Neon Genesis Evangelion - Die Nebenwelt von Wo_Anders ================================================================================ Kapitel 1: Die eigentliche Geschichte ------------------------------------- "Fiep, Fiep, Fiep" Der Wecker auf dem Schlafschrank sandte sein monotonen Weckruf durch das Zimmer, um den Jungen, der sich unter der Bettdecke eingemummelt hatte, zu wecken. "Rmm....." knurrte es aus dem Bett. Mühsam kämpfte sich ein Arm unter der Decke hervor und griff in Richtung des Schränkchens neben dem Bett, erreichte es jedoch nicht. Einige vergebliche Versuche später gab er es auf sank zu Boden, wobei eine Leitung die Finger streifte. Die Hand umschloss den Strang und mit einem wohldosierten Ruck zog sie den Stecker, der an der Leitung hin, aus der Steckdose, woraufhin sich das lästige Gefiepe verabschiedete und dem Kreischen der Möwen Platz machte. So hing der Arm noch ein, zwei Minuten über der Bettkante, ehe der zugehörige Körper sich aufmachte, die Decke vom Gesicht zu ziehen. Das Gesicht eines Jungen kam zum Vorschein, etwa 14-15 Jahre, mit schwarzen Haaren und dunklen, braunen Augen. Er hatte dünne Arme und war auch so von schmächtiger Statur, was ihn irgendwie feminin wirken ließ. Er drehte sich auf den Rücken und betrachtete kurz die Decke. Der Raum, in dem er lag war klein, wie es in japanischen Wohnungen üblich war, und durch eine Schiebetür vom Flur abgetrennt. Ein Schrank mit einem Wecker stand neben dem Bett, farblich passend zu einem anderen, Größeren, der daneben stand. Vor einem Fenster, neben der Balkontür, stand ein Schreibtisch mit Stuhl, beides mit allem möglichen Zeug zugestellt. Fenster und Tür waren mit einer Jalousie verhängt, die nur an den Seiten Licht ins Zimmer ließ. Sein Blick wanderte dorthin, als sich mit einem Mal die Jalousie öffnete und grelles Sonnenlicht den Raum durchflutete. Der schwarzhaarige Junge stöhnte kurz und richtet sich dann auf. Verschlafen stand er auf und ließ die Decke auf dem Bett zurück, da mittlerweile die Heizung angesprungen war. Seine Augen kniffen sich zusammen, damit er gegen den hellen Himmel das Meer sehen konnte. Es lag ruhig in der kühlen Herbstsonne und strömte sachte in Richtung der naheliegenden Bucht. Unbewusst schlussfolgerte er, dass jetzt gerade die Flut kam. Er schlüpfte in seine Sandalen und machte sich auf, in die Küche zu gehen, wobei er versuchte, sich den Schlaf aus den Augen zu reiben. "Morgen" entfuhr es seiner Kehle und der Duft von frischgekochtem Kaffee drang in sein Bewusstsein. "Morgen!" Seine Mutter begrüßte ihn fröhlich wie eh und je, von seinem Vater, der sich hinter seine Morgenlektüre zurückgezogen hatte, konnte er nur zustimmendes Murren hören. Die Küche war nicht gerade groß zu nennen, aber ausreichend für einen Vier-Personen-Haushalt. "Kommt heute nicht die neue Schülerin in eure Klasse, Shinji?" Zeit seines Lebens wusste Shinjis Mutter immer, wenn etwas neues in der Umgebung passiert, woran das lag, konnte er sich auch nicht erklären. "Ja, ich glaub schon." Er setzte sich im Unterzeug an den Frühstuckstisch und füllte sich etwas Reis auf. "Iß Achuka chon fetich mit icher Morgenwäche?" fragte Shinji zwischen zwei Happen. Yui drehte sich von den Onigiri, die sie gerade für das die Bento machte, um und warf ihrem Sohn einen wissenden Blick zu. "Du kennst sie doch....!" Ihre Antwort brachte es mal wieder auf den Punkt. Shinji wusste zwar nicht, wie das bei anderen Mädchen ist, aber Asuka brauchte immer eine Ewigkeit im Bad, und wenn er an der Reihe war, musste er sich immer beeilen damit er nicht zu spät kam. Und das, obwohl sie 'bloß' adoptiert worden wahr! Oder vielleicht gerade deshalb? Nun, welcher Junge weiß das schon! Allerdings hatte es auch seine guten Seiten, er konnte länger schlafen. "Shinji-chan, du kannst jetzt!" Asukas Tonfall widersprach ihrem Charakter total. Sie war... schwierig. Und jähzornig, aufbrausend, kompromisslos, dominant und gewaltbereit. Darum war der liebliche Klang, mit dem sie ihn gerufen hatte, das komplette Gegenteil ihrer Art. Ihre Haare waren noch offen, aber gekämmt, und hingen in ihrer roten Pracht bis zur Taille hinunter. Ihr Schlafanzug war aus einem Kunststoff der aussah wie Satin und bunte Sterne und Monde glitzerten auf dem beigen Material. Obwohl er weit geschnitten war, konnte man erkennen, dass sie keinen BH trug. Resigniert passierte er sie in der Tür zum Bad und würdigte sie bewusste keines Blickes. "Hey! Kriege ich etwa kein 'Guten Morgen, liebe Asuka, wie geht es dir denn? Kann ich irgendwas für dich tun?'" Sein Kopf drehte sich zur Seite, so dass er ihr direkt in die Augen schauen konnte, immer noch den resignierten Blick aufgesetzt. "Und was soll dieses Gesicht jetzt schon wieder? Keep Smiling!" Bei diesen Worten griff sie nach seinen Mundwinkeln und zog sie nach oben. "Wei du soiso gehaden bis wie imma!" antwortet er auf ihre Frage. Sie schaute ihn mit den hoch gezogenen Mundwinkeln kurz an und musste dann loslassen um sich schlussendlich den Bauch zu halten vor Lachen. Diese Gelegenheit nutzte Shinji und verkrümelte sich ins Bad, um seine Morgenwäsche zu erledigen. Das Bad war ziemlich klein und enthielt eine Dusche und Wanne, die beide gegenüber der Tür standen, und eine Toilette und Waschbecken, die sich leicht versetzt an den Seitenwänden gegenüber standen. Asuka klopfte kurz an die Badtür, ihrer verzehrten Stimme nach zu urteilen immer noch mit einem Grinsen auf dem Gesicht. "Shi.. Shi.. Shinji, egal was du machst, du bist immer zum Schießen!" Ihr 'Bruder' putzte sich gerade die Zähne, so dass er nicht antworten konnte. Sie schaute kurz auf ihre Armbanduhr. "Ach, Shin-chan," Kam es ihm nur so vor, oder wollte sie ihn wirklich ärgern, sei es nun durch die Nachsilbe oder die Anspielung, die eher ihr zu Gemüte stehen würde? Er hatte inzwischen fertig geputzt, so dass er antworten konnte. "Lass das Shin-chan, einfach Shinji reicht!" Wenn sich schon mal so eine Gelegenheit bietet, wer an Asukas Stelle hätte diese nicht ausgenutzt, um ihn aufzuziehen? Niemand! Und demgemäss... "Shin-CHAN, wenn du dich nicht beeilst, kommst du noch zu spät!" Das musste SIE ihm sagen.... "Und wenn du dich nicht beeilst, dann musst du im Schlafanzug zur Schule!" Diese Argument zog bei ihr, denn nach einer kurzen Selbstbetrachtung merkte sie, dass sie wirklich noch ihr Nachtzeug anhatte. Ihr entfuhr ein kleiner Schreckensschrei und sie rannte schnell in ihr Zimmer, um sich umzuziehen. Shinji konnte, als er das Bad verließ, nur noch sehen, wie die Tür zugeschoben wurde. Er trottete derweil in aller Ruhe in sein Zimmer und zog seine Schuluniform, bestehend aus schwarzer Hose und weißem Hemd unter einer schwarzen Jacke, an. Danach nahm er seine Schultasche und ging in die Küche, um sein Bento noch einzupacken. "Bis später!" Mit einem letzten Blick auf die Uhr wollte er gerade die Tür zumachen, als noch Asuka hinter ihm herstürmte, ihr Bento schnell in ihre Tasche stopfte und an ihm vorbei sprintete. Zuerst wunderte er sich, wieso sie es so eilig hatte, doch dann erst realisierte er die Uhrzeit. Kaum fünf Minuten bis Unterrichtsbeginn! Selbst wenn er sich beeilte, würde es knapp werden! Seine Mutter rief ihnen noch ein "Passt auf euch auf" hinterher, aber das war kaum noch an sein Ohr gedrungen, denn er rannte sofort los. "ASUKA!!!!!" Ihm war klar, wer das gewesen sein musste. Wieso war es ihm bloß nicht eher aufgefallen? Die Jalousien gingen doch immer erst beim Umziehen auf! "ASUKA! Was hast du gemacht?!" Unten aus dem Treppenhaus konnte er nur noch Lachen und dann das Knallen der Haustür hören. Also machte er sich auf, um nicht zu spät zu kommen und seine Adoptivschwester wenn möglich noch vor der Schule zur Rechenschaft zu stellen. Jetzt konzentrierte er sich aber erst einmal darauf, schnell zu rennen. Erst um diese Ecke, dann um jene.... "Ich much mich beeil, ich much ich beeil, ich much mich beeil, verda't! Ich komme noch schuu spät!" Das Mädchen keuchte diese Phrase immer wieder wie ein Mantra beim Laufen vor sich her, um sich zum Weiterlaufen anzustacheln. Dass das Toast in ihrem Mund dabei hinderlich war, bemerkte sie gar nicht; es wippte im Takt ihres Laufschrittes mit und sie musste mehrmals aufpassen, dass sie sich nicht verschluckte beim Rennen. Mitten im Lauf holte sie ein neues aus der Tasche und steckte es sich in den Mund, den Mantra dabei immer noch auf den Lippen. Ihre blauen Haare flatterten im Wind und ihre blau-weiße Schuluniform blieb mehrmals fast an der inzwischen kahlen Hecke hängen, die den Bürgersteig zur Häuserreihe an ihrer Rechten abgrenzte. Sie dachte, sich daran zu erinnern, dass sie bei der Ecke dort vorne links rum musste. Also würde sie den Zebrastreifen über die Straße nehmen, es kam ja schließlich kein Auto. Dummerweise konnte sie über ihr Keuchen nicht das eines anderen hören und so kam es, wie es kommen musste.... "AAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHH!!!!" Erscholl es wie aus einem Munde und Shinji und das Mädchen mit dem Toast waren ineinandergerannt. "Auaaa.." Sie hielt sich den Kopf und Shinji die Nase, welcher ein genäselten "Autsch.." entfuhr. Er schaute nach, in was er da hinein gerannt war und wurde erst mal Rot, denn er konnte das Höschen seines 'Hindernisses' sehen. Schnell bemerkte sie es und ihr entfuhr ein erschrockenes, kurz angebundenes Kreischen. Shinji winkte sofort mit den Händen ab und beteuerte, er habe nichts gesehen. "Wer's glaubt...." Ein Blick, der selbst einen Wachhund eingeschüchtert hätte, stach aus ihren Augen, bis ihr der Grund für ihre Eile wieder einfiel und sie sich ihre Tasche mit Toast schnappte. Anschließend sprang sie auf und rannte sofort wieder los. Shinji konnte noch hören, wie sie kurz fluchte und dann ihren Mantra wieder fortsetzte. Schließlich fiel es auch ihm wie Schuppen von den Augen und er krallte sich seine Tasche, um in die gleiche Richtung wie das Mädchen zu sprinten.... Gerade noch geschafft! Shinji hatte sich kaum auf seinen Platz gesetzt, als es zur ersten Stunde klingelte. Keuchend ließ er seinen Kopf auf das Pult sinken und versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Ein gehässiges Kichern ließ ihn seinen Kopf zur Seite wenden, wo Asuka saß. Sie schien zwar auch außer Atem zu sein, aber bei weitem nicht so wie er, und sie hatte auch schon ihre Sachen ausgepackt gehabt. "Duu, Duuuu, ...." Seine Stimme vibrierte vor Verachtung seitens ihrer Niederträchtigkeit, doch dann stöhnte er nur kurz auf und setzte sich ordentlich hin, als sich die Tür zum Klassenzimmer öffnete. Katsuragi-sensei betrat den Raum, was schlagartig zu Ruhe im Klassenzimmer führte. Katsuragi Misato war die Klassenlehrerin in Shinjis Klasse und unter den Jungs, gelinde gesagt, beliebt, denn sie war jung, sexy und hatte eine recht unorthodoxe Weise sich zu kleiden, oder zusammengefasst, sie war eine 1a-Schnecke, mal abgesehn von ihrem Alter. Wenn ihr langes, glattes Haar über die Schultern fiel und sie sich über den Lehrertisch beugte, dann konnte man den männlichen Teil beinahe sabbern hören, denn zu sehen war's problemlos. "Guten Morgen alle beisammen!" Die Klasse antwortete sporadisch mit einem simplen "Morgen", wie sie es sonst immer tat. Doch dieses Mal setzte die Lehrerin ein betrübtes Gesicht auf. "Hey, was soll der Schwermut, habt ihr etwa vergessen, heute kommt eine neue Schülerin in unsere Klasse! Ihr solltet sie ein weniger melancholisch und ein bisschen mehr enthusiastisch begrüßen!" Wieder kamen sporadische Bestätigungen der Aufforderung ihrer Klassenleiterin, dafür erhob sich aber ein allgemeines Gemurmel, was es nun mit der neuen Schülerin auf sich habe. Katsuragi-sensei schien das Gemurmel nicht so recht zu gefallen, also ging sie zur Klassentür, öffnete sie und sprach mit jemandem draußen auf dem Flur. Herein kam ein junges Mädchen, so in etwa 14 bis 15, also im Durchschnittsalter der Klasse. Dort löste sie verhaltene Begeisterungsstürme aus, als die Jungs ihre Stimme hörten, Shinji jedoch fiel aus allen Wolken. Dieses Mädchen das da vorne stand und sich gerade vorstellte war dasselbe, in das er heute in aller Eile reingerannt war! Sie machte sich unterdessen als Ayanami Rei bekannt und Katsuragi-sensei bat sie, sich einen Platz zu suchen. Als ihr Blick durch den Raum streifte, taxierte sie auch sofort Shinji, den sie nach kurzem Zögern wiedererkannte. "Aaah! Der Perverse von heute morgen!" Die Lehrerin wusste vor Schreck gar nicht zu reagieren und warf einen verwirrten und erschrockenen Blick zu Shinji. Dieser stand auf und wedelte mit den Armen als Geste der Ablehnung. "Eeeeh? Ich bin nicht pervers! Ich habe dein Höschen gar nicht gesehen!" Rei wurde auf Anhieb rot, was Asuka auf den Plan rief. "Shinji! Was hast du jetzt schon wieder gemacht?" Die Neue unterbrach sie, bevor sie noch weiteres sagen konnte. "Also hast du es doch gesehen! Und dann auch noch meine Tasche!" Mit diesen Worten schleuderte sie ihre Tasche in seine Richtung und die Wucht ließ ihn zurückstolpern. "Natürlich habe ich deine Tasche gesehen! Aber was soll ich jetzt damit?!" Sie ballte die Fäuste. "Du sollst mir natürlich meine Tasche zurückgeben!" Verwirrt wusste Shinji nicht was er tun sollte und blickte verzweifelt zu seiner Klassenleiterin. "Sensei! Helfen sie mir! Bitte?!" Diese hatte sich unterdessen ihren Stuhl genommen und sich ans Fenster gesetzt. Mit verschränkten Armen und einem verschmitzten Lächeln antwortete sie: "Hm, wieso denn? Ich würde genauso gerne wie die Klasse wissen, was hier gerade passiert bzw. passiert ist." Bei diesen Worten nickte die ganze Klasse und spaltete sich schon in Gruppen auf, die Shinji umlungerten und fragten, welche Farbe Reis Höschen hatte (männlich) oder ihn bedrängten, die Tasche wieder zurückzugeben (weiblich). Andere scharten sich um Rei, um mehr über sie zu wissen (männlich) oder in diesem Streit für sie Partei zu ergreifen (weiblich). Shinji, der gar nicht wusste, was denn nun passiert sein solle, schaute auf die Tasche, die in seinen Armen lag, öffnete sie und bemerkte, es war seine! Aber dann musste die, die er neben sich stehen hatte ja.... Ihm ging ein Licht auf, dass es nun auf Leuchtkraft zu prüfen galt. Er bückte sich, antwortete dabei auf alle Fragen mit "Weiß ich nicht," und schaute in 'seine' Tasche. Dort blickte ihn zwei knuffige Plüschgefährten an, die irgendwie nach Mecha aussahen. Schon bei diesem Anblick wurde ihm klar, das es nicht seine Tasche sein konnte, aber sein Blick wanderte tiefer in die Tasche, sei es nun einfach ohne nachzudenken oder aus Neugier, wo er einen Zettel mit Herzchen und Skizzen drauf sah. Leicht verwirrt schlug er die Tasche zu und drängte sich durch seine Mitschüler(-innen) zu Rei. "Hier, wir müssen wohl aus Versehen unsere Taschen bei den Zwischenfall heute morgen vertauscht haben." In Begleitung dieser Worte langte er mit der Tasche in seiner Hand durch die Meute und reichte sie seiner neuen Mitschülerin. Diese wurde rot und stammelte nur ein "Äh, umm, danke....," ehe sich Katsuragi-sensei sich aufmachte, um wieder Ruhe zu schaffen. "Okay, okay, der Spaß ist vorbei! Alle bitte wieder auf ihre Plätze! Und seid dabei ruhig!" Nachdem sich alle wieder gesetzt hatten, bot sie Rei an, sich hinter Shinji zu setzen, was sie an sich wohl vermieden hätte. Da dies jedoch der einzige freie Platz im Klassenraum war, blieb ihr nichts anderes übrig als zu nicken und sich unter dem Gemurmel ihrer neuen Mitschüler hinzusetzen. Danach packte sie ihre Sachen aus und schaute starr zum Lehrerpult. Asuka beugte sich zu Shinji rüber und drängte ihn: "Zu Hause erzählst du mir alles, klar?" Und da war er wieder, dieser warme Tonfall, hinter dem das Grauen lag. Er seufzte nur noch einmal und konzentrierte sich dann auf den Unterricht. Nachdem diese Unterrichtsstunde durchstanden war und es zur Pause klingelte, stürmten fast alle Schüler(-innen) hinüber zu Rei und rannten Shinji dabei fast über den Haufen. Hikari versuchte noch, sich als Klassensprecherin etwas Gehör zu verschaffen, aber alle waren darauf versessen soviel wie möglich über und von der Neuen zu erfahren. "Woher kommst du? Warum bist du hier? Wie gefällt es dir in Neo-Tokio 3?" Mit lauter Fragen solcher Art wurde sie bestürmt, gab jedoch nur spärlich Antwort. Sie erwiderte einfach immer wieder: "Das werdet ihr noch erfahren, immer mit der Ruhe!" Und so war es denn auch. Wie sich im Laufe des Tages herausstellte, mochte sie den Andrang einfach nicht, aber antwortete stattdessen wenn man nur zu dritt oder viert war ohne sich zu zieren. Also fiel es Asuka und Shinji zu, sie über ihre Vergangenheit auszuquetschen und diese dann den Mitschülern mitzuteilen. Hikari hielt sich während dessen immer die Ohren zu, da sie solch eine Vorgehensweise weder tolerieren noch verbieten konnte, weswegen sie auf Durchzug schaltete. Ihre Meinung war, wenn sich ihre Mitschüler schon nicht anständig verhielten, so wollte sie doch wenigstens ihr Gewissen mit Unwissen beruhigen. Stück für Stück, Schulstunde um Schulstunde verging der Tag und es näherte sich die letzten paar Minuten Unterricht. Schlussendlich läutete die Schulglocke und verkündete den Unterrichtsschluss. Normalerweise wären jetzt die Klubaktivitäten an der Tagesordnung gewesen, aber in dieser Woche wollten sich die Clubs vorstellen, besser gesagt sollte dies am morgigen Sonnabend geschehen und die meisten Clubleiter hatten ihren Kameraden frei gegeben, um sich auf den kommenden Tag vorzubereiten und sich noch etwas Ruhe zu gönnen, ehe die Hektik losginge. Dementsprechend gelöst war auch die Stimmung der Schüler, nur die, die normalerweise auch keiner AG angehörten, verhielten sich normal. Da sein Klassenzimmer im dritten Stock lag, musste Shinji um in seine Straßenschuhe zu wechseln erst mal nach unten gehen, um zu den Schuhschränken zu gelangen. Eigentlich waren die Schuhschränke an seiner Seite unbenutzt, umso mehr überraschte es ihn, als er dort ein Mädchen herumwerkeln sah. Er beschleunigte seinen Schritt und schlängelte sich durch die ganzen anderen Schüler, die teilweise in seine, teilweise in die entgegengesetzte Richtung stürmten, entschuldigte sich bei den Sempai, die er anrempelte und wurde entschuldigt, als er ein paar mal von Kompai tangiert wurde. Erst ein paar Meter vor seinem Schränkchen erkannte er, dass es Rei war, die sich dort an der Metalltür zu schaffen machte. "A..Ayanami-kun?" Leicht aufgeschreckt, dass sie so unvermittelt angeredete wurde, schaute sie ihn an, die Hand immer noch an dem Türschloss. "Äh.. Ich bekomme die Tür nicht auf.. Könntest du..?" Sie weiste mit ihrer Hand auf den Schrank neben seinem. Er grinste nur, schob seinen Fuss unter die Tür, hob sie leicht hoch und zog dann an ihr. Sie öffnete sich mit einem leichten Ruck und schwang ein bisschen hin und her. "Hier, bitte sehr." Rei lächelte ihn an und bedankte sich um danach in ihre Straßenschuhe zu schlüpfen. Anschließend griff sie nach ihrer Tasche und ging los in Richtung der Tür. Shinji hatte sich unterdessen ebenfalls Straßenschuhe angezogen und seine Tasche gekrallt, um sich in Richtung Ausgang aufzumachen. Er konnte Rei noch sehen, ihre blaue Haarfarbe war ja auch recht auffällig in dem Schwarz-Braun japanischer Haare. Das er sie vorhin nicht an ihren Haaren erkannt hatte, wunderte ihn zwar im Nachhinein, aber er tat es mit einem unbewussten Handwink beiseite und holte Rei schnellen Schrittes ein, ging jedoch ein paar Meter hinter ihr. Als er ihr nach mehreren Straßen immer noch folgte, wurde Rei langsam stutzig, drehte sich um und fragte: "Sag mal du Perverser, wieso folgst du mir eigentlich? Was hast du im Sinn, hä?" Als spontane Reaktion klappte ihm erst mal die Kinnlade runter und machte große Augen, allerdings fasste er sich kurz danach wieder. Mit einem Kopfschütteln über den Schreck der Anschuldigung antwortete er: "Hey, ich bin nicht pervers! Es war wirklich ein Unfall! Außerde-" Ayanami unterbrach ihn heftig. "Also gibst du es zu! Du hast es gesehen!" Shinji merkte, dass er so langsam in eine Zwickmühle geriet und fing an zu stottern. "Eh.. Ah.." Er gab es auf und zu. "Okay, vielleicht ein bisschen. Aber nur ein winzig kleines Bisschen! Ehrlich!" Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu, der langsam in Ekel und Arroganz überging. 'Ehe sie noch etwa dieser Art loslassen wolle', sagte sich Shinji, 'werde ich lieber das Thema wechseln.' "Äh, außerdem verfolge ich dich nicht, ich gehe nach Hause! Ich kann ja auch nichts dafür, dass wir bis jetzt den gleichen Heimweg haben." Er wollte noch ein 'Tut mir leid' hinterherschicken, wurde jedoch von einem Plagegeist unterbrochen. "Ach hier bist du, Shinji! Und ich habe mich schon gefragt, wo du dich nun schon wieder hinverkrochen hattest, dabei bist du schlimmer Finger hier und versuchst, Rei-chan zu verführen! Tsk, tsk, tsk.... " Wie vor den Kopf geschlagen taumelte Shinji ein paar Schritte zurück, eher er sich zu eine Antwort aufrappeln konnte. "Eehh?! Was erzählst du da? Wie haben nur rein zufällig den gleichen Weg!" Doch Asuka hörte ihm gar nicht mehr zu, sondern hatte Rei schon einen Arm um die Schulter gelegt und flüsterte ihr die schlimmsten Dinge ins Ohr. Doch trotz ihrer gedrückten Lautstärke wehte der Wind ein paar Worte zu ihm rüber, jedoch meist tadelhafter Natur. So konnte er beispielsweise Worte wie "Verführer", "Berüchtigt" und "Ruf" vernehmen, wobei sie immer wieder zu Shinji blickte, um ihn als Opfer ihrer Anschuldigungen auch wirklich festzunageln. Unfähig, etwas an seiner Lage zu ändern ließ er demonstrativ den Kopf hängen, ging an den beiden vorbei, wobei er Asuka am Kragen packte und schlenderte in Richtung Heim. Asuka schrie natürlich Zeter und Mordio, aber Shinji sagte einfach stur "Ja, mach das. Ja sicher. Ja, geht klar." Nichts desto Trotz folgte seine Adoptivschwester ihm und tobte um ihn herum. Rei blieb derweil völlig verblüfft dort stehen, wo Asuka sie beschworen hatte und wusste nicht so recht, was zu tun sei. Nach ein paar Minuten stand sie vor ihrem Haus, oder besser vor dem Wohnblock, in dem sie wohl einige Zeit verbringen würde. Daheim in Neo-Tokio 2 sah es irgendwie genauso aus wie hier in 3, bemerkte sie verwundert. Sie erklärte es sich damit, dass die Architekten oder sogar die ganzen Pläne die gleichen sein mussten, was ja auch eine einleuchtende Entscheidung wäre, man würde nicht wenig Geld dabei sparen. Mit der ID-Karte, die man ihr gereicht hatte, öffnete sie die Eingangstür und arbeitete sich danach Pö a Pö nach oben zu ihrer Wohnung durch. Dort angekommen ließ sie die Karte abermals in den dafür vorgesehenen Schlitz gleiten und das Schloss öffnete sich wie von Geisterhand. Zufrieden betrat sie IHRE Wohnung, wurde allerdings dann auch sofort von der herrschenden Atmosphäre erschlagen. Es wirkte so kalt und leblos wie eine Betonwüste, das einzige Anzeichen von Leben bildeten die paar Umzugskartons, die im Flur standen. Sie seufzte kurz und ging dann in ihr Schlafzimmer, das einen Balkon mit Meeresblick hatte. Dort standen bereits ein, zwei Schränke, aber ansonsten war es ziemlich leer und klein. Ihr entfuhr abermals ein Seufzer und sie öffnete die Jalousie. Sofort schien die Nachmittagssonne in das Zimmer und beleuchtete die Wand über ihrem Bett. Man konnte sehen, wie der Staub durch die Luft kreiste, langsam fiel und dann angetrieben durch das Sonnenlicht wieder aufstieg. Rei betrachtete ein paar Minuten dieses Schauspiel und öffnete danach die Balkontür, damit frische Luft ins Zimmer und auch die ganze Wohnung käme. Eine leichte, aber kalte Meeresbrise schlug ihr entgegen, man konnte das Salz förmlich schmecken. Ihr wurde wieder bewusst, dass ihre neue Heimatstadt am Meer lag und sie von ihrem Zimmer aus in ein paar Kilometern Entfernung das Meer selber sehen konnte. Oder besser die Bucht NT3, ein besserer Name war denen damals noch nicht eingefallen, hatte der Second Impact doch auf der ganzen Welt für verheerende Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen gesorgt. Heute, 15 Jahre danach, hatte sich die Menschheit aufgerafft und diese Prüfung überstanden. 5 Jahre Volksunruhen auf der ganzen Welt hatten bei allen Narben hinterlassen, außer bei denen, die den Impact nicht erlebt haben, wie Reis Jahrgang. Über drei Milliarden Menschen starben am Second Impact und dessen Folgen, doch eine halbe Generation an schweißtreibender Aufbauarbeit hatte nicht nur die Welt, sondern auch die Menschheit verändert. Wo früher die Menschen sich als Herren der Welt sahen, sehen sie sich nun als Bewohner und nicht Zweck der Erde. Es mag dereinst eine Zeit kommen, in der der Mensch dieses Bewusstsein verlieren wird, doch das Anliegen dieser Generation, die jetzt lebt und lernt, wird es sein, dies zu Verhindern und das Andenken jener zu wahren, die ihr Leben für diese neue Welt gaben. Nachdem Shinji und Asuka nach Hause gegangen waren, verlief der Tag an sich recht ruhig. Shinji ging wie er es sich in den Ferien angewöhnt hatte auf den Balkon um die Nachmittagssonne zu genießen. Er lehnte sich an die Brüstung, legte seinen Kopf schräg und schloss die Augen. Eine kühle Brise wehte immer wieder durch seine Haare, dennoch stand er bestimmt 10 Minuten, eher er Geräusche von nebenan hörte. Verwundert öffnete er seine Augen, denn eigentlich wohnte in der Wohnung neben seinem Zimmer niemand und umso überraschter war er, als er dort Rei erblickte, die ihre Nase gerade in den Wind steckte und die Seeluft genoss. Sie schien ihn nicht zu bemerken, also machte er auch nicht auf sich aufmerksam und betrachtete sie, gespannt was sie tun würde. Interessanterweise schien sie nichts Großartiges zu machen, sondern stand einfach auf dem Balkon, hielt ihre Nase in die Luft und genoss sie ebenso wie warmen Sonnenstrahlen. Sollte er etwa auf sich aufmerksam machen? Nee, lieber nicht, vielleicht denkt sie ja über etwas nach.... Als sie nach 5 Minuten immer noch so dastand, entschied sich Shinji dazu, doch etwas zu sagen. "Bist du meine neue Nachbarin?" Erschrocken fuhr Rei zusammen und schaute sich um, wer denn da geredet hatte. Verblüfft stellte sie fest, wer es war. Sie zeigte mit dem Finger auf ihn und rief: "Aah! Der Perverse!" Als sie dann Shinjis überraschtes und zugleich wütendes Gesicht sah, fing sie an zu lachen. "Ha ha ha, das ist lustig, das ist lustig!" Ein bisschen veralbert kam er sich schon vor, er fragt sie ganz höflich etwas und sie beleidigt ihn und lacht ihn aus. Irgendwo konnte das einen schon herunterziehen.... Zynisch kommentierte es das Geschehen, indem er anfing, mit sich selbst zu reden. "Ja, hallo Ikari-kun, schön dich zu sehen! Sind wir etwa Balkonnachbarn? Das ist ja ein komischer Zufall!" Er wechselte von der hohen Stimmlage wieder in seine normale und sprach: "Oh, also das ist wirklich kurios. Was es doch für Zufälle gibt! Und, wie gefällt s dir in Neo Tokio 3?" Diesmal erhöhte er seine Stimme nicht nur um eine Oktave, nein, er wechselte sogar den Platz, an dem er stand und stellte sich an die Wand, die zu Reis Balkon hin grenzte. "Ach, weißt du, ich bin gerade neu hier und ehe ich etwas dazu sage, will ich mich erst mal umschauen." Ruckartig sprang er an die Stelle, wo sein imaginäres Ich stand. "Hm, Ayanami, da kommt mir eine Idee! Wie wäre es, wenn ich dich ein bisschen herumführe? Na, wäre das was oder nicht?" Er machte sich gerade daran, den nächsten Akt seines inzwischen in die Selbstironie gewechselten Stückes vorzutragen, als Rei ihm dazwischen funkte. "Hm, wenn du schon so 'lieb' fragst, warum nicht?" Sein Gesicht, das nun folgte, ließ sie wieder lachen. Der nächste Tag verlief fast im selben Trott wie der bisherige, nur irgendwie entspannter. Es gab drei, vier Stunden Unterricht und bis zur Mittagspause wurde die Zeit den Klubs eingeräumt, die letzten Vorbereitungen für das Werben neuer Mitglieder unter den neuen Mitschülern zu treffen. Auch Shinji machte sich nach dem Unterricht auf den Weg zum Raum seiner Astronomie-AG. "Hoi! Ist noch irgend etwas zu erledigen, was wir nicht schon gemacht haben?" Shinji konnte und wollte sich einfach nicht daran gewöhnen, dass Horaki die Präsidentin des Klubs war. Sicher, sie dirigierte sie einfach perfekt herum, aber was sie hierher geführt hatte, war ihm völlig schleierhaft. "Nein, nichts großartiges. Wir müssen nur noch die Sternendecke dort oben anbringen, die Fenster verdunkeln und das Mobiliar arrangieren, das wäre dann aber auch alles." Sie taten wie ihnen geheißen und innerhalb einer Stunde waren sie fertig, so dass ihnen noch eine halbe Stunde bis zur Mittagspause blieb. Wie er es gewohnt war, machte sich Shinji auf, um das Bento seiner Mutter auf dem Schulhof zu verzehren und dabei das Wetter zu genießen, selbst wenn es langsam kälter wurde. Also ging er den hellgrau gestrichenen Flur entlang in Richtung Hintertür. Draußen angekommen trabte er noch ein paar Meter weiter und setzte sich hinter dem Schulgebäude hin. Das Gute an dieser Wiese war, sie lag leicht erhöht zum Schulpool, so dass man ohne Problem den Klassen bei Schwimmunterricht zuschauen konnte, wenn man das Verlangen danach hatte. Zu dieser Jahreszeit dampfte der Schulpool meist, da es draußen mittlerweile schon ziemlich kalt war, doch bisher hatte man immer genug Strom durch Sonnenkollektoren gewinnen können, als dass der Schwimmunterricht doch noch statt finden konnte. Da es aber Sonnabend und Klubvorstellung war, fand heute kein Schwimmunterricht statt, sondern stattdessen die Vorbereitungen des Schwimmklubs, schließlich wollte man die Tradition fortführen und weiterhin die bewiesenermaßen schwimmstärkste Schule der Präfektur sein! Und ein Glücksgriff hatten sie mit Asuka gemacht, die wirklich eine bewundernswerte Sprinterin war. Ob sie heute wieder beinahe von Briefen erschlagen worden war, die in ihren Spint gesteckt wurden? Wahrscheinlich, denn sie war ziemlich beliebt bei den Jungs, und nicht nur bei denen ihres Semesters. Bei dem Gedanken ließ Shinji sich nach hinten fallen und musste lächeln. Doch dank seiner schon länger geschlossenen Augen hatte er gar nicht bemerkt, dass sich jemand hinter ihn gesetzt hatte und deswegen fuhr er auch erschrocken rum, als sein Kopf nicht auf dem weichen Boden, sondern auf Slippern landete. Den einen Taiyaki noch halb im Mund verschluckte er sich erst mal, ehe er etwas zu der unerwarteten Gesellschaft sagen konnte; es war Rei. Doch sie fing ohnehin ein Gespräch an, so dass er sich darauf konzentrieren konnte, nicht zu ersticken. "Also irgendetwas kann wirklich nicht stimmen, dass wir uns ständig über den Weg laufen...." Als Shinji auch noch Tränen in die Augen traten und er anfing zu erblassen, wurde es Rei langsam unheimlich. Sie war davon ausgegangen, der er sie ein bisschen necken wolle, doch langsam wurde er ihr unheimelig. "Lass den Mist, das ist nicht witzig..," schalte sie ihn besorgt. Als seine Gesichtfarbe jedoch ein ungesundes Blau-Lila annahm und er verzweifelt auf seinen Rücken deutete und keuchte, da rutschte sie schnell von ihren Händen auf denen sie saß ein Stück nach unten und drückte ihn mehrmals ruckartig an sich, bis er das Teig-Stückchen hervorgewürgt und ausgespuckt hatte. Er holte tief Luft, als wolle er die ganze Welt auf ein Mal einatmen, beruhigte sich dann jedoch langsam. Beide blieben noch ein paar Sekunden so sitzen, ehe sie ihre 'Positionen', er praktisch in ihrem Schoß, realisierten und sofort verlegen auseinander gingen. "Ähh.. Äh.. Danke," stammelte Shinji verlegen, um sich dann noch mal energischer und mit vielfacher Verbeugung, nachdem er aufgestanden war, zu bedanken. "Danke, hab vielen, vielen Dank!" Sich seiner Schuld bei ihr bewusst wurde ihm etwas unwohl, denn er wusste nichts, was diese Hilfe ihrerseits wieder gutmachen könnte, doch dann viel es ihm ein. "Hm, Ayanami? Du batest mich doch, dass ich dich durch Neo Tokio 3 führe, nicht wahr?" Sie lächelte kurz und erwiderte "Wie man's nimmt, ich habe einfach die Gelegenheit ergriffen.^^;" Leicht aus dem Konzept gebracht fuhr er trotzdem fort. "Also kann ich dir meinen Dank erweisen, indem ich nun dieses Angebot aufgreife und verwirkliche?" Sie überlegte kurz und nickte dann auf ihre mütterliche Art. "Lass uns das weitere heute Abend besprechen, okay?" Zuerst wusste er nicht, was sie damit meinte, aber dann erinnerte er sich daran, dass sie ja 'Nachbarn' waren. Er murmelte zustimmend und ging dann wieder in die Schule, da die Mittagspause fast vorüber war. Was die beiden aber nicht bemerkt hatten, war dass sie von Asuka, die sich hinter einer Hausecke versteckt hatte, beobachtet worden war. Sie fuhr sich mit ihren Fingern übers Kinn und sprach mit sich selbst "Interessant, interessant....", wobei sie das Polaroid-Foto umherschwenkte. Anschließend lief sie in die Schule, das Bild, auf dem Shinji in Reis Armen liegt, in ihrer Hand. Jetzt, wo normalerweise der Nachmittagsunterricht stattfand, waren die Klubvorstellungen. Shinji sprintete schnell zu seinem Klubraum, denn er musste sich doch noch umziehen! Auf dem Weg dorthin sah er, wie schon die ersten Klubs ihre Türen öffneten und bereits lautstark ihre Vorzüge verkündeten. "Hey, Shinji!" Der Rennende machte eine Vollbremsung und blieb direkt vor dem Armeeotaku stehen, der ihn gerufen hatte. Seine komplette Kleidung bestand aus Tarnsachen, sein Gesicht war sogar dementsprechend angemalt, und er trug ein Gewehr auf seinem Rücken. "Was ist denn, Aida-kun, Ich habe es eilig!" Aida zeigte dieses komische Ich-weiß-was-du-schlimmes-getan-hast Gesicht, was ihn sofort stutzig werden ließ. "Was.. ist..", fragte Ikari langsam, aber bestimmt. Aida hob nur eine Augenbraue, was sein Gesicht nur noch verdächtiger erschienen ließ. "Hast du dieses 'Bild' schon gesehen? Ich wusste ja nicht, dass du so schnell bist...." Seine Mund verbreiterte sich bei jedem Wort und das Grinsen wurde immer fieser. "Aber wie heißt es so schön: Stille Wasser sind tief .. und schlammig." Mehr wollte Shinji gar nicht wissen, er wusste zwar nicht, welches Bild Kensuke meinte, aber es konnte ja nicht so wichtig sein, also rannte er weiter, die zwei Stockwerke zum Astronomieklub hoch. Kurz bevor er um die Ecke bog, kam ihm Suzuhara-kun entgegen und dieser nahm ihn auch sofort in den Schwitzkasten. "WAAS HAAST DUU GEETAAAAN?!" Ein Röcheln entfuhr dem Gequälten, woraufhin Touji sofort den Griff löste, sich mitten auf den Gang setzte und Shinji zwang, die gleiche Sitzposition ihm gegenüber einzunehmen. Er war in keinem Klub, wurde aber meist von den Sportclubs umworben, da er ziemlich gut war, was so was anbelangte. Er legte ihm freundschaftlich den Arm um die Schulter und sprach in einschmeichelndem Ton: "Stille Wasser sind tief .. und schlammig! Aber wie hast du das in kaum zwei Tagen geschafft? Ich meine, sie ist doch erst gestern gekommen und schon heute lagst du in ihren Armen! Hast du kein Schamgefühl? Also, wie hast du das geschafft?!" Langsam wurde dem Bedrängten klar, worum es ging. Er wechselte in einen triefig-schleimigen Ton und fragte: "Kann ich das Bild denn mal sehen? Wir wollen ja nicht, dass wir aneinander vorbeireden, oder?" Touji zuckte mit den Schultern. "Musste du Soryu fragen, sie hat mir das Bild nur gezeigt, aber nicht gegeben. Aber um zum Thema zurückzukommen: Wie hast du das gemacht?" Shinji stand ruckartig auf und klopfte seinem Freund auf die Schulter. "Es ist anders als du denkst, glaub mir...." Mit diesen Worten verabschiedete er sich auch wieder und bog um die Ecke zum Astronomieklubraum, wo er sich schnell umziehen wollte. Seine Gedanken beschäftigten sich aber mit Asukas Missetat und in sich versunken lief er beinahe an der Tür vorbei. "Tut mir leid, ich bin zu spät, aber ich wurde aufgehalten." Horaki, gekleidet in einen schwarzen Mantel, auf dem Sternenbilder gestickt waren, bedachte ihn eines kalten Blickes und warf ihm dann sein Kostüm zu. "Hier, zieh dich an, und danach stellst du dich hin und machst den Ausrufer." Verblüfft von dieser Ankündigung entgegnete er "Eeh? Wieso ich? Ich habe gedacht, dass sollen die Kompai machen!" Sie schnaubte nur kurz. "Ich habe mich anders entschieden, und damit basta!" Nun war Shinji vollkommen davon überzeugt, dass sie auch dieses vermeintlich Bild gesehen haben musste, denn warum sonst solle er diese Aufgabe übernehmen? Nun denn, wie auch immer, jedenfalls machte sich Ikari daran, sich in seinem Kostüm vor die Tür zu stellen, Flugblätter auszuteilen, und dabei irgendwelche Reden zu improvisieren, schließlich hatte er nicht den Werbetext auswendig lernen müssen. "Hey, ihr, äh, Sternenfreunde dort auf dem Gang! Oder in der Nähe. Äh, schaut euch an, was wir bieten! Lasst, äh, uns euch die Sterne etwas näher bringen! Ääh, macht mit beim SETI-Programm! Sucht mit nach Aliens!!" Shinji untermalte dies mit ein paar theatralischen Gesten, die zur Komik verkümmerten. Horaki stöhnte nur und ließ ihren Kopf in ihre Hände fallen. "Oi?! Habt ihr drei nichts zu tun?" Rief sie den Unterschülern in ihrer AG zu, woraufhin sich diese schnurstracks ein paar Flugblätter krallten und versuchten, diese unters Volk zu bringen. Rei spazierte unterdessen seelenruhig übers Gelände und schaute den Klubmitgliedern zu, wie sie ihre Stände aufbauten und sich präsentieren wollten. Noch war sie aber unschlüssig, in welche AG sie eintreten wolle, wenn überhaupt, weswegen sie ziemlich neugierig alle unter die Lupe nahm und sich die Vor- und Nachteile der meisten Gemeinschaften erläutern ließ. Da war zum Beispiel der Schwimmclub, dem Asuka angehörte, der Armeeclub, dessen Oberhaupt Aida Kensuke war, der Schachclub, der sich aus den nicht ganz so guten Mathematikern rekrutierte, oder auch der Astronomieclub, dessen Mitglieder des öfteren auf Exkursionen gingen. Für welchen würde sie sich wohl entscheiden? Einerseits wäre ein Wahl mit einem Gebiet, in dem sie ohnehin gut war, vorzuziehen, da sie ihre Stärken ausbauen könnte, andererseits sollte man ja etwas tun, was einem gefällt! Sie überlegte angestrengt und kaufte sich geistesabwesend einen Muffin von einem Mitglied des Kochclubs, die alle überall Kuchen und Leckerein verkauften, wobei sie sich auf eine Bank setzte. Dieser Klub hatte den beständigsten Umsatz, während der Schwimmclub den Unbeständigsten hat, da er sich auf Preisgelder stützte. In Gedanken versunken bemerkte sie gar nicht, wie sich Touji neben sie setzte. Als er sie ansprach schreckte sie auf. "Äh.. Ähh.. Ssss-" Er erkannte ihren Missstand und ergänzte "Suzuhara!" Erleichtert und mit einem verlegenen Lächeln sagte sie "Suzuhara-kun!" Dabei sprach ihre Stimme wider ihres Gesichtsausdrucks, denn in ihr lag dieser Ton, als hätte sie seinen Namen gewusst und ihn bloß auf die Probe gestellt, ob er ihn auch wüsste. Leicht resigniert entgegnete er "Ja, das bin. Und, hast du schon einen Favoriten oder wirst du genauso frei bleiben wollen wie ich?" Eine Wahrsagerin passierte die beiden und verkündete laut ihre Künste und die Vorzüge des Astrologieklubs. "Hmm..... Kann es sein, dass alle anderen Angst vor dir haben und du deswegen in keiner AG bist?" Diese Informationen hatte Rei von ihren Klassenkameradinnen bekommen, man muss ja schließlich die Gefahren im Schulalltag kennen. Sie schaute ihn verdächtigend and und er warf ihr einen genauso entrüsteten wie wütenden Blick zurück. "Hey! Ich bin nicht gefürchtet, das nennt man Respekt! Außerdem, wer hat dir das gesagt?!" Sie musste sich zwar ein Schmunzeln verkneifen, aber sah es ein. "Okay, Suzuhara-kun, ich werde mit meinen eigenen Augen schauen, warum du 'respektierst' wird, und du sagst mir jetzt, was du eigentlich wolltest, einverstanden?" Das sie dabei seine Frage ignorierte, kam nicht von ungefähr. Dennoch reichte sie ihm die Hand als Zeichen der Abmachung. Er beäugte sie kurz misstrauisch, schlug dann aber ein. "Abgemacht, du schaust, wie ich mich benehme UND sagst mir den Eindruck davon und dafür frage ich dich jetzt, was ich fragen wollte. Also:" Touji wurde etwas verlegen und errötete leicht im Gesicht. "Nun, äh, weißt du, ich habe da ein Bild gesehen, bei dem, äh, du und, äh, Ikari-kun, wie soll ich sagen, euch in den Armen liegt?! Und..." Während Rei immer blasser wurde, sprach Touji immer schneller. "Ich wollte fragen, was es damit auf sich hat. Und?!" Er bemerkte ihre Gesichtsfarbe und ihm wurde mulmig. "Nicht gut?" Er schaute sich nervös um. "Soll ich dich zur Krankenschwester bringen?!" Sie schüttelte den Kopf, um den Kopf klar zu kriegen und auch als Antwort auf seine Frage. "Nein, ist nicht nötig, aber ich muss jetzt gehen. Ich werde dir später eine Antwort geben, okay?" Sie stand auf und zwang sich, den Platz ruhig zu verlassen, den verdutzten Touji hinter sich lassend, bis sie aus seiner Sicht war und anfing zu rennen. Sie wusste nicht wohin sie rannte, sie wusste nur weg, so weit weg, wie es gerade ging. Stück für Stück schaffte Shinji es, sich aus Horaki's Nähe zu stehlen, bis er endlich außerhalb ihrer Reichweite war und sich daran machte, Asuka zu suchen. Wie konnte sie es sich erlauben, Fotos von ihm zu machen ohne ihn zu fragen, hat er denn keine Privatsphäre? Wütend rannte er die Treppen hoch aufs Dach und schleuderte die Flugblätter in den Wind, so dass sie ihrer ursprünglichen Bedeutung zukamen und flogen. Anschließend stampfte er wütend hinunter, mit den Augen ständig hin- und herhuschend einen Hinweis auf seine Schwester zu erhaschen. Seine Augen überflogen die Spintreihen im Erdgeschoss, wo Asukas Schrank war und verfluchte gleichzeitig innerlich, alle Blätter weggeworfen zu haben. Wütend vor sich hinmurmelnd erzeugte er einen Freiraum um sich, da die Mitschüler seine Stimmung fühlten und aus Rücksicht ihm Platz machten. Erst als er direkt im Foyer stand, bemerkte er den Auflauf vor dem schwarzen Brett. Abgelenkt und neugierig bahnte er sich Schritt um Schritt eine Platz ganz vorne und schaute sich nach dem Grund für diese Menschenmenge um. Schockiert erkannte er ihn in Form eines Polaroids, dass ihn und Ayanami mehr oder weniger umarmt zeigte. Mit einem verächtlichen Schnauben für die Blicke der Schulkameraden riss er es vom Brett, wobei der gelbe Pin auf den Boden fiel. Eine große Frau bückte sich und wies darauf hin "Man sollte nicht einfach solche spitzen Dinge fallen lassen, man könnte sie sich eintreten!" Die 'Fremde' entpuppte sich als Katsuragi-sensei, die zu allem Unglück Shinji auch gerade noch gefehlt hat. Er kannte sie recht gut, zumindest dachte er es, doch seine Vorstellungen wurden eines besseren belehrt, als sie ihre Stimme erhob und im Lehrerton rief "Los, hier gibt es nichts zu sehen, geht weiter, Kinder, schau euch um, in welchen Club ihr wollt, oder habt ihr euch schon entschieden?! Seht ihr, ihr seid euch noch nicht sicher, also ab mit euch, habt euren Spaß solange ich noch gut gelaunt bin!" Bei dem letzten Satz wurde ihre Stimme freundlicher und sie lächelte. Aber nicht nur zu den Schülern, die sich langsam in kleine Gruppen auflösten und fortgingen, nein, auch zu ihm, doch das Irritierende daran war die Art wie sie lächelte. Wissend. Sie hatte ihn mit einer Hand auf der Schulter zu einem leeren Klassenzimmer geführt, obwohl er fast so groß war wie sie, als wolle sie ihn freundlich, aber bestimmt, nicht gehen lassen. Er setzte sich auf einen Stuhl in der vorderen Reihe, während sich Katsuragi-sensei an die Lehne des Lehrertisches lehnte. Hinter ihr auf der Tafel waren farbenbunte Bilder mit den zur Zeit angesagtesten Charakteren aus diversen Anime zu sehen, unter anderem fläzte sich ein leicht bekleidetes Catgirl am unteren Tafelrand in verführerischer Pose. Ihre Augen zwinkerten ihm zu, was seine Lehrerin jedoch nicht zu bemerken schien. "Keine Sorge Shinji, weder will ich dir Böses, noch das Foto, ganz im Gegenteil. Weißt du, mir liegt meine Klasse sehr am Herzen und deswegen will ich auch kein Mobbing, selbst und auch gerade weil es nur 'unter Geschwistern' ist. Ich selbst hatte zwar keine Geschwister, aber nichts desto Trotz weiß ich als Lehrerin, dass eine gewisse Rivalität meist mindestens ansatzweise vorhanden ist, allerdings kann ich solche Veröffentlichung von Streiterein nicht dulden. Deswegen wollte ich fragen, ob du mir wohl hilfst, Asuka zu finden, damit sie ihrer gerechten Strafe zukommt. Wahrscheinlich werde ich euch auch besuchen kommen deswegen, mal sehen. Also?" Shinji war erst mal sehr überrascht, hatte sie ihn soeben nicht nur vor dem Spott der Anderen bewahrt, nein, sie wollte ihm jetzt sogar helfen! Nun ja, oder er ihr, was in diesem Fall jedoch auf das Gleiche raus kam. So viel Reife hatte er ihr gar nicht zugetraut! Er hoffte seine Freude verbergen zu können, aber Katsuragi-sensei ließ nicht durchblicken, ob ihm dies nun gelang oder nicht, also stimmte er relativ tonlos zu. "Gut. Ich denke du weißt nicht, wo sie sich gerade befindet, oder?" Er schüttelte den Kopf, woraufhin sie schwunghaft mit dem Finger schnippte. "Dacht' ich mir schon." Sie überlegte und fällte dann eine Entscheidung, wobei sie mit der rechten Faust auf die linke Handfläche klatschte. "Es wird wohl am Besten sein, wenn wir getrennt nach ihr suchen. Pass auf, du nimmst dir die oberen beiden Stockwerke vor und ich die beiden unteren, okay? Und wenn du fertig bist, kommst du wieder in diesen Klassenraum, ich werde dann alsbald auch da sein. Also, viel Glück!" Mit diesen Worten hatte sie sich schon aus dem Zimmer geschwungen und schritt aufmerksam durch den Flur, beobachtend und schauend, ob sie irgendwo Asukas Haare oder etwas anderes von ihr erblicken könne. Langsam, Sekunde um Sekunde, beruhigte sie sich und konnte fühlen wie ihr Puls immer normaler wurde bis er schließlich auf ein ertragbares Maß zurückgesunken war. Ihr Blick ging in den Spiegel, der über dem Waschbecken hing auf das sie sich stütze. Fast schon automatisch ließ sie sich die Hände voll kalten Wassers laufen und warf es sich danach ins Gesicht, um die blasse Gesichtsfarbe loszuwerden, die durch ihre blauen Haare auch noch unterstrichen wurde. Erleichtert stellte sie fest, dass ihr Blut im Gesicht wieder anfing zu pulsieren. Ihre Hand griff nach einem der Papierhandtücher, die man nur einmal benutzen konnte und so aussahen, als wären sie schon hundert mal recycelt worden und wischten sich übers Gesicht. Sie wollte es nicht schon wieder haben, nicht schon wieder durch andere 'Mit'-Schüler terrorisiert werden, wie es in Neo Tokio 02 der Fall gewesen war. Letztes Mal waren ihre blauen Haare der Anlass gewesen, weswegen sie keine Freunde fand, zumindest keine richtigen, sollte sie etwa diesmal aus Angst vor Ijime freiwillig keine Freundschaften knüpfen dürfen? Nein, soweit konnte sie es diesmal nicht kommen lassen, soweit durfte es nicht gehen! Entschlossen riss sie die Tür auf und stampfte auf den Flur hinaus, mit ihrem harten Schritt den unteren Schülern Angst machend, auf der Jagd nach dem Foto. Als sie durch das Haus marschierte, bemerkte sie die gelegentlichen verwirrten Blicke, die sie gedanklich beiseite fegte, sich auf ihre Verfolgung konzentrierend. In ihrem Jagdrausch überrannte sie fast die kleine Menschenmenge, die sich vor dem schwarzen Brett eingefunden hatte und gespannt auf irgendetwas, das dort hing, starrte. Neugierig und dem unterbewussten Herdentrieb folgend, versuchte sie einen Blick auf das Objekt der Aufmerksamkeit zu werfen und vergaß dabei ihr eigentliches Hauptziel. Doch plötzlich griff eine Hand nach dem, wie sie mit Erschrecken feststellen musste, Foto, wobei die Reiszwecke auf den glatten Fliesenboden herunterfiel. Voller Panik wegen der Aufnahme, die sich einer der Schüler vorne gekrallt hatte, versuchte sie sich nach vorne zu kämpfen, erkannte jedoch kurz darauf die Zwecklosigkeit dieses Unterfangens. Zuerst resigniert, dann mit wachsender Freude, wurde ihr bewusst, dass sich ihre Lehrerin den Jungen mit dem Bild geschnappt hatte, eine kleine Rede an die anwesenden Schüler hielt und anschließend ging, um kurz darauf wie ein geölter Blitz aus dem Raum zu schießen, wo sie sich mit dem Jungen unterhalten hatte. Das Befremdliche an diesem war, dass er irgend so eine Kutte getragen hatte, mit lauter Punkten drauf, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Nachthimmel hatte. Gespannt, wer so scharf auf dieses Foto gewesen sein mag, betrat sie den Raum, den Katsuragi-sensei kurz zuvor verlassen hatte. Überrascht, musste sie feststellen, dass es Shinji war. "Perverser?!" Zuerst erschrocken von den Worten ließ er kurz darauf seinen Kopf fallen, als er erfasste, wer ihn eben so genannt hatte. "Ikari Shinji, Ayanami. Das ist mein Name. Nicht Perverser, Ferkeltasche oder sonst was, einfach Ikari Shinji." "Was machst du den hier?" Seine Antwort kam prompt. "Das Bild." Nun, es mag an ihrer Aufregung liegen, dass sie völlig vergessen hatte, wer neben ihr noch auf dem Foto zu sehen war. "Oh.. Mein Fehler, ich hat's glatt vergessen." Gleich darauf bedeutete der Ausdruck, den sein Gesicht überzog, dass sie allem Anschein etwas Falsches gesagt hatte. "Ähm, tut mir leid, wenn ich dich jetzt irgendwie gekränkt habe, Ikari-kun, aber ich bin wegen dem Foto einfach ein bisschen aufgewühlt." Nun ja, wenn man bedenkt inwieweit sich ihre Stimme zu Ende des Satzes in die Höhe zog so bekam das Wörtchen leicht doch eine völlig andere Bedeutung. Verständnisvoll sah er sie an. "Das gleiche ist es ja bei mir, Ayanami, aber ich denke wir sollten uns auf die Suche nach Asuka machen, die irgendwo auf dem Schulgelände fröhlich Gerüchte über uns verbreitet, nicht wahr?" Seine Unsicherheit, ob sie überhaupt in der Lage waren, seine Schwester zu finden, versuchte er durch eine feste Stimme zu kaschieren, was bei ihm allerdings ins Lächerliche abrutschte. Zu seinem Glück bewirkte dies aber ein leichtes Lächeln Reis, wodurch sie sich sichtlich entspannte. "Ja, ich denke du hast recht." Selbstzufrieden erzählte er ihr, dass er die oberen Etagen durchschauen sollte, während Katsuragi-sensei sich die Unteren vornahm. "Hm.. Dann wäre es wohl am Besten, wenn ich mich draußen umschaue," dachte sie laut, und, gesagt - getan, hatten sich die beiden aufgeteilt, um die Unholdin zu suchen. Misato war natürlich als erste fertig, schließlich hatte sie ja auch als erste die Suche begonnen, weshalb sie nun auch auf Shinji warten musste. Wie üblich vertrieb sie ihre Zeit damit, in einem Automagazin die Anzeigen nach Ersatzteilen für ihren Wagen zu suchen, welcher sozusagen ein Hobby von ihr war. Jedoch wurde sie schon nach ein paar Seiten erfolglosen Suchens durch Shinji unterbrochen, der betrübt den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss. "Darf ich aus deinem Gesichtausdruck schließen, dass du sie nicht gefunden hast?" Missmutig blickte er seine Lehrerin an und nickte. "Bingo!" Ein Seufzer entfuhr ihr. "Das Gleiche bei mir, unten war sie auch nicht." Betrübt gingen sie zu den Fenstern und verfolgten desinteressiert das Getümmel. "Es kann doch nicht sein, dass sie-" Er wurde durch einen kleinen Stoß in die Rippen unterbrochen und durch die Hand seiner Lehrerin auf eine ungewöhnliche Farbkombination hingewiesen. "Was ist denn? Da sind doch bloß ein blauer und ein roter Haarsch.." In seinem Kopf formte sich allmählich die Erkenntnis, wem die beiden Köpfe dort draußen gehören könnten. "...opf!" Wie ein Shinkansen war Shinji, nachdem die Erkenntnis Gestalt angenommen hatte, durch die Tür gerast und sein Umhang flatterte dabei wild hinter ihm her. Er wusste zwar wenig über Rei, aber soweit er wusste, war sie nicht diejenige, die sich gerne Streit lieferte, sondern wohl eher das Gegenteil, was man wiederum von Asuka nicht sagen konnte. Seiner festen Überzeugung nach war sie der Übeltäter, pardon, die Übeltäterin, welche diese Auseinandersetzung vom Zaun gebrochen haben musste. Die Annahme, dass so etwas gerade zwischen den Beiden statt fand, folgerte einfach aus der Tatsache, dass Rei mit Asuka über etwas sprechen musste und er sich der Machtpositionen hierbei durchaus bewusst war. Der Hof wurde durch die drei Schulgebäude und den Sportplatz mit Schwimmbad eingekreist, so dass er ein in sich geschlossenes Areal mit einigen Bäumen und Wiesen sowie Wegen bildete, die sich durch die leichten Hügel schlängelten. Man hatte diese kleinen Erhöhungen angelegt, um ein naturnahes Aussehen zu erreichen, was dem Architekten auch durchaus gelungen wäre, wären da nicht die naheliegenden Plattenbauten der Schule. In einer Senke dieser Landschaft stritten sich Asuka und Rei, so dass Shinji, nachdem er das leicht erhöhte Schulgebäude verlassen hatte, erst einmal auf eine Kuppe steigen musste, um die beiden zu finden. Zum Glück waren die Bäume schon ziemlich kahl, weshalb er sie sofort entdeckt, da ansonsten die triebreichen Stämme die beiden Kontrahenten wohl verdeckt hätten. Nachdem er sie entdeckt hatte, nutzte er das Gefälle um auf Geschwindigkeit zu kommen und raste anschließend auf den Kieswegen zu ihnen hin. Als er ankam, musste er irritiert feststellen, dass das Zwiegespräch der beiden ziemlich ausgeglichen war, was umso beeindruckender war, wenn man bedachte, wie die Charaktere sich üblicherweise verhielten. Shinji schlussfolgerte, dass Rei ziemlich aufgeregt sein musste, wenn sie es schaffte Asuka Paroli zu bieten und sie sogar zu bedrängen! "Ich weiß gar nicht, wieso du dich immer noch aufregst! Es war doch bloß ein Witz!" Obwohl seine Schwester voll in Fahrt war, verteidigte sie sich, anstatt anzugreifen. "Ich habe mich doch bereits entschuldigt!" Die Empörung in Asukas Stimme war problemlos herauszuhören, und ebenso ihre Aufregung, und doch... "Weil ich es leid bin! Ich will so was nie wieder sehen und werde es nie wieder dulden, erst recht nicht bei mir! Weißt du überhaupt was ich durchgemacht habe? Hast du auch nur die geringste Vorstellung davon? Nein, also tu es nie wieder!" Sie atmete schwer und die Aufregung war ihr sichtlich anzumerken, nicht nur durch ihre mehr als gesunde Gesichtsfarbe. Beide registrierten ihn zur gleichen Zeit und sprachen ihn an. "Shinji/Ikari-kun, tu doch was," erscholl es im Chor. Danach funkelten sich die Mädchen wütend an, man konnte die Blitze zwischen ihren Augen förmlich hin- und herrasen sehen. Unschlüssig stand er nun vor den Beiden und wusste weder ein noch aus, bis plötzlich etwas geschah. Eine einzelne Schneeflocke segelte zwischen den beiden Streithühnern sanft zu Boden. Doch dies war nur der Vorbote, denn kurz darauf folgten Hunderte, nein Abertausende von diesen kleinen Eiskristallen und fielen zu Boden. Obwohl sich die meisten Schüler über den Frost in letzter Zeit und die tiefen Temperaturen beschwert hatten, freuten sie sich jetzt alle über die weiße Pracht, die liegen blieb, und tollten im wahrsten Sinne des Wortes herum wie die Schneekönige. Verschwunden war der Streit zwischen den Mädchen zwar nicht, aber aufgeschoben, denn sie wollten zwar nicht so herumtollen wie die Frühsemester, aber dennoch ihren Spaß an dem Flockenwirbel haben. Unbehaglich war ihm schon zumute, wie sie drei so nach Hause gingen, was auch nicht ungewöhnlich war, schließlich befand er sich genau zwischen den beiden Kriegskandidaten. Einige scheue Seitenblicke verrieten ihm jedoch zum Glück, dass keine Kampfeslaune vorhanden war. Irritiert von dem doch überraschenden Gesinnungswechsel versuchte Shinji, ein Gespräch aufzubauen. "Schönes Wetter, nicht?" Innerlich verfluchte er sich dafür, so ein belangloses Thema angeschnitten zu haben. Von beiden folgte zustimmendes Brummen, was ihn auch nicht gerade ermunterte. Verzweifelt ringte er mit sich selbst, um ein anderes aber neutrales Thema aufzugreifen. Im letzten Moment, kurz bevor er aufgeben wollte, fiel ihm eins ein. "Rei, hast du dich jetzt eigentlich schon entschieden, ob du einem Klub beitreten willst, oder überlegst du noch?" Aus den Gedanken gerissen trat sie aus Versehen in eine Schneewehe und versank knöcheltief im Schnee. Sie grummelte leise, als sie ihren Fuß herauszog und antwortete: "Hm, ich habe ein paar AGs ins Auge gefasst, aber sicher bin ich noch nicht. Da jetzt Wochenende ist, werde ich mir wohl etwas Zeit nehmen, darüber nachzudenken." Asuka lauschte neugierig, doch nicht aus rachsüchtigen Gedanken, sondern aus einem eher positivem Interesse heraus. "In was für einem Club bist du eigentlich?" Langsam aber sicher wich die Anspannung aus Reis Stimme, wie Shinji zufrieden feststellte. "Ähm, Ich bin im Astronomieclub, wieso? Hast du den etwa in deine Überlegungen mit einbezogen?" Irritiert winkte sie ab. "Nein, tut mir leid, habe ich nicht, ich wollte es bloß wissen. Was machst du da eigentlich?" Enttäuschung war aus seiner Stimme zu hören. "Ach, das Übliche, Sterne anschauen, Planetenbahnen berechnen, halt was man so mal macht. Ab und zu suchen wir auch Kometen, aber das ist eher selten." Einem Schnauben zu seiner Linken folgte eine Entgegnung Asukas. "Ja, dafür, dass ihr ab und zu nur nach den Eisklumpen sucht, habt ihr der Schule aber schon einen großen Dienst erwiesen." Verwundert dreht sich Rei zu der Anderen. "Wie meinst du das?" Erfreut über ihre neue Machtposition antwortete sie. "Na unser kleiner Kepler hier hat mit seinen Freunden einen Kometen entdeckt, den sie nach der Schule benannt haben. Dies wiederum hat unseren Direx beeindruckt, weshalb er ihnen mehr Gelder zugewilligt hat. Aber wir im Schwimmclub kriegen natürlich nichts!" Ihrem Bruder entfuhr ein Seufzen. "Du pauschalisierst. Tatsache ist, dass ihr als Schwimmclub den Hauptteil eures Geldes selbst durch Preisgelder einholt, weshalb ihr einfach nicht in dem Maße durch die Schule gefördert werden braucht wie wir. Ihr solltet euch sogar freuen, ihr erringt Prestige und Geld für die Schule, während wir nur ideelle Werte hervorbringen." Dazu konnte Asuka erst mal nichts sagen, hatte Shinji ihr ihre Argumente doch schon vorweggenommen und auch eingesehen, worin sie bestanden. Nun ja, das ist auch nicht weiter verwunderlich, war sie doch schon seit fast zehn Jahren seine Adoptivschwester. Da war es halt nötig zu wissen, mit wem er es zu tun hat und logischerweise auch wie er reagieren muss. Nach dieser Argumentation murmelte Rei "vielleicht sollte ich in den Schwimmclub gehen..." Da Shinji direkt neben ihr ging, schnappte er dies auf und fluchte in sich hinein, dass er das mit den AGs erwähnt hat. "Und wieso," fragte er scheinheilig. Die Entgegnung kam prompt. "Oh, das hattest du gehört? Nun ja, ich schwimme gern und bin es gewohnt, alleine für mich zu sorgen, unabhängig zu sein, du verstehst?" Er nickte. "Deshalb dachte ich mir, dass der Schwimmclub vielleicht nicht schlecht wäre." Verständnisvoll beglückwünschte er sie. "Da kann ich ja nur dein Bestes hoffen, denn du hast in dem Fall eine hartnäckige Gegnerin." Er verwies auf Asuka, so dass Rei geradeheraus in ihr siegesgewisses Grinsen ebenso wettkampfbereit zurück schauen konnte. Unsicher versuchte er die beiden ein bisschen zu zerstreuen. "Ihr wisst, dass ihr dann in dem gleichen Team seid, oder? Das heißt ihr müsst euch wohl zusammenraufen, ansonsten hat es sich mit der Unabhängigkeit." Beide nickten, wobei ihre kampfeslüsterne Grinsen immer breiter wurden. "Ich muss dich warnen, ich bin die beste Schwimmerin an dieser Schule!" Unverkennbar prahlte Asuka mit ihren Leistungen. Umso knapper fiel die Entgegnung Reis aus. "War." Gerade dies regte seine Schwester nur wieder auf, doch irritierender Weise kühlte sie sich auch wieder ab, sich auf ihr Können besinnend. "Wir werden ja sehen, nicht wahr?!" Na wenn das mal keine Herausforderung war! Als Asuka an diesem Abend feststellte, dass Rei ihre Nachbarin war, war sie zum Einen komplett aus dem Häuschen und zum Anderen bat sie Shinji, mit ihr über den Balkon in seinem Zimmer reden zu dürfen, oder mit anderen Worten, sie befahl es ihm. Etwas verärgert stimmte er zu. Blieb ihm etwas anderes übrig? Bei solch einer dominanten Schwester wohl kaum, doch zu seinem Glück hatte sie ein gutes Gedächtnis, was Gefallen anging, selbst wenn sie sie nie in ähnlichem Ausmaße erfüllte wie er. Als die beiden dann aber gut eine Stunde da draußen auf dem Balkon bei dieser Eiseskälte miteinander redeten, wurde ihm doch mulmig, da es in dieser Höhe immer windig war und es daher schon ein ziemlich fesselndes Gesprächsthema sein musste, wenn sie sich immer noch miteinander unterhielten. Als er dann schließlich wieder sein Zimmer betreten konnte, welches nun die gleiche Temperatur hatte wie draußen, konnte er sich nicht eines misstrauischen Seitenblicks zu seiner Schwester erwehren, welcher ihn noch skeptischer bezüglich des Gesprächthemas machte, denn sie sah zufrieden aus. Nicht etwa so selbstzufrieden, wie sie es normalerweise tut, sondern irgendwie beängstigend glücklich, und zwar auf eine normale Art! Einer Antwort unbefriedigt ließ sie ihn in seinem Zimmer stehen, wo er hastig die Fenster schloss und die Heizung aufdrehte, so dass es zumindest noch bis zum Schlafen wärmer werden wurde. Anschließend setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann, seine Hausaufgaben zu machen. Wie sich herausstellte, trat Rei, angestachelt durch Asuka, wirklich in den Schwimmclub ein, und schon bald fand der Wettbewerb zwischen den beiden zumindest auf privater sportlicher Ebene statt. Sie hatten es sich ausgemacht, sich bei Sonnenuntergang vor der Sporthalle zu treffen und so geschah es auch. Wiederum völlig perplex musste Shinji feststellen, dass die beiden sich zwar auf den Wettstreit freuten, aber diesmal nicht den aggressiven Unterton in ihrem Handeln hatten. Dieser war durch einen Art von Freundschaft ersetzt worden, welche Angesichts Asukas Charakter mehr als unerwartet kam. Als er einige Zeit neben den Beiden so her ging, auf dem Weg zum Turnier, da konnte er es sich einfach nicht verkneifen. "Wieso seid ihr eigentlich so gut gelaunt? Ich verstehe das nicht, vor ein paar Tagen hattet ihr euch aus gutem Grund angekeift, selbst wenn ich diese Initiative nicht von Rei erwartet hatte, und mit einmal seid ihr wie die besten Freundinnen, als hättet ihr euch irgendwie ausgesprochen oder so!" Unwillig schüttelte er den Kopf über das Verhalten der Beiden. Mit einem wissenden Lächeln antwortete seine Nachbarin: "Du hast dir die Antwort eben selbst gegeben!" Er überflog in Gedanken kurz, was er gesagt hatte. Nervös blickte er zu seinen Mitschülerinnen. "Ihr... habt.. eine Aussprache gehalten?!" Wo er zuerst noch gezögert hatte, waren die letzen Worte regelrecht aus ihm herausgesprudelt. "Nun ja,", entgegnete Asuka, "so kann man es bezeichnen, ja." Seine Verwirrung stieg immer mehr. "Aber gerade du, Asuka, du! Du kannst doch nicht.. du darfst doch nicht.. Wieso.." Er gab es auf. "Wie auch immer, eure Art werde ich sowieso nie verstehen, ich kann bloß hoffen, dass ich irgendwann mal den Grund für euren offensichtlichen Sinneswandel erfahren werde." Verschmitzt antwortete Rei. "Wer weiß, wer weiß..." Wer sonst als Shinji sollte wohl den Schiedsrichter machen, war er doch die den beiden am meisten vertraute Person und auch gerade deswegen auf ein faires Urteil bedacht. Das Wasser war durch den Schneefall schon ziemlich kalt, knappe 15° C über dem Gefrierpunkt, dennoch ließen die 20° Unterschied zur Außentemperatur ihn bedächtig vor sich her dampfen, sehr zum Wohlgefallen von Pen², der im frischen Wasser umhertauchte. Obwohl dieser Warmwasserpinguin eine Neuzüchtung war, oder gerade deswegen, war er ungemein intelligent, so dass er in Anbetracht der Größe des Schwimmbeckens sogar so was wie 'stubenrein' war. Voller Freude bemerkte er, dass Besuch zu kommen schien, als das Vordertor zum Schulgelände geöffnet wurde und Schritte immer näher kamen. Voller Entzücken durfte er feststellen, dass gerade die beiden besten Schwimmerinnen der Schule in die Sporthalle gingen, um sich umzuziehen. Und wozu wohl sonst als zum Schwimmen? Desgleichen hatte er ja schon öfters erlebt, dennoch nie zu solch kalter Jahreszeit. Trotzdem freute er sich, waren sie in ihren Bewegungen zwar nicht so grazil wie ein zum Schwimmen geborenes Wesen wie er, erreichten dessen ungeachtet aber eine Grazilität, die man diesen Landläufern gar nicht zutrauen würde. Sicherlich, er war auch zu einem gewissen Teil einer ihrer Art, konnte er sich auf dem Land fortbewegen, aber im Herzen war er ein Lebewesen des Wassers und das konnte ihm keiner streitig machen. Gespannt, was der komische Junge hier auch noch zu tun hatte, wartete er, bis die beiden Menschenweibchen aus den Umkleideräumen kamen. Schauer umfingen sie, obwohl sie sich schon in dicke Bademäntel und Badelatschen gekleidet hatten. Pen² musste sich erst einmal wieder vergegenwärtigen, dass Menschen ja sehr kälteempfindlich sind und deswegen immer irgendwas über die Haut ziehen. Ach, genau! Deswegen sah der Menschenjunge so komisch aus, er hatte bestimmt irgend eine "Kleidung" an! Das erklärte natürlich, wieso er so aussah wie ein Kegel auf dem Kopf. Ein Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit und er wandte sich um. Das Fallen der Bademäntel ließ aber nicht nur den Pinguin seine Aufmerksamkeit wechseln, sondern auch Shinji abklappen. Sein Blutdruck war wegen dem Wetter sowieso im Keller, was in Anbetracht seines Eisenmangels ohnehin schon schlecht war, aber der Anblick der beiden Mädchen hatte ihm wohl den Rest gegeben. Erschrocken drehte sich Rei nach ihm um, nur um von Asuka beruhigt zu werden. "Keine Bange, das passiert manchmal im Winter, wenn er zu sehr aufgeregt ist, ist so eine Angewohnheit von ihm, nicht weiter tragisch, er kommt gleich wieder zu sich. Man kann schon fast die Uhr danach stellen, wann er wieder aufwacht." Insgeheim fragte sie sich, ob es Auf- oder Erregung war, die ihn abklappen ließ. Zudem hatte sie noch in Gedanken die Sekunden gezählt, die seit dem dumpfen Ton, den sein Körper erzeugt hatte, verstrichen waren. "..., vier, drei, zwei, eins, jetzt!" Shinji fing an sich zu bewegen und richtete sich langsam auf. Nach einer kurzen Orientierungsphase hatte er sich soweit beisammen, wieder aufzustehen. "Siehst du, Rei, ich habe doch gesagt, wenn er mal abklappt, dann ist er pünktlich wieder da." Sie drehte sich zu ihrem Bruder um. "Hey, Shin-chan, geh zum anderen Ende des Pools und messe unsere Zeiten, kapiert? Ich will wissen, ob ich unsere neue Freundin hier in Bestzeit schlage oder nicht!" Rei errötete bei der Bezeichnung Freundin leicht, nicht wegen dem Eindruck, den man im Bezuge zu Shinji sehen könnte, sondern aufgrund der Wortwahl, denn Freundin hatte sie schon lange niemand mehr genannt. Ein bisschen verlegen machte sich Shinji zum Ende des Schwimmbeckens auf, während Pen² sich zu den beiden Schönheiten auf einen dritten Startblock gesellte. Kampfeslüstern schaute Asuka zu dem Schulmaskottchen und warnte es. "Tja, ich muss wohl aufpassen, dass ich dich nicht schlage, sonst würde ich wohl der Glücksbringer der Schule werden, und das wollen wir beide wohl nicht, oder?" Verständnislos blickte er sie an, ohne Ahnung dessen, was dieses junge Menschenweibchen eben gesagt hatte. Nach einer kurzen Wartezeit hörte sie auf, auf eine Antwort zu hoffen und begann ebenso wie Rei ihre Aufwärmung. Da sie aber nur einmal kurz schwimmen wollten, waren beiden schon nach kurzer Zeit fertig und stellten sich startbereit auf ihre Startblöcke. "Auf die Plätze," erhob Shinji zaghaft seine Stimme, bei jeder Silbe lauter werdend. "Fertig!" Pen² imitierte die Haltung der beiden Wettstreiterinnen. Nach einer geregelten Sprechpause erfolgte der finale Ruf: "LOS!" Bei diesem Wort lösten beide ihre Anspannung und sprangen absolut grazil ins Wasser, so dass kaum Wasser aufspritzte. Getoppt wurde diese Leistung nur durch das Schulmaskottchen, der fast ohne Wellen zu werfen entspannt ins Wasser glitt. Er hielt natürlich spielend mit, wo sich die beiden Kontrahentinnen abrackerten ihre Position zu halten bzw. auszubauen. Rei war zwar wesentlich weiter getaucht als Shinjis Adoptivschwester, diese jedoch holte mit jedem Schwung immer ein Stück auf. Der Schiedsrichter schätzte kurz ihre Geschwindigkeiten ab, um sich dann verärgert für ein Fotofinish vorzubereiten. Er stellte sich gespreizter Beine zwischen zwei Startblöcke und drehte den Fotoapparat auf Panorama, so dass er beide Gegnerinnen auf dem Foto würde bannen können. Wenn es doch nicht zu einer Entscheidung per Foto kommen würde, dann hätten sie zumindest ein eindrucksvolles Bild vom heutigen Tage. Sie näherten sich mit einer ihm unerreichbaren Geschwindigkeit, während Pen² fröhlich ihre Bahnen schnitt und durch das Wasser glitt, als wäre es Luft, wobei er auch einige Luftsprünge vor und über den Mädchen machte. Mit einem Blick von der Kamera stellte Shinji fest, dass die Widersacherinnen kaum noch zehn Meter entfernt waren. Schnell justierte er die Schärfe noch mal nach, um schließlich beim abgeschätzten Eintreffen der beiden den Auslöser zweimal zu drücken, sicher war bekannter Weise sicher. Dabei vergaß er zwar die Zeit zu messen, aber er war sich sicher, der Sieg war seiner Schwester lieber als die Zeit, die sie geschwommen war. Als er von der Kamera aufschaute und sie ihn beide erwartungsvoll anschauten, konnte er sich eines winzigen Gedanken, für den seine Schwester ihn sofort einen "Ecchie" oder schlimmer nennen würde, nicht erwehren. "Äh.. nun ja, ich habe nicht wirklich mitgekriegt, wer von euch gewonnen hat, deswegen habe ich ja auch den hier mitgenommen." Er schwenkte zum Beweis mit dem Fotoapparat. "Ihr ward beide so dicht beieinander, dass ich nicht mitbekommen habe, wer gewonnen hat, also habe ich es fotografiert, so dass wir nach der Entwicklung des Films nachschauen können." Asuka ließ sofort ihren Kopf hängen um dann mit einer Tirade an Beleidigungen auf Shinji fortzufahren, Rei jedoch lächelte. Ob sie es nun aus Siegesgewissheit oder aus Spaß an der Freude tat, wusste er nicht, aber er war sich ziemlich sicher, dass er es heute Abend erfahren würde. Während seine Schwester ihn weiter verfluchte, gingen die beiden nassen Mädchen in die Umkleide. Nun, Mann, aber besonders auch Frau, kennen das Problem der trocknenden Haare, was vor allem Dingen bei Asuka mit ihrer hüftlangen, rotblonden Mähne zu Buche schlägt. Und gerade deswegen wurde Shinji, nachdem er sich in der Hundekälte draußen wohl bald die Zehen abgefroren hätte, durch Rei, deren Haare schon trockener waren, nach zehn Minuten mit in die Umkleide gerufen. Mit klappernden Zähnen folgte er ihrem Angebot und betrat die Sporthalle, oder besser gesagt den Eingangsraum, der sich in drei Gänge, zwei zu den Umkleiden und einen in die Halle, aufteilte. Aus Gewohnheit heraus ging er erst einmal in den Umkleideraum der Jungen, wo er niemanden vorfand, um dann in die Halle zu gehen. Zum Glück hatte man den Schülern die Nutzung von Schuleigentum im Allgemeinen bis 21.00 Uhr erlaubt, so dass noch Licht brannte. Dennoch war auch hier keine Menschenseele zu sehen. Verwundert schaute er sich noch mal genauer um, um sicherzugehen, dass er die Beiden nicht übersehen hatte, stellte aber fest, dass dem nicht so war. Irritiert setzte er sich auf eine der Sportbänke, die an den Wänden standen. Nach kurzer Zeit schaute Asuka in die Halle, sichtlich verärgert. "Wo bleibst du denn? Wir warten schon die ganze Zeit auf dich!" Aus seinem Gesicht konnte sie zwar seine Verwirrung herauslesen, ging aber nicht darauf ein sondern winkte ihm nur. "Folge mir einfach." Mit diesen Worten hatte sie sich ihrem Bruder auch schon abgewandt, der aufsprang um ihr auf den Fersen zu bleiben. Mit einem leichten Anfall an Nervosität stellte er fest, dass sie zu der Mädchenumkleide abbog. "Äh.." versuchte er sich zu einer Entscheidung durchzuringen, doch da war es schon zu spät, er stand mitten in der Umkleidekabine und schaute sich hektisch um. Dass dieser Raum fast genauso aufgebaut war wie das männliche Äquivalent beruhigte ihn dabei kein bisschen. Sicher, die Mädchen waren schon angezogen und hatten sich Handtücher über die Köpfe gelegt und um die Haare gewickelt, damit diese schneller trockneten, aber trotzdem war diese Situation ihm völlig ungewohnt. Aus bekannten H-Spielen wusste er zwar, was in solchen Situationen passieren konnte, aber Geschehnisse dieser Art hielt er eher für unwahrscheinlich, trugen diese Games doch nicht umsonst das Kürzel H in ihren Namen. Mit dem Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, setze er sich auf die gegenüberliegende Seite, damit er seinen Gesprächsparterinnen in die Augen schauen konnte. In Anbetracht der Stimmung, in der Asuka aufgrund eines mangelnden Siegesbeweises war, machte er sich lieber auf eine Konfrontation mit ihr gefasst und lehnte sich zurück, wobei er die Arme verschränkte. Doch unerwarteter Weise übernahm Rei die Gesprächsführung, was zu einer sichtlichen Entspannung seinerseits führte. Sie rieb sich nervös die Hände. "Nun, uns kam eben eine Idee, wie wir unseren Sieg und Freundschaft feiern könnten und zugleich auch die Schule dafür zahlen lassen würden. Ich denke, das wäre nicht nur für die Schule ziemlich beeindruckend, sondern auch von symbolischen Wert." Verwirrt schüttelte Shinji den Kopf. "Wovon redest du?" Leicht aus dem Konzept gebracht fragte Rei: "Was?" "Äh, du hast mir noch nicht gesagt, worum es eigentlich geht. Also?", fragte Shinji. Ein böser Seitenblick huschte in Richtung Asuka, die sich am Türrahmen gelehnt eins ins Fäustchen lachte, dann fuhr sie fort. "Wir beide haben uns überlegt gehabt, ob wir nicht das Prestige der Astronomie-AG und die Leistungen des Schwimmclubs kombinieren könnten, wenigstens um damit ein Symbol für Zusammenhalt und Zusammenarbeit zu schaffen. Der Hintergrund liegt aber eigentlich darin, dass wir zu einem großen Onsen in den Bergen fahren wollen. Pro für uns: Eine große Schwimmanlage. Pro für euch: Zivilisationsfern und hoch in den Bergen, d.h. ihr habt wesentlich bessere Beobachtungsbedingungen als an euren üblichen Standorten. Diese Idee ist Asuka gekommen, als ich ihr von dem Schwimmbad erzählt habe, in dem ich mal in den Ferien war. Ihr ist dann das mit euch eingefallen." Irritiert von dieser Offenbarung schaute er zweifelhaft zu seiner Schwester. "Wie auch immer. Und, weiter?", hakte er nach. "Na du sollst die frohe Kunde deinen Leuten überbringen und sie von unsere Idee überzeugen." Er überlegte kurz, ehe er weiterbohrte: "Und was springt für mich dabei raus?" Durch die Fragerei ihres Bruders genervt fuhr Asuka auf. "Shin-chan, denk nach: Ihr habt optimale Bedingungen für eure Beobachtungen UND verschiedene Onsen UND dieses riesige Schwimmbad, in dem ihr herumtollen könnt. Was willst du mehr?!" Das sie auf diese Frage keine wirkliche Antwort wollte, war mehr als offensichtlich, weshalb Shinji seine Bemerkung lieber runterschluckte. Stattdessen lehnte er sich zurück und legte seine Stirn in Falten, damit es ausschaute als ob er über ihr Angebot nachdächte. Selbstverständlich hatte er seine Entscheidung schon vorher getroffen, als sie ihm von den Inhalten des Unternehmens erzählte, allerdings wollte er seine Adoptivverwandte noch einige Zeit hängen lassen, dafür dass.. nun ja, sie hatte ihm schon soviel 'angetan', dass er sich einen Scherz mit ihr einfach nicht verkneifen konnte. Ihm kam zwar der Gedanke, dass er damit Rei auch treffen könnte, überzeugte sich aber dann damit, dass er ihr von seinem Streich erzählen würde in der Annahme, sie würde mitmachen. "Lass mich überlegen, okay? Ich werde ein, zwei Nächte darüber schlafen und euch dann meine Entscheidung mitteilen. Dann kann ich zwar immer noch nichts versprechen, aber sobald ihr meine Zustimmung habt setze ich mich natürlich auch dafür ein." Der folgende Gesichtausdruck der Rothaarigen entschädigte ihn für vieles. Als er nach zwei Tagen seiner Schwester seine Teilnahme gegeben hatte, schien sie nicht sehr überrascht zu sein sondern es eher als Anstandshandlung von ihm zu sehen. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass Rei, welcher er seine Entscheidung noch am gleichen Abend erzählt hatte, ihm mit der Nachricht zuvorgekommen war. Jetzt bereitete er sich darauf vor, seinen Klubmitgliedern den Reisevorschlag zu unterbreiten. Er erwartete angesichts des Angebotes keinen wirklichen Widerstand, allerdings war er sich ziemlich sicher, dass Horaki wohl mit irgendwas dagegen argumentieren würde, und wenn es dabei auch bloß um ihren Ruf oder ihr Gewissen ging. An und für sich war er sicher, dass seine Klassensprecherin auch zustimmen würde, und gemäß des Falles dass sie es nicht täte, hatte er schon einen Plan... Wie er es vermutet hatte, legte sie wirklich pro forma Widerspruch ein, allerdings waren fehlende Schulstunden kein wirklich stichhaltiges Argument. Dennoch konnte Shinji es sich nicht verkneifen, auf ihre eigene Regel der Mehrheitsbestimmung zu pochen. "Also, da wir hier keine einstimmige Entscheidung habe, schlage ich das Wahlverfahren vor. Wer für die Exkursion ist, hebe bitte die Hand." Fast alle Hände gingen nach oben. "Wer dagegen ist, hebt seine Hand bitte jetzt!" Nicht ein Arm bewegte sich. "Die enthaltenden Stimmen melden sich bitte!" Horakis Hand hob sich zaghaft. Mit einem mentalen Grinsen über beide Ohren, dass in der Realität kaum die Mundwinkel streifte, notierte er das Ergebnis. "Okay, damit ist die Reise mit sieben zu null Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Noch Fragen?" Mittlerweile wich das Lächeln nicht mehr von seinem Gesicht und breitet sich von Augenblick zu Augenblick mehr aus. Die anderen freuten sich selbst sichtlich und das die Präsidentin nicht dagegen gestimmt hatte, war fast so was wie ein 100%er Sieg. "Gemäß den Statuten der Schulordnung wird die Planung und Beantragung durch die Präsidenten und die Personen des Vorschlags vorgenommen." Dies ließ ihn bitter aufstoßen, denn zum Einen schloss ihn das ein, zum Anderen Horaki, und zu guter Letzt auch noch seine Schwester, die den Vorschlag im Schwimmclub getätigt hatte, sowie deren Präsident. Dort war das Ergebnis nicht so gut ausgefallen, weil der Trip teilweise aus der Klubkasse bezahlt wurde, aber es gab dennoch eine überwiegende Mehrheit. Die Organisation war eine Qual, den es mussten die Erlaubnisse der Schule, der Eltern und noch ewig weitere besorgt werden. Die vier Orgas hatten jedes Wochenende vollauf zu tun, fehlende Zettel von den teilnehmenden Schülern einzusammeln, Anträge vorzubereiten, doch auch diese hässliche Arbeit konnte Shinji die Vorfreude nicht nehmen, erst recht nicht weil er ansehen durfte, wie seine Schwester die gleichen Qualen durchmachte. Dies war auch der Grund, warum die Lagetreffen immer in der Wohnung der Ikaris stattfanden. Es war bei einem solcher Treffen, es wurde gerade der Fahrtweg besprochen, als Shinji genervt verkündete, er gehe auf Toilette. Natürlich hatte er nicht vor, dorthin zu gehen sondern in sein Zimmer auf den Balkon, frische Luft schnappen, hätte er das aber so gesagt, dann hätte es bestimmt missbilligende Blicke mit der Nachricht "Wir leiden, also leidest auch du!", gegeben. Er zog die Tür zur Küche am Ende des Flures neben der Haustür zu und schlich langsam den Weg bis zum Ende mit seinem Zimmer entlang. Ganz bedächtig öffnete er die Tür, um ja kein Geräusch zu verursachen und schlüpfte durch den Spalt, kaum dass er groß genug dafür war. Mit einem Stoßseufzer der Erleichterung ließ er sich an der Tür herunterrutschen, um dann gleich wieder aufzustehen und auf den Balkon zu gehen. In dem Moment, in dem die Tür öffnete, zog ihm ein kalter Wind ins Gesicht und jagte eine Gänsehaut über seinen Rücken. Schützend verschränkte er die Arme und stellte sich an die Brüstung mit dem Blick aufs Meer. Die steife Brise ließ die Stimmen, die aus der Küche herüberschallten, nahezu verschwinden. Er war sich ziemlich sicher, dass man ihn in der Küche nicht würde hören, wenn er jetzt etwas sagte. "Guten Abend, Shinji." Zuerst dachte er sich verhört zu haben oder das der Wind ihm irgendwas ins Ohr getragen hatte, aber als er sich umdrehte, sah er wie Rei eingemummt in eine Decke am Geländer stand. Ihre Haare flatterten wild im Wind und ihre roten Augen strahlten wie eh und je. "Keine Lust?", fragte sie provisorisch. "Keine Lust.", entgegnete Shinji. Sie grinste schadenfroh. "Mir scheint es, ich komme bei dem ganzen noch am Glimpflichsten davon, ich hatte Anteile an der Idee, muss sie aber nicht ausführen." Ihr Lächeln stand in hartem Kontrast zu der sie umwehenden Kälte und wäre es möglich, dann hätte sie spontan einen persönlichen Beitrag zur Erderwärmung geleistet. "Aber ich denke, du solltest langsam wieder zu deinem Team stoßen, ansonsten wird deine Ausrede ziemlich unglaubwürdig. "Mit einer Mischung aus Warnung, Hinweis und Mitgefühl wies sie mit ihrer Hand um die Ecke auf seine Balkontür. "Na, ich geh dann mal,", gebot ihm seine Vernunft zu sagen, "wir sehen uns spätestens in der Schule, Nacht!" Sie winkte ihm zu und beugte sich dann wieder zurück, so dass er sie nicht mehr sehen konnte. Mit einem leichten Schaudern ging er wieder ins Zimmer und schlich sich anschließend zum Bad, um danach normal in die Küche zu gehen. Das Gerede dauerte noch lang in die Nacht hinein und als die Gäste endlich verabschiedet waren, fiel Shinji schon ins Bett und schlief auf der Stelle ein. Als der Bus ankam, war es bereits mittags, obwohl die Gruppe schon früh am Morgen in Neo-Tokio 3 aufgebrochen war. Der Ort ihrer Wahl lag am Fuße des Fujisan, welcher bedrohlich über ihnen aufragte. Dennoch waren sie stolz, diesen symbolträchtigen Berg aus so unmittelbarer Nähe zu sehen, denn schließlich hatte dieser erloschene Vulkan einen großen emotionalen Wert für die Japaner. Ihre Herberge war in altjapanischer Tradition eingerichtet und hatte selber eine heiße Quelle, so dass sie auch am Ausgangsort ihrer Tagesreisen für den Fall der Fälle eine heiße Quelle hätten. Der Schnee hatte das Dach der Häuser, die in weiter Flur einsam dastanden, weißgefärbt, da es aber immer noch schneite, würde der Schnee bald anfangen hinunterzurutschen. Durch das Halten des Busses wurde Shinji aufgeweckt. Verschlafen murmelte er etwas Unverständliches und renkte sich den Hals wieder ein, der sich bei der langen Fahrt total verspannt hatte. Als er dann mit den anderen Reisekameraden ausstieg, war er noch mehr als diese von dem An- und Ausblick fasziniert, hatte er doch den letzten Teil der Anfahrt verschlafen. Er war noch nie so nah am Fuji gewesen und hatte ihn, wenn überhaupt, nur aus der Ferne bei klarstem Wetter sehen können. Jetzt, wo er so dicht war, wirkte er noch bei weitem monumentaler als aus hundert Kilometern Entfernung. Seine schneebedeckte Kuppe war mehr als eine Wonne, sondern wirklich ein Anziehungspunkt fürs Auge. Natürlich stand den Orgas nach Katsuragi-sensei die Ehre der ersten Schritte zu, so dass Shinji nach Horaki aus der Bustür trat und erst einmal mehr als knöcheltief im Schnee versank. Von der Hohe des Schnees geschockt, taumelte er erst mal ein bisschen, was durch seine nachhängende Schläfrigkeit noch verstärkt wurde. "Shinji, unser Trunkenbold." Dieser Kommentar Asukas wurde sofort durch einen scharfen Blick der Lehrerin gerügt, welche auf sie seit dem Foto sowieso was Ärgern betraf nicht gut zu sprechen war. Allerdings kam ihr dann der Gedanke von Sake im Onsen, was sie in Verzückung mit einem Lächeln erstarren ließ. Shinjis Taumeln hatte aber auch etwas Gutes, es war Platz zum Austreten für die Horde geschaffen worden, welchen diese auch sofort nutze. Innerhalb von Sekunden war der vormals tiefe Schnee auf ein paar Zentimeter niedergetrampelt worden. Während alle ihre Taschen aus dem Bus holten, ging Katsuragi-sensei in die Herberge, um ihre Ankunft zu verkünden. Weil Shinji keine Lust auf diese Ellenbogenaktionen unter seinen Mitschülern hatte, folgte er seiner Klassenlehrerin einfach in Richtung Eingang. Nachdem sie das hölzerne Tor in der Steinmauer durchquert hatten, mussten sie noch ein, zwei hundert Meter gehen, ehe sie das Landhaus erreichten. Dort angekommen klopften sie erst einmal ihre Schuhe ab und schoben dann die Tür auf. Dort erst bemerkte sie, dass ihr ein Schüler gefolgt war. "Was willst du denn hier, Shinji? Willst du nicht deine Sachen holen?", fragte sie. Er schüttelte den Kopf. "Nein, wenn ich mich jetzt da durchboxen müsste, dann würden vielleicht noch unsere Geräte kaputtgehen, und daran will ich nicht schuld sein." Sie nickte verständnisvoll, schwenke aber sofort in ein hinterhältiges Grinsen über. "Das soll doch nicht heißen, dass du wirklich in die Sterne beobachten willst?" "Natürlich," bemerkte er, "wenn ich schon die Gelegenheit habe die Sterne so gut beobachten zu können, dann will ich diese doch nicht ungenutzt lassen!" Wieder bekam er dieses Grinsen. "Jetzt hör schon auf die offizielle Variante zu erzählen, gib doch zu, dass du dich auf die Onsen und das Schwimmen freust!" Langsam wurde er ärgerlich. "Okay, das ist ein Grund, aber ein Anderer ist wirklich das Beobachten! Außerdem müssen wir der Schule ja Beweise für den Nutzen unserer Reise vorlegen, so dass wir so etwas wieder machen können." Er hoffte, mit dem letzten die Gedankengänge seiner Lehrerin soweit zufrieden gestellt zu haben. Manchmal fragte er sich wirklich, wie alt sie war, denn ihr Verhalten war schon recht sprunghaft im Reifegrad. Allerdings war sie ja auch noch ziemlich jung, so Mitte bis Ende zwanzig, und konnte sich solche Scherze leisten, doch trotzdem fragte er sich, wie es wohl rüberkommen würde, wenn sie ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hätte. Seine Vorstellung einer vierzigjährigen Misato wurde unterbrochen, als der Hausherr endlich an der Rezeption auftauchte. "Sie wünschen?" Sofort hatte sie wieder die Verantwortungsvoller-Lehrer-Maske aufgesetzt. "Wir sind die Klasse aus Neo-3," kürzte sie den Stadtnamen ab. "Ach, genau!" nickte der ältere Herr verständnisvoll. Eine Frau fortgeschritteneren Alters kam durch den Flur auf ihn zu und fragte: "Sind das die Kinder?" "Ja, mein Schatz, hast du schon alles vorbereitet?" Es war offensichtlich, dass die Beiden ein altes Ehepaar waren. Der Mann reichte ihr einen A4 Bogen. "Hier ist die Hausordnung, und die Zimmer sind alle in dem Flur da vorne." Er verwies in den Flur, aus dem seine Frau gekommen war. "Die Schlafenszeiten sind Standard, Bettruhe ab 22 Uhr und Ruhe ab 23 Uhr, allerdings habe ich auch gegen länger Aufbleiben nichts, da meine Frau und ich in einem separaten Haus schlafen und unsere nächsten Nachbarn rund 3 Kilometer weit weg wohnen. Die Bezahlung wurde ja schon geregelt, und von daher.. Wollen sie die Kinder nicht hereinholen, es ist doch schrecklich kalt draußen!" Die Lehrerin nahm den Bogen Papier entgegen. "Okay." Sie wollte gerade noch nach Essenszeiten und dergleichen fragen, fand aber nach kurzem Überfliegen alles auf den Zetteln. Anschließend verneigte sie sich höflich. "Vielen Dank, dass sie uns aufnehmen.", sagte sie förmlich. Er entgegnete ebenso förmlich, aber mit Entzückung im Gesicht: "Die Ehre liegt in ihrer Bewirtung!" Sowohl Lehrerin als auch Schüler ließen den sichtlich erfreuten Hausherrn an der Theke stehen und gingen zur Tür, um die Schüler zusammenzurufen. Es war klar, dass es einige Streiterein geben würde um die Zimmeraufteilung, denn es gab nur Zwei- und Drei-Futon-Zimmer, allerdings wurden die meisten Streitigkeiten schnell beigelegt oder durch einen schnelle Partie Stein-Schere-Papier entschieden. Glücklicherweise gab es in jedem Zimmer einen Kotatsu, so dass nicht noch ein Streitgrund gefunden wurde. Katsuragi-sensei hatte sich natürlich das Einzelzimmer am Ende des Flures gegönnt, das Einzige mit einer Scharniertür, während die anderen alle in Zimmern entlang des Ganges ihre Heimstätten hatten. Durch einen Wink des Schicksals lag Shinjis Zimmer wieder neben dem von Rei und Asuka. Der erste Tag stand genauso wie der Letzte zur freien Verfügung, was auch viele nutzten, um im Schnee herumzutollen und eine Schneeballschacht zu veranstalten. Stück für Stück gab es aber immer weniger Teilnehmer, zuerst die Kleineren, die nicht so viel Ausdauer hatten, und dann auch die Älteren, welche nicht ihre ganze Kraft auf das Schneeballwerfen vergeuden wollten. Shinji, dem die undankbare Aufgabe des Schleppens der Astronomiegeräte zukam, nahm zuerst gar nicht teil, denn durch das Tragen der schweren Fernrohre war er schon mehr als ausgelaugt. Er schwitzte nicht gerade, es kam selten vor, dass er sich außer im Sport so sehr bewegen musste, deshalb hatte ihm die Schlepperei ganz schön zu schaffen gemacht. Ob der Schneeball, der ihn im Gesicht traf, nun willkommen oder nicht war, auf jeden Fall ließ er ihn seine müden Muskeln vergessen und sich auch ins Getümmel stürzen. Übrig blieben zum Schluss nur noch Asuka, Rei und Shinji, die sich alle drei gegenseitig und ohne Zusammenhang lachend bewarfen. Mit der Zeit hatte sich auch die Dämmerung über den Tag gelegt, um der Nacht ein Bett zu bereiten und so war es schließlich die Dunkelheit, die die Drei ihre Schlacht beenden ließ. Mit geschundenen Knochen schleppten sie sich gegenseitig stützend ins Haus. "Freu ich mich auf die Quellen! Ah, all den Schmutz des Tages loswerden und sich so schön entspannen!" Die Geschwister stimmten ihrer Kameradin zu, die in der Mitte ging. "Sag mal, sind die Onsen hier eigentlich gut? So richtig schön warm?", fragte Shinji, doch bevor sie antworten konnte, kam schon die nächste Frage von ihrer anderen Seite. "Ich hoffe doch, die Bäder sind geschlechtergetrennt, oder? Weil ansonsten können sich ein paar von den Halbstarken schon warm anziehen..." glitzerte Asuka vorfreudig. Rei griff ein, ehe Shinji mit einem Kommentar seine Schwester sticheln konnte. Sie hatte inzwischen mitgekriegt, dass das Hobby ihrer besten Freunde das gegenseitige Piesacken war, und zwar ohne Unterlass. "Ja, die Quellen sind sehr warm und es ist geschlechtergetrennt. Ich wage es allerdings zu bezweifeln, dass wir noch einen guten Platz erwischen, so spät wie wir sind." Sie schaute sorgenvoll zum Himmel, der durch ein paar Wolkenlücken den Blick auf vereinzelte Sterne fallen ließ. "Aber ich glaube, das wird schon, es dürften auch schon einige die Quellen wieder verlassen haben." Wie es sich herausstellte, waren es mehr als einige, nämlich fast alle. Da es aber noch eine gute Stunde bis zum Abendessen war, war noch genug Zeit, um sich im Wasser zu aalen, und wie es so schön heißt: Gesagt - getan! Shinji ging in sein Zimmer und krallte sich seine Badesachen. Wahrscheinlich war sein Zimmernachbar wieder mal bei einer Partie Shôgi, dachte er sich. Ihm kam der Gedanke, wie seine Lehrerin haushoch gegen ihn verlor, aber tat ihn beiseite, bloß um ihn nach einem Blick in den Gesellschaftsraum bestätigt zu sehen. Katsuragi-sensei verlor tatsächlich! Entweder hatte sie einen schlechten Tag, oder keine Ahnung, oder das wohl Zutreffendste: Sie war betrunken. Nach einer kurzen Beurteilung ihrer Flüche über das Spiel und sonstiger Anzüglichkeiten entschied er sich für die dritte Variante und schlich sich von dannen, um einer eventuellen Saufpartie von ihr zu entkommen. Er wusste zwar, dass es an und für sich illegal war, Minderjährige zu Alkoholkonsum zu verführen, aber er war sich ebenso sicher, dass sie das nicht das Geringste stören würde. Anschließend wanderte er zum Umkleideraum der Männer und zog sich aus. Als er danach die Tür öffnete, stellte er erschreckt fest, dass die Onsen im Freien waren! Zudem würden aus der Mehrzahl einer, der durch eine Bambuswand, die über zwei Meter aus dem Wasser ragte, getrennt wurde. Resigniert hockte er sich in eine Waschecke, um sich einzuschäumen. Nachdem er das getan hatte, nahm er einen Bottich und füllte ihn mit warmen Wasser, womit er sich anschließend abspritzte. Nachdem er dies noch ein paar mal wiederholt hatte und sämtliche Seifenreste verschwunden waren, ging er schnell zu dem Rand der Quelle, der dem Einfluss am Fernsten war. Irgendwo hatte seine Schwester zwar recht, wenn sie sagte, er sei ein Warmduscher, allerdings duschte er nicht in der Temperatur, in der das Quellwasser einströmte! Stück für Stück arbeitete er sich aber durch das Becken bis zum Bambus gegenüber des Einflusses vor und lehnte sich entspannt dagegen. Die Trennwand war an sich zwar nicht sehr dick, aber stabil und vor allem, nicht zu durchschauen. "Hey! Ich dachte, die Wand sei stabil? Ich lehne mich dagegen und kurz darauf, lehnt sie sich zurück! Ja gibt's denn so was?" Verwundert rieb sich Rei den Rücken. Erschrocken wich Shinji von dem Bambus zurück. Er hatte zwar eine Reaktion, ein leichtes Durchbiegen erwartet, aber nicht das! "Äh.. Rei?", fragte er bedächtig. Sie blickte ebenso erschrocken zur Trennung zwischen den beiden Teilen des Bades. Obwohl sie ihn nicht sehen konnte, riet sie "Shinji? Was machst du hier?!" Er suchte verzweifelt nach einer Antwort, die ihn nicht in irgend eine missverständliche Lage manövrieren würde, wurde aber dann glücklicherweise unterbrochen. "Wasislos? Wäischda?" Selbst oder gerade an dem lallenden Ton erkannte er seine Schwester, die sich gerade wusch. Anscheinend war sie nicht so glimpflich vor Katsuragi-sensei davongekommen. Allerdings fragte er sich, ob sie es auch ernsthaft versucht hatte. Ohne Bedenkzeit entschied er sich einstimmig, dass sie es nicht getan hatte. "Hallo Asuka. Wieder zuviel getrunken? Du weißt doch, dass du fast kein Stehvermögen hast, was Alkohol anbelangt!", freute er sich schadenfroh. "Sihst du, ischabfasskeins, abaduübahautnisch!" In sich hinein knurrend verkniff er sich einen weiteren Kommentar. Na, zumindest versuchte er es. "Bier macht fett!" Resigniert stellte die Freundin der Beiden fest, dass sie ihr schönes Spiel wieder begonnen hatten. "'s wa Szaaahaake! Nisch Bia!" Rei entschied sich, dazwischen zu gehen und ein Geräusch in der Nähe gab ihr den passenden Anlass. "Was war das?", fragte sie, womit sie die Aufmerksamkeit der Beiden auf das Rascheln lenkte. Ein bisschen Schnee fiel von einem nahestehenden Rhododendron und begrub etwas unter sich. Durch die fehlende Deckung begraben konnten alle drei sehen, was diese Geräusche verursacht hatte. Ein kleiner Schneehase kam zum Vorschein, und schüttelte sich kräftig, um den Schnee aus dem ebenso weißen Fell zu kriegen. Nachdem er dies größtenteils erledigt hatte, fing er an sich ohne Scheu zu putzen. Rei stieß leicht gegen den Bambus, um Shinjis Aufmerksamkeit zu haben, "Siehst du ihn auch? Wie es scheint, kommt er öfters hierher, sonst wäre er nicht so zutraulich.", flüsterte sie. Obwohl sie es nicht sehen konnte, nickte er. Er tauchte bis zur Nasensitze unter Wasser und schlich ganz langsam zum Einfluss, was bei Temperatur des Wassers schon eine ganze Menge forderte. Dort angekommen, sich soweit wie möglich vom heißen Rohr fernhaltend, streckte er eine Hand nach dem kleinen Tierchen aus. Erstaunlicherweise flüchtete es nicht, wie man es auch von Tieren gewohnt war, die nahe bei Menschen lebten, sondern hoppelte ganz im Gegenteil auf seine Hand zu. Der Busch war ganz nah am Beckenrand und Shinji hatte nicht realisiert, dass die Trennwand kurz vorm Einfluss aufhörte, so dass er jetzt von der holden Weiblichkeit betrachtet werden konnte. Beide schauten interessiert zu, Asuka, weil sie seinen Tritt ins Fettnäpfchen sehen wollte und Rei, weil sie den Hasen, und Shinji mit seinem Fettnäpfchen nicht verpassen wollte. Doch plötzlich stürzte das Kaninchen wie wild weg, als wäre es erschreckt worden, obwohl kein Grund ersichtlich war. Enttäuscht ließ Shinji sich nach hinten fallen, bloß um anschließend in einem Aufschrei anzufangen loszutanzen, wobei er das heiße Wasser verfluchte. Es war zwischen seiner dritten und vierten Umdrehung, als er erfasste, dass er sich auf die weibliche Seite des Bambus getanzt, oder besser gesagt geflucht, hatte. Starr vor Schreck hielt er inne, mit dem Rücken zum Haus und drehte ganz langsam seinen Kopf. Mit trockenen Lippen stellte er fest, wo er sich befand. Froh, dass er noch ein Handtuch anhatte, wurde er zwar rot wie der Sonnenuntergang, aber war trotzdem froh, dass er sich nicht komplett zum Affen gemacht hatte. Er bemerkte auch die nunmehr sehr gesunde Gesichtsfarbe von Rei, die bis zur Nase im Wasser war, einige Meter hinter ihm, noch neben dem Bambus. Ebenso erfasste er seine Schwester, die, mit übereinandergelegten Beinen im Wasser, am Quellenrand auf den Steinen saß. Als er sich umwandte, um wieder auf seine Seite zu gehen, griff er nach dem Handtuch, dass er auf dem Kopf zusammengefaltet hatte, und fuhr sich damit übers Gesicht. Moment mal, das Handtuch war auf seinem Kopf? Mit was... ? Es dämmerte ihm, warum seine Schwester dermaßen vergnügt dagesessen hatte, und warum Rei über alles Rot wurde. Er war bei seinem Tanz schlichtweg nackt gewesen! Blitzschnell hielt er sich sein Handtuch vor den Schritt und ließ sein Gesicht einen Farbton annehmen, wogegen der vorige eine Leichenblässe darstellte. Er wechselte vom schnellen Gang, den er vorher hatte, zum Sprint und ließ dabei das heiße Wasser, das auf seiner Haut brannte und den Wind, der sein Gesicht erfrieren ließ, völlig außer acht. Voller Scham rannte er aus dem Wasser, gefolgt von dem schadensfrohen Lachen seiner Schwester. Völlig überflutet von seinen Gefühlen vergaß er fast sich anzuziehen und scheltete sich mental dafür. "Beinahe wäre das Gleiche noch mal passiert!", fluchte er in Gedanken. Er merkte, wie sich im Nebenzimmer jemand umzog und flüchtete nach dem Umkleiden in seinen Raum, um einer möglichen Konfrontation mit Asuka zu entgehen. Seine nassen Haare klatschten in den Nacken und ließen kaltes Wasser seinen Rücken hinunterlaufen, doch er ging einfach weiter und warf sich, nachdem er die Tür hinter sich zugeschoben hatte, auf seinen Futon. Unterbewusst bewunderte er die ausgelegten Tatami für ihre Weichheit, dass sie seinen Sprung so gut abgefederte hatten, dachte aber nicht weiter darüber nach. Stattdessen kramte er nach einem Handtuch und legte es sich auf die Haare. Anschließend nahm er seine Jacke und öffnete die Zimmertür nach draußen. Zum Glück hatte jedes Zimmer eine eigene Tür nach draußen, so dass er unbemerkt auf den überdachten Teil der Terrasse trat, sich ein Kissen, dass er sich noch gekrallt hatte, unterlegte und dann mit der Jacke auf den Schultern in den Himmel schaute. Zu seinem Glück war es nicht allzu kalt, so dass der Schnee schön flockig und die Nächte halbwegs angenehm waren. Er fluchte kurz, als die Tür des Nachbarzimmers aufgeschoben wurde. "Es.. tut mir leid." Das hatte er nun nicht erwartet. Es hatte zwar vergessen, dass die beiden Mädchen im Nachbarzimmer schliefen, aber dennoch hatte er nicht mit so einem Kommentar gerechnet. Weniger überraschte es ihn, so etwas von Rei zu hören. "Es war ja nicht deine Schuld. Ich hätte nicht einfach so..." Ihm fiel kein passendes Wort ein. "Tanzen sollen.", ergänzte seine Gesprächspartnerin mit einem Lächeln. Er musste bei ihrer Ergänzung unwillkürlich lachen. "Tanzen, das ist gut! Wirklich gut.." Seine Stimme war zum Schluss hin immer leiser geworden, bis sie kaum noch zu hören war. Er schaute sehnsüchtig zu den Sternen und verfolgte ihren Lauf. Mit Gedanken rechnete er ihre grobe Position aus (er hatte ein gutes Augenmaß), während sie da so beide schwiegen. Ein Gerumpel ließ sie aus ihrer Tagträumerei bei Nacht erwachen. "Und, wie wäre es, gehen wir wieder rein?", fragte Rei. "Es scheinen mit einem Mal weniger dort geworden zu sein und du willst doch nicht mit komplett leeren Magen zu Bett gehen, oder?" Er schüttelte missmutig den Kopf und zwang sich zu ein Lächeln. Kurz darauf gingen beide hintereinander durch sein Zimmer zum Ende des Flures und öffneten die Tür zum Aufenthaltsraum. Als dort Shinji, und anschließend Rei, den Raum betraten, lallten Katsuragi-sensei und Asuka gemeinsam zu ihnen rüber: "Ia sei dih näästn!", wobei Katsuragi-sensei auf Rei und Shinji zeigte, und Asuka auf einen Mistelzweig, der über der Tür hing. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)