Snowflakes keep falling on my head (Ryu x Tats) von Norileaf ================================================================================ Kapitel 3: Meeting ------------------ So, da es ja letztes Mal einige Problemchen beim Hochladen gab und letztendlich eines meiner Kapis dreifach vertreten war, hab ich erst mal dafür gesorgt, Überflüssiges zu löschen. Tja, was kann ich noch mehr sagen? - Ach ja! Viel Spaß beim lesen. ^^ ~ Meeting ~ Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, lief die Nacht für mich alles andere als ruhig ab. Nervös wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, bekam aber kein Auge zu. Es ist verrückt, was einem für Dinge durch den Kopf gehen, wenn am Tag etwas Aufregendes passiert ist. Die ersten zwei oder drei Stunden freute ich mich tierisch (animalische Bedürfnisse eingeschlossen) und mir gingen tausend Sachen durch den Kopf, die bei unserem nächsten Treffen geschehen konnten. Oder die ich machen wollte. Aber dann überlegte ich mir plötzlich, dass es verdammt dumm gewesen war, ihm die Nummer zu geben, selbst aber nichts zu verlangen. So machte ich es doch auch mit manchen Weibern. Nimm die Nummer und ruf nicht zurück, ganz leicht. Ich war dazu übergegangen, an die Decke zu starren und mir pausenlos durch das Haar zu fahren. Mit einem Mal war ich mir sicher, dass er nicht anrufen würde. Wieso sollte er auch, er war ein Star und hatte genug andere Kontakte, denen er den Vorrang gab. "Bist du noch wach?", murmelte jemand vom Türrahmen aus und ich setzte mich auf. Es war Shuichi - wohl bemerkt nur mit Boxershorts bekleidet - der eine Tasse Kaffee in der Hand hielt und sich über die Augen rieb. "Das könnte ich dich fragen", gab ich zurück, doch er lachte nur leise. "Muss in einer Stunde zur Arbeit." Ich sah auf meine Armbanduhr und musste blinzeln, um die Ziffern im Dunkeln zu erkennen. Schon morgens um fünf. "Du sag mal..." Langsam drehte ich den Kopf zu Shuichi und streckte mich ein wenig. Durch das ewige Herumdrehen auf dem Sofa tat mir meine Schulter ziemlich weh. "Was ist denn, Shu-chan?" Er trank einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht. Nachdem er den Kopf kurz geschüttelt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. "Hast du mit Sakuma-san... nya...?" Nun streckte ich auch mein rechtes Bein und kratzte mir den Nacken. "Ich antworte generell nur auf ganze Fragen, Alter." Es war wirklich ein Spektakel, Shuichi dabei zuzusehen, wie er versuchte, ein Wort über die Lippen zu bringen, das für mich bereits an existenzieller Bedeutung gewonnen hatte. Er scharrte mit dem nackten Fuß über den Boden und trotz der schlechten Lichtverhältnisse sah ich, wie sein Gesicht rot aufleuchtete. "Habt ihr miteinander S-Sex gehabt?" Gegen meinen Willen seufzte ich und ließ mich zurück auf das Sofa fallen. "Nicht die Andeutung..." "Was habt ihr dann den ganzen Tag gemacht?" Wieder nippte er an der Tasse und wieder verzog er das Gesicht. "Wir waren in der Spielhalle, spazieren und Kakao trinken. Echt, wenn ich gewusst hätte, dass es sich bei dem Typen um Ryuichi handelte...!" "Dann hättest du ihn flachgelegt", meinte Shuichi nur und sah nicht besonders begeistert von der Idee aus. "Wahrscheinlich, und? Die Chance ist jetzt eh flöten gegangen." Genervt verschränkte ich die Arme hinter dem Kopf. Daran musste er mich nun wirklich nicht erinnern. "Ich finde es besser so." Er stellte die Tasse auf dem Tisch ab und griff nach seinem Sweatshirt, das auf der anderen Seite des Sofas lag. Deswegen war er wohl überhaupt erst ins Wohnzimmer gekommen. "Weißt du, Sakuma-san hat vorhin echt glücklich ausgesehen und ich denke, hättest du mit ihm geschlafen, wäre einer von euch beiden im Endeffekt ziemlich enttäuscht und traurig gewesen." " ,Im Endeffekt' läuft es doch nur darauf hinaus, dass wir uns so schnell nicht wieder begegnen werden." Nun sah Shuichi echt verwirrt aus und starrte mich aus seinen großen glänzenden Augen heraus an. "Habt ihr denn keine Nummern getauscht?" Ich lachte und dieses Lachen klang ziemlich verbittert. "Ich hab ihm meine gegeben, aber bleiben wir doch mal in der Realität... Er wird nicht anrufen." "So ein Quatsch!", entgegnete mir Anikis Koi sofort. "Wenn er dich nicht mögen würde, hätte er es dir doch schon längst gesagt. Er ruft dich ganz sicher an." Wie auf's Stichwort klingelte das Handy in meiner Hosentasche und ich sprang auf, da der Vibrationsalarm eingeschalten war. Shuichi grinste nur breit, dann verschwand er mit dem Sweatshirt im Arm. Ich kramte mein Handy hervor und ging ran. "Tats." "Ohayo, hier Ryu-chan! Hab ich dich geweckt?" Und wenn er nachts um Drei angerufen hätte und ich noch tief geschlafen hätte, er hätte mich nicht wach gemacht. "Nein, keine Sorge." "Ich hab heute frei und wollte dich Kuma-chan vorstellen. Wollen wir was zusammen machen?" Das letzte Wort zog er in die Länge und wurde dabei ein paar Töne höher. Fast schon unangenehm für mein armes Ohr. Trotzdem war es für mich wie Musik. "Natürlich, ich hab den ganzen Tag Zeit." (und die ganze Nacht, hehe.) "Cool!", quietschte es mir entgegen. "Wollen wir uns in drei Stunden zum Frühstück treffen? Ich kenne da ein ganz supitolles Café, na no da!" "Okay, und wo treffen wir uns?" Innerlich vollführte ich einen Freudentanz, der jede von Shuichis überdrehten Performances in den Schatten gestellt hätte. Meine Stimme blieb allerdings ruhig. "Kuma-chan und ich holen dich ab. Bis dann!" Und schon hatte er aufgelegt. Ich starrte kurz auf mein Handy, dann steckte ich es wieder ein. Genau in diesem Moment kam Shuichi fertig angezogen ins Wohnzimmer zurück und war gerade dabei, seinen orangefarbenen Rucksack aufzusetzen. Er sah mich an und grinste. "Ich hab's dir doch gesagt, Tatsuha. Habt ihr ein Treffen vereinbart?" Ich nickte nur und ging dann auf ihn zu. Shuichi verzog das Gesicht und wich instinktiv einen Schritt zurück, doch ich war schneller und legte meine Hand auf seinen Kopf. "Aniki weiß echt nicht zu schätzen, was er an dir hat." Ich wollte an ihm vorbei gehen, jedoch versperrte mir ein blonder Griesgram den Weg. Aniki sah mich sauer an und keiner von uns beiden störte sich daran, dass er splitterfasernackt war. Allerdings konnte ich feststellen, dass wir uns gar nicht so sehr ähneln, wie alle immer sagen - Viel Spaß beim Interpretieren dieses Satzes. Seine Haare ließen darauf schließen, dass er sich frisch aus den Laken gequält hatte. "Morgen, Eiri." "Sagt mal, was macht ihr hier für einen Krach?", wetterte er sofort los. Eben ganz Mikas Bruder, aber diesen Kommentar verkniff ich mir um meines eigenen Lebens Willen. "Ich brauche meinen Schlaf." "Oho, Onii-san braucht seinen Schönheitsschlaf", neckte ich ihn. "Nein, ich muss meine Kräfte sammeln, damit ich dich nachher über's Knie legen kann, du Rotzgöre!" "Na, ob Mika davon so begeistert wäre..." "Sie wird mir den erzieherischen Eingriff verzeihen." Wir begannen beide im gleichen Moment zu grinsen und Shuichi sah nur konfus von einem zum anderen. Tja, Brüder unter sich. Die drei Stunden, bevor es an der Tür klingelte, krochen zäh wie flüssiger Teer vor sich hin. Doch als es endlich so weit war, riss ich die Tür weit auf und sprang hinaus auf den Flur, wobei ich fast Ryuichi umgerissen hätte. Er trug schwarze Jeans und eine blaue Lederjacke, die sehr warm aussah, dazu den roten Schal, den er am Vortag gekauft hatte. Einfach ein wunderbarer Anblick. "Hi, Tats!", rief er und umarmte mich kurz. Von solch einer Berührung hatte ich vor zwei Tagen nicht einmal mehr zu träumen gewagt. Aber es war echt und ich erwiderte die Umarmung. Dann griff er in seine Jackentasche und zauberte einen pinken Stoffhasen hervor. Ich kannte ihn von einigen wenigen Fotos und wusste, dass es sich dabei um Kumagoro handelte. "Das ist Tats", stellte er mich dem Plüschtier vor, bevor er dieses dann mir vorstellte. Ganz nach Manier eben. Schnell verschwand der Hase wieder an seinen alten Platz, was Ryuichi damit erklärte, dass der das Klima nicht gewohnt sei und daher im Winter leicht friere. Seine Augen wandten sich wieder mir zur und musterten mich. "Du hast den Schal an, na no da!", sagte er begeistert und machte eine Art Freudenhüpfer. Mein Magen knurrte. Wir standen beide da und sahen uns wortlos an, bis er laut zu lachen begann. "Tats hat Hunger, also müssen wir schnell essen gehen, na no da!" Er hatte mich in ein kleines Café gebracht, wo wir uns in eine ruhige Sitzecke setzten. Drinnen war es angenehm warm, so dass wir beide unsere Jacken öffneten und die Schals abnahmen. Danach griff ich zur Speisekarte und überflog das Frühstücksangebot, das vor allem amerikanischer Natur zu sein schien. Gebratener Speck, Rührei, Pancakes mit Ahornsirup, Würstchen... Mir fiel ein, dass Ryuichi ja drei Jahre in den USA zugebracht hatte, da war es irgendwie logisch, dass er mich hierher geschleppt hatte. Ryuichi trug wieder eine Sonnenbrille und Basecap und mir war so, als beobachte er mich durch die getönten Gläser, während ich mir ein Frühstück aussuchte, bei dem mein Magen nicht sofort protestieren würde. "Weißt du nicht, was du essen sollst?" Ich hob den Kopf und blickte direkt in ein pinkes Plüschgesicht, das einen Zentimeter von meinem eigenen entfernt war. Im ersten Moment war ich zu überrascht, um etwas zu erwidern. Dann nickte ich. "Dann nimm die Pancakes, die sind super!", riet mir Kumagoro und wippte dazu begeistert mit dem Kopf. "Gut, dann vertrau ich dir." Mir kam es nicht dumm vor, mit einem Plüschtier zu reden, da ich dies in meiner Kindheit selbst getan hatte. Um genau zu sein, war es Mika gewesen, die immer mit mir gespielt und die Stofftiere sprechen lassen hatte. Die Kellnerin kam und sowohl ich, als auch Ryuichi bestellten Pancakes mit Ahornsirup. Er nahm dazu eine heiße Schokolade und ich einen Kaffee. Als sie wieder weg war, wandte sich Kumagoro wieder an mich: "Und du bist ein Fan von Ryu-chan?" "Ja!", kam es, wie aus der Pistole geschossen, zurück. Das war die schnellste Antwort, die ich ihm gegenüber bis dahin gegeben hatte. "Ein sehr großer Fan!" Kumagoro und Ryuichi nickten zusammen. "Ryuichi mag Fans." Immerhin war er damit schon einigen Stars voraus. Unsere Bestellung kam und ich aß, als hätte ich ein Jahr lang bei den tibetanischen Mönchen von Reis und Gemüse gelebt. Natürlich, ich *bin* ein buddhistischer Mönch, aber damit prahle ich nicht, weil es nichts ist, wofür ich stolz wäre. Juhu, Uesugi Tatsuha wird eines Tages den Tempel seines Vaters übernehmen. Was eigentlich Eiris Aufgabe wäre, aber der hatte es im Gegensatz zu mir geschafft, ,Nein' zu sagen. Ryuichi hatte eine sehr eigenwillige Art zu essen. Er aß noch schneller als ich, stopfte, kaute, schluckte, und zum Schluss hingen ihm tausende Krümel im Mundbereich. Schon gewohnheitsmäßig griff er danach zu seiner Serviette und wischte sie alle weg. "Das war ein gutes Frühstück", versicherte ich ihm und ich hatte mein Ziel nicht verfehlt. Er strahlte so sehr, dass seine Mundwinkel fast die Ohren berührten. "Und jetzt gehen wir in die Spielhalle, ja?", bettelte er und sah mich gemeinsam mit Kumagoro flehend an. Natürlich hatte ich nichts dagegen und so sagte ich ,Ja'. Diesmal hielten wir uns nicht eine Stunde lang an diesem Rennspiel auf, sondern probierten so ziemlich alles aus, was man zu zweit spielen konnte. Ich entdeckte sogar das ein oder andere Genre, in dem ich ihn vernichtend schlug. Immer, wenn ich ihn besiegte, stieß er mir mit dem Ellenbogen in die Seite und wir lachten. Ihr dürft das nicht falsch verstehen, an meinem Plan, ihn flachzulegen, hatte sich nichts geändert, aber wenn man vorher noch ein bisschen Spaß zusammen haben konnte - warum nicht? Mir war klar, dass, hatten wir es dann erst einmal getan, ich nur noch ein simpler One Night Stand sein würde. Gut, es wäre schade gewesen, diesen netten Kontakt dann einfach abbrechen zu lassen, aber die Prioritäten lagen bei mir woanders. Als wir wieder nach draußen gingen, war es schon fast Mittag. Ich schlug vor, ihn in ein Sushirestaurant einzuladen, doch er zog es vor, sich und mir einen Hot Dog an einem Stand zu holen. Ich aß also das gleiche Mittagessen wie am Vortag und wir setzten uns sogar auf die gleiche Bank im Park. Dort saßen wir stundenlang und unterhielten uns wieder. Und wieder waren es die kleinen Dinge, die uns gegenseitig am meisten interessierten. Die Musik ließ er ganz außen vor, doch das störte mich nicht, denn ich wusste eh alles, was man in Musikzeitschriften lesen konnte. Mein Zimmer in Kyoto war praktisch mit Postern und Zeitungsartikeln von Sakuma Ryuichi tapeziert. Die Dunkelheit setzte ein und ich begann zu zittern. Schnee fiel nun etwas stärker und ich zog den Schal in mein Gesicht, da ich alles bis zur Nase hinauf kaum noch spüren konnte. Auch Ryuichi fror sich wohl gerade so einiges ab, denn seine Wangen und Nase waren ganz rot und er zitterte ebenfalls, während er sich selbst umarmte in der kümmerlichen Hoffnung, sich so wärmen zu können. "Wir gehen wohl besser lieber langsam", murmelte ich und unterdrückte ein Zähneklappern. Er nickte sofort, blieb jedoch sitzen und zog sein Stofftier aus der Jacke. Fast sah es so aus, als würden sie sich stumm beraten, und ich sollte mit meiner merkwürdigen Vermutung Recht behalten. "Kumagoro und ich fragen uns, ob du vielleicht mit zu uns kommen willst." Ohnmachtsanfall, du kriegst mich nicht! Plötzlich war mir nicht mehr kalt, sondern heiße Aufregung durchfuhr mich und weckte meinen durchgefrorenen Körper. "Das wäre nicht schlecht." Nicht schlecht... das wäre hervorragend! Ja, gehen wir zu dir und lassen endlich die Bettfedern quietschen! Schnell war er aufgesprungen und hatte mich am Arm gepackt, um mich auf die Beine zu ziehen. Er sah so glücklich aus, dass ich befürchtete, er müsse gleich platzen. Und, um ehrlich zu sein, war ich derjenige, der fast vor Freude explodiert wäre. Sein Apartment war nicht so riesig, wie ich es mir als Fan immer vorgestellt hatte. Schlafzimmer, Bad, Wohnzimmer, Küche. Alles klein und gemütlich, keine unnötigen Extrazimmer, die er zum Arbeiten oder so benutzte. Aber warm, ja, das war es. Ryuichi lotste mich zu dem blauen Sofa, wo ich mich setzte, und verschwand dann in die Küche. Sofa, Fernseher, Tisch, ein Bild an der Wand, zwei Grünpflanzen auf der Fensterbank... In diesem Wohnzimmer konnte praktisch jeder wohnen, nur einen Star hätte man nicht vermutet. Ryuichi kam mit zwei Tassen Tee zurück und setzte sich neben mich. Meine Hände kribbelten angenehm, als ich das heiße Getränk entgegennahm. Ich nahm einen kleinen Schluck und stellte es dann auf dem Tisch ab. Er tat dasselbe und musterte dann neugierig mein Gesicht. "Was ist?", fragte ich, während ich meine Hände aneinander rieb. "Dir ist noch immer kalt", stellte er fest. Damit erzählte er mir nichts neues, aber ich war mir sehr sicher, dass ihm ebenfalls noch kalt war. Weswegen er wohl auch gefragt hatte. "Wollen wir uns gegenseitig wärmen, dann geht es schneller." Und wieder einmal wollte ich meinen eigenen beiden Lauschern nicht trauen. Er wollte echt engen Körperkontakt mit mir? Na, wenn das nicht ein Wink des Schicksals sein sollte, dann weiß ich auch nicht. Ryuichi schlang seine Arme um mich und drückte sich an meinen Körper. Er hatte Recht, es war angenehm warm, aber das konnte auch eine Einbildung meinerseits sein, die von hohem Hormonausstoß ausgelöst wurde. Egal, ich genoss seine Hände, die auf meinem Rücken ruhten. Seine Wange streifte meine und es war beinahe ein heiliges Ereignis, als ich seine Brust an meiner spürte. Tatsächlich war er wärmer als ich, was sich für mich nicht unbedingt als Nachteil erwies. Langsam ließ ich meine Hand über seinen schmalen Rücken nach oben wandern, bis ich seinen Nacken erreicht hatte und diesen streichelte. Ein ganz leises Seufzen drang an mein Ohr und ich schloss die Augen. Seine Nähe war einfach berauschend, wie eine Droge, die einem später kein mieses Gefühl bereitete. Mir stieg der Geruch von leichtem Aftershave und Erdbeeren in die Nase und ich fragte mich, wie so eine Kombination so angenehm sein konnte. Seine Haare kitzelten immer wieder meine Finger, während ich seinen Nacken kraulte, und seine Hand erkundete schüchtern meinen Rücken. Es bereitete mir eine Gänsehaut. Es war egal, wie lange wir dort so saßen, denn es war einfach wunderbar. Irgendwann wagten sich meine Lippen über seine rechte Wange und den Hals entlang. Seinen Mund sparte ich aus, denn Küsse sind etwas Besonderes, sie bedeuten so viel mehr als eine einfache Berührung. Küsse sind wie Gefühle, das weiß sogar ich. Es kam mir so vor, als neigte er den Kopf leicht zur Seite, um mir so mehr Fläche zu lassen. Ich nutzte sie. Meine Hände streichelten seinen Rücken, seinen Nacken. Schließlich drückte ich ihn sanft zurück auf das Sofa, nutzte jeden Zentimeter, den seine Sachen nicht verdeckten, um seine Haut mit meinen Lippen zu erforschen. Nach einiger Zeit gelangte ich bei seinem linken Ohr an, hörte sein Seufzen und plötzlich ging mir die Frage durch den Kopf, ob er überhaupt wusste, was ich da im Begriff zu tun war. Immerhin war er in mancher Hinsicht ziemlich kindlich. Also hob ich prüfend den Kopf und betrachtete sein Gesicht eingehend. Ryuichi schloss kurz seine Augen und, als er sie wieder öffnete, blickten sie direkt in meine. Wer in diesem Moment nicht dabei war, kann niemals nachvollziehen, was bei diesem Blick in mir vorging. Aber wäre noch jemand außer uns beiden im Raum gewesen und hätte Ryuichi wie ich gesehen, wäre es demjenigen genau so ergangen wie mir. Die meisten Menschen, die ich kenne, glauben nicht an Liebe auf einen Blick - Scheiße, ich selbst hab bis dahin nicht dran geglaubt! - aber just in dieser einen Sekunde, als sich unsere Augen trafen, machte es ,Bumm!'. Plötzlich war es nicht mehr diese ,Fan vergöttert Idol und will es flachlegen'-Leidenschaft, sondern... Liebe. Ja ihr habt richtig gehört: Uesugi Tatsuha, den seine Freunde ,Tats, den Aufreißer' nennen, hatte sich verliebt. Verliebt in Sakuma Ryuichi. Okay, nun eine Multiple Choice Frage: Was tat Tats, als in seinem Bauch tausend Schmetterlinge beschlossen, einen Rundflug zu starten? a) er wurde rot b) er vernaschte Ryuichi, wie geplant c) er vernaschte Ryuichi, auf unanständigere Weise als geplant d) er bekam Skrupel und brach sein dunkles Vorhaben ab Wer auf a) getippt hat, kriegt fünfzig Punkte. Wer auf d) getippt hat, kriegt auch fünfzig Punkte. Und wer a) und d) getippt hat, kriegt die volle Punktzahl. Tats, du Idiot! Ich landete auf dem Boden neben der Couch und bekam mit, wie er sich aufsetzte und zu mir hinunter guckte. Er sah überrascht aus und seine Augen hatten diesen fragenden Ausdruck, für den man ihn einfach süß finden musste. Mein Arsch hingegen tat weh wie Hölle. "Ich muss auf's Klo!", erklärte ich schnell, stand auf und flüchtete in den nächsten Raum. Verdammt! Ich war in der Küche gelandet. Jetzt noch einmal rausgehen war peinlich und drin bleiben, ließ mich auch nicht unbedingt glaubwürdig erscheinen. Ich blieb trotzdem und setzte mich an den Tisch. Die nächsten fünf Minuten brachte ich damit zu, meine Gedanken mit Klebezettelchen zu versehen und nach einem neu erfundenen Alphabet zu ordnen. Mein Herz schlug noch immer Saltos und eine unerträgliche Hitze hatte sich in mein Gesicht geschlichen. ,Das ist nicht gerade passiert', versuchte ich mir einzureden, ,Du warst nicht gerade kurz davor, Ryuichi flachzulegen, als du vom Sofa gefallen bist!' Dazu muss ich vielleicht noch sagen, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass ich mich verliebt hatte. Dass ein unbeschreibliches Gefühl von mir Besitz ergriffen hatte und mein ganzes Denken und Tun zu steuern begann. Ich hielt es einfach für ein Missgeschick, auch wenn ich mich selbst nicht verstand. Warum ich rot war, warum ich in der Küche saß und auf die Tischplatte starrte, warum ich von ihm abgelassen hatte, das alles konnte ich mir nicht erklären. "Tatsuha-chan?" Ich zuckte zusammen. Von der Lautstärke seiner göttlichen Stimme her erkannte ich, dass er direkt hinter mir stehen musste. Was er auch tat. Dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und versteifte mich unweigerlich. Diese Berührung war so seltsam vertraut und doch sehr zurückhaltend. "Bist du krank? Du bist so rot im Gesicht, na no da!" Langsam drehte ich mich um und sah direkt in seine blauen Augen. Diese wunderbaren, klaren Augen, die man auf keinem Nittle Grasper Tape der Welt zu sehen bekommt. "Nee, mir ist jetzt nur schön warm." Ryuichi nickte zufrieden. "Warte, ich hole deinen Tee!" Dann setzte er Kumagoro auf meine Schulter und flitzte zurück in das Wohnzimmer. Ich starrte das Stoffhäschen an und seufzte schließlich. Er hatte es wirklich nicht begriffen, dass ich ihn beinahe flachgelegt hätte, und - Gott! - ich hätte es sogar geschafft, da war ich mir sicher. Nach kaum einer Minute kam er mit meiner Tasse zurück, stellte sie vor mich und setzte sich auch an den Tisch. Kuma blieb da, wo man ihn hingesetzt hatte. Endlich nahm ich wieder einen Schluck Tee, er war eklig lauwarm. "Sorry." Es war nicht meine Absicht gewesen, mich für irgendetwas zu entschuldigen, aber manchmal ist der Mund einfach schneller. Er hob nur den Kopf, legte ihn leicht seitlich. "Wofür?" Gute Frage. Ich wusste es nicht. Immerhin hatte ich ihn zu nichts gezwungen und auch sonst hatte ich mich für meine Verhältnisse nicht übel benommen. Folglich sagte ich nichts. "Es ist spät, ich fahr dich lieber nach Hause." Ryuichi gab mir ein sonniges Lächeln und stand auf, was ich ihm gleichtat. Gemeinsam zogen wir wieder unsere warmen Jacken und Schals an und er führte mich aus seiner Wohnung, hinunter in die Tiefgarage des Hochhauses. Suchend nach einem Wagen, der seiner würdig war, schaute ich mich nach allen Seiten um, bis er plötzlich direkt vor mir stehen blieb und ich in ihn hineinrannte. Ich murmelte eine Entschuldigung, betrachtete dabei aber schon das Auto. Ein violetter Sportwagen, womöglich doppelt so teuer wie Mikas. Ein Schlitten, der jedem Mann das Herz verglühen lässt. Ryuichi öffnete die Türen dank Zentralverriegelung, während er auf das Auto zuging. Er wollte gerade einsteigen, als er sah, dass ich wie angewurzelt dastand. "Willst du nicht mitfahren, Tats?" Verdammt, das wollte ich! Schnell sprintete ich zur Beifahrerseite und ließ mich auf den schwarzen Ledersitz fallen. Dieses Auto war tausendmal besser als jedes andere, in dem ich zuvor gesessen hatte. Die Heimfahrt war einfach genial - wir flogen beinahe über den Asphalt - aber auch viel zu kurz. Wir hielten direkt vor dem Wohnhaus, in dem sich Eiris Apartment befand, und stiegen aus. "Na gut, dann geh ich mal und kassier meinen Anschiss", murmelte ich und wollte mich gerade abwenden, als Ryuichi mich noch einmal fest umarmte. Wieder streiften sich unsere Wangen und ich war völlig machtlos gegen das warme Kribbeln, das diese Berührung auf meiner Haut hinterließ. "Gute Nacht, Tats!" "Gute Nacht." Dann ging ich wirklich rein. tbc... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)