junge war wirklich unglaublich. Er verband beides miteinander... Essen und hier bleiben... Für ihn. Der Blonde griff nach den Flaschen mit der Limonade, öffnete sie beide und reichte Harry dann eine davon. Klickend stieß er seine Flasche gegen Harrys. „Du bist wirklich unglaublich, weißt du das?“ Noch immer lächelte er, während er an der Limonade nippte. Zitrone. Selbst das hatte sich Harry gemerkt... Bisher hatte ihm noch nie jemand so gezeigt, dass er auf ihn achtete. Jedenfalls nicht so, dass es dem Slytherin aufgefallen wäre. ~*~*~*~ „Ich?“ Harry schüttelte den Kopf und stopfte sich einen neuen Keks in den Mund. „Dasch ischt Einbildung!“ Aber das Kompliment freute ihn. Sehr sogar. Denn es war anders gemeint, als es sonst gemeint war, anders als die Menschen, die es ihm früher gesagt hatten, weil sie ihn bewunderten. Er hielt Draco einen Keks mit Schokolade hin. „Oder lieber Zuckerwatte?“ ~*~*~*~ „Schokoladenkekse sind prima.“ Draco konnte einfach nicht anders, noch immer grinste er und kam sich langsam ein wenig blöde vor. Er nahm den Keks, biss hinein und kaute. Verdammt, wahrscheinlich hatten Schokoladenkekse noch niemals so gut geschmeckt. Er streifte die Schuhe ab und zog die Beine an. Den einen Arm schlang er um sie, den anderen behielt er frei, um wenigstens seine Limonade trinken zu können. Verdammt, er fühlte sich schon fast... glücklich. Nein, nicht nur fast. Er schloss die Augen, kuschelte sich halb gegen die Rückenlehne und halb gegen Harry. Wer hätte gedacht, dass dieser Tag solch eine Wendung nehmen würde... Wer hätte überhaupt gedacht, dass er sich doch einmal so fühlen würde… ~*~*~*~ Harry tat es ihm gleich. Es tat gut nach diesem Wochenende. Und die Kekse waren auch noch nie so gut gewesen. Alles bestens grade. Am besten blieb es jetzt einfach so und nichts veränderte sich, dann war doch alles klasse! Und urplötzlich war sie da. Die Frage, der er auch schon am Samstag nicht hatte stellen können. Diese kleine, fiese Stimme hatte sie ihm eingeflüstert und jetzt hing die Frage in seinen Gedanken fest. Er wollte sie nicht stellen. Er kannte die Antwort doch eh, oder? Er wollte die Atmosphäre nicht wieder gefährden! Er wollte Draco nicht traurig machen! Und er wollte selbst nicht die Trauer erfahren, die eine mögliche Antwort in ihm hervorrufen konnte. Da lebte er doch lieber in Ungewissheit… ~*~*~*~ Draco lächelte leicht, als sich der andere neben ihm zurücklehnte, hob den Kopf leicht an und machte es sich noch ein wenig bequemer. Das war gut so... Balsam auf seiner Seele. Diese ganze Situation und ganz besonders... Harry. Seltsam, wo dieser Junge doch vor nicht allzu langer Zeit noch sein Feind gewesen war. Und jetzt... jetzt hatte er das Gefühl, in ihm einen noch näheren Freund gefunden zu haben als Blaise. „Was denkst du gerade?“, fragte er unvermittelt, öffnete die Augen und blickte auf einige struppige, schwarze Haarsträhnen und ein Stück weißes Hemd, alles, was er aus dieser Position von Harry gerade sehen konnte. ~*~*~*~ Harry hätte sich fast verschluckt. Da dachte er so bescheuerte Dinge und dann kam so eine bescheuerte Frage. Es würde doch nichts ändern, wenn er diese Frage jetzt stellte! Es würde gar nichts ändern! Die Antwort… bliebe die gleiche! Und er wollte sie nicht hören! Er ließ sich Zeit mit dem Antworten, dachte darüber nach, was er sagen könnte. Ihm fiel im Grunde nichts ein. Weder wusste er, was Draco hören wollte, noch wusste er, was er ihm mitteilen wollte. Im Grunde, war dieses schweigvolle Beisammensein vorhin genau das Richtige gewesen. Schließlich zuckte er mit den Achseln und grinse unbeholfen, was Draco nicht sehen konnte. „Ich weiß nicht…“ Hören konnte er es sicher. ~*~*~*~ „Okay...“ Draco wechselte die Flasche in die andere Hand, streckte die nun freie aus und spielte mit den wirren Haarsträhnen vor seinem Gesichtsfeld. Schade... Es interessierte ihn, aber offenbar wollte Harry nicht darüber reden. „Ich bin froh, dass du hier bist...“, sagte er leise. Seine Stimme klang auch für seine eigenen Ohren ungewohnt weich und sanft. Und im nächsten Moment fragte er sich, ob er das wirklich gerade gesagt hatte. Irgendwie... neigte er heute dazu Dinge zu tun, die er sonst nicht tat. Er wusste nicht, ob er das gut finden sollte. Aber irgendwie... war er gerade in so einer verdammt ehrlichen Stimmung. Wenn Pansy hier wäre, würde sie das wahrscheinlich gnadenlos ausnutzen... Wobei, nach dem letzten Schreck, den sie mit ihm erlebt hatte, wohl eher doch nicht. ~*~*~*~ Harry nickte, lächelte schmerzlich. Er ja auch. Aber gerade jetzt hatte es was von Folter bekommen. Süße Folter. Ein tiefer Seufzer löste sich aus seiner Brust, als er sich gegen ihn fallen ließ, schwer, nicht mehr so locker leicht wie vorher. Es wäre besser er würde damit aufhören. Es wäre besser, er würde gehen. Es wäre so vieles so viel besser, wären sie nicht mehr beieinander. Und trotzdem war nichts so schön wie diese schmerzhafte Nähe. „Was machst du nur mit mir…“ Ein Flüstern nur, nicht einmal bewusst ausgesprochen, aber es war tatsächlich alles, was er hätte sagen können, um sich zu beschreiben. ~*~*~*~ Draco stellte die Limonadenflasche endgültig beiseite, merkte gar nicht, wie diese umkippte und den Teil des Sofas hinter ihm mit der süßen Flüssigkeit tränkte. Er schlang beide Arme um Harry, zog ihn an sich, vergrub das Gesicht in seinen Haaren. „Danke...“, wisperte er leise. Er musste nicht sagen wofür. Harry würde es schon verstehen. Die Wanduhr schlug. Zeit für die Kontrollrunden... Er seufzte leise, spürte wie sich Harrys Haare in seinem Atem bewegten. „Ich muss gehen... Vertrauensschülerpflicht... Drück mir die Daumen, dass mir mein Fanclub nicht zu sehr auf den Wecker geht...“ Ein weiterer Seufzer, der irgendwo in Harrys Haarschopf verloren ging. ~*~*~*~ Das Herz wurde Harry schwer, und eine ungewisse Traurigkeit überkam ihn, bis dieses eine Wort fiel. „Fanclub?“, fragte er. „Was für ein Fanclub?“ ~*~*~*~ „Drei kleine Erstklässler...“ Mit einem gewissen Widerwillen gegen den Verlust an Wärme drückte Draco Harry von sich und streckte sich ein wenig. „Sie haben beschlossen mich zu ihrem großen Helden zu erklären, seit ich einen von ihnen aus den Kerkern geholt habe. Kannst du dir das vorstellen? Sind schon zwei Wochen hier und verlaufen sich trotzdem noch auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum.“ Er schüttelte leicht den Kopf. ~*~*~*~ Und wie der Schwarzhaarige sich das vorstellen konnte. Wenn er sich da vorstellte, wie lange er gebraucht hatte, um selbst hier zurechtzukommen… Aber dieser Fanclub, der interessierte ihn. Drei Jungs, Kinder, die sich nicht vor der Schwarzmagie fürchteten und nichts auf die Schwulengeschichten gaben… „Soso…“ Harry schickte Draco einen unergründlichen Blick. „Draco, der große Held… Weißt du was, diesen Club sehe ich mir an!“ Das bedeutete, er würde mitkommen. Versteckt natürlich, aber ja, er würde sich das anschauen. Er würde sich anschauen, wie Draco seine Runden drehte und was er dabei alles tun musste. Er langte nach seiner Tasche und grinste Draco an. Das war doch mal eine tolle Idee! ~*~*~*~ „Das ist doch...“ Weiter kam Draco nicht. Verdammt, es war sein Ernst! „Wie du meinst. Viel Spaß beim Langweilen, denn es wird wirklich so gut wie gar nichts passieren.“ Der Blonde stand mit einem Kopfschütteln angesichts von Harrys verrückter Idee auf und schlenderte zu dem Tisch, wo seine Sachen auf ihn warteten. Er zog den Umhang wieder über, nahm Tasche und Päckchen und wartete kurz, bis Harry so weit war. „Du bist wirklich verrückt...“, murmelte er leise, aber eine gewisse Belustigung klang in seiner Stimme unüberhörbar mit. ~*~*~*~ Harry grinste ihn an. „Besser verrückt als verschoben.“, gab er zurück, machte sich selbst fertig, holte am Ende noch den silbrigschweren Umhang seines Vaters aus der Tasche. „Damit das niemand sieht und du am Ende noch Ärger oder Probleme kriegst!“, erklärte er, dann warf er ihn sich über, verschwand im Nichts des Betrachters. ~*~*~*~ Draco lächelte kurz noch einmal zu der Stelle hinüber, wo sich Harry gerade noch befunden hatte, und verließ dann den Raum der Wünsche. Es war ein komisches Gefühl zu wissen, dass man unsichtbar beobachtet wurde. Am besten dachte er gar nicht mehr daran, dass der Gryffindor da war. Schon auf dem Weg zu den Kerkern, von wo aus er wie gewohnt starten würde, durfte er sich mit drei Ravenclaws beschäftigen, die die Treppen zum Spielen missbrauchten und die sich eindeutig langsam mal auf den Weg zu ihrem Gemeinschaftsraum machen sollten. Er trat zu den dreien und bedachte sie nur mit einem kritischen Blick. Die drei sahen ihn an, einer wollte noch eine flapsige Bemerkung machen, dann fiel der Blick auf das Vertrauensschülerabzeichen und sofort funktionierte die Hogwartsdisziplin. Draco musste noch nicht einmal etwas sagen. Mit einem leichten Grinsen sah er ihnen nach, wie sie in Richtung Ravenclawturm verschwanden. In den Kerkern würde es noch viel lustiger werden... Doch zuvor lief ihm sein Fanclub über den Weg. Die drei hatten offenbar in der Nähe der Treppe zu den Kerkern auf ihn gewartet. „Dracoooo!“ Der Blonde biss die Zähne zusammen, als der Ausruf kam und die drei Kleinen auf ihn zugerannt kamen. Wie waren noch mal die Namen? Ach ja, der strohblonde Lockenkopf war Rivers, der Dunkelblonde Zack und der Brünette Marv. Sollte er sich vielleicht mal merken. Rivers umarmte ihn stürmisch. Woah... Das war jetzt wirklich das letzte, womit Draco gerechnet hatte. Der Kleine reichte ihm gerade bis zur Taille und presste sein Gesicht nun in seinen Bauch. „Okay... Hallo Rivers. Zack, Marv.“ Der Vertrauensschüler nickte kurz in die Runde und schob den Kleinen dann bestimmt von sich, allerdings nicht, ohne ihm mit einem kleinen Seufzer durch den Lockenschopf zu wuscheln. Er konnte sich sehr gut vorstellen, dass Harry gerade seinen Spaß hatte... „Wir hatten heute die erste Flugstunde! Das war toll!“, sprudelte Zack hervor, während Marv und Rivers Draco aus großen strahlenden Augen anblicken. ~*~*~*~ Allein schon die Gesichter der Ravenclaws waren grandios gewesen. So murrend und mosernd und so überhaupt nicht einverstanden, aber es war nichts gegen Dracos Gesicht, als die drei laufenden Meter angerannt kamen. Der eine umarmte ihn sogar! Harry fiel fast übers Treppengeländer in dem Versuch, sich das Lachen zu verbeißen. Draco war ja so niedlich mit diesen Kindern… Beherrschung pur? Genervt? Das konnte er erzählen, wem er wollte, ihm machte er das nicht weis. Die drei hatten, auch wenn Draco das niemals zugeben oder auch nur von selbst bemerken würde, dessen Herz erobert. Ganz heimlich, still und leise. Bei den großen, runden Augen und den strahlenden Gesichtern kein Wunder. „Wir waren ganz hoch oben!“, schwärmte Marv weiter. Er war der größte der drei und immer noch klein. „Und der Besen hat geschaukelt!“ „Meiner nicht!“ „Meiner auch nicht!“ „Meiner war am höchsten von allen!“ Marv kniff seinem Freund in die Seite. „Ja, weil er durchgegangen ist und du ihn nicht mehr halten konntest!“ Zack blitzte ihn an. „Stimmt gar nicht! Das war alles gewollt!“ Eine kurze Pause trat ein, wo sie sich alle gegenseitig ansahen, dann blickten sie Draco an. Harrys erster Gedanke war: Beute. Er biss sich auf die Zunge, um nicht loslachen zu müssen. „Draco, flieg du auch mal mit uns!“, riefen sie dann und Harry schaffte es nicht mehr, an sich zu halten. Ein leiser Laut entwischte ihm, doch zum Glück waren die drei Kleinen zu laut, denn jetzt ging das Geschrei erst richtig los. ~*~*~*~ Draco fiel es schwer, die Ohren auf Durchzug zu schalten. Bei dem Geschrei ging das ja gar nicht anders. Er drängte ein paar Schritte vorwärts, um wenigstens im Laufen mit dem Trio reden zu können. Soweit reden überhaupt ging. „Oh, bittebittebittebittebittebittebittebitte! Flieg mit uns! Bittebittebittebittebittebittebitte!“ Die drei waren als Chor wirklich gut. Holten die überhaupt Luft beim Reden? „Ihr wisst, dass das nicht geht. Madam Hooch hat strenge Regel und als Vertrauensschüler darf ich die natürlich nicht brechen.“ Was ihm gerade nicht im Geringsten Leid tat. Mit den dreien würde das wahrscheinlich in einer Katastrophe mit gebrochenen Knochen enden. „Ooooh... Das ist schade...“ Rivers’ Augen glitzerten verdächtig. Nicht weinen. Oh nein, bloß nicht weinen. Er warf einen kurzen Blick rüber zu den anderen beiden. Bei denen sah es genauso aus. Zacks Unterlippe zitterte sogar schon. Draco atmete tief durch. Da blieb ja nur noch eine Lösung... „Aaaber...“, begann er lang gezogen. „Wenn ihr am Mittwoch beim Training zuguckt, nehme ich jeden von euch einmal auf meinem Besen mit. Okay?“ Sofort war jedes Unglück vergessen. Drei Augenpaare strahlten ihn an. „Oh, das ist toll!“ Rivers tanzte vor ihnen her, breitete die Arme aus und drehte sich im Kreis. „Ganz toll!“ „Megatoll!“ „Hypermegatoll!“ So langsam überboten sie sich an jeglichen Steigerungsmöglichkeiten. Verdammt, er hatte ihnen das gerade nicht wirklich versprochen, oder? ~*~*~*~ Harry kam aus dem Lachen gar nicht mehr raus. Wenn das so weiter ging, dann würde er ersticken! Dann würde er schlicht und einfach ersticken! Die drei Jungen hatten sich an den Händen gefasst und tanzten vor Draco her. Harry grinste breiter. Mit einem schnellen Schritt war er bei dem Blonden, lehnte sich ein bisschen vor, eine Hand berührte sachte Dracos Schulter. „Mit diesen Kindern bist du richtig süß!“, flüsterte er dicht neben seinem Ohr. „Dir ist doch wohl klar, dass ich da sein werde?“ Und schon war er wieder weg, denn die Jungen starteten eine neue Attacke. Jeder von ihnen griff nach einer Hand Dracos, um ihn zum Gemeinschaftsraum zu geleiten. Dabei kamen sich Rivers und Zack in die Quere und sie gifteten sich kurz an, bevor Zack überlag und stolz Dracos Hand umklammerte. Harry musste schon wieder lachen. Es war doch einfach nur Gold wert, dieser Anblick! Wo war Colin mit seiner Kamera, wenn man ihn brauchte? Dieses Bild hätte er zu gerne aufbewahrt… Ob Dumbledore ihm verriet, wie man sich so ein Denkarium herstellte? Das wäre genau das Richtige… ~*~*~*~ Toll, jetzt hatte er Harry auch noch zu verdanken, dass er rote Ohren bekam. Draco konnte richtig spüren, wie das Blut hineinschoss. Und damit würde der Gryffindor noch mehr zu lachen haben. Danke. Bestimmt entzog Draco Marv seine Hand und drückte Rivers das Päckchen in die Hand. „Aber vorsichtig, ja?“ Rivers schaute ihn überglücklich an und nickte ernsthaft. Natürlich. Was dachte er denn? Seufzend nahm er Marv wieder an die Hand. „Aber ihr bleibt im Gemeinschaftsraum, verstanden? Die Runde muss ich alleine gehen.“ „Wirklich?“ Hundeblicke an allen Seiten. „Können wir nicht mitkommen? Bittebittebittebittbittebittebittebitte. Du kommst doch vor der Sperrstunde zurück...“ Draco seufzte leise. „Aber erst bringen wir meine Sachen weg...“ Verdammt. Wenn er nur wenigstens gemein zu den Kleinen hätte sein können... ~*~*~*~ Harry blieb stehen, blickte ihnen nach, wie sie den Gang hinuntergingen. Draco war rot geworden. Und es hatte wieder das in ihm ausgelöst, das sich Hoffnung nannte. Diese Reaktion war einfach bilderbuchreif. Das Lachen war gegangen. Hatte sich einfach in Luft aufgelöst. Und gleichzeitig war ein neues Gefühl hinzugekommen, das er bisher so deutlich nicht kannte: Eifersucht. Verdammt. Er hatte doch für einen Moment wirklich gedacht, dass er mit den Kleinen tauschen wollte. Er gönnte es ihnen nicht, so ungezwungen bei Draco zu sein, was wirklich gemein war, denn der Blonde brauchte das. Harry hatte richtig sehen können, wie sein Gesicht ein Stückchen heller geworden war. Genau solche Menschen brauchte er… Er allein konnte nicht das erreichen, was er für Draco haben wollte. Er musste sich helfen lassen, ganz egal von wem, jeder war recht… Die Schritte vor ihm verklangen, dafür kamen von hinter ihm welche, so dass er ausweichen musste. Er stellte sich hinter eine Säule, um möglichen Kollisionen um ein Höchstmaß zu vermindern, und starrte auf den Boden. Wenn er es doch einsah, dass es da noch andere geben musste, warum tat es dann so weh? Warum tat der Gedanke, Draco teilen zu müssen so weh? Er hatte sich doch damit abgefunden, dass er das, was er sich wünschte, bei Draco nicht finden würde. Oder? ~*~*~*~ Draco hatte sich entschlossen, nicht mit den dreien in den Gemeinschaftsraum zu gehen, sondern auf dem Flur zu warten. Mit der Anweisung, seine Sachen ja auch ordentlich auf sein Bett im Fünftklässlerschlafsaal zu legen - wovon sie garantiert wussten, welches es war - hatte er sie hineingeschickt. Nun lehnte er an eine der Wände und wartete ab. Eigentlich hatte er erst vorgehabt, ohne seinen Fanclub wieder abzuziehen, aber dann... Verdammt, die Kleinen machten ihn wirklich weich. Vielleicht war bei ihm ja doch noch nicht alles verloren. Immerhin konnten sie ihn noch anrühren... Genauso wie es ihm heute gelungen war, glücklich zu sein. Das war doch ein Lichtblick, oder? Prüfend wanderten seine Augen über den Gang. Gerade war es leer hier. Wenn er Harry hätte sehen können, dann hätte er jetzt mit ihm geredet, aber so... So blieb nur, dass sich der Gryffindor selbst bemerkbar machte. Zwei Minuten später stürmten das Erstklässlertrio mit hochroten Köpfen aus dem Gemeinschaftsraum, bremste gerade vor ihm ab und rannte ineinander. Draco bedachte sie nur kurz mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Entschuldige...“, wimmerte Rivers. „Wir hatten Angst, dass du...“ „Dass ich ohne euch gehe?“ Für einen Augenblick war Dracos Stimme kalt. Die drei zuckten zusammen. „Ich halte meine Versprechen.“, fuhr er fort. „Und jetzt Abmarsch.“ „Ja!“ Glücklich sahen sie ihn an. Nie wieder würden sie Zweifel an ihrem Idol hegen. Ihr Weg führte sie erst einmal wieder zurück, bis zu der Treppe, die den Kerkern hinunterführte. „Duuu..., was muss man machen, um ins Quidditchteam zu kommen?“ Zack zupfte an seinem Ärmel und sah ihn mit großen Augen an. Augenblicklich war klar, was der Traum von den Jungs war. „Erst einmal solltet ihr im zweiten Schuljahr sein. Erstklässler werden eigentlich nicht ins Team genommen...“ „Bei Harry Potter hat man das aber gemacht!“, quäkte Marv. Danke. Damit war eines der Themen erreicht, die Draco eigentlich lieber umschiffte. ~*~*~*~ Harry horchte auf, als er seinen Namen hörte. Nur leise, aber er hatte ihn definitiv gehört. Vorsichtig schielte er um die Ecke und da sah er sie wieder kommen. Draco und sein Fanclub. Niedlich, die vier… Wie Geschwister… Gerade bekam der Junge namens Marv einen Nasenstüber von Rivers. „Das war nur ein Notfall!“, sagte er böse. „Die Gryffindors hatten einfach nicht genügend gute Leute, so dass Potter einspringen musste!“ Das war die Meinung, die die meisten Slytherins vertraten. Und seit neustem auch ein paar andere, selbst wenn Tatsachen dagegen sprachen. Okay, damals hatte Gryffindor einen Sucher gebraucht, aber inzwischen verdiente er diese Position. Die antrainierte Abwehrreaktion trat bei Harry in Kraft, das Lächeln erschien auf seinem Gesicht, obwohl es gerade doch niemand sehen konnte. Früher waren die meisten der Meinung gewesen, dass es verdient gewesen war, auch wenn viele sauer gewesen waren, dass man für die Gryffindors eine solche Ausnahme gemacht hatte, aber heute war er damit eher auf der Abschussliste… Und das tat wirklich weh. Dieses Talent… Er bildete sich etwas darauf ein, weil sein Vater es ihm vererbt hatte… Seine restlichen Talente hielten sich ja auch in Grenzen… Die Kinder mit Draco kamen näher und Harry wich noch ein bisschen zur Seite, denn der ihm nächste Junge fuchtelte ausladend mit seinen Armen in der Luft herum, während er demonstrierte, wie er ihn, Harry, schlagen würde, wäre er Sucher wie Draco, welche Methoden er da nutzen würde und wie er ihm seinen Sieg demonstrieren würde. War ja schon niedlich, wie hoch der Kleine hinaus wollte… ~*~*~*~ „Unterschätze niemals deinen Gegner.“, sagte Draco sanft und strubbelte Marv durch das Haar. „Und erst recht nicht einen Harry Potter. Das hat schon seinen Grund, warum er der jüngste Sucher seit hundert Jahren geworden ist.“ Die drei sahen ihn mit offenem Mund an. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt, oder? „Meinst du das so?“, fragte Rivers mit aufgerissenen Augen. „Würde ich es sonst sagen?“ Wieder der zurechtweisende Blick, den die Kleinen vorhin gelernt hatten. Sie lernten aber schnell und zweifelten seine Worte nicht noch einmal an. „Du hast gerade gesagt, dass Harry Potter gut ist?“ Zack war vollkommen fassungslos. Irgendwie niedlich dieser Gesichtsausdruck. „Sonst hätte ich kaum die letzten Spiele gegen ihn verloren.“ „Ist er dann besser als du?“ Nächste Frage, diesmal Marv, der sich wieder gefasst hatte. „Das habe ich nicht gesagt. Das werden wir diese Saison sehen.“ In Dracos Augen glitzerte es vor Vorfreude. Oh ja, das würden sie wirklich sehen... Und er würde sich sicher nicht so einfach geschlagen geben. „Heißt das...“ Rivers überlegte fieberhaft. „...dass wir ihn jetzt gut finden müssen?“ Draco grinste. „Das gibt euch keiner vor. Ich habe nur gesagt, dass ihr Respekt vor euren Gegnern haben sollt. Sonst unterschätzt ihr sie und macht Fehler.“ „Hm...“ Nachdenklich legte einer nach dem anderen die Stirn in die Falten. Und sie waren still. Wenigstens die nächsten drei Minuten. ~*~*~*~ Die Worte hellten Harrys Gemüt ein wenig auf. Sie würden sehen, wer besser war? Glaubte Draco tatsächlich, dass er ihn dieses Jahr schlagen konnte, nachdem er sogar mit ihm geflogen war? Er hatte es gesehen! Er war besser geworden, aber das reichte noch nicht, denn er selbst würde sich noch viel mehr anstrengen! Niemals würde er ihn gewinnen lassen! Nicht in diesem Sport! Das hier war sein Feld, das gab er nicht her! „Dann streng dich mal an!“, murmelte er unhörbar, als Rivers plötzlich ein Stück vorrannte, sich umdrehte und ihn anblickte. „Ich werde ihn nicht gut finden!“, rief er. „Aber ich werde ihn auch nicht unterschätzen! Damit ich gewinne und so!“ Harrys Grinsen wurde noch ein bisschen breiter. Ja, glaubte er denn, jemals die Chance zu bekommen, gegen ihn fliegen zu können? Glaubte er im ernst, dass sie gegen Draco gewinnen konnten, der der einzige wirkliche Gegner hier in Hogwarts war, der ihm gefährlich werden konnte, wenn es um das Geschick auf dem Besen ging? Glaubte er das wirklich? Der Junge litt definitiv unter Größenwahn… Und dann kam seine Chance, denn die drei Quälgeister starteten gemeinsam einen Ausfall, um Draco zu demonstrieren, wie sie ihn in die Zange nehmen würden, um den Schnatz vor ihm zu bekommen. Sie schienen vergessen zu haben, dass sie als Sucher immer auf sich allein gestellt waren. Aber immerhin waren sie für kurze Zeit aus dem Weg. Harry beschleunigte seinen Schritt und richtete es so ein, dass er direkt neben Draco lief. „Eine schönere Herausforderung habe ich noch nie bekommen.“, flüsterte er und achtete darauf, dass man das Blitzen in seinen Augen auch aus seiner Stimme heraushören konnte. „Ich wünsche dir viel Erfolg.“ Er streifte für eine Winzigkeit seine Hand. „Ich muss weg. Schlaf gut…“ Und schon musste er wieder ausweichen, denn die Springteufel kehrten zurück, um sich an Dracos Arme zu klammern. Harry lächelte und ließ sie zum zweiten Mal an diesem Abend gehen, während er mit der Linken über seine die Stelle strich, mit der er den Blonden berührt hatte. Es kribbelte ein bisschen, aber es war angenehm… „Gute Nacht.“, dann waren Draco und seine Würdenträger aus seinem Blickfeld verschwunden. ~*~*~*~ Draco sah den dreien kopfschüttelnd zu. Irgendwer musste sie mal auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Und dann war da auf einmal Harrys Stimme aus dem Nichts. Sie jagte ihm einen Schauer über den Rücken und seine Nackenhaare stellten sich auf. Aber nicht unangenehm... Eine winzige Berührung und dann war Harry weg. Und er hatte noch nicht einmal die Chance bekommen, ihm zu antworten. Das war... Draco schüttelte leicht den Kopf, zwang sich diesen Gedanken beiseite zu schieben. Was wichtig war, war, dass zwischen ihnen wieder alles in Ordnung war. Und dennoch... nach diesen glücklichen Augenblicken in dem Raum der Wünsche vermisste er ihn jetzt. Selbst seine stille Präsenz hatte er irgendwie gespürt. Jetzt fühlte er sich auf einmal allein. Im nächsten Moment forderte Marv seine Aufmerksamkeit, denn der Kleine versuchte gerade, sich die Treppe herunterzustürzen, um einen genialen Griff nach dem Schatz vorzuführen, was Draco gerade noch verhindern konnte. „Heute Abend keine Quidditchimitationen mehr auf den Treppen, klar?“ Die drei nickten und stürmten in den nächsten Gang. Der Blonde hatte das dumpfe Gefühl, dass das hier noch eine lange Kontrollrunde werden würde. Er hatte Recht. Gerade zwei Minuten vor der Sperrstunde kamen sie wieder im Slytheringemeinschaftsraum an. „Ab ins Bett mit euch!“, scheuchte er das Trio in seinen Schlafraum. Aber natürlich ließen sie es sich nicht nehmen, ihn vorher noch einmal jeder zu umarmen. Draco seufzte leise, als es ihm endlich gelang, sich loszueisen und die drei die Treppe hinauftrappelten. Dann ging er zu Blaise und Pansy, die es sich in den Sesseln am Kamin bequem gemacht hatten. „Dein Fanclub?“ Blaise grinste breit. „Hm...“ „Sie sind niedlich.“ Auch Pansy grinste. „Hm...“ „Sagst du auch noch was anderes?“ „Sie sind anstrengend.“ Draco seufzte leise und ließ sich mit untergeschlagenen Beinen auf dem Teppich nieder. „Aber sie tun dir offenbar gut. Du bist wenigstens wieder besser drauf.“ Pansy strich ihm durch das Haar. „Glaub mir, wenn du sie auf Dauer siehst... Dann entwickelst du mindestens Galgenhumor.“ Blaise lachte leise. „Du bist der Held von drei Erstklässlern geworden. Und das trotz aller Gerüchte. Ich finde das wirklich bemerkenswert.“ „Ja, wahre Naivität gibt es doch noch. Wirklich bemerkenswert...“ Draco verdrehte die Augen. „Nein, Menschen, denen dumme Worte egal sind, gibt es noch. Du solltest dir angewöhnen, die Dinge von der optimistischeren Seite zu sehen.“ Blaise legte ihm die Hand auf die Schulter. „Danke. Ich werde mich daran erinnern, wenn mich der Pessimismus das nächste Mal heimsucht.“ „Immerhin etwas.“ Blaises Grinsen wurde noch breiter. Pansy dagegen schwieg, strich stumm durch Dracos weiches Haar. Sie war bei ihm und doch... fühlte sie sich einsam und kam nicht an ihn heran. Sogar diese Kinder... Sogar sie kamen ihm näher. Draco lehnte sich in dem Augenblick zurück gegen ihre Beine und sah sie mit in den Nacken gelegtem Kopf an. „Schau nicht so traurig, Pansy, okay?“ Er lächelte leicht und strich ihr über die Wange. Sie nickte schwach und schaffte es doch nicht, diesen Ausdruck aus ihren Augen zu verbannen. Blaise legte den Kopf schief. Wo auch immer Draco die letzten Stunden gesteckt hatte, es hatte ihm eindeutig gut getan. Irgendwie hatte er das Gefühl, als wenn es jemandem gelungen war, eine Tür in dem blonden Jungen aufzustoßen... ~*~*~*~ Als Harry in den Gemeinschaftsraum kam, saßen die Weasleys mit Hermione, Neville, Angelina, Alicia, Lee und Katie zusammen. Die Stimmung war… von Galgenhumor durchtränkt. Es wurden Dinge gesagt, die nicht lustig waren, über die aber dennoch ausgiebig gelacht wurde. Er erfuhr, was los war, als er sich zu ihnen gesellte: Ron, Fred, George und Ginny würden Dienstagfrüh nach Hause fahren, um der Beerdigung ihres Bruders Percy beizuwohnen, und erst am Freitagabend wieder zurückkommen. Er blieb bei ihnen und obwohl der Abend sich in die Länge zog, ging er nicht hinauf. Fred und George hatten Butterbier gesponsert und es gab Kuchen. Wie ein gruseliges Fest. Abartig eigentlich, aber es beinhaltete für die Anwesenden etwas wie morbide Faszination, den Brief mit der Todesnachricht immer und immer wieder zu lesen. Er war inzwischen ausgefranst und zerknittert, die Schrift kaum noch leserlich, soweit man sie zwischen den durch Tränen verlaufenen Teilen überhaupt noch lesen konnte. Harry verzichtete darauf, ihn in die Hand zu nehmen. Er tröstete stattdessen Ginny, die als einzige nicht dem schwarzen Humor erlegen war und sich mit den zugegebenermaßen bösen Witzen über Percy nicht anfreunden konnte. Als sie schließlich an seiner Seite einschlief, löste Hermione die Versammlung endlich auf. Angelina trug das Mädchen in ihr Bett, während alle anderen selbst gingen, sich nur noch flüchtig verabschiedeten. Wenn sie am nächsten Morgen aufwachten, dann würden die Weasleys schon weg sein. Zehn Minuten später lag Harry im Bett und starrte in die Schwärze über seinem Bett hinauf. Heute war viel passiert. Es war eine regelrechte Achterbahnfahrt der Gefühle gewesen. Erst die chaotischen Gedanken wegen Malfoy, der Schock, dass Malfoy Senior im Gebäude war, die Aussöhnung mit Draco, der Eifersuchtsschub und jetzt dieser triste Abschluss des Tages. Er sollte vielleicht mal mit Tagebuchführen anfangen… Auch wenn das wohl nichts mehr bringen würde, außer dass sie später ein Buch herausbringen konnten mit dem Titel ‚Die letzten Tage des Harry Potter’, denn es hatte sich an seinem Plan doch nichts geändert. … Oder? „Harry?“ Es war Rons Stimme, die da aus dem Dunkel kam. Der Schwarzhaarige blickte zur Seite. „Hm…“ Blaue Augen waren in dem schwachen Licht zu erkennen. Ernst und eindringlich sahen sie ihn an. „Du solltest aufhören, dir Gedanken zu machen!“ Harry war irritiert. „Was?“ „Du brauchst dir nicht die Schuld an seinem Tod geben. Es war Schicksal, da konntest du auch nichts dran ändern!“ Der Junge-der-lebt seufzte leise. Das war es eigentlich nicht, was ihn grade so beschäftigte… auch wenn es vorhin mal kurz in seinen Gedanken aufgetaucht war. Momentan war einfach zu viel los, als dass er ständig daran denken könnte, auch wenn das gemein gegenüber Percy war. „Ich mache mir keine Selbstvorwürfe.“, sagte er leise. „Wirklich. Es ist alles in Ordnung.“ Rons Augen fixierten ihn noch einige Augenblicke länger, dann schlossen sie sich. Es war eine so deutliche Geste, dass Harry wusste, dass er es ihm nicht abnahm. „Ich wünschte, du könntest mitkommen, damit du mir glaubst.“, flüsterte der Rotschopf. „Damit ich nicht so alleine bin da…“ Das war genug. Harry stand auf, kam zu ihm und hockte sich neben ihn auf das Bett. „Du bist nicht alleine!“, sagte er leise und drückte Rons Hand. „Deine Familie ist bei dir, Freunde, Bekannte, das Ministerium… Wie kannst du da sagen, dass du alleine bist?“ Ron lächelte. „Du bist lieb. Aber darum geht es nicht. Ich will, dass meine Freunde auch dabei sind. Warum hat Dumbledore es verboten?“ Harrys Augen verdunkelten sich. Für ihn war es klar. „Weil er mir nicht die Möglichkeit geben will, mich zu verselbstständigen.“ „Hm?“ Ron verstand wohl nicht. „Was meinst du? Du würdest doch nicht verschwinden. Warum solltest du?“ Naiv… Und da sagte man von ihm, dass er naiv war. Klar. Natürlich würde er gehen. Bei der ersten Gelegenheit ohne Aufsicht wäre er weg, um seinen Plan in die Tat umzusetzen. Aber das musste er ja Ron nicht sagen. „Es ist der Grund, warum ich nicht wegdarf. Das kann ich nicht ändern. Und Hermione, schätze ich, darf nicht, weil er es mir sonst auch erlauben müsste…“ Ron seufzte erneut. „Das ist nur unfair…“, sagte er, danach nichts mehr. Er hatte soviel geredet heute, er fühlte sich leer und ausgebrannt. „Leg ihm ein paar Blumen von mir aufs Grab…“ Ron nickte nur noch. Als Harry eine halbe Stunde später zurück in sein eigenes Bett ging, schlief Ron längst. Der Schwarzhaarige hatte sich nur nicht loseisen können, weil sein Freund ihn nicht hatte loslassen wollen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Cause I can't make you love me if you don't You can't make your heart feel something it won't Here in the dark, in these lonely hours I will lay down my heart and I'll feel the power But you won't, no, you won't Cause I can't make you love me if you don't ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ----------__-----------__------------__-----------__-----------__------------ Shirokko: Ich mag die drei Kleinen. Die Würdenträger des Draco Malfoy! *lach* Hibbelig, stressig, kindisch und herzallerliebst! *sieallesamtabknuddel* abranka: ...und dabei waren die drei Kleinen nur eine spontane Idee. *lach* Aber ich hab sie gern. Auch gerade, weil sie so vollkommen durchgeknallt sind. *g* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)