Alles nur nicht der! von abgemeldet (Vor Kaiba kann man eben nichts verbergen) ================================================================================ Kapitel 8: Truth ---------------- Er hatte etwas geahnt. Schließlich behauptete er, dass er recherchiert hatte. Und dennoch versetzte ihm meine Antwort einen Schock. Er hielt meinen Blick fest, als er ebenfalls mit ruhiger Stimme fragte:" Warum?" Ich war jetzt schneeweiß im Gesicht. Ich wette Seto hatte noch nie so dunkle Augen gesehen, so voller Gedanken, Geheimnisse und Schmerz. Ein Schauer durchfuhr mich. "Was spielt das noch für eine Rolle? Ich habe es getan. Es war meine Schuld. Ich sagte ja, ich bin ein Nichts!" Ohne weitere Erklärungen ging ich zur Tür, um endlich hier zu verschwinden. Es wäre zu schön gewesen. All die Zeit, die ich investiert hatte. Was ich mir von der Kühltruhe nicht alles anhören musste. Und wofür? Letztendlich doch nur, weil es sich normaler anfühlte, als der gesamte Rest meines Lebens. Oh, ich wollte so oft das Handtuch werfen! Wie oft war ich nicht schon davon gelaufen? Es sollte nicht mehr sein; auch wenn Seto es mir nicht gerade leicht gemacht hatte. Sein Starren, seine ständigen Fragen. Dank' Mokuba blieb ich standhaft. Toll, ich musste wieder an Mokuba denken. Gott, was sollte ich tun? Was würde er wohl sagen, wenn er wüsste was ich war? Und dieser Kaiba? Wie konnte er sich nur so verhalten? Er wusste sehr wohl, was sein Bruder empfand und trotzdem küsste er mich. "Willst du wissen, was Mokuba mir erzählt hat?" Ich erstarrte. Ich sah nichts außer einem wirren Farbspektrum. Meine Hände, die vor Taubheit nicht einmal mehr zittern konnten, griffen blind nach der Türklinke. Und selbst als ich Setos Hände auf meinen Schultern spürte, konnte ich mich nicht dazu bringen ihn anzusehen. "Robin." Es bedurfte sanfter Gewalt, mich zu ihm umzudrehen. "Ich will es nicht wissen! Nein, ich weiß es doch schon längst!" Ich schüttelte den Kopf, vorsorglich Setos Antworten abwehrend, und versuchte mich seinem Griff zu entwinden. "Hör' auf damit!" Es klang wie ein Befehl. Was hatte ich auch erwartet? Es handelte sich hier immer noch um Seto Kaiba. Den Mann, der alles bekam wonach ihm der Sinn stand. Er schüttelte mich kurz und heftig, bis ich einmal kurz Luft holte. "Tu' das nicht. Nicht jetzt, nie wieder. Nicht mit mir!" Ehe ich etwas sagen konnte, zog Seto mich in die Arme und hielt mich fest an sich gedrückt. Ich hätte mich seinem harschen Befehl widersetzten können, doch er bot mir Trost an, eine starke Schulter. Ich lehnte mich an ihn und meine Abwehr zerbröckelte. "Komm', setz dich. Und ich erzähl es dir, wenn du mir auch die Wahrheit sagst." Gehalten von seinen Armen, setzte ich mich auf ein Sofa nah beim Fenster seines Büros. "Er liebt dich!" Super Aussage, Kaiba! Ich wär' nie alleine darauf gekommen! "Und das ist auch der Grund, weshalb ich neugierig bin." Ich fühlte mich als würde ich meinen Körper von Außen beobachten. Konnte das Schicksal vielleicht mal damit aufhören mich ständig so zu verarschen?! Ich wollte alt werden. Eine coole Oma werden. Bei dem Tempo an Herzschlägen würde ich das entsprechende Alter doch nie erreichen. "Na ja, zumindest am Anfang. Mittlerweile habe ich selbst Interesse an dir." War ich vielleicht schon tot und wusste es gar nicht? "Siehst du, ich werde mich meinem Bruder nicht in den Weg stellen. Oder sollte ich sagen, ich hätte mich nie in seinen Weg gestellt?" Er holte tief Luft. "Mokuba hat dir mit einem Song seine Gefühle gestanden, stimmt's?" Hatte ich eine Wahl? Ich nickte stumm. Meine Stimmbänder fühlten sich verrottet an. "Geschrieben hat er ihn, nach eurer ersten Begegnung. Keine Ahnung wieso. Ich schätze mal, das ist es, was die elenden Romantiker, Liebe auf den ersten Blick nennen. Zumindest war ich nicht so blind und wollte es genau wissen, doch Mokuba schien deinem Beispiel folgen zu wollen und bekam den Mund nicht auf!" Natürlich! Der große Bruder Komplex! Mir war klar gewesen, Seto Kaiba beschütze seinen kleinen Bruder. Es machte alles Sinn. Mokuba und ich sollten gar nicht erst zusammen kommen. Kaiba musste schon die ganze Zeit etwas geahnt haben. Deswegen. Als wäre mir ein Licht aufgegangen. Ich war die, die von ihm ferngehalten werden sollte. Wie hatte ich nur so blind sein können? "Tatsächlich meinte er zu mir, du würdest ihn nicht lieben. Zumindest nicht so wie er dich. Schließlich konnte er das an deiner Reaktion erkennen, als du wegliefst." Das konnte ich nun mal am Besten. "Lass' mich zum Kern der Sache kommen." Ich versteifte mich unweigerlich. Was musste ich mir nun anhören? Kaiba hatte mich geküsst und mir all diese Dinge gesagt, dass er mich begehrte, nur um mich von Mokuba fernzuhalten. Wahrscheinlich würde das der Kern der Sache sein. Ich war so darauf fixiert eben dies zu hören, dass ich mich losriss bei den Worten, die aus Kaibas Mund kamen. "Er hat gemerkt, dass ich bei dem Versuch mehr über dich zu erfahren, selbst auf dich aufmerksam wurde. Man kann ihm nichts vormachen. Er ist eben ein echter Kaiba!" Leicht irritiert versuchte ich mich von ihm zu lösen, doch es half nichts. Aus Kaibas Armen kam ich nicht frei. Still wurde ich jedoch erst als er begann mir ins Ohr zu flüstern. Ein angenehmer Schauder durchfuhr mich. "Ich begehre dich und Mokuba weiß davon. Vermutlich schon länger als ich. Er wusste nichts von unserer Begegnung auf dem Balkon. Jedoch von der Unterhaltung danach. Du hast es ihm nicht gesagt." Er sah mich an. So blau! So unendlich blau! Ich würde nicht mehr aus diesem Meer aus Blau herausfinden. Je länger er mich ansah, desto ruhiger wurde ich. Ich achtete nur noch auf seine kühle Stimme. Nein, sie wurde immer heißer. Man, die Heizkosten mussten unmögliche Summen erreichen. "Da war eine Sache, die mich dazu brachte mich in Mokubas Weg zu stellen. Mit seinem Einverständnis." Lass' mich raten! Du bist unheilbar krank und willst noch mal eine Nummer schieben bevor du den Löffel abgibst! "Er meinte, er hätte mitbekommen, wie du dich mir gegenüber verhältst." Jetzt war alles aus. Ich konnte es ganz klar spüren. "Robin, liebst du mich?" Hätte ich gekonnt, ich wäre zu gern wieder ohnmächtig geworden. Liebe? Seto Kaiba? Nie im Leben!!! Oder vielleicht.....nein, nein , nein!!! Hör' auf Robin! Denk' nicht mal daran! Ich antwortete nicht. Merkwürdiger weise schien Kaiba Gefallen daran zu finden. Ich wunderte mich noch immer, warum er so ruhig blieb. Ich hatte doch gestanden eine Mörderin zu sein. Schien ihn gar nicht zu stören. Stand Kaiba unter Drogen oder Ähnlichem? Was war nur los? "Natürlich! Ich hatte auch keine Antwort erwartet. Mokuba ist zumindest sicher, dass da mehr ist und in jedem Fall mehr, als zwischen dir und ihm. Ich habe ihm nicht direkt gesagt, was ich vermute, doch er verlangte von mir der Sache auf den Grund zu gehen. Er lässt dich wissen, dass wenn du bereit bist zu reden, er für dich da ist, wann auch immer dies eintritt." Oh, mein lieber, süßer Mokuba! Ich fühlte mich so schäbig vor ihm weggelaufen zu sein. Ich liebte ihn. Nicht auf die gleiche Art wie er mich, dennoch nicht minder intensiv. Es war so schnell passiert. Vom ersten Moment an vertraute ich ihm. Warum war mir nicht früher aufgefallen, was er empfand? Was ich empfinde? Ok, ich war keine, die gut mit solchen Gefühlen umgehen konnte. Mokuba verdiente etwas Besseres. Mokuba, bitte vergib' mir! Ich hasse mich dafür dich so zu verletzen. Ich konnte es nicht verhindern. Erneut und stärker denn je liefen mir Tränen über mein Gesicht. Seto zog mich zurück in seine Arme. "Ich habe es ihm geschworen. Ich suchte, wie ich es dir bereits mitgeteilt habe. Ich fand etwas heraus, das mich stutzig machte. Robin Foxx. Mit fünfzehn Abitur. Drei Klassen vor deinem Jahrgang. Hoher IQ. Mit siebzehn Ausbildung abgeschlossen. Botanik und Zoologie studiert und ein weiteres Jahr später schon die Doktorentitel erhalten. Eines muss man dir lassen. Du warst ziemlich fleißig. Vor 16 Monaten hast du einen Job bei einer Gärtnerei angenommen. Unter deinem Niveau. Eine gewisse Rika Thomas erzählte mir eine aufregende Geschichte. Ihr beide wart befreundet richtig? Es ging dabei um einen Brand in ihrem Familienbetrieb. Du warst damals anwesend. Aus Schuldgefühl hast du geholfen den Laden wieder aufzubauen. Nach vier Monaten muss dann etwas vorgefallen sein, dass dich zu der Annahme drängt, du seiest eine Mörderin. Sehr aufschlussreich von einer anderen Seite betrachtet. Bei einem weiteren Brand eine Woche später starb Rika Thomas' Vater, Steve Thomas, der unter anderem unter dem Verdacht stand, Geschäfte mit der japanischen Mafia zu tätigen. Seine Leiche allerdings wurde nie gefunden. Damals hast du keine Aussage bei der Polizei gemacht, bis auf den einen Satz: er war schon tot!" Er wusste es! Alles! Es kam zurück! Es gab kein Entrinnen vor der Vergangenheit. Egal, wie weit ich lief, es holte mich doch wieder ein. Bei dem Gedanken, dass Seto Kaiba derjenige war, der nun die Wahrheit erfahren würde, schüttelte mich ein hysterischer Anfall. Es war einfach zu komisch. Auf der Liste von den Leuten, die ich in Betracht gezogen hätte, dass sie je die wahren Umstände erfahren, stand der Mann mit dem kalten Blick nicht mal drauf. Ich hatte mich darauf berufen wenigstens meine Seele vor weiterem Schaden schützen zu können. Doch nein, offensichtlich konnte ich nicht mal das richtig machen. Nichts! Ich war zu wirklich gar nichts zu gebrauchen. Was spielte es da noch für eine Rolle, was als nächstes geschah? Es war mir so oder so schon alles aus den Händen geglitten. Sollte Kaiba doch alles erfahren. Es war zu spät. "Du möchtest jetzt sicher wissen was hinter der Fassade von statten ging!" Seto drängte mich nicht, denn er spürte, dass ich mich erst sammeln musste, ehe ich darüber sprechen konnte. "Ich war vierzehn, als ich Rika kennen lernte." Mokuba hätte meine Stimme jetzt nicht wieder erkannt. Sie war leise und stockend und vibrierte vor innerem Aufruhr. "Sie kam in meine Klasse. Natürlich war sie älter, als ich so wie jeder mit dem ich zu tun hatte. Sie war die Erste, die mich nicht wie ein kleines Kind behandelte, die mit mir redete, als wäre ich in ihrem Alter. Sie wollte das Geschäft ihrer Eltern übernehmen. Die Gärtnerei. So wie ich fühlte sie sich magisch von Pflanzen angezogen. Sie konnte Stunden über irgendwelche Züchtungen reden. Das war Rika." Als Seto schwieg, holte ich tief Luft und fuhr fort. Meine Stimme gewann an Stärke. "Wir waren sofort Feuer und Flamme füreinander. Auf eine andere Weise, wie du jetzt wahrscheinlich denkst natürlich. Sie war wie eine Schwester. Ganz ähnlich zu meiner Situation mit Mokuba. Wir beide stammten aus sehr unterschiedlichen Familien und hatten große Ideale. Wir haben uns perfekt ergänzt." Ich seufzte, sammelte Kraft und sprach weiter. "Ich lernte ihre Familie kennen, sie waren so nett. Meine hatten nie viel übrig für mich..." Ich lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. "Na ja, belassen wir es dabei, dass sie sich nicht für mich interessierten. Manchmal denke ich, das könnte der Hauptgrund gewesen sein, dass ich ein Teil von Rikas Familie wurde, obwohl mir der Gedanke nicht sonderlich gefällt." Ich starrte eine Weile ins Leere, versunken in meinen Erinnerungen. Seto fühlte das, doch er hörte weiter aufmerksam zu. "Es war eine glückliche Zeit. Ich liebte Rika und sie mich. Ihre Familie war meine Familie. Die Gärtnerei wurde mein zu Hause. Ihre Eltern wurden zu meinen Eltern. Alles war so perfekt bis es brannte..." Ich atmete lange aus, suchte nach passenden Worten. "Ich habe eine Schwäche für Mondblumen. Sie blühen nur bei Nacht. Immer häufiger besuchte ich die Gärtnerei in der Dunkelheit, um sie mir anzusehen. In dieser einen Nacht war ich nicht allein. Rikas Vater stand da und beobachtete mich. Er schlich sich an mich ran und erschreckte mich gewaltig. Nun ja, ich dachte jetzt gibt's Ärger Robin! Jetzt bekommst du was zu hören. Doch eigentlich sagte er nicht viel. Er packte mich schmerzhaft an meinen Armen und drängte mich zurück. Fast auf die gleiche Art und Weise wie Mokubas Ex-Bandkollege es getan hatte." Ich schluckte hart bei der Erinnerung. "Vor lauter Angst zappelte ich wie wild und stieß eine der Lampen um. Ein Kurzschluss verursachte dann das Feuer, das die ganze Gärtnerei nieder brannte. Rikas Vater war vergessen. Mich quälten Schuldgefühle. Schließlich hatte ich den Brand verursacht. Und als Steve mir dann klar machte, dass ich ihn falsch verstanden hätte, und dass es meine Schuld sei, dass alles in Trümmern lag, entschied ich mich zu bleiben, niemandem etwas zu erzählen und half beim Wiederaufbau. Ich fühlte mich so schmutzig, ich konnte einfach nicht darüber sprechen." Seto musste an sich halten und die Worte hinunterschlucken, die ihm so offensichtlich auf der Zunge brannten. Ich glaubte er wolle mich nicht unterbrechen, nicht jetzt, wo ich gerade ganz offen von meiner Vergangenheit erzählte. Aber er sah so aus als würde er etwas oder jemanden wehtun wollen. Er hielt den Mund und lauschte. "Alles schien seinen gewohnten Gang zu gehen nachdem alles wieder aufgebaut war. Steve unternahm keinen weiteren Annäherungsversuch. Zur selben Zeit wie die Gärtnerei neu erblühte, begann das Geschäft meiner Eltern sich aufzulösen. Steve und mein Vater trafen sich immer häufiger, um über irgendwelche ominösen Geschäfte zu sprechen. Genau vier Monate danach wurde ich dann zur Mörderin." Ich sah eine Träne auf meine Handfläche fallen und kniff die Augen zu. "Ich machte Überstunden. Immer häufiger, um meine Eltern zu unterstützen. Ich war besorgt, wegen der Heimlichkeiten, die Rikas und mein Vater hatten. Ich ahnte schon damals, dass Steve nicht so sauber war, wie er alle glauben machen wollte. Er steckte in gefährlichen Sachen. Bei einem Anruf bekam ich mit wie der Name Yakuza fiel. Ich glaubte mich verhört zu haben und verdrängte den Gedanken an diese Möglichkeit. Leider musste ich feststellen, dass ich mich nicht verhört hatte. An diesem Abend sah ich meinen Vater, wie er mit einem Mann in einem schwarzen Anzug sprach. Mitten in der Gärtnerei. Schlagartig wurde mir alles klar. Dieses Blumengeschäft diente nur als Verhandlungsort zwischen meinem und Rikas Vater mit der Yakuza. Ich musste an Rika denken. An ihren großen Traum, die Gärtnerei zu übernehmen. Mir stieg Wut hoch. Ich glaube ich bin seit dem nie mehr so wütend gewesen. Ich hasste meinen Vater. Wie konnte er nur? Und Steve? Gott, seine eigene Tochter so zu hintergehen." Ich machte eine Pause, die gut eine Minute dauerte. Seto wollte mich nicht drängen. Ich sollte in Ruhe selbst entscheiden, wann ich fortfahren wollte. Es war so deutlich und so unverständlich zu gleich. All diese Geduld und Umsicht. Von Seto Kaiba? Wer hätte das gedacht? Ich bestimmt nicht! Er hatte noch den Arm um mich gelegt und wartete. "Ich schritt dazwischen. Ja, ich bin tatsächlich so selten dämlich! Ich schritt zwischen diesen Mann mit dem Anzug und meinen Vater. Ich wollte ihm meine Meinung sagen. Ihn in den Boden stampfen." Ich presste zwei Finger an die Stelle über meiner Nasenwurzel und ließ dann die Hand wieder in den Schoß sinken. "Der Mafiosi war verwirrt und wahrscheinlich verärgert. Verständlich. Jemand wild fremdes wusste über alles bescheid. Da wäre ich auch verärgert gewesen. Wie das bei Mafiosi ebenso ist, schaffen sie aus dem Weg, was ihnen nicht passt." Meine Stimme verlor wieder die Kraft und begann zu beben. "Er zog eine Waffe und hielt sie auf mich gerichtet, fertig zum abdrücken. Mein Vater, der sich über all die Jahre nicht um mich gekümmert hatte, trat dazwischen. Er versicherte diesem Typ ich würde niemandem etwas sagen. Tatsächlich, wie sollte es auch anders sein, glaubte dieser ihm kein Wort. Ich kann mich noch jetzt daran erinnern, als wäre es gestern gewesen, wie dieser Typ mich packte und mir die Waffe in die Hände drückte. Ich stand mit dem Rücken zu ihm und hielt meine Hände mitsamt der Waffe auf meinen Vater gerichtet. Er sagte ich werde schon dafür sorgen, dass die Kleine keinen Mucks macht. Meine Finger rührten sich nicht, doch die Waffe feuerte einen Schuss ab." Ich wiegte mich schluchzend hin und her. All diese Bilder kehrten zurück. Ich wollte es nicht sehen. "Ich erschoss meinen Vater." Ich presste die Hand vor den Mund, um die Schluchzer zurückzuhalten. Jedes kleinste Detail wurde in meiner Erinnerung wieder lebendig und damit auch der Schmerz und die Trauer. "Ich bin die Mörderin meines Vaters. Ich sprach' nicht ein Wort. Der Typ im Anzug machte sich vom Acker. Als Rika am nächsten Morgen kam, stand ich immer noch bewegungslos da. Sie war es, die die Polizei rief. Sie war es auch, die mich tröstete. Ich fühle mich so schäbig bei dem Gedanken, dass schließlich ich es war, die die Waffe in der Hand gehalten hatte. Niemand glaubte daran, dass ich etwas mit dem Vorfall zu tun gehabt haben könnte. Mein Vater stand bereits unter Verdacht. Es wurde nicht darüber gesprochen. Nicht mal die Presse bekam Wind davon." "Robin." Er wollte mir nur helfen, da war ich mir sicher. Er wollte das alles auslöschen - den Schmerz, die Trauer, selbst die Erinnerung. Es stand ihm so klar in den Augen geschrieben. Wie hätte er mich trösten können? Sicher nicht mit Worten; dafür gab es keine. Er konnte mich nur halten. Ich wischte mir mit dem Handrücken energisch die Tränen ab, als Seto mich enger an sich zog. Jetzt, da es heraus war, war es noch lange nicht vorbei. Ich wurde nur noch von meinen Gefühlen beherrscht, und die folgten ihrem eigenen Weg. "Eine Woche später starb Steve bei einem weiteren Brand. Es war mir völlig klar, dass dies das Werk der Yakuza sein musste. Die Geschäfte in der Gärtnerei zu tätigen, wurde zu gefährlich. Ich schätze deswegen musste Steve auch sterben. Er wusste zu viel. Allerdings weiß ich bis heute nicht, warum sie nie nach mir gesucht haben. Ich kann nur raten, dass der Typ mit dem Anzug nicht verraten hat, dass eine Zeugin existiert. Höchstwahrscheinlich hatte er Schiss, dann selber platt gemacht zu werden. Mir war das gleich. Ich hatte nie das Bedürfnis irgendjemanden etwas zu sagen." Ein langer, tiefer Seufzer brach aus mir hervor, der meinen Körper erbeben und meine Schultern unter Setos Armen zittern ließ. "Ich verließ Rika in ihrer Trauer. Sie hatte ihren Vater verloren. Sie hatte ihn abgöttisch geliebt. Ich konnte ihr keinen Trost spenden, so wie sie mir zuvor. Ich konnte ihr einfach nicht mehr in die Augen blicken. So tat ich was ich immer tue." Ich schwieg eine ganze Weile. Ich musste mir erst eingestehen, was der Wahrheit entsprach. "Ich lief davon." Ich sah in Setos jetzt so warme Augen. Sie ähnelten denen von Mokuba mehr denn je. "Ich kam zu dir. Ich wollte hier arbeiten. Von allem abgeschieden. Ich wollte mich nicht von dir vertreiben lassen. Hier war ich nach all dem endlich wieder glücklich. Egal wie sehr mir dein Gehstarre und Gefrage missfiel - ich wollte hier nicht wieder weg." Während ich sprach, flossen die Tränen in Strömen. Meine Stimme klang dumpf und heiser vor Trauer. Was auch immer Kaiba hinter meiner Maske zu finden gehofft hatte - das jedenfalls nicht. Diese Erinnerung machte mich blind und taub. Ich klammerte mich an Seto und sah ihn mit flehendem Blick an. "Bitte verzeih' mir. Nur wegen mir ist James gestorben. Ich hätte es wissen müssen. Gift! Natürlich! Warum war ich nur so dumm?" Er antwortete nicht gleich. Ich hatte das Gefühl, er müsste mit sich kämpfen nicht loszubrüllen. "Bist du nun fertig mit diesem Unsinn?" "Aber..." "Kein aber! Verdammt noch mal! Das mit James konnte doch keiner ahnen. Selbst ausgebildete Ärzte hätten das nicht wissen können. Ich nicht und du auch nicht. Und dann dieser restliche Unsinn." Er setzte sich auf und starrte mich voller Zorn an. Noch nie hatte ich ihn so wütend gesehen. Nicht mal in der Nacht, in der ich überfallen worden war. "Ich bitte dich, Robin! Du bist eine rational denkende Frau. Und du meinst allen Ernstes du wärst eine Mörderin. Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten du spinnst!" Er kam näher und umfaste meine Wange wie er es nun schon häufiger getan hatte. "Du warst es nicht die den Abzug drückte. Du warst es nicht die dir auflauerte, um dich zu missbrauchen und dadurch ein Feuer auslöste. Gott, verdammt Robin, wenn diese Dreckskerle nicht schon tot wären, würde ich sie umbringen." Nach seinem letzten Satz begann ich hemmungslos zu weinen. Als ich mich an Seto lehnte, umfingen mich seine Arme und hielten mich fest, bis der Schmerz nachgelassen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)