Diamonds and Rust von Shirokko (Manche Dinge sind für die Ewigkeit und so dauerhaft wie Diamanten, während andere vom Rost der Zeit befallen werden und zerbröseln...) ================================================================================ Treffpunkt Tonks ---------------- Titel: Diamonds and Rust Kapitel: Begegnung 14: Treffpunkt Tonks Autoren: abranka und Shirokko Pairing: Draco / Harry Beschreibung: Die Fanfic spielt zeitlich nach dem 4. Buch, sprich hat Harry gerade die Begegnung bei der Auferstehung Voldemorts hinter sich. Die Ferien sind fast vorbei und er ist in der Winkelgasse, um auf seine Freunde zu warten, als er Draco sieht und sein Hass auf die Todesser ihn überwältigt. Es führt zu einer ganz neuen Erfahrung für den Blonden. In vielerlei Hinsicht… Den Rest solltet ihr schon selbst lesen… Warnung: Angst, Depri, Shonen-Ai, Kariesgefahr. Leute, deckt euch ausreichend mit Zahnpasta und Klobürsten ein. Und mit Schokolade, sie soll angeblich gegen Schocks helfen… vielleicht hat auch noch einer die eine oder andere Flasche Rohrreiniger da. Bemerkungen: Schuld an sämtlichen Logikfehlern sind die Protagonisten, die während des Schreibens allzu oft beschlossen haben, unsere Pläne zu durchkreuzen und getan haben, was sie wollten. Und nein, das ist keine Ausrede! *sich leicht wütend zu Harry und Draco umdreh und sie anfunkel* Nicht wahr? Hm, natürlich leugnen sie… Wie auch immer. Für eventuell anfallende Zahnarztkosten übernehmen wir keine Verantwortung. Edelkitsch garantiert. Disclaimer: Äh… ja, die Leute aus Harry Potter gehören natürlich nicht uns. Sie gehören sich selbst oder vielleicht auch dieser Frau, die sich Joanne K. Rowling nennt. Der Liedtextauszug ist in diesem Fall von Poets of the Fall – Illusion And Dream. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Unserer Freundschaft und dem einjährigen Jubiläum. Begegnung 14: Treffpunkt Tonks Als Harry am nächsten Morgen erwachte, hatte er Kopfschmerzen. Dröhnend und absolut. Und die Ringe unter seinen Augen waren wirklich grausam. Ron schickte ihn ins Bad, damit er sich das Gesicht waschen sollte, und dann gleich noch einmal, um richtig zu duschen. Harry tat es. Alles war besser als zu reden oder was auch immer. Er stand neben sich, völlig, als würde er sich selbst dabei zuschauen, wie er sich wusch oder anzog oder auch aß. Sehr gesprächig war er nicht, aufmerksam auch nicht… Wahrsagen konnte beginnen… Halleluja! Die Schülerinnen und Schüler waren gut gelaunt, offenbar hatte Trelawney etwas Neues angefangen: Handlesen. Interessant, nicht besonders schwer… Es offenbarte die gleiche Zukunft wie die Tassiomantik oder die Kugel, nur halt nicht so allgemein. Jedenfalls sagte das das Buch. Und wie sollte es anders sein; als die libellenartige Brillenträgerin hinter ihrem Vorhang hervorkam, eilte sie mit windig-grazösen Trippelschritten auf Harry zu und schon bevor sie etwas sagte, wusste er, was kam: eine ihrer Voraussagen für seinen Tod. Das hatte ihm noch gefehlt… Sie bemerkte gar nicht, wie sich sein Lächeln vertiefte, wie seine Augen dunkler wurden, aber dafür bemerkte Harry umso klarer, wie seine Kopfschmerzen anwuchsen. Seine Gedanken drifteten ab zu dem Grund für diese und damit zu Draco. Was dieser jetzt wohl denken mochte? Was sollte er selbst davon halten, dass Malfoy von sich aus auf das Kuscheln kam? Was sollte er denken? Wie reagieren? War der Blonde vielleicht ebenfalls einsam? So wie er? Er hatte doch gesagt, dass er seinen Vater nicht geliebt hatte, dass er in einer strengen Familie groß geworden war. War es etwa das? Suchte Malfoy jemanden, an den er sich lehnen konnte? Was hatte er ihm dann gestern damit angetan, dass er einfach gegangen war? Und warum tat der Gedanke jetzt noch mehr weh, als die Tatsache, dass er selbst einsam gewesen war und sich irgendwie noch immer so verloren fühlte? Ohne es zu bemerken, tat Harry Professor Trelawney den Gefallen, blass zu werden. Sein Lächeln wurde schwammig, ihn schwindelte es und sie zog verzückt mit den Worten ab, er solle vielleicht einen Glücksbringer kaufen. Harry nickte nur, ohne überhaupt gehört zu haben, was sie sagte. „Hey, alles in Ordnung mit dir, Harry?“ Rons Hand berührte ihn an der Schulter und Harry zuckte zurück, nickte nur, doch Ron konnte sehen, dass sein Blick verschwommen war. Was war nur los mit ihm seit heute Morgen? Gestern war doch noch alles in Ordnung gewesen. War er vielleicht krank geworden über Nacht? „Wir gehen danach mal bei Mme Pomfrey vorbei, okay?“ Wieder nickte Harry abwesend und Ron konzentrierte sich mit einem letzten misstrauischen Blick wieder auf den Unterricht. Er würde ihn im Auge behalten, damit er nicht plötzlich umkippte oder so. Sicher war sicher. Harry kippte nicht um und als es ans Probieren und Üben der Handlesekunst ging, war er geistig sogar wieder anwesend. Er griff nach Rons Hand und fuhr dann mit den Fingerspitzen über die schmalen Linien. Was sagte das Buch? Lange Linie, langes Leben, die dritte Linie rechts davon der Tag der Geburt, eine gekrümmte Hauptlinie Schwierigkeiten im Leben, eine doppelte Glück… War doch mal interessant zu sehen, wie gekrümmt Rons war. Und dass sie obendrein auch noch doppelt war… „Glücklicher.“, sagte er grinsend. Die Arbeit gefiel ihm, denn sie lenkte ihn ab. „Du wirst Glück im Unglück haben und das dein ganzes Leben lang!“ „Na toll. Und wie sieht dieses Unglück aus?“, fragte Ron stöhnend. Man konnte sehen, dass er es nicht ernst nahm und sich eher noch darüber lustig machte. „Woher soll ich das wissen? Hier steht nur, was ist, nicht wie. Vielleicht wirst du eine Furie heiraten und sie brennt mit einem anderen durch…“ „Meine Güte, wie kommst du denn darauf?“ Ron war ehrlich erstaunt. Harry zuckte mit den Schultern. „Vielleicht wirst du ja auch nur sehr alt, dafür aber krank oder wahlweise und gebrechlich. Woher soll ich denn das wissen?“ Er seufzte. „Ich mag diese Wahrsagerei nicht.“ „Meinst du, ich? Ist doch sowieso nur Quatsch.“ „Bald wird Percy sterben.“ Ruhig, völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Ron starrte Harry an, als hätte er sie nicht mehr alle. „Was?“ „Wie was?“ Harry starrte zurück. „Was du gerade gesagt hast! Wiederhol das bitte!“ „Ich… ich habe gesagt, dass ich die Wahrsagerei nicht mag.“ „Nicht das. Das danach!“ „Ich habe nichts danach gesagt!“ „Doch du…“ Rons Augen weiteten sich, dann begann er zu grinsen. „Du verarscht mich!“, sagte er, lachte. „Und ich dachte schon…“ Harry lächelte verwirrt zurück. Inzwischen ging er davon aus, dass es Ron war, der ihn verarschte, verstand nur nicht so ganz warum. Aber vielleicht wollte er ihn ja nur aufmuntern… war ja nicht so, dass er das nicht gebrauchen konnte. ~*~*~*~ Blaise hatte ein Problem. Er war eigentlich schon viel zu spät dran und hatte keine Chance, es noch rechtzeitig zu Arithmantik zu schaffen, aber er wollte auch nicht ohne Draco gehen... Aber der lag hinter den zugezogenen Vorhängen, die ganz laut ‚Hau ab’ brüllten. Und das tat Blaise schließlich auch... Wenn auch schweren Herzens. Draco lag zusammengerollt auf seiner Bettdecke und starrte den Tarnumhang an. Er war wach geworden, als die anderen Jungen aufgestanden waren, hatte sich aber keinen Millimeter bewegt. Er starrte vor sich hin, fühlte sich gar nicht in der Lage aufzustehen. Er fühlte sich wie paralysiert. Und das Schlimmste daran war, dass er noch nicht einmal genau sagen konnte warum. Wenn er es genau nahm... Was war denn gestern schon passiert? Harry war weggelaufen. Okay. Vielleicht hatte er gewusst, dass ihm jemand von seinen Freunden die Hölle heiß machen würde... Vielleicht hatte er sich an etwas erinnert... Aber nein. Das war es nicht. Er war vor ihm weggelaufen. So war es. Und Draco hatte keine Ahnung warum. Okay, gut, sie hatten sich auf diesem Turm umarmt und dabei war die Initiative auch noch von ihm selbst ausgegangen. Das hatte er noch nie zuvor getan... Aber irgendwie hatte es sich richtig angefühlt. Seltsam richtig. Draco zog sich den Tarnumhang über den Kopf und seufzte leise. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Wie sollte er dem Gryffindor eigentlich jetzt gegenübertreten? Was sollte er sagen? Alles übergehen? Er biss sich auf die Unterlippe. Nein. Nein, nein, nein. Er würde verdammt noch mal nicht zulassen, dass er sich jetzt so fallen ließ. Er würde jetzt aufstehen und zu Arithmantik gehen. Und er würde dafür sorgen, dass ihn nichts und niemand mehr auf irgendeine Art und Weise verletzen würde. Ein grimmiger Gesichtsausdruck erschien auf seinem Gesicht. Oh nein. Niemals wieder, Draco. Kurz blitzte der Gedanke an seinen Vater auf. Daran, wie er sich nach seiner Nähe gesehnt hatte und wie sehr er geliebt werden wollte, nur um eine Verletzung nach der anderen in diesem elenden Abhängigkeitsverhältnis davonzutragen. Nie wieder. Wenn er nicht gut genug war – bitte schön. Aber er würde nicht darum winseln, gut genug zu sein. Wut leuchtete in seinen Augen auf. Manche Tiere zogen sich bei Verletzung in ihre Höhlen zurück – und mache wurden aggressiv. Draco hatte sich bisher immer zurückgezogen, diesmal aber nicht. Er stand auf, zog sich an und kam zwanzig Minuten zu spät zu Arithmantik. Blaise war erleichtert, ihn endlich zu sehen, erstarrte aber, als er Dracos Miene sah. Nicht gut. Nein, gar nicht. Die grauen Augen waren wie blankes Eis, der Mund nur ein schmaler Strich und generell drückte sein Gesicht nur eins aus: ‚Komm mir zu nahe und du bereust es.’ Noch nicht einmal Professor Vektor sagte etwas zu seiner Verspätung. Die Hexe schaute nur kurz auf, als er reinkam und nahm es hin. Draco war still im Unterricht, starrte vor sich hin und antwortete nur knapp auf die Fragen der Lehrerin. Er war bei der Sache und zugleich auch nicht. So wirklich konnte er es nicht erklären, aber irgendwie... Seine Gedanken kreisten immer wieder um den Gryffindor und jedes Mal ballte er unwillkürlich die Hand zur Faust. Nie wieder. Seine Fingernägel gruben sich so tief in seine Handflächen ein, dass die Haut irgendwann aufriss und blutete. Er merkte es erst, als seine Schreibfeder so komisch rot verklebt war. Blaise und Pansy fingen Draco nach dem Unterricht ab. Beide stellten jedoch sehr schnell fest, dass Draco gerade niemand war, mit dem es sich jetzt lohnte zu sprechen. Pansy war sogar richtig entsetzt über seine plötzliche Verhaltensänderung und stürmte schließlich mit Tränen in den Augen davon. Dabei hatte er noch nicht einmal ein Wort zu ihr gesagt. Blaise schüttelte den Kopf. „Was ist passiert, Draco?“, fragte er leise, während sie zum Mittagessen gingen. „Gar nichts.“, schnarrte der Blonde zurück. Blaise zuckte zusammen. Das war ganz und gar der alte Draco Malfoy. Es war wie in einem Muggelfilm. Eine vollkommene Wandlung. Und er stellte fest, dass er tausendmal lieber den neuen Draco zurückhaben wollte. Dieser war freundlicher gewesen, lebendiger, gelöster. Das hier war... eine leere Fassade. Eine Hülle, in der sich Draco noch irgendwo verbarg, aber im Moment zog er sich zurück. Aber – warum? Was war passiert, um ihn wieder um hundertachtzig Grad zu drehen? Wieso? Blaise schüttelte den Kopf. Er verstand es nicht. Gestern Abend war Draco noch nahezu fröhlich und gelöst gewesen. Und jetzt? Kein Vergleich. Absolut kein Vergleich. Ob er unter irgendeinem Bann stand? „Was ist?“, fragte der Blonde schließlich und blickte den schwarzhaarigen Slytherin an. Blaise zuckte unwillkürlich unter dem Blick zusammen. Kalt. Und doch lodernd vor Wut. Aber auf wen? Auf alle Fälle wollte Blaise nicht in dessen Haut stecken. „Nichts. Hab mich nur gewundert, was mit dir los ist... Du bist so... anders.“ Draco wandte sich ab. Keine Antwort, nur ein stummes Abwenden. „Draco...“ Blaise legte ihm die Hand auf die Schulter. Der Blonde schlug sie augenblicklich weg. „Fass. Mich. Nicht. An.“ Dracos Stimme war rau, beinahe heiser und doch so drohend, dass Blaise sofort zurückzuckte. „Okay...“ Der Schwarzhaarige blickte Draco verblüfft an und ließ ihn dann in Ruhe. Bei Merlin, was war denn mit dem los? Gestern war Draco im Vergleich zu jetzt noch nahezu anhänglich gewesen! Gerade als sie am See gesessen hatten, hatte er die Berührung gesucht und jetzt blockte er alles ab? Blaise war vollkommen verwirrt. ~*~*~*~ Wahrsagen ging im Wesentlichen ohne weitere Zwischenfälle vorbei und danach legte Harry sich hin. Er war müde, sein Kopf tat weh und Ron ging ihm mit seiner überdrehten Art auf die Nerven. Seit Wahrsagen war er hibbelig, übertrieben fröhlich und das konnte er gerade nicht haben. Doch Schlafen konnte er nicht. Wenn er die Augen schloss, kam die Einsamkeit zurück, wenn er an etwas zu denken versuchte, dachte er an Malfoy. Es war wirklich zum Verrücktwerden. Schließlich setzte er sich ans offene Fenster und da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, schrieb er einen Brief an Sirius. Er berichtete ihm von Malfoy, von dem er nicht wusste, was mit ihm gerade passierte, dass er anders war als früher, netter, dass Snape ihm so komische Fragen gestellt hatte und wie Snape sich allgemein verhielt - also nicht anders als früher. Er erzählte ihm von Ron und Hermione, vom Quidditch, von den anderen Schülern, die alle Angst vor ihm hatten, von den Slytherins, die sich so seltsam gegenüber Malfoy verhielten, diesen fast noch mehr hassten als ihn selbst, über Hedwigs Mauser momentan, über Tonks und dass er sie mochte, was sie sich im Unterricht geleistet hatte, zaubermäßig, und über die Sterne in der gestrigen Nacht. Seine Verwirrung und die Einsamkeit ließ er bewusst weg. Auch, dass er mit Malfoy Freundschaft geschlossen hatte. Sirius sollte sich keine Gedanken machen. Außerdem ließ er auch weg, dass er seinen Plan nicht aufgegeben hatte. Er erwähnte es nicht einmal, als hätte er es einfach vergessen. Der Brief war am Ende mehrere Seiten lang, ganz klein geschrieben und wirklich kompakt. Ihm tat jetzt schon die Eule leid, die ihn tragen würde… Aber darum musste sich ja eh Tonks kümmern. Vielleicht sollte er einfach mal zu ihrem Büro gehen, um zu sehen, ob sie da war, dann würde Sirius den Brief auch schnell bekommen. Und irgendwie wollte er eine Antwort haben. Er erhob sich widerstrebend. Eigentlich war es viel zu warm heute, um sich zu bewegen, richtiggehend schwül. Es würde sicherlich noch regnen. Spätestens morgen. Die Gänge waren verlassen, als er zu Tonks ging. Verlassen, ruhig und kühl. Richtig angenehm. Und er hatte sogar Glück mit Tonks. Als er klopfte, rief sie sofort eine Aufforderung zum Eintreten. „Oh, Harry!“ Erfreut sprang sie von ihrem Stuhl auf, riss dabei einen Stapel Papier herunter und kam dann ohne sich darum zu kümmern zu ihm, nahm ihn einmal in die Arme und knuddelte ihn kräftig durch, dass Harry nicht wusste, wie ihm geschah. Was war denn nun kaputt? „Ich habe gehört, du wärst vorgestern nicht gut drauf gewesen! Aber wie ich sehe, hat sich das geändert!“ Sie ließ ihn wieder los, grinste übers ganze Gesicht. „Willst du Kekse? Hab ich von Minerva bekommen!“ Stolz präsentierte sie ihm eine geöffnete Büchse. Katzenkekse. Harry lächelte und griff zu. „Danke.“ „Keine Ursache.“ Tonks wirbelte schon weiter. Ihr Zimmer war ein einziges Schlachtfeld. Nicht wie bei Lockhart penibel mit Postern tapeziert, nicht wie bei Lupin mit allerlei wissenschaftlichem Zeug gefüllt und auch nicht von Paranoiagedanken durchzogen wie bei dem falschen Moody. Einfach nur heilloses Chaos. Es passte zu ihr, wie Harry liebevoll feststellte, denn schon wieder segelte Papier zu Boden, als sie einen Stuhl ausgrub. „Setz dich, setz dich! Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“ Umständlich kramte der Schwarzhaarige den Umschlag aus der Tasche. „Siri… Schnuffel hat gesagt, wenn ich einen Brief an ihn schreiben würde, sollte ich ihn dir geben, damit du ihn weiterleitest.“ „Oh, gerne doch! Gib ihn her, ich schick ihn gleich weg!“ Damit nahm sie den Brief, ging zum Kamin und warf ein gelbes Pulver hinein. Flammen loderten auf und sie schrieb eine Adresse auf das raue Papier des Umschlags, die er nicht erkennen konnte. Dann warf sie ihn ins Feuer, dass Harry erschrocken aufkeuchte. Doch der Brief verbrannte nicht, sondern verschwand einfach im Nichts. „Beruhige dich. Das Pulver hier ist so eine Art Flohpulver für unbelebte Gegenstände. Der Brief geht direkt dahin, wo Schnuffi gerade ist.“ „Schnuffi?“ Ungläubig blickte Harry sie an. „Ja, Schnuffel in niedlich!“ Sie lachte. „Und sonst? Gibt es sonst irgendwelche Neuigkeiten bei dir?“ Harry schüttelte den Kopf, völlig baff. Was war das denn grade? Schnuffi… Also echt. „Und was hast du heute Nachmittag noch so vor?“ „Nichts.“ Harry seufzte, sein Blick wurde träumerisch, auch wenn er sich überhaupt nicht so fühlte. „Überhaupt nichts. Es ist Wochenende, da passiert nichts.“ „Oh, das ist ja toll!“ Tonks freute sich, als hätte sie das bisher gar nicht mitbekommen. „Willst du dann heute Nachmittag nicht zu mir kommen? Ich kann dir neue Sprüche beibringen!“ Warum hatte er jetzt das Gefühl, dass sie ihn ködern wollte? Aber was sollte es schon. Er fühlte sich hier wohl in ihrer Nähe - vielleicht weil an ihr nichts Negatives zu spüren war - da konnte er ruhig mal kommen. „Klar. Wann?“ „Oh, das war… Moment…“ Sie fegte durch den Wust zu ihrem Schreibtisch und begann in den Unterlagen zu kramen, während Harry plötzlich das unangenehme Gefühl hatte, dass sie mehr mit ihm vorhatte, als ihm Zauber beibringen. Sie hatte es gefunden. „Um 17 Uhr!“, grinste sie und Harry seufzte. Wenn es sie so sehr freute, würde er wohl kommen, würde ihn sicherlich von seinem Malfoy-Problem ablenken… Mit einem letzten Gruß und der ganzen Hand voller Kekse verschwand er schließlich, nur um zwei Stunden später wiederzukommen. Er hatte es tatsächlich noch fertig gebracht, ein wenig zu schlafen, nachdem er den Aufsatz für Snape fertig gestellt hatte, und war knapp dran, hastete durch die Gänge an Schülern vorbei, die ihm böse grinsend nachblickten und freche Kommentare gaben, aber er hörte es nicht. Er wollte Tonks nicht versetzen. Gerade als er die Kurve erreichte, die zu ihrer Tür führte, sah er ihn dann… den, vor dem er sich unwissentlich die ganze Zeit im Gryffindorfünftklässlerschlafsaal versteckt hatte, wie ihm jetzt aufging: Draco Malfoy. Was wollte der denn hier? Er wurde langsamer, spürte die Unruhe wieder in sich aufsteigen, denn Malfoy kam direkt auf ihn zu, steuerte die Tür von… Tonks an… Hä? Was war das denn jetzt? ~*~*~*~ Nach dem Mittagessen ging Draco nach draußen. Am See saß er in der Sonne und machte die restlichen Hausaufgaben für die nächste Woche. Eigentlich hatte er das akute Bedürfnis zu toben. Irgendetwas zu zerstören, zu zerschmettern. Stattdessen kratzte jedoch nur seine Feder über das Pergament, schrieb Satz um Satz. Er wirkte nach außen hin ruhig, aber seine Gedanken brannten wie helle Flammen. Er spürte wieder, wie dieser Zorn auf die gesamte Welt in ihm kochte. Das war wahrscheinlich das Einzige, was für ihn persönlich jemals die Seite des Dunklen Lords interessant gemacht hatte. Er und seine Anhänger vernichteten die bestehende Ordnung und das kam der Vernichtung der Welt selbst so nahe, wie es möglich war. Dieser Welt schuldete er nichts. Gar nichts. Sie nahm ihm immer das, was er wollte, das, was ihm wichtig war. Sie hatte nie etwas für ihn getan. Niemals. Er ballte die Hände erneut und stockte, als leichter Schmerz durch seine Rechte fuhr. Die Kratzer aus Arithmantik. Er hatte die Wunde notdürftig mit einem weißen Taschentuch verbunden. Mittlerweile zeigten sich schon wieder leichte Blutflecken darauf, weil die kleinen Wunden ständig wieder aufrissen, wenn er die Hand bewegte. Zu Madam Pomfrey wollte er aber nicht schon wieder gehen... Draco starrte vor sich hin. Dann, einer Eingebung folgend, sah er auf die Uhr. So spät schon. Er hatte gerade noch Zeit, seine Sachen in den Slytherinkerker zu bringen und dann zu Tonks zu gehen. Wunderbar. Strafarbeiten mit Professor Tonks. Das konnte noch was werden. Dass diese Strafarbeiten etwas mit Schwarzer Magie zu tun hatten, sorgte dafür, dass ihm mulmig wurde. Zum Glück waren diese Lehrer sicher nicht so bescheuert und würden ihn Schwarze Magie wirken lassen... Ansonsten hätte er Grund, sich Sorgen zu machen. Draco schritt mit hochgezogenen Schultern zu dem Büro von Tonks. Er wäre am liebsten einfach abgehauen, aber das würde Dumbeldore wohl kaum dulden. Und noch eine Predigt des alten Mannes brauchte er wirklich nicht. Genauer gesagt brauchte er im Moment gar keine Predigten mehr. Er hatte die Schnauze gestrichen voll. Von allem. Und von seinem Leben ganz besonders. Er klopfte an und betrat das Büro. Vollkommenes Chaos erwartete ihn. Klasse. Das passte zu dieser durchgeknallten Frau. „Ah, Mr Malfoy. Setzen Sie sich einen Augenblick. Gleich bekommen wir noch Besuch und dann können wir anfangen.“ Tonks strahlte ihn an. Missmutig und mit den Armen vor der Brust verschränkt ließ sich Draco auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen, auf dem am wenigsten Papier lag. Wer sollte hier denn bitte noch zustoßen? Wer sollte das Vergnügen haben, seinen Strafarbeiten beizuwohnen? Er musterte das Büro mit noch einem kalten Blick und wartete dann ab. Was sonst sollte er tun? ~*~*~*~ Harry war schließlich stehen geblieben und hatte festgestellt, dass Malfoy ihn gar nicht bemerkt hatte. Seltsam… dabei war er nur ein paar Meter von ihm entfernt gewesen… Und dieser Blick… Es ließ die Unruhe wachsen und zugleich eine unerträgliche Nüchternheit und gleichzeitige Verzweiflung in ihm erwachen… War es etwa wirklich so schlimm gewesen, dass er weggelaufen war? War es seine Schuld, dass Malfoy jetzt… so war? Seine Starre löste sich erst, als ein Ravenclawsechstklässler ihn anrempelte und hämische Bemerkungen machte. Er bekam die Worte zwar selbst nicht mit, aber immerhin bewegte sich jetzt sein Körper wieder. Wie mechanisch griff er nach der Klinke, klopfte mit der anderen Hand kurz und öffnete dann die Tür. „Harry! Da bist du ja endlich!“ Tonks kam zu ihm und drückte ihn erneut, wie schon zuvor, fest an sich, bevor sie durch seine Haare strubbelte. „Setz dich!“, rief sie dann glücklich. Wir sind vollzählig, also können wir gleich anfangen!“ Der Schwarzhaarige nickte nur, dann ging er zu dem ihm zugewiesenen Stuhl zu, auf dem ein rotschwarz gepunkteter Umhang lag. Erste Stunde… sie hatte es immer noch nicht behoben. Er nahm Platz, seine Augen geweitet, die Hände in den Taschen fest in den Umhang gekrallt, den Kopf gesenkt, lächelnd. Malfoys Kälte ließ ihn erstarren, als hätte er ihm Kälte geimpft. Als hätte er ihn verflucht. Schuldgefühle machten seine Glieder schwer. „Na na, Jungs, ihr braucht vor mir nicht so tun, als wärt ihr verfeindet!“, grinste Tonks. „Professor Dumbledore meinte, ihr würdet euch inzwischen recht gut verstehen!“ Harry zuckte zusammen. Dumbledore wusste davon? Wirklich? Und was hielt Malfoy von dieser… direkten Art, ein Problemthema anzusprechen? Vorsichtig schielte er durch seine Ponyfransen hindurch zu ihm hinüber… ~*~*~*~ Draco starrte vor sich hin – bis die Tür aufging und Tonks tatsächlich Harrys Namen rief. Er zuckte innerlich zusammen, schaffte es aber, die unbewegte Maske auf seinem Gesicht aufrecht zu erhalten. Kurz huschte sein Blick über die schmale Gestalt, das wirre Haar, die aufgerissenen grünen Augen. Einen Augenblick lang zog sich ihm das Herz seltsam zusammen. Aus dem Augenwinkel beobachtete er die herzliche Begrüßung zwischen den beiden. Ungewöhnlich... reichlich ungewöhnlich, von einem Lehrer so behandelt zu werden. Der Gryffindor setzte sich neben ihn, wie er mit einem kurzen Seitenblick bemerkte, dann sah der Blonde wieder Tonks an. Abwartend. Draco überging ihre Bemerkung zu der Beziehung zwischen ihm und Potter geflissentlich. Dazu würde er nichts sagen. Und dass der alte Mann sowieso alles wusste, war eh klar. Es war definitiv beunruhigend, aber klar. Aber dass auch Tonks... Seine Augen verengten sich kurzzeitig. Das gefiel ihm nicht. „Ich wäre Ihnen recht verbundenen, wenn wir mit Was-auch-immer anfangen könnte. Oder bestehen meine Strafarbeiten darin, dass ich hier die ganze Zeit still sitze?“ Seine Stimme war kalt und zugleich auch gereizt. Normalerweise hätte er es sich nicht herausgenommen, so mit einem Lehrer zu sprechen, aber im Moment war es ihm egal. Zuviel war ihm gerade egal. Unwillkürlich spannte er die rechte Hand wieder an, fuhr mit den Fingernägeln über den notdürftigen Verband und riss wieder die kleine Wunde auf. Der Schmerz tat seltsam gut, hieß das doch, dass er doch noch irgendetwas spürte... ~*~*~*~ Harry beobachtete das mit Skepsis. Was machte er denn da? Tat das denn nicht weh? Oder war es… Sein Lächeln wurde düster. Was fragte er sich da? Es war, um sich zu kontrollieren, denn der Schmerz würde ihn daran erinnern, dass er sich beherrschen musste, um nicht aufzufallen. Er kannte das doch selbst. Zwar tat es ein bisschen weh, zu sehen, dass er sich vor ihm beherrschte, aber da konnte er jetzt auch nichts dran ändern. Vielleicht konnte er ihn später fragen… „Natürlich nicht. Sie sollen hier lernen, Ihrer dunklen Seite zu widerstehen, was anderes wäre irgendwie kaum dem Zweck angemessen, nicht wahr?“, lachte die Lehrerin vergnügt. Der Schwarzhaarige riss seinen Blick von Draco los, schenkte nun ihr die Aufmerksamkeit, die er benötigte, um zu begreifen, was sie da sagte, was sie eigentlich wollte. Aber er verstand es trotzdem nicht. Was sollte das denn heißen, der dunklen Seite widerstehen lernen? Das ergab doch keinen Sinn. Draco war nicht dunkel. Ganz und gar nicht. Er hatte es doch so deutlich spüren können! „Also fangen wir an.“, redete das momentan grünhaarige Fräulein munter weiter. „Mr Malfoy, was haben Sie bereits für schwarzmagische Sprüche gelernt, die Sie auch anwenden können?“ Oh ja, das interessierte Harry auch. Welche Sprüche kannte Draco Malfoy, die die Zaubererwelt für gefährlich hielt? Und… was wohl wichtiger war: Konnte man sie auch im Guten verwenden? Waren sie wirklich ‚Schwarz’? Neugierig blickte er wieder den Blonden an. ~*~*~*~ Der dunklen Seite zu widerstehen… Draco konnte sich mit Mühe ein böses Lachen verkneifen. Der Griff auf seine verletzte Hand wurde stärker. Was hatte sie für eine Ahnung? Was für eine? Sie kannte ihn nicht. Sie kannte sein Leben nicht. Sie kannte die Bedingungen nicht, unter denen er groß geworden war... Sie wusste gar nichts! Und doch wollte sie ihn offenbar an die Hand nehmen. Lächerlich. Sie sprach weiter. Noch immer so eklig fröhlich und gut gelaunt. Mal sehen, wie lange sie es noch sein würde... Dracos Mund verzog sich minimal. „Sagt ihnen das ‚Schwarzmagische Handbuch für alle Gelegenheiten’ etwas? Alle Sprüche daraus. Und noch ein paar mehr. Zuviel, um sie hier aufzuzählen.“ Er stockte kurz. Sie wollte die Wahrheit wissen, nicht wahr? Dann sollte sie es. „Und die Unverzeihlichen.“ Erinnerungen blitzten auf, die der Slytherin augenblicklich wieder unterdrückte. Das hier war weder die Zeit und der Ort dafür. Ein kurzer Seitenblick zu dem Gryffindor. Was er wohl jetzt denken mochte? Aber es war doch egal... oder? Seine grauen Augen richteten sich wieder auf die Lehrerin. Ruhig, dunkel und undurchdringlich. ~*~*~*~ Tonks nickte, als hätte sie es erwartet, aber Harry war entsetzt. Ihm war jetzt wirklich kalt. Die Unverzeihlichen… Imperio, der den eigenen Willen aufhob, Crucio, der ihm vor kurzem so schreckliche Schmerzen verursacht hatte, dass bei dem Gedanken allein ihm schon alles wehtat, und natürlich Avada, der Spruch, der seinen Eltern das Leben genommen hatte, der Cederic keine Chance gelassen hatte. Und Malfoy… kannte sie… konnte sie sprechen, sie anwenden… Seine Lippen wurden zu einem schmalen Strich, weißlich, während eine kleine Stimme in seinem Kopf die Hoffnung anfachte: Warum sollte er solche Sprüche nutzen? Selbst wenn er sie kannte, er musste sie doch nicht einsetzten, oder? Er würde sie doch niemals einsetzten! Oder? „Ich sehe, das ist… das ist gut!“, bestätigte sich Tonks. „Also nein, es ist nicht gut, dass du… Ich duze dich jetzt einfach, das ist netter für das Klima, kannst du auch machen, wenn du willst… Dass du sie kannst, ist natürlich erschreckend, aber ich habe es erwartet, deshalb eben nicht allzu überraschend. Ich habe sogar damit gerechnet. Deswegen ja auch meine Überlegung. Ich habe es fest mit eingeplant. Na los, gib mir deinen Zauberstab! Ich löse den Bann. Und dann…“ Fordernd streckte sie ihm die Hand entgegen, drehte sich schon halb um. „Da war doch so ein Spruch dabei, denke ich. Harry, du kennst den Abwehrzauber für leichte schwarzmagische Angriffe?“ Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf, aber er begann zu ahnen, worauf das hinauslief. Und es gefiel ihm. Er würde lernen. Viel lernen. Schwarze und Weiße Magie. Beides. Und das kam ihm so gelegen! Vielleicht wurde da der Spruch von Bill ja unwichtig… „Das ist schade. Hm, dann wirst du ihn wohl lernen müssen!“ Sie blickte Draco an. „Nun gib ihn schon her, kriegst ihn ja zurück!“ ~*~*~*~ Draco zog eine Augenbraue hoch. Sie hatte damit gerechnet? Na, das wurde ja immer besser... Und worauf sollte dieser ganze Mist eigentlich... Seine Gedanken stockten, als Tonks Harry auf Verteidigungszauber ansprach. Das war doch nicht ihr Ernst! Das konnte nicht sein. Seine grauen Augen weiteten sich leicht. Aber es musste... Wenn sie den Bann lösen wollte... Er hatte den Zauberstab halb hervorgezogen, war aber mitten in der Bewegung erstarrt. „Sehe ich das richtig, dass Sie wollen, dass ich Schwarze Magie gegen Potter zaubere?“ Seine Stimme war ruhig, doch innerlich war er aufgewühlt, auf eine Art, die er nicht genau bestimmen konnte. Das Angebot Tonks zu duzen hatte er automatisch ignoriert. ~*~*~*~ „Natürlich!“ Tonks kehrte erfreut mit ihrem eigenen Zauberstab von der Suche durch das Chaos auf ihrem Schreibtisch zurück. „Du musst lernen, wie man damit umgeht und was geschehen kann. Und er sollte definitiv lernen, wie er sich dagegen zur Wehr setzt. Wenn man die Sprüche kennt, dann überraschen sie nur noch halb so doll. Und ich habe von Dumbledore den Auftrag bekommen, dir zu zeigen, was du mit diesen Sprüchen in dir anrichtest!“ Sie lachte. „Harry. Steh auf und mach nach! Medius partis!“ Der Schwarzhaarige beeilte sich, dem nachzukommen, Vorfreude im Bauch. Lernen, wie man den Tod besiegt, wie man die vernichtet, die er zu töten geschworen hatte… Aber sein erster Versuch ging in die Hose. „Gleich noch einmal. Sonst wirst du dem Acidum facere nichts entgegensetzen können!“ Die Lehrerin machte es noch einmal vor. „Du auch, Draco! Na los!“ Ein weiches Leuchten glimmte vor Harrys Zauberstab auf, als sie gerade zu Ende gesprochen hatte. „Es geht.“, flüsterte Harry glücklich, schüttelte den Stab, um die Wirkung zu annullieren, dann sprach er erneut. „Medius partis!“ Und das Leuchten kam zurück. „Sehr schön! Was ist mit dir?“, wandte sich das Fräulein Lehrerin überdreht an den Blonden. ~*~*~*~ Draco biss die Zähne zusammen. Das war doch... vollkommen bescheuert. Was es in ihm anrichtete... Was hatte sie denn für eine Ahnung? Starr blieb er sitzen, sah zu, wie Tonks dem Gryffindor offenbar kurz einen Verteidigungszauber zeigte und sich dann erneut zu ihm umwandte. Erstaunlich, wie schnell der Schwarzhaarige ihn begriffen hatte. Der Slytherin blickte Harry an. Kurz, aber durchdringend. Ihn nicht… Die Worte gingen ihm wieder durch den Kopf. Die Worte, die er Snape gesagt hatte... In dem Moment waren sie wahr gewesen. Waren sie es jetzt noch? Draco stand auf. „Sie werden Ihre Unterrichtsstunde ohne mich abhalten müssen.“, sagte er hart. „Ich habe keine Lust mich von Ihnen auf Dinge hinweisen zu lassen, von denen Sie keine Ahnung haben. Und ich habe keine Lust, mich von Dumbledore benutzen zu lassen.“ Seine Augen blitzten auf. „Erst hält er mir einen Vortrag über den Umstand, dass Schwarze Magie verboten ist und dann soll ich sie anwenden?“ Er war lauter geworden, ohne dass er es gemerkt hatte. „Und das auch noch gegen seinen Goldjungen?“ Ein kurzer Blick zu Potter, dann fixierte Draco wieder Tonks. „Vergessen Sie es.“ Nein, dabei würde er nicht mitmachen, um nichts auf der Welt. Er wollte nicht weiter vor dieser Versuchung stehen. Und er wollte diese nicht... gegen ihn anwenden. Nein. Zum Teufel – NEIN. Und es machte ihn gerade wütend, dass Snape das hier gewusst hatte. Ansonsten wäre dieser dumme Bann doch niemals auch von Tonks lösbar gewesen. Verdammt. Jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Snape wusste es, nicht wahr? Er wusste, dass mich das hier erwartet. Schön, dann dürften Sie sicher auch wissen, was ich ihm gesagt habe. Wollen Sie mich wirklich auf ihn hetzen?“ Ein knappes Schulterzucken Richtung Harry. „Dazu ist er Ihnen doch zu wertvoll. Soll sich Dumbledore einen anderen Lehrmeister für seinen Lieblingsschüler suchen. Aber nicht mich. Von mir aus kann er mich dafür auch gerne von der Schule werfen.“ ~*~*~*~ Tonks lachte herzlich. „Ach nein, er wusste nichts davon! Professor Snape, meine ich! Und Dumbledore… tja… der wohl auch nicht, auch wenn er mich gebeten hat, ihm unter die Arme zu greifen. Aber dass du kneifen willst, kommt gar nicht in Frage. Du sollst schließlich lernen, wie es ist, einer Versuchung zu widerstehen, nicht wahr? Und dazu musst du erst einmal wissen, was es heißt, dieser Versuchung nachzugeben.“ Immer noch lachte sie glücklich, klatschte sogar begeistert in die Hände. Sie hatte so sehr gehofft, dass er das sagen würde, und jetzt tat er es. Aber das hieß nicht, dass es für ihn schon vorbei war! „Also dann, Draco, stell dich da vorne hin, Harry, du hier!“ Sie zog an ihm, dass er inmitten einer Rosette aus Papier stand, wuselte dann zu Malfoy hin, der steif mitten im Zimmer stand. In Harrys Gedanken arbeitete es. Von Dumbledore benutzt? Goldjunge? Vergessen… Er würde ihn nicht angreifen? Warum nicht? Er war zu wertvoll? Und ein Lehrmeister? Hatte Tonks das etwa so geplant? Auf seinen Lippen schlich sich ein glückliches Lächeln. Irgendwie hatte er gerade das Gefühl, dass die Kälte nachgelassen hatte. In ihm war es wärmer geworden, weil er jetzt wusste, dass Draco ihn nicht angreifen würde. Er hatte Snape angegriffen. Aber ihn wollte er nicht? Gut, er hatte es nicht gesagt, aber es klang so durch… ~*~*~*~ Dieses Lachen... Diese verdammte Fröhlichkeit. Sie machte ihn noch wahnsinnig! Bei dieser Frau schien es, als sei das alles nur ein Spiel. Nichts weiter als ein bisschen Amüsement. Draco blieb starr stehen, während Tonks Harry seine Position zuwies. Seine Augen funkelten die Lehrerin wütend an. „Sie haben mich nicht verstanden. Das hier ist kein Spaß. Wenigstens für mich nicht. Schön für Sie, dass Sie sich offenbar herrlich amüsieren, aber dafür bin ich nicht hier.“ Er trat Richtung Tür. Er wollte hier weg. Weg von dieser durchgeknallten Hexe, die diese Dinge von ihm forderte. Weg von diesem Wahnsinn. Mühsam zügelte er dieses wütende Tier in seiner Brust. Er wollte diese Wut nicht frei lassen. Nicht hier, nicht jetzt... Nicht auf... ihn. Nicht auf ihn. Auch wenn ein Teil dieser Wut ihm galt... ~*~*~*~ „Aber, aber!“ Schon war Tonks bei ihm, schob ihn an Ellbogen und Schulter auf den Platz, wo sie ihn haben wollte. „Wenn es Spaß wäre, wäre es ja wohl kaum eine Strafarbeit, nicht wahr?“ Wieder lachte sie. „Und wenn du dich weigerst, dann werde ich mir eben überlegen, wie ich dich dazu zwingen kann. Notfalls schalte ich halt Severus ein, der hat sicher Spaß dran, diese Aufgabe zu übernehmen!“ Und plötzlich war das Amüsement nicht mehr ganz so deutlich vorhanden, sondern machte echter Vorfreude Platz. „Ich kann ihn auch jetzt gleich rufen.“ ~*~*~*~ Draco lachte heiser auf. „So, wie Sie sich benehmen, scheinen Sie reichlich sadistisch veranlagt zu sein. Sie sollten mal über einen Besuch bei St. Mungos nachdenken.“ Sein Geduldsfaden riss. Und weil er sich gerade eben nicht magisch austoben wollte, blieben ihm nur noch Sarkasmus und seine schnelle Zunge. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir wissen, denke ich, beide, dass Snape uns kein bisschen weiterbringen wird...“ Nein, wirklich nicht. Es sei denn, Fesselungszauber galten als gute Methoden, jemanden von etwas zu überzeugen. „Es ist übrigens recht erstaunlich, dass all Ihre guten Argumente jetzt schon aufgebraucht sind. Sind Drohungen wirklich das einzige, was Ihnen noch bleibt? Im Prinzip sollte es doch gar nicht so schwer sein, einen ach-so-bösen Slytherin dazu zu bringen, Schwarze Magie anzuwenden, oder?“ Beinahe war er davor, nachzugeben. Beinahe. Um sich von dieser Wut zu befreien. Um dieses dämliche Lachen nicht mehr hören zu müssen. Um sie zum Schweigen zu bringen... Aber er konnte nicht. Noch nicht. ~*~*~*~ Tonks lachte erneut. Keine Argumente mehr? Nein? Aber klar doch. „Kekse?“ Sie reichte ihm einen Teller. ~*~*~*~ „Nein. Stattdessen eine Antwort. Ein einziges gutes Argument. Und das Gefühl, dass Sie irgendetwas überhaupt Ernst meinen.“ Erzwungene Ruhe lag in seiner Stimme. Dracos rechte Hand schloss sich fest um seinen Zauberstab. Er spürte, wie der Stab an dem provisorischen Verband festklebte. Schon wieder blutig... Nur mühsam wahrte er noch den Schein, konnte er die Selbstbeherrschung aufrechterhalten. ~*~*~*~ Die junge Frau seufzte. Der ganze Spaß war verschwunden. „Warum nicht?“, fragte sie plötzlich. „Du hast einen Jungen angegriffen, der dir und deinem Vater nahe steht. Du hast ihn beinahe umgebracht. Und jetzt, wo der vor dir steht, für dessen Tod du wahrscheinlich noch einen Orden verliehen bekommen würdest, zierst du dich. Du wirst ihn nicht verletzten oder so. Er ist nicht so schwach, wie du glauben magst. Er hat den Abwehrzauber gemeistert, er wird von dir nicht getroffen werden.“ Sie war ruhig und ganz ernst, wie er es sich gewünscht hatte. Ja, auch das konnte sie sein. Wenn sie musste. Harry kam jetzt zu den beiden herüber. Tonks’ Worte waren Blödsinn. So wie er das verstanden hatte, wollte Draco nur nicht wieder unter die Kontrolle der Schwarzen Magie geraten. „Du brauchst keine Angst haben. Schwarze Magie ist nur schwarz, wenn das Herz, das sie wirkt, dunkel ist.“ Tonks blickte ihn an, ihr Ausdruck leicht irritiert. Was war denn das? Wo hatte er so einen Unsinn her? ~*~*~*~ Wenigstens lachte sie nicht wieder. Wenigstens das nicht... Aber ihre Worte... Humbug. Nichts weiter. Er hatte keine Angst, Schwarze Magie gegen Potter anzuwenden! Nein. Er wollte es nur nicht... Dracos Kopf ruckte bei Harrys Worten herum. Leicht runzelte der Blonde die Stirn. Konnte das sein? Aber selbst wenn... Es machte keinen Unterschied. Gar keinen. „Warum glaubt ihr eigentlich, dass ich Angst habe?“ Sein Gesichtsausdruck bekam ungewollt etwas Trotziges. „Ich habe mit Sicherheit keine Angst.“ Doch, ein wenig. Aber nicht hiervor... Vor dem, was aus ihm werden konnte. Vor dem, was er anrichten konnte. Vor dem, was er tun würde... Aber nicht hier. Generell. Vor der Zukunft... Aber hiervor? Lachhaft. Er hob den Zauberstab. „Professor.“ Ein kurzer auffordernder Blick zu der Lehrerin. Sie hatte den Bann schließlich noch nicht gelöst. „Aber ich will hinterher keine beschissenen Vorwürfe hören. Von niemandem.“ ~*~*~*~ „Geht klar!“, rief Tonks und schon tippte ihr Stab gegen Dracos. „Zehn Minuten.“, verkündete sie dann. „Länger kann den Bann nur Professor Snape aufheben.“ Sie wirbelte herum. „Na los, Harry, auf deinen Platz. Der Schwarzhaarige nickte, wandte sich um, doch irgendwie drehte er sich noch einmal um. „Wegen dem Goldjungen sprechen wir uns aber noch, Malfoy!“ Er wusste nicht, warum er das jetzt sagte, aber es war ihm ein Bedürfnis. Das Wort war doch… das letzte! ~*~*~*~ Draco zuckte mit den Schultern. Von ihm aus... Er hatte genug damit zu tun, sich nicht vollkommen gehen zu lassen. Dieses widerliche Tier in ihm wollte sich jetzt austoben. Und jetzt kam auch noch dieses Drängen nach Schwarzer Magie hinzu... Nein, da blieb für Konversation wirklich kein Platz. Kein Grund, noch Zeit zu verlieren... Der Gryffindor stand auf seinem Platz und damit begann es. Von Todessern würde er schließlich auch kein ordentliches Duell erwarten können. „Acidum facere!“ Die Kraft und der Zorn, den er in den Zauber gelegt hatte, waren begrenzt. Kontrolle war gerade alles. Und er wusste nicht, wie lange sie halten würde... Der Fluch jagte auf Potter zu. Nun zählte es. ~*~*~*~ Es war düster, was da kam. Harry konnte es spüren. Und trotzdem war es nicht so schwarz wie die Zauber des Unnennbaren. Es war irgendwie anders… Plötzlich wie in einem Traum gefangen, hob er den Zauberstab, sagte den Spruch, den Tonks ihm verraten hatte, blockte den Zauber, ohne es richtig mitzubekommen. In seinem Inneren war so ein Gefühl, Schmerz in seiner Stirn, nicht schlimm oder so, aber sie pochte so komisch. „Das war nicht stark genug.“, sagte er nachdenklich. „Leg mehr Kraft rein…“ ~*~*~*~ Ein wenig Erleichterung durchströmte den Slytherin. Gut, Potter konnte den Zauber also blocken... „Du weißt nicht, was du verlangst...“ Leise Worte. Zu leise, um von irgendwem gehört zu werden. Draco wusste, dass er sich selbst nicht mehr lange zurücknehmen konnte. Die Bestie hatte Blut geleckt... „Acidum facere!“ Erneut der gleiche Fluch. Stärker. Mit mehr Wut im Nacken. ~*~*~*~ Wieder hob Harry seine Hand, doch er kam nicht mehr dazu, den Spruch zu sprechen. Die Bilder kamen zurück. Die Bilder, die er, seit er in Hogwarts war, endlich vertrieben hatte… Schwarze Kutten, böse Blicke, eine Atmosphäre, die dem Untergang glich, hämische Stimmen, schwarze Macht. Das Gefühl von Ketten kam wieder, nahm ihm den Atem, den er zum Sprechen brauchte, als der Schmerz in seiner Narbe explodierte. Feuer vor seinen Augen, üble Gerüche, verbranntes Fleisch, Schmerzensschreie, Wasser von oben, Regen. Eiseskälte. Dracos Zauber traf ihn frontal, ließ ihn aufkeuchen und in die Knie gehen, doch die Augen waren schon vorher aufgerissen gewesen, angstvoll, panisch. Sein Zauberstab hob sich wie von selbst. „Expelliarmus!“ Nicht mehr als ein Flüstern und auch nicht wirklich bewusst, denn alles, was er wahrnahm, waren die Bilder vor seinem inneren Auge. Prachtvolle Girlanden, der Gesang des Phönix in seinen Ohren. Diggory… Vorwurfsvoll… Das Wunder, wenn zwei verwandte Stäbe gezwungen wurden gegeneinander zu kämpfen… „Es tut mir Leid, ich…“ Der Expelliarmus traf Tonks, die gerade den Gegenzauber zu Dracos Angriff sprechen wollte. Ihr Zauberstab flog davon und sie knallte gegen die Wand, flog nur knapp an ihrem Schreibtisch vorbei. Es presste ihr kurzzeitig die Luft aus den Lungen und ihr wurde schwarz vor Augen. Sie wurde nicht beachtet. Harrys Gesicht verriet auch nichts von Schmerzen. Es war schuldbewusst, zerknirscht, grauenerfüllt… ~*~*~*~ Draco sah mit schreckgeweiteten Augen, wie der Gryffindor getroffen wurde. Verdammt. Warum hatte er sich nicht verteidigt? Warum... Weiter kamen seine Gedanken nicht. Tonks wurde entwaffnet und machte die Bekanntschaft der Wand neben ihrem Schreibtisch. Draco handelte, ehe er überhaupt denken konnte. Seine Lippen formten den Gegenzauber, ließen ihn auf den Schwarzhaarigen zuschießen, woraufhin sich dessen Verletzungen sofort wieder schlossen und geheilt wurden. Doch den Schmerz, den konnte er nicht zurücknehmen... Es gab keinen weiteren Schmerz mehr, aber das Gefühl war nicht mehr zurückzurufen. Er war nicht geübt in dem Gegenzauber. Er hatte ihn gelernt, weil es sinnvoll war, aber selten benutzt. Zu selten, um sicher darin zu sein... Doch diesmal reichte er. Offenbar. Die Knie des Blonden waren auf einmal seltsam weich, als er mit gesenktem Zauberstab zu Potter schritt, der seltsam dreinschaute... Allein Dracos Augen verrieten ein wenig von der Sorge in seinem Inneren. Einer Sorge, die ihm fehl am Platz vorkam. Schließlich schien er selbst diesem Jungen dort doch recht wenig zu bedeuten, nicht wahr? „Alles... okay?“ Zögernde Worte. ~*~*~*~ Harry reagierte nicht auf ihn, doch schon Sekunden später begann er zu lächeln, als er plötzlich seine Eltern sah. Sie kamen hinter einer unbekannten Frau aus dem Licht, sie lächelten ebenfalls. Der Schwarzhaarige schloss seine Augen. Hatte er sich nicht vor kurzem noch gewünscht, dass er sie sah? Da hatte er diesen Spiegel gesucht, mit… Malfoy. „Mum!“ Die schlimme Szene war vergangen, mit dem unbemerkten Schmerz verflogen. „Dad…“ War er bei dem Spiegel? Waren sie im Spiegel? Oder waren sie wirklich da? Na, das wohl nicht, blieb nur der Spiegel… Hatten sie ihn am Ende doch noch gefunden? „Malfoy, was kannst du sehen?“ Das Lächeln wurde breiter und er öffnete die Augen. ~*~*~*~ Langsam ging Draco vor dem noch immer am Boden sitzenden Gryffindor in die Knie. Seine Worte machten keinen Sinn. Gar keinen... Mum und Dad? Wo sollten sie hier sein? Und was sollte er bitteschön sehen? „Hey... Sieh mich an.“ Der Blick der grünen Augen traf ihn zwar, aber dennoch ging er seltsam ins Leere. Er sah ihn und zugleich auch nicht... Es schien, als wenn der Schwarzhaarige träumte. „Sieh mich an, Potter...“ Noch einmal die Aufforderung. Nachdrücklich, aber sanft. Ohne weiter drüber nachzudenken legte er seine Hände auf Harrys Schultern. ~*~*~*~ Dieser blinzelte, schüttelte leicht den Kopf. Dann stellten sich seine Augen scharf. Sein Hirn bekam die volle Breitseite: Malfoy. Direkt vor ihm. Körperkontakt… Seine erste Reaktion war Flucht, doch seine Gedanken waren schneller, als sein noch immer reichlich gelähmter Körper. Er hatte ihm schon einmal wehgetan, weil er weggelaufen war. Er würde das nicht noch einmal machen. Und was hatte die Sorge zu bedeuten? „Was ist denn los?“, fragte er mitleidig, fast besorgt. Machte er sich Sorgen um ihn? Warum? Er hatte doch nur… Harry stockte, seine Augen weiteten sich ein wenig, als er erkannte, was er gerade selbst noch gefragt hatte, als er den Traum rekonstruierte. Leise seufzte er, blickte traurig lächelnd zu Boden. „Sorry, ich war nicht anwesend. Ich war… weg…“ Ja, das war jetzt schon die ganze Woche nicht mehr passiert, aber davor, da war er das gewohnt gewesen. Da war es jeden zweiten Tag passiert. Mal mehr, mal weniger schlimm. ~*~*~*~ Es ging ihm einigermaßen gut. Beinahe sofort wahrte Draco wieder die Distanz. „Dass du weg warst, war schwerlich zu übersehen.“ Eine hochgezogene Augenbraue. „Dich hat mein Fluch gerade voll getroffen... Und du hast Tonks entwaffnet.“ Der Slytherin deutete in die Richtung, wo sich die Lehrerin gerade geräuschvoll aufrappelte. „Aber ich schätze, mein Gegenzauber kam gerade rechtzeitig. Tut dir noch etwas weh? Mehr als nur ein übles Nachklingen?“ Überrascht stellte Draco fest, wie analytisch er die Sache jetzt angehen konnte. Einen Punkt nach dem anderen abhaken. Nichts weiter. Der Schreck saß ihm noch in den Gliedern, doch zugleich... zugleich war da dieses widerliche Tier, das erfreut war, dass seine Wut ihre Bahn gefunden hatte. Nur kurz, aber immerhin. Eine Revanche für unerwarteten Schmerz. Und ein Gedanke, den er nicht unterdrücken konnte. ~*~*~*~ Wehtun? Ihm tat nichts weh. Bis auf ein kleiner Knoten in seiner Brust, der dadurch zusammengeschnürt wurde, dass Draco auf Abstand ging. Die Wärme gerade war genauso gewesen wie… auf dem Turm oben. Und irgendwie… Harry schüttelte den Kopf, brachte seine Beine unter seinen Körper und stemmte sich hoch. „Danke.“, sagte er. „Für den Gegenzauber.“ Von dem er nichts mitbekommen hatte, aber das war ja nicht das Wesentliche. „Lass es uns noch mal versuchen. Diesmal bekomme ich keinen Flashback!“ Harry ging erwartend in Abwehrhaltung. „Na los, du hast nicht mehr so viel Zeit!“ Tonks war einfach nur sprachlos, hatte immer noch damit zu tun, die Situation zu begreifen, weshalb sie auch nichts sagte. Der Aufprall war wohl doch etwas zu heftig gewesen. ~*~*~*~ „Okay.“ Draco nickte und stand ebenfalls auf. Einen Augenblick lang blieb er noch vor dem Schwarzhaarigen stehen und sah ihn an. Forschend, prüfend. Jede Kleinigkeit nahm er auf. Den Ausdruck in den grünen Augen. Das winzige Zucken einer Ader am Hals. Die wirren Haarsträhnen in seinem Gesicht. Die leicht geöffneten Lippen. „Wie du meinst.“ Dann drehte er sich um und stellte sich wieder auf seine Position. „Acidum facere!“ Es war beinahe nur Leere in ihm, als er den Spruch sagte. Und doch... schickte er eine Kraft mit, die diesem elenden Biest entsprang. Den Hunger nach Schwarzer Magie und den Schatten dieser endlosen Wut, die ihn im Moment ständig anfüllte. ~*~*~*~ Harry blockte grandios, auch wenn er diesmal mehr Probleme damit hatte. Auch die Narbe meldete sich wieder und irgendwie begann er plötzlich zu zweifeln. War Schwarze Magie vielleicht doch böse? Oder nicht? Aber in diesem Falle wäre dann ja Malfoy böse… Und das konnte er irgendwie nicht glauben. Wollte er nicht glauben. Nicht wirklich. Das passte doch überhaupt nicht zu diesem Gesicht, das er vor ein paar Tagen – gestern - gesehen hatte. Ein weiches, völlig unschuldiges Gesicht. Man sagte doch, der Schlaf offenbare die wahre Natur des Menschen. Oder? Verzweiflung ließ ihn zittern. Er wollte nicht, dass Malfoy wirklich böse war. Er wollte auch nicht, dass Magie böse sein konnte! Das widersprach ihrer Natur, weil sie eben nicht menschlich war. Aber das würde dann bedeuten… Seine Gedanken begannen sich im Kreis zu drehen. Das durfte einfach nicht sein! „Noch mal!“ ~*~*~*~ Mit steinerner Miene sah Draco zu, wie Potter den Fluch blockte. Grandios, vor allem für so kurze Zeit. Sein Blick wanderte zur Uhr. Die Zeit reichte noch für einen Zauber. Nicht mehr... Der Drang, der Sog... Er war gigantisch. Einen winzigen Augenblick schloss er die Augen. Er brannte bis hinein in seine Seele. Ein weiteres dunkles Mal... „Acidum facere!“ Eine Wagenladung an Gefühlen begleitete den Fluch dieses Mal. Angst. Nackte Angst darum, was aus ihm werden würde. Wut über seine eigene Hilflosigkeit. Nackter Hass auf den Mann, dem er das alles hier zu verdanken hatte. Blanker Hass auf Lucius Malfoy. Sucht. Der unglaubliche Hunger nach mehr, obwohl er wusste, dass es ihm schadete... Seine Kraft ließ nach. ~*~*~*~ Harry schaffte auch diesmal, den Fluch zu blocken, aber es war anders als vorher. Die Wut richtete sich nicht mehr so sehr gegen ihn. Und Malfoys Gesicht… Es tat weh. Als hätte er ihn wieder geschlagen. Wellen schlugen gegen die imaginäre Wand. Er konnte die Angst sehen, wusste vielleicht auch nur, dass sie da war, weil Draco ihm gesagt hatte, dass er welche hatte. Angst davor, nicht mehr davon loszukommen. Ihm wurde plötzlich bewusst, was er wirklich getan hatte. Hatte er ihn nicht selbst gebeten, diese Art von Magie niemals wieder anzuwenden, weil sie ihm ganz offensichtlich schadete? Hatte er ihm nicht geraten, dass er es lassen sollte? Und jetzt forderte er ihn immer wieder dazu auf? War er denn bescheuert? War er wirklich so versessen darauf, neue Magie zu lernen, dass er dafür Malfoys Wohl aufs Spiel setzte? War er so… egoistisch? „Hör auf.“ Seine Stimme klang brüchig, er ließ die Hand mit dem Zauberstab sinken, blickte ihn nach Verzeihung flehend an. Er machte gerade viel zu viele Fehler. Erst ließ er ihn alleine, dann brachte er ihn dazu, etwas zu tun, was schlecht für ihn war… Was war er für ein Freund? Ein Freund, der immer noch den Nachnamen des Jungen verwendete, den er als Freund bezeichnete. Ein Freund, der nur an sich dachte. Ein Freund, der nicht auf die Gefühle seines Freundes achtete… Harry trat auf den Blonden zu, hob die freie Hand. „Dray, es tut mir leid…“ Er stockte. Oh Merlin! Was war denn das gewesen? Das hatte er jetzt nicht gesagt, oder? Nein, beschlossene Sache - er hatte ihm keinen Kosenamen angehängt, sich das nur eingebildet. Vielleicht überhörte Draco das ja auch…? ~*~*~*~ Draco senkte den Blick. Er brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, dass Harry den Fluch abblocken konnte, es problemlos schaffte. Sein Körper zitterte. Es tat weh, wenn er die Luft einsog, die er zum Atmen brauchte. Das Blut rauschte dröhnend in seinen Ohren... Es war zuviel. Viel zu viel... Nur mühsam wahrte er das Gleichgewicht. Jetzt wusste er, wie sich diese Grenze anfühlte... Leise, nur ganz eben erreichte eine Stimme sein Ohr. Er blickte auf. Die grauen Augen verschleiert, das Gesicht das erste Mal an diesem Tag offen. Grüne Augen. Sorgenvolle, leuchtend grüne Augen. Bildete er sich das ein oder sah er das wirklich? Er war sich nicht sicher... Er musste husten, zwang wieder Luft in seine Lungen, kämpfte die aufkeimende Panik nieder. Das war nichts weiter als ein gewisses Maß an Erschöpfung. Geistiger Erschöpfung, die sich gerade auf seinen Körper niederschlug. Er musste ruhig bleiben. Irgendwie konnte er noch klar genug denken. Und zugleich... Hatte Harry ihn gerade wirklich Dray genannt? Verblüffung und Überraschung zeichneten sein Gesicht, doch er sagte nichts, konnte es gerade gar nicht. Zu sehr war er damit beschäftigt, seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen. Langsam nickte er. Das einzige Zeichen, das er gerade geben konnte, um die Entschuldigung anzunehmen. Allmählich wurde sein Atem wieder ruhiger und er hatte genug Kraft, um wieder zu sprechen. „Das... reicht definitiv für heute.“ Noch immer hatte er die kalte Maske nicht auf sein Gesicht zurückbringen können. ~*~*~*~ Harry nickte, biss sich auf die Lippe. Er hatte das Gefühl, dass Draco Nähe brauchte, aber vorhin, da war er von ihm wieder weggegangen. Einfach so. Ohne Grund. Vielleicht hatte er es sich ja anders überlegt. Vielleicht… war er böse… „Ich denke auch, dass es für heute genug ist.“ Tonks war wieder auf dem Damm, zumindest fast, sah sie doch immer noch recht wild aus. „Ihr ward beide wirklich gut heute.“ Sie lachte schon wieder. „Hier, Harry, nimm noch einen Keks, dann geh spielen.“ Der Junge nickte, griff in die Schale und nahm sich einen heraus. Ein letzter Blick auf Draco und er verließ das Zimmer. „Nächsten Samstag wieder hier, ja?“, rief sie ihm noch nach, dann hielt sie dem Blonden die Schale entgegen. „Was hast du heute gelernt, Draco?“, fragte sie und sie bemühte sich wirklich um einen ernsten Tonfall. ~*~*~*~ Draco starrte zu Boden, während Tonks den Gryffindor verabschiedete. Langsam, ganz langsam fühlte er sich etwas besser. Er blickte erst auf, als Tonks ihm die Schale unter die Nase hielt. Mit einem schiefen Grinsen nahm er einen Keks, biss ab und ging die paar Schritte zu ihrem Schreibtisch, wo er sich auf einen Stuhl fallen ließ. Die Erschöpfung auf seinem Gesicht war kaum zu übersehen. „Dass Sie auch ernst sein können.“ Ein winziges Lächeln huschte über sein Gesicht. Sie gab sich Mühe – und das wusste er durchaus zu schätzen. „Und wo meine Grenzen sind... Diese zehn Minuten zu zaubern war... anstrengend.“ Er fuhr sich mit der linken Hand durch das Haar und strich es aus der Stirn. Von der rechten wusste er, dass er sie besser nicht hob – das Taschentuch war längst vollkommen durchgeblutet. Er würde es nachher ersetzen müssen. „Jeder einzelne Fluch, jeder einzelne Spruch kostet einen Teil der Seele des Zauberers, der ihn spricht. So lange, bis er gar keine Hemmungen mehr kennt und nur noch diesen Sog, dieses süße Gefühl, wenn die Schwarze Magie wirkt...“ Ja, der Slytherin konnte nur allzu deutlich spüren, dass ihn dieser Nachmittag etwas gekostet hatte. Aber ganz am Ende... Bei dem letzten Fluch... Da hatte er einen Sekundenbruchteil das Gefühl gehabt, als wenn sich dieser Zauber anders angefühlt hatte. Nicht viel, aber ein wenig... Vielleicht, weil sich keines dieser verdammten Gefühle auf das Opfer des Zaubers gerichtet hatte. „Ich glaube…“, sagte er langsam, „Sie haben einen falschen Eindruck von mir... Ich habe den Acidium heute das erste Mal angewendet... Ich kann diese Sprüche alle, ja. Ich habe sie aber trocken gelernt. Ich kenne die Formeln, die Bewegungen, alles. Aber das erste Mal in meinem Leben habe ich Schwarze Magie gegen Warrington eingesetzt.“ Er stockte, unsicher darüber, ob er weitersprechen sollte und ob es sie überhaupt interessierte. Der Blonde blinzelte Tonks an und ein wenig beruhigt durch ihren ruhigen, nahezu sanften Gesichtsausdruck, sprach er weiter. „Mein Vater wollte, dass wir zu Weihnachten dieses Jahres anfangen, Schwarze Magie praktisch zu üben... Damit ich vorbereitet sei, wie er so schön sagte. Nun, diese praktische Übung ist hinfällig, was?“ Er lachte heiser auf. „Mir scheint, ich habe hinsichtlich dieser Magie ein wirklich umfassendes Talent. Erschreckend, nicht wahr? Und das erschreckendste ist, dass ich genau weiß, dass ich mich darauf verlassen kann und diese Sprüche nicht schief gehen werden...“ Draco senkte den Blick, schaute auf seinen Zauberstab. Sein Griff war klebrig und verschmiert von seinem eigenen Blut. Und doch zwang ihn gerade dieser leichte Schmerz dazu, konzentriert zu bleiben. ~*~*~*~ Tonks nickte lächelnd. Das war genau das, was sie hatte hören wollen. Jedenfalls der erste Teil. Draco hatte begriffen, was die Schwarze Magie mit ihm tat, hatte erkannt, wo genau die Gefahr lag. Und der zweite Teil… der war beunruhigend. Er hatte ihr indirekt gesagt, dass er nicht abgeneigt war, die Sprüche zu sagen. Hatte der Drang ihn vielleicht schon soweit im Griff, dass er nicht mehr davon loskam? „Und was hast du gefühlt, als er getroffen wurde?“, fragte sie und ließ sich ihm gegenüber auf ihren Stuhl sinken. ~*~*~*~ Dracos Hand krallte sich nahezu um den Stab, als Tonks ihre Frage stellte. Sein Griff war so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Mühsam sortierte er seine Gedanken. So viel ging gerade in seinem Kopf durcheinander. So viel... „Ich... weiß nicht…“, sagte er leise. „Ich habe mich erschrocken... Ich war mir so sicher gewesen, dass er ihn abblocken kann.... Dass er ihn abblocken wird...“ Erschrecken war bei weitem nicht das richtige Wort. Erst jetzt ging ihm auf, wie fassungslos und entsetzt er gewesen war. Dieser Fluch hatte wehgetan. So sehr, wie wenn er selbst getroffen worden wäre. Und das war verwirrend... Aber wie konnte er das sagen? Wie konnte er so etwas zu überhaupt jemandem sagen... Das ging doch niemanden etwas an. Niemanden. ~*~*~*~ Tonks nickte. „Du kannst auch gehen. Ruh dich ein bisschen aus, ja?“ Die bunte Frau hielt ihm noch einmal die Kekse entgegen, lächelte ihn an. „Du warst tapfer heute, junger Malfoy.“, ahmte sie unverwechselbar Dumbledore nach. ~*~*~*~ „Okay.“ Draco sah die Lehrerin mit einem schiefen Lächeln an. Er nahm einen Keks und schob ihn in den Mund, während er aufstand. „Einen schönen Abend noch...“, murmelte er, während er aus der Tür ging. Er ging nicht weit, bis er merkte, dass ihm kalt wurde. Es war wie das letzte Mal. Kalte Schauer rannen ihm über den Rücken und er fühlte sich - gelinde gesagt - ziemlich beschissen. An eine Rückkehr in den Slytheringemeinschaftsraum war nicht zu denken. Zum einen würde er sich dort wahrscheinlich mit Blaise auseinandersetzen müssen - was ja an sich schon nervenaufreibend genug war - aber zum anderen bestanden dort auch sehr gute Aussichten, sich wieder einmal mit irgendwem einen Machtkampf liefern zu müssen und das konnte er jetzt nicht. Er war schlichtweg zu erschöpft. Er brauchte jetzt einen Ort, wo er sich ausruhen konnte. Einen Ort, wo er in Ruhe das Chaos in seinem Inneren sortieren konnte. Zu viele unterschiedliche Eindrücke stürzten dort im Moment durcheinander. - Es gab nur einen Ort, der ihm einfiel. Langsam, fast wie von selbst, machte er sich auf den Weg zum Raum der Wünsche. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ So can you name your demon? Understand its scheming I raise my glass and say "here's to you" Can you chase your demon? Or will it take your freedom? I raise my class and say "here's to you" ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ----------__-----------__------------__-----------__-----------__------------ Shirokko: Mau… Draco tut mir leid. Ehrlich… Aber Harry… ich könnte ihn erwürgen. Was hab ich mir bei diesem melodramatischen Flashback nur gedacht… das ist so was von überzogen… *sichselbsttret* *shi-chanmichtretenlass* *schmollendineckehock* Ich bin ein Idiot. Schlagt mich… abranka: *shi-chanknuddel* Ich weigere mich dich zu hauen. ^^ Ich mag die Szene... Draco tut mir etwas Leid. Tonks setzt ihm wirklich arg zu... Und ich kann ihn verstehen... Sehr gut sogar... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)