Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 165: Einen Schritt, der neues Vertrauen sprießen lässt -------------------------------------------------------------- Ich hab Nein gesagt, also warum kann ich mich von Hondas Frage nicht lösen und das Wochenende, soweit es geht, genießen? Immer wieder erwische ich mich dabei, dass ich Otogi beobachte. Beobachte, wie er sich so gibt, reagiert und mit den anderen interagiert. Wieder fällt mein Blick auf die Narbe unter seinem Auge, die er mit einem Kajal zu vertuschen sucht. Allerdings hat er nicht davor zurück geschreckt uns allen seine Narbe zu offenbaren, nachdem der Kindergarten mich nach meinem paranoiden Outing versucht hat zu beruhigen. Yugi war es gewesen, der mit seiner Blinddarmnarbe anfing. Er hat mir – und allen anderen, die da waren – sein Geheimnis anvertraut. Hat Vertrauen bewiesen. Ich nicht! An diesem Abend saß ich völlig… blamiert da und wusste nicht weiter. Katsuyas Freunde haben mich schließlich aufgefangen und der Situation die Peinlichkeit genommen. Und dennoch: Wenn ich auch nur daran denke ihnen von Gozaburo oder den Big Fives oder generell alles zu erzählen, bekomme ich ein extrem unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Dann spüre ich, dass ich mich gleich übergeben muss, wenn ich nicht sofort dieses Thema von mir weise. Wie sollte ich dann überhaupt noch mit ihnen umgehen? Mit Honda kann ich nur umgehen, weil er nichts fragt und ich einfach versuche zu verdrängen, dass er es weiß. Am meisten Angst hab ich jedoch davor, dass sie mich anblicken und mich für den Schwächling halten, der ich bin. Das sie zu dem Schluss kommen, dass so einer wie ich ihre Freundschaft nicht wert ist. Ich habe nie viel Wert auf diese Freundschaft gelegt und bis letztes Jahr hab ich alles getan, um sie von mir fern zu halten. Doch jetzt, wo sie sich doch entwickelt hat und sie mich irgendwie doch in ihren Kreis aufgenommen haben, will ich sie nicht wieder verlieren. Möchte ich nicht wieder ausgeschlossen werden. Seit wann fürchte ich mich eigentlich so sehr davor, alleine zu sein? Etwas in mir antwortet mir mit einem 'Schon immer'. Wirklich? Hab ich mich schon immer vor dem Alleinsein gefürchtet? Vielleicht hat diese Stimme Recht. Im Waisenhaus war ich froh, dass ich Mokuba hatte. Er hat mir mehr Mut und Kraft gegeben, als ich ihm. Ob er das weiß? Vermutlich nicht. Als wir zu Gozaburo kamen hab ich all den Scheiß nur ertragen, weil ich wusste, dass da Mokuba war, dem ich damit Möglichkeiten eröffnen konnte, die ich nie hatte… dass ich ihn so beschützen konnte. Nach Gozaburos Tod bin ich nicht zusammengebrochen und habe mich dem Schmerz in mir ergeben, weil da Mokuba war, der mich gebraucht hat. Eigentlich hab ich mir seit der Einschulung auf die Oberschule gewünscht mit jemanden befreundet zu sein… doch meine Erfahrungen und Ängste haben mich isoliert… es hat erst die Art meines Streuners gebraucht meine Isolation aufzubrechen und mir die Angst vor den Menschen zu nehmen. Vor diesen Menschen… dem Kindergarten. Was ich früher mit Hohn und Spott ausgesprochen habe, benutze ich heute in einem positiveren Tonfall. Als einen Kosenamen, wenn man so will. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, dass sie es erfahren. Detective Nagasato hatte sich zwar seit Montag nicht mehr blicken lassen, aber ich bin mir sicher, dass das nicht von Dauer sein wird. Und je öfters sie auftaucht, desto mehr werden die anderen Fragen haben. Wer sie ist und was sie will. Oder sie werden etwas von ihren Fragen und Bitten aufschnappen. Dann werden sie sich ihren Teil zusammenreimen. Da spüre ich, wie mich zwei Arme umschlingen und schon am Geruch erkenne ich meinen Streuner. Augenblicklich entspanne ich mich und genieße die Wärme von Katsuya. Ganz am Anfang, als wir den anderen gezeigt haben, dass wir ein Paar sind, hab ich noch darauf bestanden ein gewisses Bild zu wahren. Ich wollte wirken, als wäre ich die treibende Kraft in der Beziehung und würde den Ton angeben. Doch schnell ist mir klar geworden, dass das falsch ist. Es war weder ehrlich dem Kindergarten gegenüber, noch gerecht für Katsuya, der mich gewähren ließ und sich nie beklagt hat. Also… hab ich dieses Schauspiel aufgegeben. Mein Streuner küsst mich auf die Wange und fragt mich, worüber ich so angestrengt grüble. Ich lächle ihm zu und mein nur, dass es nichts Wichtiges ist. Sein Lächeln wird etwas spitzbübischer und ich merke, dass er mich durchschaut hat. Denn er meint nur zu mir, dass ich dafür, dass es nichts Wichtiges ist, doch recht intensiv darüber nachzudenken scheine. Ihm kann ich einfach nichts vor machen. Ohne es zu merken landet mein Blick wieder auf Otogi. Damit schein ich seine Frage zufriedenstellend zu beantworten. Denn er lächelt mich wieder sanft an, bevor er mich fragt, ob ich doch in Erwägung ziehe Otogi ins Vertrauen zu ziehen. Just in dem Moment zieht sich in mir etwas zusammen und mir wird übel. Ich schüttle den Kopf und hoffe, dass das Gefühl weggeht. Doch das tut es nicht. Es wird noch heftiger. Also steh ich auf. Vielleicht kann ich es mit Bewegung vertreiben. Aber das will auch nicht funktionieren. Ich kann fühlen, wie sich dieser Zug von meinem Magen in die Brust hochschiebt. Doch auch da verbleibt er nicht. Es wandert weiter nach oben… in den Hals. Erst jetzt erkenne ich, dass ich kurz davor bin mich übergeben zu müssen. Also eile ich aus dem Wohnzimmer und will schon die Treppe hoch rennen, als mich jemand am Handgelenk packt und aufhält. Als ich herum wirble, um mich zu befreien seh ich meinen Streuner, der meint, dass ich das nicht mehr schaffe. Dann zieht er mich auch schon auf die Gästetoilette. Eigentlich vermeide ich es, mich so nah am Kindergarten zu übergeben. Denn für gewöhnlich bleibt das nie unbemerkt und löst bei den anderen Sorgen und Fragen aus. Doch Katsuya hat Recht. Bis in unser Zimmer schaff ich es nicht mehr. Schon häng ich über der Toilette und erbreche Magensäure. Immer und immer wieder. Erst nach einigen Minuten kann ich aufgeben. Mir ist furchtbar schwindelig und ich lasse mich nach hinten fallen, nur um festzustellen, dass mein Streuner hinter mir kniet und mich auffängt. Seine Arme schließen sich wieder eng um mich und eine seiner Hände streicht mir das Haar aus dem schweißnassen Gesicht. Das fühlt sich so gut an. Eine Träne, die sich beim Erbrechen gebildet hat, läuft mir über die Wange. Katsuya küsst sie mir weg. Sanft sagt er mir, dass ich diese Übelkeitsattacken nur dann los werden kann, wenn ich den Grund dafür tilge. Der Grund? Der Grund war der Gedanke Otogi ins Vertrauen zu ziehen. Wie soll ich diesen Grund tilgen, ich hab doch schon Nein gesagt. Ich kann ja schlecht Otogi tilgen. Mein Streuner kichert und meint scherzhaft, dass man es ja mal versuchen könnte. Doch dann wird er wieder etwas ernster und flüstert mir ins Ohr, dass vielleicht das ins Vertrauen ziehen helfen könnte. Verwirrt blicke ich ihn an. In meinem Kopf ergibt das keinen Sinn. Wenn ich Angst vor Spinnen hätte, dann würde es mir garantiert nicht helfen mich in einen Raum voller Spinnen zu setzen. Katsuya streicht mir weiter sanft über mein Haar und meint zu mir, dass das zwar paradox klingt, aber es genauso funktionieren könnte. Noch ehe ich etwas darauf erwidern kann klopft es an der Tür und ich höre Honda fragen, ob alles in Ordnung sei. Genau deswegen vermeide ich es sonst, mich hier unten zu übergeben. Das zieht einfach zu viel Aufmerksamkeit auf mich. Ich richte mich langsam wieder auf und schick mich an aufzustehen, dabei zieh ich den Toilettenabzug. Währenddessen steht Katsuya auch auf und öffnet die Tür. Honda blickt mit genauso besorgtem Blick zu mir, wie seine Stimme schon klang. Er mustert mich, während ich an das Waschbecken gehe, dass kühle Nass aufdrehe und mir einerseits den Mund ausspüle, andererseits das Gesicht wasche. Als ich mich wieder aufrichte kann ich über den Spiegel an Honda vorbei schauen und kann Otogi sehen. Er steht ein, zwei Meter entfernt von Honda am Absatz der Treppe und scheint auch besorgt zu sein. Scheiße! Als ich mir das Gesicht abgetrocknet habe kommt Honda einen Schritt ins Badezimmer und fragt, ob es wieder geht. Ich nicke nur. Vertraue gerade nicht so sehr auf meine Stimme. Die ist immer sehr angeschlagen, wenn ich erbreche. Und ich will mir nicht noch mehr die Blöße vor Otogi geben. Am liebsten würde ich mich jetzt gerne zurück ziehen, bis dieses Gefühl von Peinlichkeit abflaut, doch Katsuya verschränkt seine Finger mit meinen und meint dann, dass er uns einen Tee aufkocht. Mit diesen Worten zieht er mich hinter sich her in die Küche und Honda, sowie Otogi folgen uns. Während mein Streuner mich am Tresen platziert nimmt neben mir Otogi Platz, während Honda Katsuya zur Hand geht. Wozu braucht es zwei Personen, um einen Tee aufzubrühen? Otogis Finger lassen einen Würfel umherwandern. Ich komm mir vor wie auf dem Präsentierteller. Als würden Katsuya und Honda erwarten, dass ich jetzt ganz beiläufig Otogi mal so eben einweihe und von meinen schmerzlichsten Erinnerungen erzähle. Doch dann höre ich tatsächlich meine Stimme. Sie fragt Otogi, wie er zu der Narbe gekommen ist. Katsuya und Honda halten inne und schauen kurz über ihre Schultern zu uns, während Otogi mich überrascht anstarrt. Dann grinst er kurz schmerzlich und schaut wieder auf seinen Würfel. Für einen Moment glaub ich schon, dass Otogi meine Frage übergehen und ignorieren wird und mich in meiner Meinung bestärkt, dass ich ihm nichts von mir erzählen will. Warum soll ich auch jemand etwas anvertrauen, der mir nichts anvertraut. Aber dann beginnt Otogi zu erzählen. Dabei klingt er ruhig und bedächtig, nicht so wie sonst, wenn er sich regelrecht selbst präsentiert und inszeniert. Seine Stimme hat auf einmal etwas Wahrhaftiges. Schmerz schwingt in seiner Stimme mit. Nur langsam setzt er an und erzählt uns, wie herrisch sein Vater gewesen war und wie er ihn von klein auf von ihm für seine Rache instrumentalisiert wurde. Keine Widerrede geduldet hat. Noch so ein Dreckskerl von Vater, geht mir durch den Kopf. Kurz bevor Otogi damals auf die Domino High wechseln sollte hatte er das Gespräch mit seinem Vater gesucht. Ihn gebeten seine Pläne aufzugeben. Ihm offenbart, dass er den Plan seines Vaters nicht umsetzen wollte. Daraufhin habe sein Vater ihn - nicht zum ersten Mal - erst geschlagen und ihm dann eine Lektion erteilt, die er niemals wieder vergessen sollte. Dabei deutet Otogi mit seiner Hand auf die Narbe, bevor er mich wieder anschaut und lächelt. Auch dieses ist anders, als sein Grinsen, dass ich von ihm gewohnt bin. Es hat etwas Trauriges an sich. Bedauern. Und ich erwidere es. Ich kann Katsuyas Blick auf mir spüren. Als wolle er sagen, dass ich Otogi vertrauen kann und ihm von mir erzählen soll. Aber das wird nicht geschehen. Nicht heute. Nicht hier. Gerade als ich das Thema wechseln möchte fängt alles um mich herum an sich zu drehen und für einen Moment hab ich das Gefühl zu fliegen. Ich sehe, wie mein Streuner und sein bester Freund sich erschrocken zu mir drehen und sich mit Hastigkeit auf mich zubewegen, als ich zwei Arme spüre, die mich umfangen. Erst da wird mir bewusst, dass ich vom Hocker gefallen bin. Doch diese Arme gehören nicht Katsuya. Denn den sehe ich auf mich zueilen, als es langsam dunkel wird und ich wegdrifte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)