LOST von Jadis (- Huch, wo sind wir denn hier gelandet?! -) ================================================================================ Kapitel 2: Tag 1 - Pilot ------------------------ Tag 1 - Pilot (Anmerkung der Autoren: auch dieses Kapitel haben wir zu mindestens 50% ohne Lost-Vorwissen geschrieben ^^° Viel Spaß!) ~~°~~°~~°~~°~~ Das Erste was Tess nach ihrem Erwachen spürte war Schmerz. Da Schmerz ein eindeutiges Zeichen dafür war, dass man noch lebte ging sie davon aus, dass sie dies wirklich tat. Doch in diesem Moment wünschte sie sich fast sie würde es nicht tun. In ihrem Kopf hämmerte gerade ein ganzes Team von Bauarbeitern an der Fertigstellung eines Holzhauses und als sie die Augen öffnete verschleierte ihr eigenes Blut ihr die Sicht. Ihr Bein war eingeklemmt und laute Schreie drangen an ihr noch nicht richtig funktionierendes Gehör. Das Flugzeug war ein einziges Schlachtfeld geworden. Um sie herum lagen Sitzreihen wild verstreut, auf ihnen noch immer die Leichen jener die das Unglück nicht überlebt hatten. Tränen schossen ihr in die Augen als sie das Rentnerpärchen direkt gegenüber liegen sah. Das Flugzeugwrack lag auf der Seite und eine Sitzreihe hatte ihr Bein eingeklemmt. Allein konnte sie sich unmöglich befreien. Doch noch viel wichtiger war...wo war Reese? Als sie den Geruch von Feuer wahrnahm begann sie laut um Hilfe zu schreien. Als sie bereits dachte ihr würde keine Hilfe zuteil steckte ein, nach Tess' Meinung, Iraker im mittleren Alter seinen Kopf durch die aufgerissene Seitenwand. "Oh Gott sei Dank! Ich dachte schon-..." "Ist schon gut, Kleine...kannst du dich bewegen?" "Ja...nur mein Bein ist eingeklemmt." Der Mann nickte und verschwand für ein paar Sekunden aus Tess' Sichtfeld. "Nein, nein, nein...bleiben sie hier...bitte...lassen sie mich nicht allein!" Tess flossen die Tränen wie Sturzbäche über die Wangen und wischten Rinnen in ihre blutverschmierte Gesichtshälfte. Doch der Mann kam nach kurzer Zeit mit einer Eisenstange wieder die er unter die Sitzreihe klemmte. "Wie heißt du, Kleine?" fragte er die völlig aufgelöste junge Frau während er sich mit seinem gesamten Gewicht auf die Stange stemmte. Wie Tess auffiel hatte er keine sichtbaren Verletzungen. "Tess." war die knappe Antwort. "Ich bin Sayid." und mit einer letzten Hebelbewegung flog die Reihe zur Seite. Sayid schmiss die Stange lieblos zur Seite und zog Tess sofort aus dem Wrack. Sie musste blinzeln als die gleißende Sonne auf kristallblauem Himmel sie blendete. Doch was sie sah ließ sie sich wünschen lieber wieder ohnmächtig zu sein. Das leise Geräusch von Rauschen des Meers weckte Reese langsam aus ihrer Ohnmacht. Im ersten Moment hatte sie keine Ahnung wo sie war und was geschehen war, doch so langsam kehrten die Erinnerungen zurück und mit ihnen auch die Schmerzen. Ihr Kopf tat unwahrscheinlich weh, so als hätte sie zwei Wochen lang durchgesoffen. Unter sich spürte sie warmen Sand, doch auch diese Gefühl war alles andere als angenehm. Der Sand rieb sich tief in eine Schürfwunde die sie auf der Wange hatte hinein. Sie versuchte sich vom Boden hoch zu drücken, doch ihre Arme konnten einfach nicht genug Kraft aufbringen und sie sackte zurück in den Sand. Reese stöhnte auf. Vielleicht sollte sie einfach hier liegen bleiben und warten bis sie stirbt. Wer weiß ob noch jemand außer sie das Unglück überlebte hatte. Sie war grade wieder dabei in einen halbwachen Zustand zu verfallen als sie merkte, wie jemand sie unter beiden Armen packte und hoch auf die Beine zerrte. Es dauerte einige Sekunden bis sich ihr Blick richtig fokussieren konnte und sie erkannte, dass es ein Mann im mittleren Alter ohne Haare war. "Kannst du allein stehen, Soldat?" brummte er Rees entgegen, welche der festen Überzeugung war ihre Wunde am Kopf würde ihr schwer zu schaffen machen. "Ich, äh..." stammelte sie und wankte auf dem Fleck hin und her. "Wer sind Sie?" Der Mann brauchte ein Weile bis er begann auf ihre Frage zu reagieren. "Mein Name ist John." Antwortete er kurz. "Freut mich, ich bin Reese!" antwortete sie immer noch leicht durcheinander. "Na dann, ...Reese... am besten du gehst jetzt mal rüber zum Flugzeugwrack, da scheinen sich alle die überlebt haben zu treffen." Plötzlich machte es klick in Reeses Hirn. Tess! Sie hatte vollkommen ihre Cousine vergessen! Wenn sie selbst überlebt hatte, war die Wahrscheinlichkeit sicher hoch, dass sie auch überlebt hatte. Sie nickte John noch schnell entschlossen zu und machte sich dann so schnell und gut sie konnte auf den Weg zu dem nicht übersehbaren Wrack. Überall auf dem Strand verteilt lagen Überreste von Koffern und von dem Flugzeug selbst. Es liefen wirklich einige Menschen drum herum, sodass sie auf den ersten Blick niemanden bekannten aus der Menge filtern konnte. Reese schleppte sich durch den Sand, der jeden ihrer Schritte erschwerte, bis sie meinte, sie würde gleich zusammenbrechen. Doch grade dann sah sie jemanden in mitten von zerstreuten Klamotten und Sanddünen sitzen. Es war der Mann den sie kurz vorm Absturz im Flugzeug getroffen hatte. Er sass ganz allein und zusammen gekauert da und starrte vor sich hin in die Leere. Nur als Reese direkt mit ihm auf einer Höhe war sah er kurz zu ihr. Sie lächelte etwas gequält und bekam eine ähnlich resignierende Geste von ihm zurück. Aber sie musste weiter und Tess suchen. Die hatte jetzt erstmal Vorrang. Reese stolperte weiter durch den Sand in Richtung Wrack, wo sie grade einen arabisch aussehenden Mann mit einer jungen Frau herausklettern sah. Sie brauchte eine Weile bis sie mitbekam wer es war, doch dann schrie sie es aus vollem Leib. "Tess!" Die Angesprochene hob so schnell wie ihr Zustand es erlaubte den Kopf und auch der Mann der sie stützte wandte seinen Blick zu ihr. Gemeinsam stolperten auch sie mehr als das sie gingen in Resses Richtung. "Tess!" rief sie noch einmal und breitete ihre Arme in die Richtung ihrer Cousine aus. Von neuem begannen Tränen über ihr Gesicht zu laufen, doch diesmal wischte sie sie nicht weg. Als die Beiden endlich bei einander angekommen waren, schlossen sie sich fest in die Arme und verharrten eine Weile in ihren Schluchzern. Der Mann der Tess gestützt hatte stand mit einem leichten Lächeln neben den Beiden und beobachtete sie für einen Moment. Reese war die Erste die sich wieder aus der Umarmung löste. Sie umschloss mit ihren Händen sanft Tess' Schultern und schob ihre Cousine vorsichtig auf Armlänge von sich um sie besser betrachten zu können. Genau wie sie, hatte auch Tess ein vollkommen von Staub und Schmutz verdrecktes Gesicht. Nur die Bahnen der Tränen wischten den Dreck fort und zeigten ihre weiße Haut. Sie schien keine schwerwiegenderen Verletzungen zu haben, nur die Platzwunde über ihrer Augenbraue machte Reese ein klein wenig Sorgen. "Wie geht's dir? Was tut dir weh?" fragte sie mit ruhiger Stimme. "Mein Kopf...und mir ist schlecht." Tess hielt sich den Bauch. "Das ist nur der Schock." und sie strich mit der einen Hand Tess' blonde Haare beiseite um mit der anderen die Haut oberhalb der Wunde etwas straff zu ziehen. "Das hier muss allerdings genäht werden. Aber eigentlich sieht es schlimmer aus als es ist." Tess wollte gerade etwas erwidern, als sie merkte wie von hinten jemand an sie heran trat. Sie wandte ihren Kopf um zu sehen wer es war. "Ah, ..." sagte sie zu Reese "das ist Sayid. Sayid, meine Cousine Reese." Sayid streckte Reese sofort seine Hand entgegen, die sie auch bereitwillig nahm und schüttelte. "Hallo, sind zwar beschissene Umstände, aber trotzdem nett dich kennen zu lernen." Sayid grinste, wurde aber sofort wieder ernst. "Es ist besser, wenn ihr an den Teil des Strandes geht." und er deutete weiter hinter sich. "Die Anderen sind auch da." Tess blinzelte ihn an. "Die Anderen?" Er blinzelte ebenfalls und sah zu Boden als er sich korrigierte. "Die...Überlebenden." Reese hörte Tess neben sich schlucken. "Gut, dann gehn wir dahin. Komm Tess!" Und Tess wurde am Handgelenk gepackt und mit gezogen. Sayid schaute den Beiden noch kurz nach bevor er seinen Weg in die Andere Richtung fortsetzte. Nach einigen Metern drosselte Reese ihr Tempo auch schon wieder und ließ sich auf Tess' Höhe zurück fallen. Auch ließ sie ihr Handgelenk wieder los, sodass ihre Cousine von allein gehen konnte. Sie schlurfte ohne ihre Beine richtig zu heben. Sie sprachen keine Wort als sie sich durch das Chaos kämpften was sich ihnen am Strand bot. Überall lagen Trümmer des Flugzeugwracks, einige sogar noch brennend, und dann diese Schreie die einfach niemandem zuzuordnen waren. Nach ein paar weiteren Metern lag hinter einem Trümmerhaufen ein Blut Überströmter Mann. Tess blieb abrupt stehen und deutete erschrocken auf ihn. Für einen kurzen Moment wurde es ihr schwarz vor Augen. Reese schuppste sie eilig weiter bis sie nur noch wenige Schritte von der Menschengruppe entfernt waren die Sayid anscheinend gemeint hatte. Reese drückte Tess sanft in den Sand und hockte sich vor sie. "Ruh dich aus, ich bin gleich wieder da." Tess nickte als sich Reese wieder erhob und davon eilte. Ihr Ziel war der Mann hinter dem Trümmerhaufen. Sie kniete sich neben ihn, so beobachtetet Tess, und fühlte scheinbar seinen Puls. Nach kurzer Zeit ließ sie von ihm ab, wahrscheinlich konnte sie nichts mehr für ihn tun. Gleich darauf verschwand sie aus Tess' Sichtfeld. Noch selbst unter Schock stehend, machte sich Reese auf um sich um Verletzte zu kümmern. Schließlich war es ihre Pflicht als Ärztin... oder angehende Ärztin. "Oh Gott!" schrie sie auf und rannte schnell auf einen Mann zu der grade versuchte eine Frau wiederzubeleben. "Warten Sie, ich bin Arzt!" sagte und ließ sich neben dem Mann auf die Knie fallen. Reese hatte ihn schon fast zur Seite geschupst, als er ihr gehetzt entgegnete "Das bin ich auch, Jack." Während er das sagte hörte er nicht auf der Frau eine Herz-Lungen Wiederbelebung zu geben. "Ich... ich bin Reese." Sagte schließlich nach einigem zögern. Sie wollte ihm helfen, doch irgendwie war sie wie gelähmt. Sie wollte nichts falsch machen... Mit einem Mal drehte sich Jack hastig um und bekam vor Schreck große Augen. "Reese!" rief er ihr laut zu und deutete auf das Wrack. "Die Tragfläche!" Reese drehte sich ruckartig um. Sie sah wie die noch vorhandene Tragfläche des Flugzeugs bedrohlich über den Köpfen von zwei Menschen knarrte. Wie angestochen sprang sie auf und versuchte, so schnell sie mit dem Sand unter ihren Füßen konnte, zu ihnen zu rennen. "Hurley!" schrie Reese, als sie ihren Sitznachbarn erkannte und gestikulierte wild. "Weg da!" Geschockt sahen die beiden hoch und Hurley versuchte der Frau die neben ihm saß aufzuhelfen. Es gelang ihm nicht gleich, also schlang Reese ihren Arm mit um die Frau und zu dritt stürzten sie von dem Flugzeugwrack weg. Sie waren noch keine zehn Meter entfernt, als der Stahl zerbarst, die Tragfläche hinab klappte und mit einer Explosion in tausend Stücke gefetzt wurde. Die Druckwelle war so heftig, dass die drei zu Boden geschleudert wurden. Reese wusste, dass sie keine Kraft dazu hatte sich aufzurichten, und trotzdem zwang sie sich irgendwie dazu, auch wenn es gegen ihren Willen war. Sie drückte sich hoch und sah die Frau an, die sie grade vorm sicheren Tod bewahrt hatte. Plötzlich erkannte sie, das es genau die selbe war, die sie noch im Terminal aus versehen angerempelt hatte. Das schwangere Mädchen. Zu Reeses Schock keuchte und hechelte sie schwer. "Hey, alles in Ordnung?" fragte sie schnell und deutete vielsagend auf den Babybauch. "Ich... Ich glaub ich hab Wehen!" sagte die jung Frau aufgeregt und zugleich völlig verängstigt. "Schon gut." Sagte Reese "Du musst dich beruhigen, versuch einfach... ganz ruhig zu atmen, ja? Mein Name ist Reese, mach dir keine Sorgen, ich bin Ärztin." "Bist du echt? Na ein Glück, Duda." Sagte Hurley. "Kannst du dir vielleicht mal meine Schulter ansehen? Ich glaub ich hab sie mir irgendwie verknackst." "Sicher, Hurley! Aber erst später, jetzt musst du erstmal für mich auf die Frau hier aufpassen, okay?" "Äh..." stammelte Hurley etwas überrascht. "Versuch einfach sie zu beruhigen." Sagte Reese und stützte sich auf ihm ab um aufstehen zu können. "Und du,..." wand sie sich noch mal an das schwangere Mädchen. "...versuch bloß nicht zu pressen!" Das Mädchen nickte mit einem gequälten Lächeln, doch Reese bemerkte das kaum, sondern sie stolperte schon wieder durch die Überreste des Flugzeugs die überall am Strand verteilt waren. Sie kam an dem ziemlich großen Kabienenteil vorbei wo sie Tess wieder getroffen hatte und instinktiv wollte sie hineinklettern um nach Überlebenden zu suchen. Sie hatte noch nicht mal einen Schritt herein getan, da kam ihr der ekelhaftes Gemisch von Blut und Petrol in die Nase gezogen. Blitzschnell drehte sie sich wieder weg und musste schwer ringen um sich nicht zu übergeben. Erst das Geräusch eines schwer atmenden Mannes lies sie das Ekelgefühl vergessen. Sie suchte mit ihren Augen den Strand ab, konnte aber im ersten Moment nichts sehen, bis er ihr mit einem mal auffiel. "Oh Gott..." sagte Reese bevor sie sich selbst davon abhalten konnte. Sie ließ sich neben den Mann in den Sand fallen und versuchte erstmal einen klaren Gedanken zu fassen, doch irgendwie ging das nicht, egal wie sehr sie es versuchte. Sie rekapitulierte nur immer wieder das, was sie sah. Blut, Blut, Blut. Der Mann hatte einen riesigen Metallsplitter in der Brust. Dann plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, es war das einzige was ihr einfiel das sie tun konnte. "JACK!" schrie sie so laut sie konnte, so lange bis sie ihn auf sich zulaufen sah. Sie war erleichtert. Er würde das schon regeln. "Hilf mir ihn zu tragen." Sagte er mit bleichem Gesicht "Wir müssen ihn aus der prallen Sonne bringen." Reese nickte. "O-okay." Als die beiden den Mann unter den Armen packten und aufzogen stöhnte er schrecklich auf. Reese hoffte inständig, dass er bald das Bewusstsein verlieren würde. Tess schloss für einen Moment die Augen und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie atmete tief durch, allerdings gelang es ihr nur mäßig das Hämmern in ihrem Kopf zu ignorieren. Was war geschehen? Wieso war das Flugzeug abgestürzt? Und was hatte sie doch für Glück gehabt. Dass sie noch lebte und dazu noch nur leicht verletzt war, war pures Glück gewesen. Wie lange mag der Absturz schon her gewesen sein? Und wo befanden sie sich? Aber das war eigentlich egal...es konnte sich nur noch um Stunden handeln bis die ersten Rettungstrupps eintreffen würden. Sie rieb sich ausgiebig die Augen bevor sie sie wieder öffnete und sich ein wenig umsah. Das Grüppchen Überlebender neben ihr bestand ebenfalls zur Mehrzahl aus leicht Verletzten. Einige hockten wie sie im Sand und starrten vor sich hin, allen Anschein nach noch unter Schock stehend. Andere unterhielten sich und versorgten ihre Wunden mit einem Verbandskasten. Direkt vor ihr versperrte ihr ein weiteres Trümmerstück die Sicht auf das Meer. Gepäckstücke lagen überall verstreut und wareteten auf ihre Besitzer. Tess blinzelte. Der eine Koffer da...der hatte einen metallischen Glanz an dem er die Sonne reflektierte. Genau wie ihrer. Tess kämpfte sich auf ihre, noch ganz zittrigen, Beien hoch und stolperte noch halb benommen auf das Wrack zu. Auf halben Weg saß ein Mann mit mittellangen, dunkelblonden Haaren im Sand und versuchte und versuchte sein Feuerzeug zum Laufen zu bringen. Er schien allerdings Probleme damit zu haben und warf es wütend und unter wilden Verfluchungen von sich. Seine Zigarette steckte er in seine Hemdtasche. Da er Tess das Feuerzeug direkt vor die Füße warf sah er auf als sie sich danach bückte. Tess brauchte 2 Versuche um es zum funktionieren zu bringen. Sie grinste als sie es in hohen Bogen zu ihm zurück warf und er es mit einer Handbewegung auffing. Ein erneuter Versuch und es brannte wie zuvor. Der Mann grinste ebenfalls und Tess setzte ihren Weg fort. Sie erkannte den Koffer jetzt deutlicher und sah, dass es definitiv ihrer war. Allerdings stellte sie fest, dass er eingeklemmt war als sie an seinem Griff zog. Also nahm sie auch die Andere Hand und zog kräftiger. Und aus irgend einem unerfindlichen Grund fühlte sie sich beobachtet. Mit einem lauten Bersten sprang der Plastegriff aus seiner Verankerung und Tess flog in hohen Bogen zurück und landete im Sand. Den Griff immer noch in der Hand, lag sie nun mit allen Vieren von sich am Strand. Der Himmel war so herrlich blau und doch konnte sie sich ein Wort einfach nicht verkneifen. "Scheiße!" Und da drängelten sich die Kopfschmerzen wieder an die Oberfläche. Das mit ihrem Koffer war eine ziemlich schlechte Idee gewesen. Also beschloss sie die Augen wieder zu schließen und einfach noch eine Weile liegen zu bleiben. Das Metall des ehemaligen Flugzeuges ächzte nach einiger Zeit völlig unerwartet und als Tess die Augen öffnete sah sie den Mann mit dem Feuerzeug vor sich stehen. Und neben ihm Stand: "Mein Koffer!" Sie schnellte hoch. Ihr wurde eine Hand entgegen gestreckt und Tess ließ sich hoch helfen. "Danke!" "Kein Problem...du hast wohl was zu verbergen?" Tess runzelte die Stirn. Was meinte er? Er lächelte. "Dein Koffer..." "Mein Ko...oh!" Tess verstand als sie auf ihren schwarzen Koffer herab sah. Er hatte ein Zahlenschloss. "Tja, die Sachen einer Frau sind ihr eben heilig und keiner sollte sich daran vergreifen...oder sie hat einen fürchterlichen Modegeschmack und schämt sich dafür." Und so fuhr sie den anderen Griff des Koffers aus um ihn hinter sich her ziehen zu können. "Ich bin übrigens Tess." Ihr Gegenüber zögerte einen Moment bevor er antwortete. "Sawyer. Hallo." Er schüttelte Tess' Hand und runzelte die Stirn als er ihr blutverschmiertes Gesicht genauer betrachtete. "Das sollte sich mal jemand ansehen." und er zeigte flüchtig auf ihre Stirn. Tess registrierte, dass er selber in der Nähe der Schläfe blutete. "Oh ja, meine Cousine ist Medizinstudentin. Sie wird sich das mal ansehen, denke ich. Apropos, wo ist die eigentlich?" Und als sich Tess in die Richtung drehte in der sie Reese zuletzt gesehen hatte bog diese gerade um die ecke eines Flugzeugteiles was noch am brennen war. "Hey, da ist sie ja." "Wie sagt man? Wenn man vom Teufel tratscht kommt er angelatscht...na ja...mach's gut." Er hob die Hand zum Abschied und marschierte in Richtung der Anderen davon. "Mach's gut, und danke noch maaaaal." rief sie ihm hinterher. Ohne sich umzudrehen hob er erneut die Hand und winkte ab. Tess wandte sich wieder in Reese Richtung, es sah so aus als würde sie jemanden suchen. "Reheeeeeese!" schrie Tess und hüpfte ein bisschen auf und ab und winkte ihr. "Juhuuuuuu!" Reese drehte ihren Kopf und begann auf sie zu zu rennen als sie sie erkannte. Tess wartete geduldig bis ihre Cousine bei ihr war. "Wer war das?" fragte sie als erstes. "Ach, das war Sa-" "Wie geht's dir?" wurde sie direkt von ihrer, keine Antwort abwartenden, Cousine unterbrochen. "Ist dir schwindelig?" Tess schüttelte ihren Kopf vorsichtig. "Wie viele Finger siehst du?" fragte Reese weiter und formte ein Victory-Zeichen vor Tess' Gesicht. "Öhm...zwei?" "Gut...okay." Reese klatschte in die Hände. "Wo warst du eigentlich?" "Nach Überlebenden suchen." Sagte sie kurz. Tess sah ihr verschmiertes T-Shirt, verschmiert mit Blut was nicht das von Reese war. "Komm, lass uns zu den Anderen gehen. Hey, ist das dein Koffer?" Tess nickte stolz als sie Reese folgte und ihren Koffer hinter sich herzog. "Ja, war so nett und hat-" "Wer?" wurde Tess erneut unterbrochen. Doch eine Antwort auf ihre Frage erhielt Reese wieder nicht. Ein ohrenbetäubender Knall, oder vielmehr eine Explosion, hallte den Strand entlang, und da wo Reese und Tess bis noch gerade eben standen knallte die brennende Turbine auf den Boden. Die Beiden Cousinen treten sich synchron um und schluckten. Wie konnte man nur in so kurzer Zeit zwei mal so viel Glück haben? Die Köpfe aller Anderen Gestrandeten drehten sich zu ihnen. "Darf ich jetzt zusammenbrechen und anfangen hysterisch zu schreien?" fragte Tess. Reese Gesichtsausdruck wurde tiefernst als sie Tess wieder bei den Schultern packte, zu sich drehte und ihr tief in die Augen sah. "Teeeeess."sagte sie langgezogen. "Panik ist ein Fremdwort für dich." Tess sah sie ungläubig und mit weit aufgerissenen Augen an. "Also darf ich nicht?" Reese schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. "Neeeeein."erklärte sie genauso langgezogen, fügte allerding etwas schneller und schon leicht hysterisch hinzu "Das werde ich für dich übernehmen!" Noch bevor Tess genügend Zeit hatte um ein ordentliches Stirnrunzeln hin zu bekommen hatte tief Luft geholt, die Arme in die Höhe gestreckt, war in die Knie gegangen und kreischte so laut in Richtung Himmel, dass sich der liebe Gott bestimmt gerade die Ohren zu hielt. Tess tat es jedenfalls. Reeses Gekreische verwandelte sich allmählich in ein heiseres Krächzen und sie musste husten. Tess klopfte ihr vorsorglich aber völlig sinnlos auf den Rücken als Reese nach ihrem Anfall wieder aufstand. Sie atmete erleichtert aus. "Hach, das war herrlich, mir geht's gleich viel besser! Willst du auch mal?" Tess sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. Gerade eben hätte sie es gern gewollt, aber jetzt, nachdem sie Zeuge eines solchen Ausbruchs war und erkannt hatte das es einen leicht geisteskranken Eindruck machte war sie sich nicht mehr so sicher. "Äh...ne du, lass mal, ich hab's mir anders überlegt. Vielleicht beim nächsten mal. Ehehehe."und sie kicherte gespielt. Der Rest der Gestrandeten blickte immer noch voller Spannung und Entsetzen zugleich zu ihnen bis sich ein Mann in Anzug und mit kurzen, schwarzen Haaren erhob und ihnen zurief: "Alles in Ordnung?" Reese hob die Hand zur Bestätigung. "Jahaaaa!" Tess sah sie noch immer voller Unglauben a als sie wieder am Handgelenk gepackt wurde. "Schnell weg, bevor das nächste Trümmerteil versucht uns zu zermatschen." Tess sah sich alarmiert um. Warum musste Reese immer den Teufel an die Wand malen? Bei der kleinen Gruppe angekommen wurde Tess erneut in den Sand gedrückt. "Ich bin gleich wieder da." und wieder war Reese verschwunden. Tess hatte ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Von weitem sah sie einen stämmigen Mann mit etlichen Koffern beladen auf das Grüppchen zu taumeln. Sie wollte schon "Hurley!" brüllen und ihn zu sich winken, als Reese sich, mit Nadel und Faden bewaffnet, vor se plumpsen ließ. "Was...hast du denn damit vor?" "Na was wohl?" Sie deutete auf Tess' Stirn. "Oh, ich halte das für keine so gute Idee, und so schlimm ist es doch bestimmt nicht..." "Jetzt stell dich nicht so an, die Nadel ist sogar desinfiziert." "Na da bin ich ja beruhigt." "Oder zweifelst du etwa an meinen Fähigkeiten?" Reese verengte die Augen zu schlitzen. "Nein, nein, es ist nur..." "Platzwunden nähen lernt man heutzutage im ersten Semester...JETZT HALT ENDLICH STILL!" Reese hatte schon mehrere male versucht die Nadel an zu setzen, aber Tess hatte sich immer erfolgreich nach hinten gelehnt und Reeses Hände von sich gedrückt. "Wusstest du, dass ich Angst vor Nadeln habe?" Reese stöhnte und ließ die Arme sinken. "Och, nicht noch eine Phobie!" "Doch, und zwar eine ganz große. Ohne Narkose spielt sich hier nichts ab." Und während Reese noch überlegte wo sie jetzt auf die Schnelle eine Narkose her nehmen sollte kam Hurley nichts sehend und noch genauso beladen durch die Gruppe geschlichen. Leider stolperte er über Tess' Koffer und sein eigener Kofferturm fiel in sich zusammen. Einer streifte dabei Tess' Kopf. Die Stelle war anscheinend so empfindlich gewesen, dass Tess erst noch bestürzt hoch schreckte bevor sie die Augen verleierte und ohnmächtig in den Sand kippte. "Tess!" Reese beugte sich über ihre Cousine als Hurley angestolpert kam. "Oh je...das wollt' ich nicht." Doch Reese kam auch schon eine Idee. "Ach das macht doch nichts Hugolein. Du hast mir damit sogar sehr geholfen." Hurley verstand nicht, doch Reese grinste nur teuflisch und sah auf die Nadel in ihrer rechten Hand. Als Tess die Augen wieder öffnete fuchtelte Reese gerade mit einer Schere vor ihrem Gesicht herum. "Tadaa! Fertig!" Tess erhob sich, die Kopfschmerzen noch schlimmer als zuvor. "Was hat mich da getroffen? Hat sich jemand die Nummer des Lasters gemerkt?" Reese grinste. "Nein, aber merkst du was?" Tess schoss es. "Hast du etwa?" Reese nickte. "Yup, Nur vier Stiche!" Während Tess ihre Wunde betatschte trat der Mann in dem Anzug neben die Beiden. "Und das so sauber." sagte er und tätschelte Reese die Schulter "Sehr schön! Aus dir wird mal ne tolle Ärztin." Und, husch, schon war er wieder weg. Tess sah ihm nach. "Und das war?" "Das war Jack, er ist Arzt!" "Na dann sind wir ärztemäßig ja richtig ausgelastet." sagte Tess und schnappte sich ihren Koffer. In wenigen Handgriffen war der Zahlencode eingegeben und der Koffer sprang auf. "Hat der eigentlich auch ein Geheimfach?" wollte Reese wissen. "Jeder Zahlenschlosskoffer hat ein Geheimfach." war die Antwort. Reese nickte interessiert. "Aha..." Tess Augen leuchteten auf als sie, dass der Inhalt unversehrt geblieben war. "Frische Sachen und hier...meine Waschtasche!" Tess hielt Reese ihre orangene Waschtasche kurz unter die Nase bevor sie sie öffnete. "Zahnbürste, -pasta, -und Seide, Make up, Rasierer, Kamm, Ohrstäbchen und...ehehehe...anderer Frauenkram." "Ohrstäbchen? Gib her, ich glaub ich hab Sand im Ohr." Reese riss die Tasche an sich und kramte danach während Tess nur dasass und darüber den Kopf schüttelte. Sie erwachte, weil sie um sich herum Schreie hörte. Vorsichtig öffnete sie die Augen, in ihrem Kopf dröhnte es unwahrscheinlich und ihr Körper schmerzte. Sie versuchte den Kopf zu drehen um zu sehen, wo sie lag, doch sie stieß an irgendetwas hartes und drehte ihn wieder zurück. Irgendwie wusste sie genau, dass mit ihrem Unterkörper etwas nicht in Ordnung war, denn sie konnte ihn nicht spüren. Langsam fühlte sie Panik in sich hoch steigen, doch schaffte sie es, diese erfolgreich niederzukämpfen. Mit den Augen suchte sie die Gegend ab, die sich in ihrem Blickfeld befand. Doch sie konnte nichts richtig erkennen außer graue Bündel, die überall herum lagen. Vor ihren Augen verschwamm die Gegend. Plötzlich glaubte sie, sich in der Ferne etwas bewegen zu sehen. So gut es ging versuchte sie, mit ihrer brüchigen Stimme um Hilfe zu rufen. Es näherte sich ihr jemand, sie konnte hören, wie herumliegende Wrackteile zur Seite geschoben wurden und Schritte näher kamen. Jemand lehnte sich zu ihr herunter, ein Mann mit dunklen lockigen Haaren und brauner Hautfarbe. "Hallo, können Sie mich verstehen?" fragte er mit besorgter Stimme und warf immer wieder kurze Blicke zu ihren Beinen hinunter. Dann zog er etwas aus der Brusttasche ihres Hemds. "Samantha, richtig?" fragte er und blickte sie an. Nur mühsam den Ausweiß in seiner Hand erkennend nickte sie langsam... es war besser so. "Ich bin Sayid." stellte der Fremde sich nun selbst vor, "Hör zu Samantha, ich werde versuchen dich hier raus zu holen, aber es wird wahrscheinlich etwas weh tun, ein Flugzeugteil hat dich eingeklemmt." Samantha nickte tapfer. "Ich heb es an und du musst versuchen dich irgendwie weg zu rollen, auch wenn's weh tut, ja?" Wieder nickte Samantha. Mit aller Kraft hob Sayid nun die Sitzreihe an, die Samantha bedeckte und tatsächlich schaffte sie es, sich unter großen Schmerzen zu befreien. "So, das wäre geschafft." meinte Sayid wenig später und kniete sich wieder neben Samantha. "Sieht nicht so aus, als wäre etwas gebrochen, nur gequetscht. Geht's dir ansonsten gut?" "Ja... geht schon, was ist passiert?" "Das Flugzeug ist abgestürzt, es gibt nicht viele Überlebende, wir hatten Glück." "Wo sind wir?" "Keine Ahnung. Ich bring dich erst einmal in ein Lager, dass wir eingerichtet haben, dort ist auch ein Arzt. Macht es dir was aus, wenn ich dich trage Samantha?" "Nein... ehm kannst Sam sagen..." "OK Sam, los geht's." Während Sayid sie trug konnte Sam sich die Umgebung etwas näher betrachten. Sie waren an einem riesigen, weitläufigen Strand, der sicherlich ziemlich schön gewesen wäre, wenn er nicht von teilweise noch brennenden Flugzeugteilen und Leichen übersäht war. Geschockt wandte sie den Kopf ab und vergrub ihn an Sayids Brust. Dieser schien zu ahnen, was sie so bewegte, hielt sie etwas fester und beschleunigte seinen Schritt. Kurz darauf kamen sie zu einem Lagerfeuer, um das einige Sitzüberreste angeordnet waren, etwas abseits stand ein provisorisch errichtetes Zelt aus dem, zu Sam's großer Überraschung, der Mann im Anzug, der ihr im Flugzeug zugelächelt hatte, kam. Auch er schien sie wiederzuerkennen. "Wo hast du sie gefunden?" fragte er knapp. "Etwas weiter unten am Strand, sie waren eingeklemmt, aber es scheint nichts gebrochen zu sein." antwortete Sayid, setzte Sam vorsichtig auf einigen Sitzen ab und setzte sich daneben. Auch der Mann im Anzug, denn er jetzt nicht mehr trug, gesellte sich zu ihnen und untersuchte Samantha. Als er ihren musternden Blick bemerkte, lächelte er sie wieder an: "Ich bin Arzt." "Ich weiß... was für ein netter Name..." erwiderte Sam und versuchte ebenfalls ein Lächeln. "Oh, tut mir Leid... Ich bin Jack..." "Sam." "Hier hast du bisschen Wasser, Dude." ertönte auf einmal eine Stimme neben Sam und ihr wurde eine Schale mit Wasser gereicht. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass ihr dieser jemand seltsam bekannt vor kam. Mit einem weiteren Lächeln nahm sie die Schale an: "Danke Hurley, freut mich, dich wieder zu sehen!" Eine Weile später saß Sam fast allein mit Jack an der Feuerstelle. Ihr "Retter", Sayid, war noch mal los gezogen um weiteren Überlebenden zu helfen. Jack hingegen musste zurück bleiben, um die schon geborgenen zu verarzten und zu betreuen. Nur Hurley war noch mit da, jedoch saß er abseits und schien nicht zu bemerken, was um ihn herum geschah. "Jack, da ist Blut auf deinem Hemd..." "Ich weiß, ich hab mich irgendwie beim Absturz verletzt." "Willst du da nich irgendwas tun, die Blutung stoppen oder so?" "Es blutet nicht mehr stark, es muss nur genäht werden." "Oh..." "Hier." Etwas verstört blickte Sam abwechselnd zwischen Jack und dem Nähzeug, das er ihr gerade gegeben hatte, hin und her. "Wa..." "Sei bitte vorsichtig, du musst die Wunde etwas zusammen drücken und mit kurzen, engen Stichen nähen." "WAS?! Ich soll dir Löcher in die Haut stechen und nen Faden durch ziehn? Du bist doch hier der Arzt!" "Ich würde dich nicht darum bitten, wenn ich es selbst machen könnte." "Hör zu, es is jetzt nich so, dass ich jeden Tag nen Menschen zusammen nähe..." "Wenn du es nicht machst, muss ich Hurley darum bitten." Beide drehten den Kopf und blickten auf Hurley, der etwas zitternd und blass am Feuer saß und noch immer sehr abwesend wirkte, so zerstreut war er von all dem Blut und den offenen Wunden der überlebenden Passagiere. "OK, ich mach's." Vorsichtig begann Sam Jacks Hemd auszuziehen um den verletzten Rücken freizulegen. Die Verletzung war noch umgeben von halb getrockneten Blutresten. Mit etwas Wasser aus einem nahestehenden Eimer reinigte Sam die Wunde sachte. Jack zuckte leicht zusammen. "Dort drüben steht etwas Alkohol." meinte er. Sam griff sich die Flasche, die schon etwas mitgenommen aussah und blickte sie mit gerunzelter Stirn an. "Aha... ich glaub ich desinfizier lieber erst die Wunde und geb dir die Flasche erst danach, wer weiß wie viel sonst noch davon übrig bleibt..." entschied sie sich schließlich scherzhaft. Der junge Arzt nickte nur und zuckte abermals zusammen, diesmal etwas heftiger, als Sam ein bisschen Alkohol auf die Verletzung gab. Dann desinfizierte sie noch ihre Hände bevor Jack die Flasche bekam und einen kräftigen Schluck nahm. "Geht's jetzt besser?" fragte Sam und griff nach der Nadel. "Ja, etwas..." antwortete Jack grinsend. "Irgendeine bevorzugte Farbe?" meinte Sam weiter und hatte verschiedene Fäden vor sich ausgebreitet. "Nein, nur stinknormales Schwarz bitte." Schließlich setzte Sam zum Nähen an. Obwohl sie nicht genau wusste, was sie da tat und ob sie es richtig machte schien Jack keine größeren Schmerzen zu haben. Doch dann begannen ihre Hände leicht zu zittern, sie erinnerte sich ein eine Begebenheit aus ihrer Kindheit. "Ganz ruhig..." riss Jacks leise Stimme sie aus ihren Gedanken, "Du machst das gut, nur keine Panik bekommen..." Sam biss sich auf die Unterlippe: "Nein, das ist es nicht, ich musste nur gerade an etwas denken." "Sag bloß du hast vergessen zu Hause den Herd aus zu machen, also da ist es jetzt auch zu spät, dein Haus is hin." Sam musste lachen, doch ihre Hände zitterten noch immer. "Hey Sam, beruhig dich erst mal etwas, zähl einfach: eins, zwei, drei, vier, fünf." Sie zählten gemeinsam und nach einer kurzen Weile wurde sie wirklich ruhiger. "Das hab ich mir angewöhnt bei meiner ersten OP..." erklärte Jack, "...mehr als fünf Sekunden darfst du der Angst keine Zeit lassen, von dir Besitz zu ergreifen, dann muss der Kopf wieder klar sein." Sam nickte tapfer und setzte ihre Arbeit fort. Tess ließ sich in den Sand fallen und seufzte laut. Unter anderen Umständen wäre es direkt schön gewesen die Dämmerung hier am Strand zu erleben, wie die Luft langsam begann sich abzukühlen und der Himmel sich in alle möglichen Rottöne tauchte. Nur leider störte das in den Himmel ragende Flugzeugwrack die Idylle dieses Bildes. Sie konnte noch immer nicht fassen was passiert war. So viele Menschen waren tot, aber sie lebte noch... Reese, die grade aus dem Gebüsch hinter ihr hervortrat, ging es ähnlich. Innerlich stellte sie sich genau die selben Fragen, doch sie bemühte sich darum sich nichts anmerken zu lassen. "Hey...wieso bist du nicht bei den Anderen?" fragte sie und stellte sich direkt neben Tess. Tess blickte immer noch auf das Meer hinaus und beobachtete den schnell voran schreitenden Sonnenuntergang. "Ich will sie nicht verpassen." Reese runzelte die Stirn und hatte bereits eine Ahnung was Tess meinte. Trotzdem fragte sie: "Wen denn?" Tess blickte voller Verwirrung zu ihr auf. "Na die Rettungstrupps. Die müssen doch bald da sein." "Tess...es wird bald dunkel. Du solltest nicht allein ganz allein hier sitzen bleiben. Komm mit mir zurück zum Feuer. Die finden uns auch wenn du nicht hier wartest." "Jemand muss sie doch zu euch führen. Ich bleib hier, ich kann das doch machen, ich bin immerhin kein Baby mehr. Geh du ruhig." Reese sah ein, dass es nichts bringen würde hier und jetzt mit ihrer Cousine darüber zu diskutieren ob es an einem bald völlig düsteren Strand überhaupt sinnvoll war auf so was wie eine Rettungsmannschaft zu warten. "Du weist ja wo du mich finden kannst." sagte Reese daher, legte ihre Hand auf Tess Schulter und drückte diese kurz bevor sie wieder im Gebüsch verschwand. Sie hoffte natürlich selber, dass so schnell wie möglich Hilfe eintreffen würde, doch der Absturz war bereits 16 Stunden her. Wieso also waren sie nicht schon längst gerettet wurden? Langsam aber sicher begann sie daran zu glauben, dass es keine Hilfe mehr geben würde und sie sich selber die größte sein müssten. Und bald würde Reese merken, dass sie nicht die Einzige ist die so denkt. Doch sie machte sich Sorgen. Sorgen über diejenigen die fest an eine Rettung glaubten. Leute wie Tess. Die sich mit all ihrer Macht an diesen einen Gedanken klammerten und so alles andere zu überspielen. Die Angst, die Verzweiflung...die Wahrheit. Was würde mit ihnen geschehen wenn sie das ganze Ausmaß ihrer Lage erst richtig begreifen würden. Wie würden sie reagieren? Reese war an die Feuerstelle zurück gekehrt. Es war in der Tat ziemlich schnell dunkel geworden. Sie fragte sich ob Tess noch immer saß wo sie saß und Löcher in den nächtlichen Himmel starrte, immer auf Hilfe wartend. Zu ihrer Überraschung war niemand außer Hulrley und Claire, die schwangere Frau aus dem Terminal, mehr anwesend. Sie saßen mit zahlreichen Decken bewaffnet ums Feuer und schwiegen sich gegenseitig an. Erst jetzt bemerkte Reese wie kalt es eigentlich Nachts auf so einer Südseeinsel werden konnte. Wieder dachte sie an Tess. Sie hatte nur ihr T-Shirt an. "Wo sind denn die Anderen?" Reese setzte sich. "Ach die..." winkte Hurley ab "Keine Ahnung...die sind die Insel erkunden, oder so. Ich glaub sie suchen das Cockpit." Noch bevor Reese irgend etwas erwidern konnte schüttete sich buchstäblich der Ganze Himmel über ihnen aus. Ohne Vorwarnung öffnete er seine Schleusen und seine monsunartigen Regenfälle ergossen sich über ihnen. Mit einem Quieken sprang Claire auf und lief unter die nächste freie Abdeckplane unter die sie sich quetschen konnte. Hurley dagegen war etwas langsamer und in der kurzen Zeit schon fast pietschenass, genau wie Reese. Das Feuer erlosch binnen Sekunden, der Boden wurde matschig und die Luft erwärmte sich wieder etwas. Reese wand ihre Haare etwas aus und setzte sich auf eine Sitzreihe unter einer Plane. Glücklicherweise lag eine Decke darauf, die sie sich auch gleich umwarf. Durch die Lautstärke des fallenden Regens bemerkte sie nicht wie Jack und ein junger Mann aus dem Wald um sie herum traten und sich eilig ein trockenes Plätzchen suchten. Der Mann, der, wie Reese bemerkte, dazu noch der aus dem Flugzeuggang war, schien zu geschockt um irgend etwas zu sagen und legte sich, ohne die Anderen auch nur eines Blickes zu würdigen, schlafen. Jack nickte dankend zu Hurley der ihm gerade etwas heißes zu Trinken entgegen hielt. So was konnte sie jetzt auch vertragen, dachte Reese, also zog sie den Kopf unter die Decke und rannte so schnell sie konnte unter die Abdeckung unter der die Anderen standen bzw. bereits lagen. "Hey!" sagte Hurley als sie unter die Plane gekrochen kam. "Jetzt kannst du dir ja meine Schulter ansehen!" Tess überraschte der Regen genau so wie alle Anderen. Es füllte sich so an, als wenn jemand eine ganze Flasche Wasser über ihren Kopf ausleeren würde. Doch als sie sich umdrehte war da niemand der einen derartigen Anschlag auf sie verübte. Das Übel kam von weiter oben. Voller Unwollen erhob sie sich. "Morgen." sagte sie. "Sie werden Morgen kommen. Sie MÜSSEN Morgen kommen." Tess rannte Richtung Lager. Sie wollte sich ja nicht unbedingt eine Lungenentzündung holen. Allerdings tat sie dies nicht ohne noch einmal einen prüfenden Blick über ihre Schulter in Richtung des nicht mehr erkennbaren Horizonts zu werfen. Als sie im Lager ankam klebten ihr die Haare in dunklen Strähnen ins Gesicht und der warme Regen rann ihr den Rücken hinunter. Reese, die mit Jack gerade eine Tasse Tee schlürfte überreichte ihr gleich ihre Decke und drückte sie in den Sitz neben sich. Tess lehnte ihr Teeangebot dankend ab. Sie zog sich recht schnell mit ihrem Koffer in das provisorisch aufgebaute Zelt zurück. Trockene Sachen waren jetzt das A und O. Es war noch nicht sonderlich spät und doch konnte man ohne Hilfsmittel kaum noch etwas erkennen. Claire nickte an ihrem Schlafplatz auch langsam ein und Hurley schnarchte schon seit gut 10 Minuten vor sich hin. Reese seufzte. Anscheinend machten sie sich keine Gedanken über ihre Rettung. Sie war sich nicht sicher ob Tess diese Nacht überhaupt ein Auge zu tun konnte. "Jack?" fragte sie in die Dunkelheit neben sich hinein. "Ja?" "Habt ihr noch Überlebende gefunden?" Etwas an seiner zögernden Antwort verriet Reese, dass er nicht die Wahrheit sagte. "Nein. Nur weitere Trümmer." Das monotone Plätschern hörte genauso schlagartig auf wie es angefangen hatte. Die Wolken lichteten sich langsam und würden bald den Mond freilegen der wieder ein wenig Licht in das Dunkel bringen würde. Tess trat wieder aus dem Zelt. "Okay..." sagte sie "Ich hab jetzt drei T-Shirts, zwei Pullover und eine Jacke an. Das muss reichen." Sie reichte Reese die Decke wieder. "Danke, und...du weckst mich doch wenn Hilfe kommt, oder?" Reese Gesichtszüge erstarrten für einige Sekunden bevor sie sich wieder fing und ein Antwort stotterte. "Äh, j-ja..sicher, sicher...schlaf gut." Tess lächelte und umarmte Reese. "Danke, Gute Nacht!" Tess winkte Jack zu " Nacht, Jack!" Dieser war wohl bis gerade eben noch in Gedanken gewesen, denn er schreckte etwas hoch und winkte ihr nur halbherzig zu. Tess rollte sich auf einer Liege die sie für einen angemessenen Schlafplatz zu halten schien zusammen. Sie holte noch einmal tief Luft und schloss die Augen. Reese wandte sich flüsternd zu Jack. Ihre Mine hatte sich verfinstert. "Sie werden nicht kommen, nicht wahr?" Jack hob den Blick und sah sie an. Sie konnte sein Gesicht durch das Mondlicht deutlich erkennen. Sein Schweigen verriet ihr erneut, dass irgend etwas ganz und gar nicht stimmte. Himmel, er hätte ihr wenigstens wiedersprechen können. Seine Stille war fast unerträglich. "Sag mir die Wahrheit, Jack." sagte sie etwas lauter als beabsichtig und fügte daher etwas leiser hinzu "Bitte. Ich seh doch, dass was nicht stimmt. Was ist los?" Jack seufzte resignierend. Er schien Probleme damit zu haben die richtigen Worte zu finden. "Wir...haben den Piloten gefunden." "War er noch am Leben? Wo ist er?" Jack schüttelte den Kopf. "Es gab da einen Zwischenfall." "Zwischenfall? Was für ein Zwischenfall?" zischte Reese und sah kurz zu der Kugel in die sich Tess verwandelt hatte. Jacks Kopfschütteln schien langsam chronisch zu werden, denn er tat nun nichts anderes mehr. "Später...er sagte, das einige Stunden nach dem Start der Radar ausfiel. Wir waren für den Rest der Welt unsichtbar." Reese lauschte seinen Worten gespannt als er weiter erzählte. Also war es wahr. Sie würden wirklich nicht kommen. Sie k o n n t e n sie gar nicht finden. Reese war den Tränen nahe als sie sich nach dieser Unterhaltung schlafen legte. Sam stand am Strand, allein, mit den Füßen im Wasser. Irgendwie hatte sie sich immer schon gewünscht auf einer warmen südlichen Insel zu wohnen, das Meer rauschen zu hören und mit den nackten Füßen durch den Sand laufen zu können. Als kleines Mädchen war sie sogar schon einmal mit einem kleinen Koffer zum Flughafen gelaufen um in den Süden zu fliegen. Sie mussste lachen als sie daran dachte, wie ihre Eltern reagiert hatten. "Dir scheint's ja wieder besser zu gehn." ertönte eine ruhige, vertraute Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und die leichte Seebriese wehte ihr die Haare ins Gesicht. Sayid trat neben sie und betrachtete nun ebenfalls das Meer. "Du siehst nicht aus, als ob du nach Hilfe ausschau hältst..." meinte er und betrachtete ihren abwesenden Blick. "Nein, ich glaube nicht, dass sie uns so schnell finden..." "Aber du glaubst das sie uns finden." "Du nicht? Vielleicht taucht auch erst in Jahren jemand hier auf, wie in den Filmen..." "...oh ja, ich seh mich schon mit einem Fußball reden..." meinte Sayid und sie mussten beide lachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)