Kampf gegen das Schicksal von Faylen7 (Wunden der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 16: ------------ Ein trüber Morgen brach an. Hässliche Regenwolken umhüllten die Zinnen der berühmten Schule der Söhne des Schicksals und ihr reines Wasser spülte die letzten Spuren des Mordes von wenigen Stunden hinweg. Donner grollte von weiten, während Link vor offenem Fenster mit veränderten Augen Blitze am Horizont auszumachen schien. Er spürte ihre Energie, immer dann, wenn sie vom Himmel krachten und wenn er genau hinsah, fühlte und lauschte, konnte er gelegentlich den Zorn jener Götter vom Himmel wallen hören, die für einen heftigen Blitzsturm verantwortlich schienen. Er war früh aufgewacht, beruhigt, von Zelda geträumt zu haben, auch wenn der Inhalt des Traumes nicht in seinen Erinnerungen verweilte. Sein Blick ging in Richtung der Mädchenschule und war unabsichtlich an jenen Spitzbogenfenstern angelangt, wo Ariana und Olindara schliefen. Vielleicht war es Arianas Ähnlichkeit mit Zelda... dass er diese Schmiedstochter so gut leiden konnte. Er stützte seine Hände ans Kinn und wünschte sich beinahe, Ariana würde aus dem Fenster schauen, ihm zu winken, eine Morgenbegrüßung schenken... alles nur, weil sie ihm irgendwie das kummervolle, einsame Herz wärmte... nicht mehr... Gerade da sah der junge Held seinen Mitbewohner über den Innenhof hasten. Gekleidet in einer dunklen Regenkutte war Will vor sechs Uhr aufgebrochen um nach seinem Wolfshund zu sehen, sonderlich, dass er schon wieder zurück war. Link schloss das Fenster, streifte das lange Hemd herab und trat vor den Spiegel. Ein magerer, einst so starker Körper spiegelte sich auf der Glasfläche. Dürre Beine. Der Oberkörper auch nur noch Haut und Knochen. Und dann die unheimlichen Augen... ohne Leben... verflucht... Link trat vorsichtig an sein Bett und zog sich seine Schulbekleidung über. Der Schnipsel mit dem Auftrag vom Allerleiunterricht purzelte lautlos über den Boden. Link lief dem gerollten Zettel hinterher und stoppte ihn mit einem nackten Fuß. Beinahe hätte er den Auftrag vergessen, den er doch wie andere Schüler erfüllen musste. Er entrollte das Papierchen vorsichtig und las mit Bedacht die Schrift darauf. „Berühmte Leute... Informiere dich über eindrucksvolle Persönlichkeiten Hyrules.“ Link zwinkerte... Was war das denn für ein Auftrag? Er hätte, weiß Nayru, ehrlich etwas... nun ja... abenteuerlicheres lieber getan. Und was hatte das mit dem Training, was Newhead unterrichtete, zu tun? Murrend öffnete Will die Tür und hatte das Packet Fleischwurst, welches er heimlich aus der Küche stahl, wieder dabei. Ein schroffes ,Morgen’, erklang aus Wills schmalen Lippen. Links Augenbrauen zogen sich irritiert nach oben und er packte den Schnipsel weg. Wann hatte Will schon mal schlechte Laune? War es nicht eins seiner tollen Mottos, dass da lautete: Ein Laundry hatte niemals schlechte Laune? Will pfefferte das Stück Fleisch in den Mülleimer und rang die vollgesogene Regenkutte aus. „Wulf war nicht in der Hütte“, sagte er in harschem Tonfall. „Und ich mache mir extra die Mühe und schau’ nach dem Hund. Sauerei...“ Link zuckte mit den Schultern und begrüßte Will zunächst. „Wie wäre es, wenn du heute abend noch mal nach ihm schaust.“ „Mir bleibt wohl nichts anderes übrig“, murrte er und prüfte mit seinen wachen grünen Augen die seltsame Farbe in Links Regenbogenhaut. Will trat näher, schnappte sich die Kerze vom Tisch und hielt diese an das irritierte Gesicht seines Kumpels. „Deine Augen sind nicht mehr weiß...“ „Was?“ Überrascht krallte sich Link den Spiegel auf seinem Nachttisch und schaute angestrengt hinein. Ja, Will mochte Recht haben: Seine Augen waren nicht mehr weiß. Aber seine Naturfarbe war trotzdem nicht wieder hergestellt. Wenn man genau hinblickte, war eine kleine Spur hellblau zusehen. Immerhin ein Fortschritt... Link atmete erleichtert aus. Das bedeutete, wenn er noch ein paar Tage warten würde, käme seine Augenfarbe von ganz alleine zurück. Bei Farore... ihm fiel gerade ein Steinfresser vom Herzen... „Obwohl ich immer noch nicht verstehe, was mit dir passiert ist, Link“, meinte Will und packte seine Sachen für den Unterricht zusammen. Eine gute Frage... jene nach dem Grund der Dinge... Aber nicht einmal der Held der Zeit würde ohne Hilfe die Antworten finden, welche auf derartige Fragen folgten. Zumindest schien sein Fragment in diesem Wirrwarr eine Rolle zu spielen. Und wenn er nicht demnächst achtsamer sein würde im Umgang mit dem Fragment, wäre eine Augenverfärbung vielleicht noch das Harmloseste, was einem Mächtigen wie ihm passieren konnte. Denn jede Macht hatte ihre Vorzüge, aber für ihre Vorzüge verlangte das Schicksal Gegenleistungen, ähnlich einer Waage, die im Gleichgewicht bleiben musste. „Wir dürfen uns heute ein Übungsschwert bei Viktor aussuchen“, sagte Will, während er in seinem Schrank herumwühlte. Er sah kurz hinüber zu Link. „Da fällt mir ein... du musst doch vorher noch zu Lorraux wegen dem Tanzunterricht.“ Und Link klatschte sich genervt auf die Stirn. „Verdammt... das habe ich ja vollkommen vergessen.“ „Na, wenn du mich nicht hättest“, sagte Will und grinste schief. Und Will hatte Recht... es wurde Zeit, dass Link sich endlich für dessen gutgemeinten Ratschläge, für sein Vertrauen und seine Verschwiegenheit bedankte... Aber Worte des Dankes über die Lippen zu bringen, war eine Lebensleistung für den Helden der Zeit, also nickte Link nur, schaute trübsinnig zu Boden und lenkte vom Thema ab. „Ähm... was ich dich noch fragen wollte...“, fing er an. Und der junge Kerl hüpfte zu seinem Bett und hielt das große, randvollgefüllte Marmeladenglas in seinen Händen. „Ist das vielleicht von Belle?“ Will schüttelte den Kopf. „Meine Mutter ist zwar ne gute Köchin und bereit auch selbst Marmelade zu, aber diese Riesengläser kenne ich nicht in unserem Haushalt.“ Neugierig nahm Will dem anderen Jugendlichen das Glas ab, öffnete den Verschluss, pfropfte eine Hand hinein und stopfte sich eine Portion in den Mund. Sofort bildete sich auf seinem Gesicht ein heißblütiges Verlangen nach mehr davon. „Himmel, das schmeckt zum Sterben lecker!“ Seine Stimme laut und begeistert. Cholerisch leckte er sich das süße Zeugs von den Fingern. „Herrlich, einfach nur herrlich!“ Link nahm ihm das Glas ab und probierte selbst. Tatsächlich schmeckte es unheimlich gut... aber Link konnte sich nicht erinnern, irgendwo im Leben schon einmal so etwas leckeres gegessen zu haben. Es war süß, aber hatte einen Geschmack wie die beste und cremigste hylianische Schokolade. Aus welcher hylianischen Frucht bereitete man so was leckeres zu? Wozu die Marmelade als Brotaufstrich verwenden? Die schmeckte so verdammt lecker, dass er das Glas am liebsten ganz verspeisen würde! „Wer hat dir das Glas denn nun geschenkt?“, meinte Will. „Also meine Mutter war es bestimmt nicht!“ Link zuckte mit den Schultern, schraubte das Gefäß zu und versteckte es in seinem Kleiderschrank. „Mir hat noch nie jemand etwas geschenkt oder ohne Grund überlassen... deshalb frage ich mich... wer...“ Aber sofort biss er sich auf die Lippen und erstak die Worte mit Schmerz. Er wollte von William Laundry einfach nicht als kleiner, familienloser Jammerlappen eingeschätzt werden, der sich selbst dafür bemitleidete, keine Geschenke zu bekommen. Weder zum Fest der Göttinnen, noch zum Geburtstag... Aber selbst das war ein Problem für Link. Er konnte nur vermuten, dass er wirklich fünfzehn Jahre alt war. Seinen genauen Geburtstag kannte er nicht... in Kokiri hatte er immer nur den Tag gefeiert, an welchem er in das Dorf gekommen war... aber eben nicht als Geburtstag... Der Dekubaum hatte ihm mitgeteilt, dass er mit großer Sicherheit fünfzehn Jahre alt war. In dem Moment schallte ein Poltern von außerhalb und die Tür zu dem Quartier wurde erneut aufgestoßen. Ein ganzer Trupp Lehrer trat in den Raum, allen vorneweg Viktor mit schmierigem Grinsen. „So, Jungs, Zimmerdurchsuchung. Ihr könnt verschwinden“, grunzte Viktor und hielt seine Hände protzend an die glänzende Ritterrüstung. Link verharrte an Ort und Stelle. Und Will marschierte aus dem Raum. „Was ist, Heldchen? Schlechtes Gewissen?“ Link warf dem höhnenden Ritter einen giftigen Blick aus seinen neuen Augen zu und verschränkte die Arme. „Nicht so schlecht wie Eures sein sollte“, nuschelte Link zwischen seinen Lippen hervor. Verärgert starrte der Direktor aus seinen dunklen Augen. Es kümmerte ihn nicht die Bohne, weshalb dieser angebliche Heroe eine neue Augenfarbe hatte. Stattdessen machte er sich Gedanken um seinen Stolz. Er war es gewohnt, dass die Schüler ihn angstvoll achteten und keineswegs die Stirn bieten würden. „Dein großes Maul wird dir irgendwann den Hals brechen, Heldchen.“ „Nicht, bevor die Gerechtigkeit Eure Seele aus dem Körper reißt“, warf der Held zurück. Hitzköpfig wie eh und je... ohne zu überlegen und ohne an mögliche Konsequenzen zu denken. „Tja, wer sagt’s denn, du passt echt gut zu deiner vorlauten Prinzessin. Zieh’ Leine, oder du fliegst von der Schule.“ Grummelnd trat Link aus dem Raum und sah aus seinen Augenwinkeln gerade wie der kleine Professor Twerckfuss mit seinem langen, weißen Spitzbart in seinem Schrank herumwühlte. Nur gut, dass Link seine Okarina und das Heilmittel mit sich trug... Will stand mit dem Rücken angelehnt an der Steinwand, hatte seine Arme verschränkt und blickte Link durchdringend aus seinen grünen Augen heraus. „Weißt du Link...“, fing er an und wand dem unbekannten Heroen den Rücken zu. „...manchmal denke ich, du unterschätzt deine gesamte Umgebung.“ Link zog die Augenbrauen bedenklich nach unten. „Du bist noch lange nicht so schweigsam wie du tust. Du machst dich verdächtig in deinen Handlungen und merkst es nicht einmal.“ Link schluckte die Spucke in seinem Mund zwanghaft herunter. „Und ich bin nicht so blöd, wie du mich einschätzt.“ Damit drehte sich Will wieder um und fixierte den Heroen mit eindringlichen, grünen Augen, Wills Gesicht todernst- so wie noch nie... „Ich weiß dein größtes Geheimnis.“ Und der junge Laundry schaute plötzlich verschmitzt drein und ließ seinen Kopf auf eine Schulter sinken. Links Mund stand sprachlos offen. Will wusste es? Er wusste sein Geheimnis? Nicht in der Lage nachzudenken, befürchtete Link schon das Schlimmste. Er wurde todesbleich im Gesicht, wollte etwas sagen, aber unterband es, um nicht zu stottern. William trat näher und funkelte eindringlicher aus seinen schlauen, smaragdgrünen Augen. „Du weißt...“ Die Ungläubigkeit in Links Gemüt brachte jeden Verstand zum Versagen... „Ja, ich weiß es.“ Hau’ ab, sprach Link in Gedanken zu sich selbst. Verschwinde... Aber seine Füße waren vor Fassungslosigkeit mit dem Erdboden verschmolzen. „Du weißt es also...“, brachte Link betäubt hervor. „Ja, war ja nicht schwer“, sagte Will ruhig und standhaft. „Zumal du jede Nacht im Traum davon redest“, erklärte er dazu. „Du weißt es also...“, wiederholte Link und stützte sich nun selbst an die Wand. Will wusste, wer der sogenannte, protzende, starke Held der Zeit war? „Und wieso...“, sagte Link leise. Aber Will trat näher und hatte nun ein unverschämtes Grinsen im Gesicht. „Also wirklich, du hättest mir ja gleich verraten können, dass du die Prinzessin tatsächlich persönlich kennst. Ich hätte es auch nicht weiter erzählt!“ „Moment, du redest von Zelda?“ „Ja, du hirnlose Herzbeere, von was denn sonst?“ Erleichtert atmete Link aus. William meinte lediglich seine ungewöhnliche Freundschaft zu Zelda und nicht das Heldendasein... Schwein gehabt, dachte Link. Will gab Link einen Stups mit den Ellenbogen direkt in die Rippen. „Du bist also wirklich der Freund der Prinzessin“, eiferte Will. „Sag’ schon, wie hast du das angestellt?“ Link sah überrascht auf und verstand mal wieder nicht die Bohne von Wills Andeutungen. Er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und grübelte. „Wie hast du es geschafft, die Prinzessin kennen zu lernen?“ Es war mehr als Neugierde in Williams Augen. Es war schon beinah Wahnsinn... „Es hat sich so ergeben“, meinte Link gelangweilt, worauf Will ihm sofort einen Klaps auf den Hinterkopf gab. „Ich weiß inzwischen sehr gut, wann du nach Ausreden suchst“, lachte er. Der junge Heroe sah hinauf und wanderte mit den Augen langsam an der Decke entlang. Er wand sich in die Dunkelheit des Ganges. Symbolisch... denn schon damals, als der Wald hinter ihm lag, war es die Dunkelheit vor ihm, die Dunkelheit seiner Bestimmung, die ihn dazu anleitete, Zelda zu treffen, Ganondorf zu treffen... Leise fing er an zu reden: „Als ich den Wald verlassen habe... ich meine Kokiri... war mein erster Weg in die Hauptstadt Hyrules. Die Leute erzählten von ihrem glücklichen Alltag, den ich nicht kannte, sie erzählten von Harkenia von Hyrule, dem König des Landes und sie erzählten von seiner Tochter.“ Er stoppte kurz und erinnerte sich mit leichtem Trübsinn an die alten Tage, wo er ansatzweise glücklich war. Glück... ja, in gewisser Weise war die Begegnung mit Zelda damals ein Bruchstück vom Glücklichsein... „Ich hatte einen Auftrag vom Wächter des Kokiriwaldes...“, setzte er hinzu und wartete darauf, dass Will etwas sagte, etwas fragte, aber er schwieg und hörte aufmerksam zu. „Ich wollte die Prinzessin einfach treffen, aber ich hätte nicht gedacht, dass...“ Link stoppte. Denn seine Worte würden mehr verraten, als er selbst verstand. Beinahe hätte er die Wahrheit gesagt. ,Aber ich hätte nicht gedacht, dass... ich die Hylianerin treffen würde, für die ich mehr aufgeben sollte als ich verstehen kann...’ „Ich bin in der Hauptstadt umhergewandelt und habe sie dann dort getroffen. Ich wusste noch nicht einmal, dass sie die Prinzessin war.“ Er hatte beinahe ein Lächeln auf seinem blassen Gesicht. „Und?“ „Was und?“ „Wie ging es weiter?“ William grinste schelmisch vor Aufregung. Das war besser als das neue Theater in der Hauptstadt Hyrules. Fehlten bloß noch die Schauspieler... „Wir haben den Tag zusammen verbracht... bis... sie plötzlich verschwunden war...“ „Warum das denn?“ „Sie musste einfach weg. Ich wusste noch nicht einmal, wie sie hieß...“ „Und dann?“ Wills Augen wurden größer und größer. „Ich wollte immerhin die Prinzessin treffen und dann habe ich mich ins Schloss geschlichen...“ „Voll cool. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das auch mal versucht“, eiferte Will. „Und wie ist sie nun so?“ Link kratzte sich verlegen am Kopf, wollte schon sagen, dass sie einzigartig war, aber er wollte nicht zugeben, dass sie ihm am Herzen lag, also... „Sie ist... temperamentvoll... ähm... hübsch... weise... und...“ Aber Will klopfte heimtückisch auf Links Schulter. „Jaja, ich weiß schon Bescheid, Link“, lachte der junge Laundry. „Du brauchst nichts mehr zu sagen...“ Damit lief Will die Arme hinter seinem Kopf und übel grinsend den dunklen Gang entlang. Link sprintete so schnell es ging hinter ihm her und hielt ihn auf. „Aber bitte sag’ das nicht weiter...“ Er bettelte beinahe. Aber Will war diesmal uneinsichtig. „Was? Warum denn? Wenn ich die Prinzessin kennen würde, würde ich damit angeben. Du bist einigen Jungs hier meterweit voraus!“ „Aber ich will nicht damit angeben!“, fauchte Link und kniff die Augen zu. „Ich kann es nicht ausstehen... wenn sich andere nur deswegen das Maul über mich zerreißen.“ Will klopfte wieder auf Links Schulter. Ein bärbeißiger Blick in den leuchtend grünen Augen. „Dich soll’ man erst mal verstehen.“ „Verdammt, ich fordere von dir, dass du das für dich behältst.“ Und Link fuhr wegen der Sache beinahe aus den Latschen. Verständlich, denn Zelda war die Elfe, mit der er sein Schicksal teilte. Er wollte nicht, dass andere damit eine übelriechende Gerüchteküche in Gang setzten. „Kannst du das nicht verstehen? Zelda ist...“ Sie war das beste, was ihm jemals passiert war... Er wollte nicht, dass sich irgendjemand über seine Beziehung zu ihr mokierte... Seine Freundschaft zu ihr, seine erste Begegnung mit ihr, waren wie ein kleiner Schatz für Link gewesen, ein Schatz, den er mit allen Mitteln hüten wollte. „Aber du könntest dafür geachtet werden.“ Links helle, nur schwach blaue Augen funkelten mit steigender Wut. „Ich will nicht geachtet werden für meine Freundschaft zu einer Prinzessin, Will. Wenn, dann dafür, was ich tue.“ Damit brach Link ab und sah zu Boden. Und Will seufzte laut. „Na gut, ich behalte es für mich, wie du meinst. Aber...“ Link rollte die Augen. Erneut eine Bedingung? „Denk’ bitte dran, dass du mit mir trainieren wolltest, sobald es dir besser geht.“ Link nickte verschwiegen und Will begab sich zum Frühstück. In dem Augenblick kam auch der Lehrertrupp wieder aus dem Zimmer der beiden Ritteranwärter gestiefelt, allen voran Viktor mit einem übel gelaunten Blick. Er hatte anscheinend nicht gefunden, was er suchte... „Die Zimmerdurchsuchung ist gelaufen. Du kannst von Glück reden, dass du diesmal heil davon gekommen bist, Heldchen“, murrte der Direktor. Sie hatten also nichts gefunden, was Link auch gewundert hätte. „Ist das eine Drohung?“, sagte Link giftig, ohne sich zurückzuhalten und erneut riskierte er ein lila Auge... „Nein, nur ein gutgemeinter Hinweis“, lachte Viktor. Auffällig war, dass er mit irgendetwas in seiner Hand spielte. „Wer hat dir denn eigentlich den schönen Fluch auf den Hals gehetzt, mit dem du nun herummarschieren darfst?“, quiekte Viktor und deutete auf Links helle Augen. Link knisterte mit den Zähnen und ballte die Fäuste. ,Nein’, dachte er. ,Diesmal bringst du mich nicht zur Weißglut.’ Und Links Blick fiel wieder auf die rechte Hand des Kerls und endlich erkannte er den Gegenstand darin. Das war sein Kompass! Was zum Teufel wollte Viktor mit seinem Kompass? Der Direktor trat an Link vorbei und war dabei sich fortzubegeben, als Link ihn in seinem Weg blockierte. „Ihr habt etwas, das nicht Euch gehört! Gebt’ mir sofort den Kompass zurück!“ „Nein, der ist beschlagnahmt.“ „Wie bitte?“ Und Link schüttelte vor Ungläubigkeit den Schädel. „Das ist doch nur ein kaputter Kompass! Was willst du überhaupt damit!“, höhnte der Ritter. „Mag sein, dass er kaputt ist, aber er gehört immer noch mir!“, sagte Link laut und eindringlich. „Von jetzt an aber nicht mehr!“ Und Viktor stiefelte wieder weiter. Doch Link ließ sich in dem Moment diese ekelhaften Gemeinheiten nicht mehr bieten. Jähzorn und Hass erwachten in ihm und noch ehe er begriff, was er tat, hielt er dem Direktor einen scharfen Dolch vor die schiefe Nase, aus der dunkles Haar herausstach. „Nur weil Ihr hier der Direktor seid, habt Ihr noch lange nicht das Recht andere um ihren Besitz kommen zu lassen. Wie viele Schüler hier, habt ihr schon bestohlen!?“ Und beinahe verlor Link den letzten Rest Respekt. „Du fühlst dich ja ungemein toll mit deinem kleinen Zahnstocherdolch, was? Hast du so die angeblichen Dämonen der alternativen Zeit in die Flucht geschlagen, Heldchen?“ Der Kerl hatte seinen Satz nicht zuende gesprochen, als er sich dem Dolch entzog und dem jungen Heroen einen unfairen Schlag direkt in die Magengegend verpasste. Mit einer derartigen Attacke hatte Link nicht gerechnet, er stolperte zurück und krümmte sich ein wenig vor Schmerzen. „Für deine ungehobelte Respektlosigkeit mir gegenüber zahlst du!“, fauchte Viktor, zog in Sekundenschnelle sein starkes, breites Stahlschwert und holte mit einem zischenden Schlag aus, bereit dem unbekannten Heroen, die letzte Würde zu nehmen, bereit den Fünfzehnjährigen für alle Beleidigungen zahlen zu lassen, bereit zu töten... Link wich nur knapp der scharfen Klinge aus, spürte die Luft vor der Klinge zurückweichen und stolperte nach hinten. Aber Viktor ließ nicht locker. Kraftvoll stieß er nach dem mitgenommenen Heroen, schlug ihm den Dolch aus der Hand und drängte ihn an die eiskalte Steinmauer. Viktors Blick war furchtlos und gefährlich. Keine Zweifel standen darin. Kein Gefühl... Die Spitze der abgenutzten Klinge Viktors wanderte genüsslich an der Kehle Links entlang, der nicht einmal mit der Wimper zuckte. Er kannte dieses Spielchen. Viktor war schließlich nicht der erste, der ihn bedrohte oder das Leben entreißen wollte. „Wenn ich dir den Hals durchschneide... ist nicht nur der Held der Zeit Geschichte“, zischte der Ritter. „Nein... denn dann ist die Zelda nur noch eine gebrochene Seele... und du merkst es nicht einmal...“ Links Blick wurde ruhiger, sanfter, als Zeldas Name fiel und er besann sich auf das, was hier gerade dabei war zu geschehen. Wollte er sich von einem hylianischen Ritter aufspießen lassen? ,Verdammt’, sagte er in Gedanken. ,Ich bin der Held der Zeit. Ich kann mich nicht so gehen lassen.’ Aber immer noch reagierte Link lethargisch, war wie erstarrt, wie dem Tode verfallen. Plötzlich hasteten weitere Stiefel näher, allen voran Lord Aschwheel, der Humpelnde. Viktor ließ lachend die Klinge sinken und ignorierte die fragenden Gesichter des gesamten Lehrertrupps. „Was war hier los?“, sagte Aschwheel streng. „Nichts“, erwiderte Viktor und seine dunklen Augen blitzten angewidert zu Aschwheel. „Von wegen nichts“, mischte sich Link ein. „Er will mir meinen Kompass klauen.“ Und Aschwheel begutachtete jenen kleinen Kompass in Viktors Hand. „Gebt ihm das wieder“, sagte er. Und Viktor lachte. „Ich habe ihn bloß für diesen Jungen aufgehoben. Kein Drama.“ Noch ein Grund, Viktor zu hassen, dachte Link. Zuerst hatte jener Kerl unehrenhafte Absichten und schließlich schmetterte er mit Lügen um sich, dass sich die Balken bogen. Das war kein Hylianer, dachte Link. Das war Aas... Viktor rollte die Augen und ließ den Kompass einfach zu Boden fallen. Jener kullerte ein Stückchen und blieb dann direkt vor Links Füßen liegen. Link hob ihn auf und sah den Lehrertrupp von dannen stiefeln. Viktor bildete das Schlusslicht und warf dem Heroen einen vielsagenden Blick zu, der da hieß: ,Es war nicht das erste und das letzte Mal, dass wir beide aneinander geraten. Du wirst dir wünschen, mir niemals begegnet zu sein...’ Als es still wurde in jenem dunklen Gang und das Feuer der Fackeln im Hintergrund knisterte, sprang mit einem Klick die Klappe des Kompass’ auf und Link erkannte. Es war die Nadel in dem Kompass. Es war eine einfache Nadel. Aufgeregt trat Link in den Schein der nächstbesten Fackel und überprüfte seine Vermutung. Die Nadel im Kompass bestand aus dem selben Metall wie der Ring Hopfdingens. Die gleiche Farbe... die gleichen blauen Striemen, die sich durch das Metall zogen. Die Kompassnadel war also der Grund für Viktors Gier... Nur wenige Minuten vor Unterrichtsbeginn hetzte Link die Gänge hinab, auf dem Weg zu dem Büro von Nicholas. Seinen kaputten Kompass mit der eingeschlagenen Glasscheibe hatte er fest in der Linken umkrallt. Ohne zu klopfen stürmte Link in das Büro hinein und fand Nicholas laut schnarchend in seinem ledernen Chefsessel. Link schloss die Tür leiser als er sie geöffnet hatte, stemmte seine Hände auf dem antiken Schreibtisch ab und machte sich mit einem lauten Hüsteln bemerkbar. „Nicholas!“, sagte der junge Heroe laut und eindringlich. Aber der Kerl grunzte nur und wackelte mit der Nase. Daraufhin wurde Link ein wenig missmutig und brüllte den Namen des Ritters schmerzhaft in dessen rechten Ohr. Schwindlers Kopf schoss nach oben und seine undefinierbaren Augen starrten mit klarer Offenheit in die mittlerweile hellblauen des jungen Heroen. „Scheiße, was’n los!“, röhrte er. Aber Link grinste bloß verschmitzt, ließ sich schnaubend auf den gepolsterten Stuhl vor Newheads Nase sinken und legte den Kompass geräuschvoll auf den Tisch. „Was ist damit?“, murmelte Nicholas und wischte sich den Schlafsand aus den Augen. „Kannst du den für mich aufbewahren?“, sagte Link und schaute zu Boden. Allein diese Bitte zu äußern, war mal wieder eine schwierige Hürde... Aber es ging hierbei schließlich nicht um Links Bedürfnisse, sondern um Viktors unhaltbare Gier... Nicholas nahm den Kompass in die Hand und meinte: „Sicher kann ich das, wenn du mir dann noch verrätst, warum, weshalb, wieso...“ Seine undefinierbaren Augen durchbohrten Link fast mit Neugierde. Link holte tief Luft und erklärte. „Wie du ja weißt, interessiert sich Viktor für den Ring Hopfdingens und deswegen hatte er eine Zimmerdurchsuchung bei Will und mir veranlasst.“ „In der Annahme, der Ring wäre dort“, ergänzte Schwindler für den Fünfzehnjährigen. „Genau. Den Ring hat er nicht gefunden, dafür aber etwas anderes, das ihn interessiert und von Nutze ist.“ Und Link deutete auf den mitgenommenen Kompass. „Den Kompass?“, erstaunte Nicholas. „Aber wieso?“ „Öffne die Klappe“, sagte Link auffordernd und wartete auf die Reaktion des Lehrers. Jener musterte den Innenraum, fand anscheinend nicht sofort die Erklärung für Links Aufsehen, durchdrang mit seinen scharfsinnigem Blick erneut die Augen Links und wollte wohl bis zu seinem Hinterkopf geheime Gedanken ausfindig machen, bis er sich wieder interessiert dem kleinen, runden Gegenstand widmete. Der junge Heroe konnte gerade zu erkennen, wie es in Nicholas’ Gemüt Klick machte und jener überrascht aufschaute. „Die Kompassnadel!“, äußerte er aufgeregt. Link nickte, erfreut, dass Newhead genau das sah, was er selbst vermutete. Der Ritter hielt den Kompass gegen das schimmernde Kerzenlicht und erkannte zufrieden das eigensinnige Metall, aus welchem auch Hopfdingens Ring bestand. „Was mag das bedeuten?“, sagte Newhead, aber Link zuckte mit den Schultern. „Ich hatte gehofft, du könntest mir etwas darüber sagen, genauso... warum Viktor sich für dieses Metall interessiert.“ Newhead schloss die Klappe des Kompass’, versteckte jenen in einem Schreibtischfach, und schloss das Fach zur Absicherung zweimal ab. „Nun... du nimmst doch wohl nicht an, dass Hopfdingen bloß wegen dem Ring umgebracht wurde“, sagte Newhead leise und rückte mit seinen eindringlichen Augen näher. „Es ist immerhin eine Möglichkeit...“, erwiderte der Jüngere. Nicholas zupfte sich am Bart und ließ sich nachdenklich zurück in seinen Sessel sinken. „Und Viktor wollte den Kompass, genauso wie diesen Ring, unbedingt“, setzte Link hinzu. Es war nicht schwer zu erkennen, was der junge Heroe dachte, vor allem auch, was er von Viktors abscheulicher Einstellung gegenüber dem Leben hielt. „Link... Ich respektiere deinen Scharfsinn und deine Ideale, aber du nimmst doch nicht an, dass Viktor tatsächlich etwas mit dem Mord zu tun haben könnte.“ „Warum nicht?“ Nicholas undefinierbare Augen wurden trübsinniger und er schaute bewusst in das flimmernde Kerzenlicht. „Das sind schwere Verdächtigungen, die du da äußerst.“ „Es ist... wie gesagt, nur ein Verdacht...“, meinte Link, hüpfte auf die Beine und lief von einer Zimmerseite zur anderen. Auch Nicholas stand auf, lief zu Link hinüber und legte ihm beide Hände auf die schlappen Heldenschultern. „Hör zu, ich weiß, dass Viktor ein Dreckskerl und ein mieser Vergewaltiger ist, aber dass er einen alten Greis in die ewigen Jagdgründe befördert nur wegen einem Ring, traue ich ihm einfach nicht zu.“ Er machte eine kurze Pause und sagte dann mit einem Grinsen. „Aber wenn du es herausfinden willst, dann werde ich der letzte sein, der dich daran hindert.“ Link nickte erfreut. „Unter einer Bedingung.“ „Und die wäre?“ „Du teilst mir mit, was du herausgefunden hast.“ „Okay.“ Nicholas nahm den jungen, schüchternen Heroen dann in seinen Schwitzkasten und rubbelte ihm spielerisch wie ein großer Bruder über den blonden Schopf. „So und jetzt gehst du am besten zum Unterricht, Link.“ Und Nicholas wollte den Heroen beinahe herausschmeißen. Er gab ihm einen Stups, sodass er sich zu Tür bewegte. Doch bevor er die Tür schloss, schaute sein dreißigjähriger Schädel mit dem Stoppelbart durch den Türspalt. „Hey, da fällt mir ein. Hast du einen schönen Auftrag gezogen?“ Link drehte sich ermüdend um, schenkte ihm einen langweiligen Blick und sagte schon fast genervt. „Ich soll mich über berühmte Leute Hyrules informieren...“ „... und du findest das öde?“ Links Stimmte wurde lauter: „Ja... das kann doch jeder.“ Nicholas grinste. „Aber ich denke, dass dir mit diesem Auftrag nichts besseres passieren konnte.“ „Warum?“ „Du bist vielleicht ne hohle Nuss, Kleiner. Warum berichtest du nicht über den Helden der Zeit. Das ist doch deine leichteste Übung, was?“ Und der Ritter grinste erwartungsfroh. Aber für Link war daran nichts lustiges... Er hatte keine Lust seine eigene Popularität in irgendeiner Weise als Mittel zum Zweck auszunutzen.... Zumal er in letzter Zeit nichts von seinem Titel hielt und nicht beweisen konnte, welche Stärke in ihm ruhte. Nicht mit den seltsamen Anfällen. Nicht mit der belastenden Depressivität der letzten Wochen. „Aber ich wollte etwas... Abenteuerlicheres... Und außerdem habe ich keine Lust über mich selbst zu schreiben...“ Nicholas hob die Augenbrauen, kratzte sich am Bart und grübelte. „Mmh... Wenn das so ist. Warum nimmst du nicht einfach Arn Fearlesst.“ „Arn Fearlesst?“ „Jo, genau den.“ „Aber warum denn?“ Und Nicholas’ undefinierbare Augen verengten sich mit ausgesprochener Hinterlistigkeit. „Das findest du heraus, wenn du dich über ihn informierst.“ Link schnaubte und wirkte skeptisch. „Nun guck’ nicht so. Arn Fearlesst war einst der berühmteste Ritter Hyrules. Außerdem war er Linkshänder, genau wie du. Vielleicht kannst du dich in irgendeiner Weise mit ihm identifizieren.“ „Er war berühmt?“ Nicholas nickte grinsend. „Ja, aber das wirst du schon herausfinden, du hast ja schließlich noch genug Zeit für deinen Auftrag. Jetzt geh’ am besten zum Unterricht, oder Viktor erteilt dir ärgerliche Nachhilfe.“ Link nickte mehrmals, bedankte sich und lief die Gänge wieder hinab, bereit für das langweilige Schwerttraining, wo er bisher nicht zeigen konnte, was in ihm steckte. Er hoffte bloß, Viktor würde nicht irgendwann verlangen, dass er gegen ihn antrat, oder er würde sich anmaßen, Links Geheimnis herumzuposaunen... Denn sein großes Geheimnis der Held der Zeit zu sein, könnte neben Bewunderung noch dazu führen, dass er mächtig auf die Schnauze fiel... Inzwischen rückte Mittag näher und Link wanderte gerade mit ausgestreckten Armen, zugekniffenen Augen und einer einzigartigen Beruhigung in seinem ansehnlichen Gesicht durch die dichten Wäldern im Umkreis der Ritterschule. Sein Ziel war der nahegelegenen Friedhof, wo der Hausmeister Hopfdingen nach hylianischen Bräuchen bestattet wurde. Und doch fühlte sich Link im Augenblick entspannt, ruhig, beinahe wieder zuversichtlich genug für eine neue Zukunft in dem Land seiner Vorfahren... und alles nur, weil er das Gefühl hatte, eine große Aufgabe wartete auf ihn, das Gefühl, endlich dabei zu sein, einen Platz zu finden, wo es sich die nächsten Jahre aushalten ließ. Und wenn sein Geheimnis ans Licht käme, so hatte dieses nicht nur Nachteile, wie er zu Beginn der Schule dachte, nein, vielleicht war dann der Tag gekommen, wo auch er den Respekt erhalten würde, der ihm zustand... Die Sonnenstrahlen brachen durch die Baumkronen, wenngleich ein heftiger, stürmischer Herbstwind die goldgefärbten Blätter rascheln ließ. Ab und an fiel ein buntgefärbtes Blatt auf seinen blonden Schopf, die er ignorierte. Ab und an stolperte der junge Heroe über einige Wurzeln von Bäumen des Trampelpfades, die ihn nicht kümmerten. Und ab und an hörte er die Tiere in den Wäldern vor ihrem Winterschlaf kommunizieren... Es mochte der Sonnenschein sein, der den jungen Helden die Kümmernis der letzten Tage im Augenblick vergessen ließ. Oder es war einfach nur die Tatsache, dass er in Nicholas, obwohl er noch nicht einmal dessen Nachname wusste, jemanden getroffen hatte, der ihm nicht einmal unähnlich war... Zufrieden hüpfte der junge Heroe über einen kleinen Bach, erfreute sich weiterhin am blauen Himmel, von dem sehr bald weiße Flocken rieseln würden. Und je länger er dem Weg folgte, sich an sein Schicksal erinnerte, erinnerte, wer er war, umso stärker wurde der plötzlich Wunsch, den grausamen Geschehnissen der letzten Zeit auf den Grund zu gehen, auch wenn man sein Einmischen möglicherweise nicht gut halten würde und es Gesellen gab, die ihm dies mit allen Mitteln verbieten wollten. Zum Trotz, dachte Link. Er würde herausfinden, was in jenem halben Jahr geschehen war, dass aus ihm einen solchen Schwächling und Jammerlappen gemacht hatte. Er würde die Geschundenen der Macht in ihrem widerlichen Treiben stoppen und letztlich den ekelhaften Mord an Hopfdingen rächen. Nach einer halben Stunde, kam er mit einem halbherzigen Grinsen am Ort seiner Bestimmung an. Auf einem grünen Hügel, umgeben von wenigen mittlerweile kahlen Bäumen, lagen vereinzelte Gräber mit sehr hohen Grabsteinen, die teils schon mit Moos und der Blume des Todes überwuchert waren... Mit einigem Kraftaufwand schob der junge Heroe ein hohes, verrostetes Eisentor auf, welches entsetzlich quietschte und trat die Hände in den Hosentaschen verbergend in den alten Friedhof ein. Auf den meisten Gräbern standen keine Namen und einige der hohen Grabsteine waren zerrüttet, abgetragen und andere in sich zusammengefallen. Link schlich bewundernd über die wenigen kleinen Kieswege, rechts und links mit dichten Hecken umgeben und sah von Weitem eine kleine Elfengruppe, die um einen typischen menschenförmigen, hylianischen Sarg herumstanden. Link stiefelte näher und erkannte überraschend eine weitere, vertraute Person, die direkt vor dem Sarg stand und aus einem zerflederten Buch Texte aus Hyrules langer Mythologie hervorlas. Eine blasse Gestalt. Geisterhaft... Ein langer orangefarbener Umhang mit hylianischem Stickmuster an den Ärmeln bedeckte den alten, verstorbenen Körper jenes Geistes, der häufig auch in der Zitadelle der Zeit wandelte. Rauru... es war Rauru... der Weise des Lichts. Hatte man ihn gebeten, eine Rede für Hopfdingen zu arrangieren? Raurus grünblaue Augen schwenkten erfreut zu Link, der als Begrüßung ein Nicken ausführte. Link schaute dann zaghaft zu den Gesichtern der kleinen Gesellschaft, erkannte Will, Nicholas und einige Lehrer aus der Schule. Nur eine weitere Hylianerin hätte er hier nicht erwartet: Ariana Blacksmith stand mit einer weißen, langen Tunika und grünem Umhang nicht weit neben Will und schenkte dem unbekannten Heroen ein angenehmes Lächeln, als er näher trat. Sie sah schön aus, dachte Link spontan. Ihr pechschwarzes langes Haar wie so oft geflochten... aber zwei dickere Strähnen liefen vor ihren Elfenohren hinab. Und ihre Bekleidung war ebenso irgendwie neu für Link. Eine Tunika mit langen, engen Ärmeln und dazu trug Ariana zwei außerordentlich lange Stiefeln... aber toll sah das aus, dachte er. „Hey, Will...“, begrüßte Link seinen Kumpel, worauf jener ihm auf die Schulter klopfte. „Hallo...“, murmelte Ariana und schaute scheu weg. Link wiederholte ihr albernes Hallo und schabte mit den Stiefeln auf dem Boden herum, wobei sich der ausgefuchste, schlaue Laundryjunge seinen Teil bei dem Verhalten der beiden Hylianer dachte. Link wand sich verwundert zu Ariana und sagte leise: „Mit dir hätte ich hier nicht gerechnet...“ „Ich mit dir schon“, meinte sie und schaute dann erschrocken in seine hellblauen Augen. Sie rückte näher und legte beide Hände auf beider seiner blassen Wangen. „Deine Augen...“, sagte sie besorgt. Er schaute nieder und ihm stockte der Atem. „Ich hab’ einen Fehler gemacht...“, murmelte er schließlich. Er wollte ausweichen, flüchten, aber Ariana blieb hartnäckig und zwang ihn dazu, ihr in die bernsteinfarbenen Augen zu sehen. Sie kannte dieses Spielchen, aber sie würde ihn nicht einfach so weglaufen lassen. „Seit wann ist das schon so?“ „Seit gestern...“ „Und war es schon schlimmer?“ In dem Augenblick mischte sich Will ein, worauf Ariana ihre Hände von Links Wangen gleiten ließ. „Ja, gestern waren sie noch fast weiß.“ Die junge Schmiedstochter runzelte besorgt die Stirn und meinte trockener: „Warum hast du niemanden um Hilfe gebeten?“ Link hörte eine leichte Wut und Beklemmung aus ihrer sonst so fröhlichen, vorwitzigen Stimme. Sie war verärgert und irgendwie enttäuscht, auch wenn Link keine Ahnung hatte wieso. Link schwieg dazu. Wen sollte er denn um Hilfe bitten? Und warum? Er war ein Held... er konnte sich nicht ständig von jemandem bemuttern lassen... „Du warst mal wieder zu stolz dafür. Welch’ Wunder...“, schloss sie ab, verschränkte die Arme missbilligend und blickte zu Rauru, der in jenem Moment um Ruhe bat. Link schüttelte bloß den Kopf. Entweder kannte Ariana ihn wirklich, oder aber sie bildete sich ziemlich viel auf ihre Klugheit und Menschenkenntnis ein... Alle Anwesenden schwiegen und Rauru ließ trauernde Worte über seine blassen Lippen gleiten: „Einst regneten Sterne vom Himmel wie jene Seelen Hyrules, die ihr Zuhause verließen um des Schicksals Willen. Einst leugneten Unmenschen ihre Herkunft für vergessene Hoffnungen. Und sowohl damals auch heute werden Seelen gegen ihren Willen aus dem Leben gerissen, das sie erfüllte, das sie besänftigte und erfreute... Ihr vergessenen, geschundenen Seelen... Vergebt dem Schicksal, da es euch leiden ließ. Verzeiht der Welt für die Grausamkeit, die sie euch zuteil werden ließ... Und so verzeih’ auch du, gebrochene Seele, die Grausamkeit, mit der man dich der Welt entriss... So lasst uns hoffen, dass jene Welt, in der die Seele des unschuldigen Verstorbenen eintritt, eine bessere ist als jene, die sie zurückließ.“ Als man Hopfdingens Sarg in die Erde sinken ließ, war es Ariana, die mit leisen Schritten näher trat, und drei weiße Blüten, die Blume der Unvergessenen, auf das dunkle Holz des Sarges fallen ließ. Sie flüsterte: „Drei weiße Blüten... eine für den Mut, eine neue Welt ohne Gesetze und Zeit kennen zulernen, eine für Weisheit, ruhen zu lassen, was eingeschlafen ist und zu vergessen, und die dritte für die Kraft, die Erinnerung an das einstige Leben eine Erinnerung bleiben zu lassen und einen Neuanfang zu schaffen... Lebt’ wohl, Hopfdingen...“ Und ihre Stimme schallte sanft umher, ließ die Worte des Lebewohls leise ausklingen und streichelte die Sinne mit verwöhnender Einfühlsamkeit... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)