Blind! von Shirokko (HP:DM) ================================================================================ Dunkelheit ---------- Titel : Dunkelheit Autor : Shirokko Disclaimer : nicht unsers, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare : Diese Geschicht spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen : Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt gehts los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Diese Geschichte ist ganz allein Viebie_Lucifer gewidmet, meiner kleinen, süßen, wenn auch verrückten Schwester! Kapitel 1: Dunkelheit Es war stockdunkel in dem kleinen Zimmer, das er nun seit beinahe dreieinhalb Sommern bewohnte, und mit offenen Augen starrte er zur Decke. Es war still, nur das leise Schnarchen von Dudley nebenan war zu hören. Irgendwo im Haus schlug die große Standuhr Zwölf und ein leises Lächeln erschien auf seinen Lippen. Sein Geburtstag war soeben angebrochen. Jetzt war er also Fünfzehn. Ganze fünfzehn Jahre alt! Ob er wohl Post bekommen würde? Ob seine Freunde an ihn denken würden? Und ob er Geschenke bekommen würde? Vielleicht brachte Hedwig eines von Sirius, seinem Paten… Von den Dursleys erwartete er keine. Er bezweifelte sogar, dass sie freiwillig daran dachten, sich erinnerten, konnte sich vorstellen, dass sie ihn bewusst ignorieren würden, seinen Geburtstag über. Es war ihm egal. Sie waren ihm eh nichts wert, da würde er Dankbarkeit heucheln müssen. Sie waren lediglich die Familie, bei der er unterkam, wenn sein wirkliches Zuhause die Sommerferien über schloss. Was kümmerte es ihn also, wo er ihnen doch eh egal war? Zufrieden und innerlich aufgeregt wegen des morgigen Tages schloss er die Augen, kuschelte sich tiefer in Dudleys altes Federbett. Fünfzehn! Was für ein schönes Alter. Soviel besser als Vierzehn. Nun waren es nur noch zwei Jahre, bis er erwachsen war… zwei nichtige Jahre, dann war er die Dursleys und alles, was dieses niedere, nicht zu ertragende Leben mit sich brachte, los. Nur noch zwei Jahre… Und mit diesem wundervollen Gedanken und mit der Vorfreude auf den kommenden Morgen schlief er ein. Geburtstag haben war ein tolles Gefühl. Das dachte er zumindest, bis es am nächsten Morgen laut und unfreundlich an der Tür klopfte. Missmutig, weil aus seinen Träumen gerissen, wälzte sich Harry auf den Rücken und öffnete schläfrig die Augen. Es war noch immer finstere Nacht. „Was soll das?“, brummte er verstimmt. „Es ist mitten in der Nacht!“ Er drehte sich zurück, zog sich die Decke über den Kopf, um weiterzuschlafen, doch die kurze, erstaunte Pause, die Tante Petunia angesichts dieser unerwarteten Unverschämtheit ihres Neffen eingelegt hatte, war schnell vorbei. „Von wegen Nacht!“, keifte sie und öffnete kurzerhand lautstark die Tür. Harry fuhr hoch, die Augen weit aufgerissen. Das hatte sie doch schon ewig nicht mehr getan! „Es ist sieben Uhr!“ Das war eine Lüge. Es musste einfach eine sein, denn seine Augen vermittelten ihm tiefste Dunkelheit. Nirgends war ein Licht, kein Schimmer, alles war schwarz. Er hörte, wie Petunia die hässliche, altmodische Lampe an der Decke anschaltete und kniff in Erwartung blendender Helligkeit vorsorglich die Augen zusammen, doch es kam nichts. Es blieb dunkel. Die Birne musste kaputt sein! Sie leuchtete schließlich nicht. Nur, warum sagte seine Tante nichts in dieser Richtung? Sie meckerte doch sonst immer, wenn er etwas kaputt machte… Doch von Petunia kam nichts. Jedenfalls nichts zum Thema kaputte Birne. „Was hast du denn, du fauler Bengel?!“, schimpfte sie schrill und kam mit schlurfenden Hausschuhen ins Zimmer gestampft. „Schau mich nicht an, als wäre ich ein totes Pferd!“ Harry hätte ob der Wahrheit in der Aussage darüber lachen können, wenn da nicht diese Dunkelheit um ihn herum wäre. Er verstand es nicht. Und es machte ihm Angst. Er konnte hören, wie Petunia auf ihn zukam, und das mit einer fast unheimlichen Zielstrebigkeit. Das konnte doch gar nicht sein! Es war doch alles stockduster hier! Er konnte nichts sehen, er… Seine Augen weiteten sich in stiller Erkenntnis. Wenn er nichts sah und seine Tante konnte sehr wohl alles erkennen, dann gab es genau drei Möglichkeiten: Erstens, es war ein böser Traum und er konnte nicht daraus aufwachen. Zweitens, man hatte ihn verhext, ein übler Streich also, nichts weiter dabei, es würde wieder alles in Ordnung kommen. Und drittens, er war… Er wagte gar nicht, den Gedanken zu beenden. Das durfte nicht sein. Das war unmöglich! In diesem Moment zog ihm Petunia rigoros die Decke weg und Kälte erfasste seinen Körper, die Kälte, die er durch das offen gelassene Fenster hereingelassen hatte. Unter normalen Umständen hätte er es zugemacht über Nacht, aber er hatte den erwarteten Posteulen nicht den Weg versperren wollen. Und diese Kälte trotzte jedem Traum. Sie war einfach zu realistisch, zu grausam. Also blieb noch Möglichkeit Zwei und die Frage, wer ihm einen solchen Zauber angehängt haben könnte. „Was hast du?“, motzte Tante Petunia ihn von der Seite her an, da er immer noch nicht antwortete. „Sitz hier nicht so rum wie die Ölgötzen! Wenn du etwas essen willst, dann komm runter!“ Sie entfernte sich Richtung Tür. „Und kämm dir die Haare. Die sehen furchtbar aus!“, fügte sie noch pikiert mit spitzer Stimme an, spielte dabei auf Harrys Idee sich die Haare wachsen zu lassen an, dann verließ sie das Zimmer und knallte dabei demonstrativ die Tür hinter sich zu. Harry blieb allein zurück. Alleingelassen mit seinem Problem. So wie er das sah, würde das Frühstück heute für ihn ausfallen. Die Dursleys würden ihn doch nur auslachen, wenn er ihnen sagte, dass er… nichts mehr sehen konnte --- immer noch wagte er nicht, das Wort ‚blind’ zu verwenden, aus Angst, dass es dann erst recht eintreten könnte --- und helfen würden sie ihm auch nicht, sich eher noch an seiner Hilflosigkeit laben. Nein, das war keine wirkliche Option. Er musste sich etwas anderes einfallen lassen. Vielleicht half ja warten? Er fröstelte, ohne es zu merken. Etwas raschelte, ein leises Schuhu war zu hören. Hedwig! Harry begann zu lächeln. Sie war tatsächlich zurück. Pünktlich an seinem Geburtstag! Vorsichtig rutschte er ein wenig nach vorne zur Bettkante, tastete mit den Füßen nach dem kalten Dielenboden und stand auf. Zum Glück kannte er das Zimmer in- und auswendig und wusste in etwa, wo was stand, da konnte nicht allzu viel schief gehen. Immer noch vorsichtig tastend bewegte er sich auf die Schneeeule zu, die ihn erfreut begrüßte und ungeduldig mit den Federn raschelte. Im Hintergrund waren noch andere Eulen zu hören, also hatte er mehr als einen Brief bekommen, freute er sich… Als er sie endlich erreichte und die Hand nach Hedwig ausstreckte, hätte er beinahe Bekanntschaft mit ihrem scharfen Schnabel gemacht, als sie sich erschrocken zur Wehr setzte. Hatte er etwa versehentlich ihr Auge erwischt? „Sorry, Hedwig.“, flüsterte er entschuldigend. „Tut mir wirklich leid, aber ich kann dich nicht sehen.“ Sie gab ein versöhnliches Geräusch von sich und stieg dann auf seinen dargebotenen Arm, ließ sich von ihm am Hals und am Bauch kraulen. Es war erstaunlich, welch beruhigende Wirkung sie auf ihn hatte. Der Knoten aus Angst in seinem Bauch zog sich zurück. „Und, was hast du mir mitgebracht?“, wollte er leise lächelnd von ihr wissen und spürte im nächsten Moment, wie sie ihr Bein von seinem Arm hob und es ausstreckte. Zwei Anläufe benötigte er, um ihr die kleine Pergamentrolle abzunehmen, nur um im nächsten Moment mit verzweifeltem Schrecken festzustellen, dass er den Brief gar nicht würde lesen können. Zum ersten Mal erfasste ihn wirkliche Panik, als ihm das volle Ausmaß seiner morgendlichen Entdeckung bewusst wurde. Was sollte er denn jetzt machen? Er konnte doch überhaupt nichts tun, ohne etwas sehen zu können. Er konnte nicht lesen, nicht schreiben, nicht sehen, wohin er ging, nicht… gar nichts! Im Grunde konnte er gar nichts mehr tun, was er sonst als Selbstverständlichkeit hingenommen hatte. Er war gefangen! In sich selbst gefesselt! Hilflose Angst machte sich in ihm breit. Er begann zu laufen, stieß gegen den Tisch und taumelte zurück, wollte prompt in die andere Richtung. Hedwig schrie empört auf und flatterte in ihren Käfig; die anderen Eulen wurden ungeduldig, gaben dies mit lautem Gegurre kund; von unten kam Onkel Vernons ärgerliche Stimme, er solle die vermaledeiten Eulen zum Schweigen bringen, bevor er rauf käme und ihnen den Hals umdrehte. Harry hörte ihn kaum. Er hatte begonnen, wild und konfus alles abzutasten, etwas zu suchen, was ihm helfen konnte. Er suchte seine Brille. Doch als er sie endlich fand und aufsetzte, musste er mit Schrecken erkennen, dass sie rein gar nichts brachte. Sie half nicht! Es blieb alles schwarz! Seine Angst wuchs. Er ließ sich zu Boden fallen, suchte hektisch nach der losen Bodendiele, indem er tastend und auf Knien über den Boden rutschte. Er fand sie, öffnete sie und holte seinen Zauberstab heraus. Seine Finger zitterten so heftig, dass er ihn kaum halten konnte. „Oculus Reparo!“, flüsterte er, ohne überhaupt daran zu denken, dass er Zauberverbot in den Ferien hatte. Es wirkte nicht. Alles um ihn herum blieb schwarz. Was jetzt? „Hilfe!“, hauchte er panisch. „Irgendjemand. Bitte!“ Doch Hedwig krächzte nur beleidigt vor sich hin, die anderen Eulen blieben still und beäugten ihn neugierig, erwarteten ihre Belohnung und sonst war niemand da. Harry wünschte sich, Sirius wäre bei ihm. Oder Hermione, vielleicht konnte sie ihm ja erklären, was mit ihm vor sich ging. Oder Dumbledore, der konnte ihm ganz sicher helfen oder zumindest Hilfe finden! Oder die Weasleys, die wussten auch immer Rat! Mit aller Macht wünschte sich Harry, er sei dort, im Fuchsbau, bei seinen Freunden, bei Ron und Mrs Weasley, die fast so was wie eine Mutter für ihn war. All sein Denken, jede Faser seines Körpers war auf diesen seinen Wunsch fixiert und ganz plötzlich wurde ihm heiß, er bekam Schweißausbrüche, während seine Hände vor Kälte erstarrten, er fühlte sich zusammengepresst, bekam keine Luft mehr! Und dann war plötzlich alles wieder vorbei. Harry kauerte sich in eine Ecke und zog die Knie an den Leib. Was brachte es ihm, sich irgendwo hin zu wünschen? Er konnte ja doch nichts tun. Niemand konnte ihn hören, niemand ihm helfen, solange er sich nicht irgendwie bemerkbar machen konnte. Aber wie? Schreiben konnte er nicht; die Dursleys würden ihm nicht helfen, würden niemals jemanden aus der Zaubererwelt kontaktieren, nur um ihm zu helfen; in der Nähe gab es niemanden, der seinen Hilferuf hören und verstehen würde, zumal er wahrscheinlich nicht mal aus dem Haus kam... Er war verloren. Schlicht und einfach verloren! Kälte überflutete seinen Körper, als er in seinen Ängsten versank. Er fühlte sich verlassen, völlig allein gelassen. Entfernte Stimmen wurden laut, doch Harry nahm sie nicht wahr. Was kümmerten ihn die miesen Dursleys? Wahrscheinlich kamen sie eh nur, um ihn auszuschimpfen oder zu lachen. Sollten sie doch, ihm war es gleich. Im Fuchsbau ----------- Titel : Im Fuchsbau Autor : Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer : nicht unsers, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare : Diese Geschicht spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen : Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt gehts los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Diese Geschichte ist ganz allein Viebie_Lucifer gewidmet, meiner kleinen, süßen, wenn auch verrückten Schwester! (Und ja, ich weiß, dass ich auch verrückt bin, danke der Erinnerung.) Kapitel 2: Im Fuchsbau Im Fuchsbau herrschte zu dieser Zeit kaum Treiben. Es war gerade erst der Weckruf Mrs Weasleys durch die Zimmer gegangen, alles schlief noch mehr oder weniger, doch das sollte sich bald ändern, denn es gab Frühstück. Die Erste, die die Treppe herab kam, war Ginny, die doch von allen noch am ehesten aus den Federn fand. Sie schien kein bisschen müde, flitzte die Stufen hinunter, munter wie ein junger Hund. Ihr auf den Fuß, jedoch wesentlich gemächlicher und langsamer, folgte Charly, der für ein paar Wochen aus Rumänien zurück war, Urlaub von seinen Drachenschützlingen. Verschlafen fuhr er sich durch die für einen Weasley charakteristischen roten Haare und tapste ungelenk ins nächste Stockwerk hinunter, wo er beinahe mit einem nicht minder verschlafen aus der Wäsche guckenden Ron zusammenprallte. Im letzten Moment blieben beide stehen, mehr aus Reflex als aus aktivem Willen. „Morgen.“, nuschelte der Jüngere und ließ seinen Bruder mit aus Müdigkeit entspringender Höflichkeit vorbei, um sich ihm dann anzuschließen. „Morgen…“, lautete die kraftlose Antwort, dann herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen. Keiner der beiden war wach genug, um auch nur etwas darüber hinaus zu denken. Noch bevor sie die Küche erreichten, wurden sie von Fred und George überholt, die munter wie immer und gut gelaunt an ihnen vorbeipesten und jedem dabei unbemerkt einen Zettel auf den Rücken klebten. Ein neues Experiment! Ganz frisch ausgedacht! Ron und Charly betraten das Reich der Hausdame und setzten sich, bekamen von dieser auch prompt einen Teller mit gebratenen Eiern vor die Nase gestellt und begannen routinemäßig zu essen, als seien sie ferngesteuerte Marionetten. Ginny quatschte fröhlich vor sich hin, was ihre Pläne für die Winkelgasse waren, die sie übernächste Woche besuchen würden, wenn die Briefe und Listen aus Hogwarts eintrafen. Sie bräuchte unbedingt einen neuen Festumhang, meinte sie und schwärmte dann einem kaum lauschenden, eher schlafenden Charly ihre Träume und Wünsche vor, die sehr viel Samt und Rüschen beinhalteten. Die Zwillinge schwiegen verdächtig auffällig, doch wurde das von keinem beachtet. Sie beobachteten aufmerksam ihre beiden Versuchskaninchen. Mr Weasley betrat als Letzter die Küche. Mit enthusiastischer Freude schmetterte er allen ein ‚Guten Morgen!’ entgegen, bevor er sich neben seine Frau setzte und ebenfalls zu essen begann. Er hielt einen Moment inne und nickte dann begeistert. „Sehr gut, Molly, einfach perfekt, deine Eier!“ „Er sollte violett sein, passend zu meinen Haaren, lang und…“, plapperte Ginny ungerührt weiter vor sich hin, ihren Vater schlicht ignorierend, als Mrs Weasley plötzlich erschrocken zu der großen Uhr blickte. Ihre Gabel fiel klirrend auf den Teller, hinterließ unverständige Stille im Raum. Gefahr. Die Uhr zeigte, dass hier jemand war. Jemand Unbefugtes war auf dem Grundstück! Ihr Mann folgte verständnislos ihrem entsetzen Blick und stand im nächsten Moment entschlossen auf, zog damit die Blicke aller auf sich. „Fred, George, ihr sucht unten. Charly, du gehst mit Ron hinauf. Molly, du und Ginny, ihr bleibt hier in der Küche. Unternehmt nichts auf eigene Faust!“, bestimmte er und erntete ganze fünf verwirrte Blicke. „Dad, was ist denn mit dir los?“, wollte George wissen, doch sein Vater bedeutete ihm nur rüde zu schweigen und zeigte bedeutungsvoll auf die Uhr über der Spüle. Sofort wurde die Stimmung ernst. „Ruft, wenn ihr etwas Ungewöhnliches entdeckt!“, ordnete Mr Weasley an, dann ging er aus der Küche in den Garten, wo er den Eindringling am wahrscheinlichsten anzutreffen erwartete --- denn wie sollte der jemand in ein Zauber geschütztes Haus gelangen? --- während die vier Jungen in die entgegen gesetzte Richtung ins Wohnzimmer gingen, wo Ron und Charly die Treppe nach oben nahmen. Weit kamen sie nicht, denn schon nach zwei Minuten hallte Georges aufgeregte Stimme durch das gesamte Haus. „Wir haben etwas gefunden!“, brüllte er. „Etwas, wo euch sicher die Spucke wegbleibt!“ Keine zehn Sekunden später standen alle im Wohnzimmer, starrten auf das Häuflein Elend, das dort in der hintersten Ecke kauerte und sich nicht rührte. Mrs Weasley fand als Erste ihre Sprache wieder. „Aber das ist ja… Harry!“, flüsterte sie fassungslos, dann ließ sie sich neben ihren Zwillingssöhnen nieder, die ratlos vor dem Schwarzhaarigen hocken und nicht wussten, was sie tun sollten. Besorgt packte sie ihn an den Schultern und schüttelte ihn sachte. „Harry!“ Es kam keine Antwort. Der Junge antwortete nicht und reagierte nicht. Und endlich lösten sich auch die anderen aus ihrer Starre. Ron stürzte auf seine Mutter und seinen Freund zu, „Harry! Harry!“ rufend. Mr Weasley kam langsamer in die Gänge. „Was ist mit ihm?“, wollte er wissen. „Und wie ist er hier rein gekommen?“ Die korpulente Frau zuckte hilflos mit den Schultern. „Keine Ahnung, Arthur, aber das ist jetzt egal! … Ach Ron, verschwinde, du machst es nicht besser, wenn du ihn schüttelst, als wäre er eine Rassel!“ Sie schob ihren jüngsten Sohn energisch bei Seite. „Charly!“, rief sie dann. „Bitte, trag ihn auf die Couch. Ich mache ihm etwas Warmes zu trinken. Er ist ganz ausgekühlt!“ Sie übergab ihren neu gewonnenen Schützling den starken Armen des Drachenbändigers und verschwand aufgeregt in der Küche, wo man es kurz darauf geschäftig klappern hören konnte. Als sie wenig später wiederkam, saß Harry in dem großen, flauschigen Ohrensessel und starrte mit weit geöffneten Augen einfach geradeaus, während alle anderen um ihn herumstanden oder –saßen. Sie lächelte mitleidig. „Hier, Harry, Schätzchen, trink das. Es wird dir helfen, wieder warm zu werden.“ Langsam hob der Junge den Kopf, sah zu ihr auf und Mrs Weasley lief augenblicklich ein kalter Schauder über den Rücken. Die sonst so wachen, strahlend grünen Augen waren leer, starrten mitten durch sie hindurch, als wäre sie Luft. „Mrs Weasley?“ Die Frage kam nur zögerlich, so als könne er es nicht fassen, dass sie da war. „Ja, mein Lieber. Hier, trink das!“ Sie hielt ihm den Becher erneut hin, aber außer einem erleichtert wirkenden, flüchtigen Lächeln kam keine Reaktion. „Harry?“ Er hob die Hände, aber es schien nicht so, als würde er danach greifen wollen. „Was ist, Junge? Nun nimm ihn schon!“ Harry ließ die Hände wieder sinken und sah auf seinen Schoß. „Wo bin ich hier?“ „Im Fuchsbau, wo sonst?!“, ließ Ron sich vernehmen und Harrys Augen huschten kurz zu ihm hinüber. Wie war denn das möglich? „Wie bin ich hier her gekommen?“, wollte er wissen, ohne Mrs Weasleys Angebot anzunehmen. Er klang auf unerklärliche Weise nachdenklich. Die mollige Frau war fassungslos, ließ sich auf die nahe Couch sinken. Er hatte doch noch nie eines ihrer Angebote ausgeschlagen. Und da es den Anschein hatte, dass sie keinen Ton herausbekommen würde, übernahm ihr Mann das Antworten. „Das wüssten wir auch gerne.“, meinte er ernst, aber mit einer unbestimmten Heiterkeit, die Unbekümmertheit erahnen ließ. „Vielleicht hast du ja eines dieser Dinger genommen… Tixxie oder so.“ Sein Blick wurde schwärmerisch und da man von diesem Moment an nicht mehr erwarten konnte, dass der Mann von seinem Muggel-Hobby abzubringen war, ergriff Charly die Initiative. „Wo sind deine Sachen?“, fragte er und erschrak fürchterlich, als Harrys Kopf plötzlich unerwartet nach oben schnippte und ihn direkt fixierte. „Wer bist du?“ Die Frage ließ alle verstummen, selbst die leise im Hintergrund diskutierenden, kichernden Zwillinge. Alle sahen Harry an, der seinerseits beunruhigt Charly anstarrte. „Was soll das heißen?“, wollte der zweitälteste der Weasley-Sohn wissen. „Du kennst mich doch! Wir haben uns letzten Sommer beim Trimagischen Turnier kennen gelernt!“ Harrys Blick wurde stechend, vor allem weil es schien, als würde er direkt durch ihn hindurch sehen, bescherte ihm ein seltsames Gefühl. „Ich bin Charly, schon vergessen?“ Wieder weiteten sich Harrys Augen in stiller Erkenntnis, sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas sagen, schloss sich wieder. Und plötzlich wusste Charly Bescheid. „Du bist ja blind…“, hauchte er bestürzt. „Wie ist das denn passiert?“ Totenstille, dann brach Tumult los. Fassungslose Rufe wurden laut, das Wort ‚blind’ wiederholt geflüstert. Mrs Weasley stand auf und drehte Harrys Kopf fast gewaltsam zu sich herum, um sich von Charlys Behauptung zu überzeugen, zu sehen, dass er sich irrte. Doch sie musste erkennen, dass er Recht hatte. In Harrys Augen hinter den Brillengläsern fehlte jeglicher Hauch einer Pupille. Sie waren ganzheitlich grün. „Was ist denn passiert?“, fragte nun auch sie, während sich Mr Weasley und Ron ungläubig davon überzeugten. Dem Jungen war die Sprache vergangen, ebenso Ginny, die fassungslos den Mund nicht mehr zubekam, und den Zwillingen, die hilflos zusahen. Das Entsetzen über diese Tatsache hatte selbst sie verstummen lassen. „Ich habe keine Ahnung…“, flüsterte Harry kaum hörbar in die Stille hinein. Er fühlte sich miserabel. Er hasste das Gefühl, das auf ihm ruhende Blicke verursachten, dabei war es egal, ob sie nun bewundernd waren oder verächtlich oder wie in diesem Falle einfach entsetzt. Unter Umständen waren letztere die am schwersten verdaulichen… Außerdem konnte er immer noch nichts sehen, nur hören und auch das nicht allzu gut. Er hatte Charlys Stimme nicht erkannt. Aber immerhin war er jetzt nicht mehr allein mit seinem Problem sondern hatte Unterstützung. Plötzlich bekam er eine heiße Tasse in die Hand gedrückt, aus der es wohltuend nach Fenchel duftete. „Trink das erstmal, dann sehen wir weiter. Nur keine Sorge, es wird sicher alles wieder gut.“, lächelte Mrs Weasley beruhigend. „Wir kriegen das schon wieder hin.“ Harrys verängstigtes Herz begann zu tauen, seine verknoteten Eingeweide sich zu lösen. Diese Frau tat ihm einfach nur gut. Sie war immer gut gelaunt und optimistisch, immer freundlich zu ihm… Es klingelte an der Haustür. Zweimal. „Ich geh schon.“, meldete sich Mr Weasley zu Wort und schon stand er auf und ging zur Haustür. „Wer ist da?“, fragte er. Ron achtete nicht auf seinen Vater. Was ging es ihn an, wen der da empfing. Harry war zigmal wichtiger. Doch was sollte er sagen? Ihn trösten? Unbeholfen lächelte er. „Happy Birthday, Harry!“ Der Schwarzhaarige richtete sich auf seinen Freund aus, begann zu grinsen. „Danke. Er könnte nicht besser laufen!“, antwortete er, seine Beklommenheit in die hinterste Ecke seines Bewusstseins drängend. „Immerhin bin ich jetzt bei euch und nicht mehr bei den doofen Dursleys!“ Ron lachte ebenfalls. „Ich freu mich. Jetzt hab ich nicht-familiäre Gesellschaft!“ Doch ihre für den Moment aufgebaute Unbekümmertheit, wurde von Mr Weasley zerstört, als sie ihn im Gang plötzlich aufkeuchen hörten. Ron und Harry unterbrachen ihr Gespräch. Was war da los? Von draußen drang noch mehr Gemurmel herein, dann machte der Hausherr auf. „Albus…“ „Zu freundlich, dass du mich herein lässt, Arthur.“, murmelte der Zauberer mit dem weißen Bart lächelnd, seinem erstaunten Gegenüber die Hand schüttelnd. „Um gleich auf den Grund meines heutigen Besuchs zu sprechen zu kommen: Ist Harry bei euch? Er ist aus dem Haus der Dursleys verschwunden.“ Der Junge im Wohnzimmersessel wurde ganz klein. Es stimmte. Er war von einem Moment auf den anderen von dort verschwunden. Und er hatte gezaubert, wie ihm jetzt wieder einfiel. Ob er jetzt wohl Ärger bekam? Ob Dumbledore böse war? Draußen auf dem Gang fand Mr Weasley endlich seine Sprache wieder. „Ja.“, erklärte er, nun aus unerklärlichen Gründen wieder fröhlich und kein bisschen verunsichert. „Wir haben ihn vor einer halben Stunde im Wohnzimmer gefunden.“ Man konnte wieder verwirrendes Gemurmel von draußen hören, dann kamen die beiden Männer ins Wohnzimmer, wo Mrs Weasley Dumbledore herzlich begrüßte. Sie war bereits aufgestanden, um die Zwei hereinzubitten, doch wie es aussah, hatte sich der Schulleiter selbst geholfen und war einfach an Mr Weasley vorbeigegangen, der an die Möglichkeit eines Hereinbittens in seiner konfusen Art gar nicht gedacht hatte. „Guten Morgen, Albus.“, sagte sie. „Möchten Sie vielleicht etwas trinken oder Frühstück? Es gibt gebratene Eier mit Speck…“ Doch Dumbledore schüttelte nur milde den Kopf. „Nein, nein, Molly, vielen Dank, keine Eier…“, lehnte er höflich aber bestimmt mit einer weichen Bewegung seines Armes ab. „Aber ein Tee wäre jetzt genau das Richtige.“ Vergnügt beobachtete er, wie die korpulente Frau flink in der Küche verschwand, bevor er sich wieder der Gruppe um Harry zuwandte. Der Schwarzhaarige saß noch immer mit dem Rücken zu ihm und verspürte auch keinerlei Bedürfnis sich umzudrehen. Er hatte ein schlechtes Gewissen und Angst, Dumbledore würde ihn wegen des Zaubervergehens der Schule verweisen. Außerdem konnte er ihn eh nicht sehen… ausnahmsweise ein Segen. „Guten Morgen, alle miteinander!“, grüßte der weißhaarige Schulleiter freundlich. Seine gütige Stimme schwebte förmlich im Raum. „Und auch dir einen guten Morgen, Harry!“ „Guten Morgen, Professor Dumbledore!“, kam es synchron aus fünf Mündern. Harry schwieg. Selbst als der Mann zu ihnen herüberkam, sagte er kein Wort. „Harry?“ Endlich sah der Schwarzhaarige auf, blickte in Dumbledores Richtung, jedoch knapp an ihm vorbei, da dieser um seinen Sessel herumging und seine Position nicht hielt. Der verwirrte, fragende Blick Dumbledores wurde von Charly beantwortet, bevor er eine Frage in diese Richtung stellen konnte. „Er kann Sie nicht sehen, Sir.“ „Nicht sehen? So, so…“ Wieder kam Dumbledore näher, stand nun direkt vor Harry und sah auf ihn hinunter. „Wie ist das denn passiert? Ist dein Zauber danebengegangen?“ Harry korrigierte die Richtung seines Blickes, als er Dumbledore vor sich vernahm, schüttelte den Kopf, ließ ihn dann beschämt sinken. „Nein.“, sagte er. „Ich habe gezaubert, weil ich dachte, es läge an der Brille. Ich… Ich wollte… ich meine…“ Er war halb aufgesprungen, wobei ein wenig Tee aus seiner Tasse schwappte und unbeachtet auf seiner khakifarbenen Schlafanzughose landete, doch Dumbledore drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück in den Sessel. „Ich sehe, dass es ungewöhnliche Umstände waren, die dich haben zaubern lassen. Und ich denke, jeder wird das verstehen, zumal es für deinen Zauber nicht einen Zeugen gibt. Am besten vergessen wir die ganze Sache erst einmal und kümmern uns um deine Augen.“ Ein leises Lachen vermittelte dem Jungen Wärme und Verständnis, ließ den Knoten der Angst in seinen Eingeweiden sich ein wenig weiter lösen. Egal warum und wie er hier hergekommen war, es war das Beste, was ihm hatte passieren können. „Und jetzt…“ Er holte seinen Zauberstab hervor und machte einen schwungvollen Schlenker. Im nächsten Moment erschien eine Torte auf dem Tisch, verkleistert mit Zuckerguss und Schokolade, Rosinen und bunter Schrift, die eigentlich nur von einem sein konnte. ‚Happy Birthday, Harry Potter, Sir!’, stand darauf. „Sie ist vielleicht nicht besonders schön anzusehen, aber dafür sicher lecker. Der gute Dobby hat sich sehr viel Mühe gegeben, dir eine Freude zu machen, Harry!“, schmunzelte Dumbledore. „Für dich zum Geburtstag eine Torte.“, fügte er für Harry noch hinzu. Der Schwarzhaarige schwieg, konnte er das Kunstwerk des Hauselfen ja nicht beurteilen. Dafür ließ sich Rons pikierte Stimme vernehmen: „Sie ist… wie soll ich sagen… bunt. Sehr bunt.“, meinte er trocken. Und die Zwillinge stimmten ausgelassen ein. „Ja!“, begann Georg grinsend. „Fast so bunt…“ „…wie du!“, vollendete Fred den Satz, nicht minder grinsend. „Und bei ihm ist es ja noch verständlich! Bei ihm ist man es gewohnt!“ „Gut, dass Sie das sagen.“, merkte plötzlich Dumbledore auf. „Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum Sie, Mr Ronald Weasley, eine pinke Bluse tragen. Ist das gerade in Mode?“ Er wandte sich mit einem gespielt schiefen Blick an Charly. „Und dass Sie auf Hawaiihemden mit Rüschen stehen, war mir bisher auch unbekannt.“ Hinter ihm ertönte gleich mehrfaches Lachen. Die Zwillinge klatschten einander ab! „Experiment geglückt!“, jubelte Fred. Harry smilte nur still vor sich hin. Die Vorstellung von Ron mit einer pinken Bluse war einfach nur genial! Mme Pomfreys Hilfeversuche -------------------------- Titel : Mme Pomfreys Hilfeversuche Autor : Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer : nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare : Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen : Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht’s los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Diese Geschichte ist ganz allein Viebie_Lucifer gewidmet, meiner kleinen, süßen, wenn auch verrückten Schwester! (Und ja, ich weiß, dass ich auch verrückt bin, danke der Erinnerung.) Kapitel 3: Mme Pomfreys Hilfeversuche Wenige Stunden später, gegen Mittag, klingelte es erneut an der Tür der Weasleys und als der Herr des Hauses öffnete, stand Mme Pomfrey davor. Sie sah genervt bis sauer aus und stürmte wie ein Irrwisch ohne eine Begrüßung an ihm vorbei. Mr Weasleys freundlichen Gruß ignorierte sie. Stetig vor sich hinschimpfend betrat sie das große Wohnzimmer, ließ ihren Blick schnell über die anwesenden Personen schweifen. „Wo ist er?“, fragte sie kalt. Dumbledore, erfreut, dass sie endlich eingetroffen war, erhob sich schwungvoll von seinem Platz inmitten der Kinder und kam zu ihr herüber. „Willkommen, Poppy, willkommen in unserer kleinen Runde. Der Patient sitzt dort drüben.“, wies er mit einer ausladenden, galanten Geste in die gemeinte Richtung. „Er feiert gerade seinen Geburtstag…“ „Ihn meinte ich nicht. Ich meinte Sie!“, unterbrach sie ihn ruppig. „Meinen Sie nicht, dass es Zeit gehabt hätte? So dringlich kann es doch gar nicht gewesen sein, dass Sie mich ausgerechnet aus meinem ersten Urlaub seit Jahren beordern mussten. Zur Not gäbe es da ja auch noch St Mungos! Nein, wirklich. Das war nicht freundlich von Ihnen!“ Das Einzige, was der Schulleiter daraufhin erwiderte, war ein sanftes, wissendes Lächeln. Er kannte sie. Wenn sie das Problem erst vor Augen hatte, würde sie besänftigt sein und Feuer und Flamme ihr Bestes geben. Genau aus diesem Grund war sie ja auch die Heilerin seiner Schule. Auf sie konnte man immer zählen. Er nahm sie am Arm und führte sie, ihren leichten Widerstand überwindend, zu dem großen Tisch, an dem die komplette Weasley-Familie und Harry, inzwischen umgezogen und längst nicht mehr so verwirrt und ängstlich dreinschauend, immer noch den Kuchen des Hauselfen genossen, der trotz seines grotesken Äußeren doch sehr schmackhaft war. Ein vielstimmiger Gruß wurde laut, den sie, noch ein wenig ungnädig, unwirsch zurückgab. „Und, weshalb haben Sie mich nun kommen lassen? Sie meinten doch, es sei überaus wichtig.“, fragte sie, während sie von Mrs Weasley ein Stück der bunten Torte in die Hand gedrückt bekam, welches sie mit kritischem Blick musterte. Ob man das wirklich essen konnte, ohne sich zu vergiften? „Ich meine… Es sieht nicht gerade nach einer Trauerfeier aus.“ Dumbledore lächelte breiter. „Ich fürchte, wenn ich es Ihnen einfach nur erzähle, würden Sie es mir nicht glauben. Also sehen Sie sich das Problem wohl besser selbst an, schließlich sind Sie unsere prädestinierteste Heilerin überhaupt und auf die Worte eines alten Mannes wie mir nicht angewiesen.“, schmeichelte er ihr und erreichte dadurch, dass sie ungewollt selbst lächeln musste, sogar ein wenig rot wurde. Und um genau das zu überspielen, drückte sie ihrem Chef den Kuchenteller in die Hand --- sie hatte beschlossen, dass es zu gefährlich war, davon zu essen, allein der Zuckergehalt konnte einem erwachsenen Menschen problemlos Diabetes verschaffen --- und wandte sich der Gruppe zu. „Wer?“, lautete ihre nächste Frage. Harry hob schüchtern die Hand. Er war auf seinem Sessel zusammengesunken und nur noch so klein mit Hut, dass er auf Rons Nasenspitze passen würde. Der Spaß, den er kurz zuvor noch mit dem jüngsten Weasley-Sohn gehabt hatte, war ihm durch ihr plötzliches Auftauchen gründlich vergangen. Sie hatte mit ihrem offensichtlichen Ärger über den abgebrochenen Urlaub Schuldgefühle bei ihm geweckt, die er auch nicht damit verdrängen konnte, dass es Dumbledore gewesen war, der sie gerufen hatte. „Entschuldigen Sie bitte, dass Sie wegen mir…“ „Papperlapapp, Mr Potter. Sie können ja nichts dafür.“ Und sie schickte Dumbledore einen weiteren finsteren Blick, den dieser geflissentlich ignorierte, indem er sich über ihr Kuchenstück hermachte. Das freche Funkeln in seinen Augen entging ihr glücklicherweise. „Jetzt erzählen Sie mal, was das Problem ist, wegen dem man mich rief.“ Harrys Antwort bestand darin, dass er aufsah, direkt in ihr Gesicht. Sie zuckte augenblicklich zurück. In dem Moment, als seine Augen die ihren trafen, machte sich bei ihr ein unangenehmes, bedrückendes Gefühl breit, ein Gefühl der Leere, das sich in ihr Herz fraß, es verdunkelte und das erst wieder verschwand, als er die Lider senkte. Was war das nur gewesen? Und wo waren seine Pupillen? Nur langsam regulierte sich ihr Herzklopfen, wurde ihre nach einem unbeherrschten Augenblick, in dem sie sich hatte gehen lassen, ihre Angst nicht hatte unterdrücken können, erzwungen ruhige Atmung wieder normal. „Wie ist denn das passiert?“, fragte sie, während sie sich zusammenriss und sich über ihn beugte, seine Augen und das Gesicht gründlich untersuchte, um eine Antwort auf ihre Frage zu finden. Und da sie keine Antwort zu erwarten schien, gab Harry ihr auch keine. Nach knapp fünf Minuten hatte sie die Untersuchung abgeschlossen, konzentrierte sich nun auf seinen Puls und den Herzschlag, auf die Atmung und andere Dinge, die sie mithilfe eines Analysezaubers sichtbar machte. In glitzerndem Gold standen die Werte über seinem Kopf in der Luft, veränderten sich ständig, mal blasser werdend, mal heller. Es war für keinen in dem Raum etwas Besonderes, sie alle hatten es schon mal gesehen, doch im Allgemeinen wurde dieser Zauber bei kritischen Krankheiten oder Verletzungen verwendet. Dass Mme Pomfrey Harrys Augen offensichtlich in diese Kategorie einordnete, machte ihnen Sorgen. „Das ist seltsam…“, murmelte sie leise und in Gedanken versunken, löste damit eine für den Fuchsbau völlig untypische Stille aus. „Ich kann überhaupt nichts erkennen. Da ist nichts, was in irgendeiner Weise ungewöhnlich wäre, mal abgesehen von dem überaus hohen Zuckergehalt in seinem Blut… Wie soll ich denn eine Diagnose erstellen, die ihm helfen kann, ohne die nötigen Hinweise auf seine Krankheit?“ Immer noch leise murmelnd drehte sie sich um, ging zum Tisch und nahm eine Teetasse in die Hand, die fast augenblicklich von der molligen Hausdame gefüllt wurde. „Und, was denken Sie, Poppy?“, fragte Dumbledore. Er hatte ihren Kuchen aufgegessen, pickte gerade die letzten Krümel von dem blau bemalten Teller. „Können Sie ihm helfen?“ Sie sah ihn an, als wäre er gerade vom Mond gefallen, hatte er sie doch aus ihren Gedanken gerissen. Und seine Worte brauchten einige Zeit, bis sie in ihr Bewusstsein gesickert waren und sie ihm antwortete. „Ich weiß es nicht, Albus. Ein solcher Fall von Erblinden ist mir nicht bekannt. … Wie lange, sagen Sie, Mr Potter, geht das nun schon so?“, wandte sie sich abrupt wieder an ihren Patienten. Harry antwortete, ohne den Kopf zu heben, streichelte gedankenverloren Hedwig, die Dumbledore zusammen mit seinen Sachen von den Dursleys geholt hatte, die sich während der Untersuchung auf der Armlehne seines Sessels niedergelassen hatte. „Seit ich heute Morgen aufgewacht bin.“ Mme Pomfrey starrte ihn an, driftete wieder mit den Gedanken ab. „Also ganz plötzlich gekommen… Erst seit ein paar Stunden…“ Und wieder an Harry gewandt: „Gab es die Tage davor irgendwelche Anzeichen auf dieses Phänomen?“ Er schüttelte den Kopf. „Nichts.“ Hedwig reckte den Hals in die Höhe, damit er ihren Bauch besser erreichen konnte, und Harry begann zu lächeln. „Also auch keine Anzeichen, keine Ankündigung… einfach von heute auf morgen blind…“ Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse, starrte blicklos ins Leere, machte dabei fast Harry Konkurrenz. „Es sieht fast nach einem Fluch aus… Einem dieser Flüche aus jenem Buch der Schattenkünste…“ Dumbledore hob den Kopf, sah sie an. Wenn das wirklich wahr war, dann… „Meinen Sie das im Ernst, Poppy?“, erkundigte er sich besorgt. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung. Ein solcher Fall ist mir, wie schon gesagt, nicht bekannt und die Schattenkünste kenne ich nur soweit, wie sie in den Lehrbüchern an unserer Schule beschrieben sind.“ Ruckartig stellte sie die Tasse zurück auf den Tisch und drehte sie sich zu Harry um, fixierte ihn mit ihrem Zauberstab. „Oculus videre!“, rief sie. Der Schwarzhaarige spürte ihren Zauber über sich hinwegrauschen, schloss ob des warmen Gefühls die Augen. Es war angenehm und sehr entspannend, so als ob man ihm lauwarmes Wasser über das Gesicht laufen ließ. Die Wärme erfüllte ihn, breitete sich in seinem Körper aus, konzentrierte sich dann plötzlich auf den Ort hinter seinen Augen. Und dann war das Gefühl verschwunden. „Du solltest die Augen aufmachen, um zu sehen, ob der Zauber gewirkt hat.“, hörte er Mme Pomfrey sagen. Stumm tat er, was sie verlangte. Es blieb alles schwarz. „Und, Harry?“, ließ sich Ron schüchtern vernehmen. „Hat es gewirkt?“ Er schüttelte den Kopf und der Rotschopf seufzte resignierend. „Und ich dachte schon, wir hätten es überstanden.“ Mme Pomfrey nickte, untersuchte erneut Harrys Augen. „Da ist überhaupt nichts geschehen.“, sagte sie fachkundig. „Es sieht so aus, als wäre mein Zauber einfach abgeprallt.“ Dumbledore trat neben sie. „Das glaube ich nicht.“, lächelte er. „Nicht wahr, Harry, du hast etwas gespürt. Und es war dir sehr angenehm, oder?“ Der Junge wandte überrascht den Kopf. „Woher wissen Sie das, Sir?“, wunderte er sich. „Man hat es dir angesehen. Du sahst aus, als hättest du einen wundervollen Traum gehabt.“ Harry begann zu grinsen. „Daneben, Professor Dumbledore.“, feixte er, wurde aber von Mme Pomfrey unwirsch unterbrochen. „Welche Wirkung hatte also mein Zauber?“, fragte sie ärgerlich darüber, dass er sie und ihre Künste nicht ernst nahm. Die Laune Harrys sank und er wandte den Kopf in Richtung seiner Knie. „Wärme.“, antwortete er tonlos. „Poppy, ich finde, Sie könnten dem Jungen ruhig ein wenig mehr Freude lassen. Wenn er lacht, ist das ein Beweis dafür, dass er sich wohl fühlt. Das ist hundertmal besser, als der Zustand, in dem wir ihn gefunden haben!“, ereiferte sich Mrs Weasley leicht wütend. Sie würde ihren Schützling vor jedem Angriff bewahren, der ihm schadete. Ob nun seelisch oder körperlich! „Nehmen Sie sich ein wenig zusammen und zeigen Sie Humor!“ Mme Pomfrey sah sie irritiert an, hatte sie die Zuschauer im Raum doch längst vergessen. Aber sie sah ein, dass die korpulente Frau und Freundin Recht hatte... „Entschuldigen Sie, Mr Potter.“ Sie seufzte. „Aber Ihr Fall ist mir völlig neu. Es ist nicht sehr hilfreich, wenn Sie meine Arbeit nicht ernst nehmen.“ Harry nickte. „Schon klar.“, murmelte er. „Ich bin Ihr Versuchskaninchen und habe möglichst hilfreich mitzuarbeiten.“ Sie lächelte errötend. „Ja, das wollte ich damit sagen… Aber natürlich kann ich das nicht erwarten. Sie brauchen nicht vollkommen ernst sein, aber beantworten Sie meine Fragen bitte mit der nötigen Ernsthaftigkeit, damit ich mit Ihrer Hilfe eine schnelle Lösung für dieses Problem finden kann. Das ist schließlich auch in Ihrem Sinne.“ Wieder nickte Harry. „Ist gut.“, murmelte er nicht minder leise. „Ich tue, was ich kann.“ Sie sah noch einige Sekunden auf sein gesenktes, schwarzes Haupt hinab, dann wandte sie sich wieder ab und nahm ihre Teetasse zur Hand. „Wie hat sich die Wärme angefühlt?“, fragte sie wieder sachlich. „War sie leicht oder kräftig, hat sie geschmerzt, war sie pulsierend oder gleichmäßig?“ Harry verdrehte die Augen, lehnte sich zurück und begann das Gefühl von vorher zu beschreiben, hielt sich dabei so dicht wie möglich an seine Erinnerung daran. Und trotzdem hatte er das Gefühl, dass er dabei das Wesentliche nicht in Worte fassen konnte. Er machte noch drei Anläufe, bevor er deprimiert schwieg. Mme Pomfrey rührte den Tee noch einmal um, stellte ihre Tasse dann wieder auf den Tisch und zückte erneut den Zauberstab. „Ex morbo convalescere!“ Wieder schloss Harry die Augen, ließ den Zauber über sich hinwegfegen. Doch diesmal kam keine Wärme. Jegliche spürbare Veränderung, die hätte eintreten müssen, blieb aus. Enttäuscht ließ er die Luft aus den Lungen, die er unbewusst angehalten hatte. „Nichts.“, flüsterte er. „Wie ‚nichts’?“ Mme Pomfrey war erstaunt. „Gar nichts.“, antwortete der Junge missmutig. „Ihr Zauber war nutzlos. Er hat gar nichts bewirkt.“ Sie starrte ihn an, schon wieder leicht wütend über seine Formulierung. „Das ist wirklich seltsam.“, sagte sie. „Eigentlich ist es ein starker Spruch, der Vieles heilen kann. Und normalerweise ist er mit großen Schmerzen verbunden. Dass Sie nichts spüren, kann eigentlich nur bedeuten, dass Sie gar nicht krank sind.“ „Ich bin nicht krank.“, murrte Harry. „Ich bin blind.“ „Ja doch, Mr Potter. Aber das macht keinen Unterschied. Außer es ist wirklich ein Fluch, den man nicht mit Sprüchen heilen kann.“ Sie sah ihn an, legte ihm dann kurz die Hand auf die Stirn, um seine Temperatur zu prüfen, bevor sie sagte: „Ich werde jetzt noch ein paar andere Sprüche in diese Richtung probieren. Sagen Sie mir, wie es wirkt.“ Ein Nicken und sie legte los. „Reficere!“ --- Nichts geschah. „Referre!“ --- Nichts geschah. „Recipere!“ --- Wieder nichts. „Recipere amissa!“ --- Genauso wenig. „Renovare!“ --- Nichts… „Kennen Sie keine Zauber ohne ‚R’ am Anfang?“, maulte Ron mitten in ihr Zauberspruchschnellfeuer hinein. Sie hielt in ihrer begonnenen Bewegung inne, sah ihn einige Momente über die Schulter hinweg an. „Ich verbitte mir diese völlig unkonstruktiven Bemerkungen, Mr Weasley!“, herrschte sie ihn dann an und widmete sich anschließend wieder Harry, der gelangweilt in seinem Sessel saß und wieder einmal Hedwig kraulte. „Renasci!“ „Wieder einer mit ‚R’.“, ließ sich Freds leise Stimme vernehmen und daraufhin ein leises, unterdrücktes Lachen von George, Ron und Charly. „Raus!“, knurrte die Medihexe grantig. „Aber Poppy, lass sie doch, sie…“ „Ich habe gesagt: raus!“, schnitt sie Mrs Weasley das Wort ab. „Alle! Ich brauche meine Ruhe! Alle Kinder raus!“ Dumbledore war wohl der Meinung, dass es jetzt doch besser war, auf sie zu hören. Sie hasste Kritik und ihr Ärger würde sich auf ihre Zauberkunst auswirken, was wiederum Harry ausbaden müsste. „Dann wollen wir unserer Jugend mal eine Aufgabe geben, die ihrer würdig ist.“, lächelte er und lotste dann Ron, Ginny, Fred und George mit einer Bewegung seiner Hand aus dem Wohnzimmer, die Treppen hinauf. Nur ein paar Minuten später kam er wieder herunter, väterlich vor sich hinschmunzelnd. „Was haben Sie getan, um sie ruhig zu stellen?“, fragte Mrs Weasley neugierig, denn sie schaffte es nur selten, ihre Kinder so schnell und effektiv abzulenken, dass sie so still waren wie gerade. Dumbledore lächelte nur weiterhin geheimnisvoll und meinte: „Sie richten Harrys Zimmer ein.“ Drei Menschen klappten die Kinnladen herunter. „Wie bitte?“, rief Mrs Weasley entgeistert. „Freiwillig?“ „Ja.“ Er wusste, dass es etwas anderes war, wenn einem die Mutter etwas sagte, als wenn der Zauberer, den der Dunkle Lord persönlich als ernsthaften Rivalen anerkannte, etwas vorschlug, was noch dazu einem hilfebedürftigen Freund zugute kam. „Aber das…“, schaltete sich nun Mr Weasley ein, kaum weniger ungläubig als seine Frau. Und Harry sah fast verzweifelt aus, als er leise einwarf: „Aber das geht doch nicht, ich…“ Das von ihm zu hören, genügte, damit sich Mrs Weasley wieder fing. „Still, Harry, Schätzchen.“, sagte sie beruhigend und tätschelte ihm die Schulter. „Da du jetzt offiziell bei uns einziehst, bis deine Augen geheilt sind oder zumindest bis die Ferien zu Ende sind, können wir dir auch ein eigenes Zimmer geben.“ „Aber…“ „Schluss jetzt!“, ging Mme Pomfrey rigoros dazwischen. „Wenn auch die Erwachsenen nicht still sein können, dann sollen sie dieses Zimmer ebenfalls verlassen!“ Sofort herrschte Schweigen und sie setzte ohne ein weiteres Wort ihre Versuche, Harry zu heilen, fort. „Renasci!“ „Diesen hatten Sie schon.“, murmelte Harry leise. Er war es leid. Es machte ihm keinen Spaß mehr, da keiner der Sprüche half. „Entschuldigen Sie, Mr Potter. Ich war mir nicht sicher. … Reparare!“ Harry seufzte und strich Hedwig über das Gefieder, dass sie zufrieden gurrte. Diese Prozedur ging ihm auf die Nerven. „Rursus retractare!“ --- Nichts. Mme Pomfrey ließ den Zauberstab sinken. „Das ist unglaublich.“, rief sie aus. „Keiner dieser Zauber hilft, dabei sind es die stärksten, die ich kenne!“ Harry stand auf. „Mir reicht’s.“, sagte er, doch er wurde von Dumbledore zurück in den Sessel gedrückt. „Du musst Geduld haben, Harry, auch wenn das beileibe nicht deine Stärke ist, wie wir alle nur zu gut wissen. Mme Pomfrey ist eine begnadete Heilerin, doch auch sie kann keine Wunder bewirken. Lass ihr ein wenig Zeit.“ Der Junge schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. „Okay…“ Hedwig gurrte böse und funkelte Dumbledore an. „Schon gut, meine Schöne.“, flüsterte Harry lächelnd. „Sie meinen es nur gut.“ Dumbledore beobachtete das mit Neugier und Verwunderung. Das Band der Freundschaft und des Verständnisses zwischen diesen beiden war größer als bei den meisten Haustieren der Zaubererwelt. Wenn man es recht bedachte, konnte man es mit dem Verhältnis zwischen einem Hund und seinem Muggelherrchen vergleichen. Doch wie konnte es sein, dass die Schleiereule alles ganz genau zu verstehen schien? Das war doch nicht mal in ihrer Welt normal, oder? „Oculis acribus et acutis praeditus!“, ertönte da wieder Mme Pomfreys wohl tönende Stimme. Helles Licht hüllte Harry ein, hob ihn ein Stück aus seinem Sessel und konzentrierte sich dann plötzlich auf seine Augen. Er konnte Wasser rauschen hören, dann Bilder eines idyllischen Flusses, an dem ein Hirsch trank. Dann verschwamm alles, wurde wieder dunkel. „Und?“ Leise erzählte Harry, was er gesehen hatte. Schweigen folgte darauf. Dann ließ sich Mme Pomfrey resignierend auf die Couch fallen, wo eben noch Ginny gesessen hatte, und stützte den Kopf in die Hände. „Ich bin am Ende mit meinem Latein.“, sagte sie. „So wird das gar nichts. Ich werde mich über dieses Krankheitsbild erst mal erkundigen müssen, bevor ich etwas bewirken kann… Es tut mir leid…“ Sie verstummte, seufzte. Dumbledore legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter, lächelte sanft. „Nun, es wäre nicht Harry Potter, wenn er uns keine Rätsel aufgeben würde.“ Sie sah ihn an und lächelte zurück. „Ich denke, die Fachleute aus St Mungos haben da mehr Erfahrung und können demnach besser helfen.“, sagte sie. Der alte Schulleiter schüttelte sanft aber bestimmt den Kopf. „Ich denke nicht, dass das nötig ist.“, erklärte er. „Vielleicht ist es nur vorübergehend und wir machen uns unnötig Sorgen. Außerdem halte ich es nicht für ratsam, diese Sache allzu bald publik zu machen. Es täte Harry sicher nicht gut, wenn jemand wüsste, dass er sich die Ferien über hier aufhält. Noch dazu mit einem derartigen Problem…“ Er schmunzelte. „Was dir, Poppy, wiederum die Möglichkeit einräumt, dir in aller Ruhe ein Heilmittel zu überlegen.“ Sie seufzte wieder und nahm einen Schluck aus der Tasse, die ihr Mrs Weasley reichte. „Das ist mir seit Jahren nicht mehr passiert…“, murmelte sie. Harry, der dem Gespräch der Erwachsenen um ihn herum mehr schlecht als recht lauschte, hatte plötzlich das Gefühl, dass es eng wurde um ihn herum. Seine Brust schnürte sich so seltsam zu, er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Abrupt stand er auf. „Entschuldigen Sie bitte, Mme Pomfrey, aber ich würde gerne gehen.“, sagte er leise, wandte sich dann an Charly, von dem er wusste, dass er irgendwo rechts von ihm auf der Couch saß. „Würdest du mich in den Garten bringen, Charly?“ „Natürlich.“, erwiderte dieser, stand auf und nahm Harry am Arm, um ihn zu führen. „Auf Wiedersehen, Harry.“, sagte Dumbledore. Der Junge blieb stehen und drehte sich um. Er lächelte verlegen. „Entschuldigen Sie, Sir. Auf Wiedersehen. Ihnen auch, Mme Pomfrey.“ Er deutete eine Verbeugung an, wie er es vor ein paar Tagen im Fernseher Dudleys gesehen hatte, dann fiel ihm noch etwas ein. „Hedwig!“, rief er und streckte den Arm aus, den Charly nicht hielt. Es war ein erfreutes Gurren zu hören, die Eule schlug ein paar Mal mit den Flügeln, bevor sie sich in die Luft erhob und auf Harry zuflog. Sicher landete sie auf seinem Arm, gab wieder ein lautes Shuhuuu von sich. „Ist ja gut, meine Schöne.“, flüsterte Harry leise und winkelte den Arm ein wenig an, um mit der Nase über ihr Gefieder zu streichen, bevor er sich endgültig von Charly mitziehen ließ. Kaum durchschritten sie die Tür, die in den Garten führte, fiel die Beklemmung von Harrys Seele ab. Er atmete tief durch, legte den Kopf in den Nacken und ließ sich die Mittagssonne ins Gesicht scheinen. Zusammen mit dem Drachenbändiger setzte er sich ins halbhohe Gras, das Tante Petunia sicherlich niemals geduldet hätte, und genoss die zunehmende Wärme des Tages. „Er ist ziemlich gefasst.“, stellte Dumbledore fest. Der Schulleiter stand am Fenster und beobachtete die beiden, konnte Harrys Lächeln sehen. „Ich an seiner Stelle und in seinem Alter wäre sicherlich längst verzweifelt.“ „Es ist mir wirklich ein Rätsel.“, meldete sich wieder Mme Pomfrey entschuldigend zu Wort, die gerade zum dritten Male Zucker in ihren Tee tat. „So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen. Ich meine, die Pupillen… Sie sind einfach weg. Einfach so!“ „Es gibt noch ein anderes Rätsel.“, mischte sich Mr Weasley ein, der schon eine ganze Zeit lang geschwiegen hatte. „Wie ist er hier rein gekommen? Ohne die Tür zu benutzen oder durch eines der Fenster einzusteigen, ist es unmöglich, und beides hätten wir bemerkt. Der Warnzauber ist noch aktiv. Ich habe ihn überprüft!“ „Vielleicht ist er appariert.“, murmelte Mme Pomfrey gedankenlos und erntete ein missbilligendes Schnauben von Mrs Weasley. „Er ist Fünfzehn. Kein Fünfzehnjähriger ist dazu in der Lage, wenn er es nie zuvor gemacht hat. Und das ist bei Harry ganz sicher nicht der Fall!“ Dumbledore stimmte ihr zu. „Und außerdem ist es unmöglich in dieses Haus zu apparieren. Es ist dagegen geschützt. Ich selbst habe den Zauber damals gewirkt.“ „Und wie sonst?“ „Ich kann es dir nicht sagen, Arthur, ich weiß es nicht.“, antwortete Dumbledore kopfschüttelnd, den Jungen, der im Garten ausgelassen mit Charly sprach, nicht aus den Augen lassend. ++++++++++++*******************+++++++++++++++++++++ Ich habe noch eine Antwort auf eines der Kommis, die ich erhalten habe: Die Geschichte heißt doch „Blind“, nicht? Wieso also sollte ich Harry diese Bürde jetzt schon abnehmen? Vor allem kann Dumbledore eigentlich niemanden heilen… dachte ich zumindest… Nach Hogwarts zurück -------------------- Titel: Nach Hogwarts zurück Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht’s los. Viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe auf viele Kommentare! Sie helfen mir, meine Fehler und Macken auszubügeln! Widmung: Diese Geschichte ist ganz allein Viebie_Lucifer gewidmet, meiner kleinen, süßen, wenn auch verrückten Schwester! (Und ja, ich weiß, dass ich auch verrückt bin, danke der Erinnerung.) Kapitel 4: Nach Hogwarts zurück Den Sommer über blieb Harry bei den Weasleys. Dort, so meinte Dumbledore, könne er sich am besten an sein neues Handicap gewöhnen, dort hatte er Freunde, die ihm halfen. Und Ron war wirklich eine große Stütze für den Schwarzhaarigen. Er störte sich nicht daran, dass Harry nicht mehr sah, las ihm die Briefe vor, die er zum Geburtstag bekommen hatte und die Dumbledore mitsamt seinen Kleidern und Schulsachen von den Dursleys geholt und in sein neues Zimmer gebracht hatte, welches direkt zwischen Rons und Charlys lag, so dass gewährleistet war, dass immer irgendjemand in der Nähe war, falls Harry Probleme hatte. Vier waren es; sein eigener --- bei dem er sich ziemlich genierte, als er ihn laut vorlas --- Hermiones, Sirius’ und Hagrids. Bei Letzterem hatte er die größten Probleme, das Gekritzel überhaupt zu entziffern. Und er setzte Dankschreiben an Sirius und Hagrid auf. Hermiones Brief übernahm Harry dann wieder selbst. Mrs Weasley verriet ihm einen Spruch, mit dem man eine Feder mit den Gedanken steuern konnte und diese dann die gedachten Worte niederschrieb. Es funktionierte ähnlich wie die Flotte Schreibefeder dieser lästigen Reporterin, die sich in einen Käfer verwandeln konnte, Rita Kimkorn. Diesen Spruch wandte er dann auch bei dem Dankesbrief an Dobby an. Ron beobachtete fasziniert, wie Harrys Adlerfeder in rasender Geschwindigkeit über das Papier flog. Es war beeindruckend, wie schnell das ging. Mit dieser Technik waren Hausaufgaben kein Problem mehr und er nahm sich vor, das in der Schule selbst mal zu probieren. Warum Harry überhaupt zaubern durfte? Dumbledore hatte im Ministerium für Zauberei eine Sondergenehmigung erbeten, die dem Jungen, der lebt, fast augenblicklich gewährt wurde, nachdem der Zuständige von seinem Problem gehört hatte, um ihn zu unterstützen. Und sie erleichterte ihm das Leben ungemein. Bald erlernte er einen weiteren neuen Zauber, der ihm das schnelle Ankleiden ohne fremde Hilfe ermöglichte, und auch der Aufrufezauber, den er im Zusammenhang mit der Drachenprüfung letztes Jahr gelernt hatte, kam ihm jetzt zugute. Aber dennoch blieb Ron unersetzlich für ihn. Beim Treppensteigen, beim Streichen-von Fred-und-George-Ausweichen… Doch alles in allem fand er sich relativ gut zurecht, begann auf seine übrig gebliebenen Sinne zu vertrauen. Er hatte festgestellt, dass er besser hören konnte als zuvor, und dass er mit den Fingern kleinste Unebenheiten ertasten konnte, die unter Umständen ein Bild in sein Bewusstsein projizierten. Außerdem konnte er sich plötzlich Dinge besser merken, eine Gabe, an der er früher viel zu oft gescheitert war. Ob das nun daran lag, dass er von seiner Umgebung nun weniger stark abgelenkt war, oder ob es sich um einen Überlebensinstinkt handelte, konnte er nicht sagen. Es interessierte ihn auch nicht. Dankbar nahm er es hin. Dennoch verzichtete er auf den Besuch in der Winkelgasse zwei Wochen nach seinem Geburtstag, als die Briefe mit den Einkaufslisten kamen. Stattdessen gab er Mrs Weasley den Schlüssel zu seinem Gringottsverlies und bat sie, die Sachen für ihn zu besorgen. Außerdem gab er der molligen Frau einen Brief für Hermione mit. Zu gerne wäre er mitgegangen, aber er traute es sich nicht zu. Schon jetzt hatte er eine Heidenangst davor, wieder unter Menschen zu kommen. Was, wenn er sich verlief? Er konnte ohne Hilfe einfach nichts tun! Das war es auch, was er in Bezug auf Hogwarts am meisten fürchtete. Das unübersichtliche Schloss mit seinen Fallen und Geheimgängen und den die Richtung verändernden Treppen war der reinste Irrgarten, konnte man nicht sehen. Man verlief sich doch schon, wenn man sah, was auf dem Weg vor einem lag! Und hatte er früher in solchen Fällen auf die Karte des Rumtreibers setzen können, konnte er das nun auch vergessen. Noch etwas anderes machte ihm Sorgen und ließ ihn zu Hause bleiben: Was würden die anderen Schüler sagen? Seine Feinde, sprich die Slytherins, Draco Malfoy und diejenigen, die ihn für die Sache mit Diggory verantwortlich machten, würden sich wohl kranklachen. Und mit Sicherheit würden sie es gegen ihn verwenden, ihm üble Streiche spielen. Aber damit rechnete er und es hätte ihm nicht gleichgültiger sein können. Angst hatte er vor der Reaktion seiner Freunde. Zuerst würden sie wohl bestürzt sein. Und dann? Würden sie ihn fallen lassen wie eine heiße Kartoffel? Würden sie ihn als Klotz am Bein abstreifen und links liegen lassen? Oder konnten sie sich damit abfinden, dass er nicht mehr ganz der Alte war? Ron konnte es. Das hatte er die letzten zwei Wochen bereits bewiesen. Der Rothaarige profitierte ja sogar davon, da Harry jemanden brauchte, der ihm die Aufgaben und Artikel seiner Schulaufgaben vorlas, damit er die Hausaufgaben machen konnte, die sie über die Ferien aufhatten. Und dabei kam er nicht drum rum, sie ebenfalls zu tätigen. Außerdem hatte er die Möglichkeit bekommen, auf Harrys Besen zu fliegen, den dieser, schweren Herzens, nun nicht mehr benutzen konnte. Das war eine weitere Sache, wegen der er seine Augen verfluchte, die ihn zur Weißglut trieb: Fliegen und Quidditch waren sein Leben gewesen, das Einzige, das ihm wirklich etwas bedeutet und ihn sich seinem Vater näher fühlen lassen hatte, doch nun war der Traum vorbei. Zumindest bis Mme Pomfrey ein Gegenmittel gefunden hatte. Und dann war der Tag gekommen, an dem sie nach Hogwarts zurückfuhren. Harry war aufgeregt wie selten, hoffte, unbemerkt zu bleiben. Er hatte sogar seine Brille wieder auf, die er nun schon seit Wochen nicht mehr trug, da sie eh nichts brachte, um unauffälliger, wie immer zu wirken. Er wollte nicht, dass auch nur einer von seinem Handicap erfuhr… Aber das war natürlich Wunschdenken. Jeder würde es sofort bemerken, wenn Ron ihn in das Abteil führte, wenn nicht schon früher. Sie fuhren mit dem Auto zum Bahnhof, gestellt vom Ministerium für Hexerei und Magie. Eine kleine Aufmerksamkeit, wie Mr Weasley schmunzelnd erklärte. Es stand außer Frage, dass Dumbledore da seine Finger mit im Spiel hatte. Die Chauffeure --- sie hatten zwei Autos für sieben Personen --- waren schweigsam wie selten jemand, aber sie taten ihren Job und lieferten alle heil und pünktlich am Bahnhof ab. Samt Kofferkuli machten sie sich schließlich auf den Weg zum Gleis 9 ¾. Harry und Ron hatten die Erlaubnis zum ‚Spielen’ bekommen: Ron schob Harry auf einem der Kulis über den Bahnhof, wobei beide ausgelassen lachten. Es war ein absoluter Vertrauensbeweis seitens Harrys, dass er das geschehen ließ, musste er sich doch voll und ganz auf den Rotschopf verlassen können. „Vorsicht, jetzt kommt die Barriere!“, warnte Ron, dann beschleunigte er und im nächsten Moment wechselte die Geräuschkulisse. Die Art der Geräusche war sicherlich nicht anders, immer noch war Schreien, Lachen und Geplauder vorherrschend, aber sie klangen nun nicht mehr so hallend, mehr gedämpft, was sicherlich an den nicht zu vergleichenden Dimensionen der beiden Bahnhöfe lag. Zumindest war das für Harrys Ohren so. Ron, so war er sich sicher, hatte das nicht wahrgenommen. „Los, Harry!“, begann Ron fröhlich. Er war ein wenig außer Atem. „Runter mit dir von dem Wagen! Wir sind da.“ Harry lachte und kletterte von dem Kofferkuli, gerade als Mrs und Mr Weasley, Fred, Ginny und George kamen. Charly war schon vor vier Tagen nach Rumänien zurückgekehrt, da seine Ferien zu Ende waren. „Harry! Ron!“ Beide drehten sich um, als sie Hermiones Stimme vernahmen, und Harry wäre fast umgefallen, als sie ihm in die Arme flog. „Wie geht es euch? Wie war der Sommer?“ Harry grinste leicht, als er die Umarmung erwiderte, sich wieder fing. „Schön, Mione. Ich war ja schließlich im Fuchsbau! Da ist es immer schön.“ „Ich weiß.“ Sie ließ ihn los, um Ron zu begrüßen, doch ihn umarmte sie nicht. Irgendwie war da eine Spannung zwischen ihnen. Seltsam. Waren die schon immer so zurückhaltend zueinander gewesen? „Ich wäre so gerne auch gekommen, aber meine Eltern wollten unbedingt mit mir an die Nordsee…“ Anscheinend war sie mit Ron fertig, denn ihre Stimme wurde einen Tick lauter, als sie sich wieder zu ihm drehte. „Sie waren der Meinung, ich würde euch noch lange genug sehen.“ „Womit sie zweifellos Recht haben.“, kam Mrs Weasleys Kommentar. „Hallo, meine Liebe!“, begrüßte sie das Mädchen. Harry lächelte still, wandte sich an Ron. „Lass uns ein Abteil finden und besetzen. Ich habe keine Lust auf unerwartete Gesellschaft.“ Und dieser nickte, schob Harry vor sich her zum Zug. „Vorsicht, Stufe.“, sagte er und Harry kletterte die drei Eisenstiegen hinauf. Von hinten ertönte Hermiones Rufen. „Das dritte Abteil, links!“, riet sie ihnen und Ron dirigierte Harry prompt zu besagtem Abteil. Es war tatsächlich leer. „Ich hole die Koffer.“, ließ der Junge verlauten und schon war Harry alleine. Er wusste: sechs Sitze, drei rechts, drei links, zwei am Fenster, zwei am Gang. Die Fenstersitze brachten ihm nichts, die Gangsitze wollte er nicht. Blieb noch die Mitte. Er machte einen Schritt vorwärts und ließ sich dann vorsichtig auf den mittleren Sitz der in Fahrtrichtung ausgerichteten Reihe sinken. Woher er wusste, dass dieser dort war? Reine Intuition. Dann kamen Ron und Hermione herein, draußen schrillte die Pfeife des Zugabfertigers und Harry sprang auf. Er hatte sich doch noch gar nicht verabschiedet! Wo war das Fenster? Ron war sofort zur Stelle und dirigierte ihn in die Richtung. Im nächsten Moment konnte er den Luftzug spüren, er hörte rufende Stimmen. Mrs Weasleys kam von rechts und so winkte er nach rechts, bis der Zug losfuhr und die Stimmen leiser wurden. Dann schloss Hermione das Fenster und ließ sich ihn ihren Sitz fallen, Harry tat es ihr langsamer gleich, ihr schräg gegenüber auf seinem ausgewählten Sitz Platz nehmend. Ron setzte sich neben ihn ans Fenster. Er seufzte. „Jetzt haben wir wieder Schule.“, murmelte er leidend. „Ich armer. Wieder ein Jahr Snape.“ „Freu dich doch.“, erwiderte Hermione fröhlich. Sie hatte nie was gegen das Lernen. „Da wirst du wieder ein Jahr klüger.“ „Meinst du wirklich?“, vergewisserte sich Ron und Harry spüre an seinem Ellbogen, dass Ron sich ein wenig aufsetzte. „Sieh es positiv.“, sagte er und lächelte. „Nach diesem Jahr sind es nur noch zwei. Außerdem hast du ja uns, die dir helfen, nicht wahr?“ Ron begann zu grinsen. „Recht hast du. Nur glaube ich, dass du da eine klitzekleine Sache übersehen hast.“ Der Schwarzhaarige hob aufmerksam den Kopf. „Und das wäre?“, erkundigte er sich. „Die UTZ-Prüfungen!“, rief Ron genervt. „Wie kannst du die vergessen? Davon hängt unsere gesamte Zukunft ab!“ Harry lachte verlegen. „Ach ja, die…“ Er hatte sie vergessen. Stöhnend ließ sich Ron zurückfallen. „Da bleibt er angesichts dieser Katastrophe so ruhig.“ „Tja. Zaubertränke kann ich eh knicken.“, erklärte Harry sachlich. „Und ebenso Pflanzenkunde und Pflege Magischer Geschöpfe.“ Ron sah ihn verlegen an. „Ach ja…“ Und in diesem Moment ließ Hermione einen entsetzten Schrei los. „Harry! Was hast du gemacht?“, rief sie und stand plötzlich vor ihm. „Was ist mit deinen Augen?“ Der Junge, der lebt, blickte sie lächelnd an und er spürte, wie sie angesichts seiner leeren Augen hinter der Brille, die so einfach durch sie hindurchzuschauen schienen, erschauderte. „Ich bin blind.“ Es war das Einzige, was er sagte, aber die Sachlichkeit und Monotonie seiner Worte ließen das Mädchen fast verzweifeln. „Wie, ‚blind’? Kannst du gar nichts mehr sehen?“ Nicken. „Mme Pomfrey kann nicht helfen.“, kam er ihrer nächsten Frage, die sie zweifellos gestellt hätte, zuvor. „Sie ist noch auf der Suche nach…“ In diesem Augenblick ging die Abteiltür auf und sofort wurde die Atmosphäre im Raum kühler. „Guten Tag, die Herrschaften!“, schnarrte eine durch und durch vor Hohn triefende Stimme. „Hatten Sie einen schönen Urlaub?“ Draco Malfoy stand im Türrahmen, dahinter Crabbe und Goyle, alle drei wie immer abschätzig grinsend. Ihre Erzfeinde. Ron war augenblicklich auf Hundertachtzig und sprang aus seinem Sitz hoch. „Das geht dich einen feuchten Dreck an, Malfoy!“, zischte er. „Verschwinde hier!“ „Aber, aber, Weaselby, so behandelt man aber keinen Vertrauensschüler.“, erwiderte Malfoy zynisch grinsend und hob den mahnenden Zeigefinger. „Dafür könnte ich dir Punkte abziehen.“ Er lachte. „Dann tu’s und verschwinde trotzdem.“ Harry hatte ganz leise gesprochen, dabei nicht einmal aufgesehen, aber es hatte die bezweckte Wirkung nicht verfehlt: Malfoy ging an die Decke. „Dich hat keiner gefragt, Potter!“, schnauzte er wütend. „Im Übrigen sollte einer, der auf der Abschussliste des Schwarzen Lords steht, in diesen Tagen die Klappe nicht so weit aufreißen!“ Harry lächelte nur schwach, starrte weiterhin aus dem Fenster, das er nicht sehen konnte. „Immer noch der potentielle Todesser?“, fragte er wie beiläufig. „Hätte ich gar nicht erwartet…“ Er hatte es sehr wohl erwartet, warum sollte sich daran auch etwas ändern, bei dem Vater? Es war Ironie und jeder wusste es. „Wir fühlen uns heute ja ziemlich mutig.“, knurrte der Slytherin, jetzt nicht mehr grinsend. „Oder vielleicht lebensmüde?“ Der Schwarzhaarige lachte nur hohl. „Eher Letzteres…“, antwortete er. Fünf Schüler rissen entsetzt die Augen auf, bei einem war es eher Erstaunen, das man in den Seelenspiegeln sah. „Harry!“ Hermione war deutlich hörbar entsetzt. „Aber Harry…“ Ron wohl eher bestürzt. Dann begann Malfoy zu lachen, seine beiden Gorillas stimmten unsicher mit ein. Ja. Soweit war er also schon. Er konnte die Stimmungen der Menschen um sich herum relativ genau bestimmen. Nur bei Malfoy schien das offenbar nicht zu klappen. War dieser nicht eben noch erstaunt gewesen? Na, wohl eher nicht. Eher überrascht… oder doch bestürzt? „Wenn du sterben willst, musst du es nur sagen.“, ließ der Blonde verlauten. „Es gibt dutzendweise Zauberer, die dich mit Freuden killen würden, um dem Dunklen Lord einen Gefallen zu tun!“ Das war zuviel. Hermione schritt auf die Drei mit so entschlossenem Gesichtsausdruck zu, dass ihnen nicht nur das Lachen im Halse stecken blieb, sondern dass sogar Malfoy einen Schritt zurückwich. Das Mädchen nutzte die sich bietende Gelegenheit und schlug ihm die Tür vor der Nase zu, verschloss sie anschließend magisch mit ihrem Zauberstab. Malfoys hasserfüllte Blicke schloss sie mit den weinroten Vorhängen aus. Dann wandte sie sich wieder an Harry, griff das Thema auf, welches vorher so unfein durch Malfoys Auftreten unterbrochen worden war. „Also, weshalb bist du blind?“, kam sie sofort zum kritischen Punkt, ohne Rons bewundernden Blick für diese Aktion zu beachten. Harry zuckte die Schultern. „Keine Ahnung.“, sagte er und Ron fügte hinzu: „Das weiß keiner, nicht einmal Mme Pomfrey!“ Hermione sah sie fassungslos an. „Seit wann?“ „Meinem Geburtstag.“ Sie war empört. „Warum habt ihr mir nichts gesagt? Ihr hättet es doch schreiben können. Vertraut ihr mir nicht mehr?“ Harry war erschüttert, dass sie so etwas von ihnen dachte. Er streckte die Hand aus, berührte sie mit den Fingerspitzen am Arm. „Das ist es nicht, Mione.“, versuchte er zu erklären. „Wir dachten nur, Mme Pomfrey würde es bis Schulanfang wieder hinbiegen, und wir wollten dich nicht beunruhigen. Es…“ Ihm gingen die Worte aus. Er hatte sie doch nicht verletzen wollen. „Wirklich, Mione! Du musst uns glauben.“, sprang Ron ihm bei. „Außerdem meinte Mum, wir sollen Stillschweigen bewahren…“ „Sie hätte es sicher nicht gestört, hättet ihr es mir gesagt!“, fuhr sie ihn wütend und enttäuscht an. Das hatte sie nicht erwartet. Plötzlich ließ Harry den Kopf hängen. „Es gibt noch einen Grund, warum ich nichts gesagt habe…“, begann er im Flüsterton. Er hätte es auch lieber für sich behalten, aber er hatte das Gefühl, er sei ihr etwas schuldig. „Ich wollte mich nicht damit abfinden… Es hätte so etwas Endgültiges gehabt, hätte ich es geschrieben, selbst wenn ich es dachte… Ich wollte es nicht wahr haben… Und ich wollte nicht von noch jemandem bemitleidet werden.“ Und dieser Satz brachte Hermione zurück auf den Boden. „Oh, Harry…“, hauchte sie bestürzt. Und dann wurden sie durch ein lautes Klopfen an der Tür erneut gestört. Hermione öffnete, um zu sehen, wer davor stand. Es war die alte Hexe mit dem Trolley, die Süßigkeiten verkaufte. „Wollt ihr was?“, fragte sie, mürrisch wie immer. Harry begann zu grinsen, griff in die Hosentasche und beförderte eine Galleone heraus. „Ron…“ Der Rotschopf grinste zurück, begann dann wild durcheinander zu bestellen und nur fünf Minuten später saßen die Drei quietschfidel auf ihren Plätzen und futterten Süßkram in sich hinein, während Pigwidgeon in nervtötendem Tempo kreuz und quer durch das Abteil flatterte. Harry hatte eine Tüte Berti-Botts-Bohnen-aller-Geschmacksrichtungen auf dem Schoß und schob eine nach der anderen in den Mund, derweil sich Ron mit Schokofröschen, seinen Lieblingsnaschereien, und deren Karten beschäftigte und Hermione sich mit Puddingkuchen vergnügte. Plötzlich hielt Harry in seinem Tun inne, legte die Bohne, die er gerade hatte essen wollen, zur Seite und nahm sich eine Neue. Ron, der das aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, sah von seinen Karten auf und ihn an. „Hey, warum ischt du schie nischt?“, nuschelte er, den Mund voller Schokolade, und deutete dabei mit verschmierten Fingern auf die besagte Bohne. „Sie schmeckt nicht.“, antwortete Harry leichthin, spürte, wie Ron nach ihr griff. „Warum nischt?“ Er schluckte den Schokomatsch hinunter. „Sie ist doch so schön rosa! Sieht doch lecker aus.“, sagte der Junge und steckte sie in den Mund. Im nächsten Moment verzog er angeekelt das Gesicht und machte einen leidenden Ton. „Und, schmeckt sie nun nach Leber mit Currysauce?“, erkundigte sich Harry neugierig und mit unschuldigem Wimpernaufschlag. Ron starrte ihn an, bevor er die Bohne ausspuckte. „Ich konnte es zuerst nicht identifizieren, aber jetzt, wo du es sagst…“ Er würgte und stopfte sich dann einen weiteren Frosch als Geschmacksneutralisierer in den Mund. „Woher wuschtescht du dasch?“ Harry hielt nachdenklich im Bohnenessen inne. „Sie roch danach.“, meinte er dann. Zwei sprachlose Gesichter blickten erst ihn, dann sich gegenseitig und dann wieder ihn an. Ron nahm eine Bohne aus der Tüte und schnupperte daran. „Ich rieche nix!“, stellte er fest und reichte das Toffee dann an Hermione weiter, die ebenfalls daran roch. Sie schüttelte den Kopf. „Die riechen höchstens nach Zucker.“ Harry streckte die Hand aus. „Darf ich mal?“, fragte er und bekam die Bohne in die Hand gelegt. Kurz hielt er sie sich unter die Nase. „Wassermelone mit Ingwer, schätze ich.“ Und er gab sie an Ron zurück. Der Rotschopf probierte und: „Er hat Recht.“, staunte er. „Das ist der Wahnsinn!“, rief Hermione bewundernd. „Harry, du bist sicher der einzige Mensch auf der Welt, der das riechen kann!“ Der Schwarzhaarige schüttelte lachend den Kopf. „Sirius kann es auch!“, sagte er. „Hat er jedenfalls erzählt.“ Ein abfälliges Schnauben von Ron ließ Harrys Lachen verstummen. „Der ist ein Hund, natürlich kann er es.“ Draußen wurde es dunkel und Harry wurde der Gespräche seiner beiden Freunde langsam müde, gingen sie doch hauptsächlich um Charly und seinen aufregenden Beruf, den er aus Gesprächen während der Ferien in allen Einzelheiten kannte, und die Ergebnisse der Britischen Quidditch-Meisterschaften, die er ebenfalls kannte, an die er aber nicht unbedingt erinnert werden wollte, da es ihn an seine Flugunfähigkeit erinnerte. Er wollte seine Ruhe haben, wollte… „Sag mal, Mione. Haben deine Eltern mir den MP3-Player besorgen können?“, wollte er wissen, spielte auf den Brief an, den er Mrs Weasley für sie mitgegeben hatte. Das Mädchen sah ihn erschrocken an. Er hatte so lange nichts gesagt, dass sie gedacht hatte, er sei eingeschlafen. Aber sie fasste sich schnell wieder. „Ja, Moment.“ Sie sprang auf und wühlte einige Zeit in ihrem Koffer, dann zog sie die kleine Schachtel heraus. „Aber ich frage mich wirklich, was du damit willst. Du hast doch gar keinen Computer, um Musik darauf zu spielen.“ „Computer?“ „Später Ron.“ Harry lachte. „Steckst du ihn mir zusammen?“, fragte er, ohne auf ihr Kommentar einzugehen. Sie tat wie ihr geheißen, dann reichte sie ihm das silberne Gerät. „Was ist das?“, wollte Ron wissen. „Damit kann man Musik spielen.“, lautete Hermiones Erklärung. „Man lädt sie mithilfe eines PCs drauf und…“ „PC?“ „Ein Computer. Das Gerät, mit dem die gesamte Muggelwelt kommuniziert.“ „Ich dachte, das hieße Telefon.“ „Das war mal. Jetzt sind Computer und Handys gefragt.“ „Handys?“ Hermione gab es auf. Sie blickte zu Harry hinüber, der inzwischen seinen Zauberstab aus der Tasche geholt hatte und mit nachdenklichem Gesicht dasaß. Ab und an tippte er mit dem Zauberstab gegen den MP3-Player, murmelte ein paar leise Worte, bevor er wieder schweigend ins Leere starrte. „Was tust du da?“, wunderte sich das Mädchen. „Ich tue Musik drauf.“, antwortete er kurz angebunden. Hermione sah ihn entgeistert an. „Das kannst du? Wo hast du das gelernt?“ Sie verstand die Welt nicht mehr. Harry kannte einen Spruch, von dem sie noch nie gehört hatte? Ging die Welt unter? „Weiß nicht.“ Wieder tippte die Spitze des Zauberstabs gegen den Musikspeicher. „Kann ihn halt.“ „Und wie lautet er?“ Sie kam und setzte sich auf den freien Platz neben ihm, bis zum Anschlag mit Wissbegierde gefüllt. Harry blickte zu ihr und sie erschauderte beim Anblick seiner Augen. So leer… Dann senkte Harry die Lider ein wenig und das Gefühl verschwand. „Ich sage den Titel des Liedes und er speichert ihn.“ Ihr entgeistertes Gesicht konnte er sich lebhaft vorstellen und ein Grinsen erschien auf seinen Lippen. „Äh, Harry… Bist du sicher, dass das funktioniert? Das ist… keine echte… Magie… Das müsstest du eigentlich wissen.“ Sie war sich nicht sicher, ob sie das jetzt wirklich so hätte sagen sollen, oder ob sie nicht vielleicht andere Worte hätte wählen sollen, aber Harry schien es ihr nicht übel zu nehmen, dass sie an seinem Verstand zweifelte. Er hielt seiner Freundin nur einen der Ohrstecker unter die Nase und wartete, bis sie ihn genommen hatte, dann drückte er auf Play. Er konnte leise Geräusche bis zu sich herüber wehen hören und er wusste, dass Hermiones Blick vor Unglauben geradezu überlief. „Das ist… unglaublich.“, murmelte sie, gab den Ohrstöpsel zurück. Und dann: „Darf ich es probieren?“ „Du musst dir nur vorstellen, wie das Lied aus dem Zauberstab kommt, dann kannst du sogar eine Kapelle einen Walzer spielen lassen.“, war die simple Antwort. Hermione griff nach ihrem Zauberstab und nahm dann den MP3-Player von Harry entgegen. „Ich muss nur den Namen des Liedes sagen und mir vorstellen, es sei im Zauberstab?“, erkundigte sie sich. Nicken. „Okay, dann los!“ Es wunderte weder Harry noch Ron, als ein leises Wort über ihre Lippen kam und der Zauber gelang. „Das ist der Wahnsinn! Von solch einer Magie hab ich noch nie gehört.“, hauchte sie andächtig. „Es ist so… simpel.“ „Ich schon.“, mischte sich Ron ein, der es satt hatte, zu schweigen. „Charly hat erzählt, dass nonverbale Zauber auch so gewirkt werden.“ Sein Kopf zuckte in stiller Erkenntnis zu Harry herum. „Das ist es! Du hast den Zauber von Charly!“ Lächelnd nickte Harry. Er musste sie ja nicht weiter aufregen, indem er ihnen sagte, dass er den Zauber zwar tatsächlich von Charly hatte, ihn aber für seine Zwecke abgewandelt hatte, um ihn hierfür gebrauchen zu können. Und das nicht nur einmal, sondern auch noch für andere Dinge. Jetzt wollte Ron es natürlich auch probieren. Er ließ sich den MP3-Player von Hermione geben, zückte seinen Zauberstab und hielt im nächsten Moment inne. „Ich kenne überhaupt keine Muggellieder.“ Zumindest Hermione wunderte das nicht. „Denk dir doch ein Lied aus der Zauberwelt. Zum Beispiel eines von dieser Band, die mal zu Halloween in der großen Halle gespielt hat.“ Ron nickte, sprach den Titel, nichts passierte. „Du musst dir das Lied vorstellen.“, erklärte Hermione angesichts seines enttäuschten Gesichtsausdrucks. Aber selbst mit dieser Hilfe ging es nicht. Ron konnte den Zauber nicht wirken. Resigniert gab er das Muggel-“Artefakt“ an seinen Besitzer zurück. „Ich hasse mich für diese Unfähigkeit!“, brummte er missmutig. Was sollte man da schon anderes tun, als mitleidig gucken und ihm locker auf die Schulter klopfen? Hermione wusste es. Sie begann Ron zu erzählen, welche Vorzüge er hatte, auch wenn sie manchmal extrem weit hergeholt schienen, und sie erklärte ihm, dass Zaubermusik in sich doch viel komplexer war als Muggelmusik und deshalb vielleicht einfach nicht auf das Gerät draufpasste. Es war eine Notlüge und dabei kam ihr zugute, dass der Rotschopf wirklich null Ahnung hatte, wie diese Technik funktionierte. Irgendwann drifteten sie in ihrem Gespräch ab und Hermione begann, Ron über die unterschiedlichen Funktionen und Wirkungsweisen von Telefon, PC und Handy aufzuklären. Harry wandte sich wieder seiner neusten Errungenschaft zu und speicherte weiter Lieder drauf, bis es Zeit wurde, sich umzuziehen. Keinen der beiden Jungen wunderte es, dass Hermione ebenfalls das Vertrauensschülerabzeichen trug. Kurz darauf hielt der karminrote Zug mit lautem Schnaufen und Pfeifen im Bahnhof von Hogsmead, dem Zaubererdorf vor Hogwarts. Die Fahrt zu dem riesigen Schloss war mittelmäßig aufregend für Harry, obwohl Ron und Hermione ihm begeistert von dem Anblick der führerlosen, schwarzen Kutschen erzählten, die sich, einem langen Band gleich, jeweils mit zwei Sturmlichtern am Kutschbock bestückt, durch die hügelige Landschaft schlängelten, direkt auf das hell erleuchtete, heimelig wirkende Schloss zu, das imposant zwischen den Hügeln und dem See, auf dem kleine, schaukelnde Lichter von der Anwesenheit der neuen Erstklässler in den Booten zeugten, thronte. Harry selbst bekam davon nur das leichte Ruckeln und das leise Rattern der Räder der Kutsche mit, in der sie selbst saßen. Und den Geruch, der ihm eindeutig versicherte, dass die Kutschen nicht wirklich von selbst fuhren, sondern von irgendwas Animalischem gezogen wurden, etwas Unsichtbarem, wenn er seinen beiden Freunden Glauben schenkte. Irgendwann hielt das Gefährt und die Drei stiegen aus. Hermione hakte sich bei Harry unter und so gelang es ihnen, unauffällig und ohne dass jemand Harrys Handicap bemerkte, in die große Halle zu kommen. Die Halle füllte sich schnell und es wurde immer lauter. Schüler, die sich im Zug noch nicht getroffen hatten, grüßten nun einander und erzählten aufgeregt und lautstark von ihren Erlebnissen während der Ferien. Teilweise gebrauchen sie dabei ausladende Gesten, die an pantomimische Einlagen erinnerten, nur dass Pantomimen im Allgemeinen lautlos waren. Auch Ron, Harry und Hermione wurden von vielen ihrer Freunden gegrüßt, grüßten zurück und erzählten von ihren Ferien, wobei es niemandem aufzufallen schien, dass Ron fast alle Antworten für Harry übernahm und der Schwarzhaarige sich dezent im Hintergrund hielt. Bis Dean Thomas Harry direkt fragte, was die kleine Maschine in seiner Hand war, der Angesprochene erschrocken aufsah und Dean in dunkelgrüne, ausdruckslose Augen blickte. „Oh, Merlin!“, entfuhr es ihm vor Entsetzen, als ihm ein kalter Schauer über den Rücken kroch, zog damit die Aufmerksamkeit der Schüler in der Nähe auf sich. „Was ist denn mir dir passiert?“ Es war sowieso ein Wunder, dass es bisher niemandem aufgefallen war. Er hatte sich Hoffnungen gemacht, sogar seine Brille getragen, damit er ungeschoren davon kam, aber die Reaktionen am Tisch waren eindeutig. Sie hatten es bemerkt und sie waren entsetzt. Ob sie ihn nun abschrieben? Glücklicherweise suchte sich Dumbledore genau diesen Moment, in dem sich am halben Gryffindortisch Stille ausbreitete, aus, um mit seiner Einleitungsrede zu beginnen. Professor McGonagall stand auf und klopfte mit ihrem silbernen Löffel gegen das altmodisch anmutende Glas in ihrer Hand. Das helle, klingende Geräusch ließ die Gespräche im Saal augenblicklich verstummen. Dumbledore erhob sich und breitete die Arme aus, als wollte er sie segnen. „Meine lieben Schülerinnen und Schüler! Meine lieben Kollegen!“ Er neigte sich kurz nach recht und links. „Ich freue mich, Sie alle wieder hier in Hogwarts begrüßen zu können, zu diesem neuen, hoffentlich wundervollen Schuljahr. Doch bevor ich Sie auf die Regeln und Aktivitäten dieses Jahres hinweise, gilt es noch, die neuen Schüler ihren Häusern zuzuordnen.“ Er wandte sich an McGonagall. „Sie müssten inzwischen angekommen sein. Minerva, wären Sie bitte so freundlich?“ Die betagte, aber dennoch sehr agile Hexe erhob sich und schritt durch die langen Reihen der Tische zur geschlossenen Eingangstür, öffnete sie und verschwand nach draußen. Und während sie den Kleinen wahrscheinlich den Ablauf erklärte, wie sie es jedes Jahr machte, ließ Dumbledore den Sprechenden Hut mit seinem Schemel erscheinen. Dann öffnete sich die Tür erneut, diesmal beide Flügel und McGonagall kam, gefolgt von einer ganzen Meute Erstklässler, wieder herein. Eilig schritt sie nach vorne, so dass die Kleinen hinter ihr herhasten mussten. Harry konnte es sich vorstellen. Lauter kleine Gesichter, die nicht wussten, was auf sie zukam und sich alles Mögliche ausmalten, wahrscheinlich von ‚hilfreichen’ Mitschülern völlig verängstigt durch Lügen über nicht vorhandene Aufnahmetests und Zauberprüfungen. Die neuen Schüler stellten sich vor dem Lehrertisch und dem Hut auf, dieser ließ seinen üblichen, über das letzte Schuljahr hinweg erfundenen Reim los --- Kam es ihm nur so vor, oder war es diesmal tatsächlich irgendwie unheilvoller? --- und schließlich wurden nach und nach Namen aufgerufen und die dazugehörigen Elfjährigen vom Hut in die seiner Meinung nach passenden Häuser gesteckt. Wie alle anderen nahm Harry an dem Jubel teil, wenn einer der Knirpse in sein Haus zitiert wurde, wie alle anderen beglückwünschte er ihn lautstark. Dennoch konnte er immer wieder Blicke auf sich spüren und es waren nicht nur die von Dean Thomas. Dumbledores Rede war kurz wie immer, kündigte lediglich die Ankunft eines neuen Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste an, und nachdem er das Startzeichen gegeben hatte, füllten sich die Tische mit Speisen und alle begannen zu essen, zu lachen, zu schwatzen. So auch Dean, nachdem er beobachtet hatte, wie Ron Harry half, sich das Richtige zu nehmen. „Harry! Was ist los? Bist du blind geworden über die Ferien?“ Der Schwarzhaarige begann zu lächeln, antwortete aber nicht direkt, blickte stattdessen direkt dorthin, wo er Deans Augen vermutete. „Merlin!“, keuchte der Junge erneut und außer ihm atmeten noch mindestens vier weitere Schüler entsetzt ein. Harry neigte das Gesicht wieder Richtung Teller, begann zu essen. Es sah völlig normal aus, so als könne er alles sehen. Er tastete nicht einmal nach dem Essen. Und außer Ron und Hermione, von denen es der eine wusste und die andere zweifellos sofort bemerkte, wusste keiner, dass Harry dabei Magie verwendete. Deans Entsetzen wurde jedoch schnell durch Neugier abgelöst. „Erzähl, was ist passiert? Wurdest du von Todessern angegriffen?“ Er klang äußerst aufgeregt, so als vermute er eine Wahnsinnsstory dahinter. Dann schaltete sich auch Seamus Finnigan ein, nicht minder neugierig. „Und seit wann ist es so? Hast du es behandeln lassen?“ Harrys Lächeln verblasste, die Freundlichkeit verließ seine Züge und wurde durch Wut und Ungeduld abgelöst. Seit wann war er so launisch? „Ich denke nicht, dass es einen von euch etwas angeht.“, erklärte er mit verhaltenem Nachdruck. Er bemühte sich wirklich um Selbstbeherrschung, doch in seiner Stimme schwang eine unbestimmte Drohung mit, die beide verstummen ließ. „Und am besten behaltet ihr das für euch.“ Sie behielten es nicht für sich. Oder andere, die gelauscht hatten, erzählten es weiter. Auf jeden Fall wusste es am nächsten Morgen, als Harry in die Große Halle kam, jeder. Und jeder fragte ihn, wie es passiert war, und warum er es nicht behandeln ließ. Harry strafte sie mit Schweigen. Es sollte niemand wissen, dass es bisher kein Mittel gab, das half. Was sie nicht vom Tratschen abhielt. Gegen Mittag gab es bereits mehr als ein Dutzend Gerüchte, nach denen er dies und das gesagt hatte und nach einem sogar in Tränen ausgebrochen sein und erklärt haben sollte, dass es unheilbar sei. Es tat weh, dass sie so etwas von ihm glaubten, aber er wusste, dass er dieses Gerücht den Slytherins verdankte. Ein erster, schrecklicher Tag ----------------------------- Titel: Nach Hogwarts zurück Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht’s los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Für Viebie, meine kleine, süße, wenn auch verrückte Schwester! Kapitel 5: Ein erster, schrecklicher Tag Im Grunde war der ganze Montag eine Katastrophe. Es begann damit, dass Harry verschlief. Ron versuchte ihn zu wecken, schüttelte ihn heftig, doch er schaffte es nicht, den sich windenden Schwarzhaarigen aus seinen ganz offensichtlich unguten Träumen zu reißen. Bis Harry plötzlich die Augen aufriss und hochfuhr. Sein Atem ging heftig, seine Hände, die die Bettdecke zu meucheln drohten, machten dem bleichen Zittergras Konkurrenz. Sein Gesicht war weiß wie die Wand. „Harry?“ Die besorgte Stimme Rons ließ Harry den Kopf heben und realisieren, dass der Traum vorbei war, dass er in Sicherheit war. Ein zaghaftes, erleichtertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Hast du schlecht geträumt?“, fragte der Rotschopf beunruhigt. Harrys erste Reaktion war ein entschiedenes Nicken, doch er hielt mitten in der Bewegung inne. War es ein Alptraum gewesen? Er konnte sich überhaupt nicht erinnern. An nichts! Weshalb klopfte sein Herz so schnell, als hätte er einen Hundertmeterlauf hinter sich? Was war in jener seltsamen, nicht definierbaren Traumwelt geschehen? „Ich weiß es nicht…“, flüsterte er leise, ließ den Kopf hängen. Normalerweise wusste er wenigstens im Ansatz, worum es ging. Warum also heute nicht? Ron war sofort beruhigt. „Dann war es nicht wichtig.“, erklärte er gut gelaunt. „Du solltest dich ein wenig beeilen, sonst kommen wir zu spät und müssen das Frühstück ausfallen lassen.“ Harry nickte, grinste und schlug die Decke zurück, um aufzustehen. Das konnte er Ron nicht antun. Er wusste doch, wie gerne der Freund aß. „Wie spät ist es?“ Er trat vom Bett weg, breitete die Arme aus und schloss die Augen. „Kurz vor Sieben.“ Kleidungsstücke hoben sich aus seinem Koffer, ein T-Shirt, eine Hose, Socken, eine dieser scheußlichen rot-goldnen Krawatten, sein Schulumhang. Und alles legte sich wie selbstverständlich an und um seinen schmalen Körper, bis er schließlich, keine Minute später, komplett angezogen im Zimmer stand. Ron klopfte ihm auf die Schulter. „Das ist immer wieder ein verblüffender Anblick.“, sagte er seufzend. „Hier ist deine Schultasche und jetzt komm.“ Der Schwarzhaarige nahm sie lächelnd entgegen und ließ sich dann von seinem Freund durch die Tür hinaus aus dem Schlafraum schieben. Sie ließen einen absolut sprachlosen und schockierten Neville Longbottom zurück, für den es absolut keine Selbstverständlichkeit war, dass jemand solch einen Zauber kannte. Wenn überhaupt taten das starke Zauberer wie Dumbledore, faule oder alte Zauberer. Woher also konnte der fünfzehnjährige Fünftklässler Harry das? Nur langsam löste er sich aus seiner durch Verblüffung entstandenen Erstarrung und musste sich dann wirklich sputen, damit er nicht schon am ersten Schultag zu spät zum Unterricht kam, der zu allem Überfluss ausgerechnet aus seinem Hassfach bestand: Zaubertränke. Das konnte er sich beileibe nicht leisten. Snape hasste ihn eh schon genug. Eilig hetzte der mollige, schwarzhaarige Junge mit dem Mondgesicht durch die Gänge und bekam wahre Panikattacken bei dem Gedanken, dass er es nicht mehr schaffen würde, nur um, wie viele andere ein paar Augenblicke vor ihm, festzustellen, dass er, fünf Minuten nach Stundenbeginn, vor einer geschlossenen Tür stand. Ein Pergament hing an der gefürchteten Kerkertür: „Der Zaubertrankunterricht heute fällt aus. Hausaufgaben zum nächsten Mal: Seite sieben bis zehn im Buch.“ Neville konnte es nicht fassen. Kein Zaubertrankunterricht? Wo dieses Fach sonst nie ausfiel! Wie viel Glück konnte ein Mensch denn haben? „Es ist seltsam…“, ließ sich Hermiones Stimme durch das aufgeregte Geplapper der Vermutungen über den Verbleib des Lehrers anstellenden Schüler vernehmen. „… aber Snape war doch auch schon gestern nicht am Lehrertisch.“ Harrys Kopf fuhr herum. „Wirklich?“ Das hatte er ja gar nicht gewusst. Sie nickte ernst. „Sein Platz war leer.“ Ein entspanntes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Was wohl mit ihm ist?“, sinnierte er, die Augen verträumt geschlossen. Er genoss den Umstand, jetzt nicht in dem Kerker zu sitzen. Für dieses Fach hatte er noch nie viel übrig gehabt, genauso wenig wie für den unterrichtenden Lehrer. „Er lässt doch sonst keine Gelegenheit aus, mich zu triezen.“ „Meinst du nicht, dass das ein wenig arrogant klingt, Potter?“, ertönte Malfoys überhebliche Stimme von hinter ihm, erinnerte Harry daran, dass es da ja noch andere gab, die dieses doch recht ungewöhnliche Hobby verfolgten, ließ ihn aufseufzen. „Professor Snape wird schon seine Gründe haben, dass er nicht kommt. Und er hat gewiss Besseres zu tun, als dich zu triezen… Auch wenn ich zugebe, dass das durch seine Position und die damit verbundene Leichtigkeit sicherlich Spaß macht.“ Harrys Lächeln verflog, als er seine Augen direkt auf den Punkt richtete, an dem er Malfoys Gesicht vermutete. Zum ersten Mal legte er es darauf an, dass jemand dieses Unbehagen spürte, welches sich bei den meisten beim Anblick der leeren Seelenspiegel einstellte, doch obwohl es bei den beiden Gorillas hinter seinem platinblonden Widersacher ganz sicher wirkte, Malfoy zeigte keine Reaktion. Verwirrung machte sich in ihm breit. Malfoy sprach ungerührt weiter: „Noch dazu bist du doch selbst Schuld.“ Harry konnte das Grinsen in seinem Gesicht fast körperlich spüren, genau wie die Wut, die unaufhaltsam in ihm hochstieg. Was bitte konnte er denn dafür, dass Snape ihn hasste? „Du gibst ihm wahrlich genug Möglichkeiten dazu, dir eins auszuwischen.“, höhnte Malfoy. „Echt, Potter, ist dir noch nie aufgefallen, dass du ihm nie gewachsen sein wirst?“ Unfähig sich zu rühren, starrte Harry in Richtung seines Widersachers. Er hatte Recht damit! Snape saß am längeren Hebel, konnte ihm so viele Strafarbeiten verpassen, wie es ihm beliebte. Wenn er so weitermachte wie bisher, würde er sich an ihm aufreiben. Und wenn er sich in Zukunft fügte, verlor er sein Gesicht vor seinen Mitschülern. Aber so wie früher konnte es nicht weitergehen. Er würde, ohne sein Augenlicht, diesen Kampf ganz sicher verlieren! Es gab keine Chance für ihn! „Was ist denn, Potter? Hat es dir die Sprache verschlagen? Wirst du nun auch noch stumm?“ Von Ron und Hermione, links und rechts von ihm, hörte Harry wütendes Keuchen und Schnauben, doch er lächelte nur. Ein ehrliches Lächeln, das auf der Stelle das Flüstern seiner Mitschüler, die diesem Zwist begierig folgten, verstummen ließ. „Ich danke dir, Malfoy.“, sagte er, immer noch süß lächelnd. „Du hast Recht. Ich werde versuchen, das zu ändern.“ Sprachlosigkeit war sicherlich nichts, was ein Malfoy gewöhnt war, aber in diesem Moment fehlten dem Blonden die Worte. Was war denn mit Harry los? Er bot doch sonst immer Paroli. Hatte er etwa aufgegeben? Hatte er beschlossen, ihm den Sieg ihres nun vier Jahre andauernden Zweikampfes zu schenken? Wortlos beobachtete er, wie Hermione Harry unterhakte und sie ihn fortführte, doch bevor sie die Abzweigung zum nächsten Gang erreichten, blieb Harry noch einmal stehen und drehte sich zu ihm um. „Was ist los, Malfoy? Ich warte immer noch auf ein Contra!“, lächelte er. Draco Malfoy wurde wütend. Reichte ihm der Sieg von gerade nicht? Musste er ihm das auch noch unter die Nase reiben. Ein böses Grinsen erschien auf seinem Gesicht, war auch mit Sicherheit noch in seiner Stimme zu hören. „Ich freue mich, dass ich dir helfen konnte. Ich muss meinem geprügelten Rivalen doch helfen, damit er nicht nachlässt. Deine Blindheit…“ Harry unterbrach ihn, die Stimme voll Eis, das Gesicht ausdruckslos. „Glaube mir, ich brauche weder dein Mitleid, noch brauche ich deine Hilfe.“, sagte er. Raunen setzte ein, als er verstummte, doch Draco hörte es gar nicht. Wie ein König so stolz stand Harry da, nur zehn Meter von ihm entfernt. Seine grünen Augen blickten leer zu ihm hinüber, ließen ihn schaudern, konnte er doch nicht daraus erschließen, ob sie hasserfüllt oder wütend oder etwas ganz anderes waren. Seine beiden Freunde flankierten ihn wie die Berater eines Kaisers, immer auf sein Wohlergehen bedacht, nicht minder stolz. Es war eindrucksvoll und dennoch konnte er sich die in ihm aufkeimende Idee nicht verkneifen. Er machte eine elegante und spöttisch anmutende Verbeugung. „Sehr wohl, wie Eure Hoheit wünschen!“ Noch ein paar Sekunden stand Harry reglos dort in dem Gang, unter den mächtigen, steinernen Gratgewölben, dann wandte er sich ab und die Drei verschwanden. Malfoy begann zu lachen, steckte viele seiner Hauskameraden damit an, doch in seinem Inneren hasste er sich dafür. Er hatte Harry Schmerzen zugefügt, seelische Schmerzen, das hatte er genau gesehen, hatte ihm dieses süße Lächeln vom Gesicht gewischt. Dabei wollte er doch… Harry und seine Freunde kehrten in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors zurück, doch während Ron und Hermione wütend darüber diskutierten, was man mit Malfoy alles anstellen könnte, um ihn dafür büßen zu lassen, schwieg er beharrlich. „Wir sollten seinen Umhang in Flammen setzen, wenn er in Verwandlung nicht aufpasst.“, zischte Ron gerade. „Oder besser noch, du verzauberst seinen Stuhl in ein bissiges Krokodil!“ Hermione knurrte zustimmend, doch beide Jungen wussten, dass sie das nie tun würde, auch wenn ihr die Idee gefiel. Sie war einfach zu verantwortungsbewusst und bei weitem noch nicht wütend genug, um zu solchen Mitteln zu greifen. „Wir könnten auch einen Silenciumzauber über ihn sprechen, dann hört ihn niemand mehr und wenn er noch so sehr schreit!“ Hermione sah ihn erstaun an. „Du wirst ja richtig erfinderisch, Ron!“, sagte sie in gewissem Grade anerkennend. Dieser schwellte stolz die Brust. „Da kannst du mal sehen, Mione, dass ich doch nicht so hirnlos bin, wie immer alle sagen!“ Harry hatte das Gefühl, er wollte mit diesen Worten Eindruck bei ihr schinden, sie hatten so einen provozierenden Unterton… „Das habe ich dir schon hundert Mal gesagt.“, bemerkte das Mädchen spitz. „Du bist nur einfach zu faul zum Lernen!“ Ron schickte ihr einen bösen Blick. „Dann lege eben ich diesen Silenciumzauber über ihn.“, knurrte er wütend. „Lass es.“, mischte sich Harry nun doch ein, denn Ron war dazu auf jeden Fall in der Lage, wurde er doch nicht wie Hermione von Gewissensbissen geplagt. Zwei Köpfe flogen zu ihm herum, zwei ungläubige Blicke trafen ihn. „Harry, der hat dich verarscht und beleidigt!“ Ein Lächeln, wehmütig und ein wenig traurig, schlich sich auf seine Lippen. „Er kommt damit nicht klar.“, sagte er leise. „Er braucht ein wenig mehr Zeit, um zu sehen, dass ich nicht mehr mit ihm kämpfen werde.“ „Du willst nicht mehr…“ Rons Stimme war durchtränkt von Unglauben. „Aber, Harry, dann hat er gewonnen!“ Der Schwarzhaarige schnaubte verächtlich. „Der ganze Feindschaftsquatsch ist doch total albern. Er macht mir das Leben nur unnötig schwer. Ich habe momentan andere Sorgen, als Malfoy zu ärgern!“ Ron verstummte im Ansatz des nächsten Satzes, als sich Hermione einmischte. „Harry, bist du dir sicher? Ich meine, er war immer dein Ansporn, bis zum Äußersten zu gehen! Er war es doch, der dich vorangetrieben hat, deine Fähigkeiten zu verbessern! Damit du ihn schlagen kannst!“ Harry blickte überrascht auf, schloss seine Augen aber schnell wieder, als er das Unbehagen der Freundin spürte. So hatte er das noch nie gesehen. Trieb Malfoy ihn wirklich vorwärts? Er lachte, plötzlich unsicher. „Ich war mir sicher, Mione…“, antwortete er, kratzte sich verlegen am Kopf. „Bis eben.“ „Harry?“ Doch er gab keine Antwort mehr, hatte es nicht einmal gehört. Er starrte gedankenverloren auf einen Punkt zu Rons Füßen. Hermione hatte tatsächlich Recht. Malfoy war es gewesen, der ihn nach Gryffindor getrieben hatte, weil er nicht mit ihm in ein Haus kommen wollte. Malfoy hatte er auf dem Besen kriegen wollen, als er das erste Mal flog. Er hatte sich zum Letzten getrieben, um das Erinnerdich von Neville zu retten. Malfoy hatte ihn bei dem Duell im zweiten Schuljahr dazu gebracht, dass er Parsel sprach, dass er diese außergewöhnliche Fähigkeit entdeckte. Und seine Versuche, ihn, Harry, zu ärgern, indem er Buttons, Lieder oder Sprüche über ihn erfand, hatten das Band Harrys zu seinen Freunden nur noch stärker gemacht, ihn selbst gestärkt. War es also wahr, was Hermione sagte? War es Malfoy, dem er seine Fortschritte verdankte? Er konnte es nicht so recht glauben, aber… wenn nun doch? Das nächste Fach an diesem Morgen war Verwandlung. Und wieder hatten sie zusammen mit den Slytherins Unterricht, die immer noch wegen der vermeintlichen Demütigung zwei Stunden vorher lachten. Doch als Professor McGonagall kam, wurde es sofort still. Sie sprach ein paar einleitende Worte und verteilte dann Federn, die sie in Ratten verwandeln sollten. Es war einfache Wiederholung, um zu sehen, wie viele von ihren Fähigkeiten sie über die Ferien behalten hatten, doch trotzdem gab es ein paar Schüler, die es nicht schafften. Sie erschufen geflügelte Ratten oder (in Rons Fall) verpassten ihren Federn Rattenfüße und einen Schwanz. Hermiones Zauber war perfekt wie eh und je und außer ihr schafften es noch drei andere so gut: Blaise Zabini, Draco Malfoy und Parvati Patil. Harry seufzte. Eigentlich wollte er nicht, hatte ein wenig Bammel vor dem Ergebnis seiner Zauberei, weil er es ja selbst nicht sehen und beurteilen konnte, aber als Schüler konnte man sich nicht ohne weiteres weigern. Leise schwang er den Zauberstab, sprach den Spruch und richtete ihn auf die Stelle, von der er hoffte, dass dort die Feder lag. Lautes Rumpeln, Klirren, Krachen und Quieken ertönte, ein kleiner, erschrockener Schrei von Ron, als plötzlich der Tisch zu schrumpfen begann, zunehmend mehr tierische Ausmaße annahm und schließlich eine verängstigte, kastanienbraune Ratte die Flucht ergriff. Es herrschte tosende Stille im Raum, aller Augen ruhten mit einer Mischung aus Schreck, Entsetzen und Unglauben auf Harry. Dann brach plötzlich Gelächter los, als der Schwarzhaarige verlegen eine leise Entschuldigung murmelte, doch Professor McGonagall brachte alle zum Schweigen. Mit einer kurzen Bewegung ihres Zauberstabes fing sie das possierliche Tierchen ein, ließ es zu Harry und Ron hinüberschweben und verwandelte es in den Tisch zurück, der sie gewesen war. Mit einem zweiten Wink ordnete sie die zerbrochenen Dinge am Boden heile wieder auf dem Tisch an. „Mr Potter!“, bellte sie. „In mein Büro!“ Harry war geknickt. Was sollte er denn machen? War seine Zaubererkarriere etwa vorbei? Nur weil er nicht mehr sehen konnte? Würden sie ihn als unfähig abstempeln? Ihn vom Schulgelände entfernen lassen, weil sie ihm das Zaubern nicht mehr zutrauten, ohne eine Gefahr für alle darzustellen? Und dann blieb da noch die Frage, wie er McGonagalls Büro finden sollte ohne Rons Hilfe. Zumindest das ergab sich schneller als erwartet. „Miss Granger und Mr Weasley, begleiten Sie ihn und warten Sie ebenfalls im Büro.“ Schlimmer hätte sie ihn nicht treffen können. Seine Freunde konnten doch nun wirklich nichts dafür! Warum also sollten sie ebenfalls ins Büro? Wäre es nur Ron, hätte er davon ausgehen können, sie habe nur seinem Handicap Beachtung geschenkt, aber so… Johlendes Gelächter begleitete sie hinaus, wurde schließlich von der sich schließenden Tür verschluckt. Harry seufzte. „Tut mir Leid, Leute.“, sagte er reumütig. „Ich hätte mich nicht so blöd anstellen sollen…“ Doch Ron gab sicher nicht ihm die Schuld. „Sie könnte ruhig etwas nachsichtiger mit dir sein!“, schimpfte er wütend. „Schließlich bist du blind. Es kann doch mal vorkommen, dass du danebenzielst.“ Er nahm Harry am Arm, geladen wie er war, und zog ihn ruppig mit sich. „Außerdem hast du die Aufgabe doch gelöst. Das war eine perfekte Ratte! Sie war besser als Scabbers!“ Hermione beobachtete ihre beiden Freunde schweigend. Ob Harry wirklich nicht wusste, warum McGonagall mit ihm reden wollte? Ihrer Meinung nach lag das klar auf der Hand. Sie verstand nur nicht, warum auch sie aus dem Klassenraum beordert worden war. Sie war sich keines Vergehens bewusst und für die Sache mit dem Tisch konnte die strenge Hauslehrerin der Gryffindors sie auch nicht belangen. Das war nun wirklich unbestreitbar Harry gewesen. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie das auch so ohne Weiters geschafft hätte. Es war eine Sache, eine Feder zu verwandeln, aber gleich einen Tisch, der doch soviel größer war als eine Ratte… Harrys nächste Worte rissen sie aus ihren Überlegungen. „Ich finde es nett, dass sie mir nicht gleich Punkte abgezogen hat.“, sagte er. „Ich meine, wie hätten die Slytherins und Malfoy erst gelacht, wenn es zu der Strafe auch noch Minuspunkte gegeben hätte…“ Er wusste es also nicht. Und das andere hatte er auch nicht mitbekommen. „Malfoy hat gar nicht gelacht.“, bemerkte sie beiläufig. Ihre Stimme war leise, kaum zu hören. Und doch laut genug. „Was?“, rief Ron entsetzt, starrte sie ungläubig an. Sie zuckte abwehrend mit den Schultern. „Ja, er sah eher verblüfft aus, so als könne er es nicht glauben.“ Entschieden schüttelte der Rotschopf den Kopf. „Der Kerl hat wohl nicht gelacht, weil er Angst hatte, den Urteilsspruch zu verpassen!“, knurrte er überzeugt. „Malfoy lässt wie Snape nie eine Gelegenheit aus, Harry zu ärgern!“ Harry selbst nickte zustimmend. Er konnte sich nicht erinnern, dass Malfoy ihn jemals hatte ungeschoren davonkommen lassen, außer es war Dumbledore in der Nähe. „Wir sind da.“, unterbrach Hermione Rons stetig andauernde Antipredigt gegen Malfoy, die Harry schlicht aus seinen Gedanken ausgeschlossen hatte. Sie traten ein und ließen sich jeder auf einem der Stühle nieder, Ron immer noch schimpfend. Es war warm herinnen und es roch nach Rauch. Hatte McGonagall etwa ein Feuer angehabt? Mitten im Sommer? Wie hielt sie das aus? Oder hatte sie am Morgen mit jemandem gesprochen, so wie damals Sirius mit ihnen gesprochen hatte: Kopf in den Flammen? Keine zwei Sekunden, nachdem Harry dies gedacht hatte, kam McGonagall herein und Ron verstummte endlich. Ohne ein Wort rauschte sie an ihnen vorbei und ließ sich dann schwungvoll-elegant in ihren Sessel hinter dem schweren Schreibtisch sinken. Harry erhob das Wort: „Professor, es tut mir Leid. Ehrlich, dass ich…“ „Schweigen Sie.“, unterbrach sie ihn rüde, wandte sich sofort an Hermione. „Sagen Sie, Miss Granger, haben Sie mit Mr Potter diesen Spruch geübt?“ Das Mädchen starrte sie überrascht an, überlegte aber nicht eine Sekunde, bevor sie antwortete. „Ganz sicher nicht!“, sagte sie bestimmt. „Da wir es erst in der letzten Woche vor den Fe…“ „Schon gut, Miss Granger. Mr Potter, haben Sie den Spruch über die Ferien allein geübt?“ „Nein, Professor McGonagall.“ Harry verstand nicht, was sie von ihm wollte. „Wie kommt es dann, dass Sie ihn ganz offensichtlich in fortgeschrittenen Dimensionen anwenden können?“ Der Schwarzhaarige blinkte. „Ich verstehe nicht…“ „Ich meine…“, erklärte sie ungeduldig, „…dass es Ihnen in Ihrem Alter schlicht nicht möglich sein dürfte, einen Gegenstand, groß wie ein Tisch, in etwas so Kleines wie eine Ratte zu verwandeln. In einen Hund, gut, aber in eine Ratte…“ „Mensch, Harry, du…“ „Schweigen Sie, Mr Weasley!“, ging die Lehrerin dazwischen. Augenscheinlich war sie ziemlich aufgewühlt. „Ich möchte, dass Sie das noch einmal versuchen.“, sprach sie nun wieder Harry an. „Verwandeln Sie meinen Tisch in eine Ratte.“ Der Angesprochene zögerte kurz, zückte dann aber seinen Zauberstab und richtete ihn auf den Schreibtisch. Erst die Bewegung, dann der Spruch, wie sie es gelernt hatten. Der massiv hölzerne Tisch wurde weich und zur Ratte, während alles, was darauf stand, zu Bruch ging und das verschreckte Tierchen unter sich begrub. Harry wurde rot. „Es tut mir Leid, ich…“ „Das ist faszinierend.“ McGonagall hörte ihm gar nicht zu, beförderte mit ihrem Zauberstab alles in seinen Urzustand zurück. „Wirklich unglaublich.“ Sie sah kurz zu dem Jungen mit der Blitznarbe hinüber. „Jetzt noch einmal.“ Ein Nicken und Harry tat, was sie verlangte. Abermals ging alles zu Bruch, abermals reparierte sie alles, ihr Gesicht versteinert. „Sie können gehen.“, sagte sie. Ron, Harry und Hermione erhoben sich erleichtert, doch McGonagall hielt sie zurück. „Sie beide brauche ich noch ein wenig.“, ließ sie verlauten. „Mr Potter, warten Sie bitte draußen auf ihre Freunde.“ Der Rotschopf brachte seinen verwirrten Freund vor die Tür und kehrte dann zurück, setzte sich, innerlich angespannt. Was konnte die Lehrerin noch von ihm wollen? „Mr Weasley, ich finde es wirklich außerordentlich nett von Ihnen, wie sehr Sie sich um unseren jungen Mr Potter bemühen, dennoch bitte ich Sie, lassen Sie es… Nun ja, stellen Sie ihn öfter vor Herausforderungen, legen Sie ihm nicht alles in den Schoß. Es ist erstaunlich, wie viel magisches Potential in ihm schlummert, doch wenn er es nicht nutzt und trainiert…“ Sie unterbrach sich. „Achten Sie einfach darauf, dass er sich nach und nach daran gewöhnt, wieder selbstständiger zu werden. Ich brauche Sie als Vertrauensschüler.“ Rons Augen weiteten sich. „Ich soll…“ „Ja, sollen Sie. Hier ist das Abzeichen. Allerdings haben Sie es unter Vorbehalt. Vernachlässigen Sie unseren jungen Harry Potter nicht.“ Mehr als ein Nicken brachte Ron nicht zustande, als er das silberne Emblem von ihr entgegennahm. „Sie können auch gehen.“ Wortlos verließ der Rotschopf das Büro der Lehrerin. Er traf im Flur auf Harry, der, die Kopfhörer im Ohr, an der Wand lehnte und nicht einmal bemerkt zu haben schien, dass Ron auch entlassen war. „Hey, Harry! Sieh mal, ich bin ab heute Vertrauensschüler!“ Harrys Lächeln über Rons Begeisterung war echt. Er freute sich für Ron, der nahezu aus dem Häuschen war wegen der unverhofften Auszeichnung, doch er hatte gelauscht und gehört, was McGonagall gesagt hatte, das mit dem Vorbehalt. Er gefiel ihm nicht. Dass Ron sein Wohlbefinden vor sich selbst stellen sollte, passte ihm nicht. Er fand es nicht fair. Dann trat auch Hermione wieder aus dem Büro der Hauslehrerin. Sie sah verwirrt aus, beinahe zerknirscht. Ron bemerkte es sofort. „Was hast du, Mione?“ Er konnte den glücklichen Unterton nicht aus seiner Stimme verbannen. „Nichts!“, gab sie in frostigem Tonfall zurück, der das genaue Gegenteil bewies. Harry fragte sich, was zwischen ihr und McGonagall vorgefallen war, doch diese Frage laut zu stellen, traute er sich nicht. Er hielt es für klüger, sie nicht darauf anzusprechen. Und auch Ron ließ es dabei bewenden. Sie kehrten zurück in den Raum für Verwandlung. Lachen, als sie die Tür öffneten, als sie sich setzten. Dumme Sprüche aus allen Mündern, Fragen nach der Strafe. Aber keiner der Drei antwortete. Sie hatten sich stumm darauf geeinigt, die anderen dumm bleiben zu lassen. Dann betrat Professor McGonagall wieder den Raum und die Stille kehrte zurück. Die verbliebene Zeit verharrte Harry schweigend auf seinem Platz, lauschte der Musik aus seinem MP3-Player und beachtete weder Ron neben sich, der immer wieder versuchte, ihn anzusprechen, noch Deans neugierige Fragen von vorne, wie denn die Strafe nun ausgefallen war. Im Grunde wollte er nur noch seine Ruhe. Während des Mittagessens verbreitete sich Harrys Missgeschick unter der gesamten Schülerschaft und nun lachten bei weitem mehr. Seltsamerweise blieb dieses selten dämliche Verhalten auf die unteren fünf Klassen beschränkt. Die oberen Stufen lachten nicht, befanden es aber auch nicht für nötig, die Jüngeren über ihre diesbezüglichen Gründe aufzuklären. Aber Fred und George Weasley amüsierten sich dafür umso mehr, wenn auch aus anderen Gründen. „Hey, Harry!“, rief Fred enthusiastisch grinsend, kam zu ihm. „Mach das noch mal. Verwandle den Tisch in eine Fledermaus!“ „Haha.“, murrte der Schwarzhaarige missgelaunt. Mussten ihn nun auch noch die Zwillinge nerven? Er hatte gedacht, dass wenigstens seine Freunde auf seiner Seite sein würden. „Nein, im Ernst jetzt!“, mischte sich George ein und tauchte unvermittelt hinter seinem Bruder auf, legte diesem einen Arm um die Schultern und stütze sich auf ihn. „Wenn du das mit allen vier Tischen auf einmal machst, haben die Lehrer die größten Probleme, sie wieder einzufangen, und wir haben den Tag über frei, weil sie beschäftigt sind!“ „Das funktioniert doch nie!“, ließ sich Hermione mürrisch vernehmen. Sie war seit dem Zwischenfall in McGonagalls Büro schlecht gelaunt und ließ das auch jeden, der in ihren Augen unangenehm auffiel, spüren. Doch sie wurde ignoriert. „Denk doch mal nach, wie unberechenbar die Flugbahnen dieser Viecher sind!“, rief George aufgeregt und seine Stimme überschlug sich fast. Er spannte vor unterdrückter Vorfreude die Muskeln an. Fred ächzte, wurde er doch von seinem übermütigen Bruder gewürgt, und bohrte ihm spielerisch warnend einen Ellenbogen in den Magen. Sofort ließ der Druck nach. „Klar.“, knurrte Harry, das Geplänkel der beiden mühsam ignorierend. Sie nervten ihn. Am liebsten würde er sie auf den Nordturm hexen. Außerdem… „Und ich krieg den Ärger. Macht’s doch selbst, wenn ihr das für so eine geniale Idee haltet.“ Die Zwillinge wechselten einen Blick. „Äh, Harry, dir scheint nicht klar zu sein, dass die meisten Schüler dieser Schule das nicht schaffen würden.“ Harry lächelte gekünstelt. „Natürlich.“ Er glaubte ihnen nicht, soviel stand schon mal fest. Wieder wechselten sie Blicke. „Hör zu, Harry.“, begann George, ließ Fred los und drängte Ron kurzerhand von seinem Platz, als er sich zwischen ihn und Harry quetschte. „Du solltest ein bisschen mehr Selbstvertrauen entwickeln, auch wenn du blind bist. Früher hattest du doch auch keine Minderwertigkeitskomplexe. Die Fähigkeit, in deinem Alter einen so großen Tisch in ein so winziges Viech zu verwandeln, zeugt von großem Talent, also…“ „…nutze es und mache Dinge, die andere nicht können.“ Fred setzte sich auf seine andere Seite, sein Ton wieder unverschämt frech. „Verwandele diese Tische in Fledermäuse.“ „Oder besser noch: In Schnaken! Oder in Fliegen, die sind schneller!“ Hinter Fred wurde es plötzlich ganz still und diese Stille breitete sich allmählich in der ganzen Umgebung aus. Eine düstere Stimmung ließ die Zwillinge verstummen und aufblicken, als sich Hermione drohend langsam erhob. Ihre Augen waren unter ihrem Pony verborgen, blitzen darunter hervor, als sie sich zu den Zwillingen umdrehte. „Wollt ihr Harry etwa anstiften?“, fragte sie ruhig, aber mit einer gehörigen Portion Eis in der Stimme. Freds unsicheres Grinsen war Beweis für sein Unbehagen, als er ihre Hand auf seiner Schulter spürte. „Wo denkst du hin, Mione!“ Dann wurden seine Augen groß, als auch Ron sich erhob, den gleichen ungnädigen, an Wut grenzenden Ausdruck auf dem Gesicht, seine Hand leicht auf Georges Schulter legend. „Es hörte sich aber verdammt danach an.“ Harry grinste in sich hinein, als er die Angst der Zwillinge spürte, ließ sich aber nichts anmerken, sondern aß seelenruhig weiter, als ginge ihn das alles nichts an. Ron und Hermione würden das schon regeln. Da brauchte er sich nun wirklich keine Gedanken zu machen. „Wir würden so etwas doch niemals tun!“, versuchte es diesmal George die beiden abzuschütteln. „Nicht wahr, Harry?“ „Ja, wir kämen niemals auf solche Gedanken!“, sprang Fred seinem Bruder bei, stand von der Bank auf und duckte sich unter Hermione Hand weg. „Das müsst ihr uns glauben!“ Auch George wand sich unter dem Griff der Verantwortung hervor. „Seit wann mischt du dich eigentlich in unsere Angelegenheiten ein, Ronald-Sweathea…“ Ihm blieb das Wort im Halse stecken, als er das Vertrauensschülerabzeichen auf Rons Brust blinken sah. „Oh, oh, da wird Mummy aber stolz sein!“ Er wechselte wieder einen Blick mit Fred und sie grinsten. „Sollen wir ihr sagen, welch einen braven Sohn sie hat?“, fragten sie unisono. „An eurer Stelle würde ich jetzt flüchten.“, ließ sich Lee Jordans Stimme vernehmen und er tauchte neben ihnen auf. „Die beiden sehen echt nicht so spaßig aus, vor allem Ron…“ Die beiden Weasleys befolgten den gut gemeinten, wenn auch etwas gehässig klingenden Rat ihres Freundes auf der Stelle und verdrückten sich mit einem frechen Grinsen und einem bösen Gruß Richtung Ausgang. „Das sind vielleicht zwei Spaßvögel.“, bemerkte Jordan grinsend. „Aber Harry, sag mal…“ Zwei funkelnde Blicke brachten ihn zum Schweigen und er schloss sich mit einem entschuldigenden, nicht minder frechen Schulterklopfen an Hermione seinen beiden Scherzkameraden an. Ron und Hermione setzten sich wieder hin, als wäre nichts geschehen. „Ihr könnt echt Furcht erregend sein.“, grinste Harry. „Aber erst mal danke für die freundliche Unterstützung.“ „Nichts zu danken!“, kam es von Hermione, immer noch ein wenig steif. „Das haben wir doch gerne gemacht!“ Und Ron konnte man es anhören, dass er das wirklich genossen hatte, seine beiden Brüder in ihre Schranken zu verweisen. Harry grinste nur vor sich hin. In diesem Moment eben hätte man die beiden durchaus mit Fluffy, dem dreiköpfigen Hund von Hagrid, der in seinem ersten Schuljahr die Falltüre und damit den Stein der Weisen bewacht hatte, vergleichen können. Scharf, die Zwei! Am Nachmittag hatten sie schließlich Pflanzenkunde bei Professor Sprout mit den Hufflepuffs zusammen. Und im Grunde war ja nichts wirklich Schlechtes an dem Fach, doch für Harry war es ernüchternd. Professor Sprout ließ ihn sich einfach auf einen Stuhl setzen und erwartete von ihm nichts weiter, als dass er zuhörte. Da hatte er den Beweis. Man hielt ihn für untauglich. Um wenigstens nicht ganz untätig zu sein, ließ Harry seine Feder jedes Wort der Lehrerin mitschreiben. Es ging um einen magischen Strauch, den man auf ganz bestimmte Art und Weise beschneiden musste, damit er einem nicht irgendwann um die Ohren flog, weil er sich für die Unfähigkeit des Scherenführers rächen wollte. Es war einfach nur faszinierend. Doch als es ans praktische Arbeiten ging, hatte der Schwarzhaarige endgültig nichts mehr zu tun. Gelangweilt hockte er auf seinem Stuhl und lauschte den Gesprächen der anderen, was ihm schlussendlich dann auch zu blöd wurde. Er holte seinen MP3-Player aus der Tasche und kapselte sich so vollständig von seiner Umwelt ab, während er uralten Liedern von den Beatles und neuerem Heavy Metal lauschte. Bis es plötzlich einen lauten Knall gab, der eindeutig nicht aus dem Rhythmus seiner Musik kam. Er stöpselte die Hörer aus den Ohren und versuchte anhand der Geräusche und dem Chaos um sich herum zu erfassen, was vorgefallen war. Es war nur dämlich. Offensichtlich hatte einer der Hufflepuff-Schüler eine der Pflanzen zu tief geschnitten, wobei die Pflanze aus purem Selbstschutz explodiert und in tausend Teile zerfallen war. Nach dem Knall zu urteilen, war es ein recht großes Exemplar gewesen. Er hörte Professor Sprout schimpfen, auf den Täter und die Welt im Allgemeinen, dann wurde ihre Stimme plötzlich besorgt. „Mr Thomas, können Sie aufstehen?“ Ein leises Stöhnen war Antwort. Es hatte also Dean erwischt. „Miss Granger! Bringen Sie Mr Thomas in den Krankenflügel. Mr Lawrence, folgen Sie den beiden und nehmen Sie unseren Unglücksraben mit. Die anderen arbeiten bitte weiter. Und seien Sie ein wenig vorsichtiger. Sie haben ja gesehen, was passieren kann.“ Danach kehrte Schweigen ein, bedrückendes, ängstliches Schweigen. Und zu Harrys großem Erstaunen war es am Ende Neville Longbottom, der als erster fertig war und dies zaghaft verlauten ließ. Zehn Minuten später waren die Stunden vorbei und Harry verließ zusammen mit Ron das Gewächshaus und sie machten sich auf, zurück zum Schloss. Auf halbem Wege begegnete ihnen Katie Bell, der neue Kapitän des Gryffindor-Quidditch-Teams, die sie ganz offensichtlich schon erwartet hatte. Ihr schlechtes Gewissen war deutlich spürbar, so wie sie herumdruckste, als sie sie ansprach. „Hi… Hallo… Harry…“ Harry nickte nur. Er ahnte, was jetzt kommen würde. „Ich muss… ich… wir…“ Schweigend wartete Harry. Er hatte nicht die Absicht, es Katie einfacher zu machen, indem er selbstlos behauptete, es würde ihm nichts ausmachen, aus der Quidditch-Mannschaft ausgeschlossen zu werden. Wenn sie ihn loshaben wollte, dann sollte sie ihm das auch sagen. Katie Bell holte einmal tief Luft, bevor sie seine innere Mauer überwand und aussprach, weswegen sie gekommen war. „Wir haben wegen deiner Behinderung einen neuen Sucher bestimmt. Es tut mir wirklich Leid, aber ich muss an das Team denken!“ Harry lächelte kühl. „Wer wird fliegen?“ Bell, erleichtert, dass Harry offenbar verstand und nicht sauer auf sie war, lächelte zurück. „Ginny Weasley!“ Der Schwarzhaarige nickte. Er wusste, sie konnte gut fliegen und hatte ein schnelles, scharfes Auge. Es war besser so für das Team, aber… Wieso konnte er sich dann nicht für Ginny freuen? Er lächelte breiter, ein wenig kälter noch. „Auf Wiedersehen, Katie.“, sagte er, ging dann an ihr vorbei, einfach ins Blaue hinein, da Ron noch vor ihr stand und sie mit offenem Mund ansah. „Ginny? Du meinst meine Schwester?“, fragte er ungläubig. Katie nickte bestätigend, fast schon stolz. „Sie ist wirklich gut!“ Ron nickte ebenfalls, verabschiedete sich nachdenklich und schloss dann zu Harry auf, nahm behutsam seinen Arm. „Ist alles okay?“ Er wusste, dass Harry daran schwer zu knabbern haben würde. Doch der Junge, der lebt, lächelte nur und nickte dann. „Natürlich. Das war doch klar. Ich habe damit gerechnet.“ Nach außen hin wirkte er völlig ruhig, doch in seinem Inneren brodelte der Selbsthass. Er wollte doch nur fliegen! Nichts weiter! Nur fliegen! Oh, wie sehr er seine Augen dafür hasste. Wie sehr er seine eigene Schwäche hasste! „Ron, ich will nach oben.“ Der Rotschopf nickte verstehend. War wohl doch nicht alles so okay, wie er sagte. In seinem Zimmer angekommen, ließ sich Harry aufs Bett fallen und schloss erschöpft die Augen. „Harry?“ Ron stand unschlüssig neben dem Himmelbett und sah besorgt auf seinen Freund hinunter. „Es ist alles in Ordnung, Ron, lass mich einfach in Ruhe.“, murmelte der Junge müde. „Versteh mich nicht falsch, aber ich möchte jetzt ein wenig allein sein.“ Ron ging, aber nicht ohne vorher noch einen prüfenden Blick in Harrys blasses Gesicht geworfen zu haben. Dem Schwarzhaarigen ging es offenbar nicht besonders gut. Vielleicht sollte er mal mit Hermione darüber sprechen… Harry zog die Vorhänge seines Himmelbettes zu, kaum dass Ron gegangen war, und sprach den Rest des Abends kein Wort mehr. Das Abendbrot ließ er ausfallen und auch Rons gut gemeintes Mitbringsel ließ er links liegen. Er hasste es. Er hasste es, auf jemanden angewiesen zu sein. Er hasste es, Ron für seine Hilfe nichts wiedergeben zu können. Er hasste sich dafür, den Freund ständig zu behindern, immer an seiner Seite zu kleben. Er hasste sich dafür, nicht mehr fliegen zu können, was ihm sonst in solchen Situationen immer geholfen hatte. Er hasste sich dafür, nichts sehen zu können, ständig Dinge falsch zu machen deshalb, hasste diese ständige Unsicherheit, die Blindheit mit sich brachte, diese unendliche Schwärze, die ihn ständig verfolgte, hasste seine Hilflosigkeit. Die anderen hatten schon Recht damit, wenn sie sagten, dass er nutzlos war. Sie wussten wohl, wovon sie sprachen… Sah man ja auch daran, dass er Cedric Diggory damals nicht hatte retten können --- wie er von manchen hinter seinem Rücken tuschelnden Ravenclaws gehört hatte, war er auch an dessen Tod schuld. Ihrer Meinung nach hatte er diese Strafe des Schicksals verdient und Harry begann das zu glauben. Es passte so wunderbar. Er konnte sich die Schuld geben, musste nicht mehr damit leben, dass es eine Ungerechtigkeit war. Er hatte eine Sünde begangen und die Strafe dafür erhalten… Das, in etwa, waren die Gedanken, die ihn beschäftigten. Und sie sorgten dafür, dass er in Selbsthass versank. Verzweifelte Heilungsversuche ----------------------------- Titel: Verzweifelte Heilungsversuche Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Für Viebie, meine kleine, süße, wenn auch verrückte Schwester! Kapitel 6: Verzweifelte Heilungsversuche Die Gedanken schlugen sich auch auf seine Laune nieder. Beim Frühstück am nächsten Morgen sprach er kaum ein Wort, aß fast nichts und wenn ihn jemand anquatschte, knurrte er nur unfreundlich und entschuldigte sich kurz darauf dafür mit der Ausrede, er habe schlecht geschlafen. Es war, als würde über seinem Kopf eine dicke, schwarze Wolke hängen. Man akzeptierte es achselzuckend und ließ ihn in Ruhe. Jedenfalls die meisten. Das galt allerdings nicht für die Slytherins. „He, Potter!“, hallte es zu ihm herüber, als er sich nach dem Frühstück mit Ron und Hermione auf den Weg zu Hagrid und damit zu Pflege magischer Geschöpfe befand. „Was wirst du heute tun? Rumsitzen und deine Umgebung in Ratten verwandeln, um nicht ganz so nutzlos zu erscheinen?“ Gelächter folgte. Harry schloss die Augen, versuchte die hämischen Stimmen auszublenden, um nicht auch noch sie in seinen Träumen hören zu müssen, bis ihm plötzlich auffiel, dass eine fehlte. Das charakteristische, hämische Lachen Malfoys konnte er nicht ausmachen. War der blonde Mistkerl etwa nicht da? „Ron?“, unterbrach er seinen Freund, der Hermione gerade von seiner glorreichen Schachpartie gegen Parvati Patil heute beim Frühstück erzählte, die sie zweifellos von Anfang an gesehen hatte. „Ist Malfoy da?“ Der Rotschopf wandte sich erstaunt zu ihm um. „Was willst du denn von dem?“ In seiner Stimme schwang ehrlicher Unglaube mit, doch Harry ignorierte es. „Ist er da?“ Die Antwort kam von Seamus, der zu ihnen aufgeschlossen hatte, weil Dean versuchte, ein ernstes Gespräch mit Parvati zu führen. Er wollte sie wegen dem verlorenen Spiel trösten. „Ist er. Er spricht mit Parkinson.“ „Warum fragst du?“, mischte sich Ron wieder ein. „Nur so.“ Malfoy war also anwesend. Und dennoch ärgerte er ihn nicht. War Parkinson ihm etwa so wichtig, dass er sein liebstes Hobby zu ihren Gunsten zurückstellte? Oder sah er ihn einfach nicht mehr als kompetenten Gegner an? Dachte er vielleicht, dass Harry ihm nicht mehr gewachsen war? ,Ich muss meinem geprügelten Rivalen doch helfen...', hallte es höhnisch durch seine Gedanken. Das musste es sein. Also hielt Malfoy ihn tatsächlich für unfähig, genau wie neun Zehntel der Schule, so sehr, dass er ihn sogar links liegen ließ dafür. Der Gedanke deprimierte ihn noch mehr, als er ohnehin schon war, verschlechterte seine Laune noch. Wie ein dunkler Schatten legte sich dieses Gefühl um ihn, ließ seine Mitmenschen auf Abstand gehen. Doch Pflege magischer Geschöpfe machte es teilweise wieder wett. Von Hagrid wurde er nicht nur auf die kalte Bank gesetzt. Er konnte tatsächlich mitmachen, da sich eine der zu untersuchenden Vampirfledermäuse zu ihm flüchtete und dann den gesamten Unterricht lang am Saum seines Umhangs klettete. Und während er Musik hörte, versuchten die anderen verzweifelt, die Tiere zu füttern, zum Schlafen zu bewegen und zu melken, denn letzteres war der eigentliche Arbeitsauftrag. Harry hatte es sich einfach gemacht und hatte mit einem Zauber dafür gesorgt, dass das Vieh schlief und später Ron gebeten, es für ihn zu melken, da er es nicht durch sein Ungeschick verletzen wollte. Der Rotschopf war regelrecht glücklich darüber gewesen, dass er nun doch noch zu seiner Milch kam, nachdem seine Fledermaus sich mit einem ärgerlichen Schrei Richtung Westturm verdrückt hatte. Im Grunde war die Stunde witzlos. Weder waren die Tiere magisch, noch sonderlich besonders, da der gesamte Westturm voll von den Viechern war. Hagrid hatte Snape lediglich einen Gefallen tun wollen und deshalb seine Schüler die Milch sammeln lassen. Und auf dem Rückweg zum Schloss war es ihm dann aufgefallen. Rons Hand an seiner Schulter war ein wenig wärmer und er war nervös geworden, hatte zu ihm rüber gesehen. Kurz darauf hatte er Hermione an seiner Seite gespürt, die sich für ihr Verhalten am Morgen entschuldigte, wo sie ihn wegen Patil ziemlich kalt behandelt hatte. Rons Finger hatte sich fast schmerzlich in seine Schulter gekrallt. Hatte er da was verpasst? Lag es etwa an Hermione? War sie es, die Ron so nervös machte? War er etwa in sie... Harry begann zu grinsen und beschloss im Stillen, mal darauf zu achten, was die beiden taten, wenn sie sich unbeobachtet glaubten. Das konnte durchaus interessant werden. Die Antwort kam schneller, als erwartet. Sie waren nach dem Mittagessen auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors und allein auf dem Gang, als Ron ihn plötzlich mit sich zog, zu ihr aufschloss und still und leise ihre Hand nahm. Sie wirkte zwar verwundert, aber nicht wirklich abgeneigt. Harrys Grinsen wurde breiter. Also doch. Wie süß... Die Frage war nur, ob er sich darüber freuen oder doch besser eifersüchtig sein sollte. Beides erschien ihm affig. Und dann fiel ihm etwas ein. Ron und Hermione waren niemals ungestört. Er, Harry, war immer dabei. Und Ron würde ihn nie freiwillig alleine lassen, sein neu aufgeflammtes Pflichtbewusstsein hinderte ihn daran! Schuldgefühle überrannten ihn, ließen den Selbsthass wieder aufkochen. Jetzt war er nicht nur unnütze, sondern auch noch ein Klotz am Bein seines besten Freundes, ein wahrer Störfaktor. Dagegen musste er unbedingt etwas tun. Er musste mit McGonagall sprechen. Jetzt gleich. Sofort! „Ron?“ Der Angesprochene zuckte leicht erschrocken zusammen, ließ Hermiones Hand los, doch Harry schob das Grinsen ob des Gedankens an sein ertapptes Gesicht beiseite, bevor es sich manifestieren konnte. „Wie komme ich von hier aus zu McGonagall?“ „Was willst du denn bei der?“, mischte sich das Mädchen neugierig ein. Es war fast so, als versuche sie, das Händchenhalten zu überspielen. Harry zuckte unbeholfen mit den Achseln. „Mit ihr reden.“ Er wusste, die beiden warfen sich einen fragenden Blick zu, aber es konnte ihm egal sein. Er konnte es ja doch nicht ändern. „Wir bringen dich hin.“, sagte Ron dann schnell entschieden und schon machten sie eine volle Kehrtwendung. Nur kurze Zeit später klopfte Harry an die massiv hölzerne Tür zu McGonagalls Büro. Hermione und Ron standen hinter ihm. Ein ,Herein' ertönte und Harry drehte sich erleichtert lächelnd zu seinen Freunden um. „Ihr müsst nicht auf mich warten. Es könnte länger dauern.“ Ron hatte sofort Einwände. „Aber Harry, du weißt, dass du den Weg zurück nie alleine finden wirst.“ Und Hermione setzte noch eins drauf. „Du wirst zu spät zu Zauberkunde kommen!“ Harrys Lächeln wurde breiter, versteckte seinen Widerwillen angesichts der übertriebenen Fürsorge seiner beiden Freunde. „Ich komme schon zurecht. Danke, euch Zweien.“ Damit drehte er sich um und betrat McGonagalls Büro, die schon ungeduldig ein zweites Mal hereingebeten hatte. „Mr Potter!“, rutschte es ihr überrascht heraus, als sie ihn erkannte, doch sie fing sich recht schnell wieder, überspielte ihre Überraschung fast ebenso gekonnt wie Harry seinen Unwillen kurz vorher. „Was kann ich für Sie tun?“ Harrys Lächeln verschwand kurz und kehrte wieder, bevor er antwortete: „Ich wollte Sie fragen, ob es wohl einen Zauber gibt, der es Blinden ermöglicht, sich selbst zurechtzufinden.“ Er machte ein paar unsichere Schritte in den Raum hinein, tastete, bis er mit den Fingern den Stuhl gefunden hatte. Professor McGonagall konnte es nicht fassen. „Wo ist Mr Weasley?“, fragte sie gerade heraus, ließ ihr Missfallen bezüglich der Situation erkennbar werden. Hatte sie nicht deutlich gemacht, dass Ron Weasley Harry Potter nicht vernachlässigen sollte? Harry wurde ernst. „Ich habe ihn weggeschickt. Ich will ihm nicht dauernd zur Last fallen!“ Professor McGonagall stutzte erst und lächelte dann leise. „Ich verstehe.“, murmelte sie. „Setzen Sie sich.“ Harry tat, wie ihm geheißen, hielt sein Gesicht dann aufmerksam auf sie gerichtet. Und auch bei ihr stellte sich schon nach kurzer Zeit dieses Unbehagen angesichts seiner Augen ein. Warum konnten sie es alle nicht ertragen? Er schloss sie halb. Die Spannung ging. „Ich habe schon darüber nachgedacht, ob es einen solchen Spruch gibt, doch ich muss Sie enttäuschen. Außer dem Auge Moodys gibt es nichts. Und ich glaube kaum, dass Sie ein solches Auge haben wollen. Es ist... wie soll ich sagen? ...nicht besonders schick.“ Sie seufzte, als sie Harrys Enttäuschung, die er wirklich angestrengt zu verstecken versuchte, bemerkte. Der Junge konnte einem aber auch Leid tun. Erst musste er ohne Eltern aufwachsen und sich auch noch dafür rühmen lassen, dann hatte er ständig Probleme mit dem Unnennbaren, weil er sich an ihm rächen wollte, und schlussendlich wurde er blind. Das, was das Schicksal Harry da aufbürdete, war wirklich nicht mehr fair. Und dann fiel ihr etwas ein. „Professor Snape könnte über das Wissen eines bestimmten Spruches verfügen. Vielleicht kann er Ihnen helfen.“ Harry erstarrte, das Gesicht zu Boden gewand. Seine Finger krallten sich hoffnungslos in das Polster des Stuhls. Snape würde ihm doch nie und nimmer freiwillig helfen! Er würde ihn eher zum Teufel jagen und Dumbledore einen Kuss geben! „Ich werde Ihnen einen Brief mitgeben, mit dem Sie diesen Nachmittag, nach Ihrem Unterricht wohlgemerkt, zu ihm gehen werden.“ Diese Aussicht begeisterte Harry nicht im Geringsten, doch um wieder sehen zu können, würde er noch viel mehr tun. Es war ein geringer Preis, sich von Snape verarschen zu lassen, und die Aussicht zu haben, lebenslang genau das von ihm unter die Nase gerieben zu kriegen. „Nun kommen Sie, ich bringe Sie zu ihrem Unterricht bei Professor Flitwick.“ Harry gehorchte, steckte den Brief, den sie ihm reichte, in seinen Umhang und folgte seiner Lehrerin, die ihn an der Schulter führte und dirigierte. Wenn ihm Snape helfen konnte, würde er sich nach Kräften bemühen, Freundschaft und Frieden mit ihm zu schließen. Er würde ihm alles vergeben! Jede Gemeinheit der letzten vier Jahre! Jede Gemeinheit, die noch kommen würde! Pünktlich vor Unterrichtsbeginn lieferte McGonagall ihn vor dem Klassenraum bei Ron und Hermione ab, verabschiedete sich mit freundlicher Strenge, da sie selbst noch Unterricht zu geben hatte. Sofort wurde Harry von seinen Freunden umzingelt. „Was hast du bei ihr gewollt?“, kam Hermiones erste Frage wie aus der Pistole geschossen. Sie ließ ihm keine Zeit, sich zu orientieren. „Und was hat sie gesagt?“, schloss sich Ron neugierig an, legte ihm einen Arm um die Schultern. Harry seufzte. Eigentlich wollte er das niemandem sagen, aber sie waren seine Freunde. Ihnen musste er es wohl mitteilen. „Ich suche eine Möglichkeit, wie ich...“, begann er drucksend, doch er verstummte, als er durch das Stimmengewirr der Schüler die hastigen Schritte Professor Flitwicks vernahm. Er wandte aufmerksam den Blick, lächelte unwillkürlich. Zum ersten Mal kam ein Lehrer genau im richtigen Augenblick. Er würde es den beiden jetzt nicht sagen müssen und vielleicht konnte er es hinausschieben, bis er eine Lösung gefunden hatte. „ Später. Der Unterricht beginnt.“, sagte er, schloss die Augen und machte ein paar zaghafte Schritte Richtung Tür, bevor Ron ihn einholte und unterhakte. Er stieß gegen niemanden. Es war für Zuschauer, als würde er sehen, wohin er ging. Und dann kam ihm eine Idee. Wenn er hören könnte wie eine Fledermaus, Echolot oder so was nutzen könnte, könnte er ohne seine Augen zu brauchen ,sehen'. Ob es einen solchen Spruch gab? Wenn Snape ihm nicht helfen konnte, dann würde er sich danach erkundigen. Irgendjemand würde schon einen Spruch kennen, der ihm half. Sie erreichten ihre Plätze und setzten sich. „Was wolltest du doch gleich sagen? Im Bezug auf McGonagall meine ich?“ Harry seufzte erneut. Gottlob ihre Neugier, aber heute war sie in ihrer Penetranz einfach nur lästig. Er lächelte. „Es ist privat.“, erklärte er. Ihren angesäuerten Blick konnte er regelrecht spüren. „Und du kannst es nicht einmal uns sagen.“, stellte Hermione bissig fest. Der Schwarzhaarige senkte traurig den Kopf angesichts der Kälte in ihrer Stimme, während sein Lächeln nur noch breiter wurde. „Wäre mir lieber so.“, flüsterte er. „Wirklich. Nimm es nicht persönlich...“ Sie erwiderte nichts. Ob es nun daran lag, dass sie beleidigt war, oder am beginnenden Unterricht wusste er nicht zu sagen, aber er hatte das ungute Gefühl, es war ersteres. Flitwick begann ohne Umschweife original da, wo er das letzte Jahr aufgehört hatte, ließ sie die ganze Zeit zaubern. Harry hielt sich zurück, spürte er doch, dass etliche Schüler immer wieder zu ihm sahen in der Hoffnung, er würde wieder so einen Fehler machen wie in McGonagalls Unterricht. Er tat gar nichts, lauschte nur den Kommentaren über die Ergebnisse, bis er plötzlich direkt von Professor Flitwick angesprochen wurde. „Mr Potter, warum versuchen Sie nicht Ihr Glück? Denken Sie, Sie hätten es nicht nötig?“ Die Spruchaufsagungen um sie herum verebbten augenblicklich und es wurde mehr als ein Spruch mittendrin unterbrochen. Alles wartete gespannt auf Harrys Antwort. Wie würde ihr neuer Chaot auf diese offensichtliche Herausforderung reagieren? Harry lächelte. „Nicht im Geringsten.“, erwiderte er höflich. „Ich wollte nur vermeiden, einen Querschläger loszulassen.“ Irritiert sah der Lehrer ihn an, konnte das verwirrende Getuschel um sie herum nicht begreifen. Harry hatte ihn mit seiner Aussage vollkommen aus der Fassung gebraucht. „Wieso sollten Sie so etwas Gefährliches und Dummes tun?“ Gleich mehrere mussten ein Kichern unterdrücken. Wie konnte der Kerl nur so etwas Dummes fragen? Hatte er etwa noch nichts von Harrys Fehlschlag in Verwandlung gehört? Das war doch beinahe unmöglich, wo es doch die Spatzen von den Dächern riefen. Kaum einer wusste nicht in allen Einzelheiten, wie Harry die Feder verfehlt hatte. Und auch Harry verdrehte genervt die Augen, was die Wirkung nicht verfehlte. Er fühlte die Spannung in der Luft zwischen sich und dem Lehrer, als er schließlich wieder den Blick hob. „Versuchen Sie es!“ Der Lehrer würgte den Satz fast heraus, öffnete unbewusst den ersten Knopf an seinem Umhang... Am Ende war es Ron, der den Anstoß gab und diese seltsame Stimmung unterbrach. Er schnippte einmal mit dem Finger gegen das Glas vor Harry und grinste verschwörerisch. „Hier ist das, was du füllen sollst. Also, worauf wartest du? Dein Publikum wartet gespannt auf dein Versagen.“ Kurz funkelte ihn Harry an, dann grinste er ebenso verschlagen zurück, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Lehrer lenkte. „Professor Flitwick, was genau wollen Sie denn, dass ich Ihnen zaubere? Es tut mir Leid, aber ich war am Anfang ein wenig abgelenkt und habe es nicht mitbekommen.“ Der kleine Mann schnaubte auf seine ganz spezielle, komische Weise empört. „Zaubern Sie, was Sie wollen! Wasser, Wein, Saft, Schnaps... Es ist mir egal, solange Sie nur endlich etwas tun!“ Harry ließ sich nicht länger bitten. Er griff nach seinem Zauberstab, richtete seinen Rücken gerade auf, wie er es des Öfteren bei Hermione gesehen hatte, wenn sie wieder einmal besserwisserisch etwas demonstrierte, tippte zweimal gegen das Glas, um sich zu vergewissern, wo es stand, dann schwang er das Zauberholz, wie Hermione es ihm gezeigt hatte --- zu diesem Zweck hatte sie seine Hand geführt. Er sagte leise: „Frigidus Implere!“ und siehe da, es funktionierte auf Anhieb. Sein Glas füllte sich langsam aber stetig mit einer goldgelben Flüssigkeit. Flitwick war sprachlos. Es hatten außer ihm bisher nur Drei geschafft. „Was ist das?“, wollte Ron neugierig wissen. Ihn wunderte es nicht wirklich, dass Harry es geschafft hatte. „Sieht aus wie Butterbier...“ Der Schwarzhaarige grinste erneut. „Möchtest du?“, fragte er und schob das Glas in seine Richtung. Rons Erstaunen war fühlbar, seine Augen wurden Tellergroß. „Du meinst, es ist welches?“ „Mr Potter, woher haben Sie es genommen?“ Professor Flitwicks Stimme war klamm und hysterisch. Der Lehrer schien sich kaum halten zu können, ob nun vor Wut oder Entsetzen. „Ich habe keine Ahnung.“, erklärte der schwarzhaarige Junge Schultern zuckend. Es war ihm auch egal. „Sie meinten, ich solle zaubern, was ich wolle... Ich wollte Butterbier.“ Die Erklärung, warum dieser Anfall, folgte auf dem Fuß. „Es gibt hier in Hogwarts kein Butterbier! Und wir hatten auch noch keinen Ausflugstag nach Hogsmead! Und selbst wenn, wie würden Sie es bezahlen, würden Sie es jemandem stehlen? Würden Sie es überhaupt bezahlen? Ich hätte mehr Verantwortungsgefühl von Ihnen erwartet, Mr Potter! Ihr Verhalten ist nicht tragbar.“ Harry zuckte wieder die Schultern, beachtete das erneute leise Kichern der Slytherin, die sich über seinen Anschiss freuten, nicht. „Die Hauselfen haben immer einen Vorrat hier.“, sagte er. Die Vorwürfe ließen ihn kalt, waren sie auch noch so gerechtfertigt. Er hatte das Butterbier nicht gestohlen, er hatte lediglich die Anweisungen des Lehrers befolgt. Doch er konnte spüren, wie Flitwick zu Hochtouren auffuhr wegen seines Widerspruchs. „Ich kann es gerne zurückschicken, wenn Sie denken, ich hätte es in Hogsmead geklaut.“, fügte er an, bevor dem Mann noch etwas einfiel, was er ihm an den Kopf werfen konnte. „Sie können...?“ Dem Lehrer blieben die Worte im Halse stecken. „Das kommt erst nächstes Semester dran!“, keifte er. Und in diesem Moment beschloss Harry, dass es besser war, aufzuhören. Er wollte nicht schon wieder Zeit in irgendeinem Lehrerbüro verbringen. Gestern hatte ihm gereicht. „Schon gut.“, lenkte er also ein. „Dann kann ich es halt nicht.“ Aber sehr überzeugend klang er dabei nicht. „Wäre eh nicht mehr möglich.“, gab Hermione plötzlich trocken von sich, lenkte die Aufmerksamkeit aller auf sich. „Er hat es ausgetrunken.“ Sie zeigte mit dem Finger auf Ron, der sich zufrieden grinsend über die Lippen leckte. „Lecker war das. Ich wusste ja gar nicht, wie sehr ich das Zeug über die Ferien vermisst habe!“ Lachen. Nicht über Ron oder Harry, sondern mit ihnen. Diesmal war die Atmosphäre richtig entspannt. Und Flitwick gab auf. Er musste hier weg, bevor ihm der Kragen wirklich platzte und er etwas tat, was er später bereuen würde. Schnellen Schrittes ging er zu seinem Schreibtisch, klappte das Buch darauf zu, packte es in seine Tasche und wandte sich dann wieder zu ihnen um. „Sie können gehen. Die Stunde ist vorbei.“, ließ er schlicht verlauten, dann war er verschwunden. In der Klasse herrschte ungläubige Stille, sekundenlang, bis urplötzlich Freudentaumel ausbrach. Sie johlten und schrieen, erfreuten sich an der neu dazu gewonnenen Freizeit. Man konnte gar nicht so schnell genug schauen, da war der Klassenraum leer. „Genial, Harry!“, rief Ron enthusiastisch, nachdem auch er seine Fassungslosigkeit überwunden hatte. „Du hast es geschafft!“ Harry antwortete nicht, sondern suchte sein Glas, welches er kurz darauf mit Wasser füllte und etwas davon trank. „Nie wieder etwas Außergewöhnliches!“, nahm er sich nuschelnd vor. „Hermione, sag mir das nächste Mal bitte, was du gezaubert hast. Das will ich nicht noch mal machen. Die halten mich doch jetzt schon alle für einen Angeber.“ „Du hattest keine Probleme mit dem Spruch, oder?“ Das Mädchen hielt gekonnt alle Emotionen aus ihrer Stimme heraus. Sie klang vollkommen sachlich. „Du etwa?“, gab Harry ebenso nichts sagend an das Mädchen zurück. „Nein, er ist einfach.“ „Einfach, ja?“, knurrte Ron dazwischen, doch sein Einwurf wurde nicht weiter beachtet. „Ich frage mich, ob die Hauselfen wirklich Butterbier da haben.“, murmelte Hermione, während sie ihre Sachen zusammenpackte. „Vielleicht sollte wir sie fragen gehen...“ Beide Jungen blicken fast geschockt zu ihr hinüber. Hermione und die Hauselfen waren eine Sache für sich und nicht unbedingt eine, mit der sie sich gerne konfrontiert sahen. „Hast du deinen BELFER-Wahn überwunden?“, wollte der Rotschopf misstrauisch wissen. Wenn sie erst mal auf diesem Trip war, brachte sie so schnell keiner mehr davon ab, und sie waren diejenigen, die das ausbaden durften, weil sie sich zu ihren Freunden zählten und ihre Gefühle nicht verletzen wollten. Das war eine unabänderliche Tatsache! Hermione lachte auf, glockenhell, warf ihre Haarpracht über die Schulter zurück und verdeckte den Mund halb mit der Hand. „Aber wo denkst du hin! Es ist doch die perfekte Gelegenheit, sie mal wieder zu treffen und mit ihnen zu sprechen. Vielleicht erkennen sie endlich, dass sie aus der Sklaverei fliehen müssen. ... Also kommt! Gehen wir hinunter in die Küche!“ Und schon lief sie, die Schultasche geschultert und voller Tatendrang, los. Harry und Ron seufzten. Das war ja so typisch Hermione! Und sie mussten das jetzt ertragen? War das denn überhaupt fair? Dann fiel Harry etwas ein. Hauselfen hatten doch Heilmagie, oder? Vielleicht konnten sie ihm helfen. Vielleicht wussten sie einen Weg, ihm sein Augenlicht wiederzugeben, dann würde er wenigstens nicht zu Snape müssen. „Ich bin dafür.“, erklärte er Ron, der ihn ansah, als hätte er sie nicht mehr alle. „Dann kann ich endlich Dobby wieder einmal besuchen und mich noch mal persönlich für den Kuchen bedanken.“ Dieses Argument überzeugte Ron und er ergab sich der Mehrheit, auch weil er wusste, dass er in der Küche mit Sicherheit einige Leckereien abstauben konnte. Sich seinen viel zu langen Pony aus dem Gesicht streichend, folgte er seinen Freunden. Zehn Minuten später standen sie vor dem Stillleben, das den Eingang zur Küche verkörperte. Ron kitzelte die Banane am Bauch, sie begann zu kichern und schon öffnete sich für sie der Durchgang zum heiligen, lukullischen Reich. Da konnte man Fred und George doch wirklich mal dankbar sein, dass sie ihnen damals das Geheimnis verraten hatten. Sie wurden genauso enthusiastisch begrüßt wie beim ersten Mal. Die Hauselfen stürmten auf sie zu, verbeugten sich bis zum Boden, nahmen sie an den Händen und zogen sie zu einem kleinen Tisch, wo sie ihnen ungefragt Plätzchen, Biskuits und heißen, süßen Tee servierten. Und sie wuselten unkontrollierbar durch die Gegend und schwatzten dabei ununterbrochen, ließen sie kaum zu Wort kommen. Ihre Freude, endlich wieder jemanden bewirten zu können, ließ sich für sie kaum in Worte fassen. Harry nahm es gelassen, freute sich über ihre Ausgelassenheit und stellte sich vor, wie überglücklich ihre großen Augen wahrscheinlich strahlten. Ron konnte eh nichts mehr sagen, da er den Mund voller Kuchen hatte und Hermione versuchte, die Elfen mit ihrem BELFER-Kram zuzutexten. Sie hatte nicht viel Erfolg. Die kleinen Kerlchen störte es überhaupt nicht, sie hörten ihr nicht einmal mehr zu. Sie lächelten nur mit ihren schmallippigen Mündern und ihre Augen blickten milde an ihr vorbei. Irgendwann gab sie resignierend auf, nahm sich ebenfalls einen Keks und schwieg frustriert, während Ron plötzlich der eigentliche Grund für ihren Besuch einfiel. „Habt ihr Butterbier da?“, fragte er den nächst besten Elfen, den er erreichte. Dieser begann sofort zu strahlen. „Wünschen Mister eins?“, quietschte er freudig, froh darüber wohl etwas gefunden zu haben, womit er seinen Gast beglücken konnte. „Mikki hat es erst gestern gefunden, hat gesehen, dass etwas da ist!“ Und schon war er weg. Hermiones Luftstoß ließ Erleichterung vermuten und Harry hatte plötzlich das Gefühl, dass sie ihm seinen Zauber übel nahm. Und wenn er es recht bedachte, war das seit dem Unterricht bei McGonagall so. Konnte es sein, dass sie sich hintergangen fühlte, weil es ihm plötzlich so leicht fiel, Dinge zu verwandeln? Dass er die Sprüche inzwischen sofort beherrschte und nicht erst nach stundenlangem Üben mit ihr? Er sollte sie vielleicht mal darauf ansprechen... oder auch erst Mal beobachten, ob er sich nicht doch irrte. Schließlich war das doch total albern und ihrer gar nicht würdig. Jetzt war Dobby erst Mal wichtiger. „Ist Dobby da?“, fragte er in den Raum hinein. Sofort schwankte die gute Stimmung. So wie es aussah, war der ehemalige Hauself der Malfoys noch immer ein Außenseiter und man sprach nicht allzu gerne über ihn. Aber die Elfen nicken immerhin, wechselten dabei unsichere Blicke. Im Grunde war er da, nur wusste keiner, wo genau. Harry, der dachte, er bekäme keine Antwort, hakte nach. „Ist er nun da oder nicht?“, wollte er wissen, seine Stimme etwas genervt. Das erschrockene Quietschen der Elfen über ihren mangelnden Respekt ertönte, machte beschämter Stille Platz. „Korry holt Dobby sofort, Mr Harry Potter, Sir.“, piepste einer, dann hörte man hastiges Fußgetrappel. Hermione war sprachlos. Noch einige Sekunden brauchte sie, um sich einigermaßen zu fassen, dann donnerte sie los, dass die Wände wackelten und die Elfen zurückwichen. „Das hätte ich nicht von dir gedacht, Harry!“, schrie sie wütend. „Ich bin wirklich maßlos enttäuscht von dir! Die Elfen derart herumzuscheuchen! Was denkst du dir eigentlich dabei? Sie sind doch auch Lebewesen mit Gefühlen und keine Sklaven! Du kannst sie nicht einfach behandeln, als wären sie...“ Die Schimpfeskapade dauerte an, aber Harry hörte ihr nicht mehr zu. Ihr Vorwurf hatte ihn getroffen. Behandelte er die Elfen wirklich so schlecht? Er hätte die Frage doch genauso auch an Ron oder Hermione gestellt, wenn sie ihm nicht geantwortet hätten. Andererseits hätte er es auch anders formulieren können... Hätte er, doch sein momentanes Problem ging ihm so auf den Geist, dass er immer wieder die Nerven verlor und überreagierte. Es war keine Entschuldigung, nur eine Erklärung. „Hört mal, Leute.“, begann er gequält, ließ damit das Mädchen verstummen, so dass sie endlich Luft holen konnte. „Es tut mir Leid wegen des Tonfalls, aber...“ Er brach ab, ließ den Kopf hängen. Was sollte er ihnen denn sagen? Dass er blind war, konnte nicht die Entschuldigung für alles sein. Dann musste er sein Temperament eben besser unter Kontrolle halten. Doch die Elfen reagierten schlimmer als zuvor. Untertänige Verbeugungen, die Versicherung, es sei alles in Ordnung, er solle sich nicht entschuldigen für etwas, für das er nichts konnte, und Anbetung, wie großherzig Mr Harry Potter Sir doch war, überfluteten den schwarzhaarigen Jungen, der daraufhin rot anlief und Händeringend versuchte, sie wieder zu beruhigen. Im Hintergrund konnte er Ron lachen hören. Hermione war endgültig verstummt. „Mr Harry Potter Sir!“, quietschte es da plötzlich schrill über den ganzen Pulk an Hauselfen hinweg. Dobby war da wieselte auf ihn zu. Beinahe empfand Harry Erleichterung, als er die kühlen Hände des Freundes an seinen spüren konnte. Durch ihn waren die anderen endlich verstummt. Außerdem, auch wenn Dobby immer etwas falsch machte, wenn er es versuchte, er war immer bereit, ihm zu helfen. Auf ihn war Verlass. Schon immer gewesen. „Guten Tag, Dobby.“, grinste er. „Wie geht es dir?“ „Dobby geht es sehr gut, Mr Harry Potter Sir.“, kam auch gleich die glückliche Antwort. „Er hat jetzt neue Kleider und ein Halstuch!“ Harry hob den Kopf, als er Ron erneut in einen Lachanfall ausbrechen hörte. Selbst Hermione kicherte leise. „Welche Farbe?“, wollte er unsicher, ob er überhaupt eine Antwort haben wollte, wissen. „Dobby hat ganz wundervolle Farben gewählt.“, schwärmte der Hauself überglücklich. „Er hat sie ganz allein gewählt!“ Jetzt wurde Harry doch neugierig. Dobby redete so was von um den heißen Brei herum, dass das Ergebnis doch einfach nur furchtbar sein konnte. Er konnte ja auch nicht ahnen, dass Dobby, passend zu seinen verschiedenfarbigen Socken, die er einst von Harry bekommen hatte, nun eine rote, viel zu weite Hose trug, darüber ein lila, weiß, blau, grün gestreiftes T-Shirt, das halb von einer geblümten Sommerbluse verdeckt war. Das Halstuch war pink. Auf seine erneute Frage diesbezüglich herrschte einige Zeit Schweigen, wobei sich sowohl Ron als auch Hermione mühsam ein böses ein Kommentar verkniffen, dann gab Harry auf. Wahrscheinlich wollte er das Ergebnis von Dobbys Geschmack auch nicht wirklich sehen. Endlich hatte es mal Vorteile, dass er nichts sah. Apropos... „Ihr habt doch Heilkräfte.“, sprach er den Freund an und dieser nickte wie ein Irrwisch, um dies zu bestätigen. „Aber natürlich! Jeder Elf hat Heilkräfte! Wir sind stolz darauf!“ Der Junge lächelte über die Wahrheit in Dobbys Stimme, was den Stolz betraf. Den konnte man heraushören. „Würdest du dir mal meine Augen ansehen?“, fragte er leise, wurde sogar rot dabei. „Vielleicht kannst du mir helfen.“ Die Hauselfen wurden noch stiller. Sie hatten natürlich schon von Harrys Schicksal gehört, die Geister trugen es in jeden Winkel des Schlosses. Und der Junge, der lebt, ihr persönlicher Held, der sie von Voldemorts Herrschaft erlöst hatte, hatte ihr vollstes Mitgefühl. Doch helfen... Das ging gegen ihre Prinzipien! Elfen halfen den Menschen, aber sie mischten sich niemals in deren Gesundheit ein, es widersprach dem Kodex. „Dobby will es versuchen.“, kam zögerlich die helle Stimme des freien Elfen, löste damit eine wahre Empörung unter Seinesgleichen aus. „Er will es gerne versuchen, aber versprechen tut Dobby nichts.“ Harry lächelte und nickte. „Mehr verlange ich ja nicht.“, sagte er, dann spürte er, wie der Hauself auf seinen Schoß kletterte, ihm die langen, dünnen Finger auf die Augen legte und er spürte Wärme. Zum ersten Mal fühlte er, dass Heilung im Spiel war. Es war nicht, wie die Versuche von Mme Pomfrey. Das hier versprach Hilfe! Doch Dobby schaffte es nicht. Nach einer knappen Viertelstunde nahm er enttäuscht die Hände runter, blickte auf Harrys Umhang hinunter. „Dobby kann nichts heilen, was nicht krank ist.“, piepste er leise. „Mr Harry Potter Sir muss es ganz alleine schaffen.“ Harry erstarrte. „Wie bitte?“, fragte er tonlos. „Ich kann das nicht. Ich kann keine Heilkräfte nutzen. Wir haben dergleichen noch nicht gelernt!“ Dobby sprang von seinen Knien. „Dobby kann Harry Potter nicht helfen.“, murmelte er bedrückt. „Es tut Dobby wirklich Leid...“ Er schwieg niedergeschlagen. Harry zwang sich zum Lächeln. Natürlich war er enttäuscht, aber der Hauself konnte ja nun wirklich nichts dafür, dass es nicht ging. „Danke, Dobby.“, sagte er leise. „Harry...“ Hermiones Stimme war leise. Sie hatte erkannt, dass es Harry schwer fiel, das alles zu akzeptieren, begriff endlich, dass er keineswegs damit zu recht kam. Und sie hatte ihm auch noch Vorwürfe gemacht, weil er offenbar trotz seines Handicaps so erfolgreich mit seiner Magie war. Doch Harry reagierte gar nicht auf sie, so tief waren seine Gedanken in seinem Problem verstrickt. Ihm war eine neue Idee gekommen. „Kannst du mich dann vielleicht zu Snape bringen, Dobby?“ Der Hauself fand augenblicklich sein glückliches Lächeln wieder. Begeistert griff er nach den Händen seines menschlichen Freundes. „Natürlich. Dobby bringt Harry Potter sofort zu ihm!“ „Harry! Das kannst du nicht machen!“, protestierte Ron empört und heimlich besorgt. „Du findest alleine nicht wieder zurück!“ „Und Snape wird sicherlich nicht so freundlich sein, dich zu deinem nächsten Unterricht zu bringen!“, schloss sich Hermione ungnädig an. Harry grinste. „Ich komme schon klar!“, sagte er, legte eine gehörige Portion Zuversicht in seine Stimme. „Außerdem haben wir heute keinen Unterricht mehr. ... Bis später!“ Und dann waren er und Dobby verschwunden. „Wie kommt es eigentlich, dass Dobby hier apparieren kann?“, wollte Ron nachdenklich wissen. Er konnte es nicht fassen, dass sich Harry gerade abgesetzt hatte. „Er appariert nicht. Das ist momentane Teleportation.“, erklärte sie beiläufig und ruppig. „Ein Hauselfenzauber.“ Das Mädchen war sauer. „Wieso geht er uns aus dem Weg?“, fragte sie und stand auf. „Er tut fast so, als seien wir ihm lästig!“ Ron sah zu Boden. „Ich glaube eher, dass er denkt, er sei uns lästig. Er will uns nicht zur Last fallen.“ Entgeistert starrte sie ihn an. „Das ist nicht sein Ernst. Wie kann er so etwas denken? Haben wir so etwas etwa angedeutet?“ Der Rotschopf schwieg. Er wusste keine Antwort. Unterdessen tauchten unten in den Kerkern Harry und Dobby wieder auf. Sie standen direkt vor dem Unterrichtsraum für Zaubertränke, jedenfalls roch es so. Der Hauself bestätigte das. „Mr Harry Potter Sir muss nur noch hineingehen. Professor Snape ist dort drin.“ Harry bedankte sich bei seinem hilfsbereiten Freund und dieser verschwand. Und jetzt? Einfach anklopfen? Zaghaft hob er die Hand und tastete nach der Tür. Sie war direkt vor seiner Nase. Er atmete noch einmal tief durch und klopfte dann. „Herein!“, tönte von drinnen die schnarrende Stimme des Slytherinhauslehrers. Harry schluckte und verbannte alles Unbehagen in den hintersten Teil seines Bewusstseins, bevor er die Tür öffnete und eintrat. Die schwere Holztüre knarrte laut in der vorherrschenden Stille. „Potter. Welch unerfreuliche Überraschung.. Was willst du? Ich habe wenig Zeit.“ Der schwarzhaarige Junge zuckte ob der kalten Stimme etwas zurück. Hatte er früher zwar gewusst, dass Snape ihn nicht mochte, so konnte er es jetzt hören. Die Stimme, die Tonlage, die Art, wie die Wörter ausgesprochen wurden, das feine, heraus hörbare, bösartige Lächeln auf den Lippen des Professors... Das alles deutete auf einen Hass hin, der seine Vorstellungen noch weit übertraf. Am liebsten wäre er wieder umgedreht und gegangen, doch der Grund für sein Kommen war zu wichtig. „Professor McGonagall sagte, ich solle Sie aufsuchen und Ihnen diesen Brief geben.“ Er griff in die Tasche und zog den versiegelten Umschlag heraus, hielt ihn ausgestreckt vor sich. Snape zog die Brauen zusammen. Was war denn mit dem Jungen los? Erwartete der tatsächlich, dass er zu ihm ging und den Brief abholte? Da hatte er sich aber geschnitten. „Bring ihn her!“, knurrte er und widmete sich wieder dem Trank in dem Kessel zu seinen Füßen, ohne weiter auf Harry zu achten. Seit Tagen arbeitete er nun an diesem Gebräu, weshalb er auch noch nicht oben gewesen war. Es erforderte sehr viel Sorgfalt diesen Trank zu brauen und er befand sich in einer kritischen Phase. Er durfte den Kessel nicht für zehn Minuten alleine lassen. Aus diesem Grund hatte er gestern sogar den Unterricht aller Klassen gestrichen. Derweil begann Harry, sich langsam vorwärts zu tasten. Er wusste, dass er nur geradeaus gehen musste, um zum Lehrertisch zu kommen, aber leider nicht wie weit genau. Es war schon zu lange her, dass er hier, in diesem Raum, gewesen war. Snape sah auf. Was brauchte der Bengel denn so lange? Das sah ihm so überhaupt nicht ähnlich! Und just in diesem Moment kollidierte Harry mit einem Stuhl, der unvorschriftsmäßig zwischen den Tischreihen stand, stolperte und fiel zusammen mit ihm krachend zu Boden. Doch kein Ton kam über seine Lippen und in seinem Gesicht stand pure Entschlossenheit geschrieben, als er sich wieder aufrappelte und den begonnenen Weg fortsetzte. Und als er ihn erreichte, war Snape sich sicher. Der Junge war blind, was wohl nicht daran lag, dass er seine Brille nicht trug, sondern tatsächlich blind! Warum hatte ihm denn keiner gesagt, dass er den Trank für Harry Potter brauen sollte, als er gestern Abend mit den Zutaten zurückgekommen war? Es wussten doch sicherlich alle, es war schließlich auffällig genug. „Bitteschön!“, riss Harry ihn aus seinen Gedanken, als er ihm den Brief entgegenhielt. Nur Millimeter vor seinem Ellbogen verharrten Hand und Brief in der Luft, sie hätten genauso gut treffen können. Ihn nicht aus den Augen lassend, nahm Snape den Umschlag entgegen und öffnete ihn, entfaltete das innen liegende Pergament, dann erst wandte er die Augen von Harry ab, um zu lesen. „So, so.“, murrte er, als er geendet hatte. „Professor McGonagall hat dich also zu mir geschickt.“ Harry nickte. „Ich soll dir einen Spruch beibringen, der dich des Sehens ohne Augen befähigt, habe ich das richtig verstanden?“ Wieder ein Nicken. Snape zuckte mit den Schultern. „Einen solchen Spruch gibt es nicht.“, erklärte er schlicht und mit kaltem Kalkül. Er machte sich nicht einmal die Mühe, es in schonende Worte zu verpacken, schließlich war die Realität ebenso grausam und man sollte es früh genug lernen, dass man bei solchen Dingen nichts durch Schönreden erreichen konnte. Harrys Augen weiteten sich, dann senkte er enttäuscht den Kopf. Und der Lehrer für Zaubertränke kam nicht umhin, eine gewisse Befriedigung darin zu finden. Harry Potter war nicht oft so hilflos. Das musste man auskosten! „Es gibt Zauber, die einen im Dunkeln besser sehen lassen.“, sagte er, ließ den bohrenden Blick nicht von dem Jungen. „Und es gibt Zauber, die einen mit den Augen Nebel durchdringen lassen. Es gibt sogar einen Spruch, der durch Wände sehen lässt. Aber dazu braucht man sehfähige Augen. Das, was Sie erreichen wollen, das gibt es nicht.“ Harry nickte lächelnd. Er hatte die Wahrhaftigkeit aus Snapes Stimme herausgehört und wusste, dass er nicht log, auch wenn es noch so sehr wehtat. „Vielen Dank, Professor.“, sagte er, wandte sich zum Gehen. „Und es tut mir Leid, dass ich Ihre kostbare Zeit in Anspruch genommen habe.“ Snapes Augenbrauen hoben sich in Erstaunen. Wo hatte der Bengel gelernt, in dermaßen höflichem Tonfall zu sprechen? Sich derart gepflegt auszudrücken? Wo war die Kaltschnäuzigkeit Harry Potters hin, die ihn James so ähnlich gemacht hatte? Und seit wann gab er einfach auf? Verwirrt sah er Harry hinterher, wie er zurück zur Tür ging. Er wirkte eigentlich ziemlich sicher. Den Stuhl umging er beinahe ohne zu zögern. Im Turm ------- Titel: Im Turm Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Für Viebie, meine kleine, süße, wenn auch verrückte Schwester! Kapitel 7: Im Turm Er hatte es sich vielleicht nicht anmerken lassen, aber Snapes Worte hatten ihn schwer enttäuscht. Wenn der Lehrer Recht hatte, dann gab es schlicht keine Heilung für ihn. Dumbledore, Mme Pomfrey, Dobby, Snape… Niemand konnte ihm helfen. Es gab keine Hoffnung. Er würde niemals wieder sehen können. Das war die schlichte Wahrheit. Gedankenverloren wanderte er durch die verlassenen Gänge der Kerkergewölbe, tastete sich mit den Händen vorwärts, wenn er an kritische Stellen wie Abzweigungen kam. Aber seinen Weg nahm er nicht wirklich wahr. Um ihn herum war die Stille vollkommen, nur seine eigenen Schritte und das Rascheln seines Umhangs, der hinter ihm über den Boden schleifte, verursachten einige Geräusche. Eigentlich hätte er längst zur großen Halle kommen müssen. Er war lange genug gelaufen. Just in diesem Moment prallte er gegen eine Wand, völlig unvorbereitet. Er hatte nicht aufgepasst, hatte sich zu sehr darauf konzentriert, wo er jetzt sein wollte, anstatt auf seinen Weg zu achten! Ärgerlich rieb er sich die schmerzende Nase, wandte sich nach rechts. Auch hier war eine Wand. Also machte er eine Kehrtwende und versuchte es auf der anderen Seite. Eine Wand. „Verdammt!“, fluchte er leise. War er doch tatsächlich in eine Sackgasse gelaufen. Welch Glück! Welch außergewöhnlicher Zufall! Davon gab es immerhin mehr als genug hier im Schloss! Seufzend ließ er sich gegen die Wand fallen, verursachte damit einen dumpfen Laut. Er hatte sich verlaufen. Einfach so. Nicht einmal dazu in der Lage, den richtigen Weg zu finden, war er noch. Er war ein Versager! Mutlos sank er in die Knie, rutschte an der Wand hinab, bis er auf dem steinernen Boden zum Sitzen kam. Es war kalt hier. Eiskalt. Und es zog wie Hechtsuppe. Blöder Wind! Er stutzte. Wie konnte das denn überhaupt sein? Damit es ziehen konnte, musste irgendwo ein offenes Fenster oder eine Tür sein. War hier vielleicht irgendwo ein Zimmer in diesem Gang, unter dessen Tür ein schmaler Spalt war, durch den die kalte Luft kam? Ermutigt rappelte er sich hoch und begann die Wand hinter sich abzutasten, schon nach vier Schritten berührten seine Finger raues Holz. Dann dauerte es nicht mehr lange, bis er den Türknauf fand, und fast schon erleichtert drehte er ihn, um zu öffnen. Zum Glück war nicht abgeschlossen, so dass er die Tür problemlos aufschieben konnte. Langsam trat er in den Raum. Willkommene Wärme empfing ihn, was wohl an dem geöffneten Fenster liegen musste; wahrscheinlich schien die Sonne herein. Er schloss die Tür wieder, um den Durchzug zu unterbinden. Und jetzt? Jetzt war er in einem Raum und trotzdem wusste er nicht, wie er zurückkam. Und es wusste auch sonst niemand, wo er sich befand, was bedeutete, dass man ihn wohl nicht auf die Schnelle finden würde, falls man ihn überhaupt suchen würde. Entmutigt lehnte er sich wieder gegen die Wand neben der Tür und ließ sich daran herabsinken, zog die Beine an den Körper und schlang die Arme um die Knie, dann lehnte er die Stirn dagegen. Jetzt konnte er hier warten, bis jemand kam und ihn fand, und es blieb ihm nur zu hoffen, dass es keine Slytherins waren, denn dann wäre er so gut wie verloren. Wahrscheinlich würden sie ihn hier einsperren und einen Anti-Aufspürzauber über ihn legen. Draco saß an einem Tisch in einem Raum, wo er alleine sein konnte. Er hatte es so satt, dass Crabbe und Goyle ihm immer im Nacken saßen, dass sie ihn immerzu mit ihrem Stumpfsinn folterten. Er wollte alleine sein, wie er es seit Schulbeginn nachmittags immer war, um ungestört seine Hausaufgaben zu machen. Und dann krachte es plötzlich an der Tür und störte seine Ruhe so abrupt, dass er wie elektrisiert aufsprang und mit pochendem Herzen nah draußen lauschte. Kam jemand? Er hatte diesen Raum doch gewählt, weil aufgrund des unattraktiven Äußeren niemand hierher kam. Also: Wer oder was war da draußen? Er hörte Schritte, leises Tapsen auf dem staubigen Boden. Es hörte sich unsicher an, aber vom Geräusch her durchaus menschlich. Für ein Tier war es zu schwerfällig. Hoffentlich kam dieser jemand hier nicht herein, sonst gab es sicherlich Ruf schädigende Vermutungen oder, in Filchs Fall, Strafarbeiten. Es wurde wieder still draußen und Draco wagte zu hoffen, dass der Unbekannte weg war, doch gerade als er sich beruhigt wieder hinsetzen wollte, setzte ein leises Kratzen an der Tür ein. Jemand ruckelte an dem metallenen Knauf. Er wappnete sich. Wenn ihn schon jemand hier erwischte, dann sollte er nicht denken, dass er wegen irgendwelcher Ängste oder so etwas albernem hier allein war. Das ganz sicher nicht! Dann öffnete sich die Tür und herein kam Harry. Draco fiel fast die Kinnlade runter. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie kam der denn hier her? Weiter von seinem warmen, sicheren Gryffindor konnte er doch gar nicht mehr sein. Harry bemerkte ihn nicht, setzte sich einfach an die Wand und kauerte sich wie ein hilfloses Tier zusammen. Und er machte es Draco unmöglich, sich zu rühren. Er könnte einfach seine Sachen packen und gehen, er könnte hämische Bemerkungen machen, ihn auslachen oder demütigen, wie er es gewohnt war, wie es wohl jeder in diesem Moment von ihm erwarten würde, doch er konnte nicht. Er konnte sich nicht dazu überwinden. Harry sah so Mitleid erregend einsam aus, dass er einfach nichts weiter tun konnte, als dazustehen und ihn anzusehen. Wieso war der Schwarzhaarige alleine? Wo waren seine nervigen Freunde, die ihn sonst immer auf Schritt und Tritt begleiteten? Hatten sie ihn alleine gelassen? Hatten sie ihn im Stich gelassen? Er konnte sich denken, warum sie es tun könnten. Ihm wäre es wahrscheinlich zuviel Aufwand gewesen, sich immerzu um einen Behinderten zu kümmern. Aber das passte nicht zu ihnen. Das würden die nie tun. Man konnte den Gryffindors eine Menge nachsagen, aber treu waren sie immer, immer loyal gegenüber ihren Freunden. Echt ätzend. Aber warum war Harry dann hier? Hatte er sich verlaufen? Die Frage war nur, wie er in diesem Fall so tief in die Kerker vordringen konnte, ohne es zu bemerken. Oder war er am Ende freiwillig hier unten, um wie er alleine zu sein? Aber auch das konnte er sich nicht vorstellen. Er würde sich sicherlich nicht bewusst der Gefahr aussetzen, einer Gruppe Slytherins zu begegnen. Viel wahrscheinlicher war die Theorie des verlaufenen Blinden. Harry regte sich leicht, kauerte sich noch etwas enger zusammen. Er sah furchtbar traurig aus, wie er dasaß. Hilflos, einsam und hoffnungslos. Draco schüttelte wie betäubt den Kopf. Seit wann hatte er Mitleid mit seinem Erzrivalen? Seit wann kümmerte es ihn, was mit Potter war? Er machte sich nicht wirklich was vor in dieser Beziehung. Er wusste es. Begonnen hatte es im vierten Schuljahr während des Trimagischen Turniers. Am Anfang war er nur sauer gewesen, weil Harry teilnehmen durfte und dennoch konsequent bestritt, dass er den Zettel mit seinem Namen in den Feuerkelch geworfen hatte. Er hatte ihn runter gemacht, sich zusammen mit den anderen Schülern auf Diggorys Seite geschlagen, um Potter zu verunsichern, ihn seelisch zu brechen. Er hatte die „Potter stinkt!“-Buttons verteilt, doch hatte es nicht den Anschein gehabt, dass es diesen störte. Wenigstens hatte er sich nichts dergleichen anmerken lassen. Dann stand die erste Prüfung an und der Schwarzhaarige legte eine einmalige Kür auf dem Besen hin, während der er dem wütenden Ungarischen Hornschwanzweibchen, dem fürchterlichsten Drachen überhaupt, das Ei direkt unterm Hintern wegschnappte. Er selbst hätte sicherlich mehr Angst gehabt, hätte die Aufgabe nicht so souverän lösen können und war sogar froh, dass er nicht mit dabei gewesen war. Und irgendwo, tief in seinem Herzen, hatte er Harry Potter Respekt zollen müssen. Aus Trotz hatte er seine Bemühungen verstärkt, ihn fertig zu machen und ihm sein Selbstbewusstsein zu nehmen, hatte ihn gedemütigt wann immer er konnte. Er hatte sogar bei den Weasley-Zwillingen gewettet, dass er verlieren würde, etwas, was im Normalfall weit über seine Prinzipien hinausging. Auch bei der zweiten Aufgabe hatte Harry sich bewährt. Die Idee mit dem Dianthuskraut war wirklich genial gewesen, doch noch lange kein Grund, ihn auch dafür zu bewundern. Es war das Erste gewesen, woran er selbst gedacht hatte, als er von der Art der Aufgabe gehört hatte. Doch dass Potter seinen Sieg verschenkt hatte, um jemanden zu retten, für den er gar nicht verantwortlich war und den er noch dazu nicht einmal kannte, hatte den Respekt in Dracos Herzen ausgelöscht. Wie konnte man nur so blöd sein? Doch nachts hatte er geträumt. Vom Fliegen und Schwimmen. Und er hatte versagt. Er hatte sich plötzlich nicht mehr bewegen können, war panisch hin und her gezuckt. Dann war Potter gekommen und hatte ihn gerettet. Einfach so, ohne Vorbehalte. Und als er schließlich schweißgebadet erwacht war, hatte er sich gefragt, ob es wirklich jemanden gab, der ihm helfen würde, wenn er in Gefahr geriet. Und wenn, würde es dann Harry Potter sein? Ab diesem Zeitpunkt hatte er sich im Zweifel befunden. Er hatte weiterhin den bösen Erzfeind markiert, aber innerlich war er zerrissen gewesen. Warum waren sie Feinde? Weil er Slytherin war und Potter Gryffindor? Weil Potter Voldemort geschlagen hatte und er, Draco, eigentlich auf dessen Seite stand? Weil Potter nur Halbblut war? Das alles ergab keinen Sinn, denn egal welchen Grund er aufführte, immer war es sein Vater gewesen, der ihm gesagt hatte, dass Potter der Böse war und gehasst und ausgelöscht werden musste. Der Hass kam also gar nicht von ihm, sondern von seinem Vater. Und trotzdem war er Slytherin treu geblieben und hatte alles dafür getan, um Harrys Kampfkraft zu schwächen, damit er auch bei der letzten Aufgabe versagte. Dann war er während der dritten Aufgabe plötzlich wieder im Labyrinth aufgetaucht, den toten Cederic im Arm, Blut überströmt, weinend. Ein Häuflein Elend und musste sich noch am gleichen Tag von allen anhören, er sei Schuld am Tod des jungen Mannes. Draco wusste es besser. Von seinem Vater hatte er später die Umstände dafür erfahren. Voldemort hatte Diggory getötet, weil er ihn nicht brauchen konnte und hatte Potter dann dafür benutzt, um wieder aufzuerstehen. An sich ja nichts Schlimmes und im Sinne des Angeklagten doch wirklich verständlich --- Wer wollte schon gerne eine solche Schattenexistenz führen? --- doch anschließend hatte er mit ihm gekämpft und das auf äußerst feige Weise. Er hatte seine Todesser dazu benutzt, sein Opfer nicht entkommen zu lassen, und hatte ihn dann gequält, um sich an seinen Schmerzen zu erfreuen. Aus purem Sadismus. Das war ganz und gar nicht das, was Draco sich von ihm erhofft hatte. Er hatte ihn als Helden gesehen, der ihre Rasse von Unreinheiten und den Muggeln befreite, doch die Art war die falsche, das hatte er am Beispiel Harry Potter erkannt. Außerdem war Diggory ein reinblütiger Zauberer gewesen. Und im selben Zug hatte er begriffen, dass Voldemort eigentlich ein Niemand war. Er war genau das, was den zweiten Weltkrieg in Deutschland ausgelöst hatte: ein kapitalistischer Psychopath! Verachtungswert. Die Sommerferien waren schwer gewesen, da er sich vor seinem Vater nichts anmerken lassen durfte, aber jetzt… Er hasste Potter nicht mehr. Es war eher so, dass er gerne mal vernünftig mit ihm reden wollte, doch das konnte er vergessen. Harry hasste ihn wirklich, wie man an ihren letzten paar Begegnungen gesehen hatte, und er würde ihm wohl eher einen Fluch auf den Hals hetzen, als mit ihm zu reden. Wieder bewegte sich Harry leicht und ließ Dracos Geist aus seinen Gedanken aufsteigen. Schweigend betrachtete er ihn. Die schwarzen, seidig anmutenden Haare fielen leicht über den Stoff an seinem Arm, bewegten sich bei jedem Atemzug. Er wirkte leer und ausgebrannt, wie jemand, der sich verausgabt, am Ende gescheitert war und aufgegeben hatte. Draco hatte das Gefühl, er müsse ihn trösten, wollte ihn in die Armen nehmen und ihm sagen, dass alles gut war... Und bevor er sich versah, ging er auch schon auf ihn zu. Augenblicklich fuhr Harrys Kopf hoch, lauschte angespannt auf jedes kleinste Geräusch. „Ist da wer?“, fragte er in die Stille hinein. Der Blonde sog anerkennend die Luft ein. Gutes Gehör, gute Reaktionsgabe. Und was für ein Glück für ihn, dass er reagiert hatte. Er hätte sich lächerlich gemacht, hätte Harry ihn nicht zur Vernunft gebracht! Harry stand langsam und möglichst leise auf, lauschte weiterhin auf jedes Geräusch und zog den Zauberstab. Ganz egal wer oder was dort war, es war sicherlich nichts Gutes, sonst hätte es sich längst bemerkbar gemacht. „Wer ist da?“, forderte er harsch zu wissen. „Gib dich zu erkennen, sonst schicke ich dir einen Fluch auf den Hals, der dich hundertprozentig durch die Außenmauer schlagen lässt!“ Durch die Außenmauer? Harte Geschütze, aber Harry sah nicht so aus, als würde er spaßen und er traute es ihm auch durchaus zu. Ihm war es ernst damit und er würde wohl auch treffen, selbst wenn er noch so blind war. Er blickte schließlich schon direkt in seine Richtung. Andererseits blieb die Frage, ob er den Fluch nicht trotzdem loslassen würde, wenn er wusste, wen er da vor sich hatte. Draco seufzte und wollte gerade etwas sagen, als Harrys Augen sich auch schon erkennend weiteten, er sich umdrehte und durch die Tür verschwand. Ein Krachen verkündete, dass er nun wieder alleine war. Er blinzelte. Warum war Harry denn jetzt plötzlich weggelaufen? Hatte er etwa Angst bekommen und war geflohen? Na, das war es wohl nicht, denn in seinem Gesicht hatte er nichts dergleichen sehen können. Und dann begriff er plötzlich. Harry hatte ihn an dem Seufzer erkannt! Und jetzt rannte der blinde Kerl wie ein Idiot durch die Gänge, weil er mit ihm nichts zu tun haben wollte. Und das ohne zu wissen, wohin! Und es war nur seine Schuld, wenn er sich was tat! Der Blonde hasste sich schon für diesen Gedanken, bevor er ihn beendet hatte, aber es ließ ihm keine Ruhe. Er warf seinen Stolz über Bord und folgte seinem Lieblingsfeind, um ihn, wenn nötig vor größerem Schaden zu bewahren. Gerade trat er durch die Tür, als er ihn auch schon erblickte und das Unvermeidliche, was er befürchtet hatte, erkannte: Harry war im Begriff in vollem Lauf gegen eine Wand zu rennen! Er senkte die Lider, um es nicht mit ansehen zu müssen, doch Aufprall und Schmerzensschrei blieben aus. Verwirrt sah er wieder hoch. Von Harry keine Spur. Hatte er die Kurve etwa noch bekommen und war jetzt auf dem Quergang? Und gerade da kam das Geräusch des Aufpralls doch noch. Ein Poltern und ein schmerzvolles Stöhnen folgten, dann Stille. Und all diese Geräusche kamen direkt aus der Wand! Draco verlangsamte seinen Schritt etwas, blieb schließlich stehen. Rechts und links von ihm waren die Gänge leer und vor ihm die Wand mit Spinnenweben, Kerzenleuchtern und staubige Wandteppichen, wie sich das hier unten gehörte. Und irgendwo dahinter ein gedämpftes Fluchen. „Potter?“ Das Fluchen verklang und so streckte er die Hand aus, um die vermeintliche Wand zu berühren. Seine Finger, in Erwartung, auf was Festes zu stoßen, angespannt, glitten einfach durch die Ziegelmauer hindurch. Es war wie die Absperrung zum Bahnhof Gleis 9 ¾. Ohne noch lange zu überlegen durchschritt sie der Slytherin ganz. Harry saß auf dem Boden vor einer nahezu halsbrecherisch gewundenen Wendeltreppe und hielt sich das Schienbein. Er hatte die Augen fest geschlossen und duckte sich, als erwarte er jeden Moment einen Schlag ins Gesicht. „Na, bist du gefallen?“ An Harrys Reaktion konnte er dessen Unmut erkennen, auch wenn der Schwarzhaarige nicht antwortete: Er zog die Augenbrauen zusammen und blitzte in seine Richtung. „Wen willst du damit beeindrucken?“, fragte Draco halb lachend und ging zu ihm. Er bückte sich, packte ihn unter den Armen und hob ihn in die Senkrechte, stellte ihn auf die Beine. „Sollte ich das Ziel gewesen sein… Es wirkt nicht.“ Harry knurrte, aber unbeeindruckt wandte sich Draco um, nutzte endlich die Zeit, um sich umzusehen. Sie befanden sich in einem nahezu perfekt kreisrunden Raum, dessen Mitte diese seltsame Treppe bildete, die sich in endlose Dunkelheit zu schrauben schien. Die marmornen Wände schimmerten im Licht der schwebenden Kerzen matt, der Boden, das Geländer, die Treppe, alles war voll von Staub, gab dem Raum eine mystische, alte Atmosphäre von Düsternis und Einsamkeit. An der Wand, durch das flackernde Licht fast lebendig wirkend, war das Mosaik eines Löwen, um dessen Körper sich eine riesige, grüne Schlange wand. Sie schienen zu kämpfen. Hinter ihm ertönten plötzlich Schritte. Draco wirbelte herum und sah, wie Harry die Stufen der Treppe hinaufkletterte. Das konnte doch nicht wahr sein! Lief dieser sture Gryffindor einfach weiter! Wie typisch! Was, wenn da oben eine Falle auf ihn wartete? Harry konnte sich in seinem Zustand doch gar nicht davor schützen! „Hey, jetzt warte mal!“, rief er ihm hinterher. „Wo willst du denn hin?“ Es kam keine Antwort. „Weißt du denn überhaupt, wo die Treppe hinführt?“, fügte er noch an, bevor er Harry notgedrungen hinterherlief. Natürlich könnte es ihm egal sein, was mit ihm passierte, aber wie schon zuvor wollte er einfach nicht, dass er sich etwas tat. Es klang vielleicht albern, aber so war es nun mal. Und solange das niemand und vor allem Harry nicht wusste, war es so auch völlig okay. „Und? Wohin führt die Treppe nun?“, fragte er erneut, als Harry immer noch nicht antwortete. „Weg von dir!“, schnappte dieser genervt und stiefelte weiter. Treppensteigen wurde ab dem Moment einfach, wenn er sich einmal auf die Länge der Stufen eingestellt hatte. Dann brauchte er nicht einmal Geleit; das konnte er ganz allein! Nur den beabsichtigten Zweck erreichte er damit nicht. Er blieb ärgerlich stehen, drehte sich auf dem Absatz um, so dass sein Umhang sich aufbauschte und sich dann sachte wieder um seinen Köper schloss. „Was willst du, Malfoy?“, fauchte er. „Warum verfolgst du mich?“ Draco begann zu grinsen. Er hatte es trainiert seit er sieben Jahre alt war, dieses Grinsen immer aufzusetzen, wenn er es brauchte, selbst wenn ihm gar nicht danach war. „Ich will doch sehen, wie du in eventuelle Fallen trittst. Dann hab ich was zu lachen!“ Harry schnaubte abwertend, wandte sich um und stieg weiter hinauf, die versteckte Warnung unbeachtet lassend. Sie waren schon ziemlich hoch und noch immer war die Decke nicht zu sehen. Der Blonde war erleichtert, dass die Kerzen sie begleiteten; sie blieben immer auf gleicher Höhe mit ihnen. Wenn er sich vorstellte, dass er diese Treppe im Dunkeln hinauf müsste, drehte sich ihm der Magen um. Das wäre echt keine schöne Erfahrung. „Sag mal, siehst du das Ende?“ Die Stimme riss Draco aus seinen unheimlichen Vorstellungen. Er sah hinauf. Wie kam er darauf, dass er besser sah, als… Und dann sickerte es langsam in sein Bewusstsein und er begriff. Harry ging schon die ganze Zeit im Dunkeln ungewisse Wege. Seit Wochen! Wie hielt er das aus? War das vielleicht der Grund dafür, dass er vorhin so ausgebrannt gewirkt hatte? Jetzt war das jedenfalls wieder anders. Jetzt wirkte er so stark und unbezwingbar wie gewohnt. „Hallo? Malfoy? Bist du taub? Kannst du erkennen, wohin diese Treppe führt?“, wiederholte Harry seine Frage. Wieder klang er genervt. Draco schüttelte den Kopf. „Nein, da oben ist alles dunkel.“ „Dunkel?“ „Sag ich doch! Dunkel! Hier sind nur ein paar Kerzen, die die Stufen um uns herum beleuchten. Ansonsten…“ Er brach ab und zuckte zurück, als Harry mit wütendem Ausdruck in den Ärmel griff und seinen Zauberstab zog. Er war doch nicht etwa sauer, dass er das mit der Blindheit vergessen hatte? Doch Harry hielt den Zauberstab nur in die Höhe und rief: „Lumos!“ Ein bläuliches Licht brach aus dem Holz hervor und es erhellte die Dunkelheit über ihnen. Draco fragte sich, warum er nicht selbst darauf gekommen war. Es lag doch so nahe. Warum musste erst ein Blinder kommen, um ihm die Augen zu öffnen? „Siehst du jetzt mehr?“, kam die ungeduldige Frage und Draco richtete seinen Blick nach oben. Gut, jetzt war die undurchdringbare Finsternis ein wenig zurückgegangen, aber das brachte ihm nicht wirklich was. Er konnte trotzdem nichts erkennen. „Nein.“, sagte er und Harry seufzte. Er nahm den Zauberstab wieder runter und das Licht erlosch. „Verdammt! Wieso nimmt diese dämliche Treppe kein Ende? Das kann doch eigentlich nicht sein.“, fluchte der Schwarzhaarige leise und stieg weiter. „Wir klettern doch jetzt schon seit Stunden!“ Er übertrieb maßlos, aber Draco verkniff es sich, ihm zu widersprechen. Es war gerade mal eine halbe Stunde, aber das reichte auch. Er würde morgen gewiss Muskelkater haben. Wortlos folgte er Harry weiter. Ihm war heiß. Es war langweilig. Und Harrys Rücken war keineswegs eine Ablenkung. Würde er ihn von vorne sehen, wäre es etwas anderes, aber so… Er war so in seine murrenden Gedanken vertieft, dass er die Gefahr beinahe zu spät erkannte. Direkt vor Harrys Füßen endeten die Stufen in einem bodenlosen Loch. „Halt! Stehen bleiben!“, schrie er, während er gleichzeitig nach dem Umhang vor sich griff und Harry zurückriss, sodass der Schwarzhaarige stolperte und rückwärts taumelte. Ein erschrockener Schrei, dann Totenstille. Harry lag in Dracos Armen, starr vor Schreck und stumm vor Erstaunen. Draco seinerseits, nachdem er das Gleichgewicht wieder gefunden hatte, umklammerte den Bauch des anderen wie ein Ertrinkender, sein Gesicht in einer Mischung aus Stoff und Haar vergraben. Harry roch gut. Seine Haare dufteten leicht nach Orange und Frühling. Und er war ziemlich leicht, zerbrechlich, fast wie ein Mädchen. Das war ihm schon vorhin aufgefallen, doch erst jetzt verstand er den Grund. Durch den Umhang und das T-Shirt hindurch spürte er die Rippen überdeutlich. Harry war regelrecht mager. Und trotzdem genoss er den Moment. Ihm so nahe zu sein, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Aber irgendwie war es schön. Es fühlte sich angenehm an, fast als wäre es Gewohnheit, richtig… Seine Umarmung wurde fester und just in diesem Augenblick begann Harry sich zu wehren. Er wand sich wie ein Aal und Draco ließ ihn widerwillig gehen. Erbost wirbelte er herum. „Was sollte das?“, zischte er wütend. Seine Augen waren nur noch Schlitze. Es war wirklich erstaunlich, wie ausdrucksstark seine Mimik noch immer war, obwohl die Augen kaum noch dabei halfen, die Eindrücke seines Gegenübers zu verstärken. Draco grinste überheblich wie immer und zuckte mit den Schultern. „Ich habe dich vor einem Sturz in den Tod bewahrt.“, erklärte er. „Übrigens: Wenn du noch eine Stufe hinaufsteigst, fällst du.“ „Und deshalb musst du mich umklammern, als würdest du…“ Er verstummte, brach ab und wandte sich ab. Das konnte er einfach nicht aussprechen, so absurd erschien es ihm. Das war einfach zu gruselig! Erneut zog er den Zauberstab und wieder ging Draco in Erwartung, einen Fluch abzubekommen, in Abwehrhaltung, doch Harry sorgte nur wieder für mehr Licht. „Was siehst du?“, fauchte der Junge und Draco musste unwillkürlich grinsen. Das eben hatte ihn wohl wirklich aus der Bahn geworfen. Er wandte seine Augen nach vorne. „Die Treppe ist nur unterbrochen.“, berichtete er. „Und, nein, wir kommen nicht rüber. Dazu ist es zu weit. Wir müssten fliegen!“ „Soll ich einen Besen rufen?“ Draco starrte ihn an. Natürlich, das lag nahe, und er wusste auch, dass Harry das konnte, er hatte es im letzten Jahr eindrucksvoll bewiesen. Doch ob es auch in geschlossenen Räumen und durch Wände hindurch funktionierte? Aber man konnte es ruhig probieren. Gerade wollte er etwas Entsprechendes antworten, da erklang glockenhelles Gelächter über ihnen. Draco wandte seinen Blick erneut hinauf in die von Harry erleuchtete Dunkelheit und erstarrte. Eine ganze Wolke von winzigen, geflügelten Wesen, in allen Regenbogenfarben schillernd wie Libellen, senkte sich auf sie herab. Und sie sahen aus wie… aber das konnte eigentlich gar nicht sein! Feen lebten doch normalerweise weit abseits von den Menschen! Sie standen doch genau deswegen auf der Liste der bedrohten Arten! Ein schriller Schrei lenkte seine Aufmerksamkeit abrupt auf Harry, der plötzlich um sich schlug und sich hektisch schüttelte. „Mach es weg! Nimm das da weg! Es ist kalt!“ Draco begann zu lachen. Eine der Feen stand auf seiner Schulter und knuddelte sein Ohr ab. Das war ja wirklich mal was Neues. Der große Harry Potter hatte Angst vor so kleinen Lebewesen wie den Feen. Wenn er das erzählte, wäre Harry der Looser der Schule! Doch so plötzlich, wie Harry zu schreien begonnen hatte, so plötzlich brach er auch wieder ab. Seine Augen schlossen sich, sein Kinn sank auf seine Brust, er wirkte vollkommen entspannt, als sei er von einem Moment auf den anderen im Stehen eingeschlafen. „Was bist du?“, fragte er leise und Draco glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Führte sein Erzrivale jetzt schon Gespräche wie die Mädchen? Die redeten auch mit allem, was sich irgendwie oder auch nicht bewegte, solange es nur klein und süß genug war. Doch Harrys nächste Worte passten nicht so ganz in dieses Konzept. „Eine Fee? Das gibt’s ja nicht. Wohnt ihr hier?“ Wieso konnte Harry diese kleinen Viecher verstehen? Wieso redeten sie nur mit ihm? Und wieso verstand er nicht, was gesagt wurde? Das war doch nicht fair! „Und hast du auch einen Namen?“ Er erinnerte sich an das zweite Schuljahr, als sie herausgefunden hatte, dass er Parsel sprach. Harry war schon immer sprachbegabt gewesen. Vielleicht war ja die Feensprache mit Parsel zu vergleichen und Harry hatte auch dafür die Gabe. „Kikuileh?“, lachte der Schwarzhaarige plötzlich. „Das ist ja hübsch. Bedeutet der Name auch irgendwas?“ Draco musste zugeben, dass das Bild, das sich ihm da bot, einfach nur schön war. Harry stand da, inmitten der um ihn herumschwirrenden Feen, der flackernde Kerzenschein warf Lichtreflexe und Schatten auf seine Gestalt, ließ ihn unwirklich, fast durchsichtig erscheinen. Und er stand einfach nur da, diese eine Fee mit dem langen, silbernen Haar auf der erhobenen Hand haltend. Sein Lächeln brannte sich wie Feuer in Dracos Herz. „Lufttänzer, ja? Wie passend für eine Fee.“, sprach Harry wieder. Der Blonde wandte sich ab. Der Anblick machte ihn traurig, die Worte mutlos. Zu jedem war Harry Potter freundlich, selbst zu fremden Wesen, die er nicht kannte, nur zu ihm nicht. Dabei wünschte er sich genau das am allermeisten. Die Erkenntnis eben hatte ihn überrannt. „Ich werde gehen.“, erklärte er in wütendem Tonfall. Er konnte diese Situation einfach nicht länger ertragen. „Es ist längst Sperrzeit.“ „Sperrzeit? Du meinst, es ist Schlafenszeit.“ „Sag ich doch!“, murrte er. „Es ist nur so ein... seltsamer Begriff. Das klingt irgendwie nicht wirklich schön.“ Draco verdrehte die Augen und schlug sich mit der Hand vor die Stirn. „Das liegt daran, dass es nicht schön ist!“, knurrte er böse, bevor er begann, die Stufen hinab zu steigen. Von oben hörte er noch einmal Harrys Stimme. „Ich muss leider gehen. Aber wenn ihr es erlaubt, komme ich wieder.“ Das war ja so typisch. Die große, tränenreiche Abschiedszeremonie. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! „Von mir aus. Wenn es sein muss, kommen wir halt beide wieder.“ Draco erstarrte, spürte Wärme in sich aufsteigen und wie ein Lächeln sich auf seine Lippen schlich. Das hätte er nicht erwartet, dass Harry ihn soweit akzeptieren würde, dass er freiwillig noch einmal mit ihm hierher kommen würde. Aber es gefiel ihm. Es bedeutete, dass er noch einen Nachmittag mit Harry verbringen konnte, falls dieser das Versprechen hielt. Und das tat er normalerweise immer. Dann war er plötzlich eingekreist. Feen über ihm, unter ihm, neben ihm, hinter und vor ihm, einfach überall! Und eine von ihnen kam frontal direkt auf ihn zu! Nur Millimeter vor seiner Nase hielt sie an, ihre Flügel bewegten sich in einer irren Geschwindigkeit und zauberten Blitze in die Luft um sie herum. Es war die, die auch schon mit Harry gesprochen hatte. Sie lachte ihm ins Gesicht und gab ihm dann unvermittelt einen Kuss auf die Nasenspitze. Ihre Hände und auch ihr Mund waren eiskalt. Dann erhob sich der ganze Feenschwarm in die Luft und verschwand lachend in der Finsternis, aus der sie vorher gekommen waren. Von hinten stieß Harry gegen ihn. „Kannst du nicht aufpassen, Potter?“, blaffte der Blonde. Was sollte er jetzt davon halten, dass er einen Kuss von einer Fee bekommen hatte? Was bedeutete das überhaupt? „Wartest du doch noch auf mich?“, überging Harry Dracos Beschuldigung. Dieser knurrte abermals. „Na klar.“, sagte er. „Ich hab ja sonst nichts zu tun!“ Harry lachte leise und Draco setzte seinen Weg fort. „Bild dir bloß nichts darauf ein!“, murrte er. Im Grunde fiel es ihm in diesem Moment richtig schwer, fies zu Harry zu sein. Seine Worte, dass sie gemeinsam wiederkommen würden, hatten ihn gefreut. „Ich weiß schon.“, erwiderte Harry milde. „Ich bin blind und du kannst es nicht verantworten, dass ich alleine durch Hogwarts streife, da du, sollte ich erwischt werden, ebenfalls Probleme bekommst, was du dir nicht antun willst, weshalb du lieber freiwillig etwas mehr Zeit mit mir verbringst, bevor du noch dazu gezwungen wirst, am Wochenende mit mir in einem Raum zu sitzen und Strafarbeiten zu verrichten.“ Selbstsicher nickte Draco. Eine bessere Ausrede hätte ihm nicht einfallen können. „Du hast es erfasst!“ Doch innerlich hasste er sich dafür. Er ließ ihn nicht allein, weil er nicht wollte, dass ihm etwas zustieß. Das war alles. Nur ließ sein Stolz nicht zu, dass er ihm das sagte. Der Abstieg dauerte nur noch halb so lange wie der Aufstieg und schon bald erreichten sie das Ende der Treppe. Der Slytherin hatte einen halben Drehwurm und musste sich erst wieder fangen, doch Harry schien das Gekreisel nicht zu stören. Zielsicher ging er auf das Mosaik mit Löwe und Schlange zu. „Was ist, Malfoy? Der Ausgang ist hier drüben!“ Es war wirklich erstaunlich. Hätte er nicht gewusst, dass sie durch das Bild gekommen waren, hätte er nach der ganzen Dreherei nicht mehr sagen können, in welche Richtung er gehen musste. Doch Harry ging ohne zu zögern darauf zu. Er trat zu dem Schwarzhaarigen, der stehen geblieben war, um auf ihn zu warten. „Wusstest du eigentlich, dass wir uns in einem Geheimgang befinden und du vor einer massiven Wand stehst?“, fragte er wie beiläufig, hielt absichtlich alle Emotionen aus seiner Stimme fern. Harry kratzte sich am Ohr. „Ich hab’s geahnt.“, antwortete er verlegen. „Du warst so aufgeregt.“ Aufgeregt? Er war aufgeregt? Wieso wusste er davon nichts? Andererseits, jetzt, wo er das sagte, hatte er schon das Gefühl, dass es stimmte. „Nicht schlecht.“, erkannte er diese Leistung an. „Mich durchschauen nicht viele Leute.“ Harry grinste und trat dann durch die Wand. Sie schien für einen Augenblick einfach flüssig zu werden, bis er hindurch war, bevor sie ihre ursprüngliche Form wieder annahm. Draco folgte. Und traf auf einen sich hilflos nach allen Richtungen wendenden Harry Potter, der erst einen Schritt nach links, dann einen nach rechts machte, und schließlich wieder stehen blieb. Offensichtlich hatte er sich wirklich verlaufen und wusste nicht mehr, welchen Weg er nehmen musste. Bemitleidenswert. Vielleicht sollte er ihm helfen… Gerade da straffte Harry die Schultern und drehte sich zu ihm herum. Sein Ausdruck war ernst und eindeutig missbilligend. „Es fällt mir zwar nicht leicht, das zu tun, aber bevor ich hier übernachten muss… Malfoy, würdest du mir bitte den Weg in die Große Halle beschreiben?“ Draco glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Hatte Harry das gerade wirklich gesagt? Hatte er ihn wirklich um Hilfe gebeten? Hatte er sich nicht verhört? Das war doch… Harrys Haltung entspannte sich wieder, er zuckte mit den Schultern und wandte sich nach links. „Dann eben nicht.“, murmelte er. „Bis…“ „Serpensortia!“, rief Draco und Harry wirbelte herum, den Zauberstab schon erhoben, bereit zu kämpfen. Welch wundervolle Reaktion. Jeder Auror wäre neidisch darauf, doch der Blonde winkte ab. „Beruhige dich mal… Du kannst doch mit dem Vieh sprechen.“, erklärte er seinen Zauber, beleidigt, dass Harry wirklich so schlecht von ihm dachte. „Also kannst du ihr sagen, wo du hin willst, und sie bringt dich.“ Sprachlos starrte der Schwarzhaarige in seine Richtung, ließ die Hand mit dem Zauberstab sinken, so dass Draco lächeln musste. Er hatte ihn überrascht. „Du kannst sie mit Vastari verschwinden lassen, wenn du zu Hause bist.“ Immer noch war Harry sprachlos, doch Draco konnte seine Blöße nicht noch vergrößern, indem er diesen Moment unnötig in die Länge zog. Er ging um Harry herum in den Gang, der zu dem Zimmer führte, wo er vorher gearbeitet hatte. Seine Schulsachen waren noch dort. „Tschüss.“ Und schon ging er in die Schatten des Ganges davon. Der Abschiedsgruß weckte schließlich auch den Jungen, der lebt, aus seiner Starre. „Danke, Malfoy!“, rief er ihm hinterher. Draco rollte mit den Augen. „Du weißt hoffentlich, dass niemand hiervon erfahren wird, sonst hast du ein gewaltiges Problem!“, gab er kalt zurück. Harry nickte. „Schon klar.“, lachte er, dann beugte er sich zu der Schlange hinunter, sprach in jener seltsamen Sprache zu ihr, woraufhin sie sich in Bewegung setzte und er ihr folgte. Schweigend beobachtete Draco, wie sie im rechten Gang verschwanden, und plötzlich stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Er hatte tatsächlich den ganzen Nachmittag mit Harry Potter verbracht, ohne dass sie sich gegenseitig an die Kehle gegangen waren. Das konnte er doch durchaus als ersten Erfolg verbuchen! Jetzt nur noch… Unbeschadet erreichte Harry den Durchgang, öffnete mit dem Passwort das Portraitloch, und trat ein, nachdem er die Schlange mit einem Wink seines Zauberstabs hatte verschwinden lassen. Er war entspannt und irgendwie war ihm leicht ums Herz, doch die ihn empfangende Stimmung war bedrückend. „Wieso kommt er denn nicht?“ Das war eindeutig Hermione, die das sagte. Und sie klang fast verzweifelt. „Es ist schon nach Mitternacht!“ „Vielleicht wurde er bei Snape aufgehalten…“ Und das war Rons Stimme. Irrte er sich oder kam sie von derselben Stelle wie vorher Hermiones? „Das glaubst du doch selbst nicht!“ Er irrte sich nicht. Entweder saßen sie ungewöhnlich dicht beieinander oder, was er eher vermutete, Ron hatte Hermione auf dem Schoß. Wie süß! Langsam ging er auf sie zu, vorsichtig, um nicht mit irgendeinem im Weg stehenden Sessel zu kollidieren. „Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ihm etwas passiert ist, Mione. Das hätten wir längst erfahren!“ Ron strich ihr durch die braunen, lockigen Haare. „Mach dich nicht verrückt. Harry weiß schon, was er tut.“ „Er schadet Gryffindor, wenn sie ihn um diese Zeit draußen erwischen.“, entgegnete sie leise. Man konnte hören, dass sie es nur noch halb ernst meinte. „Sollen wir ihn suchen gehen?“, wollte Ron wissen. Sie lächelte. „Wenn sie uns erwischen, machte es das nicht besser, Ron. Zumal wir Vertrauensschüler sind.“ „Wir können den Tarnumhang und die Karte des Rumtreibers nehmen. Harry hat es erlaubt.“ Der Schwarzhaarige grinste. Das stimmte. Das war wirklich ein guter Einfall von dem Rotschopf. Zum Glück war ihm das nicht früher eingefallen, sonst hätte er ihn womöglich mit Malfoy zusammen gesehen und das wäre sicherlich nicht ohne Komplikationen vonstatten gegangen. Hermione schien die Idee auch gut zu finden. „Vielleicht sollten wir ihn wirklich suchen gehen.“, stimmte sie zu. „Er müsste schließlich längst zurück sein!“ Rascheln ertönte, als sie aufstand und Ron anschließend in die Höhe zog. Sie kamen jetzt direkt auf ihn zu. Warum sahen sie ihn denn nicht? Waren sie etwa auch blind geworden? Oder… Er hob den Zauberstab erneut, den er immer noch nicht wieder weggesteckt hatte, als sie gerade an ihm vorbei gingen. „Retro Origo!“, murmelte er und spürte, wie der Zauber von ihm abfiel. Sein ganzer Körper kribbelte wie verrückt. Dieser Malfoy! Wann hatte er..? „Harry?“ Hermiones Stimme war voller Erstaunen, doch ihre Verblüffung über sein plötzliches Erscheinen hielt sich nicht lange und sie schüttelte sie schnell wieder ab. Sie rannte die paar Schritte zu ihm zurück, fiel ihm um den Hals und drückte ihn ganz fest an sich. „Wo warst du denn die ganze Zeit nur? Wir haben uns Sorgen gemacht! Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ Harry grinste, als er die Umarmung erwiderte. „Sperrzeit.“ „Wo hast du denn das Wort her. Klingt ja doof.“, murrte Ron, doch auch er begann zu grinsen, als er ihm auf die Schulter klopfte. „Wir wollten dich gerade suchen gehen! Wo warst du?“ „Ich habe mich wohl verlaufen!“, gab Harry errötend zu. Hermione ließ ihn los und wandte sich Ron zu. „Siehst du, wir hätten ihn doch bei Snape abholen sollen! Er kommt halt nicht alleine zurecht in diesem vermaledeiten Schloss!“ „Nana.“, beruhigte sie Harry, indem er ihr eine Hand auf den Arm legte. „Ich bin doch wieder da. Und ich hab es ganz alleine geschafft.“ Stimmte nicht ganz, aber na ja. „Harry, du bist mehr als drei Stunden zu spät!“, ereiferte sie sich. „Aber trotzdem hab ich es geschafft. Ich habe den Weg hierher gefunden“ ‚Und ich hatte nur ganz wenig Hilfe.’, fügte er in Gedanken noch hinzu, aber davon mussten die beiden nichts wissen. „Ich brauche nur noch ein bisschen Übung.“ Hermione seufzte. Die beiden Jungen wussten, dass sie noch nicht zufrieden und schon gar nicht einverstanden war, doch sie hielt sich zurück und lächelte. „Vielleicht sollten wir dann schlafen gehen. Wir können morgen immer noch darüber sprechen, wie du es geschafft hast und was du bei Snape wolltest.“ Es interessierte sie wirklich brennend und am liebsten würde sie ihn gleich ins Kreuzverhör nehmen, aber Harry sah müde aus. Und sie war es auch. Und am nächsten Tag hatten sie Unterricht! Ron nickte. „Gute Idee. Ich bin fertig!“ Und auch Harry schloss sich seinen Freunden an. Eine Mütze voll Schlaf war jetzt genau das Richtige. Sie wünschten einander eine gute Nacht und dann zog sich Hermione zurück, während Ron Harry in ihr Zimmer führte. Die anderen schliefen schon. Schnell machten sie sich bettfertig und legten sich hin. „Nacht, Ron!“ Harry zog die Vorhänge zu und schloss die Augen, doch der Schlaf kam nicht. Seine Gedanken waren viel zu aufgewühlt. Ob Malfoy jetzt schon schlief? Er hatte sich heute völlige anders verhalten als noch am gestrigen Tage. Er war fast freundlich gewesen, nicht so eklig wie sonst. Warum? Was hatte sich geändert? Lag es daran, dass Malfoy dachte, er müsse ihm wegen der Blindheit helfen? Aber dieses Gefühl hatte er irgendwie nicht. Eher… Die Erinnerung an die Umarmung flutete durch seine Gedanken. Malfoy hatte ihn gehalten wie etwas Zerbrechliches, hatte ihn nicht nur gerettet, sondern auch vor dem Sturz bewahrt, etwas was er früher nie getan hätte. Er war richtig zärtlich gewesen. Oder bildete er sich das nur ein? Hermiones Umarmung vorhin war rein freundschaftlicher Natur gewesen und vollkommen anders als Malfoys. Was war nur mit dem blonden Slytherin los? Warum war er so anders als sonst? Und mit diesen und ähnlich weltbewegenden Fragen schlief er schließlich doch ein. Von Lehrern und Feen -------------------- Titel: Von Lehrern und Feen Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 8: Von Lehrern und Feen Ron erwachte am nächsten Morgen urplötzlich durch einen dumpfen, unerwarteten Stoß an der Schulter. Es war ein Schuh, der ihn da getroffen hatte. „Bring ihn zum Schweigen, Ron!“, murrte der Besitzer des Turnschuhs, Dean Thomas. „Das ist ja nicht auszuhalten!“ Der Rotschopf blinzelte verschlafen, wusste zuerst nicht, was er meinte, und vernahm im nächsten Moment ein gequältes Stöhnen. Sofort war er hellwach und aus dem Bett. Das kannte er, das war Harry! Er riss die Vorhänge des Himmelbettes auseinander und blickte auf den sich windenden Jungen hinab. Immer wieder schlug er nach der Narbe auf seiner Stirn, wälzte sich herum und stöhnte. Ein Alptraum. Einer von der Sorte, in der der dunkle Lord eine tragende Rolle spielte. Das war nicht gut! „Harry!“, rief er leise, um die anderen nicht auch noch zu wecken, packte dann die Schultern seines Freundes und schüttelte ihn sacht. „Wach auf!“ Eine Faust traf ihn an der Brust. Tolle Antwort. Das war ja wohl nicht wahr! „Wach auf oder ich werf dich aus dem Fenster!“, drohte er und erntete ein Kichern von Dean, der diese Aktion mit schwach wütender Neugier verfolgte. Inzwischen war auch Seamus wach, stieg aus seinem Bett und kam grinsend zu ihm herüber, um besser sehen zu können. „Ist gar nicht so einfach, nicht?“ Er hatte es in dieser Nacht auch schon versucht, Harry zu wecken, war aber gescheitert. Er hatte sich schließlich Ohropax aus seinem Koffer geholt, um wieder einschlafen zu können, eine nette, durchaus nützliche Muggelerfindung. Ron schnaubte nur, seine Version eines Lachens. Er fühlte sich verarscht. Plötzlich, ohne Vorwarnung, bäumte sich Harry auf, so dass Ron erschrocken zurückzuckte, kannte er doch Harrys Unberechenbarkeit im Schlaf, und saß im nächsten Moment senkrecht im Bett. Tränen standen in seinen Augen, die weit aufgerissen ins Leere blickten, seine Hände krallten sich in die Bettdecke und strapazierten den Stoff aufs Äußerste. Er keuchte, atmete schwer und ungleichmäßig. Der Rothaarige war besorgt. „Was hast du?“, fragte er vorsichtig, legte eine Hand auf Harrys Schulter und drückte sie sanft. Er wollte ihm mitteilen, dass er da war, dass er nicht allein war. Er wusste aus Erfahrung, dass er das in solchen Momenten brauchte. Irritiert ruckte Harrys Kopf zu ihm herum, dann lächelte er plötzlich erkennend. „Ich habe… schlecht geträumt.“, antwortete er und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. „Kein Grund, besorgt zu sein.“ Es war ein halbherziger Versuch, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken. Ron war skeptisch. „Hast du von ihm geträumt?“ Oha, Treffer. Er hatte tatsächlich wieder von ihm, von Voldemort, geträumt. Von ihm und davon, wie er Diggory killte. Aber das musste Ron ja nicht wissen. Er schlug die Decke zurück und rutschte zum Rand hin. „Ich weiß es nicht mehr. Ich kann mich nicht erinnern.“ Er griff nach seinem Zauberstab, der auf dem Nachttisch lag. „Wie spät ist es?“ „Kurz vor Sechs.“ Immer noch bedachte Ron ihn mit einem skeptischen Blick. „Und dank dir sind wir nun alle wach.“ „Ja, Harry, du bist zu laut, wenn du träumst!“, stimmte Dean halb ernst, halb spaßig zu. Er begann sich seines Schlafanzuges zu entledigen, um unter die Dusche zu gehen. Wenn er schon mal so früh wach war, dann konnte er die Zeit auch sinnvoll nutzen. Harry nickte wissend. Er wollte es ja nicht, aber er konnte auch nichts dagegen tun. Er konnte nur dafür sorgen, dass sie es nicht mehr hörten. Er würde Hermione nach einem Spruch in diese Richtung fragen. Seine Version eines solchen Zaubers war mehr als lächerlich, das hatte er letztens festgestellt. Vielleicht konnte sie ihm da helfen. Dann erklang plötzlich glockenhelles Lachen. Es war so hell und klingend, dass es gerade noch so an ihre Ohren drang, aber es war dennoch in der stillen Atmosphäre gut zu hören. Alle vier Jungen sahen auf. „Was ist das?“, fragte Dean befangen. Seamus sah ihn an. „Du hörst es auch?“ Ron nickte. „Klingt, als würde ein Mädchen vor der Tür sitzen und sich vorstellen, wie sich einer von uns auszieht.“ „Das wird dann wohl Harry betreffen. Welches Mädchen interessiert sich schon für einen von uns anderen.“ Wieder erklang das Lachen. „Ich finde, es klingt irgendwie schön.“, bemerkte der Braunhaarige sinnierend. „Wo kommt es her?“ Sie lauschten kurz, dann zeigte Seamus nach oben in die Kuppel von Harrys Himmelbett. „Von da! Irgendwo aus den Stofffalten da oben!“ Und wieder dieses Lachen. Harry begann freudig zu lächeln. „Kikuileh? Bist du das?“ Und im nächsten Moment schwirrte aus dem Zwielicht der Kuppel die bläuliche Fee herab, landete federleicht und anmutig auf Harrys Willkommen heißender, ausgestreckter Handfläche. „Was machst du denn hier? Wie hast du mich überhaupt gefunden?“ „Was ist das denn?“, unterbrach Ron das Willkommensgespräch zwischen Gast und Gastgeber. Er beugte sich nach vorne und begutachtete neugierig das kleine Wesen. „Sieht aus wie eine Fee.“, murmelte Dean dazwischen. Nur mit einem Handtuch um die Hüfte stand er neben Harrys Bett. „So ähnlich sehen die Bilder in unserem Buch aus.“ „Eine Fee?“ Ron wandte ihm den Blick zu, eindeutig ungläubig. „Die ist so winzig. Gar nicht so weiblich, wie ich sie mir immer vorgestellt habe.“ „Du verwechselst das, glaube ich, mit den Nymphen.“, warf Seamus ein. Er klang, als würde er neben sich stehen, als wäre er sich nicht bewusst, dass er überhaupt etwas sagte. „Ehrlich?“ Kikuileh stemmte plötzlich die Hände in die Seiten und funkelte den Rotschopf wütend an, während Harry zu lachen begann. „Starr sie nicht so an, Ron! Sie mag das nicht!“ „Sie mag das nicht?!“, echote Ron perplex. „Woher willst du das wissen?“ „Ihre Reaktion ist eindeutig!“, murmelte Seamus und verpasste seinem Freund eine Kopfnuss. „Tu nicht so dämlich!“ „Sie hat es gesagt.“ „Sie hat…“ Unglaube sprach aus ihren Blicken, als die Fee heftig zu nicken begann. „Sie hat es gesagt?“ „Du verstehst das Vieh?“ Wieder tobte die Fee auf Harrys Hand, schüttelte, wie als hätte man einen Schalter betätigt, wütend ihre winzigen Fäuste in seine Richtung, während sie in rasendem Tempo unglaublich hohe Töne ausstieß. Harry legte ihr einen Finger auf den Kopf und sie verstummte, wandte jedoch nicht den zornigen Blick von dem für sie riesenhaften Rotschopf. „Besser, du nennst sie nicht mehr Vieh.“, erklärte er den Wutausbruch. „Sie kann das nicht leiden. Dean hat schon Recht. Kikuileh ist eine Fee.“ „Eine echte Fee in diesem Zimmer…“, murmelte Seamus fassungslos. Dann meldete sich plötzlich eine verschlafene Stimme von ganz hinten im Zimmer. „Was ist denn da los bei euch? Ist es nicht etwas früh für einen derartigen Tumult?“ Neville war aufgewacht. Und während die drei Jungen ihren Zimmergenossen über den unerwarteten Besuch aufklärten, zog sich Harry an, wie immer auf magische Weise. Dean klappte der Mund auf. „Mensch, Neville, du hattest Recht. Der Kerl…“ Er verstummte, denn keiner hörte ihm zu. Gegen Kikuileh war Harrys kleiner Trick einfach nicht der Rede wert. „Ich dachte, Feen würden die Menschen meiden.“, sagte der schwarzhaarige Junge verwundert. „Gut aufgepasst.“, lobte Harry. „Aber ich weiß auch nicht, warum sie hier ist. Sie will es mir nicht sagen.“ „Du hast sie danach gefragt?“, hakte Dean nach. „Wann?“ „Gestern.“ „Gestern?“ „Also wirklich, Ron. Hat dich ihr Anblick so sehr verwirrt, dass du nur noch wiederholen kannst, was ich sage?“ Ron starrte ihn wütend an, verschränkte dann beleidigt die Arme vor der Brust. „Du lernst Feen kennen und hältst es nicht für nötig, mir das zu erzählen?“, moserte er. „Das ist wirklich nicht nett.“ Harry legte ihm eine Hand auf die Schulter und tätschelte sie leicht. „Es war Miones Vorschlag, dass ich euch erst heute berichte, was ich gestern erlebt habe. Ich kann nichts dafür.“ Es war eine Ausrede und jeder wusste das. Er war gestern einfach fertig gewesen und hatte die Sache mit Malfoy erst mal verarbeiten müssen. Ron murrte unfreundlich. „Ja, ja. Und du hattest natürlich auch vor, es zu erzählen!“ Harry grinste ertappt. Eigentlich hatte er vorgehabt, diesen Teil mitsamt Malfoys ungewöhnlichem Verhalten wegzulassen. „Aber natürlich. Ich würde es euch doch niemals verschweigen. Was denkst du von mir?“ Der Rotschopf schnaubte, nicht auf seine gespielt gekränkte Miene eingehend. „Ich denke, dass du ein verdammt schlechter Lügner bist!“ „Glaub das bloß nicht!“, lächelte Harry plötzlich ernst. „Glaub das bloß nicht!“ „Oh oh, Streit unter Freunden! Geht in Deckung, Leute!“, lachte Dean und ging zu seinem Bett, um aus dem Nachttisch sein Waschzeug zu holen. „Besser, wir lassen unsere zwei Turteltauben alleine, damit…“ Weiter kam er nicht. „TURTELTAUBEN???“, riefen Ron und Harry unisono. Plötzlich waren sie sich wieder einig. „Was soll diese Bezeichnung?“, fauchte Ron und ging bedrohlich auf den braunhaarigen Freund zu. „Willst du mir etwas mitteilen, was ich bisher noch nicht weiß?“ Seamus lachte. „Und schon ist er wieder der alte Hitzkopf. Weißt du, Ron, ich hatte schon begonnen, mir Sorgen zu machen, weil du plötzlich so ernst warst. Aber jetzt…“ Er entfernte sich Richtung Badezimmer, immer noch lachend. Dean, sich das Grinsen nicht verkneifen könnend, folgte ihm, genau wie Ron. „Ich bin nicht hitzköpfig!“ „Aber nicht doch, Ron, du…“ Die Stimmen verklangen und Harry grinste bis über beide Ohren. Das war ein klasse Hörspiel! Besser als jede Komödie in Dudleys Fernseher. „Harry?“ Der Schwarzhaarige richtete seine Aufmerksamkeit auf Neville, der schüchtern vor ihm stand. „Ja?“ Der rundliche Junge mit dem Mondgesicht schluckte. „Weiß Dumbledore davon, dass du eine Fee mit ins Schloss gebracht hast?“ Er klang wirklich besorgt, fast ängstlich. Harry lächelte beruhigend. „Keine Sorge. Ich werde dafür sorgen, dass sie niemandem was tut. Nicht wahr, Kikuileh, du tust niemandem etwas!“ Ein kurzer heller Laut und Harry lachte erneut, diesmal richtiggehend liebevoll. „Genau, warum solltest du?“ Eine Stunde später waren sie mit Hermione zusammen auf dem Weg in die große Halle zum Frühstück. Harry erzählte vom gestrigen Tag, wie er bei Snape mit seiner Bitte gescheitert war und sich verlaufen hatte. Und ab diesem Zeitpunkt verbog er die Geschichte so, dass weder Malfoy noch der Geheimgang erwähnt werden mussten. Er wusste nicht, wieso er den Turm geheim halten wollte, er hatte einfach das Bedürfnis dazu. Und so verschwieg er es ihnen, umging die Wahrheit geschickt mit Halbwahrheiten und kleinen Lügen. Er hatte das noch nie getan und fast bedauerte er, dass er jetzt damit begann, doch leider war es nötig, wenn er sich an seine sich gesetzten Präferenzen halten wollte. Er endete mit seiner Geschichte punktgenau, als sie die große Halle betraten, und Harry fühlte sofort massenhaft Blicke auf sich ruhen, genau wie die Tage zuvor. Eine Mischung aus Neugier, Hass, Misstrauen und Verachtung. „Schaut, da kommt Cedrics Mörder!“, stach Chos Stimme aus dem ganzen Gemurmel heraus. Sie versuchte nicht einmal, ihre Abneigung gegenüber Harry zu verhehlen. Harry tat, als hätte er es nicht gehört, doch es hatte ihn wirklich getroffen. Es tat weh, zumal er diese Nacht davon geträumt hatte. Alles hatte er noch einmal vor sich gesehen; den Feuerkelch, die Momente, wo er und Diggory miteinander geredet hatten, wo sie gemeinsam Voldemort gegenüberstanden. Und seinen Tod. Der stumme Schrei hallte immer noch in seinen Ohren wider, die anklagenden, leblosen Augen verfolgten ihn wie das Mal auf seiner Stirn… Harry schüttelte den Kopf, um die Erinnerung daran loszuwerden. Er wollte nichts davon wissen. Er wollte nicht daran denken! So verdrängte er auch die Stimmen seiner Mitschüler aus seinen Gedanken. „Hey, alles okay?“, fragte Ron besorgt und Harry nickte. „Alles okay.“ Doch er rührte trotzdem keinen Bissen an. Chos Anschuldigung und die Erinnerung an diesen unangenehmen Tag hatten ihm den Appetit gründlich verdorben. Pünktlich um acht Uhr saßen die drei Freunde im Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste und Harry war erstaunt, als sich ihr neuer Lehrer vorstellte. Er hieß Professor Raindoom und war laut Hermione ein mittelgroßer, durchschnittlich aussehender Mensch mit Schnurrbart und Hornbrille. Er trug einen samtgrauen Umhang mit schwarzem Saum, darunter einen gediegenen, perlgrauen Muggelanzug. Alles in allem wirkte er wie der verkappte Graf vom Dienst, aber er war ganz und gar nicht wie ihre letzten Lehrer; kein stotternder Irrer, kein Hochstapler, kein Werwolf und kein paranoider Auror. Ob das ihnen nun zum Vorteil gereichte, blieb vorerst offen. Professor Raindoom begann seinen Unterricht mit einer kurzen Einleitung. Er ließ sich sagen, was sie bisher behandelt hatten, bevor er verkündete, dass in diesem fünften Schuljahr Duelle auf dem Lehrplan standen und er ihnen zu diesem Zweck einige durchaus nützliche Zauber beibringen wollte, die sie dabei unterstützen würden. Der erste war ein Warnzauber. „Sehen Sie her!“, rief er in die Klasse und schwang den Zauberstab in einem bestimmten Interwall. „So sieht die Bewegung aus, mit der Sie den Zauber wirken. Und der Spruch heißt Praemonere. Ich werde es Ihnen vormachen!“ Und damit schwang er den Zauberstab erneut, rief den Spruch und die Schüler taten im nächsten Moment lauthals ihr Erstaunen kund. Um den Lehrer war eine rötlich schimmernde Kugel erschienen, die gleichmäßig langsam pulsierte. „Miss Patil. Würden Sie wohl bitte einen Expelliarmus gegen mich sprechen?“ Das Slytherinmädchen nickte eifrig und sprang auf. „Expelliarmus!“, rief sie und sofort zuckte ein gleißender, lilafarbener Blitz über die rötliche Kugel, während der Lehrer den Entwaffnungszauber problemlos abwehrte. Begeisterungsrufe wurden laut. Das war mal ein Zauber mit Stil! Sie erhielten sogleich die Aufgabe, selbst zu probieren, wie weit sie mit dem Zauber zurecht kamen, und schon hörte man ein vielstimmiges, ohrenbetäubendes Rufen und Fluchen und Lachen und Schreien im Klassenzimmer. Es herrschte absolutes Chaos. Harry murrte und hielt sich zurück. Er wollte nicht, dass Hermione wieder beleidigt war und hatte Angst, dass sie überreagieren könnte, wenn er es vor ihr schaffte. Dass er es schaffte, war nicht das Problem. Er hatte schon seit einiger Zeit die Gewissheit, dass ihm neue Zauber nicht schwer fielen. Selbst die ganz schweren hatte er nach spätestens drei Versuchen drauf, was ein Test mit Charly bewiesen hatte. Doch das Mädchen selbst war der Meinung, Harry sollte es auf jeden Fall versuchen. „Na los! Das musst du schaffen! In Verteidigung gegen die dunklen Künste warst du immer der Beste!“, versuchte sie ihn zu motivieren, stieß ihm freundschaftlich in die Seite. Der Schwarzhaarige seufzte. Wenn sie unbedingt wollte… Er schwang den Zauberstab auf die Art, wie er es von Hermione gezeigt bekommen hatte, und sagte den Spruch. Augenblicklich spannte sich eine hellrot schimmernde Kuppel über ihn, auf der ein wahres Gewitter an rotlila Blitzen herrschte. Man konnte Harry kaum noch sehen. „Hervorragend!“, kam von vorne ein Jubelruf. „Harry Potter hat es als Erster geschafft! Ein wahrhaft perfektes Werk! Seht euch die Zeichnung der Blitze an. Wunderbar!“ Die Schüler hatten ob der Lobeshymne ihre Zauberversuche eingestellt und nach wenigen Sekunden lag Harrys Kugel ruhig wie ein unterirdischer See. „Ich bin stolz auf Sie, Mr Potter!“ „Ihr Zauber ist nutzlos.“ Wie ein Donnerschlag schnitt Harrys Erwiderung durch die Stille des Raumes. Entsetzt starrten alle zu ihm, während er die Arme vor der Brust verschränkte und trotzig in Richtung Lehrer blickte. Wie konnte er..? Seit wann war Harry Potter so kritisch, was Sprüche in Verteidigung gegen die dunklen Künste betraf? Normalerweise war er doch der Erste, der sie über alle Maßen lobte. Doch diesmal drückte sein Gesicht deutliches Missfallen aus. Was hatte sich geändert? „Würden Sie das bitte noch einmal wiederholen, Mr Potter?“, bat Professor Raindoom mit beherrschter Stimme. Fassungslos ließ er den Jungen, der lebt, nicht aus seinen hellblauen, hinter dicken Gläsern verborgenen Augen. Hatte er etwas nicht mitbekommen? Hatte er ihn nicht gerade gelobt? Wieso war er so unverschämt frech? Harry unterdessen verdrehte respektlos die Augen. War der Kerl etwa schwerhörig, dass er es wiederholen musste? „Ihr Zauber ist sinnlos für mich!“, tat er, was der Lehrer verlangte. Raindoom war jetzt an dem Punkt, an dem er langsam fassen konnte, welch eine Frechheit sich hier gerade ereignet hatte. „Zehn Punkte Abzug für Gryffindor!“, presste er heraus. Im Grunde konnte er es immer noch nicht glauben. Seit wann durften Schüler ihre Lehrer so unflätig beleidigen? Das war ein Angriff auf seine Kompetenz! Und Harry konnte nicht glauben, was er soeben gehört hatte. Punktabzug für eine Sache, wo er seine Meinung gesagt hatte? War denn das zu fassen? Sie lebten doch wohl in einem freien Land, wo jeder seine Meinung sagen konnte, wie er letztes Jahr von Rita Kimmkorn in jener harten Lektion gelernt hatte. Was erdreistete sich dieser Kerl, ihm dieses Recht zu nehmen? Er stand auf. „Was bitte soll ich mit einem Zauber, der mich vor anderer Leute Magie warnt, wenn ich nicht weiß, woher der Fluch kommt und um welche Art von Zauber es sich handelt? Ich gebe zu, letzteres ist nicht so wichtig, aber doch wenigstens die Richtung wäre schon einmal nützlich! Und dann wäre es praktisch, wenn der Schild noch zwischen gefährlichen und ungefährlichen Sprüchen unterscheiden könnte. Ich meine, was bringt es, wenn ich im Krieg sitze und mein Warnzauber meldet sich, weil hinter mir jemand Lumos zaubert, um besser sehen zu können, oder ebenfalls einen Warnzauber spricht? Noch dazu kann jeder hier die Kugel leuchten sehen, hat mir Hermione erzählt. Und das verschafft dem Feind einen eindeutigen Vorteil, denn nun muss er nur noch auf den Mittelpunkt der Kugel zielen, dann trifft er. Er hätte ein wirklich leichtes Spiel! Und wenn wir uns in einem Zweikampf befinden, was ein Duell ja eigentlich ist, wissen wir eh, dass unser Gegenüber zaubert, dann braucht keiner von uns einen aufwändigen Warnzauber, der nutzlos ist!“ Danach musste er erst mal Luft holen, um nicht zu ersticken. Er hatte alle seine Argumente in einem Atemzug hervorgebracht. Ans Luftholen hatte er durch seinen Ärger nicht einmal gedacht. Es herrschte Stille, in der man die berühmte Nadel zu Boden fallen hören könnte. Die Luft war zum Zerreißen gespannt, sie vibrierte förmlich. Harry bebte. Er wusste, er hatte etwas außergewöhnlich Dummes getan, aber er hatte sich nicht zügeln können. Der Frust über seine Unfähigkeit, die witzlose Hilfe durch diesen Zauber und die Unfähigkeit, sehen zu können, hatten die Reaktion ausgelöst und er hatte sich gehen lassen. Verteidigung gegen die dunklen Künste war sein absolutes Lieblingsfach, aber wenn plötzlich jemand auftauchte, der einen solch selten dämlichen Spruch lehrte, und diesen auch noch für duellnützlich hielt, war doch alles verloren! Nicht nur, dass er für andere Fächer nicht mehr zu gebrauchen war, die Fächer, die ihm etwas bedeuteten und ihm Spaß machten, wurden von innen heraus durch Scharlatanerie zerstört. Sie nahmen ihm sein Fundament, seine Lebensgrundlage. Sie nahmen ihm den Spaß an der Magie… „Mr Potter!“ Professor Raindooms Stimme war gezwungen ruhig und jagte Harry einen eisigen Schauer über den Rücken. Hätte er geschrieen, wäre die Wirkung nicht halb so intensiv gewesen, aber so… „Wenn Sie soviel an meinem Vorschlag eines Warnzaubers auszusetzen haben, schlage ich vor, Sie liefern mir eine bessere Version!“ Der hagere Mann rückte seine Brille zurecht und blickte Harry direkt an. Ihre Augen trafen sich und augenblicklich war das Unbehagen des Mannes für den schwarzhaarigen Jungen deutlich spürbar. Sein Fluch wirkte also auch bei ihm. Raindoom war es, der den Blickkontakt schließlich löste. Es war wie eine verlorene Schlacht und das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. „Sie haben bis Halloween Zeit, um mir den Beweis zu liefern, dass Sie einen besseren Spruch kennen!“, erklärte er nach einem Räuspern. Harry setzte an zu einem Widerspruch, der jedoch im Keim erstickt wurde. „Und sollten Sie es nicht schaffen, werde ich Ihnen weitere fünfzig Punkte abziehen!“ Das saß. Harry setzte sich, verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und starrte den Rest der Stunde vor sich hin, machte irgendwann noch seine Musik an. Das bedeutete Krieg! Raindoom war unfair. Er wusste genau, dass er das nicht schaffen würde, ohne in Büchern nachzulesen, aber genau das konnte er ja nicht! Wie fies konnte man denn sein? *Du kannst es schaffen!*, erklang es plötzlich in seinem Kopf. *Du bist besser!* Harry begann verhalten über den Aufmunterungsversuch zu lächeln und berührte das kleine Wesen in seiner Brusttasche flüchtig. Kikuileh war einfach nur lieb. Aber wenn er es realistisch betrachtete, war er, beziehungsweise waren die Punkte für Gryffindor verloren. Draco auf seinem Platz beobachtete Harry aus den Augenwinkeln. Das hatte er wirklich noch nie erlebt. Harry Potter kam mit einem Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste nicht klar. Das war eine echte Sensation! Und doch er hatte Recht. Es war ihm gar nicht aufgefallen, aber er hatte wirklich und wahrhaftig Recht. Der Zauber war sinnlos. Und als er ihn endlich gemeistert hatte, freute er sich nicht wirklich darüber. Er war der Vierte gewesen, der es schaffte, nach Harry, Granger und Pansy, doch trotz allem war keiner der Glorreichen wirklich froh darüber. Auch der Enthusiasmus der anderen war verflogen, ihre Anstrengungen hatten sich halbiert. Das war es sicher nicht, was Harry bezweckt hatte. Er hatte doch nur einen besseren Zauber erwartet, einen, der etwas taugte. Doch wie üblich waren die Ohren der Lehrer für eine solche versteckte, unbewusste Bitte taub. Raindoom war immer noch sauer. Draco konnte es sehen. Und er hatte das Gefühl, dass dieser Lehrer wirklich nachtragend war. In Zukunft würde Potter kein leichtes Spiel mehr bei ihm haben. Ob er ihm Leid tat, oder nicht, konnte er nicht sagen. Schließlich hatte er sich das selbst eingebrockt. Jetzt saß er da und schmollte. Ab und zu lächelte er, seine Lippen bewegten sich, als ob er sprechen würde. Mit wem blieb offen. Er konnte sich das nicht erklären. Ob Potter nun endgültig verrückt wurde und Selbstgespräche führte? Oder versuchte er sich selbst zu beruhigen? Er hatte immer wieder beobachtet, wie Harry sich so komische Stöpsel in die Ohren steckte. Muggelzeug. Er hatte damit nichts am Hut, aber vielleicht war das des Rätsels Lösung. Er riskierte einen weiteren Blick auf Harry. Der Schwarzhaarige funkelte zu dem Lehrer hinüber, der ebenfalls einen wütenden Blick auf ihn warf. Das war kein Streit mehr, das war Hass! Kein Vergleich zu dem Verhältnis, das Harry mit ihm oder Snape gehabt hatte. Die Zwei hassten sich wirklich! Und es kam ihm so vor, als würde Harry das regelrecht genießen. Die Stunde ging ohne große Zwischenfälle vorbei. Das einzig Nennenswerte war der Spott der Slytherins und den blendete Harry einfach aus. Er, Ron und Hermione waren die Letzten, die den Raum verließen, selbst Professor Raindoom war schon gegangen. „Das ist vielleicht ein Widerling!“, murrte Ron verstimmt. „Der weiß doch genau, dass du blind bist, und da stellt er dir so eine Aufgabe.“ Der Rotschopf war in seinem Element. Über Lehrer herzuziehen tat er gerne und ausführlich, vor allem über die, die in irgendeiner Weise ihn, Hermione oder Harry angriffen, und er tat es mit einer Leidenschaft, die ihn auszeichnete. Doch Hermione schüttelte den Kopf. „Ich kann ihn verstehen.“, meinte sie. „Harry hat seinen Unterricht kritisiert und er fühlte sich angegriffen!“ „Das rechtfertigt nicht, dass er Harry so eine Aufgabe stellt, ohne Rücklicht auf seine Gefühle!“ „Harry hat auch auf seine keine Rücksicht genommen.“ „Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“ Hermione sah ihren Freund böse an. „Auf Harrys! Das weißt du sehr gut!“ „Das hörte sich aber gar nicht danach an!“, erwiderte Ron hitzig. Harry drehte sich um und tastete sich an der Wand entlang zur Tür. Das sollten die zwei mal ruhig unter sich ausmachen! Doch dazu kam es gar nicht. Als Ron seine heimliche Aktion bemerkte, war er sofort an seiner Seite, ließ Hermione einfach stehen. „Alles okay?“ Nicken. Im nächsten Moment wurde er von Hermione untergehakt. Erschrocken zuckte Harry zusammen. „Ist was?“, fragte sie verwirrt, bereit, wieder loszulassen. Harry schüttelte lächelnd den Kopf. „Alles okay. Ich bin nur noch… etwas… durcheinander.“ Diese Wortwahl war ihm schwer gefallen. Er hätte das auch ganz anders sagen können. Er war richtiggehend durch den Wind. Dieser Raindoom regte ihn auf. Sie erwiderte nichts und so gingen sie zum nächsten Unterricht: Zauberkunde bei Professor Flitwick. Schon als Harry eintrat, hörte er das erste Kichern. Es war wirklich erschreckend, wie schnell solche unangenehmen Dinge die Runde machten. Flitwick kam und sie setzten sich auf ihre Plätze ganz nach hinten. Harry hatte Kikuileh auf der Hand sitzen und stich ihr gedankenverloren über den Kopf, immer wieder, während sie leise und beruhigend auf ihn einredete. Sie konnte seine Gefühle erspüren und war nicht darauf angewiesen, dass er sie ihr zeigte, und wusste daher, dass er immer noch aufgewühlt war. Harry bekam nicht mit, was um ihn herum geschah. Er bemerkte nicht, wie Ron ihn ansprach und Hermione versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen, und er bekam nicht mit, wie der Unterricht begann, nicht, dass zu zaubern begonnen wurde. Das Einzige, das er wahrnahm, war das kühle Gefühl, das entstand, wenn er über Kikuilehs glatte, schillernde Haut strich, und ihre Stimme. Selbst dass Flitwick ihn ansprach, bekam er nicht mit. Bis der kleine Mann plötzlich, wütend über die Missachtung seiner Anwesenheit, einen Bambusstock, den er normal als Zeigestock gebrauchte, magisch auf die Tischplatte vor ihm schlagen ließ. Harry fuhr erschrocken zusammen und Kikuileh verschwand nicht minder erschrocken unter dem Schulterschutz seines Umhangs. Und genau diese Fluchtaktion machte Flitwick auf sie aufmerksam. „Mr Potter…“, sagte er verwundert, von seiner ursprünglichen Wut war nichts mehr zu hören, als er von seinem Bücherstapel herunterstieg, der dafür sorgte, dass er besser gesehen wurde. „War das eben eine… Fee?“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Ich denke schon.“ Und Ron fügte hinzu: „Das war Kikuileh. Sie ist seit heute Morgen bei Harry!“ Stolz schwang in seiner Stimme mit. Wer konnte schon von sich behaupten, dass er eine Fee mit Namen kannte? Professor Flitwick wurde ganz aufgeregt, als er weiter sprach. „Tatsächlich eine Fee? Seien Sie so gut und zeigen Sie sie mir!“ Wieder zuckte Harry mit den Schultern und richtete das Wort an seine kleine Freundin: „Möchtest du nicht rauskommen?“ Zuerst geschah gar nichts und Harry fiel plötzlich auf, dass es in dem Klassenzimmer schon wieder totenstill war und dass wieder aller Augen auf ihm ruhten. Er schluckte befangen. Wie er das hasste. Da spürte er Bewegung an seiner Schulter, als die Fee unter dem Stoff hervor kroch und sich auf seine Schulter stellte. „Sie ist… wundervoll!“, flüsterte der Lehrer ergriffen. „Und so lebendig!“ „Natürlich ist sie lebendig!“, erwiderte Harry entrüstet. Wieso sollte sie auch nicht? Doch der kleine Mann reagierte gar nicht darauf. „Kommen Sie bitte alle mal her und sehen Sie sich dieses kleine Wunder an!“, forderte er seine Schüler auf. Stühlerücken folgte, mehrfaches Getrampel, als die Jungen und Mädchen näher kamen. Noch immer gab niemand einen Ton von sich. Dann: „Ich dachte immer, Feen hätten Flügel!“ Harry merkte auf. „Können sie sie nicht sehen?“, fragte er seine Freundin. „Nein, Mr Potter, können wir nicht, wir…“ Der weißbärtige Halbglatzkopf hatte es falsch aufgefasst und gedacht, er würde mit ihm reden, doch Harry hörte ihm gar nicht zu, denn Kikuileh war viel interessanter. *Ich habe sie eingezogen, damit sie nicht zerknittern. Wenn das passiert, kann ich nicht mehr fliegen!* Er nickte verstehend. „Würdest du sie vielleicht zeigen? Ich glaube, sie würden sie gerne sehen.“ Kommentarlos tat Kikuileh, worum er sie bat. Sie schloss die schwarzen Augen und im nächsten Moment löste sich die Haut um ihren Rücken und Bauch und erschrockenes Keuchen wurde laut, bevor es in Bewunderungsrufe umschlug, denn aus der vermeintlich abgestoßenen Haut wurden hauchzarte, filigrane, durchsichtige Flügel, fast doppelt so groß wie sie selbst. „Das ist ja…“ Selbst Hermione, die Kikuileh schon kannte, war hin und weg von diesem zauberhaften Anblick. „Wie schön!“, kam auch ein Kommentar von einem der Ravenclawmädchen, doch es gab auch Schüler, die nicht ganz so begeistert waren. Neville gehörte dazu. „Kann sie uns nicht gefährlich werden, Professor?“, fragte der mondgesichtige Junge unsicher. Flitwick räusperte sich. „Ja, Sie haben Recht, Mr Longbottom. Setzen Sie sich bitte alle wieder!“, rief er und watschelte vor zum Lehrertisch, während alle auf ihre Plätze wanderten. Mit einer Geste unterbrach er ihr Gemurmel. „Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Ihnen über diese Wesen berichten. Es kann nicht schaden, wenn Sie über sie Bescheid wissen, zumal eines von ihnen unter Ihnen ist. … Wer kann mir etwas über Feen sagen?“ Neben ihm schoss Hermiones Hand in die Luft und Harry war sich sicher, dass sie alles über sie nachgelesen hatte. Fast alle meldeten sich, selbst Ron. Harry nicht. Es kam ihm anmaßend vor, über Kikuileh zu spekulieren, wo er sich doch nicht sicher sein konnte mit seinem Wissen. Schließlich war sie hier unter Menschen, obwohl sie angeblich doch sehr menschenscheu sein sollte. Flitwick nahm Cho Chang dran. „Bitte sehr, Miss Chang, teilen Sie uns Ihr Wissen mit!“, rief er mit seiner Fistelstimme dem Mädchen zu, das erfreut aufsprang. Sie schickte einen hasserfüllten Blick zu Harry, begann dann lächelnd zu erzählen. „Feen sind Wesen mit gigantischen Zauberkräften. Sie sind friedliebend und meiden die Menschen. Es kam aber schon ein paar Mal vor, dass ein ausgesetztes Baby von Feen gefunden und ein paar Jahre lang versorgt wurde. Allerdings ist von diesen Menschen bekannt, dass sie exzentrisch sind, auch wenn sie über ein hohes Maß an Magie verfügen. Zurzeit lebt nur ein bekanntes Feenkind: Tara Kobayashi, eine japanische Hexe.“ Der Lehrer nickte ernst. „Das mit den Feenkindern war wirklich gut erklärt.“, lobte er. „Weiß uns jemand noch mehr zu berichten? … Ja, Mr Boot?“ Der Ravenclawjunge erhob sich. „Feen stehen auf der Liste der bedrohten Arten der Zaubererwelt. Wegen ihrer extremen Scheu vor den Menschen wurden sie bis an die Existenzgrenze gebracht. Sie leben nur in einwandfreien Ökosystemen und sind absolut pazifistisch.“ „Wirklich gut, Mr Boot… Ja, Miss Granger?“ Hermione stand auf und holte tief Luft. „Feen sind zudem äußerst genügsam. Außer Wasser, Nektar, Milch und Honig nehmen sie keine Nahrung zu sich. Sie sorgen für ein funktionstüchtiges Ökosystem um ihren Wohnort und leben sehr zurückgezogen. Umweltverschmutzung und unnatürlicher Lärm machen sie nervös und drängten sie immer weiter ab, fort von Dörfern und Städten. Inzwischen stehen hohe Strafen darauf, wenn man die Feen in ihrem Lebensraum stört.“, ratterte sie wie auswendig gelernt herunter, dass dem Lehrer der Mund offen stand. Er hatte gedacht, dass sie lernte, was im Unterricht gefordert wurde und deshalb immer alles wusste, aber das schien überhaupt nicht so zu sein. Sie schien wirklich Freude am Lernen zu haben! „Allerdings sind sie nicht so friedliebend, wie allgemein angenommen wird. Sie besitzen die Macht, Seelen zu fangen und zu bewahren oder zu zerstören. Sie können Seelenspiegel herstellen, durch die sie den Betroffenen höllische Schmerzen bereiten. Und sie spielen gerne Streiche, die Menschenherzen bluten lassen.“ Harry lauschte ihr wie vernagelt. Er hatte das alles gar nicht gewusst. Und er konnte oder wollte es auch nicht glauben. Kikuileh und ihre Leute waren nicht böse. Die Fee schwieg. Noch. „In Gefangenschaft gehen sie schnell zu Grunde. Man vermutet daher, dass ihre Lebenserwartungen gering sind…“ „Sie sagt, sie existiert schon seit 956 Jahren.“, warf der Schwarzhaarige plötzlich tonlos ein, die Augen unter dem dichten Pony verborgen. Er hatte Hermione nicht unterbrechen wollen, doch Kikuileh hatte diese Unterstellung plötzlich mit einer Heftigkeit bereinigt sehen wollen, die ihm in ihrer hellen Penetranz Kopfschmerzen verursachte. Kikuileh war außer sich. „Ihr zufolge sind die gefangenen Feen gestorben, weil sie außer von Milch und Honig auch von Freiheit und Sonnenlicht leben.“ Und wieder herrschte absolute Stille in dem Klassenzimmer, welche nur durch das überhelle Piepsen Kikuilehs durchbrochen wurde. Hermione starrte Harry an, doch von ihm kam nichts mehr, kein weiteres Kommentar und auch keine sonstige Reaktion. So sprach sie weiter: „Feen können Menschen auch mit ihren Gedanken lenken. Sie klinken sich in ihr motorisches Nervensystem ein und bringen sie dazu, Dinge zu tun, die sie von sich aus nie machen würden. Sie…“ „Sie können sie nicht lenken.“, widersprach Harry erneut, ebenso tonlos, wiederum auf Kikuilehs verletztes Ehrgefühl reagierend. „Wenn die Menschen es nicht wollen, können sie das nicht. Die meisten Menschen können sie nicht einmal verstehen, was das Befehlen und Marionettendasein von vornherein ausschließt. Und falls du das denken solltest: Sie verfüttern auch niemanden an Spinnen.“ Hermione starrte ihn an. Wieso tat er das? Warum widersprach er ihr, stellte sie so bloß? Ihr Blick fiel auf die Fee, die mit vor Wut verzerrtem Gesicht die Hände zu Fäusten ballte und in ihre Richtung starrte. War sie es, die da durch Harry sprach? War sie vielleicht eine Gefahr für ihn? Lenkte sie ihn und widerlegte es nur, damit niemand ihre wahren Absichten erkannte? Versuchte sie, sie alle zu täuschen, um sich weiterhin in der Schule einnisten zu können? „Feen sind auch nicht unbedingt von intakten Ökosystemen abhängig.“, fuhr der Schwarzhaarige fort. Dann hob er plötzlich die Hand und strich der Fee lächelnd über den Kopf. Hermione beobachtete dies mit Verwirrung. Tat Harry das etwa in vollem Bewusstsein? Tat er es freiwillig? Sprach er… für sie? Um ihr zu helfen, sich verständlich zu machen? Weil sie es nicht konnte? „Es ist bloß so, dass die Menschen unermüdlich Jagd auf sie gemacht haben, um an die für sie kostbaren Augen und Flügel zu kommen, weshalb sie sich an Orte zurückziehen mussten, wo es keine Menschen gab.“ Das braunhaarige Mädchen sog die Luft ein. „Das hab ich ja noch nie gehört. Wozu braucht man diese Dinge?“ Harry zuckte mit den Schultern, was Kikuileh aus dem Gleichgewicht brachte. Empört stieg sie in die Luft und man konnte ihr helles Schimpfen in der klirrenden Stille hören. „Ist ja gut. Entschuldige.“, lächelte er und bot ihr seine Hand als Ruheort an, die sie ohne zu zögern annahm. Ihre Flügel verschwanden wieder, schmiegten sich an ihren Körper, verschmolzen mit diesem. „Streiche und Strafen werden nur über die verhängt, die es verdienen, ansonsten dient ihre Magie dafür, denen zu helfen, die würdig genug sind, die Mühe auch wert zu sein.“, sagte er, ohne auf Hermiones Frage einzugehen. Flitwick kam wieder zu ihm herüber. „Hat sie Ihnen das gerade gesagt?“ Harry nickte. „Dann frage ich mich, warum sie ihr vertrauen. Sie könnte lügen, um…“ „Warum sollte sie lügen?“, erwiderte Harry bissig, seine Augen waren plötzlich nichts weiter als schmale Schlitze. Er konnte dieses Misstrauen nicht verstehen, nicht akzeptieren! „Sie ist kein Mensch! Sie kennt keine Lügen! Sie kennt sie ebenso wenig wie die Elfen oder Tiere! Es sind ehrliche Wesen!“ Er erhob sich und wirkte plötzlich wie ein Riese gegen den zwergenhaften Zauberer. Um ihn herum waberte eine für jeden fühlbare Aura, die ihn beinahe unantastbar erscheinen ließ, dunkel und unergründlich. Noch nie hatte man etwas dergleichen bei Harry Potter erlebt. „Aber so etwas können wir Menschen wohl nicht verstehen. Dazu fehlt es uns an Fantasie!“` *Nach rechts ist frei.* Harry schloss die Augen und seufzte. „Es tut mir Leid, Professor, aber ich werde jetzt gehen. Sie können gerne weiter über meine Freundin reden und den anderen unnötige Ängste einjagen. Erzählen Sie meinetwegen, was Sie wollen, aber ich versichere Ihnen, dass Kikuileh niemandem etwas tun wird. Sie ist dazu ebenso wenig in der Lage wie die Hauselfen!“ Damit wandte er sich um und ging. Er folgte Kikuilehs Anweisungen, fand so sicher die Tür und verließ grußlos den Klassenraum. Zurück ließ er einen Lehrer und massig Schüler, die ihm perplex hinterher sahen, unfähig etwas dagegen zu tun. Nach endlosen Sekunden, in der keiner wagte, etwas zu sagen, fuhr der Lehrer sich räuspernd fort: „Jedenfalls denke ich, dass es besser wäre, wenn Sie diese Fee --- und auch ihren… Erwählten --- nicht verärgern. Ein einmal von einer Fee verhängter Fluch ist nicht durch Zauberermagie zu brechen.“ Ängstliches Gemurmel setzte ein, scheue Blicke gewechselt. Und Ron wusste schon jetzt, dass es für Harry womöglich noch schwerer werden würde, sich zu behaupten als ohnehin schon. Zu den bereits vorhandenen Vorwürfen, sprich Diggorys Tod und Unfähigkeit, würde noch ein weiterer kommen. Sie würden behaupten, dass er ihr Leben gefährdete, nur um mit einer Fee befreundet sein zu können, um seiner Einzigartigkeit Ausdruck zu verleihen. Sie würden ihn einen verantwortungslosen Angeber schimpfen. Er kannte das schon, teils aus eigener Erfahrung. Solche Fähigkeiten erzeugten viel Neid, was wiederum schnell in Abneigung und Mobbing ausartete. Da konnte sich Harry wirklich auf etwas gefasst machen. Harry war wütend. Er war so wütend über die Arroganz Flitwicks, Kikuileh dermaßen runter zu machen, über seine Uneinsichtigkeit und festgefahrene Meinung, dass er, wäre er nicht geflohen, ihm mit Sicherheit an die Gurgel gegangen wäre. Noch jetzt war er bis zum Äußersten geladen, hatte das dringende Bedürfnis, irgendwas zu zerstören. Nur gab es da ein kleines Problem. Er würde nicht schnell genug aus dem Schloss herauskommen, um einen größeren Schaden zu verhindern, ohne Hilfe von Ron. Das Einzige, das ihm einfiel, war Serpensortia. Er hob den Zauberstab, wollte gerade den Spruch sagen, als er wieder Kikuilehs Stimme in seinem Kopf hörte. *Warum bist du gegangen?* Harry schnaubte. „Der Kerl regt mich auf mit seinen Vorurteilen!“ *Und was machst du jetzt?* „Ich gehe raus.“ *Dann musst du nach rechts.* „Rechts?“ *Ja, da geht es zum Ausgang!* Harry beschloss, ihr zu vertrauen, sonst hätte seine Rede von eben ja nur aus leeren Worten bestanden. Er konnte schlecht von Vertrauen reden und sich anschließend selbigem verschließen. Er wandte sich nach rechts und schritt vorwärts. Nach knapp zwölf Schritten kam wieder Kikuilehs Hinweis, er müsse nach links abbiegen. Und so leitete sie ihn bis hinaus auf die Hogwartsgründe. Harry atmete befreit auf, kaum dass er die laue Luft und die befreiende Weite erahnte, begann zu laufen. Wie lange war er schon nicht mehr gerannt? Wie lange hatte er es sich nicht mehr getraut, aus Angst irgendwo dagegen zu laufen? Doch Kikuileh vertraute er. Sie warnte ihn vor möglichen Gefahren wie Stolpersteinen oder Erdlöcher und sie beschrieb ihm die Umgebung so schnell und präzise, dass Harry beinahe das Gefühl hatte, er könne sehen. Irgendwann ging ihm die Puste aus, er wurde langsamer, hielt aber nicht an. Der innere Druck, den er unbewusst seit Tagen verspürte, war wie weggeblasen. Er fühlte sich gut, entspannt und ein Spaziergang war jetzt genau das Richtige, um dieses Gefühl tief in sich zu verankern. ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Puahhhhhhhhhhhhhhh! Dämliches Kapitel, total anstrengend! Dabei wollte ich doch nur die Fee einführen! Woher sollte ich denn auch wissen, dass das so ausartet… Hoffentlich hat’s euch wenigstens gefallen, dann war’s nicht ganz so umsonst! BANZAI! Ran an den Feind!!! Bei Professor Dumbledore zu Besuch ---------------------------------- Titel: Bei Professor Dumbledore zu Besuch Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 9: Bei Professor Dumbledore zu Besuch Harry kam erst zum Mittagessen zurück. Als er die Halle betrat, war ihm leicht ums Herz. Das Flüstern, das ihn wie leiser Wind verfolgte, und die neugierigen Fragen bezüglich seines unerwartet und ungewohnt kaltschnäuzigen Abgangs während des Unterrichts bei Professor Flitwick ignorierte er geflissentlich. Nur eine nicht. „Hast du dich abreagiert? Müssen wir irgendwo eine neue Wand hinstellen, weil du ne Maus draus gemacht hast?“ Harry lächelte freundlich. Wie schnell sich solche Geschichten doch rum sprachen… Lästig. „Ratte, Malfoy, Ratte. Aber nein, ich konnte mich gerade noch so zurückhalten.“ Draco grinste frech. „Wie schade, Potter. Ich hätte zu gerne gesehen, wie man dich auf Mäusejagd schickt.“ „Kann ich mir vorstellen.“ Das Lächeln wurde breiter. „In dieser Hinsicht teilst du eine Freude mit den Zwillis. Sie würden sich ebenfalls darüber freuen.“ Angewidert verzog Draco das Gesicht. Dass er etwas mit den Weasley-Zwillingen gemeinsam haben sollte, passte ihm gar nicht. „Ich glaube, dann verzichte ich doch lieber auf die Vorstellung.“, sagte er liebenswürdig, wieder mit seinem patentiert bösen Grinsen. „Aber sag mir doch bitte Bescheid, wenn du deine Strafe erhältst. Ich wäre gerne dabei, wenn sie dich zurechtstutzen.“ „Mit dem größten Vergnügen, Malfoy.“, erwiderte Harry nicht minder liebenswürdig, dann ließ er ihn stehen und ging weiter zum Tisch der Gryffindors. Und er sorgte für erhebliches Erstaunen. Ohne ersichtliche Hilfe fand er den Weg zwischen den anderen Schülern hindurch, ohne irgendwo anzuecken oder mit jemandem zusammenzustoßen. Und er setzte sich so zielsicher neben Hermione, dass diese ihn völlig baff anstarrte. „Harry, kannst du wieder sehen?“, fragte Dean von gegenüber zaghaft. „Du bist so… anders.“, nickte Ron fröhlich zustimmend. „Irgendwie nicht mehr so hilflos.“ Gut erkannt. „Freu dich, Ron.“, gab Harry zurück. „Ich werde deine Zeit nicht mehr überbeanspruchen!“ „Also kannst du wieder sehen?“ „Nein. Es ist Kikuileh, die mir hilft, mich zurechtzufinden.“ Doch das war es nicht, was Hermione beschäftigte, jedenfalls nicht vorrangig: „Harry, wo warst du? Du bist nicht mehr wiedergekommen!“ „Glaub mir, Mione, das ist mir durchaus bewusst.“ „Harry!“, rief sie empört. „Du hast den Unterricht geschwänzt!“ Harry nahm sich mit Hilfe von Kikuileh etwas zu Essen, zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Das weiß ich. Und es tut mir kein bisschen Leid.“ Er bekam einen kräftigen Schlag auf den Rücken. „Richtig so, Harry! Du bist kurz davor, in unsere Fußstapfen zu treten. Sag Bescheid, wenn du irgendwie Hilfe brauchen solltest, wir werden dir mit Freuden unter die Arme greifen!“, lachte Fred, dann beugte sich George über seine Schulter. „Und wenn du das nächste Mal so etwas vorhast, sag uns vorher Bescheid, dann unterstützen wir dich nach all unseren Mitteln!“ „Verschwindet!“, knurrte Ron dazwischen. „Ihr habt keine Ahnung!“ „Aber Ronnie, Schätzchen!“, gab Fred gespielt enttäuscht zurück. „Wir wollen ihm doch nur helfen!“ „Aber wie!“, ereiferte sich Hermione. „Ihr stiftet ihn schon wieder zu Unfug an!“ „Tun wir nicht!“ „Los, verschwindet! Sonst werdet ihr gleich Stühle putzen!“, blafft Ron und die Zwillinge zogen beleidigt ab. Seit Ron Schülersprecher war, tat er alles nur erdenklich Mögliche, um in Percys Fußstapfen zu treten. Das war doch echt das Letzte! Enttäuschend, dass sie es nicht geschafft hatten, Ron nach ihren Vorstellungen umzupolen. „Sei ehrlich, Hermione.“, griff Harry das Gespräch wieder auf, als sei nichts gewesen, als seien die Zwei niemals da gewesen. „Niemand hier glaubt daran, dass ich es ohne meine Augen schaffe, die Utz-Prüfungen zu bestehen. Warum sollte ich ihre Erwartungen nicht erfüllen? Sie wären doch maßlos enttäuscht, würde ich es schaffen, oder nicht?“ Damit schob er sich eine Gabel voll Bratkartoffeln mit Speck in den Mund. „Das kann nicht dein Ernst sein!“ Hermione war entsetzt. Nie zuvor hatte sie Harry so reden hören. Hilflos warf sie einen Blick zu Ron, der nur sprachlos mit den Schultern zuckte. Sie hoffte, dass er nur scherzte. Doch Harry nahm ihr diese Illusion. „Überleg mal… Professor Sprout lässt es mich nicht einmal versuchen, bei ihrem Unterricht aktiv mitzuarbeiten. Professor Flitwick hält mich für unfähig, auch wenn er es nicht gesagt hat. Und unser neuer Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste kann mich nicht leiden.“ „Das ist ja auch kein Wunder, nachdem, was du ihm an den Kopf geworfen hast!“ „Wahrsagen ohne Augen ist ja wohl vollkommen unsinnig. Ich kann weder die Kugel, noch Teeblätter oder Karten sehen.“, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt. „Wahrsagen ist sowieso Schwachsinn!“ Jeder kannte Hermiones Differenzen mit diesem Fach. „Selbst bei Verwandlung versage ich noch. Ich glaube, ich möchte gar nicht wissen, wie schrecklich der Unterricht erst bei Snape werden wird.“ Ron legte ihm eine Hand auf den Arm. „Ich verstehe dich schon, Harry, aber meinst du, schwänzen ist das richtige Mittel?“ Und das ausgerechnet von Ron. „Wenn sie dich aus der Schule schmeißen, bist du völlig hilflos. Stell dir vor, sie schicken dich wieder zu den Dursleys. Und dann wärst du ununterbrochen bei denen. Ohne Magie oder Freunde, die dir helfen! Willst du das?“ Harry senkte betrübt den Kopf, schüttelte ihn leicht. Er hatte Recht. Er hatte ja so Recht. „Also bitte, tu das nie wieder, ja?“ Nicken. Ron seufzte erleichtert, wechselte dann das Thema. „Wo warst du denn die ganze Zeit? Du hättest mal sehen sollen, wie Flitwick getobt hat, als du verschwunden bist! So was hast du noch nicht gesehen.“ Erleichterung durchflutete Harry bei diesem Stimmungsumschwung und er lachte leise. Nicht dass die Vorstellung, den Zauberkundelehrer wütend gemacht zu haben, besonders erquickend war, aber die Treue Rons und sein unerschöpfliches Talent, das alles mit Humor zu nehmen, erleichterten ihm den Moment. „Er hat danach die ganze Zeit leise geflucht!“ Doch Harry war der Appetit vergangen. Die Vorstellung, wegen dieser Sache von der Schule zu fliegen und ein Gefangener der Dursleys zu sein, hatte ihn geschockt, war ihm regelrecht auf den Magen geschlagen. Er musste sich entschuldigen. Bei Raindoom, bei Flitwick und am besten auch bei Dumbledore. Jetzt gleich! Er schob den Teller fort und stand auf. „Sorry, ihr Zwei. Ich muss noch einmal weg.“ „Wo willst du denn hin?“, fragte Ron. „Zu Professor Dumbledore.“ „Sollen wir dich begleiten?“, bot Hermione an. Sie hatte den Grund dafür sofort durchschaut und wollte ihm helfen, doch Harry schüttelte den Kopf. „Kikuileh wird mich führen!“, lächelte er und in diesem Moment streckte die Fee ihren Kopf aus Harrys Brusttasche. „Vielen Dank für das Angebot.“ Und Harry ging, wie er gekommen war, ohne Probleme oder Anzeichen für Unsicherheit. Kurz bevor er den Saal verließ, fiel ihm noch etwas ein. Er drehte sich um, schwang den Zauberstab, murmelte leise Worte und dann flog seine Schultasche über die Köpfe der Schüler auf ihn zu. Er hatte sie vergessen. Der Weg zu Dumbledores Büro war schnell zurückgelegt. Doch es gab ein Problem, was sich nicht so schnell überwinden ließ wie das Hinkommen: das Passwort zu Dumbledores Turm. Er wusste --- das hieß, er war sich beinahe sicher --- dass es irgendeine Süßigkeit war, aber welche wusste er nicht. Und so begann er wahllos irgendwelche Namen von Bonbons aufzuzählen, doch der Gargoyle blieb starr. Nichts rührte sich, keine Wendeltreppe erschien. „Verdammt!“, fluchte der Schwarzhaarige leise, ballte die Hände zu Fäusten, als schließlich doch etwas geschah. Die Statue setzte sich in Bewegung und die Treppe schraubte sich in die Höhe. Kurzerhand und ohne lange zu überlegen stellte sich Harry darauf, wurde mit in die Höhe getragen. Oben wurde er von MG empfangen. „Mr Potter! Das trifft sich wirklich hervorragend. Das erspart mir die Suche nach Ihnen. Professor Dumbledore möchte Sie sehen.“ Harry nickte beklommen. Wenn Dumbledore bereits Bescheid wusste, konnte das doch gar nichts Gutes bedeuten, dann gab es bestimmt keine mildernden Umstände für Selbsterkenntnis und Stellen. Dennoch folgte er seiner Hauslehrerin, immer auf Kikuilehs Ratschläge lauschend. Hinter einer Säule versteckt, beobachtete Draco Malfoy, wie Harry in die dem versteckten Eingang verschwand. Er war Harry gefolgt, um mit ihm zu reden, doch dessen seltsames Gebaren vor der hässlichen Statue hatte ihn zurückgehalten. Als die Statue dann in der Wand verschwunden war, hatte es das Verhalten erklärt. Blieb also nur noch eine Frage: Woher kannte er diesen Geheimgang, von dem nicht einmal er wusste, wohin er führte --- er war jetzt schon genauso lange hier auf der Schule wie der Schwarzhaarige, doch er hatte nicht einmal geahnt, dass hier ein Geheimgang war. Gerade wollte er ihm folgen, da kam der Gargoyle wieder herunter und verschloss den Durchgang. Und egal was er tat, er ließ sich auch nicht mehr öffnen, weder magisch noch irgendwie anders. Dass er einen solchen Ort kannte, sprach auf jeden Fall für Harry. Hinter diesem Jungen steckte mehr, als man auf den ersten Blick annahm, selbst die, die ihm alles zutrauten, wären darüber noch überrascht. Allein sein Benehmen heute im Unterricht hatte das gezeigt. Der Junge, der lebt, hatte sich ziemlich verändert und das in eine Richtung, die jedem Slytherin gefallen würde. Sein Interesse jedenfalls war geweckt, schon lange. Nun würde er ihn nicht mehr gehen lassen. Unter gar keinen Umständen! Harry folgte unterdessen nervös McGonagall in Dumbledores Büro. Sie öffnete die Tür, trat bedeutungsvoll zur Seite und ließ ihm den Vortritt. Beklommen trat er ein und fand sich im nächsten Moment inmitten einer ganzen Schar von Lehrern wieder. Laut Kikuileh, die die Namen zwar nicht beherrschte, sie aber dennoch vorzüglich zu beschreiben wusste, waren außer Dumbledore und McGonagall noch Raindoom, Flitwick und Snape anwesend. Harry bekam es mit der Angst, insbesondere als McGonagall die Tür hinter ihm schloss. Jetzt saß er endgültig in der Falle, kein Entkommen! „Willkommen, Harry.“, begrüßte ihn Dumbledore mit milder Stimme. „Ich habe Dinge über dich gehört, die ich nicht recht glauben kann.“ McGonagall schob ihn an der Schulter vorwärts und ließ ihn auf einem gepolsterten Stuhl Platz nehmen, der direkt gegenüber von Dumbledores Schreibtisch stand. Nun war er der Mittelpunkt der Lehrerschaft. Er fühlte sich wie ein Kaninchen, das von einer Meute Wölfe umzingelt worden war. Kein schönes Gefühl. Wahrlich nicht. „Würdest du mir bitte sagen, ob das alles wahr ist?“ Harry senkte den Kopf, schloss die Augen. So ernst hatte er den Schulleiter selten erlebt und unwillkürlich kam ihm das hasserfüllte, kalte Gesicht des Mannes vor Augen, der damals, am Ende des vierten Schuljahres, den falschen Alastor Moody mit nur einem einzigen Wort ausgeschaltet hatte. Aber das hier war doch irgendwie anders. Die sengende Macht fehlte... Dumbledore war nur… ernst. Er nickte leicht. „Ich denke schon, dass es stimmt.“, antwortete er zerknirscht. Und er erntete ein leises Lachen. „Vielleicht solltest du dir die Anschuldigungen erst mal anhören, bevor du sie gestehst.“ Schulterzuckend gab er zurück: „Wozu? Ich weiß, was ich getan habe und ich denke nicht, dass die anwesenden Lehrer es nötig haben, bei ihren Schilderungen zu übertreiben.“ „Oh, du weißt also, dass sie hier sind.“ Es war echtes Erstaunen in Dumbledores Stimme zu hören. Er war wohl davon ausgegangen, dass Harrys Blindheit ihn diesbezüglich vollkommen beeinträchtigt hatte. „Hat dir das die Fee gesagt?“ Harry hätte ihm am liebsten an den Kopf geworfen, dass er sie atmen hören konnte, doch unter den gegebenen Umständen hielt er sich zurück, nickte stattdessen und strich dem kleinen Wesen auf seiner Schulter beruhigend über den weichen, wuscheligen Kopf. Er war so dankbar, dass sie jetzt da war. Kikuileh gab ihm die Kraft, die er brauchte, um das hier zu überstehen denn durch sie war er hier nicht alleine. „Sie ist einer der Gründe, wegen der ich dich habe rufen lassen.“ Wieder ein Nicken. „Ich weiß.“ Dumbledore schmunzelte. Der Junge war echt zerknirscht. Er schien jetzt schon zu bereuen, was er an diesem Vormittag getan hatte, dabei war das erst der zweite Punkt, den er mit ihm besprechen wollte. „Wo hast du sie gefunden?“ Harry dachte an den geheimen Raum, wie Malfoy ihn beschrieben und er ihn erlebt hatte. Ein unglaublich hoher Turm, eine massiv erscheinende Wand, eine unterbrochene Wendeltreppe. Dann kamen ihm Worte von Kikuileh in den Sinn: „In einem Turm, den keiner kennt, weil es ihn nicht gibt.“ Er stutze. Wie konnte das denn sein, wo er doch da gewesen war? Doch er sagte nichts dazu, denn von Raindoom war ein abfälliges Schnauben zu hören und er wollte ihm keine Gelegenheit geben, ihn anzugreifen. Die anderen Lehrer verhielten sich erstaunlich ruhig. Nicht einmal Snape ließ einen Ton verlauten, obwohl er sonst immer jede Gelegenheit nutzte, um ihm einen Schlag zu versetzen. „Harry, das, was du da gerade gesagt hast, ergibt keinen Sinn.“, versuchte Dumbledore es diplomatisch zu klären. „Wie also meinst du diese Worte.“ Der Junge begann verträumt zu lächeln. „Ich kann Ihnen nicht mehr sagen.“ „Aber, Harry, du warst doch da. Wie also kann es den Turm nicht geben?“ „Das weiß ich nicht. Es war Kikuileh, die den Ort so beschrieb.“ „Aber du warst da?“ „Ja.“ „Kannst du uns hinführen?“ War deshalb auch Snape da? Weil er Experte für dunkle Magie war und den Turm auf solche überprüfen sollte? „Nein.“ „Warum nicht?“ „Weil ich nicht weiß, wo er liegt. Ich habe ihn nur durch Zufall gefunden, als ich mich verlaufen habe.“ Dass Malfoy sehr wohl wusste, wo sich der Turm befand, ließ er wohlweißlich weg. Solange niemand fragte, war das nicht nötig. Malfoy traf keine Schuld, dass die Fee da war. Woher der plötzliche Drang kam, den blonden Slytherin zu beschützen, konnte er sich nicht erklären, aber er führte es auf das Geheimnis zurück. Wer wusste schon, ob Malfoy über den Turm dicht halten würde, aber wenn schon... Und solange niemand wusste, dass er Bescheid wusste, war auch das Geheimnis sicher. „Wann war das?“ „Gestern.“ „Und kann uns Kikuileh den Weg zeigen?“ Harry schwieg, lauschte Kikuilehs Antwort und schüttelte schließlich den Kopf. „Dieser Ort ist nur für Wesen, die sich als hilfreich erweisen könnten.“ Dumbledore legte die Fingerspitzen aneinander und lehnte sich zurück, als er die Fee über die Ränder seiner Halbmondgläser fixierte. „Wie ist das gemeint?“ „Das würde ich auch gerne wissen.“, schloss sich der Schwarzhaarige der Frage an. Die Antwort hatte ihn ein wenig verwirrt. Nützlich? In welcher Hinsicht? „Was hat das mit meiner…“, beschwerte sich Raindoom, doch Dumbledore gebot ihm Einhalt. Er beobachtete Harry, der wie erstarrt vor ihm saß, beobachtete die Fee, die auf seiner Schulter stand und dem Jungen mit den Fingerspitzen über die Haut strich. „Es ist nicht zu meinem Nachteil?“, flüsterte Harry leise. „Versprichst du es?“ Eine Sekunde verging, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Sie ist also nicht bereit, uns den Raum zu zeigen?“ Harry schüttelte den Kopf, das Lächeln war wieder gegangen. „Das war wohl zu erwarten. Sie ist schließlich eine Fee und diesen Wesen ist kaum etwas wichtiger als ihr Heim.“ Er wandte sich an Professor Flitwick. „Sehen Sie? Die Fee war bereits unter uns, bevor Harry sie fand. Ich sehe also keinen Grund, jetzt von einer Gefahr zu sprechen, wenn sich vorher keiner darum geschert hat.“ „Albus, ich…“ Doch der Schulleiter brachte ihn mit einer simplen Geste zum Schweigen, bereits den nächsten Punkt vor Augen. „Aber, Harry, das, was du dir in Professor Raindooms Unterricht geleistet hast…“ Harry senkte wieder den Blick zu Boden, so dass ihm die schwarzen Haare ins Gesicht fielen. „Es tut mir Leid, Professor.“, bekannte er reumütig. „Auch dass ich Zauberkunde geschwänzt habe, wird nicht wieder grundlos vorkommen.“ Seine Hände zitterten vor innerer Anspannung. „Du siehst also ein, dass du dich falsch verhalten hast?“ Dumbledore war sehr wohl aufgefallen, dass Harry sein Versprechen eingeschränkt hatte, aber er ließ es wissentlich außen vor. Bei guten Gründen konnte auch beim Schwänzen manchmal ein Auge zugedrückt werden. Der Junge, der lebt, nickte. „Und du wirst dich in Zukunft zurückhalten und Professor Raindooms Unterricht nicht mehr kritisieren?“ Wieder ein Nicken, noch immer sah Harry nicht auf, sagte nichts. Schweigend akzeptierte er alles, was kam oder komme würde. Selbst wenn das bedeutete, dass er sinnlose Zauber lernen musste. „Das ist auch gut so. Unser Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste weiß sicherlich, wie er seinen Unterricht gestalten muss. Ich denke nicht, dass er dabei Hilfe von einem Schüler braucht.“ Harry verkniff sich ein Kommentar über den vollkommen unsinnigen Spruch und nickte erneut. Nur keinen weiteren Streit heraufbeschwören. Dumbledore klatschte in die Hände. „Und jetzt, wo du deine Fehler eingesehen hast, zu interessanteren Dingen. Wie war das mit dem Tisch und der Ratte?“ Sein Körper versteifte sich augenblicklich und er fühlte wie die Wut wieder in ihm hoch kochte. „Es war ein Versehen!“, rief er. „Ich kann nichts dafür!“ Der Schulleiter lachte erfreut. „Du hattest Recht, Minerva. Er hat tatsächlich keine Ahnung. Harry, du hast etwas getan, was außer dir nur sehr wenige Schüler schaffen würden. Und das gleich mehrmals hintereinander! Du solltest dir dessen bewusst sein, dass du ein großes Talent besitzt. Vielleicht ein größeres als ich bisher angenommen habe!“ Harry schwieg. Irgendwie kam es ihm so vor, als würde Dumbledore ihn auf den Arm nehmen, doch Kikuileh sagte ihm, dass alle ziemlich ernst ausschauten. Meinte der Schulleiter das wirklich ernst? „Allerdings solltest du dies nicht so offensichtlich zur Schau stellen.“, erklärte Dumbledore eindringlich, immer noch mit weicher, gutmütiger Stimme. Wie war es nur möglich, dass man ununterbrochen, ob ernst oder amüsiert, freundlich bleiben konnte? „Talent stößt häufig auf wenig Zuneigung oder Bewunderung. Die Menschen reagieren eher mit Missgunst oder Neid. Also schlage ich vor, dass du dich in Zukunft, sagen wir… ein wenig zurückhältst. Sei weniger auffällig.“ Schnaubend und verächtlich schickte Harry einen Blick in die Richtung seines Idols. „Sagen Sie mir auch noch, wie Sie sich das vorstellen?“ Dumbledore lächelte, milde wie immer. „Ich habe den Lehrkörper gebeten, dich im Hintergrund zu halten.“ „Was bringt mir das?“, murrte Harry. „Wahrsagen, Kräuterkunde, Zaubertränke… Ohne meine Augen bin ich dort doch eh zu nichts zu gebrauchen!“ „Lassen Sie das mal meine Sorge sein, Mr Potter.“, mischte sich Snape plötzlich mit seiner leisen, schnarrenden Stimme ein. „Zumindest in meinem Unterricht werde ich schon eine Aufgabe für Sie finden!“ Das beißende Grinsen erwiderte Harry mit Freuden, aber er hielt sich zurück mit Kommentaren. Professor Dumbledore amüsierte sich hinter vorgehaltener Hand über diesen Zwist. Irgendwie hatte sich da etwas geändert. Snape war nicht mehr ganz so kalt. Zumindest war das Grinsen ein Zeichen dafür, dass er ein wenig aufgetaut war gegenüber dem Sohn seines einstigen Erzfeindes. Und Harry wirkte mehr störrisch als hasserfüllt. Seit Snape geholfen hatte, ihn vor Crouch zu retten, war er ihm gegenüber bestenfalls noch abgeneigt. Allerdings… „Harry, ich möchte nicht mehr hören müssen, dass du schwänzt. Von Professor McGonagall weiß ich, dass du Potential hast, welches ich nicht verschwendet sehen will. Noch dazu ist deine Ausbildung jetzt, wo Voldemort wieder aufgetaucht ist… Harry, was hast du?“ Er brach ab. Der Junge hatte bei der Erwähnung des verhassten Namens von einem Moment zum nächsten am ganzen Körper zu zittern begonnen, seine Hände krampften sich zusammen, krallten sich in die Falten seines Umhangs, dass die Knöchel weiß hervortraten, und seine Zähne mahlten aufeinander. Kam das vielleicht daher, dass er ihm im letzen Sommer begegnet war? „Harry?“ Dumbledore stand auf, war alarmiert. „Harry, du brauchst dir keine Vor…“ „Professor!“, unterbrach der Schwarzhaarige ihn so abrupt, sprang auf, so dass der Schulleiter verstummte. „Ich möchte gehen, ich…“ Es sollte doch keiner wissen! Und es sollte auch keiner erfahren! Schon gar nicht die Lehrer! Und Dumbledore verstand. „Setz dich wieder hin!“, sagte er, wartete, bis er es wortlos und emotionslos tat, während Kikuileh wie eine Irre um Harry herumflatterte und in den höchsten Tönen und in einer unfassbaren Geschwindigkeit herumzwitscherte. Mit einem Murmeln gebot Harry ihr Einhalt und sie landete vorsichtig auf seiner Schulter, legte ihm mitfühlend die Hand an den Hals, bevor sie sich in seine Halskuhle kuschelte, ihn mit ihrer Nähe tröstete. „Was wollte sie?“, fragte Dumbledore neugierig. Harry schwieg. Sie wollte, dass man ihn in Ruhe ließ, wollte ihn vor seiner Angst beschützen, aber das wollte er dem weißhaarigen Mann nicht auf die Nase binden. Und dieser seufzte. „Dürfte ich die anwesenden Lehrer bitten, den Raum zu verlassen? Ich möchte unter vier Augen mit unserem jungen Harry sprechen.“ Missmutiges Knurren von Raindoom, die anderen gingen wortlos. Und auch nachdem die schweren Türflügel zugefallen waren, herrschte Stille, einzig durchbrochen von Fawkes leisem Gurren. Der Phönix, dieser rötliche, schwanengleiche Vogel, saß auf seiner Stange und putzte sein Gefieder. „Harry, bitte sage mir, was los ist.“ „Ich will nicht darüber reden.“ Die sonst so weiche Jungenstimme war nun platt und leblos. „Ist es wegen Voldemort?“ Schweigen. „Oder ist es wegen Diggory?“ Harry biss die Zähne zusammen. Er war kurz vorm Heulen, wollte sich das aber nicht leisten. Er wollte nicht darüber sprechen, wollte keine Schwäche zeigen. Er war Fünfzehn, verdammt, da heulte man nicht mehr! „Du gibst dir die Schuld an seinem Tod, nicht wahr?“, bohrte Dumbledore unerbittlich. Kopfschütteln. „Hören Sie auf.“ „Du konntest nichts dafür. Das weißt du. Und auch für Voldemorts Auferstehung bist du nicht verantwortlich. Er hätte jedermanns Blut nehmen können.“, erklärte er sanft. „Aber er hat meines genommen! Er hat extra gewartet, nur um mich zu kriegen! Damit er endgültig unbesiegbar wird! Damit ihm meine Berührung nichts mehr anhaben kann! Damit niemand ihn mehr schlagen kann!“ Es brach aus ihm heraus, er konnte es nicht mehr länger halten. „Und dass Diggory gestorben ist, ist auch meine Schuld! Hätte ich ihm nicht vorgeschlagen, dass wir den Pokal gemeinsam nehmen, hätte er überlebt!“ Dumbledore ging um seinen Tisch herum zu ihm hinüber. „Du konntest das nicht wissen.“, sagte er beruhigend und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Hatte er vorher schon gesehen, dass Harry sich zusammenriss, konnte er es nun fühlen. Der Junge bebte wie Espenlaub. „Niemand macht dir Vorwürfe deswegen.“ Harry lachte, kalt, hohl, grausam. „Nein. Niemand. Bis auf knapp fünfhundert Schüler, die mich deshalb hassen, und deren Eltern und die halbe Zaubererwelt. Sie haben Recht damit, was sie sagen! Ich habe die Strafe verdient!“ Und nun weinte er doch. Wie ein kleines Kind schluchzte er auf und schon liefen die Tränen wie Sturzbäche über seine Wangen. Er krümmte sich zusammen und presste die Hände auf die Ohren. „Ich habe das alles verdient!“ Hilflos schüttelte der Schulleiter sein spärlich bedecktes Haupt, kniete vor ihm nieder und zwang seine Hände von den Ohren. Er hatte so etwas Ähnliches geahnt, aber dass es so tief saß… „Hör mir zu, Harry.“, sagte er eindringlich. „Du warst erst Vierzehn. Du konntest es nicht wissen. Es gab nicht den geringsten Hinweis!“ „Es gab Worte, Taten… Träume! Ich…“ „Die ich hätte erkennen müssen. Jetzt beruhige dich, Junge!“ Dumbledores Stimme wurde lauter. „Es war, wenn, meine Schuld!“ Harry verstummte, brach in haltloses Schluchzen aus. Der Damm war gebrochen, jetzt würde er nicht mehr so schnell aufhören können. So war es immer. Weinte er einmal, dann richtig. Er machte sich so klein wie möglich, legte die Stirn auf die Knie. Seine Arme hingen schlaff in Dumbledores Händen. „Beruhige dich…“ Der alte Mann ließ seine Arme los und Harry schlang sie sich um die Beine. Dann tat Dumbledore etwas, was er vorher noch nie getan hatte. Er nahm Harry in die Arme, strich sanft und gleichmäßig über seinen Rücken. Nie hatte der Junge so offensichtlich Hilfe gebraucht wie jetzt. Seien Schuldgefühle fraßen ihn von innen heraus auf. Und das war allein seine Schuld. Er hatte es nicht früh genug erkannt, hatte nichts dagegen getan, war davon ausgegangen, dass der Junge alles verarbeiten würde. Wie hatte er es nur so weit kommen lassen können? Irgendwann ließ das Schluchzen nach und Dumbledore nahm wieder Abstand. „Möchtest du etwas Tee und Gebäck?“ Harry schüttelte den Kopf, nickte, zuckte dann mit den Achseln und der Schulleiter lachte. Er zauberte ein Tablett herbei und bot Harry erneut etwas an. Mit Schokopudding gefüllte Törtchen. Und jetzt sagte der Schwarzhaarige nicht nein. Er wischte sich die Tränenspuren ab. „Ich denke, dass du dich lange genug beschuldigt hast. Du solltest versuchen, dich selbst wieder gern zu haben.“ „Ich werde ihn töten!“ Die Ankündigung kam ohne eine Sekunde des Nachdenkens und erschrocken über die Kälte in Harrys Stimme starrte Dumbledore ihn über die Halbmondgläser seiner Brille hinweg an. Was war das gerade gewesen? „Ich werde Voldemort töten und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“ Das waren gefährliche Gedanken. Er musste etwas unternehmen! Schnell! „Harry, hör auf damit! Erzähle nicht solchen Unsinn, wenn du es nicht ernst meinst!“ „Ich meine es durchaus ernst.“ „Schluss damit! Ich will nichts mehr davon hören!“ Genug war genug! Er würde nicht zulassen, dass Harry etwas derart Gefährliches tat! Es war sinnlos. Ein Kind konnte gegen Voldemort nicht ankommen, selbst Harry Potter nicht! Harry schwieg böse. Er meinte das ernst. Er würde alles dafür tun! Er würde dafür sorgen, dass er stärker wurde, würde seine Kräfte trainieren, bis er ihn besiegen konnte! „Versprich mir, dass du dich nicht kopflos in irgendein gefährliches Abenteuer stürzt!“ Doch der Junge schwieg eisern, wischte sich die letzte Feuchtigkeit aus den Augen. Er würde persönlich dafür sorgen, dass er keine Reue oder Schuld mehr verspürte! „Harry!“ „Ich werde jetzt gehen, Professor.“, sagte der Schwarzhaarige entschlossen und erhob sich. „Vielen Dank für das Törtchen.“ Dumbledore blickte ihn bekümmert an. Harry war groß geworden, aber auch sehr hager. Was hatte die Zeit nur mit dem Jungen angestellt? Er sah viel älter aus, als er war. „Auf Wiedersehen, Harry.“ „Auf Wiedersehen, Sir!“ Damit verschwand er. Die Wendeltreppe beförderte ihn nach unten, er trat aus der Nische und lenkte seine Schritte ohne Umschweife auf die Treppe zu, die ihn zum Gryffindorturm bringen würde. An diesem Abend rief Dumbledore Snape noch einmal zu sich. Er erklärte ihm, was Harry gesagt hatte und bat ihn im Vertrauen, darauf zu achten, dass der Junge, der lebt, nicht weglief, um Voldemort ganz alleine und ohne jede Aussicht auf Erfolg zu stellen. Er befürchtete, dass der Schwarzhaarige sich in ein Abenteuer ohne Wiederkehr stürzen könnte. Er traute es ihm ohne jede Einschränkung zu, hatte er so etwas doch schon öfters getan. Und wer war besser dafür geeignet, auf jemanden von Harrys Kaliber aufzupassen, als der Hauslehrer der Slytherins, der mit solchem Eigensinn tagtäglich zu tun hatte? Niemand. Snape hatte Erfahrung im Spionieren, war ein überaus fähiger Mann und würde sich nicht von Kindern erwischen lassen, wo er doch selbst den Dunklen Lord hinters Licht führen konnte, was sicherlich ein echter Segen war. Wenn Harry bemerkte, dass man ihn bespitzelte, wäre er sicherlich ziemlich ungehalten darüber. Vielleicht lief er dann erst recht weg, um zu beweisen, dass er es konnte, dass er keine Hilfe brauchte… Zuzutrauen wäre es ihm. Snape gab seine Zustimmung ohne Kommentar. Auch er hatte bemerkt, dass Harry seit den Sommerferien eine Wandlung durchgemacht hatte. Und das, was ihm Dumbledore über des Jungen Pläne erzählt hatte, klang in seinen Ohren gar nicht so abwegig. Wenn dieser Junge es so wollte, würde er es tun, auch wenn er noch so wenige Chancen auf einen Sieg hatte. Er war blöd genug dazu. Ade, friedliche Zeit im Astronomieturm! Und: Willkommen, Aschenputtel! ---------------------------------------------------------------------- Titel: Ade, friedliche Zeit im Astronomieturm! Und: Willkommen, Aschenputtel! Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 10: Ade, friedliche Zeit im Astronomieturm! Und: Willkommen, Aschenputtel! Wenig später trat Harry durch das Portraitloch, ließ sich von Kikuileh sagen, wo Ron saß und ging zu ihm. „Hallo.“, begrüßte er ihn mit schiefem Lächeln. Der Rotschopf sah von seinem Buch auf. „Hi, Harry. Wie ist es gelaufen?“ „Bestens, war irgendwie komisch.“ „Wieso das?“ „Weil Dumbledore nur hören wollte, dass ich nicht aufgebe.“ Er ließ die Sache mit der Fee und seinem Ausbruch bewusst weg. Das musste Ron nun wirklich nicht wissen. Er wollte ihn schließlich nicht beunruhigen. „Und, hast du ihn beruhigen können?“ „Ja.“ Und obwohl das nicht so ganz der Wahrheit entsprach, meinte er es ernst. Er würde Dumbledores Forderungen nach Aufmerksamkeit und nicht mehr vorkommendem Schwänzen erfüllen. Er würde besser werden. Stärker. Wenn er stärker war, dann würde er nie mehr mit ansehen müssen, wie jemand starb. Dann wäre er sicherlich stark genug, um alle zu beschützen. „Wo ist Hermione?“ „Bei Arithmantik.“, kam die schnelle, unbeirrte Antwort. „Ach ja. Ich hatte vergessen, dass sie jetzt Unterricht hat.“ Harry ließ sich neben Ron in seinen Sessel fallen. „Was liest du da?“ Kurz hob der Junge verblüfft den Kopf und starrte ihn an, doch bevor er fragen konnte, registrierte er die kleine Fee, die in Harrys Handkuhle hockte, von ihm gekrault wurde und ihn mit aufmerksamen, schwarzen Augen musterte. Ihr langes, silberweißes Haar floss wie Wasser über Harrys Daumen. Sie brachte selbst Fleur Delacours Aussehen noch locker ins Hintertreffen. Sie war wirklich wunderschön… Er konzentrierte sich wieder auf Harrys Frage. „Das sind die Hausaufgaben in Zauberkunde. Wir sollten doch einen Aufsatz über Feen schreiben.“ Harry fiel bei dieser Nachricht fast aus allen Wolken. Er war nicht da gewesen, hatte das nicht erwartet. Wieso sollten sie jetzt auch noch so einen dämlichen Aufsatz schreiben? Wollte Flitwick sich davon überzeugen, ob seine Hetzrede gegen Kikuileh wirklich Früchte getragen hatte? „Verdammt!“, fluchte er, zog den Zauberstab aus dem Ärmel, dazu ein Pergament und seine Feder aus seiner Tasche, die sich erwartungsvoll auf dem Tisch platzierten, nachdem er den entsprechenden Spruch gemurmelt hatte. „Was steht denn in dem Buch?“ Ron verdrehte genervt die Augen. „So gut wie gar nichts. Es ist ein kurzer Artikel über die Viecher, der im Grunde gar nichts aussagt.“ Ernst wandte Harry sein Gesicht seinem Freund zu. „Ron, es wäre wirklich besser, wenn du sie nicht mehr als Viecher bezeichnest. Kikuileh hört das gar nicht gerne.“ Sofort schoss Rons Blick zu der Fee, die ihn böse anfunkelte. Er schluckte. „Es… es tut mir Leid, äh… Kikuileh. Es war… Ich hatte nicht nachgedacht und…“ Leider war es einfach so, dass er bisher noch nicht vollkommen akzeptiert hatte, dass sie kein einfaches, dummes, gefühlloses Tier war. Doch der Ausdruck des Wesens wurde bei dieser gestammelten Entschuldigung trotzdem gleich freundlicher, dann rollte sie sich in Harrys Hand zusammen, schien jetzt schlafen zu wollen und überließ ihm die Aufgabe, sich um Harry zu kümmern. Sie wusste genau, dass sie sich auf den rothaarigen Jungen verlassen konnte. Sie las es in seiner Art und Weise, mit ihrem Schützling umzugehen. „Sag mal, Harry. Meinst du wirklich, dass sie böse ist und unsere Seelen gefangen nimmt, wenn wir sie ärgern?“ Er klang nervös und ehrlich besorgt, doch Harry konnte ihn guten Gewissens beruhigen. „Ich glaube nicht. Sie hat noch nicht einen angegriffen, dabei hatte sie weiß Gott schon genug Möglichkeiten und Gründe dafür. Im Gegenteil, sie nimmt alles hin, wie es kommt, solange ich ihr die Möglichkeit gebe, sich zu rechtfertigen.“ „Irgendwie ist sie ja niedlich.“, murmelte Ron. Wenn Harry dermaßen davon überzeugt war, konnte er doch gar nicht mehr anders, als ihm zu vertrauen. „So…“ „Wie sieht sie denn aus?“, wollte Harry neugierig wissen „Ist sie so schön, wie sie in Büchern immer gezeichnet werden?“ Ron schüttelte entschieden den Kopf, in seine Augen trat ein schwärmerisches Leuchten, das bis in seine Stimme vordrang. „Von der Art her sieht sie den Zeichnungen ähnlich, aber in echt ist sie viel schöner!“ „Beschreib sie mir!“ „Sie hat langes, weißes Haar, das aussieht, als wäre es mit Silberfäden geschmückt. Es glitzert, wenn die Sonne darauf fällt. Ihre Haut ist… bläulich, fast durchsichtig, fast weiß, schillert ab und zu wie die Reflexe im Wasser bei leichtem Wind, als hätte sie Schuppen wie eine Schlange. Die Flügel… nun ja, durchsichtig und schillernd wie die einer Libelle, mit einem leichten bläulichen Hauch. Ihre Augen sind schwarz wie Kohlen, kein einziger Fleck Weiß ist zu sehen. Sie spiegeln auch nicht. Ist ein toller Kontrast zu ihrer ansonsten hellen Erscheinung. Sonst… Bis auf die spitzen Ohren und die Flügel sieht sie aus wie wir, nur eben kleiner. Wesentlich kleiner! Und sie hat nur vier Finger.“ Harry lachte. Ron ging in seiner Beschreibung ja richtig auf, war richtig begeistert. Kikuileh hatte es ihm anscheinend angetan. „Scheint wirklich niedlich zu sein, meine kleine Freundin.“, meinte er verträumt lächelnd. Die Vorstellung, die er sich von ihr anhand der Beschreibung bildete, war bezaubernd. Wie konnte jemand darauf kommen, dass sie böse wäre? Flitwick hatte doch eine Meise! Und mit dem Gedanken an den Lehrer kam auch der Gedanke an die Aufgabe, die sie noch zu erledigen hatten. Seine Laune sank. Missmutig sagte er: „Vielleicht sollten wir doch lieber unsere Hausaufgaben machen, sonst schaff ich es noch und bringe den Kerl vollends gegen mich auf und das kann ich überhaupt nicht gebrauchen.“ „Verwandlung müssen wir auch noch machen.“, gab der Rotschopf zurück. „‚Erläutern Sie die Nachteile der Methamorphose, der Verwandlung von toten Gegenständen in Tiere.’“, las er betont überzogen ihre Aufgabe vor. „Langweilig.“ Der Schwarzhaarige seufzte und sie machten sich widerwillig an die Arbeit. Irgendwann gegen siebzehn Uhr gesellte sich auch Hermione dazu und nach einer weiteren Stunde waren sie endlich fertig. Sie beschlossen, essen zu gehen, und machten sich auf den Weg in die große Halle. Wie erwartet begegneten ihm die meisten Mitschüler mit einer Mischung aus Angst und Misstrauen und mieden ihn, so gut es ging. Professor Flitwick hatte wirklich ganze Arbeit geleistet… Mistkerl! Natürlich gab es auch hier Ausnahmen. So zum Beispiel die Weasley-Zwillinge. Sie kamen bei Harry vorbeigetigert und fragten ihn, ob sie sich die Fee mal ausleihen könnten, damit sie endlich in die Verbotene Abteilung in der Bibliothek gelangen konnten. Mit ihrer Hilfe und ihren Manipulationsfähigkeiten würden sie Mme Pince sicherlich ruhig stellen können. Der Grund: Fred und George Weasley waren die zwei einzigen Sechstklässler, die noch nie die Erlaubnis bekommen hatten, einen Blick in die Bücher der Verbotenen Abeilung zu werfen. Doch Harry strafte sie mit Schweigen. Auch wenn sie keine Angst hatten, so hatten sie Flitwick geglaubt und das machte ihn wütend. Zählte sein Wort denn nicht mal bei seinen Freunden etwas? An diesem Abend hatten Harry und Ron Wahrsagen. Er hasste dieses Fach, hatte es immer gehasst, doch soviel Mut wie Hermione hatte er nie gehabt. Den Unterricht einfach hinwerfen… Das wäre eigentlich schon etwas, aber andererseits war Wahrsagen eine geschenkte Note. Jedenfalls für Sehende… Harry hatte schon Probleme mit der Treppe, die durch die Luke in der Decke in den Raum im Astronomieturm führte. Die Stufen waren kurz und gingen fast senkrecht nach oben, konnten schon eher als Leiter bezeichnet werden. Und Kikuileh war hier auch nicht wirklich eine Hilfe. Die parfümierte Luft, die aus dem Klassenzimmer strömte, der dicke, süßliche Geruch, machte sie schläfrig, betäubte sie förmlich. Ohne Halt kippte sie von Harrys Schulter und Ron musste sie auffangen, damit sie keine Bekanntschaft mit dem Boden machte. Glücklicherweise gelang ihm das problemlos. Harry, erschrocken und erst durch Ron wieder beruhigt, war besorgt. „Was hat sie?“ „Ausgeknockt, schätze ich.“, gab Ron achselzuckend zurück und legte die Gerettete in Harrys ausgestreckte, wartende Hände, während er selbst durch die Falltür kletterte. „Kein Wunder, bei dem Mief…“ Still lachte Harry vor sich hin, während Ron ihn unterhakte. Wenn es nur das war… Dagegen ließ sich doch etwas machen. „Wo ist das Fenster?“ „Wenn du das öffnest, killt sie dich.“, kommentierte der Rotschopf grinsend, spielte auf Professor Trelawneys abartigen Geschmack an, was dumpfe, übertriebene Gerüche anging, dirigierte ihn aber trotzdem dorthin. „Allerdings wäre es für alle anderen ein Segen.“ Ron ließ sich auf seinem letztjährigen Stammsessel nahe diesem Fenster nieder und beobachtete Harry aus den Augenwinkeln, um nicht zu auffällig zu sein. „Der Fenstergriff existiert nicht.“, ließ er beiläufig verlauten, weil Harry begonnen hatte, nach selbigem zu tasten. „Versuch es magisch.“, war sein Rat. Harry zog ohne viel Federlesen den Zauberstab, klopfte gegen den Fensterrahmen und sagte bestimmt: „Alohomora!“ Sofort ertönte ein leises Knacken und kühle, frische Luft strömte herein. Harry ließ Kikuileh auf die Fensterbank davor gleiten, um ihr die größtmögliche Menge an Sauerstoff zukommen lassen zu können. Nach kurzer Zeit schon begann sie sich wieder zu rühren, ließ einen klingenden, leidenden Laut hören. „Vielleicht solltest du in meinem Zimmer auf mich warten, wenn dir die Luft hier drinnen nicht bekommt.“, schlug er leise lächelnd vor, während er ihr vorsichtig über den Rücken strich, doch sie schüttelte entschieden den Kopf. „Du willst also bei mir bleiben?“ Ein überhelles Sirren war zu hören und Harry ließ sie gewähren. Es stand ihm sicher nicht zu, sie zu etwas zu zwingen, was sie nicht wollte, selbst wenn es zu ihrem Besten wäre. „Wenn es dir zuviel wird, geh besser. Ron kann mir helfen.“ Dann musste er sich schnell an seinen Platz begeben, als Professor Trelawney aus ihrer privaten Nische kam. Harry konnte sich vorstellen, wie sie aussah. Bunt wie eine übergroße Libelle, schillernde Tücher um den ganzen Körper, als wäre sie die verkappte Haremsdame eines Scheichs, mit dicken Brillengläsern und die gelockten Haare wild hochgesteckt… Er verdrängte die Vorstellung. Das war kein schöner Gedanke. Der könnte jedem Alpträume bereiten. Allein ihre Einleitung war für jeden Außenstehenden gruselig. „Mr Potter, ich… Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll… Sie… Ich habe gesehen, wie Sie dieses Jahr… Es wird etwas Furchtbares geschehen! Ich…“ Harry schaltete mit einem genervten Seufzen auf Durchzug. Sie prophezeite ihm jede Woche zweimal seinen Tod, jedes Mal, wenn sie ihn sah. Und nur ihm, niemandem sonst. Es schien fast so etwas wie ihr Hobby zu sein. Und die Art, wie sie es tat, war so theatralisch, so unglaubwürdig überspitzt, dass er sich kaum das Lachen verkneifen konnte. Vor allem ging ihr die Glaubwürdigkeit verloren, für jede Todesprophezeiung ein Stückchen mehr. Im Grunde war sie überhaupt nicht mehr vorhanden. Irgendwann hörte sie auf, widmete sich ihrem Unterricht. Sie teilte Tassen aus, wie bei ihrer allerersten Stunde, ließ sie Tee aufbrühen und trinken, dann ihre Tassen tauschen. Ohne Buch sollten sie die Zukunft ihres Partners mittels Tassiomantie bestimmen. Harry reichte seine Tasse an Ron, der kurz darauf mehr oder minder verzweifelt in die labbrigen Teeblätter starrte. „Na, was siehst du?“, fragte er gespielt ernst, lehnte sich ein wenig vor, indem er die Ellbogen abwartend auf den niedrigen Tisch aufstützte, sein Gesicht unverwandt auf Ron ausgerichtet. Der Rotschopf verpasste ihm einen leichten Schlag vor die Brust. „Verarsch mich nicht!“, knurrte er. „Du weißt so gut wie ich, dass da drin nichts ist als Teeblätter und Wasser!“ „Wie werde ich sterben?“, hakte Harry immer noch ernst nach, ohne auf Rons Einwurf auch nur im Geringsten einzugehen. Es fiel ihm zunehmend schwerer, sich zu beherrschen, um nicht laut loszulachen. Es war doch immer wieder herrlich, ihn auf die Schippe zu nehmen. Ron seufzte und verdrehte ärgerlich die Augen. „Du wirst an Teeblättern ersticken, wenn du nicht aufhörst, dich über mich lustig zu machen!“, murmelte er angepisst. Er musste aufpassen, dass er nicht zu laut wurde und damit Professor Trelawney auf sie aufmerksam machte. Das hätte sicherlich den unguten Effekt, dass sie beide eine Strafarbeit bekamen. Harry interessierte das nicht so sehr. Er war begeistert. „Das ist originell!“, freute er sich, schnippte mit den Fingern, als wäre ihm gerade etwas Herrliches eingefallen. Ron verpasste ihm einen zweiten Schlag, dass Harry nun doch zu lachen begann. „Mach dich nicht lustig!“, wiederholte er böse. „Wärst du nicht blind, müsstest du das jetzt auch tun!“ „Siehst du, das ist endlich mal ein Vorteil für mich!“ Und diesmal war Harrys Freude nicht gespielt, selbst wenn eine gehörige Portion Sarkasmus in seiner Stimme mitschwang. Hinter ihm kam Kikuileh angewankt --- gewankt, nicht geflogen --- und zupfte an seinem Umhang. Immer noch war sie benommen. Diesen alten, abgestandenen Geruch war sie als ein Wesen der Lüfte einfach nicht gewohnt. Harry nahm sie behutsam auf und setzte sie in seine Brusttasche, wo sie sich zusammenrollte und die Augen schloss. Sie war fertig. „Sie ist ja wirklich süß.“, bemerkte der Rotschopf, der das schweigend beobachtet hatte. „Obwohl es ihr nicht gut geht, bleibt sie bei dir. Treue Seele nenn ich so was.“ „Sie ist wie du.“, antwortete Harry lächelnd auf diesen leicht bewundernd klingenden Kommentar. „Du stellst auch alles zurück, um mir zu helfen.“ ‚Selbst Hermione.’, dachte er noch mit einem schmerzhaften Ziehen in der Brust, das wohl von dem schlechten Gewissen ausging. Jedoch hütete er sich, das laut zu sagen. Keiner der beiden ahnte, dass er Bescheid wusste über ihre Beziehung, und er vertraute darauf, dass die Zwei von sich aus sagen würden, dass sie ein Paar waren, wenn sie dazu bereit waren. „Das ist doch selbstverständlich!“, ereiferte sich Ron, wurde ein wenig rot dabei, denn obwohl er Harry gerne half, war es ihm peinlich, dass dieser oder ein anderer ihn darauf ansprach. „Wir sind Freunde!“ „Letztes Jahr warst du eifersüchtig.“ „Wieso sagst du das jetzt? Ich dachte, wir hätten Frieden geschlossen.“ Er klang leicht beleidigt und Harry schmunzelte in sich hinein. „Weil ich vorhabe, so stark zu werden, dass ich Voldemort besiegen kann.“ Er stellte fest, dass sein Freund gar nicht mehr wie früher zurückzuckte, wenn er den Namen des Dunklen Lords nannte. Nicht mal ein klein wenig, obwohl die Bedrohung durch ihn inzwischen ja wirklich real war. Er hatte sich wohl daran gewöhnt. Oder er war tatsächlich mutiger geworden. Und genau dieser mutiger gewordene Rotschopf starrte ihn an, sprachlos, nachdenklich. Er hatte es ihm zugetraut, hatte sich schon gefragt, wann er diesen Plan wohl fassen würde --- gut genug, um davon ausgehen zu können, dass er es tat, kannte er ihn ja. Aber es jetzt zu hören, ließ in ihm ein beklemmendes Gefühl erwachen. Harry war dabei, sich in wirklich unsichere Gewässer zu wagen. Niemand außer Dumbledore könnte das jemals schaffen, was sich der Schwarzhaarige da vornahm. Niemand war dazu stark genug. Auch Harry nicht und mochte er noch so viel Erfahrung auf dem Gebiet haben. „Ich möchte nicht, dass du denkst, ich würde mich aufspielen und angeben, um beliebter zu sein. Es hat wirklich nur den einen Grund!“, riss Harry ihn aus seinen düsteren Gedankengängen und Ron nickte bedeutungsvoll. Er glaubte ihm jedes Wort. Jede Nacht im Fuchsbau und auch jetzt noch manchmal hatte er gehört, wie Harry mit Diggory sprach oder einfach weinte. Er wusste, wie sehr es ihm zu schaffen machte, nichts gegen den Dunklen Lord ausgerichtet zu haben, auch wenn Harry davon wahrscheinlich nichts ahnte. „Deshalb finde ich es auch beruhigend, dass ich an Teeblättern ersticken werde und nicht, weil diese wandelnde Leiche mich killt.“ Da war es wieder, dieses frechfröhliche Grinsen, und Ron konnte sich nicht helfen. Harry entfernte sich momentan zunehmend von ihm, auch wenn das schwer zu fassen war. Irgendwas tat sich da gerade bei ihm. Irgendetwas, das er nicht bestimmen konnte, wovor er aber Angst hatte. Ihm kam es so vor, als wäre ihre Freundschaft dadurch ziemlich gefährdet. „Andererseits will ich eigentlich gar nicht sterben.“, lenkte der Junge, der lebt, ein. Er hatte Professor Trelawney kommen hören, die die ganze Zeit schon zwischen ihren Schülern patrouillierte und sich jetzt gefährlich näherte, und lenkte das Gespräch bewusst wieder auf das Unterrichtsgeschehen. „Sieh besser noch einmal nach. Vielleicht überleben ich diesen Tag ja doch noch.“ Ron stöhnte auf. „Mensch, Harry, du weißt doch, dass ich…“ Er erntete einen Fußtritt und verstummte halb ärgerlich, halb dankbar, als die Gruselfliege an ihren Tisch trat. „Wie kommen Sie voran?“, fragte sie mit einem neugierigen Lächeln. „Können Sie mir Ihre Erkenntnisse darlegen?“ Missmutig, es sich aber nicht anmerken lassend, begann Ron ihr zu erzählen, dass Harry wahrscheinlich demnächst ein dunkles Problem haben würde, dass sich aber nicht genau erkennen ließe, worum es sich handelte. Sie nahm ihm die Tasse aus rosa bemaltem Porzellan ab, sah hinein und begann schon wieder zu lamentieren. Dummerweise hatte sie dieses Thema schon einmal gehabt… „Ich… ich sehe den Grimm.“, ächzte sie. „Mr Potter, Sie werden dem Grimm begegnen! Er wird sie in den Tod treiben! Ich sehe es ganz deutlich!“ Harrys einziger Gedanke war, dass wenn das stimmte, er wohl endlich Sirius wieder sehen würde --- das jedenfalls war das letzte Mal geschehen, als sie ihm diese Prophezeiung dargelegt hatte --- und dieser würde sicherlich alles tun, um ihn davon abzuhalten, in den Tod zu rennen. Ganz das Gegenteil also von dem, was sie sagte. Schwelgend in diesen Aussichten ließ sich Harry zurücksinken. Das wäre doch mal ein echter Segen. Sirius hier, bei ihm… Diesen Tag sehnte er jetzt schon herbei! „Hoffentlich ist das bald…“, murmelte er verträumt lächelnd. Und es war definitiv zuviel, obwohl es nicht einmal böse gemeint war. Professor Trelawney hatte es einfach falsch verstanden, konnte sie ja auch nicht ahnen, dass er damit das Treffen mit Sirius meinte und nicht das mit dem Tod, von dem sie gerade sprach. „Mr Potter. Ich denke nicht, dass es Ihnen zusteht, den Tod herbeizusehnen!“, rief sie hysterisch. Dass er ihre Warnung nicht ernst nahm, traf sie. Offensichtlich konnte sie es wohl, wie so viele andere Lehrer auch, nicht ertragen, wenn man ihr nicht nach der Schnauze redete. War ja auch bei Hermione damals so gewesen. „Es gibt genügend Menschen, die Ihnen mit Ihrem kleinen Problem helfen wollen, ich gehörte dazu! Ich hatte ein Auge zugedrückt! Obwohl Sie blind sind und damit unfähig, habe ich Ihnen erlaubt, an meinem Unterricht teilzunehmen, damit Sie wenigstens gewarnt sind, wenn Ihnen etwas Schlimmes droht, aber wenn Sie meine Vorwarnungen so leichtfertig abtun, nein, sie auch noch begrüßen, dann brauchen Sie nicht wiederzukommen! Ich werde Professor Dumbledore darüber informieren, dass ich Sie von meinem Unterricht freispreche! Ich will Sie hier nicht mehr wieder sehen! Ich kann keine Störfaktoren gebrauchen!“ Dann holte sie erst mal Luft. So viele Wörter in dieser Geschwindigkeit, in der Lautstärke und bei dem geringen Sauerstoffgehalt in der Luft auf einmal und ohne abzusetzen hintereinanderweg zu sprechen war eine Leistung, die unter anderen Umständen vielleicht Harrys Achtung geweckt hätte, zumal sie sonst eher behäbig war, doch ihre Wortwahl hatte ihm nicht gefallen. Störfaktor also. Unfähig. Leise begann er zu lächeln, kalt und nichts sagend. Ja. Er war unfähig. Und er hielt Ron vom ernsthaften Arbeiten ab, was diesen vielleicht nicht unbedingt, dafür aber die Lehrerin störte. Aber was sollte er tun? Er hatte es sich sicher nicht ausgesucht, dass er blind war. Und dass er Ron störte, war doch wohl normal bei der Art Unterricht, wo jeder eher noch einschlief, als Gewehr bei Fuß aufzupassen. Aber wenn sie ihn nicht mehr haben wollte… Bitte, er würde einen Teufel tun und sie davon abbringen, ihn zu suspendieren. Besser ging es doch gar nicht mehr! Er hasste das Fach sowieso und jetzt war er es endlich los! Er stand auf, sein Gesicht eine einzige Maske, tippte währenddessen an seine Brusttasche, um Kikuileh zu wecken. So wenig er es wollte, er brauchte sie jetzt. „Es tut mir wirklich Leid, dass ich Ihnen als unfähig erscheine, aber Sie haben Recht. Tun Sie, was immer Sie für richtig halten. Ich werde mich Ihrer Entscheidung mit Freuden anpassen.“ Kurz machte er eine Pause, fragte dann: „Soll ich jetzt gehen?“ Sie starrte ihn durch ihre dicken Brillengläser an, als hätte er ihr gerade eine Ohrfeige verpasst. Dann wurden ihre Gesichtszüge verkniffen. „Verlassen Sie auf der Stelle meinen Turm. Ich werde Sie wissen lassen, zu welcher Entscheidung ich und Professor Dumbledore gekommen sind.“ Harry ging mit einem kurzen, kaum ernstzunehmenden Gruß auf den Lippen, immer auf Kikuilehs verschwommene Stimme lauschend. War das nun ein erfolgreicher Tag oder nicht? Einen Lehrer dazu gebracht, ihn zu hassen, den zweiten ebenfalls, genauso wie den dritten… Die Zwillinge wären stolz auf ihn… Und er war Wahrsagen los. Welch ein Segen. Der nächste Tag brachte keine neuen Erkenntnisse. Harry stellte lediglich fest, dass der Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste ihm definitiv unsympathisch war, Dumbledore sich mit Professor Trelawneys Entscheidung abgefunden hatte, wie er ihm per Posteule mitteilte, er Wahrsagen also los war, und dass ihn tatsächlich alle Lehrer im Hintergrund hielten. Dies änderte sich erst in Snapes Unterricht am Freitagnachmittag. Harry hatte sich wie alle anderen auch auf seinen Platz gesetzt und sie erwarteten Snapes Ankunft, die pünktlich mit dem Klingeln erfolgte. Eilig wie gewohnt schritt der Schwarzhaarige durch den Gang zwischen den Bankreihen, stellte sich dann hinter sein Pult und begann, die Namen aufzurufen. Als er zu Harry kam, blickte er kurz auf. „Potter, hierher! Zu mir!“, rief er schneidend, bevor er mit dem Abgleichen der Anwesenheitsliste fortfuhr. Harry stand unsicher auf. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete, hatte Snapes versteckte Drohung in Dumbledores Büro noch im Kopf und hatte ein wenig Angst davor, was jetzt kommen würde. Dennoch bat er Kikuileh, ihm den Weg zu weisen. Er erreichte den Lehrertisch, gerade als Snape mit seiner Anwesenheitsüberprüfung fertig war, doch der Slytherinhauslehrer beachtete ihn gar nicht. Er ließ Pansy Parkinson die Hausaufgaben vom Montag einsammeln und während das Mädchen durch die Reihen ging, erklärte er mit seiner monotonen, leisen, schneidenden Stimme, was sie als nächstes zu tun hatten. Sie sollten ein Gegengift herstellen, das einen Fluch neutralisierte. „Ich warne euch vor.“, näselte er mit einem durchaus drohenden Blick in die Runde. „Dieser Trank ist nicht einfach. Wenn ihr euch nicht genauestens an die Durchführung haltet, werdet ihr euer blaues Wunder erleben!“ Den leichten Unterton an böswilliger Vorfreude konnte oder wollte er nicht aus seiner Stimme heraushalten. Es wirkte hervorragend, denn plötzlich waren alle Schüler angespannt und aufmerksam. Seine Lippen verzogen sich zu einem gemeinen Grinsen. „Und nun an die Arbeit. In exakt einer Stunde erwarte ich eure Ergebnisse!“ Leise und aufgeregt tuschelnd machten sich die Schüler in Zweiergruppen an die Arbeit, während Harry unbeholfen in der Gegend herumstand und nicht wusste, was er tun sollte. Doch Snape schaffte bald Abhilfe. „Setz dich, Potter!“, schnarrte er. Harry blinkte verwirrt. „Wohin? Auf meinen Platz?“ Irgendwie hatte er das unbestimmte Gefühl, dass es das nicht war, was er meinte, fühlte sich mit dieser Situation aber etwas überfordert. Was genau wollte Snape von ihm? „An mein Pult!“, bekam er prompt die Antwort. Jetzt erst recht verwirrt tat er, wie ihm geheißen, und im nächsten Moment stellte Snape einen großen Korb vor ihn hin. „Diese Phiolen müssen sortiert werden! Du hast zehn verschiedene Arten. Ich möchte, dass du sie nach Größe und Form ordnest.“ Harry traute seinen Ohren nicht. Er sollte Flaschen sortieren? Wie Aschenputtel die Erbsen? Und wie genau sollte er das bitte tun? Sollte er die Form ertasten? Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Aber Snape meinte das durchaus ernst, wie er feststellen musste. Der Lehrer pfiff ihn an, worauf er noch warte, woraufhin ein leises Kichern aus den Slytherinreihen ertönte. Harry fügte sich. Malfoy hatte es ja gesagt: Er durfte Snape keine Gelegenheit mehr geben, ihn zu hassen. So griff er widerwillig in den Korb und holte eine der Flaschen heraus, tastete sie ab. Sie war sechseckig und hatte einen ebenfalls sechseckigen, oben flachen Deckel. Die nächste war rund, hatte einen spitzen Stopfen, die darauf folgende war dickbauchig mit einem perlenartigen Verschluss. So würde er ewig brauchen, zumal als er die Vierte heraushob, diese eckig und eckig war wie die erste, nur ein klein wenig höher. Im Grunde sahen diese Dinger doch alle gleich aus! In Gedanken begann er den Tisch in zehn Teile zu teilen, stellte die Flaschen auf je einen Abschnitt. „Kikuileh, kannst du mir nicht helfen?“, flüsterte er leise und unauffällig, doch die kleine Fee war mit dieser Art Aufgabe schlicht überfordert. Sie sah überhaupt keinen Sinn darin, Flaschen zu sortieren. Sie hatten alle die gleiche Aufgabe, hatten also keinen Unterschied für sie. Flasche war Flasche. Harry seufzte. Dann musste er es halt alleine schaffen. Wenig später war klar, dass er es in der angesetzten Zeit nie schaffen würde. Er müsste viel schneller werden, wenn er rechtzeitig fertig werden wollte, würde eine schnellere Auffassungsgabe brauchen, was das Ertasten betraf. So würde das nie was werden… „Die Zeit ist um!“, rief Snape nach einer Stunde. „Zeigt mir eure Ergebnisse! Fangen wir bei dir an, Mr Longbottom!“ Neville begann zu zittern. Noch immer machte ihn Snapes bloße Anwesenheit nervös, so dass er kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Noch dazu hatte sein Trank überhaupt nicht die richtige Farbe! Orange statt lila. Kritisch begutachtete der Professor das Ergebnis, schüttelte dann den Kopf. „Wann hast du den Krötenlaich dazugetan?“, wollte er misstrauisch wissen. „Kannst du immer noch nicht lesen, Mr Longbottom? Wann wirst du es endlich lernen?“ Er wandte sich von dem zitternden, den Tränen nahe seienden Jungen ab, warf einen flüchtigen Blick in Hermiones Kessel und runzelte die Stirn. Es war wirklich bedauerlich, aber bei ihr konnte er nie irgendetwas bemängeln, außer dass sie eine gnadenlose Besserwisserin war. Und so begutachtete er nach und nach jeden Trank, machte sich Notizen, meckerte hier, kritisierte dort. Zuletzt besah er sich Dracos Trank. Der Slytherinmusterschüler war bereits dabei, zusammenzupacken, als Snape erfreut stehen blieb. „Dieser Trank ist vorzüglich! Die Farbe ist perfekt!“ Er rührte prüfend noch einmal durch das Gebräu, um die Konsistenz zu überprüfen. Genau richtig. „Erfreulich! Nehmt euch ein Beispiel an Mr Malfoy! Aber andererseits kann man Talent ja nicht erlernen.“ Auf Dracos Gesicht breitete sich sein gewohnt schmieriges Grinsen aus. Er wusste, dass er gut war in diesem Fach. Schließlich strengte er sich hier ja auch besonders an, um bei Snape einen guten Eindruck zu erwecken. Früher auch, um Harry, der ja wirklich unter aller Klassen war in diesem Fach und dafür in Verteidigung gegen die Dunklen Künste nicht zu schlagen war, zu beweisen, dass er besser war als er, aber diese Gesinnung war gewichen. Er tat es nur noch, um sich selbst zu beweisen, dass er etwas wirklich gut konnte. Und weil es ihm Spaß machte. Wie Snape zu Beginn ihrer Schülerkarriere gesagt hatte: Den Tod verkorken und so, das war doch irgendwie ein irres Gefühl. Es klingelte zum Unterrichtsschluss. „Macht zum nächsten Mal die Aufgabe im Buch Seite sieben und schreibt eine Abhandlung über die Verwendung von Krötenlaich!“ Er senkte die Stimme ein wenig. „Draco, du bleibst und hilfst mir, deinen Trank abzufüllen!“ Dracos Augen weiteten sich, bevor er erfreut nickte. Das hatte Snape noch nie getan. Es war eine große Ehre, einen Trank für die Vorräte Hogwarts’ zu brauen. Der letzte Schüler, dem diese Ehre zuteil geworden war, war Snape selbst gewesen, vor fast zwanzig Jahren! Snape verschwand kurz in einem Nebenraum, während die Klasse sich leerte, und kam mit einer Box voller Phiolen wieder. Und so begannen sie gemeinsam, das violett schimmernde Gebräu abzufüllen. Sie waren so vertieft in ihre Arbeit, dass sie beide zusammenschraken, als ein hilfloses Ächzen vom Lehrertisch durch die Stille des Kerkers schnitt. Sie sahen auf. Harry saß da und drehte hektisch ein Fläschchen in den Fingern, tastete es immer und immer wieder ab. Seine Augen irrten durch die Höhlen, dann brach alles plötzlich ab und er wurde wieder ruhig. Er stellte das Fläschchen an eine Ecke des Tisches, fuhr mit dem Sortieren fort. „Was macht der denn noch hier?“, murmelte Snape verdrossen. Draco blickte ihn an, verhinderte gerade so, dass sich seine Augenbrauen hoben. Eine solche Wortwahl war er von dem sonst so peniblen Lehrer gar nicht gewohnt, selbst privat nicht. Snape stand auf und ging zu dem Schwarzhaarigen hinüber. „Potter?“ Harrys Kopf schnippte hoch, er sah verwirrt aus, fing sich aber schnell wieder. „Ich bin so gut wie fertig.“, sagte er. „Nur noch diese paar Phiolen, dann…“ Er stellte die Flasche hin, nahm die nächste auf, stellte auch diese zielsicher auf den Tisch. Vier Flaschen später war der Korb leer. Es hatte keine dreißig Sekunden gedauert und Snape hatte schweigend zugesehen. „Ich bin fertig, Professor.“, gab er kund. „Wo soll ich…?“ „Das mache ich selbst. Der Unterricht ist seit einer Stunde vorbei. Du kannst gehen.“ Harry stand auf, bückte sich nach seiner Tasche und hielt mitten in der Bewegung inne. „Professor Snape?“ Der Slytherinhauslehrer knurrte missmutig, doch das schien Harry als Antwort zu genügen. „Ich habe eine Phiole gefunden, die nicht zu den anderen passt. Es könnte sein, dass sie nur einen falschen Korken hat, aber den kriege ich einfach nicht raus.“ Er wollte nach dem Gläschen greifen, hielt jedoch einen Moment inne, bevor er es vorsichtig tat. Dass er nicht mehr auf dem Stuhl saß, hatte ihn kurzzeitig verunsichert. Eigentlich war das Fläschchen nicht gerade das Problem, welches Snape im Moment behandeln wollte. Ein Stopfen war immer magisch zu entfernen. Er nahm es entgegen und nickte Harry zu. „Geh jetzt!“ Und er ging. Widerspruchslos und mit einem kurzen Gruß auf den Lippen. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss. „Draco?“ Der Blonde schrak zusammen. Er hatte die Szene neugierig verfolgt, hatte gar nicht gemerkt, wie er Harry mit Blicken verfolgte. Jetzt sah er ertappt auf den Kessel vor sich. War das peinlich! Und Snape dachte sich seinen Teil, bevor sie fortfuhren, die Phiolen zu befüllen. Es geht aufwärts ---------------- Titel: Es geht aufwärts Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 11: Es geht aufwärts Am Samstagmorgen verschwand Ron alleine zum Wahrsagen, während Harry und Hermione müde am Frühstückstisch zurückblieben, da er darauf bestanden hatte, dass sie ihm wenigstens morgens noch Gesellschaft leisten sollten. Harry brauchte nicht mitzugehen. Er hatte schließlich von Dumbledore die offizielle Erlaubnis bekommen, dem Unterricht fernzubleiben, bis seine Augen wieder hergestellt waren. Außerdem hatte er schlecht geschlafen. Sein Traum hatte wieder von Voldemort und Diggory gehandelt und es hatte ihn in seinem Vorhaben gestärkt. Er würde so stark werden, dass er Voldemort besiegen konnte. Und jetzt war der perfekte Moment, um damit anzufangen. „Hermione?“ Das Mädchen sah von ihrem Arithmantikbuch auf, in dem sie gelesen hatte, während sie geistesabwesend Cornflakes mit Erdbeeren in sich hineingefuttert hatte. „Ja?“ „Ich habe eine Bitte.“ Sie wartete, verstand nicht so genau, warum er so förmlich sprach. Das war nicht seine Art und verwirrte sie etwas. Andererseits… es war seine Art anzukündigen, dass er etwas wollte. „Ich will… du lernst doch alle Sprüche über die Ferien auswendig, oder?“ Sie nickte. Das war doch wohl allgemein bekannt, schließlich zog man sie häufig genug damit auf und beschimpfte sie zeitweise sogar als Streberin deswegen. „Und du kennst auch die Sprüche der letzten vier Jahre, die wir nicht behandelt haben?“ Wieder ein Nicken. Harry redete von Sprüchen, die von ihren Vorgängern aufs schändlichste missbraucht und deshalb aus dem Lehrplan genommen worden waren, um solcherlei Streiche zu unterbinden. Sprüche, über die sich die Weasley-Zwillinge sicherlich abgöttisch freuen würden. „Bringst du sie mir bei?“ Hermione starrte ihn überrascht an, verschluckte sich fast an ihren Cornflakes. Das hatte sie so überhaupt nicht erwartet! „Warum?“ Das war doch nicht normal, dass Harry plötzlich freiwillig lernte. Wollte er etwa Streiche spielen? Wollte er vielleicht wirklich in die Fußstapfen der Zwillis steigen, wie sie es ihm angeboten hatten? „Ich will sie können!“ Toller Grund. „Das sind unglaublich viele! Wir werden Wochen dafür brauchen!“, versuchte sie ihn von diesem Gedanken abzubringen. Sie würde nicht zulassen, dass er auf die schiefe Bahn geriet! Alles würde sie tun, um das zu verhindern! Fred und George reichten schon, ein Junge wie Harry, der unglaublich viel Magieverständnis hatte, war in dieser Hinsicht absolut nicht tragbar für Hogwarts. Allein der Gedanke daran war schon fast Furcht erregend! „Das ist mir egal, Mione! Bitte, ich möchte besser werden!“ „Aber warum so plötzlich?“ Sie sah ihn an und klappte ihr Buch zusammen, als sie Harrys Gesicht sich verändern sah. Es wurde plötzlich eisig und verschlossen und sie kannte diese Entschlossenheit von früher. Also waren es nicht Fred und George, die ihn lockten. „Ist etwas passiert?“ Harry antwortete auch darauf nicht, doch das war auch gar nicht mehr nötig. Das Mädchen hatte verstanden, hatte sich an etwas erinnert. Ron hatte ihr da was gesteckt. Wie war das gewesen? Harry hatte ihm gesagt, er wolle den Dunklen Lord besiegen? Keine wirklich erbauenden Neuigkeiten, aber sie kannte Harry inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er es ernst meinte, wenn er so etwas sagte, und im Notfall auch ohne das Wissen über ihre Sprüche sein Ziel verfolgen würde. Er war so. Das machte sein Wesen aus. Da war es doch besser, er hatte den ein oder anderen fiesen, kleinen Kinderstreich im Ärmel. Gegen den Dunklen Lord war jeder noch so sinnlose Zauber ein Segen, im Grunde alles, mit dem er nicht rechnete. Schade war nur, dass er es ihr nicht sagen wollte. Sie nickte erneut, lächelte leicht traurig. „An welche Art von Sprüchen hast du gedacht?“ „An alle!“, war des Schwarzhaarigen Antwort, die ohne eine Sekunde des Zögerns kam. Hermione blinzelte. Es schien ihm wahrhaftig erst zu sein. Sie seufzte ergeben. „Also gut. Wann fangen wir an?“ „Sobald du Zeit hast!“ „Okay, dann komm mit. Wir gehen in einen leeren Klassenraum.“ Sofort erhob er sich, grinste sie an und salutierte. „Gefreiter Potter steht Ihnen zur Verfügung, Kommandantin!“ Sie lachte. „Hör bloß auf mit diesem kindischen Getue. Was sollen die anderen denn denken?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Sie halten mich eh für einen nutzlosen Versager. Also kann es mir egal sein, ob sie ab heute sagen, ich wäre ein kindischer, nutzloser Versager.“ Das Mädchen befand diese Aussage ihrer Antwort unwürdig und so antwortete sie nichts darauf, sondern hakte sich bei ihm unter, um ihn in ihr Lieblingszimmer zu führen. Dort angekommen, stellte sie zwei Stühle sich gegenüber und ließ ihn auf einem Platz nehmen, den zweiten besetzte sie selbst. „Also dann. Beginnen wir mit den einfachen Elementzaubern. Feuer entzünden!“ Sie nahm Harrys Hand und führte sie in bestimmte Weise. „Der Spruch lautet Igniculus!“, erklärte sie. „Die Betonung liegt auf Ignicu~lus!“ Harry nickte, tat, was sie sagte, und setzte prompt den Lehrertisch in Flammen. „Harry!“, kam der empörte Schrei des Mädchens wie aus der Pistole geschossen. „Was?“ „Du… du musst doch zielen!“ „Wohin denn?“ „Was… was weiß denn ich! Du hast den Tisch angesteckt!“ Sie seufzte, atmete dann einmal tief durch, um sich zu beruhigen. Harry konnte ja nichts dafür. „Auqua regina!“, rief sie und die Wasserpartikel, die sich von Natur aus in der Luft befanden, ballten sich zusammen, wurden zu flüssigem Segen. Man hörte ein lautes Klatschen und ein Zischen, dann Stille. Hermione betrachtete kritisch das Malheur. Total verkohlt… „Ziele das nächste Mal richtig! Renovare!“ Harry nickte schuldbewusst. „Sorry, Mione.“ Doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck von einem zum anderen Moment und er sah gar nicht mehr zerknirscht aus. „Bringst du mir jetzt die anderen beiden Zauber bei? Aqua regina und Renovare… Klasse Wirkung!“ Von Reue keine Spur mehr. „Woher weißt du, wie sie wirken?“ In ihrer Stimme schwang ein leichter Vorwurf mit, den er aber gekonnt überhörte. „Kikuileh.“, war das Einzige, was er antwortete, und von seiner Schulter herunter winkte eine lachende Fee. Hermione atmete angestrengt ruhig aus. „Gut. Also: Aqua regina…“ Sie sah ihn misstrauisch an. „Kann sie dir auch die Bewegung sagen?“ Ein Nicken und sie führte sie vor. Das Ergebnis war, dass Harry sie spiegelte. Hermione seufzte erneut. Das würde ein langer Tag werden. Erst zum Mittagessen tauchten die Zwei wieder auf. Ron war sauer. „Wo ward ihr?“, fragte er wütend. Es gab keinen wirklichen Grund, leise zu sprechen, denn wegen Kikuileh waren die anderen sowieso auf Abstand und zu dieser Zeit war es so voll, dass man von Glück reden konnte, wenn man sein eigenes Wort verstand. Außerdem konnte es ihm egal sein, ob sie mitbekamen, dass er sauer auf die Zwei war oder nicht. Schließlich hatte er allen Grund dazu. „Ich suche euch schon seit drei Stunden!“ Hermione wurde rot. „Es ist nicht so, wie du vielleicht denkst. Wir…“ „Wolltet ihr ungestört sein?“ Harry grinste seinen rothaarigen Freund an. Wie süß. Er war eifersüchtig. Das war die perfekte Gelegenheit, ihn zu foppen. „Ja.“, gab er ohne Umstände zu. Ron entglitten augenblicklich alle Gesichtszüge. „Wa…“, begann er, doch er fing sich gerade noch, bevor er losbrüllen konnte. „War’s wenigstens schön?“, ätzte er. „Aber ja!“, lachte Harry glücklich. Armer Ron, er konnte einem wirklich Leid tun. „Du hättest dabei sein sollen! Ich habe einen Tisch abgefackelt, einen Klassenraum unter Wasser gesetzt, die Fensterscheiben mit Föhnwind zerbrochen und die Einrichtung mit Eis geschrottet. Und das alles unter fachmännischer Anleitung von Mione!“ Dem Rotschopf blieb der Mund offen stehen. „Wie bitte?“ „Wir haben Zauber geübt.“, erklärte Hermione stoisch. „Einfache Elementzauber, die dazu da sind, einem das Leben zu erleichtern.“ „Das hörte sich aber grade gar nicht so an…“ Hermione warf einen scheelen Blick auf Harry, der sich leise lachend Kartoffeln auf seinen Teller schaufelte und Soße darüber goss. „Er hat übertrieben. Er hat seine Kraft überhaupt nicht unter Kontrolle, seit er nichts mehr sieht!“ Sie setzte sich ebenfalls und zog Ron neben sich, der sich glücklicherweise wieder beruhigt hatte und jetzt viel lieber wissen wollte, was passiert war, als sich weiter mit ihnen zu streiten. „Man sagt, dass wenn einer der Sinne ausfällt, der Körper das ausgleicht, indem er die andern Sinne verstärkt. Es scheint, als hätte sich bei unseren Helden hier auch sein magisches Potential verstärkt. Jedes Anwenden von Magie artet bei ihm in eine halbe Explosion aus.“ Hatte sie am Anfang noch eifersüchtig wegen dem Tisch und der Ratte reagiert, war sie jetzt doch froh, dass nicht sie es war, die derart heftige Magie verwendete. Diese Energie zu kontrollieren würde Harry sicherlich noch einige Probleme verursachen, wenn sie ihm nicht irgendwann sogar ziemlich schadete. Ron konnte sich ein Grinsen nun auch nicht mehr verkneifen, nachdem klar war, dass Harry ihm nicht die Freundin ausgespannt hatte. „Scheint, als wäre es ein Desaster gewesen.“, bemerkte er, doch Harry widersprach prompt. „Überhaupt nicht, Ron. Ich kann zwölf neue Zauber problemlos anwenden!“ „Das ‚problemlos’ nimmst du sofort zurück!“, schnappte Hermione entrüstet. „Solange du deine Magie nicht beherrschst, nenn ich das durchaus ein Problem!“ „Sei doch nicht so kleinlich…“, maulte Harry gespielt beleidigt. Und Hermione ging an die Decke. „Kleinlich? Kleinlich?! Harry, du hättest mich fast ertränkt!“ Bedröppelt verkniff sich Harry seinen nächsten Kommentar. Sie hatte ja Recht. „Tut mir wirklich Leid.“, murmelte er. Und dann plötzlich wieder fröhlich: „Aber nichtsdestotrotz war es ein gelungener Übungstag! Wir sollten das bald wiederholen!“ Hermione seufzte. „Ja. Das sollten wir tatsächlich.“ Sie konnte nicht anders als sich freuen. Harry war zum ersten Mal seit langem wieder richtig ausgelassen. Das musste man fördern, damit es auch so blieb. Und wenn sie einen Teil dazu beitragen konnte, umso besser. Dann würde sie soviel Zeit mit ihm verbringen, wie die Schule zuließ. Selbst wenn es noch so anstrengend wurde. „Ich bin dann auch dabei!“, meldete sich der Rotschopf sofort. Harry grinste. „Klasse. Dann lernen wir gemeinsam von der großen Meisterin!“ „Vielleicht solltest du dich bis dahin mit Schutzzaubern aller Art eindecken.“, nuschelte Hermione beiläufig zu Ron. „Sonst killt er dich vor lauter überschäumender Energie.“ Dann brachen sie alle in ausgelassenes Lachen aus. Auch am Sonntag trainierten sie, diesmal zu dritt. Ron staunte nicht schlecht über die Ausmaße von Harrys Magieanwendungen. Er sollte eine Blüte zum Erblühen bringen --- an sich ein einfaches Unterfangen, selbst er konnte es nach dem dritten Versuch --- doch Harry brachte sie zum Wachsen. Innerhalb einer Minute wuchs sie um das Doppelte, erblühte und warf dann all ihre Blätter ab, während sie Samen bildete und mit einem leisen Puff in den Wind schickte. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass die Lehrer ihn im Unterricht nicht mehr zaubern ließen… Was würde er sonst alles anstellen? Am Ende dieses Tages stand für Hermione eines fest. „Er ist lebensunfähig!“, dozierte sie auf dem Weg in den Gryffindorturm. „Ganz egal welcher Zauber, alles gerät außer Kontrolle. Ich frage mich, wieso er Accio so perfekt beherrscht. Ich meine, da könnte doch auch ein ganzer Tisch oder so kommen, aber nein, es ist seine Tasche. Wie es sein sollte!“ Ron lachte über ihren hilflosen Ausbruch. „Er braucht Übung, Mione. Und er muss seine Wut loswerden. Dann kann er sich sicher besser beherrschen.“ Sie blinkte. „Wut?“ „Auf sich. Er ist sauer, dass er nicht mehr sehen kann. Deshalb macht er sich auch immer so runter… hat Mum gesagt.“ „Na toll. Er ist sauer und löscht ganz nebenbei die ganze Schule aus.“ „Wo ist er eigentlich?“, warf Ron ein. Das Mädchen zuckte mit den Schultern und hob die Hände in eindeutiger Geste. „Er wollte mit Kikuileh spazieren gehen, glaube ich.“ „Ach so…“ Ron kam näher. „Dann…“ Seine Hand wanderte in ihren Nacken und zog sie zu sich, bevor er sie küsste. „…haben wir noch etwas Zeit für uns, ohne dass er etwas bemerken könnte.“ In stiller Übereinkunft verschwanden sie in einem der seltener benutzten Geheimgänge. Was sie nicht wussten, war, dass Harry nur aus diesem Grund so lange fortblieb. Er wollte ihnen Zeit für sich geben. Erst knapp vor der Sperrzeit kehrte Harry in den Gryffindorgemeinschaftsraum zurück. Er war müde, ausgelaugt und fertig. Seit dem frühen Nachmittag war er hinter dem See gewesen und hatte geübt, seine Kräfte zu beherrschen. Alle dreißig von Hermione gelernten Zauber hatte er immer und immer wieder wiederholt, bis das Ausmaß zufrieden stellend gering war. Kikuileh hatte ihm gesagt, ob es mit dem Ergebnis zu vergleichen war, das Hermione hervorgebracht hatte. „Na, hast du dich wieder verlaufen?“, fragte Ron zur Begrüßung. Der Schwarzhaarige lachte nur müde. „Ich werde ins Bett gehen.“, erwiderte er. „Ich bin fertig. Gute Nacht.“ Die zwei Freunde wechselten einen besorgten Blick. „Gute Nacht.“, sagte auch Ron. „Schlaf schön.“, ergänzte Hermione den Spruch. Verwirrt sahen sie ihm hinterher, als er die Stufen hinauf schlich. „Er hat gar nichts gegessen.“, bemerkte das Mädchen am Rande. „Ob er wieder von jemandem blöd angemacht wurde?“ Ron schüttelte den Kopf, nickte. „Ich weiß es nicht…“ Unterdessen zog Harry sich aus und ging unter die Dusche. Er hatte auf dem Rückweg Malfoy getroffen, was an sich ja nichts wirklich Beunruhigendes war, schließlich kam es hin und wieder vor, dass man sich über den Weg lief, wenn man unter demselben Dach wohnte, selbst wenn sich unter diesem Dach ein solch riesiges Schloss wie Hogwarts befand. Das war es also nicht, was ihn so sehr verwirrte. Nein. Es war etwas anderes: Malfoy hatte ihn gegrüßt. Kein fieser Spruch, kein hinterhältiges Grinsen, keine Pöbelei. Nur ein freundliches „Hallo. Auch noch wach?“. Es hatte ihn viel mehr geschockt, als wenn er ihn geschlagen hätte. Warum? Wieso war Malfoy so freundlich zu ihm? Warum konnte er ihn nicht einfach weiter piesacken, so wie Snape, Crabbe und Goyle? Oder wie dieser Raindoom. Warum… hatte das Mitleid ihn so weich gemacht? Harry war fast am Boden deswegen. Es hatte sein Weltbild zerstört, hatte ihn um Jahre zurückgeworfen und ungespitzt in den Boden gerammt. Er wollte kein Mitleid. Nicht von ihm, seinem… Erzrivalen! Das war entwürdigend. Aber anstatt das zu sagen, hatte er nur freundlich genickt und perplex mit einem „Ja, schönen Abend noch!“ geantwortet. Dafür allein hätte er sich in den Hintern beißen können, wäre das anatomisch möglich gewesen. Wie konnte man nur so dämlich sein? Hätte irgendjemand das gesehen, hätte der sie für gute Bekannte halten können, für Freunde! Der Gedanke beschäftigte ihn die halbe Nacht hindurch und auch noch am nächsten Morgen, der, wundervoll wie immer, im Kerker Professor Snapes begann. Es war ruhig. Einzig das Blubbern der Kessel und das Klackern der Messer auf den Brettern waren zu hören. Der Meister der Giftmischer schritt langsam und majestätisch durch den Raum, die Fingerspitzen vor der Brust aneinander gelegt, und inspizierte mit kritisch wachsamem Blick die Arbeit seiner Schüler. Er hatte einen Überraschungstest vorbereitet, um zu sehen, was die Fünftklässler vom Unterricht des Vorjahres noch behalten hatten. Ein schmales Grinsen machte sich auf seinen Lippen breit, als er Ron Weasley verzweifelt die Alraunenwurzel schneiden sah. Seine Würfel hatten die völlig falsche Größe. Das würde ein Desaster werden, das einem Gryffindor ihm würdig war. Daneben war Hermione Granger bereits weiter. Sie schien keine Probleme zu haben. Wie bedauerlich. Das Grinsen erlosch wieder. Er kam an Malfoys Topf vorbei. Auch sein Lieblingsschüler schien keine Probleme zu haben, doch er war noch nicht so weit wie Granger, was wirklich seltsam war, denn normalerweise lieferten sich die beiden ein heißes Kopf-an-Kopf-Rennen. Was da wohl nicht stimmte? Das musste ergründet werden! Ein paar Schritte weiter blieb er stehen und beobachtete ihn mit aufmerksamen Augen. Der Blonde schien irgendwie abgelenkt. Immer wieder sah er auf, nur kurz zwar, aber unbewusst wie es schien. So wie er manchmal den Kopf schüttelte... Es schien, als könne er nichts gegen diesen Drang machen. Was wohl die Aufmerksamkeit des Slytherinmusterschülers auf sich zog? Als Draco das nächste Mal aufsah, folgte Snape seinem Blick. Überrascht stellte er fest, dass er bei Harry Potter landete. Das konnte eigentlich nicht sein. Dazu war der Blick längst nicht abgeneigt genug. Und auch das übliche Grinsen, die Häme und das hinterhältige Funkeln in den Augen fehlten. War es vielleicht etwas hinter Potter, das seine Aufmerksamkeit dermaßen fesselte? Snape suchte angestrengt, doch er konnte nichts entdecken, das würdig genug gewesen wäre, diese Neugier Dracos zu erwecken. Hätte ihn auch gewundert. Er selbst hatte dafür gesorgt, dass nichts und niemand die Schüler ablenkte. Er sah wieder zu Draco und wieder schielte dieser in die festgestellte Richtung. Das konnte doch gar kein Zufall sein. Oder doch? Neugierig geworden, setzte sich Snape in Bewegung und ging zu dem Schwarzhaarigen hinüber, den er diesmal dazu verdonnert hatte, vertrocknete von frischen Blutbeeren zu trennen. Er tat stillschweigend seine Arbeit. Schnell und gründlich. Dann hielt er plötzlich mitten in der Bewegung inne und bewegte die Hand ein paar Mal im Kreis, als würde er sein Handgelenk lockern. Und auf dem Tisch setzte sich eine Feder in Bewegung, schrieb ein paar Zeilen, hielt dann wieder still. Snape sah zurück zu Harry. Er arbeitete wieder weiter. Was schrieb er denn da so Wichtiges, dass er es wagte, dies in seinem Unterricht zu tun? Er trat etwas näher und sah über Harrys Schulter hinweg auf das Pergament. ‚Schleentonikum’ stand da als Überschrift. Darunter waren die Zutaten und die benötigten Gerätschaften aufgelistet, bevor ausführlich und äußerst kleinlich die Durchführung beschrieben war, bereits fertig, was bewies, dass er es nicht von den anderen abgekupfert hatte, sondern selbst geschrieben hatte. Dann standen dort noch die erwarteten Beobachtungen und ganz unten eine Fehlerbetrachtung, die bereits jetzt beachtliche Ausmaße hatte. Snape war angetan. Auf die Idee, Harry seinen Unterricht theoretisch mitmachen zu lassen, darauf war er bisher nicht gekommen. Aber sie gefiel ihm. Das würde er wohl beibehalten. Er drehte sich um und widmete sich wieder den anderen Schülern. Seit wann machte Harry Potter eigentlich freiwillig Aufgaben in seinem Fach? Hatte das etwas zu bedeuten? Hing das vielleicht mit der Drohung zusammen, die er vor Dumbledore geäußert hatte? Tat er das vielleicht, um ein nicht magisches Mittel zu finden, mit dem er den Dunklen Lord zur Strecke zu bringen konnte, wie er so großspurig vor Dumbledore behauptet hatte? War er wirklich bereit, dafür zu arbeiten? Der Junge schien das wirklich ernst zu nehmen. Das gefiel ihm. Irgendwie… Dann war die Zeit vorbei. Jeder sollte eine Phiole seines Ergebnisses als Probe abgeben, versehen mit Name und Haus, dann konnten sie gehen. Auch Harry packte zusammen, wollte gerade das Pergament in seiner Tasche verschwinden lassen, als Snape ihn aufhielt. „Potter. Deine Abhandlung zur heutigen Unterrichtseinheit würde ich mir zu gerne ansehen.“, säuselte er mit falscher Liebenswürdigkeit, einer ganz neuen Masche des Schreckens auf Latschen. „Gib sie mir!“, fügte er dann mit gewohnt befehlender Stimme an. Harry tat widerstandslos, was von ihm verlangt wurde, während ihm eine Gänsehaut über den Rücken rieselte, die eindeutig von der ungewohnten Liebenswürdigkeit kam, die Snape fast noch uneinschätzbarer erscheinen ließ als ohnehin schon, und übergab ihm das Pergament. Eine Rolle von vier Ellen Länge. Nicht zu verachten. Dann ging er, ohne ein weiteres Kommentar oder einen Gruß zu hinterlassen. Snape trat an seinen Schreibtisch. Dort lagen zwei Schalen mit Blutbeeren. Die eine mit frischen, rotvioletten Früchten gefüllt, die andere mit trocknen, fast schwarzen. Er hatte es also trotz zusätzlicher Arbeit geschafft. Beeindruckend. Doch noch lange kein Grund, ihn zu mögen, wie er sich selbst bestätigte. Blieb nur die Frage, weshalb sich Draco Malfoy dafür interessierte, was Potter trieb. Gab es dafür einen besonderen Anlass oder suchte er nur eine Möglichkeit über einen seiner Fehler zu spotten? Allerdings würde das nicht zu dem Verhalten am letzten Freitag passen. Da hatte der Slytherin für ein solches Ziel einfach zu… neutral ausgesehen. Ein hauchdünnes Lächeln machte sich auf seinem blassen Gesicht breit. Nun, er würde das beobachten. Das könnte durchaus interessant werden. An diesem Nachmittag kam Hedwig mit einem Brief von Sirius. Seit fast einer Woche war sie unterwegs gewesen und Harry hatte sich schon Sorgen gemacht, dass ihr etwas passiert sein könnte, doch nun war sie wieder da und immer noch genauso munter wie zuvor. Vielleicht sogar noch ein wenig munterer. Als sie jedenfalls Kikuileh bemerkte, die friedlich auf Harrys Schulter saß, wurde sie plötzlich ganz aufgeregt. Sie flatterte auf, nur um auf seinem reflexartig gestreckten Arm wieder zu landen, Schuhute leise und knabberte zärtlich an seinen Fingern. Harry streichelte sie verwirrt. Was war denn los mit ihr? Hatte etwa Heimweh? Hatte sie vielleicht etwas Schlimmes erlebt? War sie krank? Ihr Gefieder war eigentlich genauso gepflegt und glatt wie immer, aber was war sonst? „Ron, sieh sie dir mal an. Ist sie verletzt?“, fragte Harry besorgt und streckte sie dem Freund entgegen. Der sah ihn an. „Weshalb sollte ich? Ist was passiert?“ „Sie ist so komisch…“ „Die hat nichts. Das ist Eifersucht.“, kam der wenig interessierte Kommentar von Hermione von hinter Ron und einem Buch. Ihr Freund blinkte. „Eifersucht? Warum denn? Auf wen?“ Doch ganz so begriffsstutzig wie er war Harry nicht. Er begriff. „Sie ist doch nicht auf Kikuileh eifersüchtig?!“ „Doch.“ „Woher willst du das wissen?“, fragte Ron wie vor den Kopf geschlagen. „Sie wirft ihr ständig Blicke zu. Wahrscheinlich hat sie Angst, dass Harry sie durch ein anderes Haustier ersetzen könnte.“ Harry begann zu lächeln. Er hob den Arm etwas, bis sie mit ihm auf Augenhöhe war, und drückte ihr die Nase ins Halsgefieder. In diesem Moment bewies er, dass er sie liebte und dass er ihr vertraute, denn Ohren, Augen, Hals, alles könnte sie problemlos angreifen. „Wie kommst du nur auf solche Ideen?“, murmelte er in ihr Gefieder. „Wir sind doch Freunde, oder?“ Hedwig gab einen leisen Laut von sich und knabberte an seinen Haaren, zog leicht daran. Wenn das so war, dann war es ja gut. Kein Grund zur Sorge. Schließlich nahm ihr Harry den Brief vom Bein --- mit einer Hand und ohne etwas zu sehen gar keine leichte Aufgabe --- und reichte ihn Ron. „Liest du ihn mir vor?“ Der Rotschopf nahm ihn entgegen, brach das Siegel und begann zu lesen. „Hallo, Harry. Ich habe von Ron vor einigen Wochen einen Brief bekommen, in dem er mir von deiner rätselhaften Erblindung geschrieben hat. Ich habe auf einen ähnlichen von dir gehofft, aber ich glaube, es wird wohl keiner kommen. Wie geht es dir? Wie kommst du zurecht? Gibt es Probleme? Gibt es wirklich keine Aussicht auf Heilung? Ich will alles wissen, auch über die Alpträume, die dich nachts heimsuchen. Schreibe mir. Grüße, Sirius.“ Als Ron schließlich geendet hatte, sah er auf und direkt in ein wütend verzerrtes Gesicht. Sofort meldete sich sein schlechtes Gewissen. „Äh, Harry… ich…“ „Was hast du ihm alles geschrieben?“, fragte dieser gepresst. „Er scheint ja wirklich alles zu wissen!“ Ron wurde ganz klein. „Ich dachte, da er dein Pate ist, würde es ihn interessieren, dass es dir nicht gut geht…“, piepste er eingeschüchtert von Harrys Wut. Er hatte ihn schon oft wütend gesehen und wusste, zu was er in solchen Fällen im Stande war. Außerdem hatte er ein mieses Gefühl, so hinter Harrys Rücken gehandelt zu haben und dabei auch noch erwischt worden zu sein. Natürlich hatte er es zu seinem Besten getan, aber das rechtfertigte es nicht, dass er ihn in dieser Entscheidung übergangen hatte. Und Harry war wirklich sauer. „Es gab einen Grund, warum ich ihm nichts gesagt habe!“, schrie er. „Einen guten! Warum respektierst du es nicht, wenn ich eine Entscheidung treffe?“ Hedwig verzog sich. Sie wollte nicht der Prellbock zwischen den beiden sein. Das sollten die mal schön unter sich ausmachen. Und Hermione stand zerknirsch daneben, hatte sie sich genau diese Maßnahme doch auch schon einmal überlegt. Wie gut, dass sie es nicht getan hatte. „Harry, ich dachte nur, er hätte vielleicht eine Ahnung, wie man dir helfen kann! Er würde doch alles tun, damit es dir…“ „UND GENAU DA LIEGT DAS PROBLEM, RON!“, brüllte Harry außer sich, so dass sich Hermione genötigt fühlte, einen Silenciumzauber um sie herum zu wirken. Musste ja nicht jeder wissen, warum sie sich stritten. „Er täte alles! ALLES, VERDAMMT! Er tut alles und bringt sich damit in Gefahr! Wenn ihn die Dementoren erwischen, ist es aus! DANN IST ER TOT!“ „Harry, ich…“ „Mein Traum ist es, mit ihm zusammen zu leben.“, murmelte er leiser, ballte hilflos die Hände zu Fäusten. „Wenn er tot ist, dann kann ich das vergessen! Und so wie ich ihn kenne, wird er alles riskieren!“ Er war den Tränen nahe. Eigentlich wollte er nur hier weg. Ron hatte ihn enttäuscht und er fühlte sich völlig hilflos, denn jetzt noch zu sagen, es ginge ihm hervorragend, wäre eine dreiste Lüge, die er Sirius nicht antun wollte. Um es genau zu nehmen: Er fühlte sich absolut erbärmlich gerade. „Verdammt!“ Und im nächsten Moment drehte er sich um und floh. Floh vor seinen zerknirschten, ihn mitleidig betrachtenden Freunden. Das konnte er im Moment gar nicht gebrauchen! Er hasste es, hatte es satt! Es sollte aufhören! Er wollte, dass es wieder so war wie früher! So wie vor dem Trimagischen Turnier! Er wollte, dass alles in Ordnung war, dass Diggory noch lebte und dass sein größtes Problem darin bestand, dass er sich nicht traute, Cho Chang zu fragen, ob sie mit ihm zum Ball ging! War es denn zuviel verlangt, ein normales Leben führen zu wollen? Er spürte, dass er die Tränen nicht länger zurückhalten konnte und verschwand mit Kikuilehs Hilfe im nächst besten Klassenraum. Zum Glück waren sie um diese Uhrzeit alle leer. Kurz horchte er, um ganz sicher zu sein, dass auch Peeves nicht da war, bevor er die mentalen Blockaden brechen ließ. Er war die Anstrengungen leid, sich immer zu verstellen. Nur wollte er in Anwesenheit anderer nicht weinen, vor allem nicht aus solch einem dämlichen Grund wie Selbstverachtung. In der hintersten Ecke des Raumes, im Schatten unter dem Fenster setzte er sich auf den Boden. Hier war er von zwei Seiten her geschützt, hier fühlte er sich einigermaßen sicher und gestützt. Wie viel Halt einem doch zwei einfache Wände geben konnten. Dann ging die Tür auf. Harry zog resignierend die Beine an den Körper, schlang die Arme um die Knie und versteckte sein Gesicht in der entstehenden Kuhle. Er machte sich so klein wie möglich, damit ihn der Eintretende nicht bemerkte. Warum hatte man nur nirgends seine Ruhe? Und was wollte der Störenfried überhaupt hier? Um die Uhrzeit verschwendete doch niemand seine Zeit in einem Klassenraum, wenn draußen die Sonne schien. Die Person setzte sich in Bewegung und im nächsten Moment wusste Harry, um wen es sich handelte. Der Rhythmus der Schritte war eindeutig der von Malfoy. Und er kam direkt auf ihn zu! „Na, Potter? Bist du einsam?“, fragte er mit höhnender Stimme. Harry rührte sich nicht, obwohl es ihm auf der Zunge brannte, dass man zum Einsamsein alleine sein müsste, auch wenn es noch so wenig der Wahrheit entsprach. Und dann setzte sich dieser Kerl auch noch neben ihn! Was wollte der von ihm? So wie er im Moment aussah, verheult und rot im Gesicht, so durfte Malfoy ihn unter gar keinen Umständen sehen! Das würde sein Ende bedeuten, das Ende seines ohnehin schlechten Rufes! Und um das nicht heraufzubeschwören verharrte er regungslos, im Rücken eine Wand, rechts eine Wand, links Malfoy, eingekesselt und ohne Möglichkeit zur Flucht. … Es war beruhigend. Malfoy schwieg die ganze Zeit, lachte nicht und machte auch sonst keine hämischen Bemerkungen. Er sah ihn nicht einmal an, war einfach nur da. Es war richtig angenehm, seine Nähe zu spüren… Lange saßen sie schweigend beieinander, längst waren Harrys Tränen versiegt, doch noch immer rührte er sich nicht. Bis Malfoy plötzlich fragte: „Wie kommt es eigentlich, dass du immer den Starken gibst, wenn du unter Leuten bist, aber kaum bist du alleine, wirkst du völlig leer.“ Er spielte auf den Turm an, den sie gemeinsam entdeckt hatten, Harry wusste das. Er hatte auch dort verzweifelt und Malfoy hatte es gesehen. Aber es war doch interessant, dass ihm das überhaupt aufgefallen war. Das wussten doch nicht einmal Mione und Ron und die waren seit vier Jahren seine Freunde und nahezu ständigen Begleiter. Wie lange und wie intensiv beobachtete er ihn eigentlich? „Und jetzt heulst du sogar.“ Er hatte es also doch gemerkt. Das war sein Ende. Harry ließ die Luft aus seinen Lungen. Das war ja so klar gewesen. „Was ist der Grund für dieses Versteckspiel? Laufen Kinder wie du nicht sonst immer sofort zu ihren Eltern und heulen sich bei denen aus?“ Seine Stimme war ruhig, sachlich, keine Spur von Aggressivität oder Hohn, nur ehrliches Interesse. So kam es Harry zumindest vor. Und es brachte ihn zum Nachdenken. Ja. Wie kam das? Dass er keine Eltern mehr hatte, zählte nicht, denn es gab immer Ersatz. Aber er hatte es trotzdem immer vermieden, vor anderen zu weinen. Immer. Wenn es doch mal passiert war, gab es dafür einen wirklich triftigen, schwerwiegenden Grund. Der Nervenzusammenbruch bei Dumbledore war einer dieser Gründe gewesen. Nur, warum? „Ich glaube, das liegt daran, dass man mich nie beachtet hat, wenn ich weinte.“, murmelte er leise. Es klang tonlos, als wüsste er gar nicht, dass er laut sprach. „Für Fehler wurde ich in einen Schrank gesperrt. Weinen oder Schreien half nicht, zählte wahrscheinlich eher noch zu diesen Fehlern.“ Draco sah ihn an. Er hatte auf diese Frage gar keine Antwort erwartet. Sie war ihm einfach nur so rausgerutscht und er hätte sich dafür am liebsten auf die Lippe gebissen, aber das, was er nun zu hören bekam… „Klingt nicht nach dem Leben, was sie dir andichten.“ Wenn man von einem Helden hörte, dachte man unwillkürlich an ein rauschendes Leben und eine immerzu perfekte Umgebung, was ihm auch sein Vater ständig gepredigt hatte. Dazu gehörten Freunde, Eltern und Verwandte, die einen liebten, genauso dazu wie Reichtum und Ansehen. Realistisch betrachtet waren Harrys Eltern tot, von Reichtum war nicht wirklich etwas zu sehen und der Ruhm… Der war mit Voldemorts Auferstehung den Bach runter gegangen. Draco musste zugeben, dass er darüber bisher nie nachgedacht hatte, aber jetzt sah er klar. Harry war nichts weiter als ein Junge, der in seinem Leben wohl nie viel hatte und trotzdem alles verlor. Sein Zuhause jedenfalls schien die Hölle zu sein. Schlimmer als seins. „Ich habe nie gesagt, dass es so wäre.“ Draco nickte. Das stimmte. Harry hatte nur nie gesagt, dass es nicht so war. Das hatten er und die anderen einfach angenommen, kurzsichtig wie sie waren. Sie verfielen beide wieder in Schweigen, bis Draco durch Zufall einen Blick auf seine Uhr warf. „Die Abendbrotzeit ist fast vorbei.“, stellte er fest. „Ich habe keinen Hunger.“, kam Harrys tonlose Antwort. Überhaupt hatte er, seit er hier saß, nicht einen emotionsgeladenen Satz von sich gegeben. Er sah nicht nur so aus, er klang auch ausgebrannt. „Aber du kannst ruhig gehen. Du bist mir nicht verpflichtet.“ Dann herrschte abermals Schweigen. Draco blieb sitzen, wo er war, und keiner der beiden hielt es für nötig, das zu kommentieren oder zu erklären. Für Draco wäre es auch nicht unbedingt einfach, Harry zu sagen, weshalb er hier war, schließlich konnte er nicht einfach sagen, dass er in seiner Nähe sein wollte und das hier für eine perfekte Gelegenheit hielt. Auch wenn es der Wahrheit entsprach, würde Harry es wohl nicht glauben. Dazu war es einfach zu abwegig. „Ich glaube, ich bin einfach nicht dafür geschaffen, glücklich zu werden.“, begann Harry plötzlich wieder und Draco sah ihn erschrocken an, weil er mal wieder einfach nicht damit gerechnet hatte, dass der andere etwas sagen würde. Und überhaupt, wie kam er denn jetzt darauf? „Ständig mischen sich die Leute in mein Leben ein. Sie tun das, wovon sie glauben, es wäre das Beste für mich. Meine Eltern angefangen. Sie wollten einen Zauber, um mich in Sicherheit zu wissen und mir eine unbeschwerte Jugend zu garantieren, doch anstatt ihrem Gefühl zu vertrauen und Sirius zum Geheimnishüter zu machen, wählten sie Wurmschwanz, der es prompt an Voldemort verriet. Sehr Vorteilhaft für mich. Jetzt sind sie tot und ich allein. Soviel zur unbeschwerten Jugend.“ Er seufzte, hob den Kopf und lehnte ihn gegen die Wand hinter sich. „Dumbledore glaubte und glaubt noch, dass die Dursleys das Beste für mich wären. Sie hassen mich und sperrten mich mein halbes Leben in einen Schrank unter der Treppe. … Das Ministerium dachte, es wäre besser, ich wüsste nichts von der Gefahr, die von Black ausgeht. Stattdessen lassen sie mich im Trüben fischen und machen mir das Leben damit unnötig schwer und brachten mich in Gefahr durch diese dämlichen Dementoren, die sie ihm zuliebe geschickt haben. Sie waren auch der Meinung, es wäre für mich nicht wichtig, dass er mein Pate ist. Ignoranten. Sie hatten Unrecht. Sirius ist nett. … Aber auch Sirius denkt, die Dursleys wären das Beste, was mir passieren konnte, und wir könnten erst zusammenziehen, wenn alles vorbei und er vollständig rehabilitiert ist. Schwachsinn, wenn du mich fragst. Wenn es vorbei ist, ist er tot, weil er sich für mich verausgabt und geopfert hat. Wieder wollte er nur das Beste für mich und wird damit das komplette Gegenteil erreichen.“ Er begann zu lächeln. „Meine Freunde denken, es sei nötig, mich mit Samthandschuhen anzufassen, mir alle möglichen Dinge zu verheimlichen, die mich aufregen könnten oder mir meine jetzige Situation richtig darlegen würden. Und gleichzeitig wollen sie dafür sorgen, dass ich mich nicht vernachlässigt fühle. Sie gehen mir auf die Nerven. Schließlich haben sie besseres zu tun, als mich zu bewachen. … Meine Lehrer denken, es wäre das Beste für mich, mich im Hintergrund zu halten und meine Kräfte nicht übertrieben zu präsentieren. Ich sehe es ja ein, aber dass ich deshalb im Unterricht gar nicht mehr zaubern soll, halte ich für übertrieben.“ Letztendlich grinste er direkt in Dracos Richtung. „Und Voldemort und dein Vater sind der Meinung, das Beste, was passieren könnte, wäre, dass ich sang- und klanglos sterbe. Und ich muss zugeben, dass das seit einiger Zeit ein wirklich verführerischer Gedanke ist, aber zustimmen kann ich trotzdem nicht, denn bevor ich sterbe, werde ich Voldemort vernichten.“ Das Grinsen wurde breiter, dabei aber auch merklich kühler, als er nach einer kurzen Pause anfügte: „Aber warum erzähle ich das eigentlich ausgerechnet dir?“ Die Frage schreckte Draco aus seinen Gedanken hoch. Fassungslos hatte er Harrys Beichte gelauscht, hatte es kaum glauben können. Es war wie eine Offenbarung gewesen. Harry hatte ihm sein Leben und seine Wünsche offen dargelegt, hatte sich dabei selbst ohne mit der Wimper zu zucken ans Messer geliefert. Und die Frage hatte ihn förmlich vom Stuhl gefegt. Er wusste keine Antwort darauf. Er konnte es sich auch nicht erklären, warum er es ihm erzählt hatte, ausgerechnet ihm, wo sie doch Feinde waren! Außer Harry hätte bemerkt, dass er ihm nichts Böses mehr wollte. Aber das war wohl kaum der Fall. Es schien eher so, als hätte der Schwarzhaarige vergessen, dass er mit ihm sprach. Wahrscheinlich war er so voll mit diesen Gedanken gewesen, dass es einfach rausgesprudelt war, ohne Rücksicht auf Verluste. Doch Harry erwartete offensichtlich nicht wirklich eine Antwort. Es war passiert. Dagegen konnte man jetzt auch nichts mehr machen. Er schien es leicht zu nehmen, da er einfach weiter sprach. „Ich hab Hermione gefragt, wer der beste Schüler nach ihr wäre.“, begann er seufzend und richtete das Gesicht wieder gen Decke, ohne noch weiter auf seinen Fehler einzugehen. „Und ihre Antwort lautete in etwa: ‚Da gibt es einige, die das Kriterium erfüllen, das du dir erhoffst, aber, auch wenn ich es nicht gerne zugebe, wahrscheinlich ist es Malfoy.’“ Er verstummte. Und Draco war starr vor Staunen. Das hatte Granger wirklich über ihn gesagt? Dass er nach ihr der beste sei? Obwohl sie eine Gryffindor war? Das war doch nicht möglich. In seinem Haus hätte man auf jeden Fall einen der ihren benannt, anstatt zuzugeben, dass es noch bessere in anderen Häusern gab, aber in Gryffindor war man in dieser Hinsicht wohl etwas objektiver. Dann fiel ihm auf, was Harry ihm versteckt übermittelt hatte. Welches Kriterium erhoffte er sich? War es am Ende gar kein gut verpacktes Kompliment gewesen, sondern eine Beleidigung? „Was meinst du?“, fragte er mit zusammengekniffenen Augen. „Sei nicht so misstrauisch! Sie meinte das ernst.“, grummelte Harry über seinen bissigen Tonfall. „Und ich denke, sie hat Recht. Du kennst eine Menge Sprüche, die in Hogwarts nicht gelehrt werden, oder? Dein Vater hat dir doch sicher einige beigebracht, bevor du hierher kamst.“ Der blonde Slytherin schnappte nach Luft. Darum ging es? Um das Beherrschen nicht gelehrter Zaubersprüche? „Du kannst es nicht abstreiten. Du hast es mir bereits bewiesen.“ „Wann soll das gewesen sein?“ Harry lächelte milde. „Serpensortia. Der Spruch, der unsichtbar macht.“, gab er die Beweise preis. Draco schwieg. Harry hatte es also erkannt. „Und, was willst du jetzt von mir? Willst du mich an Dumbledore verraten?“ „Bring sie mir bei!“ Ihm fiel die Kinnlade runter. „WAS?“ „Wie bitte.“ „Hä?“ „Der Anstand schreibt ‚Wie bitte’ vor. ‚Was’ ist was für kleine Kinder. Ich möchte deine Zauber lernen!“ Okay, die Chance, dass er von Malfoy etwas anderes bekam als Spott, war gering, aber er konnte es ja zumindest versuchen. Und er klammerte sich irgendwie an die Hoffnung, die dieser ihm im Turm vermittelt hatte, nämlich, dass er ihn nicht mehr wirklich hasste, dass er ihm helfen wollte und sei es nur seiner Blindheit wegen. Draco konnte es noch immer nicht fassen. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Sein Vater würde ihn umbringen, wenn er Harry die Zauber beibrachte, die er ihn für dessen Vernichtung gelehrt hatte. Andererseits… Er wollte Harry eh nicht töten, dazu war er ihm inzwischen zu wichtig, und dem Dunklen Lord würde er sich wohl auch nicht mehr anschließen. Nicht nach der Session auf dem Friedhof. Er hatte sich dafür entschieden, auf die andere Seite zu wechseln. Vielleicht… vielleicht war das der beste Weg, die ersten Schritte in diese Richtung zu tun. Und trotzdem… „Warum?“ Harry begann wieder zu lächeln. „Ich will stärker werden. Sie nennen mich einen Versager. Das will ich nicht.“ Es war nur die halbe Wahrheit, das konnte Draco deutlich spüren, aber diese Hälfte konnte er verstehen. Er selbst war auch stolz, vielleicht sogar noch mehr als Harry. Es war nur verständlich, wenn er seine Würde dadurch bewahren wollte, indem er stärker wurde. Er konnte es ja erst einmal mit leichten, relativ unwichtigen Zaubern versuchen und sehen, ob es was brachte, dann konnte er immer noch anders entscheiden. Außerdem gab es ihm eine Möglichkeit, jetzt noch ein wenig bei ihm zu bleiben. Deswegen war er ja schließlich gekommen, nicht? „Also gut.“, erklärte er sich bereit und stand auf. „Ich zeige dir, wie man sich unsichtbar macht. Aber du solltest wissen, dass du nur für den nicht sichtbar bist, der dich nicht an dem Ort vermutet, an dem du dich befindest. Alle anderen können dich sehen.“ Harry nickte und rappelte sich ebenfalls hoch. „Also dann. Du bewegst den Zauberstab hoch, dann runter und sagst: Exvisibli!“ Wieder nickte Harry, zog den eigenen Zauberstab aus dem Ärmel und tat, was Malfoy beschrieben hatte. Anschließend richtete er die Spitze auf seine Handfläche. Augenblicklich fühlte er, wie der Zauber über ihn fegte, ihn ausfüllte. „Und, hat es gewirkt?“, fragte er. Draco verdrehte die Augen. „Du hast nicht zugehört. Ich weiß, wo du stehst, also sehe ich dich auch!“ „Oh.“ Der Schwarzhaarige löschte den Zauber wieder. „Dann mach die Augen zu. Ich versuche es noch einmal.“ Seufzend drehte sich Draco um und schloss die Augen. War das kindisch. Hätte er sich nur nicht darauf eingelassen. Natürlich könnte er einfach gehen, doch ein Malfoy stand zu seinem Wort. Er würde es ihm beibringen. Bis Harry den Zauber kannte oder von sich aus aufgab, würde er bleiben. Dann hörte er plötzlich von schräg vor sich ein leises Flüstern. Er öffnete seine Augen schlagartig und erblickte Harry, der nur wenige Schritte vor ihm stand. Wie war er denn dahin gekommen? Er hatte ihn gar nicht gehört! „Ich sehe dich noch.“, bekannte er, seine Verblüffung gekonnt versteckend. Harry seufzte. „Lass es mich noch einmal versuchen.“, bat er. „Vielleicht funktioniert der Zauber einfach nicht.“ Draco war genervt. Ihm ging es gegen den Strich, dass Harry plötzlich so selbstsicher in seiner Gegenwart war. Was hatte sich geändert? Befand Harry vielleicht, dass er keine Gefahr mehr darstellte, oder war er einfach der Meinung, dass es schlimmer eh nicht mehr werden konnte, da er ihm sowieso schon alle seine Geheimnisse anvertraut hatte? Außerdem funktionierte der Zauber sehr wohl. Er hatte das kurze Blinken gesehen, das die Stelle bezeichnete, in der der Zauber einschlug. Es war ein sicheres Zeichen. Niemand da draußen würde Harry sehen können, wenn er sich unauffällig genug verhielt. Gerade wollte er sagen, dass er genug hatte, als Harry leise einen Zauber sprach, der nicht Exvisibli war. Im nächsten Moment öffnete er den Mund und schien zu brüllen. Es war nichts mehr zu hören. Verblüffende Idee, Exvisibli mit einem Stillzauber zu koppeln. Plötzlich bereitwillig schloss er abermals die Augen. „Diesen Zauber bringst du mir bei!“, erklärte er. „Das ist nur gerecht.“ Es kam keine Antwort. Draco öffnete die Augen wieder. „Potter?“ Er drehte sich im Kreis. Es war niemand zu sehen. Dann ertönte plötzlich Lachen. „Das ist toll!“, rief der Gryffindor ausgelassen und materialisierte sich im nächsten Augenblick rechts neben ihm. „Schade, dass ich dein Gesicht nicht sehen konnte. Kikuileh sagt, es war unbezahlbar!“ Unwillig murrte Draco. Musste er sich das gefallen lassen? Eigentlich war das ganz weit unter seiner Würde. „Bring mir diesen Silencium bei!“, forderte er verbissen. Harry lachte und nickte. Er kam zu ihm, griff selbstsicher nach seiner Hand und führte sie in einer bestimmten Weise, wie Hermione es vor kurzem noch bei ihm getan hatte. Draco wurde heiß. Das war zu nah! „Es ist ein schwerer Zauber, sagt Hermione, aber du müsstest es eigentlich schaffen.“ Harry schien es gar nicht zu bemerkten. Er war so sehr darauf aus, sich zu revanchieren, dass er gar nichts merkte. Verzweifelt versuchte Draco sich darauf zu konzentrieren, was er zu tun hatte, doch viel Erfolg hatte er nicht gerade. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, in seinen Ohren puckerte das Blut und die Stellen, an denen Harry ihn berührte, sandten prickelnde Schauer über seinen Rücken. Er sehnte sich nach mehr, wollte Harry… „Lass mich los!“ Es war ein Kurzschlussreflex, eine Art Selbstverteidigung, dass er sich plötzlich losriss und auf Abstand ging. Wut war aus seiner Stimme herauszuhören, tiefe Abneigung. Antrainiert, nicht echt, aber das konnte Harry ja nicht wissen. Der Schwarzhaarige jedenfalls sah irritiert aus. „Kannst du den Zauber jetzt?“ Wie süß. Er verstand es nicht, versuchte logisch zu bleiben und wirkte doch so naiv dabei. Gefährlich naiv. Mit solchen Leuten konnte man machen, was man wollte, wenn man es richtig anstellte. Man konnte sie auch… Draco wich einen Schritt zurück. Schlechter Gedanke. Sehr, sehr schlechter Gedanke. Er musste hier weg und zwar gleich. Jetzt, auf der Stelle! Ein letzter Blick auf Harrys verständnisloses Gesicht, dann fuhr er herum und verließ fluchtartig den Raum. Was war nur mit ihm los? Was war das gerade passiert? Sein Körper spielte jetzt noch verrückt! Seine Hand kribbelte, als würden Ameisen darüber laufen. Es fühlte sich ja schon irgendwie angenehm an, aber… noch nie zuvor hatte jemand so ein Gefühl bei ihm ausgelöst. Er lief durch die Gänge, eine Treppe hinauf, eine hinab. Plötzlich war Pansy Parkinson da, wollte ihn aufhalten, um mit ihm zu reden, doch er schüttelte sie unwirsch ab, versteckte seine Hand alberner Weise in einer Falte seines Umhangs, als würde sie ihn verraten, wenn sie sie sah. Er flüchtete eine Treppe hinauf, die die Richtung änderte, und plötzlich befand er sich auf dem Gang, in dem das Bad der Vertrauensschüler lag. Atemlos rief er der Tür neben der Statue von Boris dem Bekloppten, der immer noch seine vertauschten Handschuhe anhimmelte, das Passwort zu, sie öffnete sich und Draco schlüpfte hinein. Niemand war da. Was war da nur gerade mit ihm passiert? Das hatte er ja noch nie erlebt! Zwar hatte er schon öfters mit jemandem geflirtet oder war auf Avancen eingegangen, aber… Warum machte sein Körper plötzlich solche Zicken? Noch immer schlug sein Herz wie ein Vorschlaghammer gegen seine Brust. Er sank zu Boden und verriegelte die Tür magisch. Nicht einmal mit Passwort würde jetzt noch jemand hereinkommen können. Harry wäre wohl begeistert von einem solchen Spruch, wo ihn doch sogar der simple Exvisibli hatte begeistern können. Er würde ihn wohl solange bedrängen, bis er ihm beibrachte, wie er zu wirken war. Um stärker zu werden, wie er sagte. Ein Lachen entrang sich seiner Kehle, verebbte wieder, wurde zu trockenem Schluchzen und schließlich zu einem stillen Lächeln. Ja. Harry würde sich freuen. Wie ein Kind, dem man einen Lolli schenkte. Sein Gesicht würde zu leuchten beginnen und er würde lächeln. Wahrscheinlich würde er vor lauter Dankbarkeit noch einmal versuchen, ihm diesen Silenciumzauber beizubringen, würde ihn noch einmal so leicht an der Hand berühren… Draco ertappte sich dabei, wie er verträumt über seinen Handrücken strich, dem Gefühl, dem leichten Prickeln, nachspürte. Er wünschte sich plötzlich, dass er nicht weggelaufen wäre, vielleicht könnte er Harrys Wärme dann jetzt immer noch fühlen. Das wäre schön… Es war schon irgendwie eigenartig. Vor einer Woche noch waren sie Feinde gewesen und heute erzählte ihm Harry seine Probleme. Wusste er denn nicht, dass er sich damit in Gefahr begab? Schließlich konnte er ihn problemlos an den Dunklen Lord verraten, indem er gegenüber seinem Vater ein einziges Wort fallen ließ. Nicht dass er das vorhatte, aber trotzdem. Es war ihm möglich. Was bezweckte Harry also damit? Draco konnte es sich nicht erklären. Er wusste nur, dass ihm der Gedanke gefiel. Harry hasste ihn nicht mehr. Nicht wirklich. Er bat ihn sogar um Hilfe. Oder hatte er sich einfach aufgegeben? Wollte er vielleicht genau das erreichen? Dass Draco ihn verriet, damit er an Voldemort herankam und die Todesser ausschalten konnte? Aber das würde Draco nie zulassen. Er würde nicht erlauben, dass Harry in sein Unglück rannte und starb, sich für nichts und wieder nicht opferte. Auf seinem Gesicht breitete sich ein überirdisch breites Lächeln aus, als er erneut über die Finger seiner rechten Hand strich. Er würde sich dieses Gefühl bewahren, denn ab heute würde er trotz dieses Vorsatzes alles dafür tun, dass ihm das nie wieder passierte. Er würde nie wieder die Kontrolle über seinen Köper verlieren! Und wenn das hieß, dass er Harry meiden musste. Pflege magischer Geschöpfe -------------------------- Titel: Pflege magischer Geschöpfe Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 12: Pflege magischer Geschöpfe Der Dienstag begann mit einer Leichtigkeit, die Harry seit Beendigung der zweiten Prüfung des Trimagischen Turniers nicht mehr im Herzen verspürt hatte. Er hatte richtig gute Laune, grüßte mit einer Stimmlage, dass die Nachtigall im Hof eifersüchtig werden konnte, und brachte damit Ron völlig durcheinander. Was war nur los mit dem Jungen, der lebt? Seit wann war er so wechsellaunig? An einem Tag stocksauer, am nächsten ausgelassen... Er verstand die Welt nicht mehr. Und auch Hagrid war gutgelaunt, als sie nach dem Frühstück zu ihm kamen. Sie waren die ersten und ein paar Minuten zu früh. "Na, Harry? Ron? Mione? Alles okee?", empfing er sie mit seinem Schmetterbass von Stimme und einem enthusiastischen Schulterklopfen. "Hab gehört, 's läuft wieder besser für dich?" Harry grinste. Klar tat es das. Kikuileh war seine Rettung gewesen und die Sorge des Halbriesen völlig unbegründet. Schließlich war das nicht die erste Situation, die er meisterte. Er hatte Erfahrung mit Schwierigkeiten! "Hagrid?", lenkte nun Hermione ihrer beider Aufmerksamkeit auf sich und blinzelte den Mann mit dem Buschebart und der Filzmähne mit liebreizendem Augenaufschlag an. "Was hast du für dieses Schuljahr geplant?" Der Wildhüter lachte und seine käferschwarzen Augen funkelten. "Is ne Überraschung.", zwinkerte er verschwörerisch. "Hab ne Menge Zusagen von Freunden bekommen. Werdet begeistert sein!" Rons Blick grenzte an Verzweiflung, als er mit zitternder Stimme ein "Das freut mich aber!" rauspresste. Wenn Hagrid von irgendwelchen Tieren begeistert war, waren sie hundertprozentig gefährlich! Harry lachte. Ihn konnte heute nichts beeindrucken. Dazu ging es ihm einfach zu gut. Dachte er jedenfalls. Keine zwei Minuten später kamen die anderen Schüler und Hagrid hieß sie mitkommen, begann damit offiziell den Unterricht. Schwatzend und lachend und lärmend folgten ihm die Fünftklässler, bis er sie plötzlich zur Ruhe verdammte. "Sie mögen es nicht, wenn zuviel Lärm ist. Geschrei macht sie aggressiv!", lautete seine Erklärung. Und so folgten sie ihm schweigend, einige mit einem flauen Gefühl in der Magengrube, andere jetzt schon blass um die Nase in fürchterlicher Vorahnung. Hagrids Gemüt war allgemein bekannt. Schon betraten sie den Verbotenen Wald und man konnte es regelrecht spüren, wie Hagrid die Vorfreude packte. "Müssen jetzt ganz leise sein, er wird uns schon wittern!" Harry lief eine Gänsehaut über den Rücken und ihm fiel auf, dass Hagrid sich nicht im Geringsten für die kleine Fee in seiner Brusttasche interessierte. Sie war ihm wohl zu harmlos. Aber es freute ihn irgendwie, dass der Halbriese sein Selbstbewusstsein wieder gefunden hatte, nachdem Lucius Malfoy es ihm im dritten Schuljahr auf so brutale Weise genommen hatte. Es machte den Unterricht interessanter... Vor ihnen öffnete sich eine Lichtung, die von einem einfachen Lattenzaun umgrenzt war. Eine einzelne Gestalt stand dort im Schatten einer alten Steineiche. Sie war seltsam unförmig und grotesk, aber eindeutig menschlicher Natur. Noch einmal legte Hagrid den Finger auf die Lippen, bevor er träumerisch zu lächeln begann. "Hier ist er nun, der Minotaurus. Ist er nicht unglaublich schön?" Erschrockenes Ächzen von allen Seiten. Ein Minotaurus! Das musste ja so kommen. Das war ja so typisch Hagrid! Wieso musste es ausgerechnet ein Menschenfresser sein? Und dennoch war Harry ein wenig enttäuscht, weil er ihn nicht sehen konnte. Kikuileh beschrieb ihm, wie der riesenhafte, stierköpfige Kerl aus den Schatten trat und er hörte die leisen, nervösen Geräusche der anderen Schüler, aber was sollte er schon sagen? Er konnte es nicht beurteilen. Es musste jedenfalls einfach nur grandios aussehen, wie die frühe Morgensonne seine Gestalt plötzlich erhellte. Seine roten Augen mussten vor Angriffslust wahrhaft leuchten bei ihrem Anblick. Seine Klassenkameraden jedenfalls wichen ängstlich ächzend zurück. Harry nicht. Unbeeindruckt blieb er stehen. Er konnte nicht sehen, wie Furcht erregend er war, wieso also sollte er sich fürchten? "Harry, schön, dass du keine Angst hast!", lobte ihn Hagrid überglücklich und trat hinter ihn. "Wenn du willst, geh zu ihm. Er tut dir nichts. Du darfst ihn nur nicht reizen!" Der Schwarzhaarige war keineswegs begeistert von dieser in seinen Augen wahnwitzigen Idee, aber was sollte er tun? Hagrid würde sich freuen und er hatte keine Lust, ihn zu enttäuschen. Außerdem hatte er durch so eine Aktion schon einmal einen Freund gewonnen... Achselzuckend machte er also einen Schritt vorwärts, als plötzlich von hinter ihm Malfoys schmierende Stimme ertönte. "Na, Potter, wieder auf Ruhmeszug?", höhnte der Blonde schneidend. Harry spürte sein Lächeln gefrieren. Wieso? Hatte er etwas verpasst? Hatte er vielleicht etwas falsch gemacht? Wieso war Malfoy plötzlich wieder so fies zu ihm? War gestern nicht das Eis zwischen ihnen wenigstens etwas geschmolzen? Irgendwie tat das weh. "Eigentlich nicht.", antwortete er betont freundlich, die angehende Enttäuschung gut versteckend. "Aber vielleicht solltest du mitkommen, damit du ganz sicher sein kannst." "Vielleicht sollte ich das tatsächlich tun." Er kam leise lachend auf ihn zu. "Schließlich kann ich nicht zulassen, dass du mich übertriffst! Das wäre eine Schande!" Wie versteinert grinste Harry in seine Richtung. Es war ein großer Fehler gewesen, Malfoy gestern alles zu erzählen. Er hätte nicht auf seine plötzliche Hilfsbereitschaft hereinfallen sollen, sich nicht von ihm blenden lassen sollen. Höchstwahrscheinlich wussten es bereits alle, kannten seine inneren Dämonen und seine Wünsche... Er war verloren! Bei diesem Gedanken wurde das steinerne Lächeln ein wenig eisig, blieb aber erhalten. "Also los, ihr Zwei!" Hagrid schien sich nicht daran zu stören, dass Malfoy ihn begleiten wollte; es schien ihn im Gegenteil ziemlich zu freuen, dass noch jemand seine neuste Präsentation so sehr zu schätzen wusste, dass er sich ihr freiwillig näherte. "Vorsicht! Am besten haltet ihr euch bereit. Müsst vielleicht nen Schutzzauber sprechen, wenn er euch nich mag." Harry verdrehte verdrossen die Augen. War das eine nette Aussicht. Er war dabei, mit Malfoy, der Ratte, die schamlos sein Vertrauen missbraucht hatte, in die Höhle des Löwen... das Territorium des Minotaurus zu gehen. Na, vielen Dank auch. Gemeinsam gingen sie vorwärts, beide still und angespannt, beide mit den Zauberstäben in den Händen. Harry spürte eine beklemmende Unsicherheit in sich, doch ließ er sich von Kikuileh leiten, die ihm versicherte, dass keine Gefahr bestand. Er glaubte ihr. Warum sollte sie ihn auch belügen? Er kam an den Zaun und duckte sich unter der hölzernen Latte hindurch. Das war doch völlig lachhaft. Dieser Zaun konnte weder ihn daran hindern, hineinzugehen, noch konnte er den Stiermenschen im Falle eines Falles aufhalten. Er war ein Witz. Hinter sich hörte er, wie Malfoy über den Zaun flankte, als wäre er ein Superstar. Es wirkte hervorragend. Bewundernde Rufe der Mädchen und auch von ein paar Jungen wurden laut und Harry seufzte. War es Schicksal, dass er mit einem eingebildeten Idioten in den Tod lief? In dem Moment ertönte ein wütendes Grollen und sowohl Harry als auch Draco erstarrten in ihren Bewegungen. Die Klasse hielt den Atem an. Hagrid war sofort auf dem Sprung bereit, um im Notfall eingreifen zu können. "Super, Malfoy.", zischte Harry zwischen zusammengepressten Zähnen hindurch. "Eine bessere Möglichkeit ihn zu reizen, ist dir wohl nicht eingefallen, oder?" "Was soll das, Potter? Warum schiebst du mir die Schuld in die Schuhe? Du gehst doch so provozierend furchtlos auf ihn zu, dass er es nur als Bedrohung auffassen kann!" Harry schwieg. War das die Wahrheit? Wirkte er wirklich so todesmutig? So... bescheuert verwegen? Doch zum weiteren Nachdenken über diese Frage blieb ihm keine Zeit. Schon brüllte der Minotaurus auf, warf den Kopf in den Nacken und stürmte vornüber gebeugt, die Hörner waagerecht zum Boden, auf sie zu. Kikuileh schrie auf und Harry riss den Zauberstab hoch, errichtete eine Energiebarriere, um sich vor dem Angriff zu schützen, während Draco sich nach rechts flüchtete und einfach auswich. Der Minotaurus krachte in Harrys Schild, so dass der Schwarzhaarige zurückgeschleudert wurde und der Schildfluch erlosch. Sofort war Hagrid da, packte ihn bei den Hörnern und brüllte, sie sollten das Gatter verlassen. Er verstummte in der nächsten Sekunde schlagartig, als das Monster ihn mit voller Wucht gegen einen moosigen Felsen donnerte. Doch es ließ von ihm ab, konzentrierte sich stattdessen auf Draco, der statt zu flüchten wie gebannt auf das Geschehen vor sich sah, in Kampfposition ging, als er ihn auf sich zupreschen sah, wie sie es in Verteidigung gegen die dunklen Künste gelernt hatte. Er würde seinen Mann stehen. Ohne jede Frage! Der Minotaurus schnaubte, brüllte und stürmte auf ihn los... Er erreichte Draco nicht. Kikuileh hatte die Gefahr, die sich nun bot, erkannt, stieß sich von Harrys Schulter ab, bei dem sie sich gerade noch nach dessen Befinden erkundigt hatte, und flog auf den wild tobenden Stiermenschen zu. Harry bemerkte es zu spät. Er stand auf, verlor die Orientierung, wurde unsicher und bekam Angst. Flüsternd, mit belegter, heiserer Stimme rief er nach der Fee. Hatte sie ihn im Stich gelassen? Jetzt, wo er sie so dringend brauchte? Dann hörte er in seinem Kopf eine leise, helle Melodie, die stetig anschwoll. Sie klang freundlich und vielleicht ein wenig melancholisch. Seine Knie wurden weich und gaben unter ihm nach und kraftlos plumpste er zu Boden. Die Stimme in seinem Kopf wurde lauter, trauriger. Und es wurde immer mehr. Gefühle schlugen über ihm zusammen, schnürten ihm die Kehle zu, drohten ihn zu ersticken. So unendlich traurig! Es zerbrach ihm das Herz, ihr zu lauschen. Irgendwie musste er das doch unterbinden! Verzweifelt hielt er sich die Ohren zu, presste Augen und Mund zusammen, doch er konnte sie nicht aussperren. Es war, als wäre die Stimme in seinem Kopf! Er begann zu weinen, immer noch wurde die Melodie lauter, herzzerreißend. Er würde das nicht mehr lange aushalten! Er würde daran zerbrechen, wenn das nicht aufhörte! Verzweifelt schüttelte er den Kopf, um alles abzuschütteln, da wurde es unerträglich. Er riss die Augen auf und begann zu schreien. Er schrie, was seine Stimmbänder hergaben, schrie, bis ihm die Luft ausging, schrie immer noch weiter. Dann war es vorbei. Es wurde alles dumpf, dunkel, still. "Harry?" Die Stimme kam ihm vage vertraut vor. "Hey, Harry! Wach endlich wieder auf!" Nein, das wollte er nicht. Er fühlte sich gut, so wie es war. So schön schwerelos. Als wäre er in Watte gepackt. Das wäre doch traurig, wenn es enden würde. "Harry!" War sie wirklich so verzweifelt, dass sie weinen musste? Das tat ihm Leid. Sie sollte nicht weinen müssen. Schon gar nicht wegen ihm! "Wach auf!" War das etwa der Grund, warum sie weinte? Wenn das alles war... "Nicht weinen, Mione.", hauchte er und schlug die Augen auf. Es blieb alles schwarz. Ach ja, das hatte er ganz vergessen. Seine Augen funktionierten ja nicht richtig. Tja, dann hätte er sie auch genauso gut zulassen können. "Harry! Harry! Wie fühlst du dich?" "Gut." Das war die Wahrheit. Er fühlte sich großartig. Noch immer als schwebe er auf einer Wolke aus rosa Zuckerwatte. "Warum fragst du?" "Was ist mit dir? Du bist zusammengeklappt!", rief Ron von rechts neben ihm. "Red nicht so, als ob nichts wäre!" "Zusammengeklappt? Ehrlich?" Dumpf drangen die Erinnerungen durch den Nebel in seinem Kopf, lichteten ihn etwas. Da war Trauer, Schmerz, unendliche Liebe, zuviel zum Aufnehmen. Hatte er von früher geträumt? Von seiner Mum? Und davon, wie Voldemort sie umgebracht und ihm diese Narbe zugefügt hatte? Da war Liebe im Spiel gewesen. Liebe, Trauer und sehr viel Schmerz. "Ja. Irgendwie..." Er setzte sich ungelenk auf. Und im nächsten Augenblick hing ihm Hermione schluchzend um den Hals. "Er hat Hagrid verletzt!", weinte sie, während ihre Finger sich in seinen Umhang krallten. "Er bewegt sich nicht mehr!" "Was?!" Sofort war Harry hellwach. Plötzlich erinnerte er sich an alles. Soweit er es mitbekommen hatte, jedenfalls. "Dean ist los und holt Hilfe.", gab Ron zur Auskunft, doch Harry nahm es nicht zur Kenntnis. "Kikuileh!", rief er. "Kikuileh!" Hermione ließ ihn los und holte tief und zitternd Luft. "Sie schläft. Wir konnten sie nicht wecken. Sie ist zu erschöpft.", sagte sie immer noch schniefend. Immerhin versuchte sie, sich zusammenzureißen. "Sie schläft? Vor Erschöpfung?" Nicken. "Was ist denn passiert?" "Malfoy wollte gegen den Minotaurus kämpfen, da ist sie plötzlich angeschossen und hat sich auf seinen Kopf gesetzt. Er hat versucht, sie abzuschütteln, doch sie hielt sich fest. Sie hat ihn abgelenkt, damit Malfoy verschwinden konnte.", drang Seamus Stimme zu ihnen. Der Junge saß ein wenig entfernt, hatte die Knie angezogen und das Kinn darauf gestützt. Er klang irgendwie nachdenklich. "Sie hat ihn mit ihrem Gesang beruhigt." "Mit Gesang?" Harry erinnerte sich an die todtraurige Stimme in seinem Kopf nur allzu gut. Noch jetzt tat ihm alles weh bei dem Gedanken daran. "Es war einfach wunderbar!", erzählte Hermione auf einmal mit schwärmendem Tonfall. Von der vorherigen Angst war kaum noch etwas zu hören. "Sie traf die Töne perfekt! Wie die Arie einer Liebestragödie!" "Also..." Sie hatte das schön gefunden? Makaberer Geschmack... "Hast du das etwa nicht gehört?", fragte Ron ungläubig. "Du hörst doch sonst immer alles!" "Ich... doch, aber..." "Und dann hast du plötzlich zu schreien begonnen.", spann Seamus den Faden weiter, beachtete die anderen gar nicht. Von Ferne wurden jetzt aufgeregte Stimmen laut, doch es kümmerte den Rotblonden nicht weiter. "Du warst wie besessen, hast gar nicht mehr aufgehört. Und dann bist du zusammengebrochen. Einfach hinten übergekippt." "Die meisten sind geflohen, die anderen konnten sich nicht mal rühren!" "Sie hat eine unglaubliche Macht.", murmelte Seamus wieder, noch leiser diesmal als zuvor, warf einen Blick auf die schlafende Fee in Harrys Hand. Die Stimmen kamen näher. Dean und McGonagall allen voran, dahinter noch etwa drei Lehrer und Madam Pomfrey. Snape war auch dabei, stellte Harry fest. Er spürte den alt vertrauten Blick auf sich, kalt, erbarmungslos durchleuchtend. Uh, dabei war der Giftmischer doch noch so weit entfernt... "Ron, hilf mir mal hoch!" Sofort tat ihm der Rotschopf den Gefallen. "Ich muss zu Hagrid." Ron erstarrte, rührte sich plötzlich nicht mehr. "Das würde ich nicht tun." "Du sagtest, er bewegt sich nicht mehr!", fuhr Harry auf. "Ich will wissen, wie es ihm geht!" Angst lag tief versteckt in seiner Stimme. "Es ist wirklich kein schöner Anblick." "Ron! Ich kann es eh nicht sehen! Ich bin blind!", schrie Harry verzweifelt. "Hast du das vergessen? Bring mich zu ihm! Ich... ich..." Der jüngste Weasley-Sohn schwieg, aber dennoch nahm er ihn am Arm und führte ihn zu dem Halbriesen, der immer noch am gleichen Felsen lag. Blut lief über seinen Hinterkopf, sein Bein stand in unnatürlichem Winkel ab. Doch das Einzige, das Harry wahrnahm, war das röchelnde Atmen. Er kannte dieses Geräusch. Er hatte es schon gehört. Als Diggory starb. Und auch, wenn dieser es nur einmal hatte hören lassen, es war das gleiche Geräusch! Hagrid würde sterben! Harry begann zu zittern. Er riss sich von Ron los und fiel neben seinem riesenhaften Freund auf die Knie. Fahrig tastete er über den massigen Leib, suchte den Herzschlag, den Puls, irgendetwas. Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er wollte zaubern, ihm helfen, suchte seinen Zauberstab, doch er wurde gepackt und fortgezerrt. Er wehrte sich heftig, wollte bei Hagrid bleiben, sich nicht von ihm trennen lassen, doch der andere war stärker. Wer wollte ihn da von Hagrid trennen? Wer tat ihm das an? "Lass mich los! Ich will nicht! Nein!" Er konnte sich selbst nicht hören, doch das bemerkte er nicht. Ein Ruck ließ seine Schulter knacken, doch das beachtete er nicht. "Ich will bei ihm bleiben!", schrie er. Leicht berührte ihn Dumbledores Zauberstab an der Schläfe und er sackte in sich zusammen. "Er darf nicht ster..." Dann verlor das Bewusstsein. Ron und Hermione starrten ihren Schulleiter angstvoll an, als dieser Harry auf die Arme nahm. Harrys Gebaren war für sie völlig befremdlich, machte ihnen Angst. Nie zuvor hatte Harry sich Dumbledore oder einem anderen Lehrer dermaßen widersetzt. Es hatte fast so ausgesehen, als hätte er nicht einmal mitbekommen, dass der weißhaarige Mann überhaupt da war. "Was ist mit ihm?", wollte das braunhaarige Mädchen mit zitternder Stimme wissen. "Er ist doch nicht..?" Doch Dumbledore lächelte nur milde, sein Gesicht nichts sagend wie immer. "Es ist jetzt in Ordnung. Alles, was er braucht, ist ein wenig Ruhe." Damit drehte sich der Weißhaarige um und ging zu der kleinen Gruppe Schüler hinüber, die wie Seamus nicht fähig waren, sich zu rühren. "Kommen Sie bitte mit mir.", sprach er sie an und sie erhoben sich wie in Trance und folgten ihm, Ron und Hermione hinterher. Das Mädchen packte Ron an der Hand und lief nach vorne zu Dumbledore. "Professor! Was ist mit ihnen? Warum sind sie so?" Wieder lächelte der alte Mann. Er wirkte fast vergnügt. "Das liegt an ihr hier.", erklärte er leise und blickte unter seinen Halbmondgläsern hindurch auf Kikuileh, die jetzt in einer von Harrys Mantelfalten schlummerte. Es war ein Wunder, dass der Schwarzhaarige sie bei seinem Kampf gegen Dumbledore nicht fallen gelassen hatte. "Sie haben das Feenlied gehört." "Das haben wir auch!", ereiferte sich Hermione. "Ich schätze, dass ihr und auch die anderen, die geflohen sind, diese von ihr vermittelten Gefühle anders aufgefasst habt. Normalerweise verstärkt das Feenlied Gefühle aller Art. Menschen, die fröhlich sind, werden durch den Klang des Liedes ausgelassen, Menschen, die Angst haben, werden panisch, Menschen, die traurig sind, versinken in einer Art Melancholie und wissen das meistens nicht einmal." "Sie sind in einem Stimmungstief?" Hermione sah zweifelnd zu den ihnen folgenden Schülern hinüber. Sie wirkten irgendwie schon ziemlich neben sich. "Es ist nicht schlimm. Sie werden es überwinden." "Und was ist mit Harry? Warum hat er so geschrieen?", meldete sich endlich Ron. Dumbledore lächelte ihn an. "Das, Mr Weasley, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich war ja nicht dabei. Ich weiß nur, was darüber in den Büchern steht." Er brachte Harry und die anderen Schüler auf die Krankenstation und ließ sie sich ins Bett legen. Mme Pomfrey würde sich um sie kümmern, sobald sie wieder da war, und solange wurden sie von Sechst- und Siebtklässlern betreut, die sich eine Berufskarriere in diese Richtung vorstellten. Hermione und Ron schickte er zu denen, die geflüchtet waren, damit sie sie in einem der Klassenräume versammelten. Sie brauchten fast eine Stunde, um alle zu finden. Parkinson und ihre beste Freundin Zabini hatten sich auf dem Qudditchfeld verschanzt. Doch als alle zusammen waren, war Dumbledore wie aus dem Nichts da, ganz plötzlich. Er stellte sich vor die Klasse und breitete beschwörend die Arme aus, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. "Ich kann wirklich gut nachvollziehen, wie Sie sich jetzt wohl fühlen mögen, nach diesem schrecklichen Erlebnis, aber..." Draco war an dieser Ansprache nicht wirklich interessiert. Er lehnte ganz hinten an der Wand und war wütend. Als einer der wenigen, die nicht geflohen waren, hatte er mitbekommen, wie der Minotaurus fiel. Genauso wie er mitbekommen hatte, wie Harry schrie. Er hatte ausgesehen, als ob er Schmerzen verspürte, als ob er... den Cruciatusfluch abbekommen hätte. In diesem Moment hätte wirklich nicht viel gefehlt und er wäre zu ihm gelaufen, um zu sehen, wie es ihm ging, um ihm zu helfen. Glücklicherweise waren dieses Wiesel und Granger schneller gewesen. Er hätte sich dort komplett zum Affen gemacht! Jetzt im Nachhinein begriff er zumindest eins: Er würde für Harry alles machen! Wirklich alles! Und das gefiel ihm gar nicht. Das durfte nicht sein. Er musste das unbedingt unterbinden! Und zwar so schnell wie möglich! Die einfachste Möglichkeit war wohl, Harry dazu zu bringen, ihn wieder zu hassen. Wenn Harry ihn hasste, würde es auch für ihn leichter werden, seine wahren Gefühle zu verstecken, denn dann nahm keiner von ihnen mehr Rücksicht und ihr Streit würde sich hochschaukeln wie Wellen bei einem Sturm. "Professor Hagrid wird in der nächsten Zeit nicht unterrichten können.", antwortete Dumbledore gerade auf eine Frage von Dean. "Ich werde mich schnellstmöglich um Ersatz bemühen." Wen interessierte das schon? Wen interessierte schon Hagrid? Dieser tollpatschige Idiot hatte doch nichts anderes verdient! So ein Monstrum auf eine Klasse loszulassen! Hatte er aus dem Vorfall mit dem verrückten Hippogreif denn nichts gelernt? Gegen seinen Willen flackerte in seinen Erinnerung das Bild von Harry auf, der wie wild versucht hatte, sich von Dumbledore loszureißen, um zu dem Halbriesen zu gelangen. Er hatte tatsächlich gegen den Schulleiter gekämpft! Seit wann war Harry so respektlos? Aber es hatte ihm gefallen. Vielleicht war Harry ja doch nicht der Musterschüler, für den ihn alle hielten. Immerhin hatte er schon zweimal das Gegenteil bewiesen... Es war leise um ihn herum. Totenstill. Kein Geräusch war zu hören, nirgendwo, obwohl er angestrengt lauschte. "Hallo?" Es blieb still und Harry bekam ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Das war doch nicht normal! "Ist da jemand?" Langsam setzte er sich auf. Er saß in einem weichen, warmen Bett. Wieso? Was war denn passiert? Und wo war er hier? Gerade eben hatten sie doch noch Unterricht gehabt. Oder hatte er das nur geträumt und jetzt verschlafen? Anders konnte es eigentlich nicht sein, denn im Raum war außer ihm niemand. Er erinnerte sich noch an Malfoys Unterricht. Er hatte einen neuen Zauber von ihm gelernt. Wenigstens glaubte er das. ... Vielleicht war das ja auch nur ein Traum gewesen. Was den Gedanken, der sich ihm bei der Erinnerung aufdrängte, nicht minder wichtig machte. Für solche Zauber, wo man unbedingt verhindern musste, dass jemand einen hörte, sollte man wirklich Magie nutzen können, ohne Worte zu gebrauchen. Ob Hermione ihm das beibringen konnte? Er konnte sich schwach an eine Szene erinnern, wo sie darüber geredet hatte, dass sie sich schon wahnsinnig darauf freute, das im sechsten Schuljahr endlich zu lernen. Doch diese Frage löste sein Problem noch nicht. Wo war er hier? Das war nicht sein Bett. Es war ein anderes. Der Stoff fühlte sich ganz anders an und roch auch ganz anders. Und in diesem Fall blieb eigentlich nur die Krankenstation. Was wiederum die Frage aufwarf, was er hier machte. Er war nicht krank. Wo war überhaupt Kikuileh? Sie könnte ihm gewiss sagen, ob er richtig lag. Er tastete über sein Kopfkissen, wo sie zu schlafen pflegte, und fand sie dort. Sie schlief wie ein Stein. Zu schade. Dann hörte er näher kommende Schritte und Stimmen. Zwei Menschen, die zu streiten schienen. Einer von ihnen war Dumbledore. Nur, warum sollte sich Dumbledore mit jemandem streiten. Und worüber? Harry beschloss, dieser Sache auf den Grund zu gehen. Er legte sich wieder hin und stellte sich schlafend. Schon einige Sekunden später ging die Tür auf. "... haben! Sie können nicht zulassen, dass dieses Monster bei ihm bleibt! Es hat die halbe Klasse ausgeschaltet!" Oha, das war doch Professor McGonagall. Seit wann erhob sie gegen Dumbledores Entscheidungen das Wort? Sie stand doch sonst immer zuerst auf seiner Seite. Und von welchem Monster sprachen sie? Als Dumbledore ihr antwortete, war seine Stimme weich wie immer, doch seine Worte ließen Harry sich versteifen. "Aber, aber, Minerva. Die kleine Fee hat nur getan, was getan werden musste. Sie hat verhindert, dass wir durch diesen Minotaurus ein paar unserer besten Schüler und einen fähigen Lehrer verlieren!" Da war etwas mit einem Minotaurus gewesen... Heute Vormittag. Im Unterricht von Hagrid. Und er hatte... Harry fuhr hoch, wie von der Tarantel gestochen. "Was ist mit Hagrid?", rief er aufgeregt und besorgt. "Wie geht es ihm? Wo ist er? Lebt er noch?" Erschrocken über Harrys plötzliche Aktion sprang McGonagall fast einen halben Meter zurück, doch Dumbledore trat zu ihm hin, als hätte er es schon gewusst und erwartet. "Dank deiner kleinen Freundin ist er am Leben. Sie haben ihn nach St. Mungos gebracht. Er hat schwere innere Verletzungen davongetragen." Harry blickte verzweifelt in seine Richtung und spürte prompt das schon gewohnte Unbehagen. Also war nicht einmal Professor Dumbledore davor gefeit, wenn er ihm in die Augen sah. Doch jetzt war ihm das herzlich egal. "Wird er sterben?", fragte er zitternd und weinerlich. Irgendwie fühlte er sich schwach. Dumbledore nahm seine Hand und drückte sie sacht. "Wie könnte er mit Freunden wie dir, Mr Weasley und Miss Granger sterben? Nein, das würde er euch nicht antun wollen. Außerdem ist er robust. Er hält so einen Schlag schon mal aus." Man konnte das leise Lächeln auf den Lippen regelrecht hören, als er noch anfügte: "Er kommt durch, keine Sorge." Erleichtert ließ Harry sich wieder zurückfallen. "Ein Glück.", seufzte er. "Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn..." Er verstummte. Das Gefühl, der Gedanke daran, dass Hagrid hätte sterben können, war abscheulich und machte ihm Angst. Er fühlte Schmerz und Trauer, gut verborgen unter der Erleichterung. Der Schulleiter schmunzelte. Er hatte erlebt, was Harry tun würde und es war genau das gewesen, was er insgeheim erwartet hatte. "Ich konnte gar nichts tun.", murmelte Harry plötzlich leise. Professor McGonagall trat nun auch an sein Bett. "Wie auch. Sie konnten sich gerade so selbst verteidigen. Noch dazu konnten Sie ja nicht wissen, was passieren würde. Sie konnten die Situation nicht einschätzen, ohne..." Sie brach ab, wollte nicht aussprechen, was alle wussten und doch nicht ändern konnten. Aber Harry schnaubte nur. "Sie brauchen es nicht totzuschweigen! Ich weiß, dass ich blind bin! Aber das machte es nicht besser!" Dumbledore nickte. "Genau so ist es.", meinte er lächelnd. "Du konntest nichts tun, weil du blind bist. Aber deine Fee hat euch alle gerettet und sie ist nur wegen dir dort gewesen. Stell dir mal vor, was passiert wäre, wäre dieser Unfall bei den Ravenclaws passiert, die dich und diesen mächtigen Schutz nicht an ihrer Seite haben." Das klang ja so logisch, aber trotzdem... Zufrieden stellend war es nicht. Er war einfach zu schwach! "Fangen Sie nicht schon wieder damit an, Albus! Das Vieh muss weg! Es hat beinahe zehn Schüler in Depressionen gestürzt! Es muss vom Schulgelände entfernt werden!" "Was soll das bringen?", mischte sich Harry müde murmelnd ein und drehte den Kopf von ihr weg. "Im Schloss leben mindestens zwanzig von ihnen, ohne dass es je jemand bemerkt hat." Zustimmend nickte der Schulleiter, ganz offensichtlich froh und halb begeistert, dass er ein so triftiges Argument geliefert bekommen hatte. "Da hast du es, Minerva! Sie haben nie etwas Schlimmes getan. Und auch gestern hat eine von ihnen drei Menschenleben gerettet! Wir sollten uns bei ihr bedanken, anstatt sie zu verurteilen!" Die stattliche Dame schnaubte abfällig und rümpfte die schmale, gerade Nase, erwiderte aber nichts. "Und den Minotaurus schicken wir zurück in sein Reservat." "Das dürfen Sie nicht.", murmelte Harry, wieder völlig unerwartet, und erntete dafür gleich zwei verwirrte Blicke. Als keine Erklärung folgte, fragte Dumbledore nach. "Warum nicht, Harry?" Der weißhaarige Mann konnte sehen, dass Kikuileh erwacht war. Sie hatte sich hoch gerappelte und knuddelte nun Harrys sie kraulenden Finger ab. Überglücklich schmiegte sie sich an ihn, so dass es ihm schwer fiel, ein väterliches Lächeln zu unterdrücken. "Kikuileh sagt, er habe jetzt eine menschliche Seele. Unter anderen von seiner Sorte könnte er nicht mehr überleben, denn sie würden ihn dafür töten." Der Schulleiter nickte ernst. Das war ein gutes Argument, nur... "Wie meinst du das, er hat nun eine menschliche Seele?", hakte er neugierig nach. Im Grunde war das unmöglich. Ein Wesen bekam nicht ohne weiteres eine Seele, wenn seine Rasse im Normalfall keine hatte. Harry drehte sich wieder zu ihnen zurück, er sah müde und irgendwie erschöpft aus. Tonlos übermittelte er ihnen Kikuilehs Antwort. "Kikuileh hat seine menschliche Seite geweckt, damit sein Gewissen es ihm in Zukunft verbietet, Menschen zu töten oder anzugreifen." "Sie hat ihm eine Seele gegeben? Ein Gewissen?", fragte McGonagall ungläubig noch einmal nach. "Das ist ja... unfassbar!" "Sie wollte nur helfen. Ich werde sie nicht fortschicken deswegen. Wenn Sie das wollen, werde ich alles dafür tun, Sie daran zu hindern, selbst wenn ich dafür von der Schule fliegen würde." Noch immer war seine Stimme tonlos, doch das unterstrich seine Ernsthaftigkeit nur noch. Dumbledore lächelte wieder. Das war so typisch Harry. Für seine Freunde tat er alles, für sie setzte er sich kompromisslos ein. Wenn er zu einer Überzeugung gelangt war, verfolgte er alles, um zu erreichen, was er sich vorgenommen hatte, um seinen Traum zu beschützen. Seine Freunde gehörten seit jeher dazu. "Mach dir keine Sorgen.", beruhigte er den schwarzhaarigen Jungen. "Kikuileh darf natürlich bleiben. Ich habe die Hauselfen sogar darum gebeten, ihr ein kleines Bett zu besorgen, damit du sie nachts nicht aus Versehen zerquetscht." Erfreut erwiderte Harry das Lächeln. "Hast du das gehört?", wandte er sich an Kikuileh, die schon strahlend ihre Flügel ausgefahren hatte und zu Dumbledore hinauf flog, um ihn kräftig zu umarmen. Und da das Größenverhältnis diesem Ansinnen im Wege stand, nahm sie zu diesem Zweck einfach seine Nase. Und er lachte. "Ich fühle mich geehrt, dass eine Fee mir die Ehre erweist!", sagte er verschmitzt. "Und es freut mich sehr zu sehen, dass dir meine Idee so gefällt." Harry hielt sich wegen der folgenden Dankesrede die Ohren zu, obwohl er bereits wusste, dass das total sinnlos war. "Gefallen ist stark untertrieben!", ächzte er. "Sie ist überglücklich und gerührt und... Ah, Kikuileh, hör auf damit!" Ihm drohte der Schädel zu zerplatzen. Woher kamen nur diese Kopfschmerzen? Woher kam der Nebel in seinem Kopf, der sich wie Watte um seine Gedanken legte und sie träge werden ließ? "Professor Dumbledore hat es doch verstanden!" Sie jauchzte noch einmal, bevor sie zu Harry zurückkehrte und sich auf seine Brust setzte. Sie war glücklich. Dumbledore konnte es sehen. Und er konnte Harrys Müdigkeit sehen. Sein Zauber wirkte also noch. Es war sowieso komisch, dass Harry schon wach war. Eigentlich hätte er die Nacht noch durchschlafen sollen. Harry schien eine unglaubliche Magieresistenz zu besitzen. "Schlaf noch ein bisschen, Harry.", sagte er und drückte die warme Hand des Jungen erneut. "Es kann dir nur gut tun." Lächelnd schloss dieser seine Augen, zog die Decke bis unters Kinn, was Kikuileh ein erschrockenes Quietschen entlockte, da sie unter dem Stoff begraben wurde, doch nur wenig später kroch sie darunter hervor und legte sich in Harrys Halskuhle, wo sie sich zufrieden zusammenrollte. Der Schulleiter schmunzelte erneut, als er das neuste Mitglied seiner großen Familie betrachtete. Sie war wirklich ein außergewöhnlich süßes Ding. Kaum zu fassen, dass es auch solche Feen gab. Die, von denen er gelesen hatte, waren allesamt hochnäsig und arrogant gewesen. Und er hatte weiß Gott viele Bücher gelesen, eins von seinem höchsteigenen Idol Goderic Gryffindor persönlich geschrieben. ****************++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Oha, jetzt bin ich Hagrid erstmal los. Sorry an alle, die ihn mögen, aber das musste einfach sein. Es war mir ein inneres Bedürfnis... Äh und... nächstes Kapitel ist bisher mein liebstes, denn da wird es lustig... Natürlich wird es besser und ich schreibe es bis zum Ende, weil mir ein hervorragend herzzerreißendes Ende eingefallen ist... aber bis es soweit ist, dass ich den Anschluss an die Vorschrift wieder finde... Ich rede zuviel. Sagt mir einfach, ob es euch gefallen hat. Und ich würde zu gerne wissen, was für ein Ende ihr euch wünscht. Ich werde nichts ändern an meinen Plänen, es ist einfach nur Interesse, was ihr dahinein interpretiert... Ich werde diese Frage auch noch einmal stellen, damit ich sehen kann, inwieweit sich diese Erwartung und Vorstellung im Laufe der Geschichte ändern, wie ich euch damit beeinflussen kann, was ich wie schreibe... Also tut mir bitte den Gefallen und beantwortet mir diese Frage, ja? *ganz lieb guck* *schon im Voraus bedank* Ich will, dass du mich hasst!!! ------------------------------- Titel: Ich will, dass du mich hasst!!! Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 13: Ich will, dass du mich hasst!!! Als er das nächste Mal erwachte, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Obwohl… wenn er näher darüber nachdachte… Im Grunde fühlte er sich, als sei er aus dem Koma erwacht. Er wusste nicht, wo er war, was passiert war, wie er hergekommen war… Das war wirklich ein ätzendes Gefühl. Er setzte sich auf. „Harry! Du bist ja doch schon wach!“ „Und, hast du dich beruhigt?“ Hermione und Ron, sie waren da! „Dumbledore hat Entwarnung gegeben! Hagrid geht es soweit wieder gut! Soweit man das bei einem Beinbruch und sechs gebrochenen Rippen sagen kann.“ Harry hob den Kopf. „Wieso gebrochenes Bein? Bei dir haben sie das doch auch innerhalb von ein paar Tagen hingekriegt!“, spielte er auf Sirius Aktion an, Ron in ungünstigem Winkel durch ein kleines Loch in einem Baum zu zerren. „Das ist einen gute Frage…“ „Er ist ein Halbriese!“, warf Hermione ein, als müsse jeder sofort verstehen, was im Genauen das bedeutete. Ron und Harry verstanden es nicht. „Äh… ja. Und?“ Sie verdrehte die Augen ob dieser Unwissenheit. „Die Magieresistenz von Riesen ist enorm. Du kriegst sie nur mit extrem starken Sprüchen klein, wenn überhaupt.“ Doch der Rotschopf begriff immer noch nicht. „Aha. Sehr nützliche Info. Ich werde daran denken, wenn ich mal einem begegne.“ „Ron, ich glaube, sie will damit sagen, dass die Heilzauber, mit denen sie dich damals wieder hingeflickt haben, nicht wirken bei ihm. Er muss es auskurieren wie ein Muggel. Mit Warten!“ „Muggel… warten?“ „Oh, Ron, du solltest wirklich Muggelkunde belegen nächstes Jahr!“ „Bewahre, nein!“, ächzte der Weasley. „Unter gar keinen Umständen!“ „Hagrid wird also vorerst nicht wiederkommen…“, stellte Harry fest, ohne auf die kleine Kabbelei zwischen den beiden einzugehen. „Vielleicht schicken wir ihm eine Eule…“ „Gute Idee!“, rief Hermione begeistert. „Er wird sich sicher darüber freuen!“ Harry stand auf und während das Mädchen sich umdrehte, zog er sich an --- magisch natürlich. Dann gingen sie gemeinsam zum Frühstück, entspannt, doch kaum hatten sie die Halle betreten, stand auch schon Malfoy vor ihnen, wie immer flankiert von Crabbe und Goyle. Diesmal waren aber auch noch die beiden Mädchen Parkinson und Zabini dabei. „Na, bist du wieder aufgewacht?“ Unmerklich zuckte Harry zusammen, nur von Ron wahrgenommen, der ihn trotz Anwesenheit Kikuilehs führte. Sich sogleich seiner Pflichten als Freund bewusst werdend, versuchte dieser, ihn weiterzulotsen, ihn an Malfoy und Kohorte vorbeizulenken, ohne dass es einen Streit gab, denn er wusste, dass Harry keinen Wert darauf legte. Es blieb allerdings bei dem Versuch. Crabbe stellte sich ihnen in den Weg. „Wohin so eilig, Wieseljunge? Angst, dass Potters Glanz noch weiter Schaden nimmt?“ Fünfstimmiges, hämisches Lachen folgte auf Malfoys verbale Attacke, woraufhin Ron wütend knurrte. „Immerhin ist er nicht vor dem Minotaurus geflohen, du Ratte!“, fauchte er angriffslustig, was Hermione dazu brachte, ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter zu legen. Ron konnte es sich ihrer Meinung nach als Vertrauensschüler nicht leisten, hier einen Kampf anzuzetteln. Malfoy lachte wieder. Kalt und dreckig hallte es in ihn ihren Ohren wider. „Nein, er ist vor Angst gleich ohnmächtig geworden!“, höhnte er. Harry hatte den Kopf noch immer abweisend gesenkt, wollte er doch nicht mit ihm reden. Malfoy kannte seine Geheimnisse und er fürchtete, darauf angesprochen zu werden, denn das würde das Ende seines Rufes an dieser Schule bedeuten, soweit er überhaupt noch vorhanden war. Aber trotzdem trumpfte der Blonde damit nicht weiter auf. Das konnte nun zwei Dinge bedeuten: Erstens: Er wollte damit warten, bis er Harry richtig traf und damit den größtmöglichen Schaden erzielen; vielleicht erzählte er es ja der Kimmkorn. Und zweitens: Er würde Ehre beweisen und es nicht weitererzählen. Doch letzteres kam gar nicht in Frage. Verdammt, es handelte sich hier um Malfoy! Der kannte keine Ehre! Außer die seiner verfluchten Familie, was man kaum als Ehre bezeichnen konnte. Wieso sollte er mit solch brisanten Dingen hintern Berg halten? Allerdings blieb die Frage, ob seine Freunde es bereits wussten und nur von ihm dazu angehalten wurden, Stillschweigen zu bewahren, oder ob sie es noch nicht wussten und er es öffentlich verbreiten wollte. Im Falle letzterer Möglichkeit könnte er es noch verhindern, indem er ihm irgendwie drohte… vielleicht… Harry fuhr aus seinen Gedanken hoch, als Ron ihn losließ. ‚Gefahr!’, schoss es ihm durch den Kopf und er griff blind nach seinem Freund. Nur knapp erwischte er den Umhang und riss den tobenden Rotschopf zurück. „Ruhig, Ron!“, zischte er, während er seinen Arm umklammerte. „Der ist es nicht wert!“ „Hast du nicht gehört, was er gesagt hat? Diese verlauste Unke beleidigt Hagrid!“, wehrte sich Ron gegen den Griff, doch Harry ließ nicht locker. Er brachte sich zwischen Ron und Malfoy und begann zu grinsen. „Nein, hab nicht zugehört, aber vielleicht…“ Und er drehte sich zu dem Blonden und seinen Freunden herum. „… will er es ja wiederholen?“ Sein Grinsen war herausfordernd. Und Malfoy erwiderte es mit Freuden. Endlich reagierte er, sein Erzrivale und Lieblingsfeind! Endlich würde es zu einem Kampf zwischen ihnen kommen! „Ich sagte, unsere Vogelscheuche verdiene es, im Krankenhaus zu liegen! Wer ist schon so blöd und kämpft ohne Magie gegen einen Minotaurus?! Ach ja, ich vergaß, dass er ja keine Magie nutzen darf und im vierten Jahr geflogen ist…“ Das Grinsen wurde dreckig. „Hoffentlich kann man in St. Mungos wenigstens seine Blödheit auskurieren!“ Harrys Magen verkrampfte sich. Er konnte es kaum ertragen, solche Worte zu hören, konnte verstehen, dass Ron dem Mistkerl an den Kragen wollte, aber das war keine Option. Sie würden eine Strafe kriegen, die er momentan überhaupt nicht gebrauchen konnte, und das zu Recht. Schon wieder spürte er Snapes durchdringenden Blick auf sich, als wäre er eine beliebte Beute. In Flagranti würde er sich sicher nicht erwischen lassen. Darauf zielte Malfoy doch nur ab und Snape wartete doch nur darauf, ihm daraufhin eine Strafe zu verpassen, die ihn noch die nächsten drei Monate beschäftigte. Nein, so blöd war er nicht. Sein Gesicht erstarrte zur Maske, als er, noch immer lächelnd, aber mit wesentlich kälteren Augen, antwortete: „Es kann ja nicht jeder einen Hausarzt zu diesem Zweck haben.“ Damit griff er sich Ron und Hermione und wollte zu seinem Platz gehen, doch abermals wurden sie aufgehalten. „Du bist wirklich wieder in Form, Potter!“, zischte der Slytherinmusterschüler mit verengten Augen. „Gibt es irgendeinen Grund, dass du heute so mutig bist?“ Am liebsten wäre er einfach weitergegangen, aber die letzte Frage brauchte eine Antwort, für Malfoy, für ihn selbst... „Sieh es als Test.“, erwiderte er, dann ließen sie die kleine Gruppe stehen und begaben sich an ihren Tisch, um endlich zu frühstücken. Malfoy blieb wie erschlagen zurück. Ein Test? Was für ein Test? Wollte Harry etwa herausfinden, welches seiner Gesichter das wahre war? Wollte er wirklich ernsthaft tatsächlich andeuten, dass er nicht glaubte, dass er wirklich böse war? Nun gut, das… war er nicht. Nicht mehr. Aber er konnte durchaus ungehalten und fies werden, wenn man ihn verarschte! Was er nicht wissen konnte, war, dass Harry sich nur beweisen wollte, dass er vor potentiellen Feinden keine Angst hatte, dass er irgendwann auch Voldemort ungehemmt entgegentreten konnte. Doch so stachelte es Dracos Wut nur weiter an. Er hatte Recht gehabt. Provokation Harrys hatte zur Folge, dass es ihm leichter fiel, ihn zu hassen, seine persönlichen Gefühle zu unterdrücken. ‚Gut so.’, dachte er Fäuste ballend. Ein irres Glitzern legte sich in seine eisgrauen Augen, ließen sie unheimlich leuchten. „Wenn du es so haben willst… Gerne doch!“ Seine Freunde wechselten einen verhaltenen Blick, grinsten unsicher. Normalerweise war Draco nicht so… ungehalten, wenn er mal Contra geboten bekam, nicht mal wenn es um Harry ging. Das hier war richtig gruselig. Hoffentlich wusste der Blonde, was er tat… Draco wusste es genau. Und er wusste auch, dass er sein Vertrauensschülerabzeichen aufs Spiel setzte. Es war ihm herzlich egal. Hier ging es darum, Harry eins auszuwischen! Und darum, seine neu entdeckte, weichherzige Ader in einen tiefen Kerker in seinem Geist zu sperren, auf dass sie nie wieder herauskam und elendig verrottete. Dafür würde er alles tun! Mit einem bösen Grinsen der Vorfreude stand er kurz darauf in einem Gang und wartete. Wartete auf Harry, der hier auf seinem Weg zum Verwandlungsunterricht vorbeikommen würde. Er hatte einen Plan. Einen Plan, wie er diesem Kerl sein hochmütiges Grinsen aus dem Gesicht wischen konnte. Wie er sich darauf doch schon freute! Zwei Minuten später sah er ihn kommen. Sehr gut. Absolut klasse! Jetzt war die Zeit der Rache gekommen! Leise und mit einem Glitzern in den eisblauen Augen hob er den Zauberstab, flüsterte einige Worte und… Ohne etwas bemerkt zu haben, gingen die drei Unzertrennlichen an seinem Versteck vorbei und Draco stellte mit einem schadenfrohen Grinsen die beginnende Veränderung fest. Ja! Gelungen! Ein paar Schritte weiter musterten ihn unbemerkt und kritisch ein Paar rabenschwarzer, kalter, ausdruckloser Augen in einem unbewegten Gesicht. Was war denn das gewesen? Wenig später im Klassenraum sah sich Harry einer lachenden und versteckt kichernden Klasse gegenüber, kaum dass er eingetreten war, und sein Herz wurde schwer. Malfoy hatte also nicht den Mund gehalten. Wäre ja auch einfach zu schön gewesen. Wenigstens war diese unbeschreibliche Angst jetzt gebannt und lastete nicht mehr auf ihm. Resignation war an ihre Stelle getreten. Jetzt war auch schon alles egal. Sein Ruf war dahin. Er war der Lacher der ganzen Schule, das Weichei vom Dienst! Stoisch schaltete er seine Musik ein und verschränkte die Arme vor der Brust. ‚Scheiß Malfoy!’ In diesem Moment blickte Hermione zu ihm hin --- sie wollte ihm tröstend Mut zusprechen --- und erstarrte. Was sie sah, folterte ihre Lachmuskeln, doch sie wollte ihren Freund nicht auslachen. Sie wollte… Sprachlos tippte sie ihn an, deutete auf seine Haare. „Was ist?“, blaffte Harry sie an. Ihm war eher nach Heulen. Jetzt wusste also auch Hermione Bescheid! Das Schicksal musste ihn echt hassen! „Deine Haare…“, keuchte das braunhaarige Mädchen atemlos, sich das Lachen mit allen Mitteln der Kunst verkneifend. „Sie sind grün. Mit Gänseblümchen drin!“ Ron konnte vor lauter Selbstbeherrschung nicht ein Wort von sich geben. Hätte er auch nur versucht, etwas zu sagen, wäre er wohl in schallendes Gelächter ausgebrochen. Jetzt, bei Hermiones Worten, erst recht. Die Vorstellung war noch schlimmer als die Wahrheit! Harry glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Grün? Gänseblümchen? „Ist das ein Witz?“ In diesem Moment betrat McGonagall den Raum, stellte sich vor die Klasse und… Auch ihr Blick fiel fast sofort auf Harrys neue Frisur. Sie war ja auch auffällig genug. Doch komisch fand sie das ganz und gar nicht. „Mr Potter, was denken Sie, was Sie darstellen? Eine Wiese?“ Schallendes Gelächter brach los, ebbte sogleich wieder ab, als McGonagall ihren gefürchteten Killerblick durch die Reihen gleiten ließ, wurde zu verhaltenem Glucksen. Wiese… „Wiese, ja?“, fragte Harry sarkastisch. Mit einer wütend anmutenden Geste riss er den Zauberstab aus der Innenärmeltasche und richtete ihn auf sich selbst. „Retro Origo!“, fauchte er verbissen. Der Zauber traf ihn mit voller Wucht; wie auch am Wochenende hatte er viel zu viel Energie dahinter gesteckt, doch außer dass Harrys Haare nun voller und gesünder wirkten, hatte es keine Auswirkungen. ‚Diesmal!’, wie Hermione mit Besorgnis bemerkte. Sie hatte die übertriebene Kraft gespürt. Was, wenn ein solcher Spruch mal negative Auswirkungen hatte, aufgrund seiner äußeren Beschaffenheit? Was, wenn Harry sich oder andere damit gefährdete? McGonagall sagte jedoch nichts weiter dazu. Und während Harry schlechtgelaunt und heimlich unterm Tisch die von Hermione während des Frühstücks gezeigte Stummmagie probte, begann sie mit dem Unterricht. Immer noch ging es darum, Federn in Ratten zu verwandeln, denn mehr als die Hälfte der Schüler hatten das noch nicht hinbekommen. Ron gehörte dazu. Und um diejenigen zu beschäftigen, die es schon problemlos konnten, hatte die schwarzhaarige, gestrenge Lehrerin Tassen mitgebracht, die für den gleichen Zweck gedacht waren. Sie duldete keine Untätigkeit. Irgendwann hörte Harry auf damit, Stillzauber zu üben. Es war irgendwie langweilig, weil zu einfach. Zumindest die einfachen Zauber, die auch garantiert unbemerkt bleiben würden, waren einfach. Selbst der Tasse-Ratte-Spruch funktionierte beim sechsten Versuch stumm. Viel mehr beschäftigten ihn seine aus so unerfindlichen Gründen plötzlich grünen Haare. Wer hatte ihm diesen Streich gespielt? Und das auch noch, ohne dass er es überhaupt gemerkt hatte! Und je länger er das hin- und herdrehte, desto klarer wurde ihm, dass es nur Malfoy gewesen sein konnte. Er oder einer der Ravenclaws oder Hufflepuffs, die ihn wegen Diggory so sehr hassten. Aber eigentlich war es nicht ihr Stil, weil die Gefahr bestand, dass man von einem Lehrer beim Zaubern auf den Fluren erwischt wurde, was unweigerlich zur Strafe in Form von Strafarbeiten führte. Und wenn es auch nicht Malfoys Stil war, so war das doch wahrscheinlicher. Der war gerissen genug dazu. Malfoy traute er so einiges zu. ‚Wenn du es so haben willst… Gerne doch!’, klangen ihm die Worte des Slytherin in den Ohren nach. Besser er war wachsam. Und um eventuelle Unachtsamkeiten seinerseits auszuschließen, setzte er Kikuileh darauf an, Malfoy, sobald er in ihre Nähe kam, im Auge zu behalten und ihn über Verdächtigkeiten ins Bild zu setzen. An diesem Tag fielen Draco noch drei Möglichkeiten ein, Harry zu blamieren. Er verzauberte seine Kleidung in ein Dirndel, lackierte seine Fingernägel neonpink mit scharlachroten Punkten und er ließ ockergelbe Stacheln aus seinen Schultern sprießen, doch nichts von alledem war von langer Dauer. Seltsamerweise schien es Harry jedes Mal zu wissen, wenn er etwas in der Richtung tat, denn sobald er den Raum betrat, in dem Harry war, und sich darauf freute, richtig herzlich fies lachen zu können, war sein Zauber gelöscht und Harry saß Musik hörend im Kreis seiner Freunde. In Verteidigung gegen die dunklen Künste, beim Mittagessen und in Pflege magischer Geschöpfe, die wieder die schreckliche, Mädchen bevorzugende Frau aus ihrem dritten Jahr übernommen hatte. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum wusste er das? Und wenn er es wusste, woher? So schnell ließen sich diese Zauber nicht erkennen! Und bemerkt konnte er ihn auch nicht haben. Harry sprach ihn doch nicht einmal darauf an! Das würde er doch auf jeden Fall tun! Oder waren seine Zauber danebengegangen? Hatte er versagt? Böse zog Draco mit den Zähnen an der Haut des Daumennagels. Wie er Unwissenheit hasste! Aber gut. Wenn Zauber dieser Art nichts brachten, dann würde er eben einen anderen probieren! Dieser war nicht so leicht zu umgehen. Daran würde selbst Harry Potter scheitern! Harry war auf dem Weg in den Gryffindorturm. Er war zu spät dran, war es doch kurz vor der Sperrzeit, wie Malfoy es so passend betitelt hatte. Und er wollte Hermione und Ron nicht schon wieder Sorgen bereiten, nur um auch noch die letzten paar Minuten auszunutzen. Plötzlich meldete ihm Kikuileh, dass Malfoy sich in der Nähe befand, versteckt hinter einem Vorhang. Er spannte sich innerlich an vor Vorfreude. Welchen Zauber Malfoy ihm wohl diesmal präsentieren und unwissentlich lehren würde? Da! Schon beschrieb ihm Kikuileh, wie der Blonde den Zauberstab schwang, er hörte leise gemurmelte Worte, die er beinahe nicht verstand, dann spürte er plötzlich, wie seine Füße festwuchsen. Erschrocken blieb er stehen, wurde es doch kalt, verlor fast das Gleichgewicht, wäre beinahe gestürzt. Schmerz explodierte in seinen Fußsohlen, als sich Eiskristalle in seinen Adern bildeten, wanderte in die Knöchel. Panik machte sich in ihm breit. Er musste hier weg! So schnell wie möglich! Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, riss er seinen rechten Fuß in die Höhe, ließ Eisscherben splittern und durch die Luft fliegen, verfuhr mit dem anderen genauso. Sie waren taub vor Kälte. Beide. Und so humpelte er eher den Gang hinauf, als dass er ging, flüchtete. Nur fort von Malfoy! So schnell wie möglich! Bevor der noch so eine Attacke startete! Als er den Gryffindorgemeinschaftsraum ein paar Minuten später schließlich erreichte, war er unendlich froh darüber. Ausgehend von seinen erfrorenen Füßen breitete sich die Kälte immer weiter in seinem Körper aus, ließ ihn zittern. Er wollte nur noch ins warme, gemütliche Bett. Sonst nichts. Genau dies teilte er Ron dann auch mit, der ihn kommentarlos gehen ließ. Er schlief fast auf der Stelle ein, nicht eines Gedankens fähig. Es war gerade mal zehn Uhr. Und das machte sich dann auch am nächsten Morgen bemerkbar, als er gegen halb Sechs erwachte. Seine Füße schmerzten wie die Hölle. Das war doch nicht normal! Er zog die Decke weg, befühlte sie und sog scharf die Luft zwischen den Zähnen hindurch. Das tat weh! Verdammt weh! Vielleicht… vielleicht sollte er damit zu Mme Pomfrey gehen, damit sie ihm half und etwas gegen die Schmerzen tat. Ob das noch von gestern war? … höchstwahrscheinlich. Verdammter Malfoy! Er erhob sich, biss die Zähne zusammen. Er konnte kaum stehen vor Schmerzen, sie ließen ihn schwindeln. Verzweifelt schickte er einen Recipere, einen der Zauber, die Mme Pomfrey für seine Augen verwendet hatte, hinunter, doch er half nichts. Nicht mal ansatzweise. Vielleicht fehlte ihm der richtige Zauberstabschwung? Tja, dann musste er es halt so schaffen. Er zog sich an --- die Schuhe und Socken ließ er weg --- und weckte dann Kikuileh, bevor er zur Tür ging. Kurz bevor er sie öffnete, fiel ihm ein, dass Ron sich sicher Sorgen machen würde, wenn er erwachte und ihn nicht vorfand, also sollte er ihm wohl besser Bescheid sagen. Seufzend quälte er sich zurück, tippte den Rotschopf sacht an, dass dieser zu knurren begann. Harry lächelte verbissen. „Ich kann nicht mehr schlafen, Ron… Wir sehen uns beim Frühstück, ja?“ Noch nicht einmal gelogen. Mit diesen Schmerzen war Schlafen unmöglich. Ron knurrte zustimmend, drehte sich auf die andere Seite und schlief weiter, während sich Harry auf den mühevollen Weg zur Krankenstation machte. Mme Pomfrey war regelrecht entsetzt über das, was sie sah, nachdem sie ihr Missfallen über Harrys Weckangriff überwunden hatte. Harrys Füße waren blutig, aufgerissen und bläulich angelaufen. Selbst in den Schienbeinen waren noch Blutergüsse. „Das ist…“ Sie schluckte, fasste sich dann und ging kommentarlos in den Nebenraum, um passende Medikamente zu holen, nachdem sie ihn sich hatte setzen lassen. „Wieso sind Sie nicht gleich zu mir gekommen?“, haderte sie ungnädig, während sie einen silbernen Becher mit einem Trank füllte. „Das sieht aus, als sei es schon gestern irgendwann passiert!“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Gestern hat es nicht wehgetan.“, erklärte er leichthin. „Wieso, was ist denn damit?“ „Trinken Sie das und legen Sie sich hin!“, erwiderte die Medihexe übellaunig und drückte ihm den Becher in die Hand. „Es kann doch nicht sein, dass Sie nicht bemerken, wenn Sie bluten!“ Es blutete also. Harry hob die Augenbrauen. Interessante Neuigkeit. Dann musste ja auf dem ganzen Weg vom Gryffindorturm bis hierher eine Spur blutiger Fußabdrücke sein. Er kicherte. Wenn er sich die Schreckensschreie der Mädchen vorstellte… und Peeves Begeisterung… Mme Pomfrey ging nach einem abschätzigen Blick für das Kichern und er trank den Becher in einem Zug leer, lehnte sich dann mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes und versuchte, den üblen Geschmack zu ignorieren, den das Gebräu auf seiner Zunge hinterlassen hatte. Ihm war nicht nach Liegen. Gedankenverloren zog er seinen Zauberstab und füllte den Becher mit Eis. Algere ilico. Ein Spruch von Malfoy. Böse und schmerzhaft zugleich, doch darüber hinaus äußerst nützlich. Ein Paar kalter Augen beobachteten ihn dabei, sahen das verträumte, abwesende Lächeln und den vor lauter Eis überquellenden Becher mit Argwohn und Unglauben. Snape hatte dank des Ortungszaubers, den er über Harry verhängt hatte, mitbekommen, dass dieser seinen Schlafraum zu absolut untypischer Zeit verlassen hatte, und war ihm unbemerkt bis hierher gefolgt, immer der Bitte Dumbledores Folge leistend, ihn nicht entkommen zu lassen und auf ihn Acht zu geben. Jedes Anzeichen, dass er ausbüchsen wollte, um sich Voldemort zu stellen und in den Tod zu laufen, wurde von ihm äußerst ernst genommen, denn er traute Harry Potter durchaus eine solche Dummheit zu. Und nachdem er ihm sowohl samstags als auch sonntags irgendwie abhanden gekommen war und er ihn erst gegen Abend wieder gefunden hatte --- glücklicherweise nicht vom Dunklen Lord zerfetzt --- hatte er den Fluch über ihn verhängt, um jederzeit zu wissen, wo er war. Heute war er davon überzeugt gewesen, dass Potter verschwinden wollte, doch stattdessen… Er hatte sich sowieso schon gewundert, dass Potter gestern nicht schreiend zu Boden gegangen war, sondern, als wäre nichts gewesen, nach Hause gegangen war. Es war der einzige Grund, warum er Draco nicht bestraft hatte für seine hinterhältige Attacke; weil er gedacht hatte, sie hätte nicht gewirkt. So sehr er auch Sympathie für den blonden Jungen hegte, das ging zu weit. Auch Bevorzugung hatte seine Grenzen. Er würde die Bestrafung dafür nachholen. Die Frage war, woher Potter den Eiszauber kannte. Diese fiese Variante war eindeutig ein dunkler Zauber, den Draco wohl von seinem Vater gelernt hatte, doch dass er in einem der freigegebenen Bücher der Schule stand… das bezweifelte er. Wie also hatte Potter den Zauber erlernen können? Hatte er… Hatte vielleicht die Fee ihm geholfen, die gerade so fröhlich auf der Bettdecke tanzte? Hatte sie ihm den Spruch verraten? Nur, woher kannte sie ihn? Plötzlich ruckte Harrys Kopf zu ihm herum, die leeren, grünen Augen starrten direkt zu ihm hinüber, die Gesichtszüge angespannt. Die Fee flatterte auf, um sich auf seiner Schulter zu postieren, dann zierte ein undeutbares Lächeln des Jungen Züge. „Guten Morgen, Professor Snape.“, wünschte er, während er das bläulich schimmernde Wesen mit sachten Fingern kraulte. Aus seiner Stimme war nicht zu erkennen, wie er es meinte. Snape konnte nicht einmal sagen, ob es respektvoll war. „Darf man fragen, was Sie hier tun? Sie sehen nicht aus, als seien Sie krank?“ Snape schnaubte trocken. „Nein. Darfst du nicht.“ Aber seine Stimme klang nicht halb so böse wie gewohnt. Seit ein paar Tagen hatte er irgendwie Respekt vor dem Jungen und es fiel ihm zunehmend schwerer, ihn wie früher zu hassen. Zwischen ihm und seinem Vater hatten sich Unterschiede herausgebildet, die er durchaus als Positiv für Harry verbuchen konnte. Und angesichts seines Zustandes beschloss er, es dabei bewenden zu lassen. Oder besser: fast. „Du scheinst den Krankenflügel wirklich zu lieben, Potter. Oder willst du dich hier einquartieren, um einmal in Mme Pomfreys Fußstapfen zu treten?“ Harry stellte das Glas weg. „Ich finde die Atmosphäre hier berauschend.“ Trockne und sarkastische Stimmlage… frech wie immer. Wieso ließ er sich das gefallen? Snape schwieg ein paar Momente, kam schließlich von der Tür, wo er bisher gestanden hatte, zu dem Bett hinüber. „Wie ist das passiert?“, fragte er geradeheraus, die Frechheit ignorierend. Das würde er ihm später heimzahlen. Eigentlich0 kannte er die Antwort ja, hatte es live gesehen, dennoch… was würde Potter antworten? „Es war Ungeschick.“ Dämliche Antwort und eine Lüge dazu. Er konnte überhaupt nichts dafür, dass Draco Malfoy ihn angegriffen hatte. … Und doch war er geneigt, es ihm zu glauben. Früher hätte er es ohne zu zögern selbst angenommen, hätte alles andere ohne mit der Wimper zu zucken als Lüge gebranntmarkt. Aber gut. Wenn er der Meinung war, er müsse seinen blonden Erzfeind schützen… Das machte ihn in Snapes Augen fast sympathisch. Vielleicht sollte er… In diesem Moment riss Harry plötzlich die Augen auf, ein erstickter Schmerzenslaut entrang sich seiner Kehle und er krallte die Finger in sein T-Shirt in Höhe seiner Brust. Also setzte jetzt die Wirkung des Trankes ein. Er kannte das. Die Heilung solcher Wunden, durch Schwarze Magie entstanden, brachte stets diesen Schmerz mit sich. Vielleicht nicht schön, aber notwendig. Schweigend und unbewegt wartete er, bis Harry sich beruhigen würde, bis die Krämpfe und Schmerzenswellen verebbten. Er hatte noch eine Frage. Und Kikuileh schwirrte die ganze Zeit aufgeregt um Harry herum, verunsichert, was dieser seltsame Anfall zu bedeuten hatte. Sie kam ein paar Mal hell piepsend auf ihn zugeflattert, bremste aber jedes Mal kurz vorher ab und kehrte zu ihrem Herren zurück. Snape betrachtete sich das mit starrer Miene. Wüsste er nicht, dass sie eine Fee war, würde er dieses nervenaufreibende Etwas kurzerhand aus dem Weg wischen. Dann, so plötzlich wie sie gekommen waren, verschwanden die Schmerzen auch wieder. Von einem Moment auf den anderen lag Harry still, starrte mit schweißglänzender Stirn zur für ihn nicht vorhandenen Decke, atmete langsam und bemüht gleichmäßig ein und aus. Dann richtete er sich plötzlich auf, schwang wortlos die Beine aus dem Bett und erprobte seine Füße. Er schien zufrieden zu sein. Snape erschien er, als würde er jetzt auch ruhiger sein. Hatte er vorher wirklich gezittert? Wieso war ihm das entgangen? Ein perlendes Lachen riss ihn aus seinen Gedanken. „Nein, Kikuileh, du brauchst niemanden zu bestrafen. Madame Pomfrey hat mir nur geholfen!“ Das kleine Ding wollte tatsächlich jemanden dafür bestrafen, dass er Harry Schmerzen zugefügt hatte? Beunruhigender Gedanke. Hatte sie auch Draco bestrafen wollen? Hatte Harry sie davon abgehalten? „Nein, du brauchst sie auch nicht abzukitzeln. Das ist bei solchen Wunden völlig normal, dass sie wehtun.“ Bei der Vorstellung, dass die gestrenge Medihexe von der Fee gekitzelt wurde, hätte sich sogar Snape fast ein Lächeln entrungen. Wie war das? Das Vieh war gefährlich? Warum? Weil es Leute zu Tode kitzelte, um ihre Freunde zu rächen? Klar. „Potter, woher hast du diesen Zauber?“ Er deutete mit einer steifen Geste auf den Becher. Es war nicht unbedingt nötig, eine Antwort zu bekommen. Es interessierte ihn einfach. Harry lachte leise. „Ich habe ihn gestern gelernt.“, gab er zu. „Ich wollte nur sehen, ob ich ihn wirklich kann.“ Es war verblüffend. Einmal erlebt und schon konnte er ihn. In gewisser Weise hatte er sich doch eine Belohnung verdient… „Ich habe von deiner Strafarbeit in Verteidigung gegen die dunklen Künste gehört.“ Dem Jungen entrang sich ein trockenes Lachen. „Wer nicht. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern.“ „Ich könnte dir helfen…“ Misstrauisch zogen sich die Augenbrauen zusammen. „Ich denke nicht, dass das in Professor Raindooms Sinn wäre, wenn ich mir von irgendjemandem helfen lasse. Er würde Ihren Zauber doch sofort erkennen! Es wird zu noch mehr Stress führen und darauf hab ich keine Lust.“ Anerkennend nickte Snape. Harry war stolz und er war ehrlich. „Es geht um einen Spruch, der dir das Lesen ermöglicht…“ Warum tat er das hier eigentlich? Nicht freiwillig jedenfalls, nur weil… „Sie können mich wieder sehen lassen?“ Hoffnung strahlend richtete sich der schwarzhaarige Junge ein wenig weiter auf, die Lippen vor Erwartung leicht geöffnet. Wenn er ihn enttäuschen wollte, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, aber… wollte er das wirklich..? „Lesen beinhaltet nicht zwangsläufig Sehen.“, dämpfte er Harrys Hoffnung mit einer Kälte, die ihn lächeln ließ. Trotz allem war es doch immer noch eine Wohltat, diesen Jungen zu quälen… „Dieser Spruch verstärkt lediglich die Sensibilität deiner Fingerspitzen, sodass du die Erbebungen und Senkungen der Buchstaben in Büchern ertasten kannst.“ „Ein… Sensibilitätszauber? Blindenschrift?“ Argwohn beherrschte die leise Stimme. „Ein Sensibilitätszauber.“, bestätigte Snape kühl. „Und Blindenschrift ist Muggelkram. Absolut nicht nötig für unsereins. Pass gut auf, ich zeige es dir nur ein einziges Mal!“ Er verließ sich jetzt einfach darauf, dass diese Fee für Harry auch das sehen konnte. Ansonsten musste er wohl oder übel weicher erscheinen, als er wollte, um sein Versprechen gegenüber McGonagall zu halten. … Er hasste Versprechen… Und wie! Harry nickte, plötzlich aufmerksam und angespannt. Kikuileh auf seiner Schulter ließ ihn nun auch nicht mehr aus den käferschwarzen Augen. Gruselig, diese Beobachtung, aber nicht zu vergleichen mit dem starren Blick des Dunklen Lords. Langsam vollführte er die Bewegung, ließ dabei Harry und seine Freundin nicht aus den Augen. „Der Spruch lautet: Sensibilis aurore!“ Und jetzt musste er nur noch abwarten, was Harry tat. Der Junge griff nach dem Zauberstab, der auf dem Kissen gelegen hatte. Während der Heilungsprozedur hatte er ihn dort verloren. Langsam und bedächtig ahmte er die Bewegung nach, noch langsamer als er selbst vorhin. Es war, als würde er sich jeden der komplizierten Schwünge doppelt bestätigen, bevor er ihn ausführte. Dann berührte er schließlich seine Handinnenflächen, wie Snape es vorgemacht hatte. Ein entschlossenes Nicken und er wiederholte die Geste, schneller diesmal. „Sensibilis aurore!“ Ein bläuliches Leuchten durchdrang die schmalen, feingliedrigen Finger, verschwand wieder. Der Zauber hatte gewirkt. Verblüffend. Er selbst hatte vier Wochen gebraucht, um ihn wirkungsvoll anwenden zu können und er gehörte weiß Gott zur besseren Sorte Zauberer, trotz seines Lieblingsfachs Zaubertränke. Wieso konnte ein Junge wie Harry Potter es in nur ein paar Sekunden schaffen, einen derart schweren Zauber zu lernen? Ob Dumbledore Recht hatte und Harry damals doch etwas von der Macht des Dunklen Lords übernommen hatte? War er deshalb so überaus begabt? Vor ihm hob Harry die Hand, auf dem Gesicht ein erfreutes Lächeln. Er bewegte sie leicht. Schien ihm zu gefallen. Wahrscheinlich spürte er den Luftzug, den er durch die Bewegung auslöste. Snape konnte sich daran erinnern, dass auch er begeistert davon gewesen war, als er es das erste Mal gefühlt hatte. Dennoch… „Pass auf, Potter. Besser, du hältst dich im Zaum und nutzt diesen Spruch nicht allzu häufig. Es wirkt wie eine Droge und ich will mir das Gejammer, dass die Wirkung nachlässt, nicht unbedingt anhören müssen.“ Er drehte sich um, um zu gehen. „Danke, Professor!“, rief ihm Harry nach, gerade als die Tür hinter ihm zufiel. Mme Pomfrey kam ins Zimmer. „War einer der Lehrer da?“, wollte sie wissen. „Ich habe gar keinen bemerkt.“ Harry lächelte nur und nickte. Ob Snape da einen Zauber angewandt hatte? „Ist grade wieder weg. Er hat mich nur etwas gefragt und mir etwas gegeben.“ Die Medihexe nickte ebenfalls, dann widmete sie sich Harrys Füßen. Sie waren vollkommen geheilt, also entließ sie ihn, nachdem sie ihm das halbherzig ernst gemeinte Versprechen abgenommen hatte, dass er in Zukunft weniger häufig zu ihr kommen würde, und ihm versichert hatte, dass sie weiterhin nach einem Heilmittel suchte, um seine Augen zu kurieren. Harry verschwand erleichtert und kam, nachdem er seine Schuhe abgeholt hatte, in die Große Halle, wo seine Freunde schon frühstückten. „Wo bist du gewesen?“, wollte Ron schmatzend wissen. „Ich war spazieren.“, log Harry. Die Zwei sollten besser nicht wissen, dass er sich von Snape helfen ließ und darüber hinaus auch noch Draco Malfoy deckte. Warum hatte er das eigentlich getan? Er wusste darauf selbst keine Antwort. Im Grunde hätte er doch allen Grund ihn zu verpfeifen. Warum tat er es dann also nicht? Was hielt ihn davon ab? Irgendwie konnte er sich keinen wirklichen Reim darauf machen. Noch am gleichen Abend rief Snape Draco zu sich, um, wie er sagte, etwas mit ihm zu besprechen. Der Blonde wunderte sich zwar ein wenig darüber, kam aber um Punkt acht Uhr in das Büro seines Hauslehrers. Snape saß hinter seinem Schreibtisch und korrigierte seine Arbeit. Seine Stirn war in Falten gelegt und er tippte mit der Feder immer wieder auf das Pergament. Irgendetwas schien ihn zu stören. Unschlüssig, warum er so geflissentlich ignoriert wurde, blieb Draco an der Tür stehen, beobachtete den schwarzhaarigen Mann aufmerksam. Allmählich begann er sich Sorgen zu machen. Snape war doch sonst nicht so abweisend zu ihm. Er räusperte sich. „Professor, wenn Sie jetzt keine Zeit haben, komme ich später noch mal wieder.“ Diese Worte ließen Snape den Kopf heben. „Nicht nötig. Setzt dich hin und warte.“ Oha. Snape hatte ihn auch noch nie warten lassen. Mit mulmigem Gefühl im Magen setzte sich der Blonde auf den Stuhl Snape gegenüber, spielte unbewusst mit seinem Armband, einem Talisman, den er letzten Sommer von seiner Mutter bekommen hatte --- ein Erbstück seiner Urgroßmutter. Snape war tatsächlich schnell fertig. Er schrieb noch ein paar wenige Zeilen unter das Pergament und rollte es dann zusammen. Und bei dieser Gelegenheit erhaschte Draco einen kurzen Blick auf den Namen. Es war Harrys Hausaufgabe. Jetzt bekam er allmählich Muffensausen. Konnte es sein, dass Harry ihn verpfiffen hatte? Hatte er etwa doch herausbekommen, dass er es gewesen war und hatte es Snape erzählt? Wenn das der Fall war, war er dran. Dann würde er sicherlich fliegen! Mit diesem Zauber hatte er sicher an die sieben Schulregeln verletzt! Letztendlich blickte Snape auf. Mit seinen kalten, schwarzen Augen musterte er Draco und schien einen Augenblick nachdenken zu müssen, bevor er das Wort erhob. „Draco, ich bin mir nicht sicher, ob du dir dessen bewusst bist, aber ich denke, du sitzt ganz schön in der Tinte.“ Sofort rutschte dem Blonden das Herz in die Hose. Das klang, gelinde gesagt, unheilvoll. „Letzten Abend hast du Potter aufgelauert und ihn verzaubert, so dass er im Krankenflügel behandelt werden musste…“ Er schien zu überlegen, wie er es weiter ausdrücken sollte, und währenddessen verengten sich Dracos Augen kaum merklich. Er hatte ihn also verpetzt. Das war ja so typisch Gryffindor! Diese miesen… Aber immerhin war sein Plan aufgegangen. Er hatte sein Ziel erreicht. Jetzt war der Hass auf Harry wieder da! Zumindest war er das gewesen, bis Snape weiter sprach. „Ich verstehe nicht so ganz, wieso er nichts gesagt hat, als ich ihn danach gefragt habe, aber das tut eigentlich auch nichts zur Sache. Du hast dich als Schüler von Hogwarts als unwürdig erwiesen und diese Verfehlung muss bestraft werden. Du wirst mir eine Abhandlung schreiben über die Schulregeln mit zehn Ellen Länge und ich ziehe dir zwanzig Punkte ab.“ Die Predigt, die Snape hören ließ, ging noch weiter, aber Draco hörte es nicht mehr. Sein Gehör hatte sich abgeschaltet, ließ keine Informationen mehr durch, denn sein Gehirn war überlastet. Eine einzige Frage: Warum hatte Harry nichts gesagt, wo Snape ihn offensichtlich gefragt hatte? Und woher wusste Snape überhaupt davon, wenn nicht von Harry? Wieso tat Harry ihm nicht den Gefallen und gab ihm einen Grund, ihn zu hassen? „Hörst du mir zu, Draco?“ Er schrak auf, nickte hastig. „Bis übermorgen die Strafarbeit! Und ich möchte nicht mehr erleben müssen, wie du einen anderen Schüler auf diese Weise angreifst!“ Draco nickte abermals, dann war er entlassen. Und auf dem ganzen Rückweg spukte ihm nur die eine Frage im Kopf herum: Warum hatte Harry ihn nicht verraten? Jeder andere hätte es getan, er selbst doch auch. Warum also er nicht? Doch eine plausible Erklärung fand er nicht. *************++++++++++++++++++++++++******************* Also, hier ist das neue Kapitel. Gefällt es euch? Ich meine, es ist vielleicht nicht das, was ihr euch so erhofft, schließlich sind die Zwei immer noch nicht zusammen, obwohl das schon das 13. Kapitel ist. Leider kann ich euch nicht versprechen, dass sich das im nächsten Kapitel schon ändert. Das wird schon noch eine Weile dauern… Dafür… Ach nö. Ich verrate euch jetzt nicht, worauf ihr euch freuen könnt, denn mehr als die Hälfte wird damit ganz und gar nicht glücklich sein. Aber ihr könnt im Grunde eh nichts dran ändern… Wisst ihr eigentlich, wie schön es ist, dass ich alleine bestimmen kann, was ich mache, und ihr es einfach hinnehmen müsst? Versucht das mal. Es ist eine ganz neue (durchaus positive) Erfahrung!!! Matane! Ich erwarte massig Kommis, dass das klar ist, ja? ^^ Verwirrende Wahrheit -------------------- Titel: Verwirrende Wahrheit Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 14: Verwirrende Wahrheit Die nächste Woche verlief routinemäßig ereignislos. Am Wochenende übten Harry, Ron und Hermione Zauber, nachdem Harry ihnen in der Bibliothek mittels Demonstration gezeigt hatte, dass er nun lesen konnte. Und genau aus diesem Grund fand man ihn die übrige Woche in besagter Einrichtung, wo er in allen möglichen Büchern nach einem Warnzauber suchte, der seinen Wünschen und Vorstellungen entsprach und mit dem er beweisen konnte, dass Raindoom doch ein Idiot war. Er fand einige, die ihm nützlich erschienen, mit tatkräftiger Unterstützung von Mme Pince, der Bibliothekarin, die ihm zuvorkommend wie selten die Bücher holte und wieder wegbrachte, aus Rücksicht auf sein Handicap, doch keiner erfüllte alle Kriterien, die er sich erhoffte. Das ging zumindest bis zum Donnerstag gut, dann begann es Harry allmählich zu nerven, dass er den Sensibilis-Zauber alle fünfzehn Minuten erneuern, zu diesem Zweck das Buch aus der Hand legen und zum Zauberstab greifen musste. Gab es denn keine Möglichkeit, ohne Zauberstab zu zaubern? Als er Hermione an diesem Abend danach fragte, reagierte sie mit einer Mischung aus Empörung und Mitleid. Es wäre eine sehr schwere Sache, das zu lernen, und es zu beherrschen würde nur einem von tausend gelingen. Es gut zu beherrschen wäre beinahe unmöglich. Sie jedenfalls könne ihm da nicht weiterhelfen. Tolle Aussichten. Vor allem, weil sie noch anhängte, dass er Dumbledore fragen sollte, da dieser einer jener tausend war. Murrend zog er ab, ging ins Bett. Dann würde er die Suche halt ein wenig zurückstellen, bis er sagen konnte, ob er ein Magier war oder doch nur ein gewöhnlicher Zauberer. Er hatte noch Zeit mit dem Warnzauber. Ihm blieben noch knapp fünf Wochen. Das sollte doch zu schaffen sein, selbst mit einem solchen Umweg. Grübelnd saß er im Schneidersitz auf der Bettdecke, wälzte Gedanken hin und her, wie es funktionieren könnte. Das größte Problem bestand darin, dass er die spezifische Bewegung, auf die er sich bisher immer hatte verlassen können, vergessen konnte, ihm blieb nur die richtige Betonung. Keine wirklich leichte Aufgabe. Am besten, er begann mit einem ganz einfachen Zauber. Welchen hatten sie hier in Hogwarts mit als erstes gelernt? Vingardium Leviosa. Den Schwebezauber. Mit der richtigen Kraft konnte man damit sogar Menschen oder Autos heben. Er erinnerte sich noch lebhaft an die Probleme, die Ron mit diesem Spruch gehabt hatte, und immerhin war letztendlich er dafür verantwortlich, dass sie mit Hermione Freundschaft geschlossen hatten… Vielleicht war das ein gutes Omen. Also dann. Versuchen kostete ja bekanntlich nichts. „Vingardium Leviosa!“, rief er. Nichts geschah. Dann fiel ihm ein, dass er sich gar nicht überlegt hatte, was er schweben lassen wollte. Wie blöd konnte man eigentlich sein? Natürlich brauchte man ein Ziel, sonst brachte die Magie doch nichts! Er wählte sein Kopfkissen. „Vingardium Leviosa!“ Und wieder geschah nichts. Da hatte Hermione wohl Recht gehabt. Einfach war es gewiss nicht. Aber das hieß nicht, dass er jetzt schon aufgab. Nein. Er brauchte die Fähigkeit, um ungestört lesen zu können! An diesem Abend versuchte er es noch etliche Male, immer ohne Erfolg. Er hatte es mit Wünschen versucht, mit gezielter Vorstellung, ohne irgendwelche Gedanken, mit allem, jedoch hatte nichts geholfen. Ron hatte ihm nur einen schrägen Blick zugeworfen, als er hochgekommen war, und war ins Bad gewandert, um sich zu waschen --- Hermione hatte ihm von Harrys lächerlichen Frage erzählt. Dean und Seamus hatten ihn ausgelacht, ohne zu wissen, was das werden sollte, und Neville hatte verunsichert geschwiegen, wie meistens. Doch es interessierte ihn nicht. Ohne sich daran zu stören, was sie sagen oder denken könnten, probierte er weiter, bis die anderen schließlich nach Ruhe verlangten. Frustriert lag er in seinem Bett. Schlafen konnte er nicht, dazu war er zu aufgebracht. Es musste doch eine Lösung für dieses Problem geben! Es musste einfach! Und er hatte das dumme Gefühl, dass diese Lösung näher lag, als er annahm. Er schlief über diesen Gedanken ein, nahm sich jedoch fest vor, ihn am nächsten Morgen weiterzuverfolgen, doch er diesen Plan in die Tat umsetzen konnte, kam etwas dazwischen, was ihn die Zauberstablose Magie zeitweise vergessen ließ. In der Bibliothek war es ruhig wie immer, vielleicht sogar noch ruhiger, denn das leise Trommeln der Regentropfen an den hohen Fenstern hatte auf die Nutznießer der Wissensanhäufung eine mehr als beruhigende, ja regelrecht einschläfernde Wirkung. Der Regen war auch der Grund, weshalb Harry nicht übte. Er wollte es draußen machen, um der Gefahr zu entgehen, von irgendjemandem bei diesen --- wie Ron sie bezeichnet hatte --- lächerlichen Versuchen gesehen oder gehört zu werden. Es musste niemand wissen. Das war nicht notwenig. Es reichte doch, dass ihn seine Freunde für irre hielten. Und so saß er hier und las bereits das dritte Buch an diesem Tag. Allesamt nutzlos. Es war bereits nach achtzehn Uhr, Zaubertränke war längst überstanden. Es waren nicht viele Schüler hier und er saß in einer versteckten Ecke unter einem Fenster, um möglichst ungestört zu sein, auf seinem Tisch ein halbes Dutzend schwerer Wälzer, die ihm Mme Pince zuvorkommender Weise gebracht hatte und die die Sicht auf ihn relativ gut verdeckten. Er würde hier bleiben, bis kurz vor der Sperrzeit, dann waren am wenigsten Schüler unterwegs. Seltsam, dass er diesen doch recht merkwürdigen Begriff einfach so übernommen hatte. Malfoy hatte ihn gebraucht. Passend für ihn, irgendwie… Harrys Hand verharrte auf der Seite, als er zu lächeln begann. Der Tag im Turm war… interessant gewesen. Er hatte Seiten an Malfoy kennen gelernt, die ihm gefielen. Vielleicht, wenn er damals doch nach Slytherin gekommen wäre, vielleicht wären sie dann Freunde geworden. Vielleicht würden sie dann gemeinsam Hogwarts aufmischen. Doch wer konnte das schon sagen? Plötzlich meldete ihm Kikuileh, dass Draco in der Nähe war, ihn entdeckt hatte und mit verschränkten Armen und finsterem Blick an einem Regal stand. Sie klang seltsam erfreut, so als hätte sie ihn vermisst oder erwartet, doch im Gegensatz zu ihr war Harry nicht froh über diesen Besuch. In ihm spannte sich etwas an, auch wenn er nach außen hin seine ruhige und lockere Fassade aufrecht hielt. Was hatte der Slytherin diesmal vor? Wollte er ihm wieder einen Fluch auf den Hals hetzen? Er hatte keine Lust auf Streit! Draco bewegte sich leicht, rückte in eine bequemere Position. Harrys Lächeln war gegangen. Hatte er ihn vielleicht bemerkt? Aber das konnte eigentlich nicht sein. Dann wäre er sicherlich aufgesprungen und hätte ihn angegriffen! Vielleicht aus Rache für die Eisattacke, die er zweifellos mit ihm in Verbindung gebracht haben musste. Wahrscheinlich diese Fee. Selbst er als Slytherin hatte mitbekommen, dass sie Harry anleitete und ihn über alles am Laufenden hielt. Also, wieso griff er ihn nicht an? Fühlte er sich etwa wieder einmal überlegen? War es wieder ein Test? Testete er seine Selbstbeherrschung? Nun ja, sie war nicht sonderlich ausgeprägt, also… Entschlossen ging er zu ihm hin und setzte sich lässig auf die Tischkante, nahm eines der Bücher auf und blätterte darin. Schilde und Warnzauber… „Na, dabei, deine Strafe abzuarbeiten?“, stänkerte er mit betont freundlicher Stimme, so dass es nur ironisch klingen konnte. „Oder tust du nur so, als ob du lesen könntest, um Ruhe vor deinen nervigen Freunden zu haben?“ Harry sah nicht einmal auf, als er trocken erwiderte: „Strafarbeit.“ Dass er freiwillig für Mione und Ron das Feld geräumt hatte, musste Malfoy nicht wissen. „Soso. Ganz der Musterschüler. Wollen sie dir nicht helfen, deine Freunde?“ Draco sah, dass das kaum merkliche Schimmern um Harrys Finger nachließ und verschwand. „Malfoy, sag, was willst du von mir?“, brachte der Schwarzhaarige es plötzlich seufzend auf den Punkt. Der Slytherin störte. Er nervte ihn. „Wenn du was zu sagen hast, dann tu es! Danach kannst du verschwinden!“ So war das also. Gut, dann halt… tja, was wollte er überhaupt? Er wollte… in seiner Nähe sein. Nur konnte er ihm das wohl kaum sagen. Also lieber… „Kämpfe gegen mich!“, forderte er. Und hätte sich am liebsten selbst erwürgt. Wieso hatte er das jetzt gesagt? Er wollte doch gar nicht gegen ihn kämpfen? Oder? … Doch, er wollte! Einem Kräftemessen war er nie abgeneigt! Auf Harrys Gesicht erschien ein Lächeln, als er nickte. „Ich sehe, du akzeptierst mich wieder als gleichwertigen Gegner.“ Leise kraulte er Kikuileh. „Natürlich kämpfen wir. Allerdings offiziell. Wie im zweiten Jahr. Wir werden und freiwillig melden, sobald das erste Duell in Verteidigung gegen die dunklen Künste ansteht. Volle Power, ohne Rücksicht auf Verluste. Regeln stellt der Raindoom auf, sie sind verbindlich, solange nicht allzu hinderlich. Ausnahmen: Keine Zauberbeschränkungen. Alle Zauber bis auf die Unverzeihlichen sind erlaubt, selbst wenn er anderer Meinung ist.“ Draco starrte ihn an. Sprachlos. Da war ja jemand selbstbewusst. Unglaublich! Aber gut… „Abgemacht!“, schlug er ein. Der Held würde sich noch wundern! Und wie er kämpfen würde! Und gewinnen würde er auf jeden Fall! „Das erste Duell!“ Dann verfiel er in Schweigen, beobachtete, wie Harry einen stummen Zauber auf seine Hände anwandte. Seit wann konnte er das? Stummzauber, Magie für die Älteren. Und was war das für ein Zauber? Er hatte ihn immerhin ein paar Stunden zuvor in Snapes Unterricht auch schon einmal angewendet. Er begriff es, als der Schwarzhaarige mit den Fingern nun Zeile für Zeile nachfuhr. So unglaublich es auch klingen mochte, Harry hatte einen Zauber gefunden, der ihn dazu befähigte, ohne seine Augen, nur mit seinen Fingern, zu lesen. In Draco Inneren explodierte etwas, das seinen Magen sich zusammenkrampfen ließ. Woher nahm er nur diese Stärke? Immer wieder sah es so aus, als würde er aufgeben, doch im Endeffekt war er da, behauptete sich gegen jede Schwierigkeit, gegen jeden, der versuchte, sich mit ihm zu messen. Gegen Raindoom. Gegen ihn. Draco erhob sich. „Auf Wiedersehen, Harry.“, murmelte er mit einem letzten Blick auf den seidigen Haarschopf, dann ging er. In solchen Momenten wurde ihm stärker als sonst bewusst, dass er sich gegen seinen Körper nicht wehren konnte. Harrys einfache Geste, seine kompromisslose Entspannung neben ihm gaben ihm etwas, das er unbedingt brauchte, etwas, wovon er bisher nicht einmal gewusst hatte, dass es nötig war: Ruhe. Er wünschte sich diese Ruhe. Und er wünschte sich, in Harrys Nähe bleiben zu können, der diese Ruhe verströmte, um sie noch ein wenig genießen zu können. Trotzdem ging er. Harry dagegen saß noch lange wie versteinert auf seinem Stuhl und starrte reg- und blicklos in die Gegend, konnte es nicht fassen, was er eben gehört hatte. Malfoy hatte ihn Harry genannt. Harry, nicht Potter. Einfach so. Wie… wieso? Das war doch… Irgendwann stand er auf und verließ wortlos die Bibliothek. Sein Weg führte ihn hinaus ins Freie, in den Regen, der wie weiche Fäden alles durchweichte, das er erreichte. Auch Harry wurde nass, doch er bemerkte es kaum. Seine Gedanken weilten bei Malfoy. Er konnte nicht glauben, was passiert war. Sein Erzfeind Malfoy hatte sich komplett gewandelt. Erst half er ihm im Turm oben, er ließ ihn sogar nach Hause bringen. Dabei hatte er gedacht, Malfoy würde sich eher noch totlachen, dass er nicht mehr nach Hause fand, sich verlaufen hatte. Dann blieb er bei ihm, als er… down war, hörte ihm zu, ohne die doch sehr brisanten Fakten auszunutzen --- allem Anschein nach hatte er wirklich nichts verraten. Und er hatte ihm gezeigt, wie man sich unsichtbar machte. Und jetzt… ‚Harry’. Irgendwie hatte er gedacht, nach den hinterhältigen Attacken, dass er wieder versuchte, ihn fertig zu machen, wieder der Alte war, doch jetzt… Seine Abschiedsworte ließen das alles in völlig anderem Licht erscheinen. Wie sagte man doch so schön? Was sich liebt, das neckt sich. War es das? Hatte Draco Malfoy Sympathie für ihn entwickelt und wollte es kaschieren? Konnte das wirklich sein? War so etwas möglich? Das würde ja dann bedeuten, der Blonde stand im Zwiespalt der Gefühle. Einerseits schien er zu wollen, dass sie Freunde wurden, andererseits schien er sich genau dagegen zu wehren. Und seine fiesen Attacken? Nichts weiter als Theater? Für wen? Für seine Freunde? Oder für ihn? Wollte Malfoy vielleicht nicht, dass er davon Wind bekam? Aber das klang alles total abwegig. Harry kam mit seiner Grübelei zu keiner Lösung und als er spät abends in den Gryffindorgemeinschaftsraum kam, war er müde und nass. Ron und Hermione waren noch nicht da, vermutlich würden sie die verbliebene Viertelstunde in irgendeinem Klassenraum bleiben, um ungestört zu sein. Unter normalen Umständen hätte Harry sich für sie gefreut und wissend gegrinst, doch heute entlockte es ihm nicht einmal ein müdes Lächeln. Kommentarlos verzog er sich unter die Dusche und anschließend ins Bett. Dean speiste er mit einer flüchtigen Geste ab. Bevor er an diesem Abend einschlief, fasste er noch einen Entschluss. Er würde Malfoy zur Rede stellen. Sobald als möglich. Am besten morgenfrüh. Er hasste Ungewissheiten, davon hatte er dank seiner Blindheit schon genug, er wollte klare Fronten, denn auf ein Spiel mit Wasser, Feuer und Vermutungen wollte er sich nicht einlassen. Spekulationen könnten böse Folgen haben. Zwar fürchtete er sich irgendwie davor, die Antwort zu erfahren, aber das war nebensächlich. Er musste es einfach wissen. Und Kikuileh würde ihm morgen helfen, Malfoy aufzuspüren. Draco war dabei, Hausaufgaben für Snape zu machen. Er saß in einem abgelegenen Winkel der Hogwartsgründe, der ewig geistlosen Gespräche Crabbes und Goyles über, die zweifellos kommen würden, wenn sie erwachten. Er war recht frisch, da es früh am Morgen war und die letzten Tage geregnet hatte, und Draco zog die Ärmel seines gefütterten Umhangs enger um seine Fäuste, als er hinter sich zaghafte Schritte vernahm. Genervt drehte er sich um, bereit dem Störenfried zu sagen, er solle kehrtmachen und auf dem schnellsten Weg verschwinden, doch schon nach dem ersten Wort verstummte er. Es war Harry. Und er sah gar nicht gut aus. So als hätte er drei Tage nicht geschlafen. „Was ist? Was willst du hier?“, fragte er schroffer als geplant. Harry ließ den Kopf hängen, seine Augen huschten unsicher hin und her und er blieb stehen. „Ich wollte…“ Er stockte kurz, kratzte sich am Kopf, sprach dann aber weiter. „Ich bin zufällig… Hast du was dagegen, wenn ich ein bisschen hier bleibe?“, flüsterte er und Draco konnte sehen, dass er vor Nervosität den Saum seines Ärmels malträtierte. „Aber wenn es dir nicht passt, gehe ich auch wieder…“, fügte der Schwarzhaarige hinzu. Seine gestrige Sicherheit war wie weggeblasen. Draco seufzte. Was war denn jetzt mit dem los? Der war doch sonst nicht so zaghaft. Seine Stimme war kaum hörbar. Er schien ernsthaft verwirrt und mit sich zu hadern. „Nein.“, antwortete er schließlich. „Von mir aus kannst du bleiben, solange du mich nicht bei meinen Hausaufgaben störst.“ Oh, was für ein Zugeständnis. Das Lächeln, das diese Worte auslöste, war unbeschreiblich erleichtert und es überzeugte Draco davon, dass mit Harry etwas ganz und gar nicht stimmte. „Tu ich nicht.“, versicherte Junge, kam noch ein Stück näher, so dass sie vielleicht noch vier Schritte voneinander trennten, und ließ sich geschmeidig ins nasse Gras sinken, was Draco mit gewisser Verwirrung bemerkte, denn normalerweise beherrschte Harry den Zauber, mit dem er es trocknen konnte. Der war ja total durch den Wind. Aber er sagte kein Wort mehr und Draco widmete sich achselzuckend wieder seiner Arbeit, doch konzentrieren konnte er sich nicht mehr. Ein innerer Zwang ließ ihn immer wieder zu Harry schielen, der sich gegen einen Felsen gelehnt hatte und nachdenklich vor sich hinstarrte. Das Lächeln war gegangen. Was ihn wohl so beschäftigte? ‚Konzentrier dich!’, schalt sich Draco und zwang seine Augen zurück auf das Papier. Doch auch wenn sie dort blieben, seine Gedanken kehrten zu seinem heimlichen Schwarm zurück. Warum war Harry gekommen? Er mied ihn doch sonst immer. Oder nicht? In letzter Zeit… Und wie hatte er ihn gefunden? Er hatte doch darauf geachtet, dass ihn niemand gehen sah. Und weshalb sagte er nichts? Wieder seufzte er und wandte sich nun ganz offiziell zu dem Schwarzhaarigen um. „Warum bist du gekommen?“, fragte er und es schwang ungewollt ein leiser Vorwurf in seiner Stimme mit. Harry zuckte erschrocken zusammen, hatte er doch nicht erwartet, dass Draco etwas sagen würde, wo er doch Hausaufgaben machen wollte und Ruhe verlangt hatte, Ruhe, die er selbst für sich auch brauchte, um sich zu sammeln. „Was meinst du?“, erkundigte er sich, klang unerwartet unsicher. Draco schnaubte. Er hatte ihn genau verstanden. „Weshalb du hier bist, will ich wissen! Es muss doch einen Grund haben?“ Beruhigt ließ sich Harry wieder zurücksinken. Tja… „Ich weiß es nicht.“ Das hatte er doch schon einmal gehört. Menschen suchten seine Nähe, weil er stark und bekannt war, weil sein Vater Einfluss hatte, weil er Geld besaß… Aber die meisten realisierten gar nicht, dass es so war, dachten stattdessen, dass sie ehrliche Freundschaft für ihn empfanden… alles Quatsch. Doch das konnte es ja bei Harry nicht sein. Was also dann? „Ja klar! Du hast mich so gerne, dass du an mir klebst, wie die Katze am Fisch.“ Es hatte nicht ganz so abfällig klingen sollen, denn es war das, was er sich heimlich wünschte, doch er hatte es einfach nicht vermeiden können. Vielleicht bekam er aus diesem Grund auch keine Antwort. Stattdessen zeigte Harrys Gesicht plötzlich ganz deutlich, was er von Malfoys Attacke hielt: nämlich gar nichts. „Aus welchem Grund dann, Potter?“ „Wolltest du nicht Hausaufgaben machen?“ „Lenk nicht vom Thema ab!“ Langsam wurde der Blonde wütend. „Warum bist du hier?“ Lange Zeit herrschte Stille, in der sie sich gegenseitig an böser Aura zu übertreffen versuchten, und Draco ging schon davon aus, dass der Schwarzhaarige gar nicht mehr antworten würde, als dann schließlich doch noch etwas geschah. Harry stand auf, kam noch näher zu ihm und ließ sich dann wieder auf die Knie sinken, direkt vor ihm, sein Gesicht auf gleicher Höhe mit Dracos. „Warum hast du mir geholfen an diesem Dienstag?“, wollte er wissen. „Und wieso bist du in letzter Zeit so… anders zu mir? Warum hast du mich gestern Harry genannt?“ Draco starrte ihn an. Harry war so dicht, dass er nur die Hand heben musste, um ihn zu berühren. Die grünen Augen schimmerten im Glanz der frühen Sonnenstrahlen, er war blass. Viel zu blass für seine Verhältnisse. „Ich habe versucht, einen Grund zu finden, ich habe alles einmal durchgedacht, aber… Ich finde keine Lösung… keine akzeptable. Und jetzt will ich es von dir hören: Warum hast du mir geholfen?“ Draco schwieg, konnte die Augen nicht von Harrys Gesicht abwenden, die blassen Lippen nicht verdrängen, die ruhig auf eine Antwort warteten. Gewaltsam riss er den Blick los, wanderte höher, bis er die Narbe fand. Deutlich stach sie aus dem ebenmäßigen Gesicht hervor, war nicht wie üblich von Haaren bedeckt. Voldemorts Zeichen, das wohl deutlichste Zeichen dafür, dass das, was er fühlte, verboten und falsch war. „Dann formuliere ich es anders: Wann hast du aufgehört, mich zu triezen? Ich meine, diese Zauber erschienen irgendwie nur wie ein Vorwand.“ Diese schwarzen Haare, die sich so leicht im Wind bewegten, muteten wie Seide an. Zu gerne würde er durch diese dicken Flechten streichen, sie berühren… „Wann hast du aufgehört, mich zu hassen?!“ Eine Windbö fegte über sie hinweg und Draco fand zurück auf den Boden der Tatsachen. Wann er aufgehört hatte, ihn zu hassen? Gute Frage. Nächste Frage? Er konnte es ihm doch unmöglich sagen, oder? Harry würde das doch nie verstehen! Der Schwarzhaarige ließ plötzlich den Kopf hängen. „Du hasst mich nicht mehr, oder?“ Leise und langsam schüttelte Draco den Kopf. Er erinnerte sich vage daran, dass Harry ja blind war, dass er es also nicht sehen konnte, doch das bedeutete nicht, dass es ihm nun gelang zu sprechen. Seine Kehle war ausgedörrt und zugeschnürt, als würde er in der Wüste vom Galgen baumeln. Aber seine Seele schrie. Er hasste ihn nicht! Wie könnte er noch? Nach dem letzten Jahr? Wie könnte er jemanden hassen, der so viele wundervolle Eigenschaften in sich vereinte? Jemanden, der ihn, Draco Malfoy, trotz allem nicht wirklich ablehnte, wie allein sein Auftauchen hier bewies. Nein, hassen konnte er ihn nicht, eher… Er verdrängte den Gedanken. Harry war ein Junge und würde ihn köpfen, wenn er es auch nur dachte. Wer gab von sich schon freiwillig zu, dass er schwul war? „Malfoy?“ Draco tauchte wieder aus seinen Gedanken auf, wurde mit grausamer Brutalität, die einem Faustschlag ins Gesicht glich, daran erinnert, dass Harry ja immer noch so fürchterlich dicht vor ihm saß, so unglaublich nahe war. Und jetzt bebten die Lippen vor ihm auch noch, während sie immer noch auf eine Antwort warteten. Draco wollte sie ihnen geben. Er hatte plötzlich das dringende Bedürfnis danach, sie zu berühren, konnte es nicht mehr unterdrücken! Unendlich langsam lehnte er sich nach vorne, während er die Augen schloss. Schon spürte er Harrys Atem auf seinen Wangen, die feinen Härchen, die den Bartwuchs ankündigten. Und dann erreichte er sein Ziel. Vorsichtig und mit sanftem Druck führte er ihrer beider Lippen zueinander, eine seiner Hände wanderten in Harrys Nacken, um ihn am Zurückweichen zu hindern, während er den Druck leicht verstärkte. Er konnte ihn spüren. Endlich spüren. Und es war genauso wundervoll, wie er es sich immer ausgemalt hatte, und noch viel schöner. Harrys Lippen waren unglaublich weich, wie Samt fast. Seine Haare streichelten, ja liebkosten seine Finger wie Seide und kühles Wasser. Und er zitterte, als sei ihm kalt. Er wollte ihn wärmen… Wie eine kalte Dusche brach die Erkenntnis über ihn herein. Harry zitterte nicht, weil ihm kalt war. Ganz bestimmt nicht! Eher weil… Als hätte er sich verbrannt, wich er zurück, ließ Harry los und rutschte ein paar Zentimeter von ihm weg. Was hatte er bloß getan? Er war sich doch gerade noch darüber einig gewesen, dass er es ihm nicht sagen würde, und jetzt demonstrierte er es ihm sogar noch! Aber genau das war das Problem mit solchen Vereinbarungen eines Einzelnen mit sich selbst. Sie konnten ohne weiteres gebrochen werden, ohne dass irgendjemand etwas davon merkte. Als Draco schließlich wieder aufsah, stockte ihm fast das Herz. Auf Harrys Wangen glitzerten Tränen wie Perlen in der Morgensonne, die Lippen bebten nun heftiger, waren ein klein wenig gerötet, die Hände krallten sich in den Umhang, als würden sie ihn sonst erschlagen. „Das ist nicht dein Ernst!“, kam es flüsternd aus Harrys Mund. Er klang leicht fassungslos, doch Draco schwieg. Sollte er lügen und es als Witz abstempeln? Sollte er sich vielleicht lieber über seine Tränen lustig machen? Das konnte er nicht! Er wollte es ja noch nicht einmal. Damit würde er sich doch nur selbst verleugnen! „Antworte!“, rief Harry plötzlich laut. „Meinst du das erst? Ist das der Grund, dass du mich nicht mehr hasst?“ Er hatte ihn am Kragen gepackt und schüttelte ihn leicht, doch Draco antwortete noch immer nicht. „Bist du jetzt stumm geworden?“, schrie Harry. Seine Stimme klang schrill, war völlig außer Kontrolle. Dann ließ er ihn plötzlich los und stand ruckartig auf. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ließ ihn sitzen, wo er war. Er rannte nicht, seine Schritte waren keineswegs hastig. Er lief wie betäubt. Irgendwie hatte Draco das dumme Gefühl, er wollte aufgehalten werden, aber obwohl er nichts lieber getan hätte als das, er konnte sich nicht rühren. Harrys Tränen brannten Löcher in sein Herz. Er hatte ihm wehgetan, hatte ihn wieder verletzt. Warum nur machte er immer alles falsch? Harry kehrte ins Schloss zurück, welches nun langsam zum Leben erwachte. Zwar waren es nur wenige, die schon zum Frühstück unterwegs waren, doch trotzdem traf er Ron, der samstagsfrüh immer Wahrsagen hatte und ihn zuerst fröhlich begrüßte, dann aber irritiert war, als er nur mit einem kaum hörbaren Murmeln antwortete. „Sag mal, ist alles okay bei dir?“, fragte er besorgt, so dass Harry durch seine Paralyse lächelnd nickte. „Ja, ja, alles klar. Bin nur müde.“ Ron lachte. „Kein Wunder. Was stehst du auch so früh auf? Am Wochenende sollte man ausschlafen!“ Harry pflichtete ihm bei und verzog sich dann nach oben. Er hätte schon gegessen, antwortete er Ron, als dieser ihn fragte, ob er noch mit ihm zusammen essen würde. In Wahrheit hatte er einfach keinen Appetit. Er kam im Schlafsaal an und blieb verloren in der Tür stehen. Was nun? Die anderen waren ebenfalls weg, schließlich hatten außer ihm alle Fünftklässlerjungen Wahrsagen. Irgendwie gelangte er schließlich zu seinem Koffer, öffnete ihn und holte das Besenpflegeset heraus, das er mal von Hermione geschenkt bekommen hatte. Als nächstes griff er nach seinem Feuerblitz, dann verzog er sich ans Fenster, wo er sich aufs Sims setzte. Bedächtig öffnete er den kleinen Kasten, sah vor seinem inneren Auge genau den Inhalt; wo was war, wie es aussah, wie es roch, sich anfühlte und wofür es gut war. Er wusste es. So griff er nach einem Tuch, mit dem er das Fett vom Besenstil entfernen würde. Was genau war da draußen passiert? Er konnte sich genau and die wundervolle Frische des Morgens erinnern, an den Geruch von Tau bedecktem, nassem Gras und feuchter Erde. Dann an die Präsens Malfoys, der unglaublich… Ja. Er war da gewesen. Hausaufgaben machen. Sehr vorbildlich. Er hätte im Grunde nie erwartet, dass Malfoy der Typ für frische Luft und Morgenatmosphäre war. Eher war er davon ausgegangen, dass er ein Stubenhocker und ein Morgenmuffel war. Eine ganz neue Facette an ihm… Genau wie seine Zuneigung zu ihm. Er hatte ihn geküsst. Einfach so. Er hatte ihm eine Antwort auf die quälende Frage nach dem Warum gegeben… Warum diese Zurückhaltung zu Anfang? --- Weil er ihn mochte. Warum die freundlichen Gesten im Turm? --- Weil er ihn mochte. Warum diese fiesen, hinterhältigen und lächerlichen Attacken auf den Fluren? --- Weil er vor ihm verstecken wollte, dass er ihn mochte. Warum diese fiesen, verbalen Angriffe im Unterricht? --- Weil er vor den anderen geheim halten wollte, dass er ihn mochte. Warum diese ungewohnte Friedfertigkeit, wenn sie allein waren? --- Weil er ihn mochte. Warum der Kuss… Weil er ihn liebte. War es das? War es das wirklich? War Draco Malfoy schwul? Irgendwie war der Gedanke so komplett verkehrt, dass er es nicht wirklich glauben konnte. Aber eine andere Erklärung gab es für dieses Verhalten nicht. Niemand würde jemanden küssen, den er nicht liebte oder zumindest mochte. Oder? Taten Todesser so was? War Malfoy ein Todesser, dem man befohlen hatte, ihn zu verführen? Irgendwie war diese Idee noch verdrehter als die Theorie, dass Malfoy schwul war. Die Todesser hätten doch sicher ein Mädchen geschickt, oder? Aber wie hatte das passieren können? Hatten sie sich nicht immer gehasst? Vom ersten Augenblick an in diesem Laden in der Winkelgasse hatten sie sich abgestoßen. Ihre Häuser waren verfeindet und die Malfoys hegten gegen Harry noch einen besonderen, persönlichen Groll, da dieser ihren Meister ausgeschaltet und ihren Sklaven befreit hatte. Harry seufzte, lehnte den Kopf gegen die Scheibe und schloss die Augen. Wieso hatte Malfoy sich in ihn verliebt? Das war die Frage und eine andere zog er nicht in Betracht, denn selbst wenn er sich mit seinem Gefühl irrte und Malfoy doch böse war, Kikuileh konnte er nicht täuschen. Sie war in dieser Hinsicht absolut unbestechlich und sie sagte, er war es nicht. Was also hatte Malfoy dazu veranlasst, seine Gefühle so drastisch zu ändern? Zum zweiten Mal begann er seinen Besen zu putzen, strich zum zweiten Mal die dafür vorgesehenen Politur darauf und rieb anschließend gleichmäßig das Wachs ein, das dafür sorgte, dass dem Holz Wasser nichts mehr anhaben konnte. Irgendwann kam Ron, doch er fand Harry nicht, obwohl er direkt vor ihm stand. Harry hatte den Unsichtbarkeitszauber über sich gelegt. Er wollte mit niemandem reden, auch nicht mir Ron. Bevor er sich wieder der Öffentlichkeit aussetzte, musste er sich über seine und Malfoys Gefühle völlig im Klaren sein. Und solange, wie das dauerte, wollte er ungestört sein. Ihm war egal, wie lange das der Fall sein würde. Harry wusste nicht, warum er so reagierte, warum er in so eine Lethargie verfallen war. Es war doch nur ein Kuss gewesen. Ein Kuss von Draco Malfoy! Er versuchte erneut in sich zu spüren, was genau dieser Kuss in ihm ausgelöst hatte, doch da war nichts. Nichts außer Verwirrung, Leere, Gefühlschaos. Er konnte nicht klar denken. Irgendwann am Nachmittag kam Hedwig mit einem Brief von Sirius, in dem sich dieser darüber beschwerte, dass Harry der Eule gefälligst nie wieder befehlen solle, ihn zu beißen, weil er nämlich sonst ihn mal beißen würde, damit er sah, wie das war. Doch Harry entlockte das nur ein müdes Lächeln, bevor er den Brief beiseite legte und mechanisch Hedwig streichelnd seinen Gedanken nachhing. Hauptthema: Malfoy! Das ging bis zum Abend so. Er erschien nicht zum Essen und Ron fand ihn gegen neun Uhr dreißig in seinem Bett. Schlafend. Die Vorhänge waren zugezogen gewesen und nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es Harry wirklich gut ging, trottete er wieder nach unten. Harry jedoch schlief die ganze Nacht nicht und am Sonntagmorgen verschwand er schon bei Sonnenaufgang aus dem Zimmer. Er verzog sich hinter den See, wo er verbissen zauberstablose Magie übte, ohne je auch nur einen Schimmer Erfolg zu verbuchen. Gegen Abend erst kehrte er zurück in das Zimmer, wo er zum dritten Mal seinen Besen pflegte. Inzwischen glänzte das Fluggerät, als wäre es aus gewienertem Marmor. Ron versuchte noch einmal, ihn zum Reden zu bringen, doch wiederum tat Harry es nur mit einem Lächeln ab, gab vor, müde zu sein und legte sich nach einer Dusche ins Bett. Eigentlich hatte er nie gedacht, je wieder schlafen zu können, doch kaum dass Ron das Zimmer wieder verlassen hatte, war er auch schon im Reich der Träume. *************++++++++++++++++++++++++******************* Ha! Geschafft! Ihr erster Kuss! Ich bin ein Genie! Schon im 14. Kapitel! *drop* Sorry. Es ging mit mir durch. -----------------------------------+++++++++++++++++++++++++++-------------------- Und Blaise... sie ist ein Mädchen im ersten Band. Nur weil sie im sechsten plötzlich eine Geschlechtsumwandlung macht, muss ich das ja nicht übernehmen, oder?^^ Ach ja. Euch sind ja einige Fehler aufgefallen, doch ich glaube, keiner hat den schlimmsten entdeckt. Wollt ihr vielleicht noch einmal suchen, bevor ich ihn verbessert hab? Ist ziemlich am Anfang… Und keiner hat sich beschwert. Wenn ich Zeit hab, dann werde ich ihn verbessern, leider hab ich grade weder das noch Lust darauf, die Story umzuschreiben… Eine Frage… ----------- Titel: Eine Frage… Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 15: Eine Frage… Als er am nächsten Morgen aufwachte, stellte Harry fest, dass er ohne Oberteil geschlafen hatte. Er war sich aber ganz sicher, dass er es gestern Abend angezogen hatte. Hatte er sich des Hemdes etwa in der Nacht, im Schlaf, entledigt? Das konnte doch nicht sein! Er hatte diese dämliche Gewohnheit doch schon vor Jahren abgelegt! Damals als er von Hogwarts erfahren hatte und doch nicht auf diese fürchterliche Schule musste, die Onkel Vernon für ihn ausgesucht hatte. Wie hatte ihm das passieren können? Wieso fing er damit wieder an? Als Ron die Vorhänge aufriss, um ihn zu wecken, starrte er leer vor sich hin und hing seinen Gedanken nach. Er reagierte kaum auf Rons Morgengruß. Wortlos stand er auf, breitete die Arme aus, um sich anzuziehen. Ernst nahm er seine Tasche entgegen, dann wurde er von einem besorgten Ron hinausgeführt, ließ verwirrte Freunde zurück. Hermione begrüßte ihn freudig, als sie die beiden erblickte, sprang aus ihrem Sessel, in dem sie auf sie gewartet hatte, und entlockte Harry tatsächlich ein flüchtiges Lächeln. Nun zu dritt machten sie sich auf den Weg in die große Halle und zum Frühstück. „Morgen, ihr Drei!“, grüßten Fred und George unisono. „Gut geschlafen?“ Auch ihre ausgelassene Fröhlichkeit riss Harry kurzzeitig aus seiner Lethargie. Es klang auch einfach zu herrlich, wenn sie im Chor sprachen. Er lächelte, nickte, schüttelte dann verunsichert den Kopf. „Ja was denn nun?“, wollte Fred übermütig wissen. „Gut oder schlecht?“, hakte George mit einer nicht zu überhörenden Freude nach. Der Schwarzhaarige rettete sich in ein Grinsen. „Ich weiß es nicht.“, sagte er achselzuckend. „Na dann war es gut!“, grinste George zurück und klopfte dem Freund auf den Rücken. Ein zweiter Schlag: „Freut mich für dich, wo du doch gestern so müde warst!“ Damit zogen sich die Zwillinge zurück und setzten sich zu Lee Gordon, um mit ihm über ihre neuste Idee bezüglich eines Scherzartikels zu sprechen, der bisher anstatt die Stimme zu verändern, den Tester Seife spucken ließ. Auch Ron und Hermione setzten sich, zogen Harry einfach zwischen sich. „Freut mich, dass es dir wieder besser geht.“, sagte der Rotschopf, während er sich schon Speck und Rührei auf seinen Teller schaufelte. „Ich muss sagen, vorhin war ich mir da nicht so ganz sicher.“ Wieder grinste Harry entschuldigend, griff nach seiner Tasse, die sich augenblicklich mit einem roten Tee füllte und nahm einen Schluck, während er im Stillen den Zwillingen dankte, dass sie so ein unerschütterliches Gemüt und ein so überzeugendes Auftreten hatten, dass selbst Ron seine Sorge um ihn abschrieb. Eine Viertelstunde später wurde es dann Zeit, zum Unterricht zu gehen. Snape entschuldigte kein Zuspätkommen. Hermione hakte sich bei Harry und Ron unter und so verließen sie die Halle, deren verzauberte Decke einen trübe-grauen Himmel prophezeite. Zwei Minuten vor Unterrichtsbeginn betraten sie den Raum und während sich Ron und Hermione auf ihre Stammplätze setzten, ging Harry weiter zum Lehrerpult, ließ sich von der kleinen Fee leiten, die ihm wie immer mental beschrieb, wie sich die Situation vor ihm darlegte. „Na, Potter. Alles klar?“ Harry zuckte heftig zusammen, als er Malfoys schnarrende Stimme vernahm. Er hatte ja gewusst, dass er heute mit ihm konfrontiert werden würde, aber wirklich vorbereitet war er darauf nicht, obwohl er gedanklich alle möglichen Szenarien durchgegangen war. Und irgendwie klang die Stimme zu kalt, um das, was vorgestern geschehen war, zu rechtfertigen. „Waren wir gestern etwa krank?“ Der Schwarzhaarige hielt ein paar Sekunden inne, starrte blicklos Richtung Draco, der jetzt zusammen mit den anderen lachte. „Bist du das nicht immer, Malfoy?“, gab er ruhig zurück, bevor er seinen Weg fortsetzte. Also hatte Malfoy ihn gestern doch nur verarscht. Er hatte mit ihm gespielt, um ihn zu demütigen, hatte seine Verwirrung schamlos ausgenutzt. Er liebte ihn also nicht und das hieß… Er erreichte gerade das Lehrerpult, als Snape hereinkam, durch die Schülerreihen schritt und sich neben ihm aufbaute, Gesicht zur Klasse. „Heute brauen wir einen Trank, den die meisten Zauberer als Düngemittel für den Garten verwenden. Ihr findet das Rezept auf Seite siebenundvierzig in eurem Buch. Ihr habt genau eine Stunde!“ Damit wandte er sich übergangslos an Harry. „Und du wirst diese Zutaten sortieren! Einer der Zweitklässler war unvorsichtig und hat die Gläser hinuntergeworfen. Nach Größe und Art!“ Harry nickte stumm, setzte sich mit dem Korb, den ihm Snape in die Hand gedrückt hatte, an das Lehrerpult und begann gedankenverloren mit der Arbeit. Wieso tat der Gedanke, dass Malfoy nur mit ihm gespielt hatte, so weh? Die ganze Zeit über hatte er sich doch sehnlichst gewünscht, dass das nie passiert wäre, dass es nicht Malfoy gewesen wäre. Warum also war er jetzt so enttäuscht? Wollte er etwa, dass der Slytherin es ernst meinte? Wollte er von ihm geküsst werden? War er so notgeil? War er schwul? Harry bemerkte nicht, wie die Zeit verging, hörte nicht, wie es zum Stundenende läutete. Er arbeitete still vor sich hin, ohne sich dessen bewusst zu sein, während seine Gedanken ziellos kreisten. Bis Snape neben ihm zu stehen kam. „Die Stunde ist vorbei. Du kannst gehen!“ Desorientiert hob Harry den Kopf, ließ fast den Korb fallen, so sehr brachte ihn der Einbruch in seine Gedankenwelt durcheinander. Dann rieselte langsam in seine Gedanken, wo er sich hier befand und mit wem. „Professor Snape?“ „Wen hast du erwartet, Potter? Den Weihnachtsmann?“ Angewidert verzog der Schüler das Gesicht. „Solche Witze passen überhaupt nicht zu Ihnen!“, murmelte er und ordnete weiter Körner und Beeren. „Sir!“ „Wie, ‚Sir’?“ Verwirrt hielt Harry wieder inne. „Du sollst mich Sir nennen! Solche Unverschämtheiten lasse ich mir von dir nicht bieten, Potter!“ Harry nickte, dann schien ihm plötzlich etwas einzufallen. „Sir, ich habe hier zwei Dinge gefunden, die ich nicht zuordnen kann. Können Sie mir vielleicht sagen, was das ist?“ Und er griff in eine der Schachtel auf dem Tisch und holte zwei kleine Gegenstände heraus, eine weiche, gummiartige Kugel und ein hartes, ovales Plättchen, leicht gewölbt und mit einer rauen und einer glatten Seite. Snape nahm sie entgegen, besah sie sich kurz. „Das ist die Schuppe eines Kappas.“, sagte er, ohne lange nachzudenken. „Und das ist eine Pille, von einem ägyptischen Skarabäus aus Drachendung gedreht.“ Und leiser, wie für sich gedacht, fügte er an: „Wie kommen die denn da rein?“ Gespannt wartete Harry, doch mehr kam nicht. Snape ging lediglich zu seinem privaten Vorratsschrank und ordnete die beiden Dinge in die zugehörigen Fläschchen. Und so stellte Harry die Frage, die ihn so brennend interessierte: „Können Sie mir sagen, wofür man das braucht?“, wollte er wissen und fügte hastig noch hinzu: „Sir!“ Verwundert warf der schwarzhaarige Lehrer einen schnellen Blick zu dem Jungen, der wieder damit beschäftigt war, Zutaten zu ordnen. Seit wann interessierte sich Harry Potter für sein Fach? Seitdem er denken konnte, hatte Potter sich geweigert, auch nur etwas von ihm zu lernen, hatte nie zugehört und auch sonst nur Blödsinn gemacht. Wieso sollte er sich also jetzt dafür begeistern? „Wie kommt es, dass du plötzlich fragst?“ Harry zuckte die Schultern. „Reine Neugier.“ Der Lehrer zögerte. Harry hatte sich verändert. Der Junge hatte inzwischen viel weniger von seinem Vater als früher und seit der Sache mit seinen Augen war er richtiggehend umgänglich. Vielleicht verschwendete er diesmal ja keine Zeit, wenn er sich mit ihm beschäftigte… Kurz zögerte er noch, dann zog er einen Stuhl zu sich heran und setzte sich. Leise begann er zu erzählen, was es mit den Zutaten auf sich hatte. Harry lauschte schweigend, sortierte weiter Beeren, Nüsse und kleine Steine. Offenbar waren beide Dinge selten. Man brauchte die Drachenmistpillen nur für einen Trank, ein Gebräu namens Felix Felicis, den Trank, der Glück pur war und seinem Konsumenten nahezu alles unmögliche Möglich machte, solange er wirkte. Die Kappaschuppe war für ein paar Dinge gut, vor allem aber für starke Heiltränke. Ein Schluck eines solchen Trankes konnte zum Beispiel Zähne nachwachsen lassen und auch das Zeug, was er damals für seinen knochenlosen Arm von Mme Pomfrey bekommen hatte, beinhaltete diese Pille. Snape erzählte ihm aber nicht nur über das Endprodukt, sondern auch auf welche Art und Weise die Zutaten verwendet werden mussten. Und er wurde dabei so detailreich, dass es schon fast an Schwärmerei grenzte. Dann klopfte es plötzlich leise und beide sahen auf. „Ja?“, rief Snape genervt und die Tür ging auf. Zögerlich streckte ein Schüler den Kopf durch den Spalt. „Professor?“, meldete sich eine verunsicherte Stimme. „Ist heute kein Unterricht?“ Seinen Schrecken unterdrückend sah Snape auf die Uhr. Fünf Minuten nach Stundenbeginn! Er hatte die Zeit, die er normalerweise für die Vorbereitung seines Unterrichtes verwendete, komplett verquatscht! Das war ihm noch nie passiert! „Potter, geh, ich mache…“ Harry stand auf und stellte den Korb auf den Stuhl. „Ich bin eh fertig.“, sagte er. „Vielen Dank, Sir, das war sehr lehrreich.“ Damit nahm er seine Schultasche und ging, während ein ganzer Pulk Erstklässler in den Kerker strömte. Snape starrte ihm nur sprachlos hinterher, konnte es nicht fassen, was eben passiert war. Nicht nur, dass Potter gefragt und er selbst ganz normal geantwortet hatte, der Junge hatte sich sogar bedankt. Irgendwie zerstörte es das gesamte Bild, das er sich von dem Schwarzhaarigen gebildet hatte. Harry kam fast zwanzig Minuten zu spät zu Verwandlung. Als er die Tür öffnete, konnte er Professor McGonagalls lodernden Ärger richtiggehend spüren. „Ah, Mr Potter, wie schön, dass Sie sich letztlich doch noch dafür entschieden haben, hier aufzutauchen!“ Ihre Worte trieften vor Ironie. „Was hat Sie aufgehalten, wenn ich fragen darf? Hat eine der Treppen beschlossen, Sie nicht hierher zu lassen?“ Der Schwarzhaarige schüttelte verneinend den Kopf. „Ich hatte bei Professor Snape noch eine Aufgabe zu beenden und das hat ein wenig länger gedauert, als gedacht.“ Kritisch und mit misstrauischem Blick musterte ihn die betagte Dame im grünen Umhang. „Ich hoffe für Sie, dass dies die Wahrheit ist, ansonsten ziehe ich Ihnen für unglaubliche Frechheit und Ihr Zuspätkommen zehn Punkte ab. Und nun setzen Sie sich!“ Harry tat wie ihm geheißen und ging nach hinten zu Ron und Hermione, doch war er eben noch guter Laune gewesen, erinnerte ihn leises Kichern wieder an Malfoy und sein widerwärtiges Spiel. Sein Gesicht wurde zur ausdrucklosen Maske, sein Herz vor Wut zu Eis. Steif setzte er sich auf seinen Platz und schwieg eisern, während die Klasse weiterhin Verwandlungen übte, doch Hermione wurde sein Schweigen und die offensichtliche Untätigkeit schnell zu bunt. „Harry, du solltest den Spruch auch mal probieren!“, flüsterte sie eindringlich. „Bevor McGonagall dich noch rausschmeißt oder deine Noten endgültig abrutschen!“ Der Junge zuckte mit den Schultern als Zeichen, wie egal ihm das im Grunde war. „Wie geht er?“, fragte er desinteressiert. Seine Gedanken waren bei Snape und der Tatsache, dass sein Hasslehrer es ohne weiteres geschafft hatte, ihn von seinen trüben und finsteren Gedanken über Malfoy abzulenken. Das war doch verrückt. Wenn Snape das wüsste, würde er ihm wahrscheinlich allein für seine Hilfe schon Minuspunkte verpassen. Und wenn er daran dachte, dass Snape ihm vorher auch schon einmal geholfen hatte, als er ihm den Sensibiliszauber verraten hatte, fragte er sich ernsthaft, was mit dem schwarzhaarigen Lehrer los war. Hatte er ihm nicht in nahezu jedem Schuljahr bisher bewiesen, wie wenig er ihn doch mochte? Hatte er ihn nicht regelrecht gehasst, weil er der Sohn seines Vaters war? Was hatte sich geändert? „Der Spruch lautet Transitus und daran hängst du das, worin du es verwandeln willst, also zum Beispiel Becher oder so, und die Bewegung des Zauberstabes wird so gemacht!“ Und sie nahm seine Hand und führte sie von links nach rechts, dann schwungvoll nach oben und gerade nach unten. „Ist das klar? Hast du es?“ „Mehr als das. Was soll verwandelt werden?“ „Aluminium. Es geht um die Verwandlung von Metall und Aluminium ist am einfachsten zu verzaubern, weil es am weichsten ist. Dein Stück ist hier.“, erklärte sie und klopfte mit dem Fingerknöchel auf den kleinen Metallklotz, der vor Harry auf dem Pult lag. „Und in was?“ „Wir sollen es in Nutzgegenstände verwandeln. Gabeln, Messer, Kelche und was dir sonst noch so einfällt.“, erklärte das Mädchen. Harry nickte. Gelangweilt schwang er seinen Zauberstab, wie sie es ihm gezeigt hatte, erst rechts, dann links, dann oben und unten, sagte den Spruch und schon lag vor ihm eine Gabel. Noch einmal und er hatte einen Kelch. Ein drittes Mal und da lag ein wirklich großes Blatt Alufolie. Ron staunte. „Was ist das denn seltsames?“, wollte er wissen. „Und wofür soll das gut sein?“ Harry antwortete nur widerwillig. „Alufolie. Damit packen Muggeleltern Brote und Kuchen für ihre Kinder ein, wenn sie zur Schule müssen oder einen Ausflug machen.“ Er lehnte sich seufzend zurück. „Willst du sie haben?“ Der Rotschopf nickte begeistert und griff nach ihr. Das Rascheln peitschte wie ein Donnerschlag durch die konzentrierte Klasse und nicht wenige erschraken heftig. Selbst Professor McGonagalls Kopf fuhr wie geschlagen zu ihnen herum. „Upps… Vielleicht verwandelst du sie noch mal zurück, damit…“ Doch Harry hörte nicht mehr zu. Er hatte Malfoys Lachen vernommen und hatte er am Anfang nur Enttäuschung und Verwirrung verspürt, war er jetzt sauer. Niemand spielte so einfach mit ihm, mit seinen Gefühlen! Niemand! Die Stunde zog sich hin und die ganze Zeit brodelte diese Wut in Harrys Magen. Er konnte das nicht dulden! Unter keinen Umständen! Und als endlich Schluss war, war Harry einer der ersten, die draußen waren. Hermione und Ron fanden ihn nicht mehr, als sie ihm nach ein paar Sekunden folgten, in denen sie noch zusammenpacken mussten. Ahnungslos machten sie sich auf den Weg in die Große Halle, wo sie ihn vermuteten, doch er lehnte lediglich ein paar Gänge weiter mit mühsam aufrechterhaltener, falscher Ruhe an der Wand und kraulte Kikuileh den weichen Bauch. Er wartete, den er wusste, dass Malfoy hier vorbeikommen musste, wollte er vor dem Mittag noch einmal in seinen Gemeinschaftsraum. Blieb nur die Frage, ob er dort auch hinging. Diese Sorge erübrigte sich, als Malfoy und sein Anhang keine fünf Minuten später um die Ecke bog. Der Blonde bemerkte ihn jedoch, bevor er etwas sagen konnte. „Hallo, Potter!“, säuselte er. „Welch ein Zufall dich hier zu treffen! Oder wartest du etwa auf uns? Willst du dir Prügel abholen?“ Harry schwieg und so nutzte das Gefolge seine Chance, Kommentare abzugeben. „Wir könnten dir den Weg in die Folterkammer zeigen.“, schlug Pansy vor. „Oder reicht dir einen normale Abreibung?“, fügte Blaise noch hinzu. „Na, was ist dir lieber? Tritte oder Schläge?“, prollte Goyle und Crabbe nickte heftig. Manchmal fragte sich Harry echt, ob der dicke Idiot überhaupt sprechen konnte. „Pansy, Blaise, vielleicht wäre es gut, wenn ihr euch kurz mal umdreht, das ist einfach kein Anblick für Mädchenaugen!“, fügte Malfoy schließlich noch an, nachdem immer noch keine Erwiderung kam. Crabbe ließ demonstrativ die Knöchel seiner Finger knacken. Harry begann zu grinsen. „Na, Malfoy, zu feige, mit mir unter vier Augen zu sprechen?“ Abscheu, Hass, unterdrückte Wut und ein Hauch von Enttäuschung, der allerdings gut verborgen war, schwangen in seiner Stimme mit. Er rührte sich nicht einen Millimeter, ließ sich nicht beeindrucken, lehnte weiter lässig an der Wand, hatte jetzt die Arme vor der Brust verschränkt. „Oder weißt du einfach schon, dass du mir allein nicht gewachsen bist und machst von vornherein einen Rückzieher?“ Draco schnaubte abfällig. „Wo denkst du hin, Potter? Geh vor, ich folge dir!“ Er wandte sich an seine Freunde. „Und ihr geht schon mal vor! Ich komme nach, sobald ich mit dem Großmaul fertig bin!“ Murrend zogen die Vier ab, der Blonde hatte sie wirklich gut im Griff, und Draco wandte sich wieder Harry zu, der sich leicht von der Wand abstieß und böse lächelnd und mit Hilfe der kleinen Fee Kikuileh voraus ging, ihn in einen leeren Klassenraum führte. Kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, fiel seine Maske und blanker Hass kam zum Vorschein. „Hast du dich gut amüsiert, vorgestern? Habt ihr über mich gelacht? Eure Witze gerissen, wie naiv und leicht ich zu haben bin? HAST DU DICH DAMIT GEBRÜSTET, HARRY POTTER DEN FÜR IHN ERSTEN KUSS GESTOHLEN ZU HABEN? HAT ES DIR FREUDE BEREITET?“, schrie er außer sich vor Wut. „WAR ES LUSTIG?“ Draco wich einen Schritt zurück, als Harry einen auf ihn zu machte. So hasserfüllt hatte er ihn noch nie gesehen. Hatte es ihn wirklich so sehr verletzt? Das war doch gar nicht seine Absicht gewesen! „DU SAGST JA SCHON WIEDER NICHTS! Ist es, weil deine Freunde nicht bei dir sind? KANNST DU OHNE SIE NICHT SPRECHEN?“, fauchte der Schwarzhaarige weiter. „Oder hat es dir die Sprache verschlagen, weil ich dich durchschaut habe?“ Langsam und drohend hob er den Zauberstab. Draco schluckte vor Nervosität. „Potter… Harry, ich…“ „Nenn mich nie wieder so!“, knurrte der Junge, der lebt, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Eine Angewohnheit sicher, nichts weiter, denn einem Blinden nutzte diese Geste nicht das Geringste. Es wirkte einfach nicht richtig. „Oder ich klatsch dich an die Wand!“ Wieder wich Draco zurück, zog nun ebenfalls seinen Zauberstab. Harry schien es ganz offensichtlich ernst zu meinen. „Hör mir doch erstmal…“ „Sprich, ich höre!“, unterbrach der Schwarzhaarige ihn und er verschränkte die Arme erneut vor dem Körper, den Zauberstab immer noch in der Hand, aber nicht mehr bedrohlich gehoben. Der blonde Slytherin nickte und räusperte sich nervös. „Das, was ich… was ich draußen, vorgestern…“ „Sprich endlich!“, schnappte Harry und Draco überwand seine Scham. Er wollte den anderen nicht noch mehr aufregen. „Ich habe es ihnen nicht erzählt.“, sagte er. „Und ich habe es wirklich ernst gemeint.“ Von Harry kam nur ein hohles Lachen. „Natürlich, Draco Malfoy hat seiner Gefolgschaft nicht davon erzählt, dass er Harry Potter wieder einmal gedemütigt hat. … ERZÄHL MIR KEINE LÜGEN!“, fauchte er. In Draco machte sich Verzweiflung breit. Harry fasste den Kuss als Demütigung auf? Warum? Er hatte gedacht, nachdem Harry freiwillig zu ihm zum Reden gekommen war, würde es nicht mehr so rüberkommen. „Bitte… hör auf.“, flüsterte er mit erstickter Stimme. Harry lachte wieder. „Oh, jetzt auf die Mitleidtour. SCHRECKST DU DENN VOR GAR NICHTS ZURÜCK?“, schrie er. „HÖR ENDLICH AUF!“ Schweigen trat ein, nur durchbrochen durch das rhythmische Klopfen von Harrys ungeduldigem Fuß. Draco seufzte, setzte zum Sprechen an, doch vorher sprach er den Silencium, was Harry ein ungeduldiges Stirnrunzeln entlockte. Er hatte ihn von einem der Siebtklässler gelernt, nachdem er bei Harrys Lehrversuch geflohen war. „Schon okay, Harry… Entschuldige… Also, hör zu.“ Er drehte sich um und ging zum Fenster, um seine Augen in die Ferne zu richten und so seine Gedanken zu ordnen. Ganz egal was er sagte, alles klang dämlich oder schnulzig. Auf jeden Fall musste er sich irgendwie erklären, auch wenn Harry ihm höchstwahrscheinlich nicht glaubte. Wieder seufzte er. „Weißt du, was das Schlimmste an den Todessern ist?“, begann er. Eigentlich war es so gar nicht das, was er hatte sagen wollen. Und Harrys Reaktion, die nur aus einem unwilligen, ungnädigen Knurren bestand, war so auch nicht vorgesehen. „Sie haben keinen freien Willen.“, beantwortete er sich die Frage selbst. „Ist ja mal was ganz neues!“, schnappte Harry. Seine Wut war nicht verflogen, auch wenn er sie jetzt fast unter Kontrolle hatte. Aber nur fast. „Immerhin scheinst du doch wenigstens soviel Hirn zu haben, dass du das gemerkt hast! Im Gegensatz zu deinem verehrten Herr Vater scheinst du Charakter zu haben!“ „Lass meinen Vater aus dem Spiel.“, sagte Draco ruhig. „Der tut hier nichts zur Sache. Ich bin nicht mein Vater!“ Schnauben, doch Draco ging nicht weiter darauf ein. „Sie müssen tun, was ihnen gesagt wird. Bedingungsloser Gehorsam, das ist es, was der Dunkle Lord von ihnen fordert. Und das ist es, was mein Vater seit meiner Geburt von mir fordert.“ „Ich dachte, ich solle deinen Vater aus dem Spiel lassen.“, stichelte Harry mit zusammengebissenen Zähnen. Draco antwortete nicht. „Ich habe dich letztes Jahr beobachtet.“ „Was du nicht sagst. Wie komme ich zu der Ehre?“ „Moody.“ „Moody?“ „Er war wie Karkaroff ein Todesser. Ich wollte wissen, ob du es bemerkst…“ Es kam keine Reaktion von hinten, also sprach Draco weiter, spielte gedankenverloren mit dem Vertrauensschülerabzeichen an seiner Brust. „Ich habe dich im Auge behalten.“ „Und dich über mich lustig gemacht!“, warf der Schwarzhaarige wieder ein. „Alles Fassade.“, gab Draco zu. „Na klar!“, kam der Ironie triefende Einwurf. „Zum Ende zumindest. Du musstest viel durchmachen.“ Schweigen. „Die Drachen waren nur eine Sache. Die Idee mit dem Besen war echt klasse, hätte ich wohl nicht dran gedacht, aber das letzte Manöver… Ich hätte mich nicht mal getraut, so was zu versuchen.“ Immer noch keine Antwort. „Die Kimmkorn hat in deinem Leben rumgeschnüffelt und dich bloßgestellt, die Schülerschaft hat sich auf Cedrics Seite geschlagen und dich niedergemacht und dein komischer Freund hat dir Vorwürfe dafür gemacht, dass du seinen Namen nicht auch in den Feuerkelch geworfen hast. Aber das Schlimmste war, denke ich, dass am Ende der Dunkle Lord auf dich gewartet hat. Als ich davon erfuhr, wie feige er Diggory umgebracht hat…“ Er verstummte und einige Zeit herrschte unangenehmes Schweigen, doch dann ergriff Harry wieder das Wort, seine Stimme kalt wie Eis. „Es fehlt das Amen, um die Beichte abzuschließen!“, knurrte er. „Was soll das Ganze überhaupt? Wieso machst du dir plötzlich darüber Gedanken, wie ich mich gefühlt haben könnte? Es hat dich doch sonst nie interessiert und es geht dich auch absolut nichts an!“ Das Lächeln wurde breiter. „Mein Vater hat mir in den Ferien vom Tag der Auferstehung erzählt.“, sagte er traurig. „Er meint, die Zeit sei reif und ich solle mich den Reihen des Lords anschließen, meinte, ich solle ihm den Beweis liefern, dass ich dazu bereit sei, indem ich einen Muggel, deinen fetten Cousin, töte.“ „Wie ich sehe, hast du nicht.“ Seine Stimme klang ruhiger, aber nicht wirklich versöhnlich. „Ich habe mich geweigert und zur Strafe Crucio ertragen.“ Harry erschauderte, als er an die Demonstration Moodys an der Spinne dachte. Das arme Tier hatte sich vor Schmerzen gewunden. Erst danach fiel ihm seine eigene Erfahrung im Kampf gegen Voldemort im Sommer ein; es war schon erstaunlich, wie schnell man so etwas verdrängen konnte. „Er hat es mit Imperio versucht, um meinen Widerstand zu brechen, aber sein Training die Jahre zuvor hat gewirkt. Der Spruch konnte mir nichts anhaben. Am Ende hat er mir mit dem Avada gedroht, aber da ist meine Mutter dazwischen gegangen. Hätte sie nichts gesagt, hätte er mich wahrscheinlich umgebracht.“ Er legte eine Hand an die Scheibe und lächelte bei dem Gedanken an seine Mutter. „Und die ganze Zeit hat mich nur der Gedanke an dein Durchhaltevermögen während des Trimagischen Turniers angespornt. Ich wollte nicht hinter dir zurückbleiben. Ich wollte mein Leben, so wie du, selbst in die Hand nehmen und…“ Leise lachte er, drehte sich um und erstarrte in hilflosem Schrecken. Harry stand da, die Arme hingen schwer an seinen Seiten, der Kopf war gesenkt, so dass ihm die Ponyfransen ins Gesicht fielen, aber trotz allem konnte er die Tränen auf den Wangen sehen. Silbern rollten sie über blasse Haut und tropften perlengleich zu Boden. „Harry?“, erkundigte er sich besorgt und kam zu ihm. Vorsichtig streckte er die Hand aus, um ihn zu berühren, doch sie wurde weg geschlagen, bevor er ihn erreichte. „Fass mich nicht an!“, fauchte Harry, taumelte zurück und stieß gegen das Lehrerpult. „Wieso kannst du nicht einfach sein wie die anderen? Mich hassen oder als Held verehren, damit ich dich verachten kann! Wieso musst du versuchen, mir ebenbürtig zu sein? Wieso willst du…“ Er sank an dem harten Holz zu Boden, presste die Hände auf die Ohren, um Dracos Antwort auszusperren, doch sie bestand nicht aus Worten. Leise und vorsichtig kam der Blonde näher, ließ sich neben ihm auf die Knie sinken und zwang die Hände von den Ohren. Er sah ihm direkt ins Gesicht, in die leeren, grünen Augen, beugte sich ein wenig vor. „Willst du mir nicht wenigstens eine Chance geben?“ Harry schluchzte. „Und wenn es nur eine Lüge war? Wenn du dir das alles nur ausgedacht hast, um mich zu verraten? Mich zu hintergehen und zu verletzen, um mich am Ende an Voldemort auszuliefern?“ Draco schloss die Augen. Harrys Einwände waren berechtigt. Wieso sollte er seinem einstigen Feind plötzlich und ohne ersichtlichen Grund vertrauen? „Ich gebe dir mein Wort.“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Es liegt an dir, welchen Wert du dem beimisst.“ Harry keuchte hilflos, als die Tränen wieder zu fließen begannen, zog seine Hände aus Malfoys Griff und zog sie an die Brust. Was sollte er denn jetzt tun? Er wollte ihn. Er wollte Draco. Sein Körper jedenfalls sehnte sich danach, seit dem Kuss draußen in den Hogwartsgründen, das wurde ihm allmählich klar, doch… Konnte er ihm trauen? Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf, Bilder eines Tages, den sie mit Hermione zusammen in der Bibliothek gesessen hatten. Sie hatten damals über Schwüre geredet, über einen bestimmten Schwur… über… Das Zittern ließ nach und Draco, der geduldig neben ihm hockte, merkte es sofort. „Hast du dich entschieden?“ Harry war ernst, als er antwortete. „Würdest du mir einen Schwur leisten?“ Überrascht nickte Draco, ohne auch nur im Entferntesten zu ahnen, worauf er sich da einließ. Und Harry lächelte abfällig. „Vielleicht solltest du dir zuerst anhören, was und wie du schwören sollst.“, meinte er. Draco blinkte, Verwirrung machte sich breit, aber dann nickte er wieder. „Was verlangst du?“ Im Grunde war es ihm gar nicht recht, dass er Harry nur so überzeugen konnte, aber was hatte er denn für eine Wahl? Er konnte sich zurückziehen und ihn in Ruhe lassen oder er blieb und leistete diesen Schwur, von dem er nicht einmal wusste, was er beinhaltete. „Ich will die Gewissheit, dass du es wegen mir tust und nicht für Voldemort.“ Klasse, wunderbar. Und wieder ging es um diesen missratenen Bastard, der die ganze Welt in Atem hielt. Wie sollte es auch anders sein? „Soll ich es so schwören?“ Kopfschütteln. „Schwöre mir, dass, bevor er mich tötet, du es sein wirst, der mein Herz durchbohrt.“ Draco starrte ihn entsetzt an, fassungslos. Was war denn das für eine bescheuerte Forderung? Wenn nicht Voldemort, dann er? Wollte Harry unbedingt sterben? „Wieso nicht: ‚Beschütze mich vor ihm!’?“, wollte er wissen. Er war aufgewühlt, konnte es nicht glauben. Harry lächelte süß. „Meinst du wirklich, du könntest mich vor Voldemort beschützen?“ „Lass diesen Namen weg!“ „Ich sage diesen Namen sooft ich will. Also, meinst du, du könntest? Selbst wenn du ein Todesser wärst, würde er dich nicht verschonen, solltest du dich vor mich stellen. Und wenn du mich nicht beschützten wolltest, würdest du klanglos sterben, keine wirklich gute Strafe, weil es keiner erfahren würde.“ Das Lächeln wurde verträumt. „Wenn du mich aber tötest, weil du mich an Voldemort ausgeliefert hast und deinen Schwur erfüllst, um zu überleben, dann wird er dich zu Tode foltern, weil mein Tod seiner Hand vorbehalten ist. Du würdest es dir also dreimal überlegen, ob du mich verrätst. Andererseits… der Schwur schließt Beschützen ja nicht aus.“ Der Blonde starrte ihn an. Er hätte nie erwartet, dass Harry so böse sein konnte, hätte ihm eine so abgrundtiefe Forderung niemals zugetraut. Ganz egal wie er sich entschied, dieser Schwur war sein Todesurteil, sollte Harry in des Dunklen Lords Gewalt geraten. Das hieß, sobald er ihn verriet, opferte er sein Leben, aber auch wenn Harry durch die Schuld eines anderen in Gefahr geriet, würde er sterben… „Du bist hart.“, sagte er leise, aber er erwartete keine Antwort darauf. Wenn er es recht bedachte, hätte er wohl etwas Ähnliches gefordert an Harrys Stelle. Nur, war er bereit, einen solch schwerwiegenden Schwur zu leisten? Liebte er diesen Jungen vor sich wirklich so sehr? Eher nicht. Aber… „Woher willst du wissen, ob ich mich daran halte?“ „Es ist ein magischer Schwur. Unbrechbar. Du würdest dein Leben verlieren, wenn du ihn trotzdem zu brechen versuchst.“ Draco schwieg eine ganze Zeit, beobachtete Harry, der reglos vor ihm saß. Konnte er damit leben? Er hatte nicht vor, Harry zu hintergehen, und der Schwur würde nur Nachteile für ihn bringen. Und dann war er sich nicht einmal sicher. Würde er ihn töten können? Wieso konnte der Schwarzhaarige nicht einfach seinem Wort vertrauen? „Es tut mir Leid.“, flüsterte er irgendwann und erhob sich. Traurig blickte er auf Harry hinab, der wissend vor sich hinlächelte. „Einen solchen Schwur kann ich dir nicht leisten.“ Harry nickte leicht, das Lächeln wurde melancholisch. „Ich weiß.“, sagte er. „Niemand würde so etwas tun. Jedenfalls niemand, der noch ganz bei Trost ist… nur ein Todesser, dem das Wohl des Meisters allein am Herzen liegt.“ Der blonde Junge wartete, doch als nichts mehr kam, wandte er sich zum Gehen. Die Hand lag schon auf der Klinke, als er noch einmal zu sprechen anhob. „Zwei Dinge noch. Als erstes möchte ich, dass du weißt, dass ich weiterhin versuchen werde, dich zu überzeugen.“ Hinter ihm ertönte ein leises Lachen, das er aber geflissentlich überging. „Und zweitens solltest du dich nicht wundern, wenn ich in Anwesenheit meiner Freunde mein gewohntes Verhalten an den Tag lege. Ich lege nämlich weder gesonderten Wert darauf, von ihnen geschnitten zu werden, noch darauf, dass der Dunkle Lord mich am Ende zum Lockvogel macht, denn ob du’s glaubst oder nicht, ich will nicht, dass er dich kriegt!“ Damit fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und Harry blieb allein zurück. Stumm und bewegungslos starrte er in die ewige Dunkelheit, ließ die Tränen laufen, die zurückgekommen waren, als das Knallen der Tür ertönt war. Irgendwo im Schloss klang die Glocke, die den Beginn des nächsten Unterrichts ankündigte, doch Harry rührte sich noch immer nicht. Dieser Raum wurde selten benutzt, so auch heute nicht --- zum Glück! Irgendwann erhob sich der Junge, der lebt, und ging gedankenverloren zurück in den Gryffindorgemeinschaftsraum, wo er sich an den Kamin setzte. Ihm war kalt. Eisig kalt. Er musste etwas dagegen tun. Ein Wort, ein Wink mit dem Zauberstab und ein helles Feuer prasselte im Kamin, wärmte die laue Sommerluft, doch von der Wärme bekam Harry nichts mit. Gedanken kreisten in seinem Kopf, bildeten wirbelnde Strudel und ließen nichts zurück. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, außer: Er hasst mich endgültig! Ich habe es mir mit ihm verdorben! Erklären konnte er nicht, warum es ihm plötzlich etwas ausmachte. Früher hatte er Malfoys Hass doch regelrecht gesucht. Warum wollte er jetzt Freundschaft von ihm? Oder war es vielleicht wirklich Liebe, die er wollte? Ihm war bisher gar nicht klar gewesen, dass er auf Männer stand. Letztes Jahr war es noch Cho Chang gewesen, für die er schwärmte. Was hatte sich geändert? ‚Alles’, beantwortete er sich die Frage selbst. Das Feuer loderte heller und höher. ‚Es hat sich einfach alles geändert. Ich habe mich verändert.’ Etwas schlüpfte unter seinen Umhang, doch er beachtete Kikuileh gar nicht, die sich vor der Hitze des Feuers versteckte. Auch das Knarren des Portraitlochs und die erstaunten Stimmen hörte er nicht. „Was ist denn hier los?“, stöhnte George Weasley, der als erster durch das Loch in den Gemeinschaftsraum kletterte. „Diese Hitze ist ja nicht auszuhalten! Wer macht denn mitten im Sommer das Feuer an?“ Er machte Platz für die nachfolgenden Schüler, unter anderen für Fred, der sich geblendet die Augen beschattete. „Was soll das?“, rief er. „Sind die Hauselfen verrückt geworden?“ Durch das Rauschen des Feuers im Kamin war seine Stimme kaum zu hören. „Es ist total stickig hier. Kann mal jemand das Fenster aufmachen?“, forderte Lee und öffnete die Knöpfe seines Umhangs. „Das ist ja, als würde man gegen eine Wand laufen!“ Angelina Johnson tat ihm diesen Gefallen gerne und blieb gleich am Fenster stehen, um sich kühle, frische Luft zuzufächeln. „Mach doch mal einer das Feuer aus!“, rief sie in den Raum zurück.“ George richtete seinen Zauberstab auf den Kamin und sagte den dazu nötigen Spruch, doch nichts passierte. Verwundert besah er sich das hölzerne Instrument. Lachend kam Fred zu ihm. „Bist du zum Squib geworden?“, scherzte er feixend und versuchte es seinerseits. Fehlschlag. Das Lachen blieb ihm im Halse stecken. „Was treibt ihr Zwei da eigentlich?“, murrte Alicia Spinnet. „Könnt ihr zwei Witzbolde nicht mal ein Feuer löschen?“ Sie trat an den beiden vorbei, zückte ihren Zauberstab und versuchte es selbst. Ohne Erfolg. „Wer ist hier also unfähig?“, stichelte Fred böse, doch das blonde Mädchen verdrehte nur die Augen. Erneut richtete sie den Zauberstab auf den Kamin. „Minui!“, rief sie und die Hitze verschwand, wenngleich das Feuer ungemindert weiterloderte. George staunte. „Klasse Idee!“, murmelte er baff. Dann grinste er. „Bist du noch frei?“ Doch sie schenkte ihm keine Beachtung, war derartige Sprüche schon gewohnt. „Wir sollten Professor McGonagall Bescheid sagen. Das hier könnte Gefahr bedeuten, vielleicht weiß sie, was wir tun sollen.“, machte sie deutlich, was sie dachte. „Und ich denke, Lee ist dafür der Richtige.“ Der Schwarze starrte sie ungläubig an. „Aber wieso ich?“ „Jetzt!“, schnappte sie und er war verschwunden. „Moment mal, Leute.“, wurde Angelina plötzlich aufmerksam. „Da sitzt jemand. Direkt vor dem Feuer!“ Sie zeigte auf den roten Sessel und machte ein paar Schritte in den Raum. Von ihrer Position aus konnte sie Harry nicht erkennen, sah nur ein paar Schatten und Haare. Fred und George waren schneller. Wer hielt diese Hitze aus der Nähe aus, ohne zu verkokeln? Das musste sie herausfinden! Und sie waren entsetzt, als sie den Sessel erreichten und um die Lehne herumlugten. Harry saß da wie eine Puppe so leblos. Seine Augen blickten starr in die lodernden Flammen, glänzten stumpf wie korrodiertes Glas, die Haut war weißlich, die Wangen gerötet von der Hitze. Die Haare bewegten sich leicht im Luftzug des Fensters. Auch die anderen kamen. „Harry, was tust du da?“, wollte Fred atemlos wissen. Er erhielt keine Reaktion und wechselte einen besorgten Blick mit George. Das kannten sie von den Sommerferien. Als Harry im Fuchsbau aufgetaucht war, war er genauso gewesen. Völlig neben der Spur. Der zweite Weasley-Zwilling beugte sich leicht vor. „Harry?“ Er streckte die Hand aus, um ihn an der Schulter zu berühren, als plötzlich ein Ruck durch den vorher reglosen Körper ging, der Zauberstab durch die Luft peitschte und Georges Finger gegen eine unsichtbare Mauer stießen. Angelina hob eine Augenbraue. „Was war das?“, erkundigte sie sich. Noch einmal tippte George gegen den Widerstand. „Er hat einen Schild errichtet.“, sagte er klipp und klar, einzig sein Gesicht verriet seine Gefühle. „Warum sollte er das tun?“, versuchte Alicia mit ihrer logischen Art zu argumentieren. „Keiner hier tut ihm was!“ Fred schickte ihr einen bösen Blick. Er hatte etwas Ähnliches erlebt, ebenfalls über die Sommerferien, als Harry einen Alptraum gehabt hatte. Auch da hatte der Schwarzhaarige niemanden an sich heran gelassen. Aber er hatte versprochen, das niemandem zu sagen. „Harry! Hörst du uns?“ Keine Reaktion. „Harry! Wach auf! Du röstest uns alle!“ Diesmal wurde der Schild kleiner. „Harry, es reicht jetzt wirklich!“, kam George seinem Bruder zu Hilfe. „Du bringst uns noch alle um!“ „Was ist denn hier los?“ Ron und Hermione waren zusammen mit ihrer Klasse vom Unterricht zurück. „Macht das Feuer aus!“ Angelina schnaubte abfällig. „Würden wir ja, aber unser Held hier lässt uns nicht.“, bedeutete sie ihnen mit einer Geste Richtung Harry. Ron trat zu Fred, der links neben dem Sessel stand, und traute seinen Augen kaum, als er Harry erblickte. „Das ist nicht wahr.“, flüsterte er ungläubig. Der Schwarzhaarige hatte ihm doch versprochen, das nie wieder zu tun! Sekundenlang war er sprachlos, aber dann donnerte er richtig los, dass alle Anwesenden einen respektvollen Schritt zurückwichen. „Hast du den Verstand verloren?“, brüllte er. „Erst fackelst du den halben Laden hier ab und dann errichtest du einen Schutzschild, um uns daran zu hindern, dich zu wecken und uns alle zu retten? So läuft das nicht!“ Er streckte die Hand aus, der Schutzschild brach, und Ron nahm Harry den Zauberstab weg. „Wenn du schläfst, ist dieses Teil eine echte Gefahr für deine Umwelt!“, murrte er, jetzt schon wesentlich ruhiger. Harry blinzelte, bewegte sich sacht. „Ron?“ „Ja. Mach das Feuer aus.“ „Das Feuer?“ „Ja! Es ist zu warm hier drin!“ „Mir ist kalt.“ Stille, keiner sagte ein Wort. Wie konnte Harry bei dieser Affenhitze hier drinnen kalt sein? Schließlich war es Hermione, die das Schweigen durchbrach. „Mach das Feuer aus, Harry, und geh dann ins Bett. Vielleicht brauchst du nur ein wenig Schlaf.“, sagte sie und nahm seine Hand, um ihm aufzuhelfen. Sie war wirklich eiskalt. Das Mädchen schickte Ron einen bedeutungsvollen Blick. „Andererseits bringen wir dich vielleicht auch besser gleich auf die Krankenstation.“ Sie zog Harry mit Hilfe von Ron in die Höhe und zu dritt bahnten sie sich einen Weg durch die Älteren, die sprachlos gafften. „Harry! Das Feuer!“, rief ihnen Fred hinterher und im nächsten Moment fielen die Flammen in sich zusammen. Das Feuer erstarb. Mme Pomfrey schüttelte über Harrys Werte den Kopf. Sie hatte an dieser Schule schon viel gesehen, aber das noch nie. Alle Werte wiesen auf einen übermäßigen Gebrauch von Magie hin, aber wieso und vor allem wann nutzte ein Schüler schon mal so viel Magie, dass er an seine Grenzen stieß? „Mr Weasley, würden Sie mir sagen, welche Zauber Mr Potter in den letzten zwei Tagen benutzt hat?“ Ron blinzelte verwirrt, sah von Harrys schlafendem Gesicht auf. „Die üblichen.“, antwortete er. „Wir haben die Verformung von Metallen geübt.“, gab Hermione ausführlicher Auskunft. „Außerdem haben wir in der Freizeit wiederholt, was wir die letzten Jahre gelernt haben. Schwebezauber, Elementarzauber und andere…“ „Aber das allein kann es nicht gewesen sein.“, warf Mme Pomfrey ein. Ron schüttelte den Kopf. „Er nutzt Accio ziemlich häufig und noch ein paar andere Zauber.“ „Mr Weasley, Mr Potter leidet unter Erschöpfung seiner magischen Energie. Diese Kinkerlitzchen können seinen Energiehaushalt wohl kaum soweit geleert haben!“, erklärte sie ernst. „Denken Sie nach. Hat er noch irgendetwas anderes gezaubert außer Accio?“ Diesmal nickte Ron. „Er kleidet sich mit einem Zauber an, spricht telepatisch mit diesem Vieh…“ Er deutete auf die kleine Fee, die besorgt auf Harrys Brust saß und an seinem Herzen lauschte, wie sie es zuvor bei Mme Pomfrey mit ihrem magischen Stethoskope gesehen hatte. „… er sagt, das erfordere Magie… dann führt er eine magische Feder und kennt einen Zauber, der ihm das Lesen mit den Fingern ermöglicht…“ „Nicht zu vergessen das Feuer im Gemeinschaftsraum.“, warf Hermione ein, dann senkte sie plötzlich den Kopf und legte den Finger ans Kinn. „Andererseits hat er gestern lange geschlafen. Da hat er gar nicht gezaubert.“ Mme Pomfrey sah sie ernst an. „Das ist alles nicht so tragisch. Unter normalen Umständen dürfte ihn das bisschen Zauberei nichts anhaben… Mal etwas anderes: Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen?“ Ron und Hermione wechselten einen Blick. „Heute Morgen.“ Die Medihexe schüttelte den Kopf. „Die Werte besagen eindeutig, dass es schon länger her ist. Irgendwann samstags, schätze ich.“ Wieder wurde ein Blick gewechselt. „Ihm war gestern nicht gut.“, versuchte Ron zu erklären, doch Mme Pomfrey würgte ihn ab. „Dann hätte er zu mir kommen sollen!“, rief sie und ließ einen weiteren Zauber über Harry hinwegfegen. „Dafür ist der Krankenflügel da! Damit man hingeht, wenn es einem mal nicht gut geht, und sich behandeln lässt!“ Sie betrachtete die goldenen Lettern, die über dem schlafenden Patienten schweben, kritisch. „Ich denke, er braucht ein, zwei Tage Ruhe. Und das bedeutet für Sie beide, dass sie jetzt gehen!“ „Aber Madame!“ Ein scharfer Blick brachte Hermione zum Verstummen und die Zwei traten den strategischen Rückzug an. „Dürfen wir ihn morgen besuchen?“ Kurz überlegte die betagte Dame, wollte zuerst schon widersprechen, nickte dann aber. „Mit einer Bedingung: Erst nach Mittag und maximal eine halbe Stunde!“ Ernstes Nicken, dann waren sie verschwunden und Mme Pomfrey widmete sich wieder ganz Harry, der selenruhig schlief. Mitten in der Nacht wurde Mme Pomfrey dann plötzlich wach. Etwas hatte sie geweckt. Ein Geräusch, das ihr nicht unbekannt war, aber zu dieser Jahreszeit doch ungewohnt: das Prasseln von Feuer. Aus dem Nebenraum, in dem Harry lag. Sie stand auf und ging hinüber. Im Kamin loderte ein hohes, heißes Feuer, erwärmte den Raum auf unangenehme Temperaturen. Sie zückte ihren Zauberstab, murmelte leise ein paar Worte und das Feuer erstarb. Dann sah sie nach Harry. Der Patient lag zusammengekauert am Fußende des Bettes, vollkommen eingemummelt in die Decke. Er zitterte. Offensichtlich war ihm kalt. Das wunderte Mme Pomfrey gar nicht. Wenn Harry versuchte, mit Magie seine durch Erschöpfung verursachte Kälte zu kurieren, fing er sich in einem unausweichlichen Teufelskreis. Es half alles nichts, sie musste ihm wohl oder übel etwas dagegen verabreichen, wenn Ruhe alleine nichts brachte. Sie seufzte und ging zum Schrank, nahm eine kleine Phiole heraus. Damit ging sie zu Harry zurück und flößte diesem den dunkelblauen Trank ein. Zuerst wehrte sich der Junge noch dagegen, ohne überhaupt wach zu werden, aber schlussendlich trank er ihn doch. Wenige Augenblicke später hörte das Zittern auf. Mme Pomfrey nahm Harry den Zauberstab ab, bevor sie wieder nach hinten in ihren Schlafsaal ging, um weitere Zauberaktivitäten zu unterbinden. Und scheinbar wirkte es Wunder. Als Harry am nächsten, sehr späten Morgen erwachte, sah er schon nicht mehr ganz so blass aus und wirkte richtiggehend munter und gut gelaunt. Nur verflog diese gute Laune, als sie ihm mitteilte, dass er ab sofort für die nächsten zwei Tage Zauberverbot hatte. „Was soll ich denn ohne Magie machen?“, fragte er aufgebracht. „Ich darf nur im Bett liegen, kann nicht lesen, nicht schreiben, nicht lernen, nicht gar nichts! Und soweit ich das mitbekommen habe, darf ich auch keinen Besuch empfangen. Was bitte soll das bringen?“ Die Medihexe lächelte über seine Empörung. War er gestern also nicht ganz so ohnmächtig gewesen, wie sie gedacht hatte… „Ruhen Sie sich aus.“ „Ich werde vor Langeweile sterben!“, rief Harry aus. „Langeweile ist genau das, was Sie jetzt brauchen.“, war die bittersüße Antwort. Harry resignierte, tastete nach seinem Umhang und beförderte seinen MP3-Player zutage. Sie musste ja nicht wissen, dass das kleine Ding, das sonst nur mit Batterien funktionierte, längst keinen Saft mehr hatte und jetzt mit Magie lief. Am Nachmittag kamen Ron, Hermione und die Zwillinge vorbei und machten dem Patienten ihre Aufwartung. Sie waren besorgt, verstanden Harrys Symptome genauso wenig wie Mme Pomfrey und wollten deshalb wissen, wie es ihm ging. Sie wurden in dem Moment beruhigt, als sie hereinkamen und Harry mit der Krankenschwester streiten hörten. „Glauben Sie mir doch!“, rief Harry gerade. Er saß im Bett und fuchtelte unsinnig mit den Armen in der Luft herum. Neben ihm stand ein Tablett, das restlos leer war. Er hatte also etwas gegessen. „Mir geht es gut!“ „Das könnte man wirklich meinen, so aufgeregt wie Sie sind.“, war die trockene Erwiderung. „Was aber nichts daran ändert, dass Sie noch bis übermorgen hier bleiben werden!“, schnitt sie ihm schon im Voraus den Protest ab. Harry verdrehte die Augen. „Wie stellen Sie sich vor, dass ich das überlebe?“ „Mit viel Ruhe. Mit viel Schlaf!“ „Ohaahhhhhhhhhhhhhh! Ron! Jetzt hilf mir doch mal!“ Die vier Besucher waren stehen geblieben, kaum dass sie den Raum betreten hatten, und natürlich war das Kikuileh nicht entgangen. Sie hatten wohl noch nie einen derart munteren Patienten gesehen. Ron fand auch nur langsam aus seinem Staunen heraus. „Äh, ich…“ „Sehr hilfreich! Wirklich!“, knurrte Harry, dann änderte sich sein Verhalten von einer Sekunde zur anderen. Er lächelte, lehnte sich zurück und meinte: „Ich freue mich trotzdem, dass ihr da seid!“ --------------------+++++++++++++++++++++----------------------------- Na? War ich fleißig? Massig Seiten und dazu viel Inhalt. Hat es einer erwartet? Wusste einer, dass Harry so reagiert? Wusste einer, dass Dray so reagiert? Was sagt ihr zu Snape und seiner Hirnerweichung? Jaja, viele Fragen, vielleicht kann sie mir der eine oder andere beantworten? *ganz lieb bitte bitte sag* Leute, ich benötige hier wohl eure Hilfe. Vielleicht, wenn es falsch ist, kann mir einer die Beschreibung der Quiddichgrazien (Angelina, Alicia und Katie) geben. Ich hab sie in den Büchern nicht gefunden. Apropos. Ich bekomme immer wieder fragen, die sich auf den Inhalt beziehen. Stellt sie ruhig, es erinnert mich daran, dass ihr ja nicht in meinem Kopf drinsteckt und ich euch sagen muss, was ich meine, aber habt Geduld mit mir. Es werden wirklich noch viele Kapitel und damit hab ich viel Zeit sie zu beantworten und euch ein wenig auf die Folter zu spannen. Mit diesen Worten: Mata ne! Wir lesen uns! Nihil auctoritates habere appulsus ---------------------------------- Titel: Nihil auctoritates habere appulsus Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 16: Nihil auctoritates habere appulsus Donnerstag früh ließ Mme Pomfrey ihn wieder gehen, zwar noch nicht zum Frühstück, denn sie wollte ihn noch einmal untersuchen, doch pünktlich zum Unterricht stand er vor der Tür zum Verwandlungsraum. Hermione und Ron begrüßten ihn erfreut und während letzterer sich bei ihm einhakte, ratterte das Mädchen herunter, was sie in den letzten Stunden alles gelernt hatten. Harry hörte nur mit einem Ohr hin. Es war unwichtig, denn sie würde es ihm später eh alles noch einmal sagen. Aber vorerst bekam er Fragen gestellt. Fragen von Seamus, Dean und Neville, von den Mädchen der Gryffindors, die wissen wollten, warum er so lange gefehlt hatte und was passiert war. Und Fragen von den Slytherins, die eher darauf abzielten, ihn zu verletzen. Doch er beantwortete keine davon. Es ging niemanden was an, außer ihn und Malfoy. Er setzte sich auf seinen Platz, zwischen Ron und Hermione, die ihn so wenigstens etwas zu schützen vermochten. Im Hintergrund hörte er Malfoy höhnen. ‚Du solltest dich nicht wundern, wenn ich in Anwesenheit meiner Freunde mein gewohntes Verhalten an den Tag lege.’ Malfoy hatte es ihm prophezeit. Er hatte ihm gesagt, dass er sich nicht ändern würde, aber dennoch tat es weh. Er kam sich wertlos vor, verraten und verkauft… Im Grunde sollte er sich nichts daraus machen, sich nicht darum kümmern, es als unwichtig abstempeln und einfach wie zuvor weiterleben, aber das ging irgendwie auch nicht. Er wollte ihm doch vertrauen. Er wollte es wirklich! Aber wie sollte das unter den gegebenen Umständen gehen? Wie Regen rauschte der Unterricht an ihm vorbei, selbst seine Musik hörte er nicht. Reglos starrte er vor sich hin ins Leere, Malfoys Worte hallten durch seine Gedanken, ließen ihm keine Ruhe, trieben ihm die Tränen in die Augen, doch er drängte sie gekonnt zurück, bis nur noch Leere übrig blieb. Dann war der Unterricht zu Ende und als nächstes kam Verteidigung gegen die dunklen Künste. Es hob seine Laune nicht unbedingt. Zwar hatte Raindoom diesmal einen echten Spruch im Programm seines Lehrplans, einen mittelmäßig starken Angriff, aber allein die Anwesenheit des Lehrers allein war schon frustrierend genug. Immer wieder nahm er Harry dran, fragte ihn die unmöglichsten Dinge und der Schwarzhaarige fühlte sich unangenehm an die erste Stunde bei Snape erinnert. Und bei jeder Antwort hörte er Malfoys kaum verhohlenes Lachen. Es war wie ein Messer, das man ihm in den Körper trieb, immer ein Stückchen weiter. Am Ende sollte er den Zauber, den sie gelernt hatten, vorführen, der Gipfel der Gemeinheit, wo ihn Dumbledore doch förmlich vom öffentlichen Zaubern befreit hatte, aber das schien dem Grafen Von und Zu egal zu sein. Verzweifelt suchte er Hilfe bei Hermione, doch er wusste gleichzeitig, dass sie ihm nicht helfen konnte. Er musste das ganz allein überstehen. Seine Beine waren wie Blei, als er aufstand und nach vorne ging. Schon jetzt wusste er, dass das nur in einer Katastrophe enden konnte, wenn er vorher keine Zeit hatte, den Zauber für sich allein zu üben, um seine Kraft auch nur einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. Und dennoch ging er weiter, stellte sich mit ausdruckslosem Gesicht dem Lehrer gegenüber. „Halten Sie besser einen starken Schild bereit.“, murmelte er leise. Der ältere Herr reagierte auf den gut gemeinten Rat mit tobender Wut. „Was glauben Sie, wer Sie sind?“, keifte er. „Dieser Zauber, von einem Dreikäsehoch wie Ihnen gesprochen, kann doch mir nichts anhaben! Nehmen Sie sich nicht die Frechheit heraus, mir Ratschläge erteilen zu wollen! Das werde ich unter gar keinen Umständen dulden!“ Harry schloss die Augen, Angst machte sich in ihm breit, Angst, den Lehrer zu verletzen. Selbst wenn er ihn hasste, er konnte doch keinen Lehrer tätlich angreifen! Oder? Schon als er den Zauberstab hob, sprühte die Spitze Funken, als würde das Gerät die Unsicherheit seines Besitzers spüren. Und von Raindoom war kein ausreichend starker Schild zu erwarten. Oder? Er begann die Bewegung des Zauberstabs und hörte schon die unbändige Vorfreude der Slytherins, die darauf hofften, dass etwas grandios schief gehen würde, was sie wieder einmal in die Position bringen würde, Harry nach allen Regeln der Kunst zu verspotten. Was verursachte der Zauber doch gleich? Ah ja, er verursachte wellenartige Leibkrämpfe und pulsierende Kopfschmerzen… nicht allzu schlimm eigentlich, aber… Er hatte auch mit einem harmlosen Wasserzauber einen Klassenraum geflutet. Oder einen Tisch mit einem Zauber in Flammen gesetzt, der zum Anzünden von lächerlichen Kerzen gedacht war. Wie wirkten sich zu starke Kopfschmerzen auf den menschlichen Organismus aus? Platzte einem der Schädel? Konnte man von zu starken Bauchschmerzen sterben? Er wollte Raindoom nicht umbringen. Nicht wirklich. Plötzlich begann er zu lächeln und senkte seine Hand mitsamt Zauberstab, brach den Zauber einfach ab. „Entschuldigen Sie, Sir, aber ich kann den Zauber nicht sprechen.“ Während einer Schrecksekunde herrschte Totenstille. Keiner konnte glauben, gehört zu haben, was Harry gesagt hatte, doch dann brach aus den Reihen der Slytherins schallendes Gelächter los. Harry konnte auch einige der Gryffindors verhalten lachen hören, war der Zauber doch eigentlich nicht wirklich schwer, doch es war ihm egal. Genauso wie es ihm egal war, dass Raindoom begonnen hatte, zu schimpfen und auf ihm herumzuhacken von wegen, erst große Töne spucken und dann kneifen und wie frech er das fände. Etwas anderes hatte Vorrang: Er konnte regelrecht spüren, wie sich Malfoys fassungslos wütender Blick in seinen Rücken bohrte. Und er konnte sein Lachen nicht ausmachen. Am Ende bekam er zwanzig Strafpunkte, völlig übertrieben, aber bei dem Hass, den Raindoom unerklärlicherweise ihm gegenüber hegte, dennoch zu erwarten, dann durfte er sich wieder setzen. Als er sich zwischen Ron und Hermione niederließ, fühlte er sogleich die beruhigende Hand der Braunhaarigen auf seiner und Kikuileh sagte ihm, dass sie lächelte, ja beinahe erleichtert aussah. Im Gegensatz zu Ron, der verständnislos drein blickte. Das Lachen verstummte, denn Raindoom sorgte wütend für Ruhe, die exakt bis zum Klingeln acht Minuten später anhielt, keine Sekunde länger. Und schon beim Hinausgehen musste sich Harry wieder massenweise Beleidigungen anhören, Hohn und Spott ertragen. Diese Stunde war ein gefundenes Fressen für die lästersüchtigen Slytherin. Doch anscheinend nicht für Malfoy. Der Blonde war wie vom Erdboden verschluckt. Kikuileh konnte ihn nirgends entdecken. Hermione drückte ihn an sich, sobald sie außer Sichtweite der anderen waren. „Ich bin so stolz auf dich!“, jauchzte sie ihm ins Ohr und bewirkte damit ein glückliches Lächeln auf Harrys Lippen, verstand doch wenigstens sie. Doch Ron war damit gar nicht einverstanden. „Wieso hast du ihn nicht weggepustet? Du hättest es doch gekonnt! Problemlos! Du hättest dich endlich mal für seine fiesen Aktionen die letzten Stunden rächen können!“ Harry wandte ihm etwas hilflos den Kopf zu, schon eine eher halbgare Antwort auf der Zunge, doch Hermione war schneller. „Und was glaubst du, wäre passiert, hätte sein Zauber Raindoom getroffen?“ Sekundenlang sah Ron seine Freundin an, dann zeigte sich Betroffenheit in seinem Gesicht. „Du meinst…“ „Ja, ich meine! Du hast doch erlebt, wie Zauber bei ihm außer Kontrolle geraten können!“ „Ja schon, aber…“ „Und du hast gesehen, dass sein Zauberstab vor Energie fast geplatzt wäre! Das kann dir unmöglich entgangen sein!“ „Ja, aber…“ „Kein Aber! Harry hat vollkommen richtig gehandelt!“, rief sie leidenschaftlich. „Hätte er den Zauber gewirkt, hätte wer weiß was passieren können!“ Ron gab sich geschlagen. Sie hatte ja Recht. Und trotzdem war es unbefriedigend, dass Raindoom wieder einmal gewonnen hatte. Und das auch noch kampflos! Hermione griff versöhnend lächelnd nach seiner Hand. „Überleg doch mal, Ron. Das schönste Geheimnis ist doch, ein Genie zu sein und es als Einziger zu wissen!“ Auf Harrys Wangen legte sich ein leichter Rotschimmer, als er die schmeichelhaften Worte vernahm, doch glücklicherweise bemerkte das keiner der beiden, denn Ron war viel zu verwirrt. „Wo hast du denn das her?“, wollte der Rotschopf mit fast angewiderter Stimme wissen. Lächelnd antwortete Hermione: „Aus einem Muggelbuch. Der Autor war Mark Twain. Er ist ein wundervoller Schriftsteller!“ Ihre Augen begannen zu leuchten. An diesem Punkt drifteten Harrys Gedanken ab, denn Hermione begann zu schwärmen und das wollte er sich nicht antun. Sie landeten wieder bei Malfoy und dessen Reaktion auf seinen Rückzieher. Wieso hatte der andere nicht gelacht, sondern war stattdessen wütend geworden? Das ergab doch keinen Sinn, außer er… Nein, es ergab überhaupt keinen Sinn! In der Mittagspause aß er gedankenverloren eine Kleinigkeit --- das hatte er Mme Pomfrey versprechen müssen --- und zog sich dann in die Bibliothek zurück, um noch ein wenig nach diesem Zauber zu suchen, doch irgendwie konnte er sich nicht recht darauf konzentrieren. Der Ort und die stille, ruhig-harmonische Atmosphäre erinnerten ihn daran, wie Malfoy so friedlich zu ihm gekommen war, was unweigerlich in einer Fortsetzung endete: der Liebeserklärung. In Pflege magischer Geschöpfe wurde es noch schlimmer als in Raindooms Unterricht. Die Einhorntante, wie Ron Hagrids Vertretung zu nennen pflegte, ließ nicht mit sich reden und verbannte Harry samt Fee auf einen Stuhl, wo es ihnen nicht erlaubt war, sich den anderen auch nur zu nähern. Das schadenfrohe Kichern der Slytherins machte ihn fast wahnsinnig. Und es hörte auch nicht auf, als die Stunde vorbei war, wurde durch die Ravenclaws und Hufflepuffs nur noch verstärkt, die wegen seiner Schuld an Diggorys Tod jeden Anlass nahmen, um Harry eins auszuwischen. Es war die sprichwörtliche Hölle. Draco an seinem Platz lachte nicht. Während seine Freunde offenbar kein anderes Thema kannten als diese wenig rühmliche Szene Harrys im Unterricht, starrte er finster direkt zu dem Schwarzhaarigen hinüber, ließ ihn keinen Augenblick aus den Augen. Ihm entging nichts. Er wusste genau, was er wann zu sich nahm, wann er was sagte und zu wem, dass er irgendwann aufhörte zu sprechen. Auch entging ihm nicht, dass die Fee plötzlich auf Harrys Schulter kletterte und direkt zu ihm herüber sah, dass Harry daraufhin das Essen beendete. Er sah, wie sich der Schwarzhaarige erhob, kurz ein paar entschuldigende Worte mit dem offenbar besorgten Wiesel wechselte, dass er sie anlächelte, seine Freunde, und dann verließ er die Große Halle. Es war klar. Harry hatte bemerkt, dass er ihn beobachtete, und war davor geflohen. Aber so leicht wurde man einen Malfoy nicht los! Mit ihm konnte er das nicht machen! Schon gar nicht nach dieser Aktion bei Raindoom! Draco erhob sich ruckartig, sodass Crabbe neben ihm heftig zusammenzuckte, und verließ ohne ein Wort den Tisch. „Wo willst du hin, Draco?“, rief ihm Pansy Parkinson nach, doch er gab als Antwort nur ein undefinierbares Handzeichen, bevor er die Große Halle ebenfalls verließ und die Eingangshalle betrat. Er sah sich um. Wohin war Harry gegangen? In den Gryffindorturm? Oder hinaus? Auf den Nordturm? In die Kerker? Oder ganz woanders hin? Draco seufzte. Er hatte keine Ahnung. Kurz entschlossen lief er einfach auf gut Glück nach links, hinaus in die Hogwartsgründe. Diese Richtung war genauso wahrscheinlich wie alle anderen auch und er würde selbst lieber hinausgehen als drinnen zu bleiben. Sein Instinkt hatte ihn nicht betrogen. Ein Stück weiter, schon fast am See, war Harry. Er rannte, hatte es offenbar eilig, zu einem bestimmten Ort zu kommen… Dracos Neugier war geweckt. Wieso beeilte der Schwarzhaarige sich so? Was erhoffte er sich am Ende seines Weges zu finden? Wo ging er hin? Und was würde er dann tun? Er sah sich um. Sie waren nahezu die Einzigen hier draußen, was nach dem Regen die letzten Tage und dazu zu der Uhrzeit wirklich kein Wunder war, der Rasen unter seinen Füßen triefte förmlich vor Nässe und es war kalt. So lief er los, Harry hinterher. Und war regelrecht erstaunt, als er sah, dass der Gryffindor schon nach kurzer Zeit aus heiterem Himmel plötzlich verlangsamte und stehen blieb. Hier war doch nichts. Nichts und niemand! Auch er blieb stehen und sah zu Harry hinüber. Sie trennten vielleicht noch dreißig Meter. Harry war nicht mehr so schnell wie früher, er hätte ihn wohl ziemlich bald eingeholt. Doch solange er auch wartete, Harry tat nichts. Er stand einfach nur da und wartete selbst. Auf wen? Auf ihn vielleicht? Hatte er ihn bemerkt? Wahrscheinlich. Er war ja auch laut genug gewesen. Also war es jetzt auch schon egal. Er setzte sich wieder in Bewegung und kam langsam näher. Auf der nassen Wiese machte jeder Schritt ein lautes, schmatzendes Geräusch, doch Harry rührte sich noch immer nicht. Wüsste Draco es nicht besser, würde er wetten, dass Harry im Stehen eingeschlafen war. Zwei Meter von ihm entfernt blieb er schließlich stehen. Fast augenblicklich kam Leben in den Schwarzhaarigen. „Was willst du hier?“, fragte er gepresst, drehte sich immer noch nicht um. Draco begann zu lächeln. „Ich habe dir gesagt, dass ich dich nicht aufgebe.“ Von Harry kam keine Reaktion und Draco kam näher. Schritt für Schritt, bis er direkt hinter ihm stand. „Ich wollte dich etwas fragen.“ „Die Antwort lautet nein!“ Lachen. „Du kennst doch die Frage noch gar nicht. Wie kannst du da jetzt schon Nein sagen?“ „Na dann… Wie lautet deine Frage?“, giftete Harry. Dracos Lächeln brach. Diese demonstrative Abneigung tat weh. Dennoch, er musste das Gespräch am Laufen halten, wenn er eine Antwort haben wollte. „Wieso hast du den Lehrer nicht angegriffen?“ Jetzt war er ernst. „Was geht dich das an?“ „Du hättest ihn wirken können, diesen lächerlichen Zauber! Selbst das Wiesel hat es geschafft!“ „Beleidige meine Freunde nicht!“, fauchte Harry augenblicklich wütend. „Was ist los mit dir? Du bist doch sonst nicht so feige! Selbst gegen Dumbledore hast du noch gekämpft!“ „Ich habe nie gegen Dumbledore gekämpft!“ „Doch, du…“ Er brach ab. Damals war Harry wie von Sinnen gewesen und er offiziell gar nicht mehr anwesend. „Das tut doch jetzt gar nichts zur Sache! Warum hast du gesagt, du könntest ihn nicht wirken?“ Harrys Sturheit machte ihn langsam aber sicher wütend. Er konnte keinen Korb ertragen, auch keine Ablehnung. Das regte ihn immer auf! Hatte es schon immer getan! „Damit ihr was zu lachen habt!“ Harry wirbelte plötzlich herum, drehte sich sogar ein kleines Stückchen zu weit, doch er korrigierte sich schnell wieder. Seine leeren, grünen Augen starrten von unten herauf direkt in seine eisgrauen, das Gesicht grimmig und wutverzerrt. „Überhaupt, was interessiert es dich? Du hast dich doch prächtig amüsiert!“ Das war nicht wahr, das wusste er auch, aber für den Moment war es ihm egal. Er wollte Malfoy zeigen, dass er sich betrogen fühlte, ihm deutlich machen, wie wütend er wirklich war. Es funktionierte nicht. Das Einzige, was er damit erreichte, war, dass Draco die Lust verspürte, ihn zu schlagen. Er hatte das schon lange nicht mehr gemacht, löste seine Probleme inzwischen lieber mit Magie, aber wenn es sein musste… verlernt hatte er es sicher nicht. Er hob die Hand, um zuzuschlagen, holte aus und plötzlich hielt er inne. Harry zuckte nicht zurück, versuchte nicht, sich zu schützen. Im Gegenteil, er hob das Kinn ein wenig an und legte den Kopf leicht schief, forderte ihn noch dazu auf. Hass und Zorn verzerrten das sonst so feine Gesicht zur grässlichen Maske. Auf seiner Schulter saß die Fee, starrte ihm stumm und aus ihren starren schwarzen Augen entgegen, der Vorwurf sprach aus ihnen. Draco tat es in der Seele weh, dass die beiden, insbesondere Harry, ihm wirklich zutraute, dass er ihn schlug. Andererseits hatte er es ja auch vorgehabt. Nicht vorsätzlich oder so, nein, er war nur unglaublich wütend gewesen, weil er Harrys Ablehnung nicht verstand. Vorsichtig bewegte er seine Hand wieder nach vorn und strich dem anderen Jungen eine Strähne des dichten schwarzen Haares zurück, Schmerz in den grauen Augen. Wie Harry wohl mit langen Haaren aussah? Das stand ihm sicherlich verdammt gut… „Wieso hasst du mich so?“, wollte er bedrückt wissen. „Du meintest doch, du könntest es dir vorstellen…“ Harry wandte sich ab. „Ja, warum wohl?“, schnappte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Seufzend ließ der Blonde seine Hand sinken. „Woher soll ich das wissen? Dein Kopf ist für mich ein einziges Rätsel.“ „Wie schön! Wenigstens etwas!“ „Du willst es mir nicht sagen, oder?“ „Nicht die Spur! Komm selber drauf! Vielleicht ändert sich dann was!“ ‚Komm selber drauf.’ Das war so leicht gesagt. Wie denn, ohne Anhaltspunkt? Er trat wieder näher, schloss den Abstand zwischen ihnen mit nur einem Schritt, bevor er ganz sanft die Arme um ihn legte, ihn zu sich zog und federleicht an sich drückte. Es war kaum Kraft im Spiel, Harry könnte sich jederzeit lösen. Vielleicht war das der Grund, warum er es nicht tat; Draco wusste es nicht, aber dass er blieb, war schön. Es gab ihm Hoffnung, ein bisschen wenigstens. Der Schwarzhaarige schloss nach einer Sekunde des Schreckens die Augen, genoss die ungewohnte, angenehme Wärme. Er fühlte, wie sich sein Körper nach mehr sehnte, wusste, dass er längst verloren hatte, verloren gegen die Hormone. Ohne dass er es gemerkt hatte, hatte er sich für Draco entschieden. „Warum bist du so?“ Draco hob den Kopf, den er auf Harrys gebettet hatte, lächelte, die Augen nur halb geöffnet. „Wie bitte?“ Ja, er hatte es sich gemerkt… Auch Harry begann zu lächeln, seufzte tief. „Wie kannst du nur so verschieden sein? Bei den anderen bist du grob, gemein und abartig und hier… wenn wir allein sind…“ Er verstummte, senkte ein wenig den Kopf. Die wenigen Worte hatten ausgereicht, Draco begreifen zu lassen. Harry fühlte sich hintergangen, weil er darauf bestand, im Unterricht sein Gesicht zu wahren. Aber so gern er auch wollte, er konnte dieses Gesicht nicht aufgeben, denn es würde seinen Untergang bedeuten. Die Söhne und Töchter der Todesser… Sie würden ihn verfolgen, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Er drückte Harry ein wenig fester. „Es tut mir Leid.“, flüsterte er leise. „Wirklich, aber…“ „Es tut weh.“ Draco schwieg, nur dass sich sein Körper verkrampfte, war Beweis dafür, dass es ihm wirklich Leid tat. Harry spürte es. „Warum? Warum kannst du nicht über deinen Schatten springen?“ Seufzend ließ Draco ihn los, lächelte bedrückt. „Ich kann es dir nicht sagen. Niemandem! Es tut mir leid!“ Damit drehte er sich um und wollte gehen, doch Harrys Worte hielten ihn zurück. „Sieh her!“, sagte der Schwarzhaarige. Plötzlich hielt er den Zauberstab in der Hand, schwang ihn ohne Vorwarnung und im nächsten Moment ging der neue Zauber Raindooms haarscharf an seinem rechten Arm vorbei, dass er die Macht, die dahinter steckte, spüren konnte. Zwei Meter hinter ihm schlug er ein und an dieser Stelle verdorrten das Gras und die späten Sommerblumen auf der Stelle. Draco mochte seinen Augen nicht trauen. Wie war das möglich? „Verstehst du nun?“ Benommen nickte Draco. Dieser Zauber hätte selbst von einem starken Schild nur schwer geblockt werden können. Raindoom hatte jedoch klar gemacht, dass er einen weniger starken Schild für ausreichend hielt. Hätte Harry mit diesem Zauber getroffen… Er wollte gar nicht daran denken, was das für Folgen gehabt hätte… Das Lachen wäre den Slytherins jedenfalls ziemlich schnell vergangen. Er schluckte. „Das ist der Wahnsinn...“ Zu recht viel mehr war er nicht im Stande. Harry lächelte gequält. „Wenn du meinst… Gute Nacht, Malfoy.“ Draco nickte nur. „Gute Nacht.“ Dann beobachtete er schweigend, wie Harry in der zunehmenden Dunkelheit verschwand, bevor er sich, immer noch benommen, auf den Rückweg machte. Dass Harry solche Kraft besaß… So verging die Zeit. Täglich im Unterricht musste sich Harry den Spott, Hohn und die Fisimatenten der Slytherins und damit auch Malfoys ertragen. Er konnte es immer noch nicht wirklich nachvollziehen, warum der Blonde das tat und es schmerzte ihn. Er wurde mit der Zeit immer zurückhaltender und schweigsamer, verkroch sich immer häufiger hinter seiner Musik oder in der Bibliothek, wo er fast besessen nach dem Warnzauber suchte. Das hatte zumindest einen Vorteil: Er nahm damit den Slytherins die Möglichkeit, neue Dinge zu finden, mit denen sie ihn triezen konnten, weshalb sie auf alte, ausgelutschte zurückgriffen, doch das hinderte Harry nicht an seinem Rückzug. Dieser fiel zwar kaum jemandem auf, aber Ron und Hermione bemerkten es sehr wohl. Sie wussten, dass etwas schwer auf Harrys Herzen lag, jedoch wussten sie nicht, was es war. Sie glaubten, dass es mit Raindooms Strafarbeit zu tun hatte, boten ihm ihre Hilfe an, die der Schwarzhaarige jedoch genauso konsequent ablehnte wie zuvor. Und so verhielten sie sich ruhig, beobachteten ihren Freund, um notfalls für ihn da zu sein, wenn er sie brauchte. Sie kannten ihn beide, kannten beide das Harry-Potter-Syndrom, den Drang ihres Freundes alles allein machen zu wollen, selbst wenn er dabei drauf ginge. Und seit Diggorys Tod war das nur noch schlimmer geworden. Allerdings wussten sie auch, dass wenn er für sich keinen Ausweg mehr sah, dass er dann zu ihnen kommen und sie um Hilfe bitten würde. Und bis es soweit war, mussten sie sich eben in Geduld üben, so schwer ihnen das auch fiel. In dieser Zeit war Harry aufgrund dieser Sorge der beiden Freunde selten allein, aber war er es mal doch, dann konnte er davon ausgehen, dass Draco irgendwo in der Nähe war. Es war wirklich erschreckend. Ganz egal, wo er sich aufhielt, Draco fand ihn jedes Mal; in den Geheimgängen, von denen er gedacht hatte, nur die Besitzer der Karte des Rumtreibers würden sie kennen, hinterm See, wenn Hermione und Ron müde geworden waren, in dem abgelegenen Winkel in der Bibliothek, auf dem Klo… Immer tauchte er auf. Und jedes Mal unterschied sich die Atmosphäre von der im Unterricht komplett. Wenn sie allein waren, gab es keinen Hohn in Malfoys Stimme, gab es keine fiesen Sprüche oder niederschmetternden Bemerkungen… im Gegenteil. Malfoy war zuvorkommend, zärtlich und aufmerksam. Niemals zwang er ihm etwas auf, war häufig einfach nur da und sah ihm schweigend zu. Dann zog er ihm wiederum völlig unerwartet in eine Umarmung und schmiegte sich an ihn, was Harry teilweise doch recht gerne zuließ. Oder er wagte sich etwas weiter und küsste ihn, wobei er bei Harry immer noch auf Ablehnung stieß. Der Schwarzhaarige konnte ihm seine gespaltene Persönlichkeit nicht so ganz verzeihen. Und so blieb es meistens bei einer Umarmung und ein wenig Nähe. Was keiner der beiden wusste, war, dass Snape sie häufig dabei beobachtete. Seit dem ersten Mal, als Draco Harry nachgelaufen war, wusste er Bescheid. Er war Harry gefolgt, weil es mal wieder viel mehr nach Flucht aussah als üblich, und da hatte er sie gesehen, hatte beobachtet, wie Draco den Schwarzhaarigen umarmte. Ihm waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Was hatte er verpasst, dass das ohne sein Wissen geschehen war? Zuerst hatte er sogar geglaubt, dass er das alles nur träumte. Sein Lieblingsschüler und der Möchtegernheld… Das war doch schon fast Frevel! Und aus diesem Unglauben heraus hatte er begonnen, Harry häufiger im Auge zu behalten, auch wenn es nicht mehr so schien, als würde er jeden Moment durchbrennen. Es hatte dazu geführt, dass seine Vermutung sich bestätigte. Irgendwas lief da zwischen ihnen. Er hatte daran zu kauen, besonders als er mitbekam, dass es im Unterricht völlig gegenläufig war. Das machte doch keiner der beiden lange mit! Dazu waren beide viel zu starke Persönlichkeiten! Andererseits… Draco jedenfalls schien durch diese Sache irgendwie ausgeglichener. Sein ständiger Zorn, den er seit den Sommerferien ständig mit sich herumzuschleppen schien und von dem er wusste, dass er von einem elementaren Streit mit seinem Vater herrührte, schien verraucht zu sein. Er lächelte häufiger und war in Harrys Gegenwart regelrecht entspannt. Und dafür musste man Harry doch dankbar sein, oder? Man musste es ihm ja nur nicht zeigen. An einem Mittwoch fand Harry schließlich den Spruch, den er nun schon seit X Wochen suchte. Mme Pince hatte ihm eines der anspruchsvolleren, wenngleich harmlosen Bücher aus der verbotenen Abteilung geholt und dort hatte er ihn dann auch entdeckt. Leicht war er nicht und er erforderte offenbar eine unglaubliche Disziplin, so kompliziert war er beschrieben, aber das würde Harry sicher nicht aufhalten. Er schrieb ab, was in dem alten Buch stand und lernte es auswendig, wiederholte es dutzende Male, um ganz sicher zu sein, dass es auch klappte… doch sein erster Versuch, den Spruch zu wirken, schlug fehl. Es passierte schlicht gar nichts. Weder spürte er etwas, noch konnte ihm Kikuileh von einem Erfolg berichten, den man nur sehen könnte. Immer und immer wieder probierte er es, immer mit dem gleichen Ergebnis: Es passierte gar nichts. Und es waren nur noch knapp zwei Wochen, bis er ihn können musste! Fieberhaft begann er noch einmal nachzulesen, was er möglicherweise falsch interpretiert haben könnte, ob er vielleicht etwas übersehen hatte. Er ging alles noch einmal durch, haarklein, doch es änderte gar nichts. Es gelang ihm nicht. Im Laufe dieser Tage wurde Harry immer ungeduldiger und wütender. Er war sauer auf sich, dass er sich so unfähig anstellte und leider wirkte sich dieser Zorn auch auf seine Umgebung aus. Er vertrug keine Kritik mehr, was besonders Raindoom zu freuen schien, ging schon bei den läppischsten Fehlern seinerseits an die Decke und motzte seine Freunde an, wofür er sich im nächsten Moment zerknirscht entschuldigte, weil es ihm Leid tat. Ron und Hermione nickten nur. Sie verstanden ja. Und die Tage vergingen. Harry übte den Spruch wie ein Besessener und blieb trotzdem erfolglos. Draco beobachtete das mit kritischer Besorgnis, denn seitdem behandelte Harry ihn noch abweisender als zuvor schon. Der Schwarzhaarige ließ ihn nicht mal auf zwei Meter an sich ran, ohne dass er fast ausrastete. So hatte er erst einmal den strategischen Rückzug angetreten, um Harry Zeit zu lassen, um sich abzukühlen, doch es klappte nicht so reibungslos, wie er sich das gedacht hatte. Der Gryffindor steigerte sich im Gegenteil immer weiter in seine schlechte Laune hinein. Auch Snape bemerkte die Veränderung, doch in seinen Augen war sie nicht nur negativ. Solange Harry einen Zauber, der ihm offensichtlich wichtig war, nicht hinbekam, solange brauchte er sich keine Gedanken darum zu machen, dass der Junge verschwand. Schließlich wusste er von dessen Perfektionismus. Aber im Gegensatz zu dem Giftmischer sah sich Draco das nicht allzu lange stillschweigend an. Am Sonntag wurde Harry so eklig, dass es dem Blonden schlicht zu bunt wurde. Er passte Harry gnadenlos ab, als er von einem wieder mal erfolglosen Trainingsabend kam und zog ihn kommentarlos in einen leeren Klassenraum. Die Tür verschloss er magisch. „Was soll das? Was willst du?“, knurrte Harry wütend und aus ihm sprach der pure Hass. Fast ebenso angriffslustig verschränkte der Blonde die Arme vor der Brust, fixierte den Jungen vor sich und fauchte zurück: „Du könntest mir mal erklären, warum du dich benimmst wie ein tollwütiger Werwolf in der Kristallbläserei!“ „Was geht das dich an?“ Harry ging auf ihn zu, stieß ihn zur Seite und griff nach der Klinke. Doch sie ließ sich nicht bewegen. Auch sein probeweise versuchter Alohomora versagte. „Mach die Tür auf!“, forderte er drohend und jetzt klang es richtig böse. „Das könnte dir so passen!“, ignorierte der Slytherin die Wut ungnädig. „Du kommst hier erst wieder raus, wenn du dich beruhigt hast!“ „Ja, natürlich. Sie her, ich bin total ruhig! Und jetzt lass mich raus!“ „Klar. Ganz ruhig! Du könntest singen, so ruhig bist du!“ Die sarkastische Note klang deutlich wie ein falscher Ton aus seinen Worten heraus. Ein Fauchen war Harrys einzige Antwort. Er konnte sich nicht mehr groß bewegen, denn Kikuileh hatte sich aus der Schussbahn der zwei geladenen Jungen manövriert und nach ihr zu rufen, hätte bedeutet, Schwäche zuzugeben, was er nicht wollte. Die kleine Fee saß jetzt alles akribisch beobachtend auf dem Lehrertisch. Ihrer Meinung nach mussten die Zwei das jetzt untereinander klären, sonst würde es mit ihnen womöglich nie was und ihre Meister mussten noch ein paar Jahrhunderte warten. „Also, was ist los?“ „Lass mich durch!“ „Du kennst den Deal. Du erzählst mir, was du hast, ich lass dich hinaus.“ Harry stolperte einen Schritt zurück und stieß gegen die Tür, was immense Erleichterung durch seine Venen jagte. Wenigstens fühlte er sich jetzt wieder sicher, zumindest sicherer als vorher. Im nächsten Moment hielt er den Zauberstab in der Hand. „Lass mich raus!“ Draco seufzte. Immer das gleiche… „Tu, was du nicht lassen kannst. Viel Spaß beim Nachsitzen…“ Die Worte wirkten Wunder. Harry erstarrte, dann sank er and er Tür hinab. Er kauerte sich zusammen und versteckte das Gesicht in der Armbeuge. Draco kam zu ihm und hockte sich vor ihn. „Darf ich raten?“ Ungelenk zuckten die schmalen Schultern und Draco lächelte. „Der Spruch, den du für Raindoom gefunden hast, funktioniert nicht, wie du es dir vorgestellt hast.“ „Gar nicht.“ „Was dann?“ „Er funktioniert gar nicht!“ „Oh.“ Diese Nachricht kam unerwartet. „Und du bist dir ganz sicher, dass es der richtige ist?“ Nicken. „Aber wenn er doch nicht funktioniert, dann wäre es doch besser, wenn du einfach einen anderen suchst.“ „Ich hab noch vier Tage bis Donnerstag. Wann soll ich das schaffen?“ Langsam verstand Draco das Problem. Harry hatte Angst, sein Gesicht zu verlieren. Er wollte Raindoom beweisen, dass er besser war. Und dieses Ansinnen gefiel ihm. Vorsichtig legte er Harry die Hand auf den Arm. „Du brauchst mal eine Pause.“, sagte er. Harry schnaubte und hob den Kopf. „So was kann ich mir nicht leisten!“ Draco lächelte. „Du bist total gestresst. Entspannung ist nötig, damit du wieder fähig bist, dich zu konzentrieren!“ „Toll, also mach ich einen Tag Pause und verpasse den Zeitpunkt, an dem ich den Spruch lerne.“ Seufzend schüttelte Draco den Kopf. Harry war wirklich ein harter Brocken. Normalerweise voller Optimismus, aber wenn er sich mal auf etwas eingeschossen hatte… „Und wenn ich dir helfe?“ „Nein.“ „Wie nein?“ „Ich will keine Hilfe! Ich schaff das alleine!“ „So, so.“, grinste der Blonde frech. „Soviel Kampfgeist steckt dann also doch noch in dir.“ Er lachte. „Willst du mir dann vielleicht zeigen, wie er funktioniert?“ „Damit du bei einem Fehlschlag über mich lachen kannst?“ „Genau!“ Das verschlug Harry ernsthaft die Sprache. Langsam entließ er die Luft aus seinen Lungen und begann zu lächeln. „Du bist echt unmöglich!“ Dracos Grinsen wurde breiter. Er hatte es geschafft. Von der Unruhe und der Wut war kaum noch etwas zu spüren. „Zeigst du es mir also?“ Wortlos zog Harry den Zauberstab, schwang ihn in komplizierter Reihenfolge und sagte ohne bestimmten Enthusiasmus die Worte, die er gelernt hatte: „Nihil auctoritates habere appulsus!“ Tatsächlich geschah nichts. „Das ist ja seltsam.“, murmelte Draco. „Ich finde, eigentlich sieht der Zauber ganz kompetent aus.“ Harry verzog die Lippen. „Das hilft mir jetzt wirklich sehr!“ „Ich dachte, du wolltest keine Hilfe!“, frozelte der Slytherin. „Hat sich das etwa geändert?“ „Nein!“, kam die murrende Antwort. „Also dann, beschwer dich nicht!“ Sekundenlang herrschte Schweigen, dann fragte Harry: „Lässt du mich jetzt raus?“ Eigentlich hätte es ein Danke werden sollen. Lachend erhob sich Draco, zückte den Zauberstab und öffnete die Tür. Dann zog er den Schwarzhaarigen in die Höhe, der mit Hilfe der zurückgekehrten Fee zielsicher nach seiner dargebotenen Hand griff. „Ich bring dich noch.“ „Und wenn sie uns zusammen sehen?“, kam die Frage mit sarkastisch klingendem Unterton. Draco grinste wieder, griff nach seiner Hand und rief: „Exvisibli!“ „Also keine Gespräche, solange andere in der Nähe sind.“, stellte Harry fest. Es war irgendwie gar kein Thema mehr, dass Draco ihn begleitete, sondern eher wie. „Außer du wirkst noch den Silencium…“, bestätigte Draco grinsend. Harry tat ihm den Gefallen, aber es wäre nicht wirklich notwendig gewesen, denn sie schwiegen den ganzen Weg über und Draco fiel der Grund für diese Stille recht schnell auf. Harrys Gesicht war leuchtend rot. Es war ihm peinlich, mit ihm Händchen zu halten. Still grinste er vor sich hin. Sein kleiner Liebling war wirklich niedlich, so unschuldig unerfahren... Als sie schließlich den Gang erreichten, in dem irgendwo das Bild der Fetten Dame hing, von dem der Slytherin nichts wissen durfte, hieß es Abschied nehmen. Eigentlich wollte Harry auch sofort verschwinden, doch Draco hatte andere Pläne. Er zog den Schwarzhaarigen an der Hand zurück, drehte ihn zu sich herum und schloss ihn in die Arme, während er vorsichtig und sanft seine Lippen auf Harrys legte. Eine Hand im Nacken des Jungen verhinderte, dass dieser fliehen konnte. Harrys Augen weiteten sich in stillem Erkennen, dann versuchte er sich zu befreien, doch hatte Draco diesmal von vornherein dafür gesorgt, dass das nicht so einfach wurde. Er konnte sich nicht frei bewegen! Wann zum Teufel war er an der Wand gelandet? Das war doch jetzt wirklich dreist! Er begann zu knurren und zu fauchen und schließlich löste sich Draco von ihm. Er grinste selbstzufrieden, als er sich vorbeugte. „Sieh den Kuss als Belohnung für die folgende Info: Gib deinem Zauber ein Ziel!“ Dann ließ er ihn los und lief lachend davon. Harry blieb wie erschlagen und innerlich vor Wut kochend zurück. Wie konnte der Kerl es wagen? Das war doch… Dreist war das! Absolut! Das würde er ihm noch büßen! Er machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zum Portrait der Fetten Dame, der er das Passwort entgegenblökte, damit sie öffnete. Dann trat er ein und lief direkt den Weasley-Zwillingen in die Arme. „Oha, da ist ja unser Miesepeter!“, grüßte George fröhlich. „Na, hast du dich endlich mal abreagiert?“, ergänzte Fred nicht minder fröhlich. „Seh ich so aus?“ Er stampfte an ihnen vorbei, immer noch wütend, ließ sie einfach stehen und machte sich direkt auf den Weg zum Schlafsaal der Fünftklässler. Erst als er die Tür schließlich öffnete, kam ihm, was Draco gesagt hatte. Dem Zauber ein Ziel geben? Wie hatte er das vergessen können? Dieser Fehler war ihm doch schon einmal passiert! Wieso hatte er nicht daran gedacht? Plötzlich aufgeregt zog er erneut den Zauberstab aus dem Ärmel und rief den Spruch, lenkte ihn direkt in seine Handfläche. Im nächsten Augenblick spannte sich fühlbar ein Schild um ihn. Der Zauber hatte gewirkt. ****************++++++++++++++++++++++********************** Also Leute, endlich, hier kommt der nächste Teil. Tut mir wirklich Leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich hab die letzten Wochen für das mündliche Abitur gepaukt und mir selbstquälerische Auflagen auferlegt (keine Manga oder Geschichten). Deshalb war es mir unmöglich, euch mit einer Fortsetzung zu versorgen. Aber jetzt ist ja das nächste Kapitel da. Wird jetzt erst richtig lustig. Ich hab da drin einen Hint hinterlassen, der euch darauf hinweist, was als nächstes kommt, mal sehen, ob ihn einer von euch findet! *freu* Also, für die, die es interessiert: Ich habe mein Abitur bestanden! *sich über alle Maßen freu* Ich bin ja so glücklich! Keine Massenpaukerei mehr! Haarige Sache ------------- Titel: Haarige Sache Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 17: Haarige Sache Er konnte es kaum erwarten, dass der nächste Tag anbrach und damit auch der Unterricht begann. Er wollte seinen Warnzauber testen und das möglichst unbemerkt, möglichst so, dass er sich selbst bewies, dass keiner bemerkte, dass dieser Schild um ihn herum existierte. Bei Snape hibbelte er auf seinem Platz herum, während er eigentlich eine Abhandlung über den gerade zusammengebrauten Trank seiner Klassenkameraden für Snape schreiben sollte. Wirklich vorwärts kam er nicht und fertig wurde er auch nicht. Es war ihm egal, auch wenn er dem schwarzhaarigen Lehrer ein weiteres Mal beweisen würde, dass er in seinem Fach nichts konnte, ihm einen weiteren Grund geben würde, um seine Wut neu anzufachen. Ron und Hermione waren über diese Wandlung von Harrys Laune regelrecht überrascht. Verwundert stellten sie ihrem Freund die Frage, was denn so Hervorragendes passiert war, dass er sich wieder so wohl zu fühlen schien, aber sie bekamen von ihm keine Antwort --- jedenfalls keine zufrieden stellende, nur ein geheimnisvolles Grinsen. Und ihre Verwirrung wuchs noch, als Harry auf dem Weg zu Verwandlung plötzlich und ohne einen Mucks verschwand und erst kurz vor Stundenbeginn und damit ganz knapp vor McGonagall ins Klassenzimmer huschte. Auf ihre erneuten Fragen grinste er wieder nur geheimnisvoll. Das war der Moment, wo zumindest Hermione etwas zu ahnen begann. Harrys offensichtlich gute Laune konnte doch eigentlich nur die eine Ursache haben, dass er den Spruch gefunden hatte, mit dem er Raindooms Ultimatum erfüllen konnte. Doch sie schwieg, wollte Harry seinen Triumph nicht nehmen, lächelte nur still vor sich hin. Es freute sie, dass er seiner Aufgabe tatsächlich gerecht geworden war. Der Unterricht begann und Harrys Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, denn Professor McGonagall hatte sich ausgerechnet den heutigen Tag ausgesucht, um ihre Klasse in eine neue Art der komplexen Verwandlung einzuweisen. Die Schüler der fünften Klasse sollten lernen, wie man Gifte erfolgreich neutralisierte. Zu diesem Zweck sollten sie die Aromen einer Frucht in ein anderes Aroma verwandeln und zwar so, dass sie nachher die toxische Wirkung nicht länger zeigte. Aber da es zu gefährlich war, ihnen tatsächlich Gifte anzuvertrauen, da sie die Früchte auch probieren sollten, bekam jeder eine Kirsche, deren Aroma sie in das eines beliebigen Obstes verwandeln sollten. Als sie den Spruch schließlich demonstrierte, war der Zeitpunkt erreicht, dass Harry beinahe in Freudentränen ausgebrochen wäre. Zeitgleich mit der Wirkung ihres Zaubers begann es auf seiner Brust leicht zu kribbeln und er wusste, dass sein Zauber genau so funktionierte, wie er es wollte, denn niemand bemerkte ihn. Außerdem wanderte das Kribbeln ein wenig nach links, als er sich leicht nach rechts drehte. Der Schild sagte ihm tatsächlich, in welcher Richtung derjenige stand, der zauberte. Jetzt musste er nur noch zwei Dinge testen: die Reichweite und wie es sich anfühlte, wenn der Zauber gegen ihn gerichtet würde. Über die dritte Frage würde er bald Bescheid wissen, spätestens wenn der Zauber erlosch. Das letzte Mal hatte er die Wirkungsdauer glatt verschlafen. Er stellte sehr bald fest, dass der Schild durch die massiven Schulschlossmauern nicht wirkte, dafür aber mehr als vierzig Meter weit, wenn er sich auf freiem Raum befand. Nur für den Angriff fand sich kein Zufallsopfer, oder besser Zufallskandidat. Harry wartete einen ganzen Tag lang, bevor er schließlich etwas widerwillig beschloss, Ron darum zu bitten. Doch dazu kam es dann nicht, denn zwischen dem Rotschopf und seiner Flamme bahnte sich etwas an, was wohl doch ein bisschen heißer werden würde, und das wollte er ihnen nicht kaputtmachen. Harry war gezwungen, einen Ersatz zu suchen und der Erste, der ihm einfiel, war Malfoy. Aber… ob der ihm helfen würde? Vielleicht wenn er ihm einen Brief schickte…? Am Abend stand Harry wartend am See. Er übte zwecks Kurzweil Zauber, die er über das Wasser in die Dunkelheit hinausjagte, unter anderen den neuen Angriffszauber Raindooms. Er war so konzentriert, dass gar nicht bemerkte, als Draco sich ihm langsam näherte. Der Blonde grinste. Wie war das gewesen? ‚Ich brauche jemanden, der mich angreift, ohne dass ich weiß, woher oder aus welcher Entfernung.’ Und er hatte ihn gefragt. Nicht das Wiesel. Und das konnte jetzt zwei Dinge bedeuten. Erstens: Er brauchte Ersatz, weil das Wiesel keine Zeit oder Lust hatte, ihm zu helfen. Oder zweitens: Es war ein Vorwand dafür, um mit ihm zusammen sein zu können. Ihm gefiel die zweite Idee eindeutig besser. ‚Viel besser!’, wie er grinsend feststellte. Leise ging er weiter, schlich sich förmlich näher. Irgendwie erwachte in diesem Moment eine Art Jagdinstinkt in ihm. Und Harry war die auserkorene, begehrte Beute. Ein leichter Nieselregen setzte ein, störte aber nicht weiter, sondern kühlte im Gegensatz willkommener Weise die schwüle Hitze des sich dem Ende zuneigenden Tages ein wenig ab. Der Slytherin hob sachte den Zauberstab, ein hinterhältiges Grinsen auf den Lippen, flüsterte den Spruch und schickte ihn mit Hilfe eines kleinen Schlenkers des Handgelenkes auf seine kurze Reise. Im nächsten Augenblick wirbelte Harry herum, hatte schon einen Gegenzauber auf den Lippen, den Mund schon geöffnet, da traf ihn der Zauber mit voller Wucht mitten auf die Brust. Er wurde zurückgeschleudert schlitterte ein paar Meter über den Boden zum Wasser hin und in der gleichen Sekunde öffnete der Himmel endgültig die Schleusen und ein wahrer Regenguss tränkte die beiden und ihre Umgebung in warme Nässe. Harry rührte sich nicht. Draco rannte zu ihm hin in der Angst, er hätte ihm ernsthaft wehgetan, und war erleichtert zu sehen, dass der Junge sich schließlich aufsetzte, bevor er ihn erreichte. Doch die Erleichterung war schnell vergessen, denn der Anblick raubte ihm den Atem. Im späten Licht, das glänzende, nasse Haar und Gesicht, die Lippen leicht geöffnet… „Ah, verdammt, Malfoy! Was hast du mir da an den Hals gehext?“, fragte der Junge, der lebt, stöhnend, während er sich aufsetzte, und wischte sich mit dem Handrücken den Schmutz aus dem Gesicht. Der Blonde begann zu grinsen. Er hatte den Zauber aus einer Laune heraus gewählt, vielleicht weil er ihn erst gestern von Pansy gelernt hatte, aber dass er so gut wirkte… Sich extra auf die Lippe beißend, um zu verhindern, dass er etwas sagte, griff er nach Harrys Hand und zog ihn wieder auf die Füße. Doch seine Selbstbeherrschung verabschiedete sich, als Harry sich mit einer schüchternen Geste bedankte. „Wie süß!“ Den Kommentar hatte er sich einfach nicht verkneifen können, er war ihm einfach rausgerutscht. Harry hielt in seinen Bewegungen, dem verzweifelten Versuch, die Nässe und den Schmutz aus seinen Kleidern zu streichen, verständnislos inne. Er war nicht süß! Malfoy litt definitiv unter Geschmacksverirrung. „Wenn du meinst.“, murmelte er skeptisch und beugte sich nach vorn, um seinen Umhang auszuwringen. Etwas fiel ihm über die Augen, übers Gesicht, über die Schultern. Lang, schwer, nass, klebrig… „Malfoy?“, hob er mit misstrauischer Stimmlage an. „Ja, Harry?“ „Was hast du mir da an den Hals gehext?“, wiederholte er. „An den Kopf trifft es eher!“ „Was?“ „Willst du raten? „WAS?“ Resignierend seufzte Draco, grinste dann aber wieder. „Lange Haare!“ „Lange Haare?“, wiederholte Harry ungläubig, tonlos. „Ja, lange Haare!“ Er demonstrierte es, indem er eine pechschwarze, tropfende Strähne aufhob und sie spielerisch durch die Finger gleiten ließ. Schweigen trat ein zwischen ihnen. Es schien, als müsse Harry sich das erst einmal durch den Kopf gehen lassen, aber Draco hatte den erfreulichen Eindruck, dass er es vergleichsweise gut aufnahm. Auf Harrys Gesicht lag ein undefinierbarer Ausdruck, der einfach nichts anderes heißen konnte, denn dann wäre es eindeutig schlecht für ihn, noch in seiner Nähe zu sein. Aber Eindrücke konnten ja bekanntlich täuschen. Plötzlich, ohne Vorwarnung, veränderte sich der Ausdruck in definitiv wütend und Harry raffte seinen Umhang. Er warf ihn wieder nach hinten, wo er hingehörte, und stapfte wortlos an dem Slytherin vorbei in Richtung Schloss. Draco lief hinterher. „Warte doch!“, rief er hastig, stolperte fast, rutschte auf den nassen Gras aus, doch seine Bitte wurde rigoros abgeschmettert: „Vergiss es!“ „Harry!“ „Lass mich in Ruhe!“ „Hör mir doch zu! Du kannst sie doch schneiden lassen!“ „Ja, natürlich! Und wer macht das?“, schnappte Harry. „Sie werden mich auslachen! Ein Junge mit langen Haaren! Das ist lächerlich!“ „Mein Vater hat auch lange Haare!“ Da sagte er was, aber es machte es nicht unbeding besser. Im Gegenteil. Wer wollte schon mit diesem Todesser etwas Gemein haben?! Harry beschleunigte seine Schritte. „Es sieht wirklich total gut aus! Sie stehen dir!“ „Von wegen! Mein Ruf ist ruiniert!“ Auch wenn er gar keinen Ruf in Sachen Aussehen zu verlieren hatte, mit diesen Worten rauschte Harry ins Schloss und Draco war gezwungen, zurückzubleiben, wenn er nicht wollte, dass jeder erfuhr, dass er mit Harry anbandelte. Noch im Laufen zog Harry seine Kapuze über und versuchte mit Retro Origo Dracos Zauber rückgängig zu machen, was nicht funktionierte. Auch die anderen Zauber, die er kannte, um Dinge rückgängig zu machen, funktionierten nicht. Seine einzige Chance, die ihm einfiel, diese Mähne loszuwerden, bevor die ganze Schule etwas bemerkte, war die Schere. Und die Person, die Haare schneiden wirklich gut konnte, war Alicia Spinnet aus der Siebten. Er musste sie finden! Sofort! Er fand sie. Im Gryffindorturm. Umringt von ihren Freunden. Im Beisein von Fred und George. Toll... Er ging zu ihr. „Alicia?“ Das Mädchen sah etwas irritiert von ihrem Zaubererschachspiel auf und grinste dann fröhlich. „Harry! Du hast dich ja ewig nicht mehr bei uns gemeldet!“ „Du bist ja ganz nass!“, unterbrach sie Fred, der Alicia in dieser Partie die Daumen hielt. Er stupste ihn mit dem Ellbogen in die Seite. „Warst du im See?“, führte George den Gedanken grinsend zu Ende, welcher Katie Bell anfeuerte. „Zeig mal, du bist sicher ganz dreckig!“ und er zog ihm die Kapuze vom Kopf, die seine Haare verdeckte. Stille überschwemmte die Gruppe. Totenstille. Und innerlich verdrehte Harry die Augen, ob dieser Reaktion. Okay, er hatte lange Haare, aber… wieso… Ach, wieso hatten sie das sehen müssen? Es hätte doch gereicht, wenn Alicia es gesehen hätte! Mit ihr wäre doch noch zu reden gewesen, dass sie es für sich behielt, aber... Wieso hatten die Zwillinge auch da sein müssen? Wieso waren die Zwei nur immer so aufdringlich? Eine Hand fuhr durch die nassen Strähnen. Fred oder George. Kikuileh konnte die Zwei einfach nicht auseinander halten, sie waren sich anscheinend auch innerlich zu ähnlich, um bei ihr als zwei Wesen gesehen zu werden. Und er konnte es auch nicht, wenn er ihre Stimmen nicht hörte. „Das ist ja…“ „Komm, wir machen dich erstmal trocken.“ Okay, also war es George, der da an seinen Haaren zupfte. Im nächsten Moment fegte ein Zauber über ihn hinweg und er fühlte, wie eine Menge Gewicht von ihm genommen wurde. War Wasser wirklich so schwer? War er wirklich so nass gewesen? Konnten ein paar lächerliche Haare so ein Gewicht haben? „Wie schön!“, jauchzte Katie Bell und sprang auf. „Harry, das ist…“ „Das ist total süß!“, rief nun auch Alicia Spinnet. „Ja! Was man damit alles machen könnte!“, stimmte Angelina Johnson mit ein und kam von ihrem Sessel zu ihm. „Und dieser Glanz!“ Weich und in glatter Anmut fielen ihm die schwarzen Strähnen über den Rücken. Und immer noch kämmte ihm George durch seine Haare; der Weasley war offensichtlich hin und weg und absolut sprachlos --- ein völlig unbekannter Charakterzug von ihm. Sonst waren die Zwillinge nie um eine Antwort oder einen dummen Spruch verlegen. „Du hast diesen Haarzauber benutzt, nicht?“ Das war jetzt Betty Atwood aus der Sechsten. Die Neuigkeit weitete sich aus! Horror! „Oh ja, den kenn ich auch!“ Der Tumult war atemberaubend und zog immer mehr Schüler an, die sich die Hälse verrenkten, um zu sehen, was los war. Harry wurde es zu bunt. „Hört auf damit!“, rief er wütend. „Darum geht es doch gerade! Alicia, du sollst sie abschneiden!“ Das löste jetzt tatsächlich noch einmal erschrockene Stille aus. Die Schüler waren entsetzt. Doch dann wurde es wieder laut. „Das darfst du nicht!“ „Das kannst du nicht machen!“ „Die schönen Haare!“ „Wo sie dir doch so schön stehen!“ „Harry, das kannst du uns nicht antun!“ Verwirrt drehte sich Harry zu George um, von dem der letzte Satz gekommen war. „Warum euch? Ich bin hier der Leidtragende!“ „Wieso Leid?“, wollte nun Fred wissen. „Das sieht doch total süß aus!“ Die gleichen Worte wie bei Malfoy… „Ihr versteht das nicht!“, rief Harry fast schon verzweifelt. „Würdet ihr Malfoy die Genugtuung gönnen, gewonnen zu haben?“ „Wieso Malfoy?“ Zum dritten Mal seit seinem Eintreten herrschte im Gryffindorgemeinschaftsraum Stille und Harry wünschte sich nicht mehr, als nichts gesagt zu haben, denn es war doch reichlich seltsam, dass es Malfoy gewesen sein sollte, der ihm die langen Haare gezaubert hatte. Aber jetzt war es eh zu spät. Flucht nach vorn! „Er war es, der mir das hier angehext hat!“ Und er hob demonstrativ rechts und links seine Haare in die Luft. „Er hat mir diese Filzwolle aufgedrückt!“ George begann zu grinsen. „Und wo liegt da das Problem?“, fragte er. Harry rollte mit den Augen. „Hör auf! Sie kommen ab!“ „Nun mal langsam!“, mischte sich plötzlich Lee Gordon ein, doch Fred nahm ihm den Faden aus der Hand, bevor er seine Idee geäußert hatte. „Malfoy geht doch davon aus, dass du wütend bist und sie abschneiden lässt!“ Katie Bell nickte heftig. „Er hat erst gewonnen, wenn du tust, was er erwartet!“ „Wir begradigen sie einfach, machen eine ordentliche Frisur draus!“ „Und Malfoy wird sich ärgern, dass er dir einen Gefallen getan hat!“ „Er wird toben vor Wut!“ „Am besten bedankst du dich auch noch bei ihm, damit das auch schön deutlich rüberkommt.“ Es war ja so nachvollziehbar, was sie sagten, so logisch, aber dummerweise gefiel es Malfoy ja, dass sie so lang waren, und er wollte, dass sie so lang blieben! Er müsste sie also, um ihn zu ärgern, abschneiden. Nur… wollte er ihn überhaupt ärgern? Eigentlich nicht. In den letzten Tagen hatte sich da etwas geändert. Und seitdem Malfoy ihm geholfen hatte, gegen seinen Willen oder nicht, erst recht. Er begann zu lächeln. „Also nicht abschneiden?“ „Ich würde mich weigern!“, erwiderte Alicia enthusiastisch. Lachen. „Also machst du sie wenigstens grade, ja?“ „Gerne!“ Sie sprang auf. „Ich hole nur schnell die Sachen! Setz dich schon mal hin!“ Und weg war sie. „Das ist klasse, Harry. Du bist die Perle dieses Hauses mit diesen Haaren!“, schwärmte Angelina, strich fasziniert darüber, während Fred und George ihn in einen Sessel schubsten. Harry war rot. Der ganze Trubel, all die Aufmerksamkeit… Es war ihm fast peinlich, aber nach all den Flames und dem Hass, der ihm entgegengebracht wurde, eine willkommene und heilende Abwechslung. Wirklich alle sahen zu ihm her, redeten, lachten, freuten sich, dass Malfoy eins ausgewischt bekommen würde und er lange Haare hatte. Er spürte hier keine Abneigung und das gefiel ihm sehr. Alicia kam zurück, ließ ihn den Umhang ausziehen und machte sich sofort ans Werk. Fachmännisch feuchtete sie ihm die Haare wieder an, kämmte sie und schnitt sie ohne langes Federlesen auf eine einheitliche Länge, knapp unter den Schulterblättern. Es waren mehr als zwanzig Zentimeter, die sie abschnitt, und trotzdem waren sie noch länger als ihre eigenen. Irgendwann trat die Ausgangssperre in Kraft und Ron und Hermione kamen zurück. Sie waren nicht darauf vorbereitet gewesen, dass noch alle wach waren und anscheinend feierten, sonst wären sie sicherlich vorsichtiger gewesen und hätten den Raum einzeln betreten, damit keiner bemerkte, dass sie zusammen waren, doch es achtete eh keiner auf sie. Schnell fanden sie den Grund dafür heraus: Harry, der ewig schlecht gelaunte brachte alle Menschen im Raum zum Jubeln. Wie konnte das sein? Hermione hinter sich herzerrend kämpfte Ron sich durch die Schüler, bis er seinen Freund erreichte. „Harry, was ist hier los?“ Schulterzuckend grinste ihnen der Schwarzhaarige entgegen, was Ron richtiggehend den Atem raubte. Harry sah in seinen Augen unglaublich hübsch aus. Die schmalen Wangen, die Augen leuchtend, das leichte, entspannt-glückliche Lächeln auf den Lippen… Was wohl auch Hermione fand, was man eindeutig an ihrem Kichern und leisen Jauchzen hören konnte. „Sie haben sich geweigert, sie abzuschneiden.“, erklärte der Junge, der lebt, grinsend. Ron starrte ihn an, verstand gar nichts und war irgendwie fassungslos fasziniert. „Und woher…“ „Malfoy, die Ratte, hat ihn verzaubert!“, freute sich Fred. Es war unübersehbar, dass er glücklich war und es nicht wirklich schlimm fand. „Er hat ihm lange Haare gezaubert und wir haben beschlossen, sie nicht abzuschneiden…“ „… um ihn zu ärgern!“ „So wischen wir ihm eins aus!“ „Wir erklären ihm den Krieg!“ „Hört nicht auf die zwei Spinner!“, unterbrach Harry die Ausgelassenheit der Zwillinge. „Das erzählen sie schon seit einer geschlagenen Stunde ununterbrochen jedem, der sie nicht sofort unterbricht, wenn sie auf ihn zukommen!“ „Es ist doch auch wahr! Harry, du bist ein Held!“ „Zweifellos.“, kam die trockene, aber durchaus ernst klingende Antwort. „Wo schließlich jeder richtige Held lange Haare braucht.“ „Du weißt, was wir meinen!“, rief George grinsend und stürzte sich auf ihn, um ihn zu kitzeln. „Du bist ein Star!“ „Der nichts kann!“, lachte Harry gequält, während verzweifelt versuchte, sich gegen den Übergriff des Rotschopfs zu wehren. Er war nicht sehr erfolgreich, bis Kikuileh plötzlich eingriff. Sie schwirrte mit einem Kampfsirren auf ihn zu und begann ihn ihrerseits zu kitzeln. Sie schlüpfte unter seine Kleider und plötzlich begann George zu tanzen. Lachend hüpfte er durch den Raum, schlug um sich und versuchte, die Fee in seinen Kleidern loszuwerden. Er hatte keine Chance, brachte --- zum ersten Mal in seinem Leben unfreiwillig --- alle zum Lachen, während sie auswichen, damit er sie nicht anrempelte. Ron prustete auch los, hatte sich dank dieser Einlage schnell von seiner Sprachlosigkeit erholt. Das hier war einfach zu köstlich, um sich noch lange Gedanken zu machen, wo das eh nicht seine Stärke war. Und als dann auch noch Harry zu lachen begann, weil Angelina ihm detailreich ausgeschmückt erzählte, was passierte, wechselten Hermione und der jüngste Rotschopfjunge einen Blick. Sie konnten beruhigt sein, denn Harry ging es offensichtlich wieder gut. Er hatte seine Krise überwunden. Als Harry am nächsten Morgen zwischen Ron und Hermione in die große Halle kam, hatte sich nicht wirklich was geändert. Wie eine Welle kam die Abneigung ihm entgegen und er war sicher, dass niemand seine neue Frisur bemerken würde. Er irrte sich. Schon als er am Tisch der Hufflepuffs vorbeikam, sah es jemand. „Is ja irre!“, kam der fassungslose Ausruf von einem Huffelpuffmädchen. „Harry hat ja lange Haare!“ „Wie hübsch!“, quiekte ihre Freundin ausgelassen. Harry lächelte verhalten, auch wenn sich in Folge nicht viele dafür begeistern konnten. Die meisten machten sich darüber lustig oder ignorierten die Tatsache. Allerdings standen diesmal die Gryffindors geschlossen hinter ihm und verteidigten ihn nach Strich und Faden, als die Beleidigungen und Witze allzu heftig wurden. „Ihr seid ja nur neidisch!“, rief George leidenschaftlich einem Ravenclaw entgegen, der zusammen mit Cho über den Jungen, der lebt, herzog. Harry grinste in seine Richtung. „Lass sie doch. Sie mögen mich nun mal nicht. Es stört mich nicht, was sie sagen!“ „Aber uns stört es!“, schnappten Fred und George unisono. „Und zwar ganz gewaltig! Wir können das nicht dulden!“ „Dann hebt es euch für Halloweenstreiche auf.“, murrte Hermione. Sie wollte zwar nicht, dass Harry so beleidigt wurde, aber einem öffentlichen Streit zwischen Hufflepuff, Ravenclaw und Gryffindor wollte sie auch nicht, zumal Gryffindor einer vereinten Front von Hufflepuff, Ravenclaw und höchstwahrscheinlich auch Slytherin gar nicht würde standhalten können. Doch Ron war nicht so weitsichtig. „Lasst sie doch! Ich finde, sie können Harry ruhig weiter verteidigen. Wir können denen doch nicht alles durchgehen lassen!“ „Nein, Ronnie-Schätzchen.“, meinte Fred plötzlich begeistert und das Funkeln in seinen Augen war absolut beunruhigend. „Sie hat Recht!“ „Wir werden Harry rächen!“, ergänzte George mit einem hinterhältigen Grinsen auf den Lippen, das Romane von seiner Vorfreude erzählte. „An Halloween!“ Sie sahen sich an. „Das ist die perfekte Gelegenheit, ES zu testen!“, dann sprangen sie plötzlich auf. „Lee!“ „Komm!“ „Wir haben…“ „… nicht mehr viel Zeit!“ Selten waren sie sich wohl so einig gewesen wie jetzt. Und natürlich folgte Lee ihrem Ruf sofort, so dass sie alle drei aus der Großen Halle verschwanden, bevor sich einer der anderen auch nur rühren konnte. Harry seufzte. „Da hast du was angerichtet, Mione. Die Drei bringen es fertig und ruinieren den ganzen Halloweenball und werden zum krönenden Abschluss noch hochkant aus der Schule geschmissen…“ Ron nickte grinsend. „Ich freu mich jetzt schon drauf!“ Hermione schwieg, starrte nur mit eindeutig schlechtem Gewissen zum Einganstor hin, den Dreien hinterher, während sie wahrscheinlich mit dem Gedanken spielte, ihnen nachzulaufen. Draco kam an diesem Tag erst sehr spät in die Große Halle, wurde beim Eintreten fast von den Weasley-Zwillingen über den Haufen gerannt, die total aus dem Häuschen zu sein schienen. Kopfschüttelnd und missmutig knurrend blickte er hinter ihnen her. Er hatte schlecht geschlafen und war dementsprechend schlecht drauf. Harrys plötzliche Wut und sein eigener Fehler, davon auszugehen, dass es ihm gefallen würde, hatten ihm schwer zu schaffen gemacht in der Nacht. Seufzend wandte er sich um, ließ seinen Blick über die Tische schweifen auf der Suche nach dem Grund für seine miesen Konditionen für den heutigen Tag. Besagten Grund erblickte er zuerst gar nicht, woraufhin er nach Granger und Miniwiesel suchte. Dann fiel ihm fast die Kinnlade herunter. Harry… hatte die Haare noch? Er hatte sie nicht abgeschnitten, obwohl er so wütend gewesen war? Warum? Das war doch… Er hatte sie doch gehasst! Ein leises Lächeln schlich sich auf seine Lippen, bevor er sich abwandte und zu seinen Freunden ging. Je näher er ihnen kam, desto fieser verzogen sich seine Gesichtszüge. „Hast du das gesehen, Draco?“, begrüßte ihn Pansy Parkinson freudig. „Potter macht einen auf Mädchen!“ „Ja, habe ich. Wie lächerlich!“ Die Gruppe begann zu lachen und Draco setzte sich zu ihnen, aber er verstummte recht bald, ließ ihre Gespräche an sich vorbeirauschen, ohne sie wirklich wahrzunehmen. „Was ist los?“, wollte Goyle leicht besorgt wissen. Es war selten, dass Draco eine Gelegenheit ausließ, jemanden zu foppen oder gute Ideen für Witze zu liefern. Draco winkte gedankenverloren ab. „Nichts.“ „Hast du schlechte Laune und keine Lust, dich mit uns zu amüsieren? Vielleicht tut es dir ganz gut, wenn du dich mal wieder richtig über ihn auslässt! Vielleicht geht es dir danach besser!“ „Ich habe schlecht geschlafen.“, murrte er --- war ja nicht einmal gelogen. „Lasst mich einfach in Ruhe!“ Sie taten, was er verlangte, wenn auch ungern und mit Besorgnis. Aber bei Draco Malfoy in Ungnade zu fallen war nicht lustig und bedeutete meistens einen Verlust von Macht und Ansehen im Slytherinhaus. Da war es besser, man ließ ihm seinen Willen und ihn in Ruhe. Dracos Aufmerksamkeit war sehr bald nur noch bei Harry. Er beobachtete ihn, unauffällig und äußerst geschickt, so dass es niemandem auffiel. Tatsächlich bemerkten seine Freunde oder die anderen Schüler nichts, Snape jedoch schon. Der schwarzhaarige Lehrer mit dem starren, schwarzen Blick hatte Draco schon nach seinem Eintreten in die Große Halle nicht mehr aus den Augen gelassen und ihn kritisch und mit deutlichem Missfallen bedacht. Er hatte die Situation durchdacht. Einerseits war es ein Vorteil, wenn der Blonde sich mit Harry Potter abgab, denn er war sich sicher, dass dieser es schaffte, so wie Dumbledore damals ihn, Draco vom Dunklen Lord wegzuholen. Vorausgesetzt natürlich, dass er nicht schon längst für ihn arbeitete und das der einzige Grund war, weshalb er sich auf den Schwarzhaarigen einließ. Aber das bezweifelte er stark. Der Dunkle Lord verließ sich niemals nur auf einen einzigen Faktor. Ohne Absicherung und Plan in der Hinterhand geschah selten etwas in den Reihen des Bösen. Er hätte ihn sicherlich beauftragt, ein Auge auf die Machenschaften des Jungen zu haben, aber da er das nicht getan hatte… Außerdem wusste er, dass Draco sich geweigert hatte, seinen Beitrag zum Beitritt in die Reihen der Todesser zu leisten. Er hatte Harrys Cousin nicht getötet, was seinen Vater und den Führer sehr verärgert hatte. Andererseits bestand dadurch auch Gefahr für die beiden. Sollte es auch nur einer der Anhänger des Dunklen Lords herauskriegen, würde dieser nicht davor zurückschrecken, Draco für seine Zwecke zu missbrauchen, wenn Lucius ihn überhaupt am Leben ließ. Auch wollte er sich nicht wirklich vorstellen, was passierte, sollten die Slytherins davon Wind bekommen. Das würde ganz sicher nicht wirklich schön für den Blonden werden. Na, er würde das weiter beobachten und notfalls… Ihm würde schon etwas einfallen. Von diesen Gedanken nichts ahnend, schickte Draco Harry eine Nachricht. Es war ein Zauber, der es ihm ermöglichte, mittels Feuer jemandem ein paar Worte zu übermitteln, ohne dass jemand außerdem etwas bemerkte. Ein Stück schwarzer Magie. Ein einziges Wort zauberte er in Harrys Handfläche: „Süß!“ Harry wurde daraufhin so rot, wie man es sich nur vorstellen konnte, ballte die verräterische Hand blitzartig zur Faust und senkte den hochroten Kopf. Und trotzdem konnte er seine unbändige Freude nicht verstecken. „Was hast du, Harry?“, wollte Seamus neugierig wissen, der es bemerkte. Harry schüttelte nur den Kopf. „Nichts.“, murmelte er, wurde, wenn das überhaupt ging, noch röter. Und trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb musste er geschlagene zwanzig Minuten Deans und Seamus Neugierattacken über sich ergehen lassen; erst dann lotsten ihn Ron und Hermione gnädig zum Unterricht… direkt in die Arme Raindooms, der wieder einmal eine diebische Freude daran hatte, Harry seine Fehler unter die Nase zu reiben. #++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Uh, ist ein bisschen kurz geworden, aber na ja. Nicht so schlimm… Jaja, Jetzt hat mein Schnucki lange Haare und das wegen Dray… Schon eigenartig. Was haltet ihr von der Idee? Irgendwie hab ich selbst ein bisschen damit zu hadern, denn ich kann ihn mir schlecht mit langen Haaren vorstellen… Geht euch das auch so? Ach, ist ja auch egal… Ich melde mich bald wieder. !!! Ach ja, beachtet bitte ganz genau die Anweisungen, die ich euch mit der Nachricht geschickt habe! Ein Verstoß hat unweigerlich die Folge, dass ich mir nicht die Mühe mache, eure Bitte dann noch zu erfüllen!!! !!! Halloween --------- Titel: Halloween Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 18: Halloween An diesem Abend verkündete Dumbledore den Plan für die morgige Halloweenparty. Wie sonst auch würden die Stunden am Vormittag planmäßig stattfinden, nachmittags hätten sie dann frei und um achtzehn Uhr würde das traditionelle Bankett stattfinden. Danach würde die gesamte Große Halle für die Party freigegeben und die meisten Lehrer den Saal räumen, um den Schülern mehr Freiheit zu geben. Und die ganze Zeit der Rede über hatte Harry irgendwie den seltsamen Eindruck, dass Dumbledore nicht halb so glücklich und überschwänglich war wie sonst. Er schien ein wenig besorgt oder aber auch müde zu sein, doch Kikuileh sagte ihm, dass er absolut fröhlich aussah und handelte und beruhigte ihn damit wieder. Der Schwarzhaarige vergaß den Vorfall dann recht schnell wieder, als ihn im Gryffindorturm die Vorbereitungen und die Vorfreude auf Halloween mitrissen. Sie hatten die Erlaubnis bekommen, ihre Festumhänge zu tragen, wenn sie das wollten, um dem Fest die Strenge zu nehmen. Nun, Harry wollte nicht, aber er wurde nicht gefragt. Fred, George, Angelina, Alicia, Lee und etliche andere hatten längst für ihn entschieden. Er würde auf diesem Ball der Prinz von Gryffindor sein, hatten sie beschlossen. Zwar würden sie sich auch alle herrichten, doch die Farbe von Harrys Umhang war für sie alle tabu. Außer ihm würde jeder Gryffindor schwarz tragen! In Harrys Magen breitete sich zunehmend ein mulmiges Gefühl aus, das immer schlimmer wurde, je länger die Vorbereitungen liefen, auch wegen der bevorstehenden Prüfung. Als er von Fred und George am Donnerstagmorgen ein Törtchen angeboten bekam, mit dem Rat es auf jeden Fall zu essen, um in der Lage zu sein, möglichen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen zu können, wurde das Gefühl so schlimm, dass er schon fast beschloss, nicht teilzunehmen, einfach um eine mögliche Katastrophe nicht miterleben zu müssen und nicht noch mehr aufzufallen, als er es eh schon tat, doch das ließen Hermione und Ron nicht zu. Ihrer Meinung nach konnte ihm ein wenig Aufmunterung und Stimmung nicht schaden. Noch bevor er sich tatsächlich festlegte und ablehnen konnte, wurde dieses mulmige Gefühl im Magen von Freude überlagert. Von einer Sekunde auf die nächste: Als sie im Klassenraum für Verteidigung gegen die dunklen Künste standen und auf den Horror auf Beinen, auch Professor Raindoom genannt, warteten --- Harry besonders aufgeregt, denn heute sollte er seinen Strafspruch vorführen --- flatterte eine Eule herein und der Brief, den sie brachte, befreite sie am heutigen Tage auch noch vom Vormittagsunterricht. Harry war richtig erleichtert, dass er heute nicht mehr ran musste. Es war besser so, sonst würde er vielleicht noch etwas falsch machen und den Schülern damit den Abend ruinieren. Mit dieser Nachricht war die Idee, den Abend in irgendeinem Versteck zu verbringen, in den Wind geschlagen. Er freute sich nur noch auf die Party! Am Abend schließlich stand er, aufgemotzt von Angelina und Katie, in der Großen Halle, klammerte sich verzweifelt an Ron, da Kikuileh mit der chaotischen Situation, die eine Party solchen Ausmaßes bot, schlichtweg überfordert war. Die Schüler waren so aufgeregt und rannten so konfus durcheinander, dass es ihr einfach unmöglich war, den Überblick zu behalten. Ron war da der sicherere Halt. Und genau wegen diesem Chaos setzten sich die Drei auch ganz schnell auf ihre Plätze. Hermione wollte Harry wenn möglich niemandem zur Mobbing überlassen, nur weil sie ihn hier verloren, wollte ihn sicher neben sich wissen. Jedoch schienen die Hufflepuffs und Ravenclaws an diesem Abend seltsamerweise keine Lust zu haben, ihren Freund zu triezen, und selbst die Slytherins hielten sich mit dummen Sprüchen zurück. Die Vorfreude auf war wohl größer als die Schadenfreude. Harry hatte seine Ruhe --- soweit das in diesem Chaos überhaupt möglich war. Sobald alle da waren, hielt Dumbledore seine wie üblich kurze Rede, dann begann das Festessen. Eine ganze Stunde wurden an den Tischen die köstlichsten Speisen gespachtelt, gelacht und gequatscht, was das Zeug hielt, doch in dem Moment als alle fertig waren, geschah etwas ungewöhnliches: Dumbledore ließ die Schulhymne singen. Niemand konnte sich erklären, warum er auf einmal gesteigerten Wert darauf legte, wurde sie sonst doch eher zu besonderen Gelegenheiten mit weltbewegenden Themen gesungen, an Tagen wie der Zuordnung neuer Schüler zu den Häusern, Tagen wie dem letzten Schultag, doch Kikuileh erzählte Harry nach einem kurzen Rundflug, dass am Lehrertisch eine eigenartige Stimmung herrschte. Die Lehrer versuchten offenbar krampfhaft, locker auszusehen und zu wirken. Es war wirklich reichlich seltsam. Irgendwas hing in der Luft. Als dann selbst die Weasley-Zwillinge mit ihrem Hochzeitsmarsch die leuchtenden, unsinnigen Worte über Dumbledores Kopf hinter sich gebracht hatten, läutete der weißhaarige Schulleiter das Fest ein: „Da wir dieses Jahr aus bestimmten Gründen leider keine Möglichkeit gefunden haben, eine Lifeband aufzutreiben, gibt es am heutigen Tage nur Musik aus der Dose!“, erklärte er verschmitzt lächelnd, während er über die Halbmondgläser seiner Brille in die Runde blickte. „Jetzt wünsche ich euch noch viel Spaß!“ Damit nahm er vom Tisch hinter sich eine Büchse, die aussah, als wären Bohnen darin, klopfte mit seinem Zauberstab dagegen, sodass plötzlich Leben in sie kam und sie mit den unmöglichsten Bewegungen plötzlich Musik zu machen begann. Die Geister schwebten herein und bis auf fünf verschwanden alle Lehrer. Die Party konnte beginnen. Sie begann. Tänzer strömten auf die von Dumbledore mittels eines Zauberstabschwungs frei geräumte Fläche und augenblicklich herrschte eine Stimmung, die sich sehen lassen konnte. Es wurde gelacht, geschwatzt, getanzt, Butterbier wurde herumgereicht, es gab Süßigkeiten, Kuchen, Limo, Bowle aus grünem Schleim oder gelber Flüssigkeit, in der tatsächlich lilafarbene Spinnen schwammen, und vielfältigste Snacks, süß und salzig… Von irgendjemandem bekam Harry eine Flasche in die Hand gedrückt --- Butterbier, wie er nach dem ersten Schluck feststellte. Dem Alkoholgehalt nach zu urteilen war es die aufgepeppte Version der Zwillinge. Es war ihm schlichtweg egal. Es war ihm egal, dass er noch minderjährig war, dass das Zeug sein Urteilsvermögen wahrscheinlich beträchtlich vermindern würde, dass es seine Fähigkeiten alleine zurechtzukommen oder auf Kikuileh zu hören wahrscheinlich noch verschlechtern würde, dass es in der Kehle brannte… Heute war Feiern angesagt und da gehörte Alkohol einfach dazu. Und vielleicht ließ sich der Tag damit auch leichter durchstehen, denn nachdem Hermione und Ron tanzen gegangen waren --- wozu Harry sie förmlich hatte überreden müssen, weil sie offenbar beschlossen hatten, ihm hier Gesellschaft zu leisten, um auf ihn aufzupassen und vor bösen Sprüchen zu schützen --- kamen plötzlich immer wieder Mädchen und forderten ihn zum Tanzen auf, meinten, dass seine Blindheit doch nicht so schlimm wäre und sie ihn führen würden und er sich keine Sorgen deshalb machen müsste. Und obwohl Harry immer wieder ablehnte, kamen manche sogar zweimal, als ob sie dachten, dass er das mit seinem Handicap eh nicht merken würde. Er bekam durch Kikuileh mit, dass sie Wetten abschlossen, wer als erste bei ihm landete, und es begann ihn zu nerven. Missmutig saß er in einer Ecke, abseits des Trubels und in der Nähe des Eingangs und ließ Alkohol und Musik auf sich wirken. Bis plötzlich Ginny vor ihm stand. „Warum tanzt du nicht? Es waren doch genügend Mädchen hier.“, wollte sie leise wissen und wahrscheinlich hatte es Harry eher seinem durch die Blindheit verstärken Gehör zu verdanken, dass er sie verstand als irgendeinem anderen Umstand. Er seufzte und spielte mit der Flasche in seinen Händen, die bereits zu zwei Dritteln geleert war. „Ich will einfach nicht.“ „Ach so.“ Sie schwieg einige Zeit und setzte sich dann schwungvoll neben ihn. Offensichtlich hatte auch sie schon etwas getrunken. „War es bisher nicht die Richtige?“ „Könnte man so ausdrücken.“, murmelte Harry abweisend und fragte sich im nächsten Moment, wie er darauf kam. Er würde Malfoy eine husten, würde der ihn zum Tanzen auffordern. Andererseits kam für ihn momentan einfach niemand anderes in Frage. Wieso das so war, konnte er sich allerdings nicht erklären. Vielleicht lag das an dem, was Malfoy ihm gestern in die Handfläche gezaubert hatte. ‚Süß’ hatte er ihn genannt. Irgendwie hatte Harry das gefreut. Auch seine Bemühungen, ihm zu helfen, seine Sorge und seine Art waren sicherlich ausschlaggebend. Harry wusste, dass er Malfoy etwas bedeutete. Und es ermutigte ihn, sein Herz ihm gegenüber zu öffnen und sich darauf einzulassen. Wenn Malfoy es noch einmal versuchen würde, vielleicht würde er sich heute darauf einlassen können… Wieder schwieg Ginny einige Zeit, bevor sie erneut eine Frage stellte, offensichtlich die, um die es ihr eigentlich gegangen war, als sie ihn angesprochen hatte: „Würdest du mit mir tanzen?“ Harry seufzte. „Ich sagte doch, dass ich nicht will!“, erwiderte er genervt. Plötzlich wollte er nicht mehr. Es kotzte ihn an. Alles. Jedes noch so kleine Detail an diesem Fest; Musik, Gespräch, Nähe, Lärm und auch sonst alles. Er verspürte den dringenden Wunsch, hier zu verschwinden. „Also bin auch ich nicht die Richtige…“, stellte das rothaarige Mädchen traurig und leise fest. „Wer ist es?“ „Das geht dich nichts an!“, blaffte er schroff, wandte im nächsten Moment den Kopf ab vor Scham, weil sie für seine Laune ja eigentlich gar nichts konnte und er sie zu Unrecht so mies behandelte. „Hermione? Cho? Ricarda? Oder vielleicht sogar Loona?“ Harrys Kopf schnappte hoch. Das war doch… dreist! „Was willst du eigentlich von mir?“ Sie erhob sich, hatte plötzlich einen äußerst kalten Ausdruck auf dem Gesicht. „Es darf also keiner wissen? Warum? Schämt sie sich, mit dir gesehen zu werden?“ „Ja! Und jetzt lass mich in Ruhe!“ Es war immer noch schroffer, als es eigentlich hätte sein sollen, aber wenigstens wirkte es. Ginny verschwand beleidigt in der tanzenden Menge, machte sich im nächsten Moment an einen anderen Jungen ran, einen Ravenclaw aus der Siebten laut Kikuileh. Harry runzelte die Stirn. Wenn Ron das erfuhr, würde es sicherlich Zoff geben. Und er wollte gar nicht daran denken, wie es dem Jungen ging, wenn die Zwillinge davon Wind bekamen… Aber es ging ihn auch nicht wirklich etwas an. Ginny war alt genug, um zu wissen, was sie wollte. Noch dazu stand ihm kein Urteil diesbezüglich zu, schließlich war er noch auf einem schlimmeren Weg. Machte er doch Malfoy schöne Augen… Ja, er fragte sich, was dieser gerade tat. Kikuileh tat ihm gerne den Gefallen, nach dem Blondschopf zu suchen, flog schon im nächsten Moment Feuer und Flamme davon, um nach ihm zu sehen, doch was sie nach ihrer Rückkehr erzählte, gefiel Harry gar nicht. Malfoy saß an einem Tisch, umringt von Mädchen unterschiedlichsten Alters und ließ sich verwöhnen. Pansy saß auf seinem Schoß… Harry stand abrupt auf, hätte fast einen Jungen umgestoßen, weil er durch den Alkohol kurzzeitig das Gleichgewicht verlor, und Kikuileh leitete ihn kommentarlos hinaus aus der Großen Halle. Irgendwann bekam er noch eine neue Flasche Butterbier in die Hand gedrückt, die er nur zu gerne entgegen nahm, dann ließ er Musik, Lärm und gute Laune hinter sich. Die Vorstellung gerade hatte ihm einen derart tiefen Stich der Eifersucht verpasst, dass es beinahe wehtat, beinahe in Hass ausartete. Hass auf die Mädchen. Hass auf Malfoy… Dabei hatte er doch begonnen, sich mit Malfoys Art zumindest ein wenig abzufinden, sie einfach als gegeben hinzunehmen, über sie hinweg zu sehen… Sein Weg führte ihn auf den Nordturm, der um diese Zeit noch verlassen war. Später würden hier mit Sicherheit massenweise Pärchen sitzen und hemmungslos rumknutschen… Wehmütig lächelnd trank er ein wenig Butterbier, während er sich den Wind um die Ohren wehen ließ. Um die Uhrzeit war es noch nicht so kalt, obwohl es schon Oktober war, denn die Sonne schien noch recht stark und hatte die Luft über den Tag aufgeheizt. Eine Stunde später war sie jedoch weg und in seinem dünnen Cape war der auskühlende Luftzug auf seiner vom Alkohol aufgeheizten Haut schon ein wenig unangenehm. Außerdem war die Flasche leer und er fühlte sich schummrig. Er trat den Rückzug an, kam wieder in die Große Halle, einfach um zu sehen, was los war. Es wurde immer schlimmer mit seiner Körperbeherrschung und er hoffte im Grunde nur, dass es durch die Wärme und den Krach besser wurde, doch das war definitiv ein Irrtum. Er hatte keine Erfahrung mit Alkohol und wusste nicht, dass Hitze es noch verschlimmerte. Doch er wollte wissen, was mit Malfoy war… In der Großen Halle hatte sich die Situation nicht wirklich verändert. Chaos, Lärm, gute Laune und Malfoy der Star der Slytherinmädchen. Harrys Lächeln verschwand. Er drehte sich abrupt um, nahm sich von der Theke ein weiteres Butterbier und lief unkoordiniert los, wollte zurück in den Gryffindorturm, um dort Trübsal zu blasen, denn genau danach war ihm jetzt. Er fühlte sich verraten. Das war es! Außerdem war es ungefährlicher im Sitzen zu trinken, als wenn er hier durch die Gegend lief. Doch die Treppe, die ihn nach oben führen sollte, wollte nicht so, wie er wollte, und so machte er erneut eine Hundertachtzig-Grad-Wendung und begann, ärgerlich wie er war, einfach drauflos zu laufen. Irgendwohin, es war ihm inzwischen egal. Trinken konnte er überall. Schon im Laufen öffnete er die Flasche, dabei wusste er, dass es seinem Gleichgewicht sicherlich nicht gut tun würde, wenn er noch mehr trank. Schon jetzt brauchte er immer häufiger die Wand, um sich abzufangen. Es war ihm egal. Selbst als Kikuileh sich meldete, hörte er nicht hin, obwohl sie immer wieder sagte, dass er woanders lang gehen sollte, wenn er nach Hause wollte. Irgendwann verebbten ihre Proteste, denn sie erkannte die Umgebung wieder. Sie begann herumzuhibbeln und Harry bemerkte ihre Unruhe durch sein leicht getrübtes Bewusstsein, wusste im nächsten Moment, wo sie sich befanden. Er hatte den Turm erreicht, der nicht existierte, weil es ihn nicht geben durfte --- oder so ähnlich hatte sie seine Lage beschrieben. Ihre Heimat. Kurz entschlossen trat er durch die Wand und Kikuilehs Aufregung stieg noch an. Harry begann zu lächeln. „Willst du hin?“ Helles Sirren war die begeisterte Antwort, als sie aufflog. „Dann geh! Du musst nicht bei mir bleiben.“ Sie war empört und nach einer Sekunde, die sie brauchte, um ihrem Ärger lautstark und mit reichlich Bewegung Luft zu machen, hielt sie ihm einen Vortrag darüber, dass er undankbar sei, anmaßend und überhaupt. Harry lächelte nur. „Sie vermissen dich sicher schon.“ Ihre Stimme in seinem Kopf wurde leiser und verklang schließlich ganz. Das wusste sie, aber… „Ich nehme es dir nicht übel.“, versicherte Harry ihr und kraulte seiner kleinen, auf seiner Handfläche landenden Freundin den weißen Bauch. Ihre nächste Frage brachte ihn dann tatsächlich zum Schmunzeln. „Ja. Natürlich vermisse ich dich auch, wenn du weg bist.“, sagte er. „Aber du… Du bist immer bei mir, du hast eine Auszeit verdient! Und… wenn du möchtest, kannst du doch wiederkommen. Ich würde mich sehr freuen.“ In Wahrheit wäre er ohne sie verloren und hoffte wirklich, dass sie wiederkam. „Na los! Geh schon!“ Sie flog los, freudig und aufgeregt, voller Erwarten, ihre Freunde und Familie wieder zu sehen, war schon fast schon in der Dunkelheit verschwunden, da kam sie noch einmal zurück, umarmte stürmisch seine Wange und drückte sich an ihn, während sie ihm versicherte, dass sie schon am nächsten Tag wieder da sein würde. Harry lächelte nur beruhigt. Sie war so eine treue Seele. „Bis dann.“, flüsterte er und dann war sie endgültig verschwunden. Seufzend drehte der Schwarzhaarige sich um und tastete sich vorwärts, stolperte fast, suchte vergeblich eine Wand, die ihn leiten und stützen würde, ihm bei seinem Kampf um das Gleichgewicht beistand. Eine Wand, die ihn unbeschadet durch die Scheinwand bringen konnte. Er fand keine. Allerdings hatte er kurz das dumme Gefühl, er hätte sie schon durchquert, als ihm ein warmer Schauer über den Rücken rann. Toll. Ohne Kikuileh war er doch total hilflos. Und in seinem alkoholisierten Zustand doch sowieso. Da waren seine Sinne doch noch schwächer als ohnehin schon. Er ahnte nicht einmal, dass Draco auf dem Gang auf ihn wartete. Der Blonde hatte gesehen, wie Harry das zweite Mal gegangen war, und war ihm besorgt hinterhergelaufen, nachdem er die Mädchen abgeschüttelt hatte. Harry hatte so seltsam ausgesehen, als ginge es ihm nicht gut. Die Wangen gerötet, das Gesicht trotzdem unnatürlich blass, dazu die glänzenden Augen und der freudlose Ausdruck. Immer noch. Wüsste er es nicht besser, würde er sagen, er wäre betrunken oder zumindest angetrunken, aber diesen Eindruck vermittelte der andere so gar nicht, auch wenn er eine Flasche Butterbier in der Hand hielt. Kein Schwanken, kein Wanken, kein Anzeichen für Kontrollverlust. Er stand einfach nur da, die Schultern ein wenig eingesunken, wirkte verloren so ganz allein. Ganz allein? Draco stutzte. Wo war denn die Fee hin? Wieso war sie nicht mehr da? Ohne sie hatte Harry doch gar keine Chance mehr, das Leben erfolgreich zu meistern. Aber… Immerhin waren sie hier unten in ihrer Heimat. War er vielleicht deshalb hier unten? Weil sie nach Hause gewollt hatte? Vorhin jedenfalls war sie noch bei ihm gewesen. Besorgt kam er näher, doch er war wohl nicht leise genug gewesen. Er war noch nicht ganz bei ihm, da weiteten sich Harrys Augen plötzlich in stillem Erkennen und er drehte sich von ihm weg, ballte die freie Hand zur Faust. Draco konnte sehen, dass er leicht zitterte. Was war denn los mit ihm? Woher kam diese Abneigung so plötzlich. Wusste der Schwarzhaarige etwa nicht, dass er ihm damit wehtat? Schnell schloss er zu ihm auf, legte seine Arme um Harry und zog ihn in einem Anflug von Verlustangst zu sich heran, drückte ihn Besitz ergreifend an sich. Überraschend war, dass der Junge, der lebt, fast sofort nachgab. Geschmeidig und weich schmiegte er sich an ihn. Sein Kopf lehnte sich gegen seine Schulter und die grünen Augen schlossen sich. Er seufzte zitternd. Eine seiner Hände tastete sich zu Dracos Armen und drücke noch leicht dagegen, als wollte er sagen: Halt mich fester. Die Flasche fiel unbeachtet zu Boden. Draco begann zu lächeln. „Was ist denn los?“, hauchte er sanft, direkt in Harrys Ohr. Der schwarze Schopf bewegte sich leicht und der Slytherin stellte verblüfft fest, dass Harry heute anscheinend gar nichts dagegen hatte, dass er ihn mit Andeutungen zu locken versuchte. Nein. Es klappte. Besser sogar, als er zu hoffen gewagt hatte! Plötzlich spürte er Harrys Nase an seinem Hals, die zweite Hand in seinem Nacken. Er lockerte prüfend den Griff um die Brust des anderen, als Harry sich ein bisschen zurückbog, und dieser drehte sich zu ihm um, legte ihm die Arme um den Hals und zog ihn zu sich herunter. War er wirklich soviel größer, dass das nötig war? Wann war er denn über ihn hinausgewachsen? Die Frage wurde nebensächlich, als Harry seine Lippen fand. Nicht ganz zielsicher, er erwischte nur seinen Mundwinkel, aber er glich diesen Fehler fast augenblicklich aus. Erfreut erwiderte Draco die kleine Zärtlichkeit. Heute war Harry… süßer als sonst. Lag das vielleicht daran, dass er es wollte? Dass er von sich aus zu ihm kam? Oder war es der Alkohol, den er da herausschmeckte, von dem Harry ganz eindeutig ein bisschen zu viel getrunken hatte? Aber immerhin konnte er noch stehen, er war also nicht ganz willenlos… oder? Doch er stellte auch recht schnell fest, dass Harry wohl keinerlei Erfahrung hatte. Es wunderte ihn nicht wirklich, hatte er doch sogar zugegeben damals, dass es sein erster Kuss gewesen war, aber wieso Harry noch nie eine derartige Beziehung gehabt hatte, war ihm schleierhaft. Wo die doch alle total vernarrt in ihn waren… Vielleicht lag das an dem Heldenstatus, den er hier inne hatte? Er schaffte in gewisser Weise eine Distanz zwischen dem Jungen, der lebt, und denen, die ihn verehrten, die mit Worten kaum zu erklären war… Aber auch das war jetzt nebensächlich. Harry war wichtig. Nicht seine Vergangenheit, nicht, was er getan oder nicht getan hatte. Vorsichtig öffnete er seinen Mund, strich sinnlich mit der Zunge über Harrys Lippen, hauchzart nur. Zuerst reagierte er erstaunt, dann aber lächelte in den Kuss hinein. Es dauerte nur Sekunden, bis er probeweise das gleiche versuchte und sie sich begegneten. Die leeren, grünen Augen fielen wie in Zeitlupe zu und Draco wusste, dass es ihm gefiel. Er wurde forscher, drängte Harrys Zunge zurück, im gleichen Maße wie ihn selbst, behutsam, um ihn nicht zu verschrecken. Harry ließ ihn ein, zog ihn sogar dichter, drängte sich gleichzeitig gegen ihn, beinahe verzweifelt. Willig, der Kleine… Sie stießen gegen die Wand und Harry gab einen erstaunten Laut von sich, riss die Augen auf, doch der Schreck hielt sich nicht lange. Es war doch egal. Was interessierte es ihn, dass er woanders stand? Er wollte mehr. Und genau das vermittelte er Draco mit weiteren Forderungen. Er wollte mehr erfahren! Der Slytherin war begeistert. Er ließ seine Hände an Harrys Seiten herab streichen, merkte, wie der andere darauf reagierte, sich ihm anpasste, wie er lernte. Dann zuckte der Schwarzhaarige plötzlich zusammen, als er die Stelle zwischen Rippen und Hüfte berührte, bog sich ihm ungewollt entgegen, als er versuchte, der Hand auszuweichen. Draco grinste. Harry war ja empfindlich! Absolut empfindlich! Und er lernte wirklich schnell. Er begann ebenfalls seine Hände einzusetzen, kraulte Dracos Nackenhaare, kitzelte seine Ohren, liebkoste Kinn und Lippen mit seinen nahezu samtigen Fingerspitzen, bis Draco scharf die Luft einzog. Harry lachte. „Du bist ja empfindsam!“, schnurrte er, nicht mehr ganz eindeutig klar, stellte sich auf die Zehenspitzen, um an seinen Ohrläppchen knabbern zu können. Der Blonde ließ es genießerisch über sich ergehen, lehnte sich schwer gegen Harry und seinen Kopf in dessen Halskuhle, atmete immer tiefer, konzentrierte sich darauf, um seine Beherrschung nicht zu verlieren. Das hier war echt nicht schlecht. Er schauderte, als Harry seine Zunge in sein Ohr stippte. Und Harry probierte weiter, streichelte mit den Fingerspitzen über Dracos Haut am Hals und hinter den Ohren, wo sie besonders samtig war, strich über die Lippen, Wangen, Augenpartien, wanderte tiefer zur Brust, wo er fahrig versuchte, unter den Umhang zu kommen, an den silbernen Schnallen hantierte. In diesem Moment drohte Dracos Selbstbeherrschung sich zu verabschieden. Er packte Harrys ungewöhnlich schmale Handgelenke, jedes mit einer Hand, und drückte sie rechts und links von ihm gegen die Wand, fixierte ihn mit seinem ganzen Körpergewicht. Der Junge zuckte zusammen, war es doch sehr überraschend gekommen, duckte sich etwas, doch egal was er erwartet hatte, es kam nicht. „Du hast das nie gemacht, ja?“, grollte Draco heiser und Harry wurde rot und senkte den Kopf in Richtung Boden. Für den Slytherin war diese simple Geste Antwort genug. „Woher kannst du es dann?“ Konfusion spiegelte sich auf Harrys Gesicht wieder, als er es wieder hob. „Was?“ „Diese… Technik!“ Draco konnte sich nicht erklären, wieso Harry noch immer ein so ausdrucksreiches Mienenspiel hatte, wo doch die meisten Blinden sehr bald einfach nur noch stoisch in eine Richtung starrten, um die Orientierung nicht zu verlieren. „Tech…?“ Verwirrt schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf, versuchte zu begreifen was Draco meinte. Plötzlich konnte man auch sehen, dass er etwas getrunken hatte. Nicht eindeutig, aber die Bewegungen waren auf eine eigenartige Weise völlig verschwommen, nicht wirklich koordiniert. Auch seine Worte kosteten ihn sichtlich Mühe. „Ich wollte… wollte nur wissen… wie du aussiehst…“ „Wie ich…“ Die eisgrauen Augen weiteten sich in Erstaunen, als er Harrys Hände locker ließ. Rau lachte er, verbarg das Gesicht an Harrys Hals in den langen Haaren. „Harry, Harry, unschuldig bis in den Tod!“ Im gleichen Zug drängte er sich gegen ihn, enger, verzehrend eng. Von dem Schwarzhaarigen kam ein unwilliges Knurren. „So… unschuldig bin ich gar nich’. Sonst… ich würde… sonst ja wohl kaum hier… sein!“ Draco hob den Kopf, lächelte ihn an und platzierte einen schmetterlingsgleichen Kuss auf seinen Mund. „Selbst hier noch.“, flüsterte er, sah ihm in die Augen. Doch Harrys Antwort raubte ihm seine Zuversicht. „Ja, ja, das… das sagst du so.“ Der Gryffindor ließ sich schwer gegen die Wand sinken, legte den Kopf in den Nacken, gegen die Wand, seufzte einmal. Ihm war schwindelig. „Ich habe schon… schon so viele Menschen getötet…“ Wieder seufzte er tief, schloss erneut die Augen. Entgeistert verfolgte Draco die Wandlung in dem schmalen Körper. Er hatte jemanden getötet? Wen denn bitte? Wen sollte er getötet haben? „Das ist doch Schwachsinn, Harry!“, sagte er empört. „Du hast gar keinen getötet!“ Von Harry kam nur ein hohles Lachen. „Nein. Ich hab nur massig Menschenleben zerstört.“, stimmte er ihm zu. „Das meiner Eltern, für mich gestorb’n, Sirius’, vor kurzem erst Hagrids, Cedrics… Hach, ich könnte stundenlang so weitermachen, wüsste ich nur die Namen!“ Dieses selbst verachtende Lächeln Harrys gefiel Draco gar nicht. Es konnte doch nicht sein, dass der Alkohol ihn dermaßen melancholisch werden ließ! Wieso konnte Harry nicht einer der Menschen sein, die von Alkohol enthemmt und lustig wurden? Diese Stimmung hier war doch fast schon unerträglich! Das Thema sowieso. Er zog ihn ein Stück von der Wand weg, nahm ihn in die Arme und begann ihn langsam hin- und herzuwiegen. „Sch, sch.“, murmelte er leise, strich ihm über die langen, seidigen Haare. „Das meinst du nicht ernst. Du weißt genau, dass das nicht wahr ist.“ Er ließ Harry gar nicht erst antworten. „Ich weiß das und du weißt es auch. Jeder weiß das.“ In seinen Armen erstarb Harrys Widerstand gegen diese sanfte Stimme, die beschützenden Berührungen. Der Schwarzhaarige ergab sich komplett dieser Suggestion, dass es alles nicht so schlimm und schon gar nicht seine Schuld war, auch wenn er tief in sich diese Tatsache wohl niemals würde akzeptieren können. Er ließ sich fallen, wehrte sich nicht gegen das, was seine Gedanken in Dunkelheit hüllte, sie zäh und träge werden ließ, war es doch eine willkommene Abwechslung gegen die sonstige wirbelnde Fülle in seinem Kopf. Er begann zu lächeln, ließ sich von Draco schließlich mitziehen, als er ihn in den Raum brachte, wo sie sich am Anfang des Schuljahres das erste Mal unter vier Augen getroffen hatten, ließ sich dort von ihm auf das Bett legen, genoss einfach diese zärtliche Behutsamkeit, mit der der Slytherin handelte. Seine Finger der rechten Hand verschränkten sich schon fast automatisch mit denen von Draco. Ihm war warm. Nicht nur vom Alkohol, der ihn allmählich aber sicher abdriften ließ, sondern auch von den Berührungen, von den Worten. Und diese Wärme nahm noch zu, als Draco über ihn kroch, ihn wieder zu küssen begann. Langsam nahm er seine Erkundung von vorher wieder auf, versuchte sich ein Bild von dem Blonden zu machen, tastete über alles, was er erreichen konnte. Draco war erfreut, als die Sorge aus dem schmalen, blassen Gesicht verschwand, als er sah, wie es sich entspannte, einen leichten Ausdruck von Lust zeigte. Er verstärkte seine Bemühungen. Sein Ziel war es, Harry abzulenken, ihn von seinen trüben, selbst zerstörerischen Gedanken abzubringen und seine Konzentration auf sich zu lenken. Wer war er denn, dass er einen solchen Kampf verlieren würde?! Ein Malfoy verlor nie! Außerdem war er selbst viel zu weit, um jetzt noch aufzuhören. Immerhin wünschte er sich das hier schon eine ihm ewig lang erscheinende Zeit. Und noch dazu ließ Harry ihn nicht gehen, auch wenn diesem das sicherlich nicht bewusst war. Es war verblüffend. Draco hatte schon einige Beziehungen gehabt, mal mehr, mal weniger erfolgreich, aber so wie bei Harry war es nie gewesen. Der Schwarzhaarige erweckte in ihm ein Feuer, das allein durch Berührungen und Küsse kaum zu stillen war. Seine Natürlichkeit und ungehemmte Neugier und der nahe, tödliche Abgrund, an dem seine Gedanken beständig standen, waren fast zuviel für ihn. Seine forschen Finger, unerfahren, aber lebendig, die weichen Lippen, der Kontrast von Haut und Haaren, die Seidigkeit der Haare selbst… Und dann noch die Furchtlosigkeit, mit der er ihm begegnete. Warum hatte er keine Angst vor ihm? Als er selbst das erste Mal mit einem Jungen geschlafen hatte, war die Angst fast zu viel gewesen. Vertraute Harry ihm so stark? Oder wusste er vielleicht einfach nicht, was ihn erwartete? Hatte der Alkohol seinen Gefahreninstinkt in solchem Maß ausgeschaltet? Vorsichtig, um genau dieses Vertrauen nicht zu gefährden, strich Draco dem Jungen unter sich über das Gesicht. Die Augen geschlossen, die schwarzen Haare wie gesponnene Seide über dem weißen Kissen aufgefächert, die blasse Haut im schwachen Licht des Mondes, das von draußen durch das Fenster hereinfiel, ein leises, genießendes Lächeln auf den Lippen war er Verführung schlechthin. Daran änderte auch das plötzliche leise Lachen nichts. „Malfoy... ich hab noch Schuhe an.“ Der Blonde rollte mit den Augen. Was kümmerte ihn denn das? Die Hauselfen würden das Bett schon wieder herrichten. „Achte nicht darauf.“, flüsterte er leise, strich liebevoll über den Haaransatz auf der Stirn, ließ seine Finger über die Schläfen, über das Kinn wandern, zog die Unterlippe schließlich mit den Daumen ein wenig herunter, so dass die Zähne weiß durch das warme Rot schimmerten. Vorsichtig beugte er sich hinunter und küsste ihn sacht. Scheu ließ er seine Zunge über die glatten Schneidezähne gleiten, über die weiche, warme Haut an der Innenseite der Lippen, über die scharfen Kanten der Zähne, als Harry den Mund weiter öffnete. Eine neugierige Zunge nahm ihn in Empfang, als er tiefer in die Höhle eindrang, focht einen spielerischen Kampf mit ihm aus, zog sich schließlich zurück, so dass er sie streicheln konnte. Draco beobachtete Harry dabei akribisch. Und hätte es außer der Erwiderung noch einen anderen Beweis gebraucht, dass es ihm gefiel, so hätte sein Gesicht diesen sicherlich geliefert. Harry schien es tatsächlich zu genießen. Völlig entspannt lag er da. … Wollte er doch mal sehen, ob er das ändern konnte! Wieder küsste er ihn, zunächst noch einmal so vorsichtig wie gerade, dann immer leidenschaftlicher, wilder, ließ seine Hände über den Körper unter sich wandern. Er spürte, wie Harry reagierte, wie er unruhiger wurde, fühlte plötzlich wieder diese unschuldigen, müßigen Hände an sich, wie sie Brust und Bauch abtasteten und schließlich… Dracos Umhang glitt von seinen Schultern. Wann bitte hatte der andere denn die Schnallen geöffnet? Vor allem, wieso hatte er davon nichts bemerkt? Schon waren die vorwitzigen Fingerchen an dem Stoff über seiner Haut, kitzelten und reizten die Zellen darunter ob ihrer Sanftheit ohne erkennbare Taktik. Zu spät bemerkte er, dass es einzig dem Zweck diente, dass die Knöpfe geöffnet wurden. Harry war wirklich… unberechenbar. Schon spürte er kühle Hände auf seiner Haut, wie sie tastend darüber strichen. Schaudernd schloss er die Augen, ließ vom Mund des anderen ab, um einen kleinen Pfad aus Küssen zum linken Ohr zu pflastern, um sich für dieses Tun wenigstens etwas zu revanchieren. Als er es erreichte und spielerisch danach schnappte, entlockte er seinem Gegenpart den ersten unkontrollierten Laut. Die Muskeln unter ihm zuckten und Harry hielt erschrocken inne. „Was hast du? Ist dir das unangenehm?“, flüsterte er, änderte seine Position jedoch kaum, da er nicht davon ausging. Er wollte sich eigentlich nur versichern. Wie er erwartet hatte, folgte ein Kopfschütteln, dann ein eher nachdenkliches „Es is’ nur… ungewohnt.“ Er lächelte. „Dann ist es ja gut.“, meinte er grinsend und knabberte erneut an dem so empfindlichen Ohr. Es war schon erstaunlich zu erfahren, dass Harry nicht das Geringste dagegen machen konnte. Diese kleine Berührung schien auszureichen, um seine Lust anzufachen und damit seine Selbstbeherrschung zu aktivieren, denn der Schwarzhaarige hatte in seiner Rastlosigkeit inne gehalten und krallte sich jetzt etwas verzweifelt ins Bettlaken. Wieder stoppte Draco seine Bemühungen, auch wenn er durch diese genau das erreichte, was er eigentlich wollte. „Hey.“ Unter ihm entspannte Harry sich wieder ein wenig. „Das… is’ schwer.“, murmelte der Schwarzhaarige undeutlich. „Was ist schwer?“ Harry konnte nicht antworten. Wahrscheinlich wusste er die Antwort selbst nicht. Leicht strich ihm Draco über die Lippen. „Halte nichts zurück.“, sagte er mit rauer Stimme. „Du musst dich nicht beherrschen.“ Es kam nur ein unsicheres Nicken von Harry. Er war ganz offensichtlich noch nicht wirklich überzeugt, wollte sich aber bemühen. Plötzlich lachte er leise. „Geht eh nich’ mehr.“ Jetzt war es an Draco, verwirrt zu sein. „Wie bitte?“ Harry lachte wieder und zog sich dann zu ihm hoch, um ihn zu küssen. Das war der Moment, wo Draco verstand. Harry hatte wirklich keine Erfahrung und schlichtweg den Anschluss verloren. Er wusste wohl nicht mehr, wohin mit seinen Händen, mit der Erregung… Er irrte sich, fuhr erschrocken auf, weil Harrys Hand unerwartet eine durchaus empfindliche Stelle an seiner Seite berührte und damit tausende von Schmetterlingen in seinem Bauch freisetzte, ein angenehmes Kribbeln zurückließ. Plötzlich hatte er es sehr eilig, Harry seiner Kleider zu entledigen. Scheiterte aber schon bei dem einfachen Shirt, das der Schwarzhaarige unter dem seidenen, türkisen Umhang trug. Noch nie hatte eine seiner Avancen ein T-Shirt getragen! Keine Knöpfe, die man sinnlich oder auch weniger sinnlich öffnen konnte. Mit einem unwilligen Grollen ließ er eine Hand unter Harry gleiten und hob ihn ein wenig hoch, um ihm das störende Stoffding über den Kopf zu ziehen. Es klappte weniger gut als gedacht, wäre ohne Harrys Unterstützung gar nicht gegangen. Er wurde wenig später dadurch entschädigt, dass Harry auf jede, aber auch jede lächerlich kleine Berührung reagierte. Er war empfindsam wie ein kleines Kind! Und Wachs in seinen Händen, als er begann, die hervorstechenden Rippenbögen nachzufahren, leichten Druck ausübte, mit den Zähnen und der Zunge die Brustwarzen zu malträtieren, zu liebkosen. Längst wusste der Schwarzhaarige nicht mehr, wohin mit seinen Händen, wand sich unter ihm, keuchte immer wieder leise. Dabei war er doch noch gar nicht da, wo er hinwollte. Lächelnd und mit einem Blitzen in den eisblaugrauen Augen küsste er ihn wieder, ohne jedoch die Tätigkeit seiner Hände einzustellen. Im Gegenteil, langsam ließ er sie tiefer wandern, direkt in Harrys Schritt, drückte sacht zu. Mit einem erstickten Schrei bog der Junge sich ihm entgegen, warf den Kopf in den Nacken und krallte sich in Dracos Seiten, was diesem ein zufriedenes Knurren entlockte. Schön zu wissen, dass Harry erregt war. Und wie erregt. Schön zu wissen, dass man selbst nicht der Einzige war! Leicht frivol grinsend folgte sein Kopf seinen Händen, entzog er sich Harrys Zugriff, der wimmernd den Kopf hob, ihn bat zu bleiben. Herrlich unschuldig, herrlich naiv. Als ob er ihn jetzt alleine lassen würde… Draco knabberte an dem Bauchnabel, arbeitete sich mit Zähnen, Zunge und Lippen bis zum Hosenbund vor, immer Harrys Lauten lauschend. So wundervolle Geräusche hatte er noch nie gehört. Sie allein schafften es, seine eigene Erregung um ein Vielfaches zu steigern. Er öffnete den Knopf der Hose, spickte mit den Fingern schon unter den Stoff und zog dann den Reißverschluss mit den Zähnen auf. „Dray…!“ Der Schrei verkam zum Flehen, brachte den Blonden zum Grinsen, als er von dem Gemächt des Kleineren abließ und geschmeidig zu ihm nach oben kam. „Sag das noch mal!“, forderte er, gab den bebenden Lippen einen Kuss. Verwirrt öffneten sich die grünen Augen, starrten ihn an. „Was…“ Doch er verstummte fast augenblicklich. Der Mund öffnete sich leicht, als er ungläubig eine Hand hob und damit über seine Wange streichelte, die Konturen seiner Lippen nach strich, fasziniert, scheu, fast nicht greifbar. „Du… bist wunderschön!“, wisperte er fassungslos. Draco verstand die Worte, sobald er in Harrys Augen sah. Wo eigentlich grüne, unendliche Leere sein sollte, spiegelten schwarze Pupillen seinen aufgewühlten, Lust verhangenen Blick. Harry konnte wieder sehen! Es war wie ein Wunder! Er lächelte, streichelte Harry sanft, antwortete nicht darauf, wusste er doch, dass jedes Wort, die Freude schmälern würde. Zu groß war dieser Moment. „Ich wusste gar nicht, dass du deine Haare nicht mehr mit Gel zurückkämmst.“ Das entlockte Draco ein leises Lachen. Es war offensichtlich, dass Harry damit keine Erfahrung hatte, sonst hätte er es sicherlich längst gefühlt. Es bewies ein weiters Mal, dass sie aus völlig unterschiedlichen Verhältnissen kamen. Völlig verschieden. Es hätte ihm nicht egaler sein können, als er Harry erneut küsste, sie auf ihr eigentliches Vorhaben zurückbrachte. „Es gibt vieles, was du nicht weißt.“, hauchte er ihm ins Ohr, pustete sacht hinein, animierte Harry erneut mit geschickten Fingern, entledigte ihn schließlich doch noch ganz seiner Hose, Shorts und der Schuhe. Harrys Glied reckte sich ihn schon entgegen, so bedachte er es mit einem kleinen Kuss auf die Spitze, bevor er sich selbst auch entkleidete. Er lächelte leicht, als er Harrys Blick begegnete, der ihn maß, verschwommen zwar vom Alkohol, ihn aber dennoch ausgiebig betrachtete. Draco ließ sich auf ihn gleiten, begann sein Becken kreisend gegen Harrys zu reiben, ihre beiden Erregungen zwischen ihnen gefangen. Heute würde er nicht weiter gehen, beschloss er. Er wollte Harry nicht wehtun, hatte aber auch nichts dabei, das zu verhindern --- wer hätte das auch ahnen können --- also würde es für dieses Mal dabei bleiben. Er war sich hundertprozentig sicher, dass es eh nicht das letzte Mal gewesen war. Harry unter ihm schloss die Augen wieder, konnte gar nicht anders, als die Wellen der Lust erneut über ihn schwappten und er Draco entgegenkam. Er zog ihn zu einem Kuss zu sich hinauf, während Draco seine Hand nahm und sie zwischen sich führte, sie an sein Glied legte, selbst Harrys nahm und zu massieren begann. Unsicher tat der Schwarzhaarige es ihm nach, lauschte auf das Stöhnen des anderen, wurde dadurch nur noch ermutigt, weiterzumachen, auch wenn es durch jede Welle, die Draco durch seinen Körper schickte, schwerer wurde, sicht darauf zu konzentrieren. Dann wurde es plötzlich unerträglich. Er rief Dracos Namen, kniff die Augen zusammen, als er seinen Höhepunkt kommen fühlte und drückte unwissend stärker zu, als er kam, so dass er auch den Blonden endlich über die Klippe trieb. Alles verschwamm vor seinen Augen, er fühlte noch, dass Dracos Gewicht auf ihn drückte, bevor alles in Schwärze verschwand. ------------------ Boah, ich hasse es, solche Szenen zu schreiben. Ich fühle mich dabei immer etwas hilflos… hoffentlich war es nicht allzu enttäuschend. Hab mir Mühe gegeben! Der Fall nach dem Höhenflug --------------------------- Titel: Der Fall nach dem Höhenflug Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 19: Der Fall nach dem Höhenflug Als er wieder erwachte, war es noch dunkel draußen. Jedenfalls konnte er nichts sehen, was ihn inzwischen nur noch teilweise beunruhigte. Dunkel, fast wie im Traum erinnerte er sich an Bilder, die er vor kurzem gesehen hatte: blonde, fedrig leichte, weiche Haare, blaugraue Augen, so tief und aufgewühlt wie die stürmische See an seinem elften Geburtstag, an dem Tag, an dem er ihn das erste Mal in der Winkelgasse gesehen hatte, feine, liebevolle Gesichtszüge, ganz im Gegensatz zu damals, schmale Schultern, trotzdem kräftig… ‚Draco’, lächelte er stumm. Ja, gestern hatte er nachgegeben. Aus Eifersucht und weil er nicht mehr so wirklich alles mitbekam, aus Neugier auf das, wovon alle immer wieder sprachen. Aus Neugier auf Sex. Er war nicht enttäuscht worden. Es war einfach nur wundervoll gewesen, obwohl er sich jetzt dank des Alkohols nur noch schemenhaft daran erinnerte. Es hatte ihm wirklich gefallen. Er bewegte sich leicht, hielt im nächsten Augenblick inne, als er etwas Schweres auf seinem Brustkorb wahrnahm, das vorher nur am Rande seines Bewusstseins als angenehmer Unterton vorhanden gewesen war. Schwer, warm, Besitz ergreifend. Draco war noch da und umarmte ihn im Schlaf halb, die schlanken Finger lagen entspannt auf seinem linken Schlüsselbein. Harry lächelte und griff nach dieser Hand. Irgendwie hatte sich in dieser Nacht etwas in ihm geändert. War er sich vorher die ganze Zeit noch nicht sicher gewesen, wusste er es jetzt mit Bestimmtheit: Er liebte Draco Malfoy. Er hatte sich in seinen Ex-Erzfeind verliebt. Und wenn er ganz tief in sich horchte, wusste er auch, warum: Er hatte begonnen, dem blonden Slytherin zu vertrauen. Im nächsten Augenblick verdrängte betäubender, kalt stechender Schmerz all die warmen Gedanken. Einen Schrei des Erschreckens und des Schmerzes unterdrückend schlug sich Harry vor die Stirn, keuchte auf. Was zum Teufel…? Neben ihm gab Draco ein unwilliges Brummen von sich und rollte sich auf die andere Seite. Damit gab er Harry unbewusst frei und der schwarzhaarige Gryffindor ergriff seine Chance sofort. Hastig und so lautlos wie möglich krabbelte er aus dem Bett, tastete in der Dunkelheit nach seinem Zauberstab, fand ihn schließlich im Ärmel seines Umhangs. Mit einem nachlässigen Schwung zog er sich an und hastete dann stolpernd zur Tür, halb betäubt vom Schmerz. Woher er wusste, dass die Tür dort war? Er wusste es gar nicht, ahnte es nur. Zu vollkommen war die Dunkelheit in dem Zimmer, aber das war er ja gewohnt… Und die ganze Zeit über pochte namenloser Schmerz in seiner Stirn, viel schlimmer als je zuvor! Was war denn los heute? Die Narbe hatte sich doch schon so lange nicht mehr gemeldet! Wieso ausgerechnet heute? Wieso ausgerechnet wenn er glücklich war? Wovor wollte sie ihn in so einem Moment warnen? Er riss die Türe auf, taumelte hinaus und schloss sie hinter sich wieder, war halb erstaunt, dass immer noch kein Licht brannte. Wieso brannten in diesen Gängen denn keine Fackeln? War nicht sonst immer alles durchgehend erleuchtet? Oder war das vielleicht gestern nur ein Traum gewesen, dass er hatte sehen können? Blendete ihn vielleicht der Schmerz? Es war nebensächlich. Er musste Dumbledore benachrichtigen! Sofort! Immer wenn seine Narbe wehtat, hatte Voldemort seine Finger im Spiel! Er musste etwas dagegen unternehmen! Harry kam nicht einmal in die Nähe des Schulleiters. Schon nach drei weiteren Metern wurde der Schmerz so schlimm, dass es ihn nicht mehr auf den Beinen hielt und er zu Boden ging. Wie eine Welle schwappte er durch seinen Körper und ließ ihn stürzen. Hilflos presste er die Hände auf die Stirn, um zumindest für etwas Linderung zu sorgen, doch es half nichts. Der Schmerz verstärkte sich nur noch ein wenig mehr und dann kamen die Bilder… Sie standen im Kreis um ihn herum, jeder mit einer schwarzen Kapuze im Gesicht, die nur Mund und Nase noch zeigten, in den Schatten konnte man glühende Augen erahnen. Sie warteten, ihre Lippen in höhnischer Vorfreude verzogen. Vereinzelt zwischen ihnen standen abgerissene Gestalten, seltsam grotesk und unförmig. Werwölfe. Auch konnte er im Hintergrund Trolle ausmachen, die riesenhaft und finster guckend ungeduldig ihre Keulen pendeln ließen. Er konnte den separierten Mann, der direkt vor ihm stand, gut verstehen, konnte nachvollziehen, warum er vor Angst zitterte. Worte dröhnten plötzlich in seinen Ohren, leise, laut, kalt, verächtlich, tonlos, schadenfroh, triumphierend, zischend. Worte, von einer Stimme gesprochen, die er sofort und ohne jeden Zweifel erkannte. Grausam deutlich erkannte. Voldemort! Doch ihr Sinn blieb ihm verborgen, konnte er sie doch nicht fassen. Viel zu ungenau war ihre Ausrichtung. Gelächter ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Gelächter ließ den Mann in der Mitte des Kreises herumfahren und in Schrecken erstarren. Jetzt erkannte Harry ihn. Es war Fudge, das Oberhaupt des Zaubereiministeriums. Die Pupillen winzig, die Augen weit aufgerissen vor Angst, die zitternden Lippen um Gnade winselnd und auf die Knie fallend bot er ein armseliges Bild. Mitleid kochte in Harry hoch, doch trotzdem war er entsetzt, was er tat. Er deutete auf einen der leblosen Körper hinter sich und die Worte der Erwiderung auf die gerade gesprochenen Worte schnitten wie Rasiermesserklingen in seine Ohren: „Ich habe doch getan, was Ihr wolltet, Lord! Ich habe ihn umgebracht! Wie Ihr es befohlen habt!“ Hinter seinem zitternden Körper wurde eine Person mit rotem Haarschopf sichtbar, als er sich in Demut und Angst zu Boden warf: Percy Weasley. Hass überwältigte Harrys Denken. Wie konnte er es wagen? Wie konnte er… um sein eigenes Leben zu retten… Wie konnte er Percy, seinen hörigen Schüler nur umbringen? Das konnte doch nicht… das durfte doch nicht wahr sein! Das… das würde er ihm büßen! Das Gelächter nahm noch zu und eine bläulichweiße Hand hob sich in Harrys Blickfeld, wieder ertönte die schneidendkalte Stimme, dann schoss ein grüner Blitz aus dem schwarzen Zauberstab, der Harrys so verteufelt ähnlich war. Er traf den Minister direkt zwischen die Augen und der Mann fiel in sich zusammen wie ein nasser Sack. In Harrys Kopf wurde der Schmerz unerträglich und er schrie auf, biss im nächsten Moment die Zähne aufeinander, weil er befürchtete, irgendjemand dort könne ihn hören! Er sprang auf und rannte los, einfach nur fort von da, weg von dem, was er gesehen hatte, weg vom Ort des Todes. Im nächsten Moment prallte er gegen jemanden, unerwartet, plötzlich. Panik durchflutete ihn, schickte Adrenalin durch seine Adern und ließ die Realität verschwimmen. Plötzlich war er im Ministerium, umringt von Feinden, eingekreist, vor ihm ein Todesser mit einem schadenfrohen Grinsen im Gesicht und bereit für den letzten Spruch… Er war eingekesselt! Sie hatten ihn! Er musste… Er musste sich verteidigen! Harry riss den Zauberstab aus dem Ärmel und rief ein paar Worte, die ihm gerade in den Sinn kamen, ein Zauber, den ihm die Weasley-Zwillinge gestern oder vorgestern erst beigebracht hatten, höhere Magie und sehr wirksam. Er bewegte den Stab und es krachte. Der Ton war nicht, wie er hätte sein sollen. Er hatte nicht getroffen. Nur eine Wand! ‚Verloren!’, schoss es ihm durch den Kopf, doch der Wille, Dumbledore zu warnen, ließ ihn nicht aufgeben. Er bereitete einen neuen Zauber vor, hatte ihn schon auf den Lippen, als eine harsche, befehlsgewohnte und zugleich bekannte Stimme den Zauber unterbrach. „Wage das nicht, Potter! Wage das bloß nicht!“, schallte es an seine Ohren und ließ ihn schon aus Gewohnheit innehalten – konditionierter Reflex… Das war doch… Snape! Was tat der hier? Hier bei den Feinden! War er nicht eigentlich auf der Seite Dumbledores? Oder war er… War er etwa doch ein Spion der Gegenseite? Hass und Wut schäumte wieder in ihm hoch und er hob erneut den Zauberstab. Er würde diesen Verräter bestrafen! Im nächsten Moment traf ihn ein Expelliarmus. Sein Zauberstab wurde aus seiner Hand und er selbst zu Boden geschleudert. Kurz darauf waren die brachialen, Sinne betäubenden Schmerzen in seiner Stirn weg und Leere übermannte ihn. Ein helles, bekanntes und beruhigendes Sirren und Harry begriff: Er war hier nicht in den Räumlichkeiten des Ministeriums. Er war immer noch in Hogwarts und nicht allein gegen die ganze Welt! Und Kikuileh war bei ihm! Sie war wieder da, um ihm beizustehen! Hier war nirgends eine Gefahr! Und dann kam ihm, dass es trotzdem alles Realität gewesen war. Voldemort hatte Fudge getötet und dieser… Ein Zittern durchlief ihn, als er sich aufsetzte, und während Kikuileh noch freudig seine Wange knuddelte, hob er die Hände zu den Ohren, um sie zu verschließen, um die Welt aus seinem Bewusstsein auszublenden. Warum hatte er nichts getan? Wieso hatte er nur zugesehen und nicht eingegriffen? Warum…? Paradoxerweise war es ausgerechnet Snape, der diese selbst zerstörerischen Gedanken unterbrach: „Potter, kannst du mir eine logische Erklärung dafür liefern, dass du um diese Uhrzeit, dermaßen weit von deinem Bett entfernt, freiwillig in meinen Gefilden herumrennst und auch noch die Frechheit besitzt, mich anzugreifen?“ Es war ein langer Satz und so überhaupt nicht Snapes Art, aber genauso wenig war es Harrys Art bei einem unerlaubten Ausflug nachts durch Geschrei auf sich aufmerksam zu machen. Auch sein Gebaren zuvor war seltsam gewesen. Und wenn er ganz ehrlich war, sah Harry aus, als hätte er erneut gegen den Dunklen Lord gekämpft. So wirr, panisch und durcheinander war er seit dem Trimagischen Turnier nicht mehr gewesen und der Grauen erfüllte Blick… „Nein!“, keuchte der Junge panisch und Snape verzog abschätzig das Gesicht. War ja klar gewesen. Er versuchte nicht einmal, eine vernünftige Erklärung zu finden! Welche Dreistigkeit! „Nein!“, wiederholte Harry atemlos, seine Augen weit und die Hände, die sich langsam aber sicher in seine Haare krallten, zitternd. „Ja! Er ist wieder da!“ Snape starrte ihn an, kalt und noch nicht sicher, was er von diesem Verhalten überhaupt denken sollte. Nur weil er ihn nach der Ausgangssperre außerhalb seines Bettes gefunden hatte, war das doch kein Grund, dermaßen durchzudrehen! Allerdings dämmerte es ihm schon, dass dieses Verhalten einen anderen Grund hatte, war Harry doch auch schon vorher, bevor er ihn gefunden hatte, völlig von der Rolle gewesen. Und was hatte er da gesagt? Da sollte jemand da sein? Wo? Und… „Wer?“, fragte er misstrauisch. „Wer ist wieder da?“ „Voldemort!“ Der Junge kauerte sich am Boden zusammen, barg seinen Kopf in seinen Armen, die Stimme zitterte fast so schlimm wie seine Gestalt. „Den Verräter… Er hat ihn umgebracht!“ Verdammt! Snapes Lippen wurden zu einem einzigen, schmalen Strich, während seine Brauen sich über seinem Nasenbein fast trafen. Also waren Dumbledores Befürchtungen gestern doch Wahrheit geworden! Der Dunkle Lord hatte etwas geplant und jetzt… „Er hat was?“, rief er unbeherrscht. „… umgebracht…“, murmelte der schwarzhaarige Junge. Inzwischen war seine Stimme kaum mehr zu hören. „Wen?“ Das Zittern nahm zu. „Fudge… Per… Und ich habe nicht helfen… ich… ich…“ Daraufhin sagte Snape nichts mehr. Es hätte nichts gebracht und seiner Meinung nach war es um die Zwei eh nicht schade. Allerdings sollte Dumbledore diesen Fakt umgehend erfahren, denn jetzt mussten wichtige Schritte eingeleitet werden. Er packte Harry am Arm, riss ihn hoch und schleifte ihn förmlich hinter sich her, nachdem er dessen Zauberstab noch mittels Zauber aufgelesen hatte. Blind musste der Junge hinter ihm herstolpern, da Kikuileh sich lieber darauf konzentrierte, Snape mit einer Kitzelattacke zu bestrafen, was bei diesem so überhaupt nicht fruchtete. Nur anhand der Geräusche wusste der Junge, dass sie die Kerkergänge verließen und auf die Eingangshalle zusteuerten. Zu Dumbledores Büro. Snape machte keinen Hehl daraus, dass er ungeduldig war --- ein seltener Umstand bei seinem frostigen Wesen, aber angesichts der sich darlegenden Situation egal. Schroff blaffte er der Statue das Passwort entgegen und die schon bekannte Treppe erschien, wand sich hinauf in den Turm. Der Giftmischer schubste Harry auf die Stufen, stellte sich selbst daneben und blickte finster auf die Fackel an der Wand, die unschuldig ihre Umgebung erleuchtete. Ein leichter Ruck brachte den sich aufrichtenden Harry wieder aus dem Gleichgewicht, doch bevor er auch nur die Möglichkeit hatte, zu fallen, griff Snape zu, umklammerte seinen Arm wie ein Schraubstock. „Sie tun mir weh!“, wimmerte er leise. Sofort lockerte sich der Griff. „Jammer nicht! Los, rein da!“ Er stieß die Tür auf und schob Harry wesentlich sanfter hindurch als noch gerade eben. Wie hatte ihm das nur passieren können? Wie hatte er seinen Emotionen nur die Oberhand lassen können, dass er sogar einen Schüler verletzte? Okay, es war nur Harry, aber trotzdem… Aufgewühlt trat auch er ein. Dumbledore saß schon hinter seinem Schreibtisch und hatte Sorgenfalten auf der Stirn. Wild sah er aus, hatte noch eine Schlafmütze auf dem Kopf… silbernes Tuch mit Zipfel und Bommel, wie aus einem altmodischen Bilderbuch… Er hatte es wohl als nichtig angesehen, sich zurecht zu machen. Snape konnte es ihm nachempfinden. Die wenigen Infos, die er ihm mittels eines Zaubers hatte zukommen lassen, waren brisant genug für diese Handlungsweise gewesen. Er dirigierte Harry auf einen Stuhl, ließ den zitternden Jungen sich setzten, blieb selbst jedoch stehen. Das Schweigen im Raum war erstickend. Harry saß zusammengesunken auf dem Stuhl, sein Gesicht eine einzige verzweifelte Maske, die Hände malträtierten den Saum des türkisen Umhangs. Snape sah aus, als würde er in jedem Moment alles zerstören, was ihm in die Quere kam. Und Dumbledore... in seinen Augen lag Sorge und Müdigkeit. Vielleicht auch ein Hauch von: Ich hab es ja gesagt… Der Schulleiter war es schließlich, der die Stille durchbrach. „Harry?“, fragte er sanft und mit seiner üblichen, melodiösen Stimmlage, die ihn allem und jedem erhaben sein ließ. Der schwarze Haarschopf zuckte hoch, grüne Augen irrten orientierungslos durch die Höhlen. Es war ganz offensichtlich, dass der Junge ganz und gar nicht gut drauf war. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Aber das war wohl auch kein Wunder, nachdem, was er vorhin erzählt hatte… Dumbledore lächelte gezwungen, um ihn wenigstens nicht noch mit seinen eigenen Befürchtungen und Ängsten zu belasten, was ihn aber sichtlich Mühe kostete. So kraftlos hatte Snape den weißhaarigen Mann noch nie gesehen. „Harry, was genau hast du gesehen?“ Leise, sanft, beruhigend. Und trotzdem schrak der Gryffindor wieder zusammen. Seine Hände krallten sich fester in seinen türkisfarbenen Festumhang, traktierten unaufhörlich die feine Seide. Er zitterte fast noch stärker. „Bitte, Harry. Es ist wichtig, dass wir erfahren, was geschehen ist, um helfen zu können!“ „Sie können nicht mehr helfen!“, brach es aus dem Schwarzhaarigen heraus. „Sie haben da gelegen, reglos. Genau wie die anderen! Tot! Alle haben sie gelacht! Malfoy, diese Frau… Lestrange… die Werwölfe, die Vampire… alle haben sie gelacht. Alle. Er auch. Er hat auch gelacht. Er hat den Todesfluch gesprochen und ihn getötet. Mit meinen Händen! Ich habe es gesehen! Es war mein Stab, ich… ich… Ich habe alles gesehen. Und er hat gelacht, wie bei Diggory gelacht. Ich habe… er hat die Hand gehoben und dann…“ Wie von Sinnen hob Harry seine Hand, hielt plötzlich den Zauberstab darin, völlig unerklärlich wie er dahin gekommen war, hatte doch zuvor noch Snape darauf aufgepasst. Ein verstörtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, ließ ihn schaudern und gleichzeitig lachen, zittern und sich zusammenkauern. „Er… ich habe ihn mit eigenen Händen getötet!“ Spätestens bei diesen Worten war Dumbledore auf den Beinen. Schon zuvor hatten seine imaginären Alarmglocken geschrillt, aber erst jetzt handelte er, kam hastig zu ihm. „Das ist nicht wahr, Harry, und das weißt du!“, sagte er eindringlich, zwang die weißen Hände samt Zauberstab nieder und Harry dazu, sich auf ihn zu konzentrieren. „Du hast ihn nicht getötet. Das war Voldemort! Du konntest doch gar nicht dort sein, du warst doch hier im Schloss. Du hast es nur gesehen!“ Er wusste, dass das wahrscheinlich das Schlimmste daran war. „Und nichts getan!“ Die Stimme des Schwarzhaarigen war vollkommen tonlos, als würde er schon gar nicht mehr aktiv anwesend sein. Dumbledore seufzte unhörbar. Es war so klar gewesen, dass er sich wieder selbst zerfleischen musste. „Was hättest du tun sollen? Ein kleiner Junge gegen einen ausgewachsenen Magus? Das wäre…“ „Er ist ein Magier?“, unterbrach ihn Harry, ganz plötzlich ruhig und vollkommen konzentriert. „Sie meinen, er ist ein echter Magier?“ Der Weißhaarige starrte ihn an. Von einem Moment auf den anderen hatte Harry kein bisschen schutzbedürftig mehr ausgesehen. Plötzlich war er selbstsicher und aufmerksam. Und die Frage… Ob Voldemort ein Magier war? Diese Frage konnte er nicht wirklich klar beantworten, allerdings… „Eingeschränkt. Er hat Grenzen, die er nicht überwinden kann, weil ihm das notwendige Etwas dafür fehlt. Allerdings bin ich mit nicht sicher, ob das auch heute noch so ist…“ „Das nötige Etwas?“, hakte Harry neugierig und gespannt nach. „Was ist das?“ Der Schulleiter maß ihn mit misstrauischem Blick. Wieso wollte er das jetzt wissen? Was brachte es ihm, sich darüber zu informieren? Man konnte dieses Wissen nicht im Geringsten gegen ihn verwenden. Das bisschen Magus, das er war, war mehr, als die meisten Zauberer lernen konnten. Und trotzdem antwortete er ihm, um ihn zu beruhigen, um ihm etwas zu geben, woran sich seine Gedanken festklammern konnten, damit er sich nicht wieder selbst zerfleischte, nicht wieder in dem Abgrund verschwand, den seine Gedanken für ihn bereit hielten. „Der Wunsch.“, sagte er sanft und schmunzelte, als Harrys Augen sich weiteten und er verständnislos die Lippen öffnete, um nachzuhaken. Ihm fehlten offensichtlich die Worte. „Voldemort hat einen unglaublichen Willen.“, erklärte der weißhaarige, alte Mann geduldig. „Und mit diesem Willen kann er eine Menge erreichen, da er sich einfach solange an dem festbeißt, was es zu bewältigen gilt, bis er es erreicht. Jedoch fehlt ihm der Wunsch. Er nimmt alles als Gegeben hin, weshalb seine hohe Magie häufig versagt. Er hat noch nicht begriffen, dass es der Wunsch ist, der ihn die höhere Magie anwenden lässt. Ohne diesen Wunsch ist es unmöglich.“ „Wunschmagie also…“, murmelte Harry leise vor sich hin und Dumbledore nickte. „Exakt.“ Harry schwieg daraufhin, sein Geist völlig in sich gekehrt. Es gab keine Anzeichen mehr für Panik oder Selbsthass, nichts außer Ruhe und Nachdenklichkeit. Der Schulleiter wechselte einen Blick mit Snape, der die ganze Szene unbeteiligt beobachtet hatte und sich seine Gedanken gemacht hatte, ohne einen Ton zu sagen. Sie waren sich einig. Der Schutz der Schule musste umgehend verstärkt und erneuert werden, die Lage nach außen hin gesichert. Man musste die Außenposten anhören, Infos sammeln… Doch zuvor… „Severus, bitte bringe Harry ins Bett, während ich unsere Kollegen wecke. Er soll ein wenig schlafen! Danach komm wieder her. Es gibt viel zu tun!“ Snape nickte widerwillig. Eigentlich wollte er das nicht, aber es musste wohl sein. So ungern er den Babysitter auch machte, momentan war es wirklich sicherer, wenn dieser Junge nicht alleine durch die Gegend spazierte. Wer wusste schon, auf welch ausgefallene Ideen der wieder kam. Als sie wenig später durch die verlassenen Gänge liefen, fiel Snape erneut auf, wie ruhig Harry äußerlich war. Seit der Ankündigung, dass der Dunkle Lord ein Magier war, befand er sich in einem Zustand, der Trance doch recht ähnlich war. Keine Verzweiflung, kein Hass, keine Unsicherheit… Ob er gerade darüber nachdachte, seinen Rachefeldzug aufzugeben? Ob er Angst bekommen hatte angesichts der großen Macht des anderen. Machte er jetzt den Rückzieher, auf den die meisten insgeheim angstvoll aber überzeugt setzten? Wenn ja, dann war das wohl das Beste, was für ihn passieren konnte, aber irgendwie glaubte Snape nicht daran. Harry war nicht der Typ dafür. Er lieferte Harry im Gryffindorturm ab und ging zurück, nachdem er sich versichert hatte, dass Harry auch tatsächlich im Bett lag. Doch der Junge, der lebt, konnte nicht schlafen. Er war munter, seine Gedanken ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Sie kreisten in seinem Kopf, wiederholten Dumbledores Worte unaufhörlich. Es war Wunschmagie. War der Wunsch stark genug, dann konnte er damit zaubern, ohne einen Zauberstab zu benutzen… Ob er in der Lage war, einen solchen Wunsch zu entwickeln? Sein Geist schrie Ja. Er hatte es schon getan. Ganz sicher. Damals… bei seiner Tante… Er hatte sie aufgeblasen, allein aus dem Wunsch heraus, dass sie doch verschwinden würde, was sie dann ja auch getan hatte, als sie durch das Fenster geschwebt war. Und auch vor kurzem hatte er sich per Wunschmagie in den Fuchsbau teleportiert. Und auch der MP3-Player funktionierte so, seit er keine Batterien mehr hatte. Es war also möglich. Er musste nur… Leise erhob er sich wieder, zog diesmal einen der schwarzen, einheitlichen Schulumhänge an, um unauffälliger zu sein, schlich sich dann aus dem Raum, ohne dass es einer merkte. Sein Weg führte ihn zum See. Kikuileh beschrieb ihm den Weg, während sie leise gurrte und die ganze Zeit leise auf ihn einredete. Offenbar hatte sie bemerkt, dass er innerlich aufgewühlt war. In der Tat beschäftigten Harry neben der Sache mit der Wunschmagie noch zwei andere Sachen. Er hatte sich auf Malfoy eingelassen, hatte sich ihm hingegeben und das wissentlich. Zumindest am Rande hatte er es gewusst, auch wenn größtenteils alle Entscheidungen aus seinem Bauch gekommen waren. Es hatte ihm gefallen, das konnte er nicht leugnen. Es hatte ihm sehr gefallen. Er hatte wieder sehen können, wenn auch nur kurz… Für ganz kurze Zeit hatte Malfoy ihn von seinem Leiden befreit, ihn geheilt, doch es hatte nicht lange gehalten. Er konnte wieder nichts sehen. Und noch dazu hatte es zu einem Desaster geführt: Die Zaubererwelt stand unter der grausamen Hand Voldemorts. Wieder. Und es war… Es war wieder einmal seine Schuld. Er hatte nichts getan, hatte sich stattdessen vergnügt, anstatt ihn aufzuhalten! Kalte Entschlossenheit griff nach seinem Herzen, als sich sein innerer Blick wieder Dumbledores Worten zuwandte. Nicht davon ausgehen, dass es funktioniert, sondern den brennenden Wunsch danach hegen, dass das eintritt, was man sich wünscht. Dann würde es funktionieren. Also musste er sein Training in eine ganz andere Richtung laufen lassen. Er musste es nicht schaffen, den Zauber zu sprechen, er musste es schaffen, den Wunsch in sich zu konzentrieren, dass daraus Magie entsprang… Die Frage war nur, ob das nicht vielleicht noch schwieriger war, als einfach nur das Wort perfekt auszusprechen… Nun, es war ein Hindernis, das zu überwältigen war. Mit ein bisschen Übung würde er es schaffen. Am Morgen machte er sich schließlich auf den Weg zum Frühstück in die Große Halle. Er hatte nicht wirklich Hunger, aber er wusste, dass Mme Pomfrey ihn notfalls dazu zwingen würde, etwas zu essen, und das wollte er nicht. Seit seinem Zusammenbruch achtete die gestrenge Medihexe wirklich penibel darauf, dass er etwas zu sich nahm und genügend Ruhe bekam, und er wollte momentan sowenig Aufmerksamkeit wie nur möglich, um in Ruhe trainieren zu können! Stillschweigend betrat er die Große Halle, ging zu seinem Platz, ohne etwas um sich herum zu registrieren. Immer noch grübelte er darüber nach, wie er es schaffen konnte, den Wunsch in sich zu konzentrieren, nachts hatte er das nicht auf die Reihe bekommen. Erst auf seinem Platz, als er sich setzte, fiel ihm auf, dass nahezu alle Schüler hier versammelt waren, dass eine unterschwellig angespannte Atmosphäre herrschte. Er wusste, was hier gespielt wurde. Die Lehrer, wie ihm Kikuileh bestätigte, warteten mit besorgten Gesichtern, ernst und schweigend, dass auch der letzte Schüler anwesend war, um ihnen dann das Schlimmste mitzuteilen, das sie sich vorstellen konnten: Voldemorts Rückkehr. Diese Stimmung hier war nicht zum Aushalten. „Harry, wo bist du gewesen?“ Harrys Kopf ruckte überrascht herum, als er Rons Frage vernahm, hatte ihn der Rotschopf doch unerwarteter Weise aus den trüben Gedanken gerissen. „Wie?“ „Na, du warst heute Nacht nicht im Schlafsaal!“, erklärte sich der Rotschopf, während Kikuileh fröhlich begann seine Haare zu winzig feinen Zöpfchen zu flechten, wozu sie ihren gesamten Körpereinsatz benötigte, doch keiner beachtete sie. Diese harmlose Aussage weckte Hermiones Aufmerksamkeit. „Ach nein? Harry, du weißt aber schon, dass es verboten ist, nach zweiundzwanzig Uhr noch draußen auf den Gängen rumzustromern?“ Gedankenlos zuckte Harry mit den Schultern. „Gestern war Halloween, Mione, da sieht das keiner so eng.“, erwiderte er leise, teilnahmslos. Die beiden Freunde wechselten einen Blick. War gestern noch etwas passiert, etwas Schlimmes vielleicht? Harry wirkte so… niedergeschlagen… „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte die Braunhaarige besorgt und legte Harry eine Hand auf den Arm. Harry nickte. „Schon gut.“, lächelte er freudlos, auch wenn er sich förmlich dazu zwingen musste, doch Hermione und Ron konnte er damit nicht beeindrucken oder gar täuschen. „Los, sag schon!“, drängte der Rotschopf, während Kikuileh mit ihrem zweiten Zopf begann, schon ein wenig außer Puste von der Anstrengung. „Was ist passiert?“ Schweigend stocherte Harry in dem Essen herum, das Ron ihm zugeschoben hatte, eine weiche Masse mit kleinen Kullern drin, lautete Kikuilehs Beschreibung… Rührei mit Erbsen. Aber antworten tat er nicht. „Hey, Harry, rede schon! Uns kannst du es doch sagen!“, versuchte es der Junge erneut, doch sein Freund blieb stur. „Ah, jetzt fällt mir ein…“, mischte sich George auf einmal verschwörerisch von gegenüber ein. „Harry, kann es sein, dass da…“ „Ja, hast du vielleicht…“, stieg Fred sofort begeistert spekulierend ein. „Wie jetzt?“ Ron verstand nicht ganz. „Ist das wahr, Harry? Hast du jemanden gefunden?“ „Hat sie dir einen Korb gegeben?“ Wäre es nur das gewesen, vielleicht würde er sich dann nicht halb so beschissen fühlen. Nein, es war kein Korb gewesen, eher das Gegenteil, mit den denkbar schlechtesten Folgen: Voldemort hatte machen können, was er wollte, ohne dass er es bemerkt hatte. Aber das konnte er ihnen ja schlecht sagen. Sie würden es wohl noch früh genug erfahren… auch die Sache mit ihrem Bruder… „Ist das wahr?“, fragte jetzt auch Ginny neben Hermione. Sie klang etwas enttäuscht, vielleicht auch schadenfroh. Oder schwang da Eifersucht in der hellen Stimme mit? „Hat es sich gestern tatsächlich noch jemand erlaubt, den Herren abblitzen zu lassen?“ Innerlich nickte der Junge. Und ob das Eifersucht war, die da aus ihr sprach. Und wohl noch etwas anderes, denn Kikuileh hielt einen Moment in ihrer Arbeit inne, um der Rothaarigen einen misstrauischen Blick zuzuwerfen, bevor sie sich wieder den schwarzen Haaren widmete, diesmal mit wesentlich energischer. Fred sah sie an. „Wann soll denn das gewesen sein? Er ist doch gegangen, nachdem du mit ihm gesprochen hast! Da kann er doch gar keine mehr gefragt haben! Und außer ihm ist in der nächsten Zeit keiner mehr raus gegangen.“ „Du weißt aber Bescheid!“, mischte sich jetzt auch Angelina etwas pikiert ein. „Ich dachte, wir hätten miteinander getanzt!“ „Haben wir ja auch!“, kam prompt die ungenierte Antwort. „Ich habe auch nur gesehen, wie er ging und da war keiner bei ihm!“ Sie rollte mit den Augen. Furchtbar, der Kerl! „Kann ich nur bestätigen!“, warf George plötzlich und keineswegs unerwartet ein. „Und ich habe nicht getanzt, sondern Bowle geholt und die Scherztörtchen deponiert!“ Dieser Satz brachte Harry dazu, aus seinen mahlenden Gedanken aufzutauchen. „Was für Scherztörtchen?“ „Erinnerst du dich an das Törtchen, das wir dir gestern gegeben haben?“ Unsicher nickte der Schwarzhaarige. Wollte er das jetzt wirklich noch wissen? „Das war das Gegenmittel. Alle Gryffindors haben eines bekommen, alle anderen, die die Scherztörtchen gegessen haben, haben Federn auf dem Kopf bekommen, anstatt der Haare.“, erklärte George stolz. „Eigentlich hätten sie am ganzen Körper Schuppen kriegen sollen, aber das funktioniert noch nicht so ganz! Wir haben die Formel noch nicht richtig raus!“, komplettierte Fred die Ausführung. „Aber lenk nicht vom Thema ab!“ Das war jetzt wieder George. „Wer ist die Glückliche?“ „Wie kommt ihr auf die Idee, dass es das ist, warum…“ Fred ließ ihn nicht aussprechen. „Das ist doch eindeutig!“, rief er. „Genau! Warum solltest du sonst einfach gehen, wenn die Party noch in vollem Gange ist?“, ereiferte sich der andere Zwilling begeistert und leidenschaftlich. „Noch dazu, wo du den ganzen Abend so offensichtlich gewartet hast!“ Hatte er das? Wirklich? Wie schön, dass er davon nichts wusste. War doch klar gewesen, dass Malfoy nicht kommen würde, solange andere anwesend waren. Vielleicht wäre es besser gewesen, wäre er tatsächlich gar nicht gekommen. Vielleicht hätte er dann eine Möglichkeit gehabt, Voldemort aufzuhalten. „Und dass du die ganze Nacht weg warst, ist doch wohl Beweis genug!“ „Na los!“, drängte jetzt plötzlich Ron. Harry konnte sich denken, dass sein Freund ganz rote Wangen hatte und vor Aufregung gewiss an seinen Nägeln spielte, eine Eigenart, die Hermione zur Weißglut trieb. „Wer ist es?“ „Cho?“, hakte nun auch noch Ginny nach. Wieso waren eigentlich alle Weasleys so aufdringlich? Was ging es sie denn an, wie sein Liebesleben aussah? Schon gar, wo er es selbst noch nicht so genau wusste. Kikuileh beendete ihren dritten Zopf und begann sich die Haare für den nächsten zusammenzusuchen, während Ginny von ihren älteren Brüdern in die Seite geknufft wurde. „Depp! Die war doch auf dem Fest mit Ray zusammen!“ „Genau! Und ihre Haare waren wirklich wundervolle Federn!“ „Ja, ja. Stimmt… Ihr habt ja Recht.“, murrte das Mädchen. „Aber trotzdem…“ Offenbar konnte sie nicht einsehen, dass Cho ihn wirklich hasste und das aus tiefster Seele. „Also?“, kam wieder die Frage von George. „Wer ist es?“ In Harry verhärtete sich etwas gegenüber seinen Freuden. Sie sollten aufhören zu fragen. Es nervte ihn. Es tat ihm weh. Sie erinnerten ihn an seinen Fehler! Sie erinnerten ihn an seine Selbstsüchtigkeit! Sie sollten damit aufhören! Keiner hatte wohl geglaubt, dass Harry wirklich dazu in der Lage war, den Slytherins an Kälte im Blick Konkurrenz zu machen, aber als sich jetzt seine Gesichtszüge verhärteten und seine ohnehin leeren Augen ihren letzten Funken Leben und damit die Wärme verloren, wussten sie es plötzlich. „Es geht keinen an, was ich warum wann und wo tue!“ Seine Stimme war nicht mehr als ein raues Murmeln, aber es brachte sie zum Verstummen. „Und wenn ihr nicht aufhört, mich zu nerven, dann werde ich…“ Seine Drohung blieb offen, als plötzlich Professor McGonagall sich erhob und mit ihrer silbernen Gabel gegen ihren Kelch aus Elfenkristall schlug, dass ein magisch verstärktes, helles Läuten durch die Halle schwebte und die Gespräche auf der Stelle verstummen ließ. „Professor Dumbledore hat Ihnen etwas mitzuteilen, bitte verhalten Sie sich einen Moment ruhig.“ Harry zuckte zusammen. Das hatte er doch tatsächlich für einen Moment vergessen! Wieso musste sie die Erinnerung daran zurückholen? Seine Hände krallten sich in seinen Umhang und schon war Kikuileh da, beachtete die vorher so interessanten Haare nicht weiter und streichelte ihm hingebungsvoll über die Wange, besorgt über die negative Ausstrahlung, die von ihm ausging und die außer ihr sonst keiner wahrnahm. „Meine lieben Schüler!“ Dumbledore hatte sich erhoben, stand nun in seiner vollen Größe vor versammelter Mannschaft. „Nun, da alle anwesend sind, gibt es für mich keinen Grund, Ihnen die neusten, zugegebenermaßen schlimmen Nachrichten zu verheimlichen.“ Ein Schauer rieselte über Harrys Rücken und in diesem Moment wünschte er sich, dass Dumbledore doch schweigen möge, damit niemand sonst diese Angst und Unsicherheit ertragen musste, die ihn gerade wieder quälte, doch er rührte sich nicht. „Euch ist sicherlich schon aufgefallen, dass der übliche Ansturm der Eulen am heutigen Morgen ausgeblieben ist.“ Es ertönte ein leises, zustimmendes Gemurmel. Einige hatten es bemerkt, aber den meisten war es entgangen. Zu wenig war es im aktiven Bewusstsein vorhanden gewesen, doch es war sicherlich ein Grund für die innerliche Unruhe im Saal während des Frühstücks gewesen. „Dafür gibt es einen Grund: Seit letzter Nacht haben wir die Verbindung von Hogwarts zur restlichen Welt gekappt, denn Voldemort hat das Zaubereiministerium und damit ganz London unter seiner Kontrolle und ohne diese Maßnahme wäre die Schule mit Sicherheit das nächste Ziel der Todesser!“ Das Entsetzen der Schüler war fast greifbar in der Luft, die Fassungslosigkeit deutlich auf den Gesichtern zu lesen, die Angst problemlos zu riechen. Die Stille war so vollkommen, dass man selbst ein Haar noch im Wind flüstern hören konnte. Die Schüler konnten nicht fassen, was ihnen da mitgeteilt worden war. Die Vorstellung dessen war zu schlimm, als dass sie es begreifen könnten. Harry war ebenfalls nicht fähig sich zu rühren, obwohl er das alles schon wusste, doch die Neuigkeit der totalen Abschirmung der Schule von der Außenwelt machte ihn fassungslos. Hedwig war da draußen. Hagrid, Sirius, Remus und so viele andere, die jetzt nicht mehr in Sicherheit kamen, weil Dumbledore alles abgeriegelt hatte. Wie ging es ihnen? Was hatten die Todesser ihnen angetan? Waren sie überhaupt noch am Leben? „Dad… war doch im Ministerium?“, kam durch die Spannung Rons zittrige Stimme zu ihm herübergeschwebt und Harrys Augen weiteten sich noch ein wenig mehr. Die Weasleys, Molly und Arthur, Hermiones Eltern, die Eltern der anderen Schüler… Sie waren ja auch alle noch da draußen! So wie tausende andere! Das Zittern seiner Hände verstärkte sich noch um ein Vielfaches. Er beugte sich vornüber und unbemerkt krallten sie sich in seine Haare, zogen daran und die Fingernägel bohrten sich in seine Kopfhaut, ohne dass er den Schmerz überhaupt wahrnahm. Wieso hatte ihn seine Narbe erst so spät gewarnt? Voldemort hatte die Macht zurück, Schrecken, Angst, Verfolgung, Krieg… Und wer war Schuld? Er! Er ganz alleine! Weil er der Einzige war, der etwas in dieser Richtung hätte erahnen können und auf ganzer Linie versagt hatte! Und dann musste irgendjemand den Weasleys noch mitteilen, dass ihr Bruder… Stimmen um ihn herum wurden laut. Stimmen, die wissen wollten, wie es um den Verbleib ihrer Familien stand, wie es ihren Freunden ging. Stimmen, die Furcht und verdeckte Panik vermittelten. Stimmen, die vor Verzweiflung oder Angst weinten. Manche Slytherins lachten auch und freuten sich über diese unerwartete Wendung der Machtverhältnisse in der Zaubererwelt, aber auch in ihren Reihen war die Mehrzahl entsetzt. Harry bemerkte es nicht. Die Stimmen verschwammen im Hintergrund zu einem Gefühl der Angst, wurden zu einem schwarzen Wabern in seinen Gedanken, das ihn einschloss, das ihm keinen Ausweg mehr ließ. Sie alle sagten: Du bist Schuld! Selbst Dumbledores Worte hörte er nicht, die die besorgten und verängstigten Schüler zu beruhigen versuchten. Nur eine Stimme drang durch all das Raunen, Chos: „Das ist alles deine Schuld, Harry!“ Er zuckte so heftig zusammen, als hätte man ihm einen D-Böller vor die Füße geworfen. Langsam hoben sich seine Hände zu seinen Ohren, wollten die Stimme ausblenden, wollte sie zum Schweigen bringen. Sie sollten nur alle still sein! Alle verstummen! Sofort! Auf der Stelle! Snape allein erkannte die Gefahr, die sich langsam aufbaute, als die verängstigten Schüler lauter wurden, die eine Fraktion gegen Harry, die andere für ihn, sie in einem Streit auszuarten drohten. Nur er allein bemerkte das dunkle Wabern um ihn herum, das dem einer ihm bekannten und verhassten Person doch recht ähnlich war, wenn sie wütend wurde, bemerkte die Bewegung auf der anderen Seite des Raumes am Slytherintisch. Er stand auf, plötzlich und unvermittelt, ging schnurstracks auf den schwarzhaarigen Jungen zu und blieb hinter ihm stehen. „Raus hier, Potter! Aber fix!“ Er musste verhindern, was hier gerade geschah, sonst würde wohl ein Unglück heraufbeschworen! Wie konnte das sein? Gestern noch davon gesprochen, entwickelte § jetzt tatsächlich höhere Magie? Grüne Augen irrten durch die Höhlen, als Harry aufstand und wortlos dem Befehl Folge leistete, während besorgte und verwirrte Blicke ihnen folgten. Kurz bevor sie die Große Halle verließen, schickte Snape noch einen warnenden, kalten Blick zurück, der sein Ziel in wütend funkelnden, grauen Augen fand. Draco hielt den Zauberstab noch immer in der Hand, die gefährlich zitterte, jederzeit dazu bereit, die Schülern, die Harry so sehr diffamierten, zum Schweigen zu bringen, um diesen zu schützen, und sich damit zu verraten. Dann fielen die Torflügel hinter ihnen zu und der Blickkontakt wurde unterbrochen. ----------#########################+++++++++++++++++++++ So, das hat mal wieder viel länger gedauert, als ich es geplant hatte, aber ich war 10 Tage weg und konnte die Zeit über nichts tun… Also hab ich mich heute halt mal hingesetzt, damit ihr nicht noch länger warten müsst… Was sagt ihr nun dazu? Chaos der Gedankenwelt – schreibe ich immer wieder gerne. Nervige Freunde und den Umschwung von wegen Ruhe vor dem Sturm – ist lustig. Macht Spaß! Dumbi schreiben – ist notwendig aber ätzend und deshalb wieder mal nicht so lang, wie es hätte sein können… Ansonsten: Hat es euch gefallen? Mir ja! (Und das ist eh das Wichtigste!) Entsagung --------- Titel: Entsagung Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 20: Entsagung Snape bedeutete Harry wortlos, ihm zu folgen, brachte ihn direkt in sein Büro und ließ ihn dort Platz nehmen. Schweigend setzte er sich ihm gegenüber, legte die Fingerspitzen aneinander und betrachtete ihn. Harry hatte panische Angst. Er konnte es deutlich fühlen, es riechen! Nur: Wovor? Doch nicht etwa vor den Schülern und ihren dummen Sprüchen! Nicht bei der Macht, die er inzwischen erlangt hatte. Damit könnte er sie doch alle problemlos ausschalten. Allesamt auf einen Streich! So, wie es gerade fast geschehen war. „Was ist, Potter? Hast du Angst?“ Harry sah nicht auf. „Haben Sie mich wegen dieser Frage da raus geholt, Sir?“ Der Lehrer war fast erstaunt, dass die junge Stimme so ruhig klang. Er hatte erwartet, dass er weinen würde, aber Potter weinte ja nie vor anderen. „Nein, das hatte rein gar nichts mit dir zu tun.“ „Verstehe.“ „Wovor hattest du Angst?“ „Sind Sie besorgt um mich?“, fragte Harry, statt eine Antwort zu geben und begann zu lächeln. „Das ist nicht nötig. Mir geht es gut!“ Bedächtig nickte Snape. Harry war nun mal ein harter Brocken, da gab es nichts dran zu rütteln. „Das sah gerade aber nicht so aus.“ Lachen. „Vielleicht.“ „Ist es der Dunkle Lord?“ Kurz schien Harry wirklich überlegen zu müssen, bevor er wieder leise lachte. „Klar. Aber nicht nur.“, sagte er. „Aber Sie sind nicht der Richtige dafür. Es interessiert Sie nicht wirklich, was ich Ihnen sage.“ Damit musste Snape ihm unweigerlich Recht geben. Es interessierte ihn nicht wirklich. Viel mehr interessierte ihn, was Harry für Draco Malfoy bedeutete. Wieso hatte der Blonde ihn verteidigen wollen, als alle dermaßen erzürnt auf ihn hatten losgehen wollen, denn nichts anderes ließ sein Gesichtsausdruck zu. Das war kein Hass auf Harry gewesen. Das war Hass auf die Schüler gewesen, Sorge… Er erhob sich. „Ich möchte, dass du hier bleibst, bis alles geregelt ist und bis sie sich beruhigt haben, hast du verstanden?“ Harry nickte, zuckte mit den Schultern. Natürlich würde er hier bleiben. Wo sollte er denn auch hin? „Und ich wollte dir noch etwas mitteilen, wozu…“ In Snapes Gesicht trat ein fieses, schmallippiges Lächeln. „… mir bisher noch keine Zeit blieb. Ich habe deinen letzten Aufsatz durchgesehen, den über den Heiltrank gegen Tiesgarpusteln. Erinnerst du dich?“ Der Schwarzhaarige zuckte leicht zusammen. Dieser Trank? Oh ja, oder eigentlich… Nein, er erinnerte sich nicht wirklich… An diesem Tag hatte der Nihil auctoritates habere appulsus seine Aufmerksamkeit dermaßen in Anspruch genommen, dass er den Unterricht bei Snape kaum mitbekommen hatte… Zu dumm aber auch… „Ich sehe schon, du erinnerst dich. Schön zu wissen. Einen derartig schlechten Aufsatz habe ich bisher nicht einmal von Longbottom gesehen! Es ist eine Frechheit, dass du es überhaupt gewagt hast, diese Arbeit abzugeben!“ Und das alles in einem ruhigen, schnarrend schleichenden Tonfall, der Harry Gänsehaut über den Rücken jagte. „Ich erwarte von dir bis heute Abend einen neuen Aufsatz; das dir zur Verfügung stehende Buch stelle ich hier hin.“ Er ließ es auf den Tisch fallen. „Feder und Pergament liegen vor dir.“ Wieso musste Kikuileh das jetzt bestätigen? War doch nicht zu fassen, dass sie ihm in den Rücken fiel. „Du bleibst hier, bis du fertig bist, und diesmal will ich von dir einen ordentlichen Aufsatz, sonst wirst du hier die nächste Woche nachsitzen.“ Als Snape ging, war er richtig stolz auf sich. Nicht nur, dass er Harry einen Aufgabe gegeben hatte und ihn damit aus dem Weg hatte, nein, er würde ihm sogar noch etwas Nützliches beibringen: Faulheit lohnte sich nicht. Und natürlich würde der Junge auch lernen, welcher Trank am besten gegen das half, was Malfoy Senior mit Vorliebe seinen Opfern antat. Und während Harry noch mit sich rang, ob er sich fügte oder doch lieber die Einrichtung Snapes in die Luft jagte, hatte Draco schlechte Laune. Er saß hier, zwischen all diesen Verlierern, die entweder Schiss hatten oder damit prahlten, dass sie ja zum Dunklen Lord gehörten, und musste das alles über sich ergehen lassen, ohne etwas dagegen tun zu können. Was interessierte es ihn? Der Dunkle Lord war ihm egal, weil er da draußen war und nicht herein konnte. Sein Vater war ihm aus dem gleichen Grunde egal. Die Tatsache, dass sie alle da draußen waren, war egal, weil er sie nicht kannte und sie nicht kennen wollte. Dass sie nicht hinaus konnten, war egal, weil das einzige, das er begehrte, hier drin war. Auch wenn Harry ihn gestern Nacht ziemlich enttäuscht hatte. Nicht, dass ihm ihre Nacht nicht gefallen hätte, nein, sie war wundervoll gewesen, nie hatte er eine schönere erlebt, aber dass er einfach gegangen war… Das kränkte ihn! Und jetzt so was. Wieso bitte sollte Harry schuld daran sein, dass der idiotische Möchtegernlord an die Macht zurückgekehrt war? Konnte dieses dumme Gör das wirklich glauben? Wenn Harry daran schuld war, dann war sie es mindestens genauso, denn schließlich war sie ebenfalls nur hier gewesen, anstatt ihn zu suchen und zu töten. Er ließ sich zurückfallen und gegen die Wand gelehnt verschränkte er die Arme vor der Brust, besah sich das Chaos vor sich, ohne es wahrzunehmen. Seine Gedanken kreisten um den gestrigen Abend. Gestern hatte Harry doch noch sehen können. Aber jetzt war er offensichtlich wieder blind. Die Kopfhaltung entsprach nicht der eines sehenden Menschen. Wieso war das so? Was hatte bewirkt, dass Harry für so kurze Zeit wieder hatte sehen können? Konnte es vielleicht sein, dass es an ihm lag? Im Grunde glaubte Draco das nicht, denn sonst hätte Harry auch früher schon sehen können, wenn sie alleine und zusammen gewesen waren. Die Erklärung Sex als Heilmittel gefiel ihm nicht, weshalb er sie zur Seite drängte. Sie wurden auf ihre Gemeinschaftsräume geschickt, hatten bis Mittags dort Aufenthalt, während die Hauslehrer versuchten, so gut wie möglich die Fragen zu beantworten, die bei den Schülern aufkamen, um sie zu beruhigen. Die Tendenz: Die meisten Fragen blieben unbeantwortet, weil die Lehrer nicht wussten, was mit den Menschen außerhalb war. Aber die waren Draco sowieso egal, außer vielleicht seine Mutter. Was gingen ihn die Probleme fremder Menschen an? Und dass die Eulen nicht mehr durchkamen, war für ihn nur gut, da so keiner mehr erfahren konnte, dass er die Seite gewechselt hatte. Ihn interessierte viel eher, was Snape mit Harry gemacht hatte, was er natürlich nicht erfragen konnte, weil er sich damit verraten könnte. Zweifel kamen in ihm auf. Snape war doch Lakai des Dunklen Lords, nicht wahr? Was, wenn er Harry irgendwie gefangen genommen hatte, um ihn dem Schwarzen auszuliefern? Was, wenn er ihn eingesperrt hatte und von fiesen Wesen foltern ließ? Was, wenn… Dumbledore! Er musste Dumbledore bescheid sagen! Auf der Stelle. Er war schon halb auf dem Weg, als ihm einfiel, dass Dumbledore eine solche Aktion von Snape doch sicherlich bemerkt und das daraufhin verhindert hätte. Dumm war der Schulleiter schließlich trotz Klatsch und Gerüchte nicht. Also hieß es warten, bis sie wieder aufeinander trafen, um ihn zu fragen, was denn passiert war, weshalb Snape ihn mitgenommen hatte. Das Mittagessen fand in seltsamer Stimmung statt und es gab auch seltsames Essen. Offensichtlich hatten die Elfen beschlossen, Essen zu kochen, das die Gemüter aufheiterte, weshalb alles irgendwie lachende Gesichter oder irgendwelche lustigen Tiere zeigte. Es glückte ihnen nur bedingt. Und Harry tauchte auch nicht auf. Nach dem Essen hatten sie Freizeit, der Unterricht fiel aus. Und noch immer war Harry nicht da. Nicht einmal die Unzertrennlichen schienen zu wissen, wo er war, denn sowohl Weasley als auch Granger sahen sich immer wieder suchend um. Auch die Anti-Harry-Fraktion suchte sich die Augen aus nach ihrem Opfer. Draco beschloss auf den Gründen nach ihm zu suchen, war sogar einer der ersten, die gingen. Und er schaffte es tatsächlich mit einem überzeugenden Blick, Pansy davon abzuhalten, ihm zu folgen. Sie blieb auf halber Strecke zurück und sah ihm nach. Er fand ihn aber nicht. Auch an den bekannten Stellen im Schloss war er nicht. Nicht im Turm, den es nicht gab. Harry war und blieb unauffindbar. Und dann war er plötzlich wieder da. Beim Abendessen saß er als aller erstes in dem großen Raum und schob sich unbeteiligt undefinierbares Gemüse in den Mund. Ganz friedlich hockte er da, völlig allein. Die mit Draco eintretenden Slytherins jedoch schienen das nicht einmal zu bemerken. Sie gingen unvermindert schwatzend zu ihren Plätzen, kein einziger Kommentar gegen oder über Harry fiel… Verwirrt blieb Draco für Sekunden stehen, deutete auf ihn und wollte etwas sagen, doch dann lächelte er nur. Wollte er Harry doch seine Ruhe gönnen. Er konnte sie gebrauchen und würde sie haben, bis jemand ihn bemerkte. Es bemerkte ihn niemand. Das hieß, sie bemerkten ihn zu spät. Als er aufstand, um zu gehen und gerade die Große Halle verließ, fiel Pansy fast vom Stuhl, als sie gleichzeitig versuchte, zu schlucken, zu schreien, auf ihn zu zeigen und aufzustehen. Sie begann zu husten und schon war er weg. Draco smilte hintergründig, bevor er ihr sachte auf den Rücken klopfte. „Da… da war… er!“, krächzte sie kurz vor dem Ersticken. Er lachte. „Wer war da, Pansy?“ „Was ist denn mit dir los?“, wollte Blaise wissen und legte ihr besorgt eine Hand auf die Schulter. „Potter!“, rief sie, hatte wieder ein bisschen mehr Luft und damit ein bisschen mehr Kraft in der Stimme. „Ich hab ihn grade gesehen!“ „Ach, echt? Wo denn?“ Das Mädchen sah sich suchend um. „Also, ich seh nichts.“, maulte sie. Draco lachte wieder. „Ich hab ihn auch nicht gesehen. Du leidest unter Halluzinationen!“ Sie verpasste ihm einen Knuff. „Sei du mal bloß still! Auf solch ungebetene Kommentare kann ich sehr gut verzichten. Ich weiß doch, was ich sehe!“ Er hob abwehrend die Hände. „Ist ja schon gut. Du hast ihn gesehen und jetzt ist er weg.“ „Und was soll dann der Blick?“, fragte Pansy bissig. Unschuldig grinsend blickte er sie an. „Was für ein Blick?“ „Oh, Draco!“ Blaise lachte neben ihnen. „Ihr Zwei geht echt als Liebespaar durch!“ „Genau!“, mischte sich Crabbe ein. „Voll die Turteltauben!“ Das trieb Pansy die Röte ins Gesicht, während Draco die beiden Freunde anfunkelte. „Ach, und ihr habt da was zu zu sagen?“, fragte er zischend, als er sich erhob. Sie starrten ihn an, schüttelten dann etwas ängstlich den Kopf in der Befürchtung, ihn verärgert zu haben. Draco stieg über die Bank, drehte sich um und ging. „Hey, Draco!“, rief ihm Pansy nach. „Warum bist du so humorlos? Es war doch nur ein Spaß!“ Wieso durfte sie sich solcherlei Fragen eigentlich erlauben? Immerhin hatte sie sich das schon immer herausgenommen, ohne dass er etwas dagegen unternommen hätte. Weil ihre Eltern davon ausgingen, dass sie einander heiraten würden? Tolles Argument. Nein, er mochte sie, deshalb. Er mochte sie wie eine Schwester, die hatten doch immer ein kleines Sonderrecht. So. Und jetzt würde er Harry suchen gehen. Der Schwarzhaarige hockte auf dem Nordturm und alles, was ihn wirklich interessierte, war die kühle Nachtluft, die nach der Wärme in Snapes Büro und des Tees doch sehr angenehm war. Wusste der Teufel warum, aber Snape hatte es tatsächlich für nötig gehalten, für ihn zu heizen, obwohl er das sonst aus Erfahrung nicht tat. Seltsame Anwandlung von Nächstenliebe… Acht Ellen der kleinsten Schrift, zu der er fähig war, hatte er geschafft, die er wohl auch in weniger Zeit hätte hinbekommen können, aber er war immer wieder in Trübsal und Selbstzerfleischung und Vorwürfe abgedriftet, so dass er unbewusst unterbrochen hatte. Immerhin fühlte er sich jetzt angenehm leer. Und mit diesem Zustand war er zufrieden, denn selbst für negative Gedanken war er viel zu träge. Ein Windstoß fuhr durch seine langen Haare, vertrieb die Hitze in seinem Nacken. Und er verdeckte beinahe das verhaltene Geräusch der sich öffnenden Falltür. Wäre es dabei geblieben, hätte Harry es wohl auch für Einbildung gehalten, doch die leisen Schritte, die dem folgten, waren für Halluzinationen doch zu präsent. Und zu bekannt. „Geh weg!“ Die friedliche Stimmung war gegangen, durch Dracos Eindringen in seinen Dunstkreis verschwunden. Harry wandte den Kopf ab und verbarg ihn in seiner Armbeuge, zog die Knie noch ein wenig näher an seinen Körper. Auch die Gedankenleere gehörte nun der Vergangenheit an. Wie ein Strudel zog ihn die mit Draco und seiner Schwäche verbundene Schuld hinab in die Finsternis. Derweil kämpfte Draco mit seinen eigenen Dämonen. Ihn plagte die Ungewissheit darüber, warum Harry am Morgen einfach gegangen war, ohne sich zu verabschieden. Warum er wohl auch jetzt noch so verschlossen war? Lag es an ihm? Hatte es ihm vielleicht doch nicht so gut gefallen, wie er gedacht hatte? War er vielleicht doch nicht an ihm interessiert und es war nur der Alkohol gewesen, der ihn sich ihm hatte hingeben lassen? Konnte es sein, dass Harry sich Vorwürfe machte, weil er mit einem Slytherin geschlafen hatte? Hätte er gewusst, wie naher er mit dieser Vermutung an der Wahrheit vorbeigeschlittert war, hätte er wohl gelacht. Aber dem war nicht so. Außerdem könnte Harrys Reserviertheit auch noch zwei anderen Dingen herrühren: von der offensichtlich wieder eingetretenen Blindheit oder von der Abneigung, die ihm von den anderen so penetrant entgegengebracht wurde. Vielleicht war es ja beides. „Willst du darüber reden?“, fragte er. Sein mitleidiger Blick ruhte auf dem Jungen auf den Zinnen. Hoffentlich fiel er da nicht runter, weil er am Ende vergaß, wo er war. „Nein.“ Das Wort und seine Betonung veranlasste Draco dazu, leicht zu lächeln. So abgeneigt mit ihm zu reden, schien er gar nicht. Langsam setzte er sich wieder in Bewegung, kam zu ihm und blieb dann einen Schritt von ihm entfernt stehen. Er könnte die Hand ausstrecken und würde ihn berühren. Harry hatte sich nicht bewegt. Alles an ihm ließ auf Ablehnung schließen, doch wieso hatte er dann mit diesem Ton geantwortet? Schließlich ließ sich Draco einfach zu Boden gleiten, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Mauer, auf der Harry saß und schwieg. Auch der Schwarzhaarige sagte kein Wort, billigte es einfach. Momentan herrschte eine ausgeglichene Atmosphäre, die schon fast wieder angenehm war. Harrys Gedanken beschränkten sich wieder auf die Leere, er vergaß bald, wo er hier mit wem war und warum. Bis Draco erneut das Wort erhob. „Ws wollte Snape eigentlich von dir?“ Der Blonde saß entspannt und starrte genauso gedankenverloren in den Nachthimmel hinauf. Die Frage war mehr ungewollt gekommen und ausgesprochen, bevor er sich daran hindern konnte. Die Antwort kam genauso unerwartet schnell. „Strafarbeit.“ „Ist ja seltsam.“, murmelte Draco. „Seit wann wird jemand wegen so was aus einer Ansprache von Dumbledore geholt? Noch dazu, wo das so wichtig war.“ Harrys Stimme war leise, fast emotionslos. „Es ist egal, ob ich es höre oder nicht. Sie wissen es von mir.“ „Von dir?“, horchte Draco auf, wirbelte zu ihm herum, um ihn ansehen zu können. „Was wissen sie von dir?“ Schweigen folgte. Der Junge, der lebt, kauerte sich nur noch etwas mehr zusammen, bot nun wirklich nur noch ein Häuflein Elend als Anblick. Dann folgte plötzlich ein Geräusch, das einem Lachen wohl noch am nächsten kam. „Sie haben Recht, weißt du?“ Wieder ein Lachen. „Ich bin Schuld! Ich ganz allein! Weil ich lieber bei dir war, als mich darum zu kümmern, dass er nichts plant!“ Das erneute Lachen, gepaart mit diesen Worten, ließ Draco aufstehen. Ungläubig starrte er ihn an. Wurde Harry jetzt vielleicht verrückt? Drehte er durch? Wieso lachte er denn jetzt? Das war ja wohl nicht wahr! „Was hättest du denn tun sollen?“, fuhr er ihn an. „Der Dunkle Lord hätte sich ja wohl kaum von dir aufhalten lassen! Zumal du hier bist, eine Tagesreise von London entfernt!“ Harry hob den Kopf und nun sah Draco, dass tatsächlich Wahnsinn aus dem feinen, blassen Gesicht sprach. Die Augen glänzten fiebrig, auf seinen Lippen lag ein feines, selbst verachtendes Lächeln. Harry zerbrach daran, das konnte er sehen. Er zerbrach an der Situation, an den Erwartungen, die andere in ihn setzen und die er nicht erfüllen konnte, was sie ihn wiederum spüren ließen. „Hör mir zu!“, rief er und packte ihn an den Schultern, drehte ihn zu sich herum. „Du bist nur ein Kind! Nur ein Kind! Verstehst du? Du bist fünfzehn Jahre alt! Du kannst nie und nimmer diesen Mistkerl von Zauberer besiegen! Nicht einmal, wenn du tatsächlich hier raus kommen, wenn du Dumbledores Sperrzauber überwinden und den Verbotenen Wald überleben würdest! Nicht einmal dann! Er hat hunderte, tausende von Menschen getötet und du nicht einen einzigen! Er hat keine Probleme damit, auch dich zu umzubringen! Und wenn du tot bist, was hat es dir gebracht? Kannst du mir das mal sagen?“ „Ich kann ihn besiegen.“ Draco erstarrte, fixierte den Jungen vor sich, sah ihm in die leeren Augen, die vor einigen Stunden noch vor Leben geleuchtet hatten. „Wiederhole das!“ Er wollte wissen, ob er sich verhört hatte, ob er das ernst meinte oder ob er es gesagt hatte, um trotzig zu sein. „Ich werde ihn besiegen!“ Ähnlicher Wortlaut, völlig andere Bedeutung. Er konnte nicht nur, er würde… Draco seufzte. „Und wie willst du das bitte anstellen? Du bist nicht so gut, wie du vielleicht denkst, selbst Granger ist besser!“ „Ich werde üben.“, sagte Harry ernst. In seinem Gesicht konnte Draco glimmende Entschlossenheit lesen. „Ich werde lernen, was ich brauche, um ihm heimzuzahlen, was er mir antat!“ Der Wahnsinn war verschwunden. Es war nur noch Überzeugung in dem Gesicht zu lesen. Draco war schlichtweg überwältigt. Ohne ein weiters Wort schloss er ihn in die Arme und hielt ihn fest. Jetzt spürte er auch, wie sehr der Junge zitterte. Und er spürte, wie es langsam nachließ. Harry schien sich in seinen Armen zu beruhigen. „Draco?“ Er murmelte leise eine Zustimmung, seine Nase in dem seidigen, schwarzen Haar verborgen, das etliche kleine Zöpfchen aufwies, die mit Sicherheit mal wieder Kikuileh auf dem Gewissen hatte. Es duftete auf seltsam vertraute Weise. Woher kannte er diesen Geruch? „Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Bald nicht mehr.“ Die sanften Arme legten sich um seine Schultern, vorsichtig und zärtlich, beschützend, aber seine Stimme war anders, schwer zu fassen. „Ich werde dich beschützen!“ ‚Und wer beschützt dich?’, wollte Draco fragen, doch er tat es nicht, wusste, dass es keine Antwort gab, dass niemand ihn beschützen konnte, wenn Harry das nicht wollte, dass er keinen Schutz haben wollte. Und während Draco noch Verzweiflung empfand, dass er Harry verlieren könnte, fragte sich dieser, wieso er schon wieder auf den anderen einging. Er hatte doch gesehen, wohin das führte, hatte gesehen, was es ihm brachte. Aber dennoch… ‚Nur noch heute.’, nahm er sich vor. ‚Nur noch heute…’ Er hielt sich dran. Am nächsten Tag klammerte er sich förmlich an Ron und Hermione, die beide ungewöhnlich wortkarg waren. Überhaupt herrschte an der Schule eine eigenartige Stimmung. Kaum jemals sah man ein Lächeln, die Gesichter waren ernst, die Schule von Schweigen erfüllt. Die Lehrer hatten ihre liebe Not mit ihren Klassen, mussten oft ihre Aufmerksamkeit erkämpfen, sie zur Ruhe oder zum Arbeiten ermahnen. Und immer wieder hörte Harry ein „Du bist Schuld!“ aus den trübseligen Gesprächen, häufig gut verpackt in nicht minder schmerzhafte Worte. Seine einzige Reaktion war ein Lächeln. Ein Lächeln, das so weit fern wirkte, dass Harry mehrmals von Hermione oder Ron gefragt wurde, ob er geistig noch unter ihnen weilte. Wenn er daraufhin nickte, wechselten sie einen Blick und dann das Thema. Zu Anfang hatten sie noch versucht, ihm zu versichern, dass ihn keine Schuld traf, doch bald hatten sie begreifen müssen, dass das nichts brachte. Harry nickte dann nur, aber überzeugt hatten sie ihn nicht einmal. Die sicherere Taktik, ihn von diesen trüben Gedanken abzubringen, war es, das Thema auf einen ganz anderen Punkt zu lenken. Sie gingen zu Hagrids Hütte, wo Hermione gewöhnlich zweimal täglich Fang fütterte, der sich auch diesmal über alle Maßen freute, sie zu sehen, und Harry von oben bis unten voll sabberte. Der Junge spürte mit erschreckender Deutlichkeit, wie sehr der Saurüde sein Herrchen vermisste. Er hatte keine Ahnung, woher er diese Gewissheit über die Gefühle des Hundes nahm, aber sie war da und er tat ihm leid. Harry blieb bei Fang, als Ron und Hermione längst gegangen waren, um noch einmal bei McGonagall nach Neuigkeiten bezüglich ihrer Eltern zu fragen, die sie doch nicht bekommen würden, weil es sie nicht gab. Er warf dem Tier Stöckchen und streichelte es, als es dazu zu müde wurde. Mithilfe von Kikuileh setzte er sich Teewasser auf und brühte unter Anstrengung von Leibeskräften mit dem schweren Pott Tee auf, den er trank. Auch Fang bekam seinen Teil. Erst spät abends ging er. +++++++++ ***************** Boha, ich schäm mich ja so! Ich habe so lange gebraucht, um dieses Kapitel zu schreiben, obwohl es schon so lange fertig ist… Ihr müsst wissen, dass ich immer auf Papier schreibe, um die gröbsten Fehler zu beseitigen, bevor ihr sie kriegt. Das heißt aber auch, dass ich es abschreiben muss und so Stellen, die nicht in irgendeiner Weise besonders herzig oder wichtig sind, brauchen bei mir immer einige Zeit… dann kam der Umzug dazu… Na ja. Jetzt bin ich fertig und ihr habt es gelesen… Was meint ihr? Nicht wirklich das Größte, oder? Aber es wird besser. Ich hoffe, dass mein innerer Schweinehund jetzt auch noch zulässt, dass ich bald weiter schreibe…. Und äh… wisst ihr was… ich liebe Snape. Ich hab ihn so richtig gerne, weil er trotzdem fies zu Harry bleibt und ihn nicht so verweichlicht… Als kleine Vorankündigung: das Kapitel, wo Harry Probleme mit Raindoom bekommt, dauert noch lange… Mir ist so viel dazu eingefallen, dass es jetzt wirklich hinausgezogen wird… und ich muss mich ja an den Stundenplan halten, weshalb von Natur aus nur Mittwoch und Donnerstag in Frage kommen… jetzt ist gerade mal Samstag vorbei… Aber ich versuche mich zu beieilen, versprochen! Silberner Reif -------------- Titel: Silberner Reif Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 21: Silberner Reif Auch am nächsten Tag besuchte Harry Fang. Er hatte Hermiones Dienst fürs erste übernommen, weil sie versuchte, Ron zu beruhigen, was sie nicht schaffte. Der Rotschopf und seine Geschwister sorgten sich um die übrigen Weasleys, die nicht in Hogwarts waren, doch Harry konnte ihnen keinen Mut machen. Percy war mit Sicherheit tot und nicht einmal diese Nachricht brachte er über die Lippen, tat es doch zu sehr weh, daran zu denken. Offensichtlich teilte aber nicht einmal Dumbledore ihnen mit, was Sache war. Harry wollte ihnen helfen. Er wollte ihnen die Sorgen nehmen, ihnen Sicherheit geben, aber dazu musste er sich zunächst einmal die Fähigkeiten eines Magus aneignen, dann konnte er sich ‚wünschen’ über die Schicksale der einzelnen Menschen Bescheid zu wissen. Fang brachte Schwanz wedelnd den glitschigen Stock zurück und Harry warf ihn erneut. Es amüsierte ihn, dass auch Kikuileh mit flog und dem Tier auf Schritt und Tritt folgte, es ganz genau beobachtete und ihm jede Kleinigkeit akribisch berichtete. Offenbar hatte sie ein Faible für Fang entwickelt. Seufzend schloss der Junge die Augen und versuchte sich auf den Stein vor sich zu konzentrieren, den Wunsch in sich zu stärken, ihn fliegen zu lassen, doch das war gar nicht so einfach. In der Ferne hörte er das Geschrei derjenigen, die für das Quidditch-Spiel am kommenden Mittwoch trainierten. Dumbledore hatte es beim Frühstück angekündigt: Das Quidditch-Turnier würde wie geplant stattfinden und das erste Match wurde --- nach Los Ziehung --- zwischen Hufflepuff und Slytherin ausgetragen. Draco würde mitspielen --- nachdem er Kapitän seiner Mannschaft geworden war, nicht weiter verwunderlich. Wahrscheinlich war sogar er es, der da mit seiner Mannschaft trainierte. Und flog. Neid kochte unkontrollierbar in Harry hoch und ließ ihn sich vor Verzweiflung auf die Lippe beißen. Draco konnte fliegen! Sie alle konnten fliegen! Der einzige, der es nicht mehr konnte, war er. Weil er nicht sehen konnte! Weil er ohne Augenlicht nicht fliegen konnte! Und weil Kikuileh ihm dabei nicht behilflich sein konnte! Es war so ungerecht, so… Harry wirkte einen Tranquillitas um Hagrids Grundstück, um die Geräusche nicht mehr länger mit anhören zu müssen, bevor er sich wieder auf den Stein vor sich konzentrierte, um sich abzulenken. Doch ein anderer Wunsch überlagerte den gewollten: der brennende Wunsch, endlich wieder selbst fliegen zu können. Er wollte es so sehr! Er vermisste das Gefühl, unbeschwert und frei durch die Lüfte zu sausen, den Wind in den Haaren zu spüren und auch das Jubeln derer, die ihn für seine Künste bewunderten. Er wollte es endlich wieder erleben! Der Junge, der lebt, bemerkte gar nicht, dass er längst nicht mehr auf dem Boden saß, sondern knapp vierzig Zentimeter darüber schwebte. Irgendwann winselte Fang, der weiterspielen wollte, unterbrach damit Harrys Konzentration, als er nach dem Stock griff. Rechtzeitig sank er zurück zu Boden, um nicht das geringste zu bemerken, warf den Stock erneut, woraufhin Hund und Fee nach links jagten, freudig dem Gegenstand der Begierde nach. Harry widmete sich wieder seinem Zauber und diesmal flog er nicht. Am Nachmittag landete dann plötzlich eine Eule vor ihm, schreckte ihn mit ihrem Gurren aus den abgedrifteten Gedanken. Fang, der zu seinen Füßen schlief, regte sich nicht, im Gegensatz zu Kikuileh, die aufgeregt die Eule umschwirrte und Harry überdeutlich machte, dass es nicht Hedwig war. Der Junge war wie versteinert, starrte in die Richtung, wo er sie vermutete. Und als er dann auch noch nach ein paar Sekunden keine Anstalten machte, sie zu bezahlen, zwickte sie ihn in den Arm. Der Junge lächelte wehmütig, rieb sich die ein wenig ziehende Stelle. „Sorry, aber ich hab kein Geld dabei. Wenn du willst, geb ich dir ein paar Eulenkekse, aber sonst…“ Sie gurrte missmutig und Harry erhob sich und fand mit Kikuilehs Hilfe sehr bald ein paar der in seinen Augen bitteren Gebäckteilchen in Hagrids Hütte. Er gab sie ihr und sie verschwand in Richtung Eulerei. Eine Schuleule also… was auch sonst? Melancholie erfasste ihn, als er erneut daran dachte, dass Hedwig irgendwo da draußen war, dass sie wie so viele andere nicht hier war und damit in Gefahr… Erst Kikuileh brachte ihn dazu, den gebrachten Brief zu öffnen und zu lesen. Handschrift… schwer zu entziffern mit den Fingern… aber er kannte sie. „Potter, ich erwarte dich pünktlich um zwanzig Uhr in meinem Büro. Professor Snape“ Harry seufzte. Was wollte der Giftmischer denn nun schon wieder von ihm? Konnte er ihn nicht in Ruhe lassen? Und warum wollte er es zu einer Zeit, wo sich so viele Schüler auf den Gängen herumtrieben, die ihn mit Sicherheit auch nicht in Ruhe lassen würden? Aber ihm blieb eh nichts anderes übrig, als hinzugehen. Snape zu versetzen, könnte ein wirklich übles Nachspiel haben, auf das er keinen gesonderten Wert legte. Bis es allerdings soweit war, übte er weiter und nach endlos erscheinender Zeit hatte er für einen Augenblick tatsächlich Erfolg. Kikuileh meldete ihm aufgeregt, dass der Stein sich um einen Zentimeter vom Boden erhoben hatte. Harry jubelte, ließ sich lachend zurück ins Gras fallen, dass Fang aufschreckte und bellte, doch Harry war es egal, dass er kurz darauf über ihn herfiel und er sich der großen, nassen Zunge erwehren musste. Er war einfach nur glücklich, dass er endlich das Gefühl gefunden hatte, das ihn zum Magus befähigte: das Gefühl, einen Wunsch beschworen zu haben! Bald würde er fähig sein, den Dunklen Lord zu besiegen! Lange konnte es gar nicht mehr dauern! Beim Abendbrot fiel Hermione recht schnell auf, dass Harrys Lächeln anders, dass er gelöster war als vorher, doch als sie ihn nach dem Grund für die fast fröhliche Stimmung fragte, bekam sie keine Antwort. Der Schwarzhaarige lächelte nur ein wenig breiter als zuvor und futterte unbekümmert sein Brot. Ron dagegen brachte noch immer nichts runter, genauso wie Ginny und etliche andere, dabei hatten sich die Elfen diesmal wirklich selbst übertroffen. Die Zwillinge jedoch aßen wie immer viel und schnell. Und als ihr jüngerer Bruder sie etwas pikiert darauf ansprach und ihnen einen Vorwurf daraus machen wollte, meinten sie nur, dass sie all ihre Kräfte brauchen würden. Für was verrieten sie nicht, allerdings schien Lee ebenfalls bescheid zu wissen. Also hatte es wohl mit einem Scherzartikel zu tun. Dann kam der Abend und pünktlich um zwanzig Uhr stand Harry vor der Tür zu Snapes Büro. Der Lehrer kam ein paar Sekunden später ebenfalls und mit ihm --- zu Harrys großer Verwunderung und leichtem Schrecken --- auch Draco. Doch der Lehrer ließ sie kein Wort miteinander wechseln, auch wenn er nicht verhinderte, dass Kikuileh den blonden Jungen stürmisch und mit ausgelassenem Tirilieren begrüßte. Frostig hieß er sie mitkommen und führte sie durch die Gänge, immer tiefer hinein in das Labyrinth der Kerkergänge, bis sie durch ein steinernes und mit Eisen beschlagenes Tor traten und so eine unterirdische Halle erreichten, die von Kerzen mit blauem Feuer erleuchtet war. Hier blieb er stehen. „Ihr wisst, weshalb ihr hier seid?“ Synchron schüttelten sie die Köpfe. Es war ihnen ein Rätsel, weshalb sie gemeinsam bei Snape Strafarbeit zu verrichten hatten, denn genau danach sah es aus. Warum sollte der Mann sich sonst außerhalb der Schulzeit mit ihnen beschäftigen? Der Giftmischer blickte sie sekundenlang an, als wolle er sie am liebsten erwürgen oder wie Maden unter seinem Fuß zerquetschen, aber dann erklärte er sich doch: „Ich bin euer neuer Privatlehrer. Professor Dumbledore ist der Meinung, du, Draco, solltest etwas lernen, um dich im Notfall gegen deinen Vater wehren zu können, weshalb er mich damit beauftragt hat, dir die Gegenzauber zu dessen Lieblingssprüchen beizubringen.“ Draco nickte, unsicher, wie er zu der Ehre kam, während Harry sich wunderte, wozu Draco sich gegen seinen Vater verteidigen können sollte. Wollte ihm der Vater etwa an den Kragen? Wieso? „Und du…“, schreckte ihn Snape mit seiner schleichend giftigen Stimme aus den Gedanken. „… du wirst von mir effektivere Sprüche lernen und Methoden, wie du deine Kraft besser kontrollieren kannst. Das, was du momentan als Training bezeichnest, ist eine Katastrophe!“ In Harry machte sich urplötzlich Unmut breit und der Trotz, den er die letzten Jahre immer in Snapes Gegenwart entwickelt hatte, machte sich bemerkbar. Wieso Katastrophe? Er machte doch Fortschritte! Sehr wichtige, sehr große Fortschritte! Warum musste Snape ihn eigentlich immer so niedermachen, zumal er gar nicht wusste, wovon er redete? Hatte er seine Versuche vielleicht gesehen? Nein! Kikuileh hatte ihm nichts gesagt. Also sollte er sich gefälligst nicht herausnehmen, ihn kritisieren zu wollen! Aber im Endeffekt sagte er nichts und kraulte nur unerschütterlich und mit stoischer Miene Kikuileh. „Hast du eine Ahnung, wie du deine Kräfte regulieren kannst?“, kam der Lehrer auf Harry zu. Der Junge schüttelte achselzuckend den Kopf. Woher denn? Bisher hatte er es mit Übung in den Griff bekommen und einfach die Bewegung des Stabes minimiert, um dem Zauber die Kraft zu nehmen. Snapes Miene wurde kälter bis schadenfroh, als er in seine Tasche griff und einen Armreif herauszog. „Du musst dich konzentrieren.“, erklärte er unbeteiligt, während er das Schmuckstück in der Hand drehte. „Du musst dich konzentrieren und deinen Energiefluss kontrollieren. Das ist im Grunde ganz einfach, wenn du begriffen hast, wie der Energiefluss funktioniert, und das hast du ja wohl. Es wurde euch im ersten Schuljahr im Zauberkundeunterricht beigebracht.“ Harry nickte. Klar wusste er das noch. Aber er verstand nicht so ganz, wie man so seine Energie kontrollieren konnte. Irgendwelche Bahnen im Körper, die es nicht gab, weil sie auf Energie basierten… wer sollte das denn nachvollziehen? Snape allerdings reichte es, dass er nickte. Man konnte ihm ansehen, dass er mit der Situation nicht zufrieden war, weshalb es ihm auch reichlich egal war, ob Harry es verstand oder nicht. „Das ist doch schön. Hier!“ Er reichte ihm den Armreif. „Den wirst du ab heute tragen!“, bestimmte er. Verständnislos drehte Harry ihn in den Fingern, befühlte das kühle Metall, fuhr die blätterartigen Auswüchse nach, ertastete die Gravierungen. „Was soll mir das bringen?“, wollte er wissen, als er befand, dass es ganz und gar nicht seinem Geschmack entsprach. „Das wirst du schon sehen. Leg ihn an, rechter Arm!“ Harry tat, wie ihm geheißen und streifte den Reif über seine rechte Hand. Im nächsten Moment spürte er, wie sich das Metall um seinen Arm schlang, fester wurde, so dass es nicht mehr rutschen konnte, gerade noch nicht schnürte. Erschrocken versuchte er das Ding wieder abzustreifen, aber das funktionierte nicht, es war bereits zu fest. Nahtlos und hauteng schmiegte es sich an seine Haut. Snape grinste diabolisch. „Hast du je von Silberranke gehört?“, fragte er mit diesem Grinsen und die grünen Augen weiteten sich in stillem Erkennen. Mit Silberranke hielt man magische Wesen eingesperrt. Es ließ eine gewisse Menge an magischer Energie hindurch, wurde es zuviel, gab es sie zurück. Wie sich das äußerte, kam ganz auf die Art der Pflanze an. Eine Art benutze Feuer, die andere Eis, die dritte Energie, eine andere verdichtete ihre Zweige und wieder eine andere bildete betäubende Blüten aus. Es gab noch ein Duzend andere, die er allerdings nicht kannte. Welche hatte Snape für ihn gewählt? Der Lehrer hatte die Frage wohl von seinem Gesicht abgelesen. „Probier es aus.“, forderte er. Das Grinsen war nicht gegangen. Misstrauisch wie selten hob Harry seinen Zauberstab und richtete ihn auf eine der blau schimmernden Kerzen; ausgesucht hatte Kikuileh das Ziel. Verhalten schwang er den Stab und fühlte schon im Zuge dessen, wie sein Arm zu kribbeln begann. „Aqua Regina!“, flüsterte er trocken. Zu mehr war seine Stimme im Moment nicht in der Lage. Ein heftiger Blitz zuckte durch seinen Körper, ließ seine Haare sich aufrichten und betäubte seinen Arm, angefangen von den Fingerspitzen bis hin zur Schulter. Der Schmerz, der folgte, ließ ihn keuchend in die Knie gehen, während sich über der Kerze ein doppelt Quaffel großer Wasserball sammelte. Snape nickte zufrieden. Harrys Macht war wirklich erstaunlich, denn bei Silberranke konnte man davon ausgehen, dass sie tatsächlich nur eine gewisse Menge an Energie hindurch ließ. Harry hatte es aber dennoch geschafft, mehr als gewöhnlich hindurchzuschleusen. Beeindruckend. Dementsprechend heftig war aber auch der Blitz gewesen. Man hatte ihn noch außerhalb seines Körpers sehen können, wie er von den Füßen auf den Boden übersprang. Er grinste. Welch Wohltat, Harry Potter so sehen zu dürfen. Leicht belustigt stellte er aus den Augenwinkeln fest, dass Draco wohl nicht ganz seiner Meinung war. Die Hände des Slytherin waren geballt und die Anstrengung der Zurückhaltung deutlich sichtbar. Verständlich, wo der Junge ja bisher davon ausging, dass er, Snape, dem Dunklen Lord vollkommen hörig war und diesem eine derartige Neuigkeit wie eine Beziehung Harrys zu einem potentiellen Todesser sofort mitteilen würde. Vielleicht sollte er ihm bald mal sagen, dass dem nicht so war. … Vielleicht aber auch nicht. War ja auch ganz lustig so… Mal abwarten. Harry bekam von ihm die Aufgabe, einen neuen Angriffszauber zu üben, den er ihm zeigte und für den er ihm sogar einen Hologrammgegner kreierte, damit er was zum Zielen hatte, sonst würden wahrscheinlich bald alle Kerzen gelöscht oder gar zerstört sein. Dann widmete er sich seinem anderen Schüler, der sichtlich Mühe hatte, seine Wut aus seinen lodernden Augen zu verbannen. Der beste Beweis, dass Draco tatsächlich mit dem Unnennbaren gebrochen hatte, denn ein Todesser hätte sich über den Anblick eines leidenden Feindes mit Sicherheit gefreut. Snape grinste innerlich. Hatte Harry dem Möchtegernmeister also ein Schnippchen geschlagen, indem er ihm seinen wohl zukunftsträchtigsten, begabtesten Anhänger abspenstig gemacht hatte. „Na los. Du kennst die Zauber, Draco. Wie würdest du auf diesen hier reagieren?“ Und schon schickte er einen auf die Reise. Draco hatte gerade mal Zeit, seinen Zauberstab zu ziehen, bevor ihn der Fluch traf und er zurückgeschleudert wurde, Schrecken in seinen Augen, denn er kannte die Flüche seines Vaters tatsächlich gut. Erst im nächsten Moment erkannte er, dass es keiner dieser fiesen Sprüche seines Vaters gewesen war. Dafür hatte es zu wenig Schmerzen verursacht. „Du bist zu langsam!“, kommentierte Snape ungerührt seine Aktion. „Was wäre gewesen, wenn ich nicht diesen laschen Zauber gesprochen hätte, sondern den Inkantatem Aurore?“ Schaudernd schloss Draco die Augen. Die Vorstellung war nicht besonders toll. Der Inkantatem Aurore verursachte am ganzen Körper Pickel, die wie Ameisenstiche brannten und mit der Zeit aufplatzten, woraufhin es einem die Haut vom Körper schälte. Keine schöne Sache. Ganz sicher nicht. „Ich sehe, du hast verstanden.“ Snape nickte, gebot ihm, wieder aufzustehen. „Dann werden wir nun mit Reaktionstraining beginnen; das hast du nötig, damit du wenigstens die Chance hast, auf Angriffe zu reagieren.“ Hinter ihnen ging Harry abermals in die Knie. Er hatte den Spruch gemeistert, keine Frage, denn das Hologramm war weg, aber er hatte mal wieder seine Kräfte so gar nicht unter Kontrolle gehabt. Mit einem nachlässigen Schlenker seines Handgelenkes ließ Snape den Krieger wieder auferstehen, der in Dracos Augen doch einem gewissen ehemaligen Lehrer ziemlich ähnlich sah. Perfekt, wenn er bedachte, dass Harry diesen Lupin gemocht hatte. Gut, dass er ihn nicht sehen konnte. Um zweiundzwanzig Uhr fünfzehn fiel Harry schließlich todmüde ins Bett. Hermione hatte gemeckert, weil er zu spät gekommen war, und er hatte sich nicht rechtfertigen können, weil Snape es ihm verboten hatte. Und natürlich trug er noch immer den Armreif. Snape hatte gesagt, bevor er es nicht schaffte, seine Energie zu bändigen, würde er ihm das Ding nicht abnehmen. Und Harrys Meinung hatte natürlich nicht gezählt. Wie immer. In leiser Verzweiflung hatte er ihn im Ärmel versteckt, trotz der spätsommerlichen Hitze, die momentan vorherrschte, den Ärmel extra runtergekrempelt, damit niemand ihn mit diesem doch recht mädchenhaften, mit Blättern verzierten Schmuckstück sah. Er wusste zwar auch, dass er es auf keinen Fall auf längere Zeit vor der Öffentlichkeit verstecken konnte --- so etwas bekamen alle immer recht schnell mit --- aber er konnte es zumindest versuchen. Diese Nacht schlief Harry auf eigenartige Weise. Selten zuvor war sein Schlaf so tief gewesen. Selten zuvor hatte er so schlecht geträumt, ohne dass Voldemort dabei eine gravierende Rolle gespielt hätte. Nein, er träumte von den Dursleys. Von Dudley, der ihm Scherzartikel unterjubelte, Handschocker, Reißzwecken auf seinem Stuhl und andere Dinge in diese schmerzhafte Richtung. Er träumte von Onkel Vernon, der ihm Strafpredigten hielt über Dinge, für die er nichts konnte, über seine Eltern, wofür er ihn am liebsten getötet hätte, aber er befand sich dummerweise in diesem Käfig. Silberranke um ihn herum. Und er träumte von Tante Petunia, die ihm die Haare schor, radikal alles runter, wobei sie unablässig schimpfte, dass er seine Haare doch endlich einmal kämmen sollte. Wieder spürte er Schmerzen, als Dudley ihm die Stungun an die Schläfe drückte… Er erwachte, als Ron in gerade berühren wollte, um ihn zu wecken. Er schlug die Augen auf. „Morgen, Harry! Was hast du denn mit deinen Haaren gemacht? Die fliegen, als wären sie Spinnweben!“ Der Rotschopf lachte und Harry schob verschlafen die Bettdecke weg und rieb sich mit dem Handrücken über die Augen. Oh verdammt, wieso fühlte er sich denn so erschlagen? „Morgen.“, murmelte er und stand umständlich auf. Er wollte duschen und wusste ja, dass ihm morgens nicht viel Zeit dafür blieb. „Keine Ahnung.“, antwortete er schließlich etwas verspätet auf Rons Frage, dabei konnte er es sich denken. Das waren Auswirkungen von gestern, von diesem dämlichen Armband, das ihm Stromschläge durch den Körper jagte! Scheiß Snape! Ron folgte ihm, grinste ob der offensichtlich schlechten Laune des anderen. Er wusste, dass Harry es nicht leiden konnte, wenn man ihn wegen seiner Haare aufzog, dachte ja, dass er sie eigentlich gar nicht hatte haben wollen. Wie auch Harry entledigte er sich seines Schlafanzuges, um unter das heiße Wasser der Dusche zu springen. Wenn der Schwarzhaarige duschte, dann konnte es ihm sicherlich auch nicht schaden, zumal er dann noch etwas mit ihm reden konnte, wozu es in letzter Zeit kaum Gelegenheiten gab, da er entweder mit Hermione beschäftigt war oder Harry nicht finden konnte. Doch dieses sein Vorhaben fruchtete überhaupt nicht, da der andere nicht auf seine verbalen Anschupser reagierte. Irgendwie schien er in Gedanken. Schließlich war Harry fertig und trocknete sich genauso gedankenverloren ab. Er suchte in den Tiefen seines Gedächtnisses seinen Traum, der ihm mit dem Aufwachen verloren gegangen war, von dem er aber wusste, dass es ihn gegeben hatte und dass er verantwortlich für seinen komische Laune war, doch er fand ihn nicht. Und dann fiel ihm auf, dass er seinen Zauberstab vergessen hatte. Er hatte einfach nicht dran gedacht! Verdammt! Dann würde das mit dem Anziehen jetzt sicherlich schwerer. Ein leiser Fluch verließ seine Lippen, als er das Handtuch höher zog, doch dann begann er plötzlich zu grinsen. Ihm war eine Idee gekommen. In einer Bewegung vollsten Selbstbewusstseins schloss er die Augen, hob die Hand und vollführte mit ihr einen Schlenker. „Accio Zauberstab!“, flüsterte er, wünschte sich ganz doll, dass der Zauber funktionieren würde… Er funktionierte nicht. Trotzdem fühlte er so ein seltsames Kribbeln in seinen Fingerspitzen, das eindeutig von der Silberranke herrührte. Hatte er da etwa magische Energie verbraucht, obwohl der Zauber nicht gewirkt hatte? Das war doch… Was sollte das? Das war doch nicht normal! War es vielleicht einfach zu wenig Magie gewesen? Seine Gedanken wurden unterbrochen, als Kikuileh angeflogen kam und ihm den Zauberstab in die noch immer ausgestreckte Hand legte. Einen Augenblick später schwirrte sie unendlich glücklich um seinen Kopf herum, weil er sich abwesend bedankt hatte. Harry wollte zurück ins Zimmer, um seine Kleider zu suchen, als plötzlich Ron neben ihm war, seinen Arm packte und: „Was ist das denn? Das sieht ja toll aus!“ Aus der dunklen Stimme sprach ehrliche Bewunderung. Seit wann hatte Ron eigentlich eine so dunkle, raue Stimme? Das war noch nicht lange so, oder? Den Gedanken nicht weiter beachtend, entzog der Schwarzhaarige dem Freund seinen Arm wieder und versuchte ihn mit dem Körper zu verdecken. „Das ist nichts!“, log er, klang dabei fast schon grantig und auch seine Augenbrauen waren tief in die Stirn verzogen. Es war deutlich sichtbar, dass es ihm unangenehm war. „Absolut gar nichts! Und ich wäre dir auch sehr verbunden, wenn du es niemandem sagen würdest!“ Ron war erstaunt, hob eine Augenbraue, lief dann hinter ihm her. „Auch Hermione nicht?“, fragte er verwundert. Seit wann derartige Geheimnisse? ‚Gerade ihr nicht!’, dachte Harry mit Grausen bei dem Gedanken, verdrehte unangenehm die Augen. ‚Sie würde das Material doch mit Sicherheit sofort erkennen und dann… uh!’ „Nein, auch ihr nicht.“, sagte er aber nur, enthielt sich somit jeglicher Erklärung und zog sich mit einem Zauberstabschwung an. „Mach schon, sonst haben wir keine Zeit zum Frühstücken mehr!“, lenkte er das Thema auf andere Bahnen, um weiteren Befragungen auszuweichen. Und tatsächlich beeilte sich Ron daraufhin, jedoch fiel trotzdem die Frage, die Harry insgeheim schon gefürchtet hatte: „Wieso willst du nicht, dass jemand von dem Armreif erfährt? Er ist doch total schön! Und sicherlich auch teuer!“ Gerade letzteres interessierte Harry wenig. Auf ersteres konnte er keine Antwort geben, weil er damit das Training bei Snape erwähnen musste, was er nicht durfte oder wollte. „Sag es einfach keinem.“, murrte er. Irgendwie hasste er die Hartnäckigkeit seines Freundes manchmal. Andererseits war es schön zu sehen, dass dieser seine Familiensorgen einmal vergessen hatte. „Ja, Ron? Versprichst du es?“ Plötzlich bis über beide Ohren grinsend nickte der Rotschopf. „Klar. Versprochen!“ Er war endlich fertig und sie gingen. Dann auf der Treppe brach der Grund für dieses Grinsen aus ihm heraus: „Hast du den vielleicht von deiner Freundin bekommen? Wills du deshalb nicht, dass jemand davon erfährt?“ Harrys Blick wurde gequält. Freundin? Nicht direkt. Gar nicht! „So ähnlich. Ja, du hast Recht.“, log er. „Aber vergiss nicht! Versprochen ist versprochen!“ Rons Grinsen war so breit, dass er locker eine Banane quer essen könnte. „Aber klar doch! Du kannst dich auf mich verlassen!“ Damit übersprang er einige Stufen, holte so seinen Freund auf der Treppe ein, schlang seinen Arm um Harrys Schultern und wuschelte ihm mit der anderen Hand durch die Haare, verstrubbelte sie völlig, so dass Kikuileh empört auf ihn losging. Sie hätte wieder die Arbeit, sie zu ordnen. Die Stimmung im Schloss hatte sich seit Donnerstag geändert. Sie war nicht mehr ganz so hoffnungslos, wenn auch nicht unbedingt weniger besorgt. Die Schüler schienen über ihre Grübeleien und Lethargien alle zum gleichen Ergebnis gekommen zu sein: Sie konnten denen da draußen nicht helfen. Sie mussten Vertrauen in sie haben und so viel wie möglich lernen, um sich selbst im Falle eines Falles verteidigen zu können, um nicht noch zusätzlich ein Problem für die draußen zu sein! Sie würden lernen! Dementsprechend aufmerksam waren die Fünftklässler der Gryffindors auch im Unterricht von Snape am Montagmorgen. Der schwarzhaarige Lehrer war richtiggehend angetan, wenn auch gleichzeitig missmutig, weil nicht einmal Neville sich eine Blöße gab. Zwei Stunden später in Verwandlung das gleiche Bild. Selbst die Slytherins waren ungewohnt aufmerksam, so dass das Wiederholen der in diesem Jahr bereits gelernten Zauber nicht einmal eine Viertelstunde dauerte. An Konzentration mangelte es jedenfalls nicht, alle bekamen die Zauber beim ersten Mal hin. Alle bis auf Harry. Die ersten zwei Sprüche waren einfach gewesen. Er hatte sie vorher im Selbsttraining am See geübt, sie hier gewirkt und hatte dieses seltsame, schon bekannte Kribbeln im Arm verspürt. Beim dritten Spruch war das Kribbeln zum Ziehen geworden und Harry hatte gewusst, dass er wieder zuviel Energie in den Zauber gelegt hatte. Der vierte Zauber ließ ihn die Zähne zusammenbeißen und seine Nackenhaare unkontrolliert fliegen. Es war schwerer, seine Kraft auf Dauer unter Kontrolle zu halten, als er gedacht hatte, selbst bei so einfachen Sprüchen, die er ja schon kannte. Er verzichtete auf die Ausübung der restlichen Zauber, war er sich doch nicht sicher, ob er nicht vor Schmerzen aufgeschrieen hätte. Hermione, die das bemerkte, war besorgt und fragte ihn leise, was denn los sei, aber er lächelte nur abwehrend und schüttelte achselzuckend den Kopf, was ihr ein erbostes Knurren entlockte. Es missfiel ihr sichtlich, dass er ihr nicht sagte, was mit ihm los war. Und Draco, der ja wusste oder zumindest ahnte, weshalb Harry die beiden letzten Zauber nicht anwendete, machte sich Sorgen. Wenn der Schwarzhaarige schon hier solche Probleme hatte, wollte er nicht wissen, wie es am Abend werden würde, denn sie hatten heute wieder Training. Training bei Snape, direkt nach dem Quidditchtraining der Slytherins. Er sollte wirklich mit Harry reden. Er wollte wissen, ob der Junge das durchstehen würde. Er nahm sich ganz fest vor, ihn nach der Stunde abzufangen, ihn danach zu fragen, aber er hatte nicht mit Harrys Plänen gerechnet. Dieser marschierte nämlich gleich nach dem Klingeln mit Ron und Hermione aus dem Klassenzimmer und blieb bis zum nächsten Unterricht spurlos verschwunden. Er konnte ja auch nicht wissen, dass Harry bei Fang war, zusammen mit seinen beiden Freunden. Das braunhaarige Mädchen schien erbost, baute sich im Zimmer der kleinen Hütte auf. „Ich will von dir wissen, was mit dir los ist, Harry!“, forderte sie mit wütenden Augen und unterstrich ihre Worte mit einer nachdrücklichen Geste. „In letzter Zeit benimmst du dich äußerst merkwürdig! Erst der unerklärliche Drang völlig ohne Sinn und Verstand alles durcheinander zu lernen, dann die mysteriösen Ausspracheübungen auf deinem Bett, die Gemütsschwankungen, deine ungewöhnliche Zurückhaltung gegenüber den anderen und die absolute Toleranz, ja Ignoranz der Beleidigungen der Slytherins. Du hast dich doch sonst immer gewehrt, wenn du von ihnen herumgeschubst wurdest, hast dich auf seltsame Kämpfe oder Duelle eingelassen…“ Ein schiefer Blick von Ron traf sie und sie räusperte sich peinlich berührt. „Natürlich meine ich nicht, dass ich es schlecht finde, wenn du geduldig bist, aber… Das bist nicht du! Was ist mit dir passiert?“ Der Schwarzhaarige kraulte den grauen Saurüden hinter den Ohren, lächelte verhalten, ruhig und hintergründig. „Was genau willst du von mir hören, Mione?“, fragte er mit versteckt vorwurfsvollem Tonfall. „Dass ich nicht damit klar komme, blind zu sein? Da muss ich dich enttäuschen. Es wäre zwar einfacher mit sehenden Augen, aber dank Kikuileh geht es wunderbar auch ohne.“ Ja, wahre Worte. Kikuileh half ihm wirklich sehr. „Dass ich verletzt bin durch die Ablehnung der anderen? Ja, mag sein, aber sie wissen es einfach nicht besser und haben Angst.“ Auch das war überzeugend in seinen Augen, auch wenn es noch so wenig der Wahrheit entsprach. Hermione wollte ihm genau das mitteilen, hatte schon eine Verneinung auf den Lippen, doch Harry ließ sie nicht zu Wort kommen, jetzt war er in Fahrt, jetzt musste er das auch loswerden. „Dass ich einsam bin, weil ich so häufig allein bin? Auch nicht, denn wenn ich möchte, dann kann ich bei euch sein, wofür ich euch auch sehr dankbar bin.“ Oh ja, und trotzdem waren diese Worte nicht mehr ganz wahr. Er wusste es, doch er wollte auch nicht, dass sich die beiden weiter Sorgen machten und ihn wie zu Anfang überfürsorglich überwachten, damit es ihm bloß an nichts mangelte. „Dass ich mir Sorgen um Hagrid mache, weil ich so oft hier in seiner Hütte in letzter Zeit bin? Ja, auch das ist ein Grund.“ ‚Und was für einer.’, dachte er für sich, während er eine kleine Pause machte, fuhr erst dann laut fort. „Genauso wie ich mir Sorgen um die Weasleys mache, um Hedwig…“ „Sie ist auch noch draußen?“, warf Ron entsetzt ein, doch Harry ging auch darauf nicht weiter ein, schnaubte nur einmal über die Ignoranz seines Freundes, dass es ihm bisher nicht aufgefallen war. Als er fortfuhr, war seine Stimme kaum noch lebendig, so sehr unterdrückte er die in ihm erwachenden Gefühle, die wie Gasblasen unaufhaltsam aus seinem Unterbewusstsein aufstiegen. „…um Sirius und meine Freunde draußen mache ich mir auch Sorgen! Aber ich kann ihnen momentan nicht helfen, so sehr ich mir auch wünsche, dass es anders wäre, und wenn ich hier vor Angst erstarrt zitternd in einer Ecke hocke, wird sich das nicht ändern!“ „Harry, ich verstehe ja, dass du…“ „Es gibt noch mehr Theorien.“, unterbrach Harry sie erneut, das ruhige Lächeln auf seinen Lippen war allerdings einem äußerst zynischen gewichen und auch sein Tonfall im Folgenden war an Zynismus kaum noch zu übertreffen. „Es könnte zum Beispiel sein, dass ich gekränkt bin, dass ich diesmal nicht ganz oben auf Voldemorts Liste der bösen Taten stehe.“ Ja, auch das hatte man ihm vorgeworfen und Hermione gab ein verärgertes Geräusch von sich, welches Harry jedoch wieder nicht beachtete. „Glaube mir, ich bin enttäuscht, dass er nicht wieder auf die Idee gekommen ist, mich zu vernichten, denn vielleicht hätte ich ihn dann aufhalten können!“ Das wiederum meinte er todernst. „Hör auf!“, flüsterte Hermione plötzlich mit tränenerstickter Stimme und wenn sie auch noch nicht weinte, war sie doch kurz davor. „Ich wollte dir doch nur helfen!“, sagte sie belegt und wurde von Ron tröstend in die Arme genommen. „Wieso bist du gleich so bissig?“ Harrys Augen weiteten sich in stillem Erkennen und im nächsten Moment hätte er seinen Kopf am liebsten gegen die nächstbeste Wand gedonnert. Ja, warum hackte er so auf seinen Freunden herum? Sie waren doch sonst immer so eine Art Rettungstau im Chaos, waren immer da, wenn er sich irgendwie zu verlieren drohte; wieso hatte er nicht begriffen, dass sie nur wieder näher bei ihm sein wollten, um dieser unausgesprochenen Aufgabe nachzukommen? „Du entfernst dich von uns! Ich will das nicht! Du bist mein… unser Freund! Und ich habe Angst, dass du dich von uns zurückgestoßen oder sogar ausgeschlossen fühlst!“ Harrys Lächeln kehrte zurück, aber diesmal war es lieber, weicher. Ehrlich. „Warum? Weil ihr euch endlich gefunden habt? Macht euch mal keine Sorgen. Ich freu mich für euch!“ Und aus seiner Stimme sprach so viel Wahrheit, dass die Braunhaarige jetzt doch noch anfing zu weinen, allerdings lächelte sie dabei. Diese paar Worte hatten sie beruhigt, ihr eine unbewusste Angst und damit ein Tonnenschweres Gewicht von den Schultern genommen. „Wir hatten schon Angst, dass du dich ausgeschlossen fühlen könntest.“, schniefte sie und man konnte die Erleichterung hören. Von Harry kam ein abfälliges Lachen. „Nein, ganz und gar nicht. Ich hatte soviel nachzudenken, dass es mir zeitweise ganz recht kam.“ Dann folgte eine kleine Pause, in der er sich hinterm Ohr kratzte. „Auch wenn ich manchmal schon das Gefühl hatte, überflüssig zu sein.“ Dann grinste er verlegen. „Aber nur manchmal.“ Die beiden Liebenden wechselten einen Blick. „Das hättest du uns doch sagen können!“, sagten sie unisono. „Das haben…“ „Um mir den Spaß entgehen zu lassen, darüber Bescheid zu wissen, dass ihr zusammen seid, während ihr glaubt, es wäre noch ein Geheimnis? Ich dachte, ihr kennt mich besser!“ Wie kam es eigentlich, dass sie jetzt das Gefühl hatte, zwischen ihnen sei das Eis, das sich seit unbestimmter Zeit zwischen ihnen befunden hatte, gebrochen und es wäre wieder wie früher? Hermione lachte glücklich, wischte sich den letzten Rest Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln, dann fiel sie ihm um den Hals und umarmte den Schwarzhaarigen einmal ganz fest. Als sie sich kurz darauf wieder von ihm und seinem beruhigenden Schulterklopfen gelöst hatte, begann Ron plötzlich zu grinsen. Das Bild gerade hatte ihn wieder daran erinnert. „Was ist jetzt eigentlich mit deiner Freundin?“ Harry verschluckte sich, begann zu husten und gleich darauf zu würgen. „Was für ’ne Freundin?“, presste er schließlich unter immer noch währenden Anfällen heraus. „Wovon redest du?“ „Ach komm schon, das ist doch so was von offensichtlich. Dieses Ding, dann dein Verhalten…“ Hermione warf dem Rotschopf einen mahnenden Blick zu. Das ging doch irgendwie zu weit, wenn Harry eigentlich nicht davon sprechen wollte. Und sie wollte diese neu gewonnene Vertrautheit mit ihm nicht gleich wieder aufs Spiel setzen. Ron jedoch dachte über derlei Probleme gar nicht nach. „Warum sollstet du sonst ständig verschwinden und ganz allein ‚trainieren’ gehen?“ Kam das wirklich so rüber?! Harry war mittelmäßig entsetzt. Das war doch nicht wahr! Wo er Draco doch auszuweichen versuchte, weil er vorhatte, sich von ihm fernzuhalten! Wieso wirkte es auf seine Freunde, als ob er sich zurückzog, um die vermeintliche Freundin zu treffen? Das war ja wohl nicht wahr! „Will sie immer noch nicht, dass jemand davon erfährt?“ Es kam keine Antwort. „Oder ist es vielleicht eher so, dass du nicht willst, dass jemand davon weiß?“ ‚Nahe dran, Ronnie-Spatz.’, dachte Harry, dann wurde seine Miene überlegend. Wollte er tatsächlich nicht, dass es publik wurde? Wahrscheinlich. Und warum nicht? Weil Draco es nicht wollte? Wahrscheinlich schon. Weil das Triezen dann auch auf ihn abfärben könnte und er ihm das nicht antun wollte? Wahrscheinlich schon. Weil er Angst davor hatte, was seine Freunde dazu sagen könnten? Dass sie ihn dann hassen könnten, wie der Rest der Schule es schon jetzt tat? Wahrscheinlich schon… oder? „Treffer!“, bemerkte Ron in diesem Moment und Harry schreckte auf. Und auch wenn er im ersten Moment nicht wirklich zuordnen konnte, was Ron meinte, wurde es ihm schnell klar: Er hatte sich verraten, ohne etwas gesagt zu haben! Mist! Er sollte wirklich mehr auf sein Mienenspiel achten! „Warum? Ist sie so hässlich?“, sprach der Rotschopf in leichtem Unverständnis, während er überlegte, ob es jemanden so hässliches an der Schule überhaupt gab. Ihm fiel auf Anhieb nicht wirklich jemand ein. „Ich bin blind, Ron!“, entgegnete Harry vorwurfsvoll. „Das macht doch nichts! Schließlich versteckt man etwas, damit es andere nicht sehen.“, argumentierte der Rotschopf, als wäre das völlig klar, fügte dann allerdings nahtlos an: „Aber wohl eher nicht. Vielleicht ist es ja jemand mit schlechtem Ruf?“ Oh, oh, nahe, nahe… „Vielleicht ist es… Harry, es ist nicht wirklich jemand aus Slytherin, oder?“ Harry begann zu lachen, obwohl er am liebsten geschrieen hätte, dass es nicht wahr war. „Wie kommst du denn auf so ’ne Idee?“ Rons Blick wurde scheel, während Hermiones Augen sich ungläubig weiteten. „Ist nicht wahr!“ ‚Verloren!’, dachte Harry amüsiert und gleichzeitig legten sich dunkle Schatten über seine Augen. Er wusste genau, dass er diesen beiden nichts vormachen konnte. Jetzt nicht mehr. Jetzt hieß es nur noch abwarten, ob er Glück hatte oder ob sie ihm die Freundschaft kündigten, wenn sie die ganze Wahrheit erfuhren. Hermione jedenfalls war etwas feinfühliger als Ron mit seinem Unglauben. „Ist sie es denn wert?“ War er das? War Draco Malfoy es wert, dass er ihn liebte? Er… schon, aber das Risiko, das damit verbunden war nicht wirklich. Das Risiko, dass man sie entdecken und hassen könnte… Das Risiko, dass Voldemort am Ende tun konnte, was immer er wollte, weil er Draco in seiner Hand und damit ihn selbst unter Kontrolle. Und immerhin hatte er sich doch geschworen, Abstand zu halten, damit ihn nichts mehr von seiner Aufgabe abhielt, herauszufinden, was der Dunkle Lord trieb. Oder? „Du bist dir nicht sicher.“, stellte das braunhaarige Mädchen sachlich, ruhig und ohne jegliche Bewertung fest. „Deshalb hältst du es auch geheim.“ „Wer ist es?“, stellte Ron nun die Frage, die sie beide brennend interessierte, doch diesmal schaffte Harry es wieder, die Maske aus Undurchsichtigkeit und Lächeln aufzusetzen, ohne vorher etwas zu verraten. „Es ist geheim.“ „Und du kannst es selbst uns nicht sagen?“ „So ist es. Es wäre gegenüber der besseren Hälfte nicht fair.“ Malfoy die bessere Hälfte… nun ja, besser als Lügen, denn besser als er selbst war er allemal. Immerhin hatte er bereits seinen Weg gefunden und sich von der dunklen Seite der Macht abgewandt. „Ist wohl einleuchtend.“, grinste der Rotschopf schließlich. „Dir ist doch aber klar, dass wir unsere Augen jetzt aufsperren werden?“ Harrys Lächeln wurde breiter und ein klein wenig liebevoll wegen der netten Warnung. „Viel Erfolg.“, wünschte er, dann umarmten die beiden ihn noch einmal. An diesem Abend hatte Harry tatsächlich Probleme Ron und Hermione abzuschütteln, die ihm ganz und gar unauffällig folgten. Und sie waren so hartnäckig, dass er sich um volle fünfzehn Minuten verspätete, weil er durch das halbe Schloss laufen musste, um sie loszuwerden. Snape war ungehalten. Was ihm einfiele, ihn warten zu lassen! Doch Harry entschuldigte sich nur und so gab er ihm einen neuen Zauber zum Üben. Einen besonders schweren und fiesen. Es war dieser Zauber und die damit verbundenen Probleme Harrys, die Draco zur Weißglut trieben. In seinem heutigen Reaktionsduell mit Snape bombardierte er den Lehrer mit dermaßen vielen Zaubern in so kurzer Zeit, dass dieser ein Allroundschild errichten musste, um nicht doch noch von einem Querschläger getroffen zu werden. Doch es verfehlte seine Wirkung, Snape für seine Gemeinheit büßen zu lassen, ganz und gar. Der Schwarzhaarige war sogar noch positiv beeindruckt und befand, dass er reif war für die nächste Lektion. Er brachte ihm im Laufe des Abends den soeben benutzten Allroundschild bei. Währenddessen übte Harry verbissen, bekam es ab und zu sogar auf die Reihe, seinen Magiefluss soweit zu drücken, dass es kaum kribbelte. Und dann auch wieder nicht. Es war zum Verrücktwerden! Wenn seine Konzentration auch nur für eine Millisekunde nachließ, war der Schmerz, der durch seinen Körper jagte, beinahe unerträglich, zwang ihm meist zu einer Pause, in der er sich sammeln musste und sich darüber ärgerte, dass er so schwach war. Kikuileh flog die ganze Zeit besorgt um ihn herum und versuchte die Schmerzen zu lindern, doch sie war machtlos, denn ihre Magie war nicht dafür geschaffen, solcherlei Dinge zu tun. Um zweiundzwanzig Uhr entließ Snape die beiden Jungen, müde und fertig wie sie waren. Harry fielen fast im Stehen die Augen zu und er machte, dass er schnell vorwärts und ins Bett kam. Das war zumindest sein Plan gewesen. Doch Draco machte sein Vorhaben vom Vormittag wahr und hielt ihn auf. Er näherte sich ihm von hinten und griff dann einfach nach seiner Hand, zwang ihn dadurch mit sanfter Gewalt stehen zu bleiben. Warm war die Hand. Sie war wirklich angenehm warm. Und sie allein war schon Grund genug, dass er keine Lust mehr verspürte, weiterzugehen. „Hast du kurz Zeit?“, kam die etwas verspätete Frage von Draco, doch eine Antwort wartete er nicht wirklich ab. Harrys Hand loslassend trat er noch einen Schritt näher und schloss den Schwarzhaarigen in seine Arme, ganz locker und leicht schmiegte er sich von hinten an ihn. Und es freute ihn zu spüren, dass Harry sofort nachgab und sich ebenfalls gegen ihn lehnte. Er vergrub seine Nase in dem seidigen Haar. Es tat so gut, wieder in seiner Nähe zu sein, ihn endlich wieder spüren zu dürfen! Wann hatte er das das letzte Mal tun können? Es schien ihm viel zu lange her. Viel zu lange… „Wie geht es dir?“, wollte er leise wissen, als er Harrys Körper sich schwer gegen ihn lehnen fühlte, ihn seufzen hörte. Harry seufzte erneut, antwortete nicht sofort. Aber dann lächelte er plötzlich. „Momentan gut.“, sagte er, rieb seinen Kopf sachte an Dracos Kinn, um diese Aussage ein wenig zu unterstreichen. Und der blonde Junge verstand den Wink. Momentan. Hier. Jetzt. In seinen Armen. Er lächelte ebenfalls, glücklich über dieses Zugeständnis, doch hielt seines nur für Sekunden, bis ihm klar wurde, was das genau hieß: Nicht immer. Nur jetzt. Harry kam mit der Situation nicht wirklich klar. „Ich weiß.“, murmelte er schließlich leise, verstärkte den Druck um Harrys Mitte, weil er sonst nichts für ihn tun konnte. „Ich kann es sehen.“ Der Schwarzhaarige schwieg daraufhin. Was sollte er auch groß sagen? Sie standen noch fast zwanzig Minuten so da, dann löste Draco langsam die Umarmung, griff wieder nach Harrys Hand, der ein klein wenig enttäuscht die Lippen verzog. „Komm, ich bring dich noch nach Hause.“ Nickend folgte der Junge, der lebt, der sanften, liebevollen Stimme. Irgendwo in seinem Oberstübchen schrie sich eine andere Stimme heiser, dass er schon wieder einen Fehler machte, dass er lieber auf Nachrichten aus der bösen Zone warten sollte, damit er die Welt davor warnen konnte, doch dafür hatte er heute nicht mehr genug Kraft. Momentan wollte er bei Draco sein. Nur bei ihm. Und so verklang die Stimme unbeachtet in der sich auftuenden, wohligen Leere der Gedanken. Viel zu schnell erreichten sie ihr Ziel. Draco blieb stehen und drehte sich um, ließ Harrys Hand jedoch nicht los. Er betrachtete das außergewöhnlich schmale, blasse Gesicht, sah die grünen Augen geradeaus starren. Wann hatte sich Harry das eigentlich angewöhnt? Vor kurzem hatte sein Kopf doch noch die Bewegungen der Sehenden mitgemacht und den Gesprächspartner fixiert, wo er ihn vermutete. Das war jetzt aber nicht mehr so. Den Kopf leicht gesenkt wirkte er lauschend wie ein Blinder --- der er ja auch war, wie es Draco bitter wieder ins Gedächtnis kam. Mit einem Finger hob er Harrys Kinn ein wenig an, um ihm doch noch in die Augen sehen zu können. Leer und von gewohnt leuchtender Farbe. Wunderschön. Zum darin Versinken. Auch wenn sie sehend noch schöner gewesen waren. Seine andere Hand strich die losen Haare, die in dünnen Strähnen vor dem Gesicht hingen, zur Seite und klemmte sie hinter die Ohren, fuhr anschließend mit einem Finger die Narbe auf der Stirn entlang, die sich als heller Strich auf Weiß von der übrigen Haut abhob. Er beugte sich hinab und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Soll ich vielleicht mit Snape…“ Noch bevor er ausgesprochen hatte, schüttelte Harry traumwandlerisch den Kopf. „Ich schaff das allein!“, sagte er, blinzelte einmal und war dann wieder wach. „Ich habe dir doch mein Ehrenwort gegeben!“, fügte er im Brustton der Überzeugung an. Draco nickte nachdenklich. Ja, das hatte er versprochen, aber… „Würdest du mir noch etwas versprechen?“ Argwöhnisch zuckte Harry mit den Schultern. „Was denn?“ „Nimm mich mit, wenn du zu IHM gehst.“ Die Bitte löste Schweigen aus und Harry senkte den Kopf. Mitnehmen… Draco wollte mitkommen. Zu Voldemort und den Todessern. Wie sollte er ihn denn da beschützen und das Versprechen wahr machen? Wie sollte er kämpfen, wenn er gleichzeitig darauf achten musste, dass Draco nichts passierte? Als das Schweigen anhielt, begann der Slytherin zu lächeln. Er hatte so was schon erwartet. Nachdem, was er mit Diggory erlebt hatte, war es auch nur zu verständlich. Harry ging davon aus, dass der Dunkle Lord ihm nichts anhaben konnte, aber das galt für ihn, nicht für andere. Das hatte er ihm ja schon erklärt. „Ist schon gut.“, lenkte er dann plötzlich leise ein, weich, sanft, und strich ihm mit dem Handrücken über die Wange. „Überleg es dir in Ruhe. Du wirst ja wohl nicht gleich gehen.“ „Warum willst du überhaupt mit?“ Harry klang verbittert, hatte den Kopf gesenkt. „Was ist so toll daran, in eine Horde von Todessern zu marschieren?“ „Das fragst ausgerechnet du mich?“, lachte der Blonde verschmitzt, seine Augen weiteten sich einen Moment. „Wo du das doch schon viel länger vorhast als ich!“ „Bei mir ist das was anderes. Ich kann und werde ihn besiegen! Und die Todesser rühren mich nicht an, weil er es ihnen verboten hat!“, rief er, seine Hände zu Fäusten geballt, und sein Kopf schnippte wieder hoch. „Du… du wärst ihnen schutzlos ausgeliefert!“ „Ich will meinen Vater erledigen!“ Harry blinzelte. Dracos Worte hatten ihn ausgebremst. Sie klangen so sachlich, so überzeugend, dass er es einfach nur glauben konnte. Aber… „Warum? Was hast du davon?“, fragte er verzweifelt. Eine seiner Hände krallte sich in Dracos Umhang. „Wieso ist dir das so wichtig, dass du deshalb dein Leben riskierst?“ „Rache?“, grinste Draco. Seine Augen blitzen vor Schalk. Es amüsierte ihn irgendwie, dass Harry ihm Fragen stellte, die man ihm selbst genauso gut hätte stellen können und auf die er mit Sicherheit auch keine überzeugende Antwort parat haben würde. „Wieso Rache? Was hat er dir getan?“ „Hast du es schon vergessen?“ Die blinden Augen weiteten sich, als Harry sich erinnerte, die schlanken Finger lösten sich aus dem Stoff von Dracos Umhang, so dass die Hand unschlüssig in der Luft hing. „Du hast Dudley verschont…“, flüsterte er tonlos. „Und er wollte dich dafür umbringen.“ Nicken. „Deswegen soll auch keiner erfahren, dass wir…“ Die Hand fand ihren Weg zu seinem Mund, drückte sich fassungslos darauf. „Sie wissen noch nicht, dass du die Seite gewechselt hast!“ Wieder nickte der Blonde, fing schließlich die herumgeisternde Hand ein, platzierte einen sanften Kuss auf die Fingerkuppen. „Sie würden dich lynchen, wenn sie es wüssten!“ „Jetzt hast du es verstanden.“ Dracos Grinsen war reichlich schmerzlich geworden. Eigentlich wäre es ihm lieber gewesen, hätte Harry es nicht gewusst. „Wieso hast du es mir nicht einfach gleich gesagt?“, fragte dieser zitternd. „Ich hätte es doch verstanden!“ Draco zog ihn in seine Arme, lachte leise und hohl. Es war nicht gut, wenn irgendjemand davon wusste, denn jeder konnte sich verplappern. Und er war nicht der Typ, der grundlos vertraute, auch wenn Harry dieses Vertrauen hundertmal wert wäre. Es war nicht so einfach für ihn. „Entschuldige.“, flüsterte er ihm ins Ohr. Auf Harrys Gesicht legte sich ein Lächeln, das fast schon verzweifelt war, als er die Arme um seinen Freund schloss. Draco befand sich in so großer Gefahr! Wenn die Slytherins mitbekamen, dass er die Seite gewechselt hatte… Sekundenlang umarmten sie einander, dann trat Draco zurück und schob Harry ein Stück von sich. „Wir gehen wohl besser.“, sagte er belegt. „Wenn sie uns jetzt noch erwischen, gibt’s so richtig Ärger.“ Harry nickte, verbannte die Sorge aus seinem Mienenspiel, reckte sich noch einmal auf die Zehenspitzen und drückte Draco einen weichen, flüchtigen Kuss auf den Mund, bevor er sich umdrehte und davonlief. Der Slytherin sah ihm nachdenklich nach. Ob das gut ging? Er glaubte zwar nicht daran, dass Harry es jemandem erzählen wollte, aber… Wenn man ihn gerade erlebt hatte, dachte man nicht daran, aber Harry veränderte sich immer mehr. Nicht nur, dass er sich auf ihn einließ und kaum mehr danach fragte, ob er es nun erst meinte oder nicht, dass er eine Art entwickelte, die ihn geistig weit über den anderen stehen ließ und ihn schon fast wie Nebel so mysteriös machte, wenn er sich mal dazu äußerte, nein, er veränderte sich auch körperlich. Harry war dünner geworden. War es ihm schon zu Anfang der Schulzeit aufgefallen, hatte er seit ihrer gemeinsamen Nacht Bestätigung und wurde bei jeder Umarmung erneut dran erinnert. Harry war richtiggehend abgemagert und das lag nicht nur an dem Wachstumsschub, den Jungen in ihrem Alter gemeinhin hatten. Er aß zu wenig und mutete sich zu viel zu. Draco seufzte. Wollte er doch mal sehen, ob er das nicht ändern konnte. ---------------------- ++++++++++++++++++++++ So, diesmal kann sich wirklich keiner beschweren. Es ist lang, hat nicht allzu lange gedauert… ^^ ich hab mir große Mühe gegeben, konnte aber einfach nicht widerstehen, Snape ein bisschen fies werden zu lassen. Er ist eh schon viel zu freundlich! Es war gar nicht so einfach, Hermione und Ron da mit rein zu bringen und zu verdeutlichen, dass sie sich mit der momentanen Situation nicht wohl fühlen, ich hoffe, das ist mir geglückt. Wenn nicht… tja, dann werde ich ausgiebig fluchen und es noch einmal probieren ^^ bleibt mir ja auch nichts anderen übrig! Gewitterleuchten über Hogwarts ------------------------------ Titel: Gewitterleuchten über Hogwarts Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 22: Gewitterleuchten über Hogwarts Der Dienstag verlief im Grunde ereignislos. Der Unterricht war bedrückend wie immer, was Harry nicht daran hinderte, beinahe glücklich über den Umstand zu sein, dass weder bei Pflege magischer Geschöpfe noch bei Geschichte gezaubert werden musste. Er fühlte sich ausgelaugt und noch immer müde und wollte sich seine Konzentrationsfähigkeit für wichtigere Zauber aufheben. Wer wusste schon, was sonst mit diesem dämlichen Armband passierte… Dieses Vorhaben konnte er allerdings nur solange durchziehen, bis er nach dem Mittagessen in Flitwicks Unterricht kam. Der Mann erklärte ihnen gleich zu Anfang, sie würden angesichts der kritischen Lage außerhalb von Hogwarts nun Überlebenszauber lernen, was von allen sehr begrüßt wurde, und demonstrierte ihnen sogleich den ersten: einen Heilzauber gegen eiternde Wunden. An der Ausführung wäre Harry fast verzweifelt. Er spürte deutlich, dass die Magie floss, immer wieder, bei jedem Versuch penetrant und beinahe unangenehm kribbelnd seinen Arm durchströmte, aber die Wirkung blieb im Endeffekt aus. Er versuchte es mit mehr Energie, doch auch das funktionierte nicht, nur das Kribbeln wurde zu einem schmerzhaften Ziehen. Und als er beim sechsten Mal alle Kraft hineinlegte, brach er vor Schmerzen zusammen, was ihm von Flitwick nur ein verächtliches Schnauben einbrachte. Man konnte regelrecht fühlen, dass der Lehrer ihm die Flucht wegen der Fee noch nicht so ganz verziehnen hatte. Hermione dagegen war besorgt. Wie üblich hatte sie keine Probleme gehabt mit dem Zauber, und auch Ron bekam ihn hin. Wieso also Harry nicht? Er schaffte doch sonst immer alles! Und soweit sie das gesehen hatte und beurteilen konnte, machte er alles richtig! Die Zauberstabführung, die Aussprache… „Was ist los, Harry?“, wollte sie wissen. „Geht es dir wieder nicht gut?“ Er sah unbestreitbar blass aus und Mme Pomfrey hatte sie doch gewarnt. Aber der Junge, der lebt, verneinte. „Alles bestens.“, sagte er. „Ich habe nur… Probleme mit diesem… Spruch.“ Langsam und mit ernstem, deutlich angespanntem Gesicht richtete er sich wieder auf, entspannte sich willentlich. Sie nickte bloß, beließ es dabei, obwohl sie ihm nicht glaubte, aber sie wollte ihn nicht schon wieder bedrängen. „Möchtest du es nach dem Abendbrot vielleicht noch einmal probieren?“ Harry seufzte. „Ja. Bitte bring ihn mir bei!“ Er klang dabei so flehend, dass sie lächeln musste. Und so verabredeten sich die drei Freunde für abends am See. Zwei Stunden später war Harry auf dem Weg dorthin. Er wollte ein bisschen früher da sein, um noch ein wenig für sich allein zu trainieren, doch aus diesem Vorhaben wurde nichts. Fred und George hielten ihn auf, kaum dass er aus dem Schloss getreten war. „Sag, Harry, hast du kurz Zeit für uns?“, fragte George zaghaft und Kikuileh berichtete Harry, das er von einem Fuß auf den anderen trat. War er nervös? Weshalb? Harry nickte bestätigend und hörte, wie beide im Zuge der Erleichterung synchron die Luft ausstießen. Was war denn los mit den beiden? „Lass uns ein bisschen gehen.“, schlug Fred betont locker und gleichmütig vor und im nächsten Moment wurde er von beiden eingehakt und in Richtung Rosengarten gezogen. „Wir wollten dich etwas fragen.“, kam George gedehnt dem Grund für dieses mysteriöse Verhalten näher. „Ja, wir haben da eine Befürchtung.“, übernahm Fred das Gedruckse. „Seit dem Halloweenball.“ Harry wurde mulmig. Wussten sie vielleicht, dass er ihnen das mit Percy verschwieg? Ahnten sie etwas? Hatte Dumbledore es ihnen verraten und sie wollten es jetzt noch von ihm hören, um sicher zu gehen? Er wollte es nicht sagen! Ihnen nicht und auch sonst niemandem! Niemals! Er wollte es unter gar keinen Umständen aussprechen! „Du hast da so alleine gesessen.“, unterbrach Fred die befürchtenden Gedanken. „Als hättest du…“ „… na ja, auf jemanden gewartet…“ Da ging das Gespräch nun in eine ganz andere Richtung, als er gedacht hatte. Was wollten die Zwillinge von ihm? Musste er Angst haben, dass sie ihm einen ihrer fiesen Streiche spielten? „Wir haben gesehen, dass dich viele Mädchen angesprochen haben.“ Das war jetzt wieder George. „Aber du hast keines rangelassen.“ Fred. „Und am nächsten Morgen…“ „…hast du so seltsam reagiert…“ Mussten die sich immer abwechseln? Dieses bruchstückhafte Gerede nervte. „…als wir dich darauf angesprochen haben.“ Harry lauschte angespannt. Was sollte dieses Gedruckse überhaupt? Die redeten doch sonst immer gezielt Klartext, hatten nie Hemmungen. Was genau wollten sie von ihm? Worauf lief das hinaus, wenn sie irgendwann da ankommen sollten, wo sie hinwollten? Bisher hatte er den Sinn noch nicht gefunden. So ernst erlebte man die sonst so spritzigen Zwillinge nicht oft. „Dann verschwindest du immer wieder spurlos…“ „…sodass nicht einmal Ronnie weiß, wo du steckst.“ Oh, dieser Satz klang aber verzweifelt. George schien sich wirklich Gedanken zu machen. „Und da haben wir uns gefragt…“ „Wir… nun ja…“ Nein, sie waren verlegen. Nicht verzweifelt, sondern ganz eindeutig verlegen. „Wir wollte wissen…“ „…ob es da tatsächlich jemanden gibt…“ „…der dir viel bedeutet?“ Sie hatten angehalten, hauptsächlich weil Harry wie vom Donner gerührt stehen geblieben war, und sahen ihn ein wenig schüchtern an. Sie hatten sichtlich ein schlechtes Gewissen wegen dieser Frage. „Ich meine… wir machen dir keinen Vorwurf oder so, aber…“, fuhr Fred fort, als Harry keine Anstalten machte, ihnen zu antworten. „…es hat uns nur beschäftigt, schließlich ist Ginny in dich verliebt und…“ „…sie macht, seitdem sie den Korb von dir bekommen hat, nur noch Blödsinn.“ „Lässt sich auf Jungen ein, die es nicht ernst meinen mit ihr, wie mit diesem Chris Grotney.“ „Sie…“ „Fragt ihm mich das tatsächlich, weil ihr euch Sorgen um sie macht?“ Harry konnte es nicht glauben. Was sollte dieses Gedruckse, wenn es nur darum ging? Das war total dämlich! Sie hätten ihn doch einfach direkt fragen können. Und außerdem… „Was kann ich dafür, dass sie sich mit Jungen trifft, weil ich sie nicht wollte? Wollt ihr euch vielleicht beschweren, weil sie nicht genügend Angst vor Voldemort und seinen Plänen hat und deshalb nicht in Angst ertrinkt? Seid doch glücklich. Ihr solltet euch freuen, wenn sie weiter lebt und ihr Leben genießt!“ „Ähm…“ Die zwei Rotschöpfe wechselten einen Blick. „Deshalb fragen wir auch nicht. Jedenfalls nicht wirklich…“ Harry rollte mit den Augen. „Warum dann? Was geht es euch an, ob und wen ich liebe?“ „Nun ja.“ George warf erneut einen Hilfe suchenden Blick zu Fred. „Das ist so. Wir…“ „Ja, wir…“ Harry verdrehte erneut genervt die Augen. Wieso zum Teufel konnten die beiden nicht einfach sagen, was sie wollten und mit der Rumdruckserei aufhören? Das war doch nicht mehr zum Aushalten. Und sicherlich warteten Hermione und Ron längst auf ihn. „Also.“, fing Fred erneut an, atmete einmal tief durch. „Gibt es da jemanden?“ Harry seufzte. Was sollte er denn jetzt tun? Fred klang so hoffnungsvoll, so… Moment. Hoffnungsvoll? Auf was hoffte er? … Die beiden, denn sie verfolgten offensichtlich das gleiche Ziel. Hofften sie, dass er jemanden hatte? Oder dass nicht? Und dann: Warum hofften sie? Und als Kikuileh ihm sagte, dass die beiden Jungen ihn beinahe flehend ansahen, wurde das mulmige Gefühl zu bedrückender Beklemmung. Was war da los? „Weshalb…“ Er kam nicht dazu, diesen Satz zu beenden. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter, fühlte, wie Fred ihn an sich zog, wie sich seine Arme von hinten um seine Schultern legten. Dann fühlte er warmen Atem auf seiner Wange, bevor sich weiche Lippen auf seine legten. George küsste ihn. Harry roch den leichten Duft der verblühenden Rosen um sich herum, roch den Atem des anderen und fühlte, wie Fred ihn sachte streichelte, ihm durch das lange Haar fuhr. Im Hintergrund nahm er ein leises Summen wahr. Dann ließen sie plötzlich beide wieder von ihm ab. „Verstehst du nun?“ Harry war den Tränen nahe. Die beiden… seine Freude hatten sich in ihn verliebt? Wann? Warum? Und wieso gleich beide? Was sollte das? Und… Die erste Träne bahnte sich ihren Weg seine Wange hinab und sie wurde sanft weggewischt. „Harry, es… es tut uns leid, wir…“ Die stotternd gesprochenen, zerknirscht klingenden Worte lösten Harrys paralyseartige Erstarrung. Bewegung kam in ihn, er wand sich aus Freds Griff, duckte sich unter seinen Armen hinweg und ging ein paar Schritte rückwärts, bevor er sich umdrehte und davonrannte. Fred und George wechselten einen Blick. Sie waren sich einig, dass das gerade ein Fehler gewesen war und dass sie es möglichst schnell bereinigen mussten, wenn ihnen etwas an Harry lag und das tat es ganz sicher. Schon vor langer Zeit waren sie still zu der Übereinkunft gekommen, dass es Harry war, den sie sich auserkoren hatten, nur hatten sie sich bisher nie getraut, es ihm zu sagen. Jetzt aber wusste er es und brauchte vielleicht etwas Zeit, es zu begreifen, aber dann… Nun, es würde sich zeigen, ob sie Chancen bei ihm hatten. Sie hofften nur, dass Harry der gleichgeschlechtlichen Liebe nicht zu viele Vorurteile entgegenbrachte… auch wenn es danach nicht wirklich ausgesehen hatte? Harry unterdessen rannte noch immer, sein Ausdruck erstarrt wie eine Maske aus erkaltetem Wachs. Er war wieder im Schloss, lief gerade durch die Eingangshalle, als Hermione und Ron hinaus wollten. Sie wechselten einen Blick. Harrys Gesicht war eine einzige Maske der Verwirrung gewesen. Was war denn da passiert? Noch eine Sekunde, die sie für eine entsprechende Reaktion brauchten, dann liefen sie ihm nach, holten ihn schon im nächsten Gang ein, wo er vergeblich versuchte eine Tür zu öffnen. Hermione übernahm wie selbstverständlich jene Aufgabe und wandte kommentarlos den Alohomora an, dann schob Ron den widerstrebenden Harry durch die Tür in den dahinter liegenden Klassenraum, der völlig zerstört war. Offensichtlich hatte hier Peeves, der Poltergeist, gewütet. Schnell reparierte Hermione drei Stühle und Ron zwang den schon wieder flüchten wollenden Harry dazu auf einem davon Platz zu nehmen. Schon nach dem zweiten Versuch, einfach abzuhauen, ließ der Schwarzhaarige es widerstandslos geschehen. Als auch sie beide Platz genommen hatten, legte Hermione Harry die Hände auf die Knie. „Harry, was ist denn passiert? Wir wollten doch den Zauber üben!“ „Vergiss doch den Zauber!“, rügte Ron sie. „Wieso bist du so… aufgelöst?“ Er hatte tröstend einen Arm um Harry gelegt, die andere Hand ruhte Schutz bietend auf seiner Schulter. „Ist irgendwas passiert? Haben dich die Slytherin erwischt? Waren sie wieder fies zu dir?“ „Hat dich vielleicht Malfoy abgepasst?“ Harrys Augen weiteten sich. Daran hatte er ja noch gar nicht gedacht. Wie sollte er denn Draco jetzt noch unter die Augen treten? Jetzt, wo ein anderer ihn geküsst hatte? Jetzt wo er… ihm untreu geworden war! Draco würde ihm doch sicherlich… Seine Hände hoben sich zu seinen Ohren, um sie zu verschließen, wie er es in letzter Zeit immer häufiger tat, um seine Umwelt auszuschließen, doch Hermione wusste dies zu verhindern, indem sie seine Hände mit sanfter Gewalt festhielt und leicht drückte. „Harry, rede mit uns!“, beschwor sie ihn eindringlich. „Was ist passiert?“ Der Junge blinzelte verzweifelt, schüttelte dann schwach den Kopf, um zu zeigen, dass er es nicht sagen wollte, doch die Zwei fassten es falsch auf. „Natürlich ist etwas passiert!“, sagte der Rotschopf entrüstet. „Warum solltest du sonst heulen?“ Gerade wollte er widersprechen, dass er nicht heulte, da spürte er auch schon, wie eine Träne auf seiner Hand zerplatzte. Eine zweite und eine dritte folgten. „Ich…“, begann er, doch schon gingen ihm die Worte aus. Er fühlte sich so hilflos, so leer, so überfüllt, so… schmutzig! Er hatte Draco hintergangen! Mit einem leisen Schluchzer lehnte er seine Stirn gegen Rons Schulter. Auch wenn er sich selbst dafür verfluchte, dass er jetzt vor diesen beiden weinte und Schwäche zeigte, so war er doch glücklich und erleichtert, dass sie da waren, dass sie ihm Trost spendeten. Er spürte, wie Ron seine Umarmung festigte und auch Hermione schlang ihre Arme um seinen Hals und legte den Kopf auf seiner Schulter ab. Keiner der beiden sagte auch nur ein Wort, sie waren einfach nur für ihn da. Irgendwann, als längst alle Tränen versiegt waren, regte sich Harry wieder. Seine Wangen waren ein wenig verquollen und gerötet, doch er lächelte wieder, wenn auch nur schwach. „Danke.“, murmelte er, als Hermione ihn gerade losließ. Nur eine ihrer Hände verharrte noch ein wenig auf seiner Schulter, wie um zu sagen: Ich bin noch da. „Willst du uns jetzt vielleicht sagen, was passiert ist?“, versuchte es Ron noch einmal, doch Harry antwortete nur mit einem Kopfschütteln. „Reizüberflutung, vermute ich!“, lächelte das braunhaarige Mädchen lieb und Harry nickte, erleichtert, dass sie ihm eine plausible Erklärung geliefert hatte und er sich deshalb nun keine Gedanken mehr zu machen brauchte. „So was in der Art.“, stimmte er schwach zu. Hermione nickte, dann stand sie unentschlossen auf. „Wir sollten langsam zurückgehen. Es ist gleich Zehn!“, bemerkte sie zaghaft, wollte gerade jetzt niemanden drängen, doch auch Ron nickte und erhob sich gemeinsam mit Harry, der sich mit dem Ärmel über das Gesicht wischte, um die Tränenspuren zu beseitigen. Sie lächelte erneut. „Lass mich mal.“, sagte Hermione sanft, zog erneut den Zauberstab. „Lavatio!“, rief sie leise und Harry begann dankbar zu lächeln, fühlte er sich doch eigenartig erfrischt, nicht mehr so zugedunsen. Dann gingen sie und weder Ron noch Hermione nahmen es ihm übel, dass er sofort ins Bett ging. Die Zwillinge, die unauffällig in einer der weniger benutzten Ecken saßen und miteinander sprachen, sahen kurz zu ihm herüber und wünschten ihm mit seltsamem Tonfall eine Gute Nacht, doch obwohl Harry sekundenlang innehielt und überlegte, was er tun sollte, erwiderte er im Endeffekt nichts darauf, ging einfach hinauf. Oben legte er sich wie er war ins Bett und schlief augenblicklich ein, so erschöpft hatte ihn die Heulerei. Als Harry, Ron und Hermione am Mittwochmorgen zum Frühstück gingen, wurden sie von Mme Pomfrey abgefangen. Die Medihexe, so Kikuileh, sah deutlich aufgeregt aus und wenn der Schwarzhaarige ehrlich war, dann konnte er die Aufregung auch körperlich sehr deutlich spüren. Schon beim Näherkommen konnte sie mit ihren Neuigkeiten kaum hintern Berg halten. „Mr Potter! Mr Potter! Ich habe grandiose Nachrichten für Sie! Kommen Sie bitte sofort mit! Wir haben vielleicht ein Heilmittel für Ihre Augen gefunden!“, hyperventilierte sie. „Kommen Sie, beeilen Sie sich! Der Trank ist kompliziert und…“ Noch im Sprechen packte sie Harry an der Schulter und zog ihn hinter sich her. „…wir dürfen keine Zeit verlieren!“ Hermiones Gesicht zeigte nach einer ersten Schrecksekunde absolute Erleichterung, Freude und Glück. Sie lief hinter den beiden her und jubilierte förmlich. „Harry, das ist ja klasse! Du wirst wieder sehen können!“, prophezeite sie und malte sich schon jetzt aus, wie das Leben auf Hogwarts dann werden würde. „Ja, dann kannst du es endlich allen zeigen!“, rief Ron übermütig. „Wir werden…“ „Sie beide werden hübsch brav zum Unterricht gehen!“, bestimmte Mme Pomfrey, ihn rigoros unterbrechend. „Los, verschwinden Sie! Ich schicke Ihnen Mr Potter, sobald die Kur vorbei ist!“ Damit dirigierte sie ihren Patienten weiter, doch die beiden Freunde gaben nicht so schnell auf. „Wann wird das sein?“, fragte das Mädchen aufgeregt. „Und wie…“ „Verschwinden Sie! Sofort! Wir benötigen absolute Ruhe!“, fiel ihr die Frau ins Wort und fegte sie mit einer Geste geistig weg. Harry begann zu lachen. „Macht euch keine Sorgen!“, rief er seinen Freunden zu. „Ich melde mich bei euch!“ Dann verschwand er mit Mme Pomfrey im nächsten Gang. Ron und Hermione blieben zurück. Sekundenlang schweigend. Dann: „Hast du das gehört, Mione? Harry wird wieder sehen können!“, jubelte der Rotschopf und lachte. Er klatschte in die Hände und jauchzte einmal, bevor er den Schritt auf sie zuging, sie hochhob und einmal herumwirbelte. „Er wird wieder gesund!“ Hermione lächelte, mindestens ebenso glücklich. „Vielleicht.“, dämpfte sie Rons Enthusiasmus, aber man konnte in ihrer Stimme hören, dass sie selbst kaum davon ausging, dass es schief laufen könnte, dafür vertraute sie Mme Pomfrey zu sehr. Harry würde wieder sehen können! Garantiert! Währenddessen erreichte Harry mit seiner hibbeligen Begleitung den Krankenflügel. Er war aufgeregt, ganze Horden von Schmetterlingen tanzten Salza in seinem Bauch. Mme Pomfrey hatte tatsächlich eine Möglichkeit gefunden, seine Blindheit zu kurieren! Sie hatte es geschafft! Ein Trank war seine Rettung! Mme Pomfrey öffnete eine Tür und schob ihn hindurch, dirigierte ihn zu einem Bett ganz hinten, das sie, nachdem sie ihn sich hatte setzten lassen, mit einem schnellen Ruck am Vorhang vom restlichen Raum abtrennte. „Legen Sie sich hin.“, sagte sie, als ein Rascheln ankündigte, dass jemand durch den Vorhang zu ihnen kam. Harry wurde ganz anders und seine vorfreudegeschwängerte Laune verfinsterte sich etwas, als Kikuileh ihm mitteilte, wer genau es war: Snape. Was wollte der denn hier? Der war doch gar kein Arzt! Der durfte gar nicht hier sein! Er sollte verschwinden! Sofort! Er wollte nicht… „Sie erinnern sich sicher, dass es nötig ist, ihn festzubinden oder zu fixieren.“ Snapes monoton gehässige Stimme ließ Harry sich versteifen. Festbinden? Wenn dieser Horrorlehrer anwesend war? Ja nie im Leben! Nur über seine Leiche! Doch Mme Pomfrey teilte diese Meinung offensichtlich nicht. „Sie haben Recht, Severus.“, stimmte sie dem Lehrer zu, seufzte dann plötzlich. „Ach, wo hab ich nur meinen Kopf? Sie haben es mir doch ausführlich erklärt!“ Sie drehte sich wieder zu Harry um. „Haben Sie gehört, Mr Potter? Wir werden Sie fixieren müssen. Glauben Sie mir, das dient zu Ihrer eigenen Sicherheit!“ Langsam schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. „Ich will das nicht.“, sagte er. „Nicht wenn…“ „Hör mir mal zu, du Bengel!“, fuhr in diesem Moment Snape auf, unterbrach ihn, bevor er noch ein weiteres Wort hätte denken können, woraufhin ein entsetzt empörter Laut ob der Wortwahl von Mme Pomfrey erfolgte, den er schlicht und einfach überhörte. „Ich habe mehr als zwei Monate damit zugebracht, diesen vermaledeiten Trank für dich zu brauen und er hat nun mal Auswirkungen auf dich, die weniger schön sind, aber ich sage dir: Wenn du diesen Trank ablehnst, dann hat sich die Sache mit deinen Augen erledigt! Wenn du jetzt ablehnst, dir helfen zu lassen, wird keiner sich mehr darum kümmern, ob und wie man dir helfen kann, weil es eh nur reine Zeitverschwendung wäre! Also überlege dir gut, was du jetzt sagst!“ Seine Stimme war so leise, so drohend, so rau, dass Harry wie versteinert auf dem Bett saß und dem aufgebrachten Lehrer bange lauschte. Snape klang wirklich sauer und er hatte das unbestimmte Gefühl, dass der Grund dafür seine Ablehnung gerade eben war. War der Giftmischer etwa enttäuscht? Vor den Kopf gestoßen? Das passte ja nun so gar nicht in sein Bild über ihn. Aber andererseits… War Snape nicht auch nur ein Mensch? Hatte er nicht auf Gefühle? Und er hatte ja eben selbst gesagt, dass es ihn viel Mühe gekostet hatte, war doch nur logisch, dass er da wenigstens etwas… Dankbarkeit erwartete. Noch einen Moment zögerte Harry, bevor er sich aufreizend langsam hinlegte, Misstrauen im Gesicht. Wenn auch nur eine hinterhältige Aktion von Snape kam, dann würde er sich rächen. Und wie! Er spürte, wie Mme Pomfrey magische Fesseln um seine Brust, Arme und Beine legte. „Ist es auch nicht zu fest?“, fragte sie besorgt und Harry schüttelte den Kopf. Zu fest waren die Fesseln im Sommer gewesen, die an dem Grabstein… er kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf erneut, heftiger diesmal, um die Bilder zu vertreiben, die sich ihm unwillkürlich aufdrängten. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, kam sogleich wieder die besorgte Stimme der Blaulichthexe durch. Sie hatte anscheinend richtiges Muffensausen, was die Verabreichung dieses Trankes betraf. „Wenn es Ihnen nicht gut geht, müssen Sie es sagen!“ Harry war sich nicht mehr so sicher, ob er das wirklich wollte. „Es ist alles in Ordnung, Mme Pomfrey!“, erwiderte er allerdings entgegengesetzt zu seinen mulmigen Gefühlen, lächelte beruhigend. „Es waren nur… schlechte Erinnerungen.“ Sie nickte, meinte dann: „Sie müssen außerdem die Fee fortschicken. Es wäre zu gefährlich für sie, hier zu bleiben.“ Snape verdrehte die Augen. Wen interessierte denn schon dieses nervtötende Vieh? Sie vergeudeten hier wertvolle Zeit, dabei hatten sie doch eh schon kaum welche! Kikuileh war von der geäußerten Idee auch nicht so wirklich begeistert. Sie wollte nicht gehen, wollte ihm beistehen und ihn beschützen, war der Meinung, dass ihr nichts passieren konnte, da sie doch schon so viel Erfahrung hatte, doch Harry konnte sie schließlich überzeugen, dass er hier in besten Händen war und sie sich ruhig mal eine Auszeit nehmen konnte. Durch einen Fensterspalt flog sie ins Freie, woraufhin Snape mit einem zufriedenen Knurren das Fenster schloss. „Jetzt aber los!“, drängte er, reichte Mme Pomfrey den Becher, den er die ganze Zeit über äußerst vorsichtig gehalten hatte. „Uns läuft die Zeit davon!“ „Natürlich, Severus!“ Harry bekam den Becher an die Lippen gehalten und während die Frau vorsorglich seinen Kopf stützte, leerte er den süßlich schmeckenden Inhalt in einem Zuge. „Lecker.“, bemerkte er. „Gar nicht so übel, wie es sonst schmeckt.“ Snape schnaubte verächtlich. „Dafür wird die Wirkung umso schlimmer.“, unheilte er. „Du wirst es ja erleben!“ „Hören Sie nicht auf ihn.“, sagte Mme Pomfrey und schickte dem schwarzhaarigen Lehrer einen bitterbösen Blick. Ihre Patienten verunsichern. Soweit kam es noch! Dafür würde er noch etwas zu hören bekommen! „Es kann natürlich sein, dass es sehr schmerzhaft für Sie wird, aber es könnte genauso gut auch gar nichts passieren. Der Trank ist bisher zu wenig erforscht, um das genau sagen zu können.“ Harry nickte nur. Ließ sich dann endgültig zurücksinken. Auch wenn er nicht entspannt war, es war in Ordnung. Er würde wer weiß wie viele Schmerzen ertragen, wenn er danach wieder sehen konnte. „Wir werden jetzt auch gehen. Sie werden das schon schaffen.“ Damit raschelte der Vorhang und klappte die Tür, dann waren sie weg. Draußen vor der Tür blieb die Medihexe stehen und atmete dreimal tief durch. „Meinen Sie, dass es wirken wird?“, fragte sie unsicher. „Ich meine… Ist es das wirklich wert? Wir wissen doch gar nicht, wie sein Körper darauf reagieren wird!“ Achselzuckend wandte sich Snape ab und schlug die Richtung zum Beobachtungszimmer ein. „Jetzt können wir es nicht mehr ändern. Aber was soll schon groß passieren? Der letzte Patient hat nur wie wild um sich geschlagen, ist ein bisschen blau geworden, der davor hat eine unglaubliche Hitze verspürt und zu schweben begonnen… Potter wird da mit Sicherheit nicht zu sehr raus fallen.“ Nicht wirklich beruhigt nickte sie, als sie in das Zimmer traten, wo die Kristallkugel stand, mit der sie Harry beobachten wollten. Magie vom feinsten. Jetzt hieß es warten, bis etwas passierte. Und sie hoffte wirklich, dass nichts passierte, das dem Jungen schaden würde. Eine Viertelstunde später regte sich etwas im Krankenzimmer. Harry war vor ein paar Minuten eingeschlafen und hatte sich seitdem nicht mehr bewegt, doch jetzt zeigten sich erste Anzeichen für eine Wirkung. Zuerst war da nur ein leichtes Schimmern, das die Haut des Schwarzhaarigen erfasste, doch es wurde sehr schnell zu einem sehr hellen Leuchten, sein ganzer Körper glühte in einem bläulichgrünen Licht, schien selbst noch durch die schwarze Uniform hindurch, die er noch immer trug. Seine Haare begannen zu fliegen, was bewies, dass auch er zu schweben begann, dass er nur noch von den magischen Fesseln unten gehalten wurde. Dann setzte auf einmal ein leises, tiefes Brummen ein, das die Beobachter zuerst gar nicht wahrnahmen und dann plötzlich überdeutlich im Magen spürten. Der Ton vibrierte dermaßen stark, dass der Boden und die Wände zu zittern begannen. Es klirrte, als ein Glas zu Bruch ging, durch die Schwingung des Tisches zu Boden befördert. Und die ganze Zeit über war keiner der beiden Menschen in dem kleinen Raum fähig, sich zu rühren. Wie gebannt starrten sie in die Kugel, die Harry zeigte. „Wunderschön!“, brachte Mme Pomfrey schließlich atemlos heraus, was wiederum Snapes Starre löste. Er schnaubte. „Wie ein Glühwürmchen!“, bemerkte er sarkastisch, doch die in die Jahre gekommene Hexe antwortete gar nicht darauf. Zu sehr faszinierte sie der atemberaubende Anblick Harrys. Und dann gab es ein leises Plobb und die Übertragung brach ab, löste damit den Zustand von blinder Faszination, holte die Ärztin zurück auf den Boden der Tatsachen. „Was ist passiert?“, keuchte sie erschrocken, versuchte hektisch mittels Zauberstab das Bild wiederherzustellen. „Das war nicht geplant! Woher soll ich denn jetzt wissen, wie es ihm geht? Wie…“ Sie sprang auf, drehte sich um, hatte an der Kugel nichts erreicht, wollte jetzt persönlich nach ihrem Schützling sehen. Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Snape stellte sich ihr in den Weg. „Wollen Sie sterben?“, fragte er und in seinem Blick konnte man mit viel Erfahrung ebenfalls Sorge erkennen. In seinem Geist arbeitete es bereits, ob er bei der Zubereitung vielleicht etwas falsch gemacht hatte, was er übersehen haben könnte. „Sie wissen doch, zwei Stunden! Es ist zu gefährlich, jetzt da hineinzugehen!“ Es blitzte in der Kugel hinter ihr und Mme Pomfrey nickte verstört, wuselte wieder dorthin, versuchte erneut, das tote Ding wieder in Gang zu bringen, als das Glühen auf einmal wieder da war. Nicht in der Kugel… Es durchdrang die Wand, die ihres und Harrys Zimmer trennte, breitete sich schnell auf die Decke und den Boden aus, der Ton wurde durchdringender, als würde jemand unter Wasser Walen zuhören, nur ohne Höhen und Tiefen. Dann sprang ein Blitz von der Wand auf ein Gefäß über, das Wasser führte. Und plötzlich begriff Snape. „Oh Merlin! Er setzt Magie frei!“ Mme Pomfrey starrte ihn an. „Wie bitte?“ Unwirsch wischte er ihre Konfusion beiseite. „Potter! Er setzt Magie frei! Magische Energie! Er trägt dieses Armband und jetzt überträgt er die Strafe der Silberranke auf das Schloss!“ Nichts anderes konnten diese Blitze bedeuten! „Wie kommen Sie denn darauf? Wieso…?“ „Sie haben alle Magie eingesetzt! Jeder der Menschen, die den Trank genommen haben! Der eine schwebte, der andere brannte… je nachdem, wie viel Magiepotential er hatte. Potter hat eine Menge! Unerschöpflich viel! Er wird uns alle umbringen, wenn er so weitermacht! Wir müssen hier raus! Wir brauchen Abstand, bevor er uns erwischt!“ Wieder zuckte ein Blitz durch den Raum, während die beiden flohen. Auch auf dem Gang glühten die Wände, Blitze erhellten ihn in unregelmäßigen Abständen… „Was bei Merlin ist hier los?“ Dumbledore stand plötzlich vor ihnen, sah wütend aus, mächtig, wie er sie da fixierte. „Was hat das zu bedeuten?“ Snape erwiderte den forschenden, starren Blick. „Sie erinnern sich an den Trank?“, fragte er ruhig. „Diesen Heiltrank? Potters Selbstkontrolle ist gebrochen und er…“ Professor Dumbledore starrte die beiden Kollegen sekundenlang über seine Halbmondgläser hinweg fassungslos an, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle, übernahm sofort die Leitung, wie er es gewohnt war: „Evakuiert die Schule. Es hat schon auf das obere Stockwerk übergegriffen. Wer weiß, wie weit es noch geht! Alles sollen sich auf dem Qudditchfeld versammeln!“ Kein weiteres Wort kam von ihm. Er eilte den Gang hinunter, war kurz darauf in einem Seitengang verschwunden. Das Quidditchfeld war überfüllt mit verängstigten, lärmenden Schülern, die panisch durcheinander liefen und nicht wussten, was geschah. In einiger Entfernung stand die Schule, Hogwarts, ihr Heim. Es leuchtete und glühte pulsierend in einem warmen Grünblau, als würden wogende Tiefseewellen darüber hinwegschwappen. Und über dem Schloss tobte ein Gewitter. Die Türme und das ganze oberste Stockwerk waren in Wolken versunken und darin nur noch zu erahnen. Der Anblick war wirklich unglaublich: überall strahlend blauer Himmel, nur über dem Schloss graue, schwere Wolken. Die Lehrer, die es selbst nicht wirklich verstanden, weil sich keiner die Zeit genommen hatte --- hatte nehmen können --- sie zu informieren, versuchten verzweifelt, ihre Schüler zu beruhigen, scheiterten jedoch kläglich an dem vorherrschenden Chaos. Irgendwo durch die Menge rannten Ron und Hermione und suchten Harry, wussten sie doch nicht, dass er es war, der dieses Chaos verursachte. Snape wusste es und stand mit finsterer Miene am Rand des Feldes, starrte regungslos auf das Schauspiel. In kurzer Distanz langen drei Schüler, die von einem Blitz erwischt worden waren und von einer in Tränen aufgelösten, sich Vorwürfe machenden Mme Pomfrey behandelt wurden. Von Professor Dumbledore fehlte jede Spur. Der Schwarzhaarige ließ seinen Blick über die versammelte Gruppe streifen und bemerkte am Rande, nicht weit von den Verletzten entfernt, Draco, der Kikuileh auf der Handfläche sitzen hatte. Sein Gesicht war unverständig, besorgt, während sie wie eine Wilde mit Armen und Beinen fuchtelte. Snape wusste, was sie ihm mitzuteilen versuchte, doch Draco nicht. War vielleicht auch besser so. Plötzlich hob der Blonde den Kopf und sah direkt zu ihm herüber. Kurz schien er mit sich zu hadern, doch dann kam er heran. Sein Gesichtsausdruck war kalt und hart, ein Grinsen verunzierte ihn ein wenig. „Sie wissen nicht zufällig, was mit ihrem Herrchen ist, Sir?“, erkundigte er sich betont genervt. „Sie macht sich Sorgen, weil sie verloren gegangen ist, kann ihn offensichtlich nicht wieder finden.“ Wie niedlich. Er versuchte sich zu schützen, indem er die Fee vorschob. Ach nein, wie putzig. „Ich weiß längst, was zwischen euch läuft.“, sagte er ruhig, ohne irgendwelche Intonierung. Dracos Augen weiteten sich vor Schreck, als sein Gehirn die Information verarbeitete, und im nächsten Moment ging er in Duellhaltung, die Augen zu Schlitzen verengt. Misstrauen beherrschte seinen jetzt eiskalten Blick. Snape seufzte. „Beruhige dich wieder. Hätte ich es gewollt, wüsste ER längst Bescheid. Nein, ich bin auf deiner Seite!“ „Meine…“ Wieder weiteten sich die Augen. „Woher wollen Sie wissen…“ „Von deinem Vater, von wem sonst?“, erklärte Snape gefühllos sachlich. „Ich weiß über deine ‚Verfehlung’ mit diesem Muggelbalg Bescheid und ich weiß über euch Zwei Bescheid.“ Ein schmales Lächeln breitete sich auf seinen blassen Lippen aus, als er Dracos Angst sah. „Keine Sorge.“, meinte er plötzlich milde. Irgendwie hatte er das unerwartete Bedürfnis, diesen Jungen zu beruhigen. „Ich sagte doch schon: Ich bin auf eurer Seite.“ „Sie… hintergehen… Voldemort?“ Oh, er traute sich sogar, den Namen zu nennen. Beeindruckend, welche Wirkung Harry auf ihn hatte. Soweit er wusste, hatte er das früher nie gewagt. „Ja. Das tue ich.“ Er hob den Zauberstab. „Aber davon wirst du niemandem erzählen können. Utgarrulus!“ Die Spitzte seines Zauberstabes berührte leicht Dracos Stirn und der Junge hob verwirrt die Hand, sodass der Schwarzhaarige lächelte. „Keine Angst. Nur zur Sicherheit. Jeder trägt diesen Zauber, der darüber Bescheid weiß. Er bewirkt, dass du nicht darüber reden kannst.“ Irgendwo in seinem Hinterkopf vernahm er eine leise Stimme, dass drei ihn nicht trugen. Das würde er bei Gelegenheit noch ändern. Wie hatte es ihm überhaupt entgehen können? Er konnte gerade noch so ein Stirnrunzeln unterdrücken. Draco nickte, vollkommen überwältigt. Sein Lieblingslehrer und Vertrauter aus Kindertagen, der, vor dem er sich am meisten gefürchtet hatte, seit er die Seite gewechselt hatte, war auch von der ‚guten Fraktion’? Das war… sehr erleichternd! Ja, regelrecht befreiend! Und auch dass dieser das Geheimnis schon kannte, das Harry betraf, war gut. Es machte so Vieles so viel einfacher! Er begann zu lächeln, bis ein Donnerrollen von ohrenbetäubender Lautstärke die Luft zerriss und für Todesstille auf dem Sportplatz sorgte. Es erinnerte den Blonden wieder an seine Frage. „Ist er noch da drin?“ Bedeutungsschwer nickte Snape. „Er ist der Einzige, der noch drin ist. Er ist die Ursache.“ „Warum? Warum sollte er das tun?“ War das Angst, die da aus Draco sprach? Wieso empfand er Angst? Wieso wunderte er sich gar nicht darüber, dass Harry überhaupt dazu fähig war? Wusste er etwa bereits über die Macht des Jungen? Snape seufzte erneut. „Er hat einen Heiltrank bekommen, der bewirken soll, dass die Chakren in seinem Körper, die die Energie fließen lassen, wieder öffnet.“, begann er zu erklären. Es war nicht nur für Draco. Er ging damit noch einmal durch, ob er das auch alles richtig verstanden hatte, ob es nicht doch ein Fehler gewesen war, diesen Trank an Harry zu verabreichen. „Der Trank kommt aus Indien. Dort wird gelehrt, dass die Chakren eines Körpers offen sein müssen, um den Körper gesund zu halten. Wenn eines oder mehrere dieser Energieknotenpunkte verstopft sind, dann wird der Mensch krank. Mme Pomfrey hat mich gebeten, diesen Trank für Potter zu brauen, um sein Augenleiden zu kurieren.“ „Und dieser Trank bewirkt dieses Gewitter?“ Fassungslos starrte Draco zu dem Schloss hinüber. „Ich befürchte schon.“ „Aber dann…“ „Ich weiß es nicht, Draco.“, kam Snape der Frage nach dem Befinden des Patienten zuvor. „Professor Dumbledore kümmert sich darum. Wir können nur warten.“ Draco verstummte, starrte mit brennenden Augen zum Schloss hinüber. „Wie kann es sein, dass er das Schloss verzaubern kann. Ich dachte immer, die Mauern wären magieresistent.“, murmelte er irgendwann gedankenverloren. Snape warf einen kurzen Seitenblick zu ihm, bevor er wieder das Schloss fixierte. „Das ist eine wirklich gute Frage.“, antwortete er, beließ es aber dabei. Die Zauberbanne waren damals von Godric Gryffindor persönlich gewirkt und von Salazar Slytherin verstärkt worden. Helga Hufflepuff hatte sie geprüft und Rowina Ravenclaw hatte sie verankert. Sie waren im Grunde kaum aufzuheben und dennoch hatte Harry es geschafft. Was zum Teufel machte ihn so mächtig? Gut, die Blitze waren ein Unfall, da war keine Magie im Spiel, sie waren höchstens ein Resultat von Magie, aber das Leuchten und die Tatsache, dass Harry es schaffte, die Blitze auf das Schloss umzuleiten… ---------------------++++++----------------------------- Ui, das hat Spaß gemacht! Besonders Fred und George zu schreiben bringt richtig Laune! Ich hoffe, euch geht es genauso! *lach* Konkurrenz für Dray ^^ Ich gebe zu, dass die Sache mit den Blitzen und dem leuchtenden Schloss etwas überzogen klingt, aber im nächsten Kapitel kommt dann die Auflösung. Wieder so ein Formalitätskapitel, aber na ja, da muss ich durch. Zentrale Frage: Woher hat Harry solch eine gewaltige Energie? Na, will irgendjemand Vermutungen aussprechen? Mata ne! Antworten --------- Titel: Antworten Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 23: Antworten Eine Stunde später ließ das Glühen ganz plötzlich nach. Die Lehrer und Schüler auf dem Quidditchfeld waren regelrecht erschrocken, als es noch einmal donnerte und dann die Wolkendecke aufriss, das Glühen von einem Moment auf den anderen einfach verschwand, als hätte jemand das Licht ausgeknipst. Draco war fast sofort auf dem Sprung, wollte hinrennen, zu Harry, doch Snape hielt ihn zurück, schüttelte nur den Kopf und machte sich dann mit Mme Pomfrey und Professor McGonagall selbst auf den Weg. Es war besser, wenn Draco sich nicht vor allen lächerlich machte. Als sie das Krankenzimmer erreichten, trafen sie dort auf Dumbledore, der reichlich wild und fertig aussah. Der Schulleiter machte, gelinde gesagt, einen recht lädierten Eindruck. War wohl hart gewesen, Harry beizustehen… oder die Schule zu beschützen, wie immer man es sehen wollte. Aber dass selbst er solche Probleme gehabt haben sollte… „Was ist passiert?“, wollte Mme Pomfrey besorgt wissen. Es war doch recht ungewöhnlich, den mächtigen Mann so zu erleben. Hoffentlich musste sie ihn nicht auch noch behandeln, das wäre… dann das erste Mal seit mehr als fünfundzwanzig Jahren! „Wie geht es ihm?“, schenkte Professor McGonagall exakt diesem Fakt Nichtachtung und kam zu dem Thema, das sie mehr beschäftigte und beunruhigte. Sie wusste schließlich, dass Dumbledore damit fertig werden würde, kannte ihn gut genug dazu, und die Tatsache, dass einer ihrer persönlichen Schützlinge ohne ihr Wissen in derartiger Gefahr schwebte, hatte sie tief erschüttert. „Es ist alles in Ordnung.“, beruhigte der Weißhaarige sie. „Keine Probleme. Die Schüler können zurück in ihre Klassenräume!“ Dumbledore lächelte etwas konfus, wie es ja eigentlich seine Art war, nur dass es diesmal wesentlich echter wirkte. „Sie glauben doch wohl nicht, dass wir jetzt noch Unterricht machen können!“, warf McGonagall, befremdet über seine Gedankenlosigkeit, ein. „Die Schüler sind viel zu aufgeregt. Allein des Spielen wegen!“ Am Mittag des Tages war das erste Quidditchmatch angesetzt. Dumbledore nickte abwesend. „Dann haben sie bis dahin eben Freizeit…“, schlug er wenig überzeugend vor, rieb sich müde über die Augen. Es war ihm anzusehen, dass etwas ganz und gar nicht so gelaufen war, wie er es sich vorgestellt hatte. McGonagall nickte nur. Das würde sie den anderen mitteilen, sobald sie wusste, wie das Ergebnis von Harrys Heilung aussah. Die Medihexe schien der gleichen Ansicht zu sein. „Und? Hat der Trank gewirkt?“, fragte sie an den Schulleiter gerichtet. Ihre Stimme verriet ihre Aufregung und Neugier, aber auch einen Hauch von Sorge. Die weißen Haare wehten leicht im Durchzug des Ganges, als Dumbledore den Kopf wieder hob. „Das kommt ganz darauf an, was genau er bewirken sollte!“, lächelte er gewohnt hintergründig. Er richtete sich ein wenig auf, so dass er wieder so erhaben wirkte wie sonst. „Ich bin in meinem Büro, falls ihr Fragen haben solltet. Bis später!“ Er ging offensichtlich davon aus, dass sie kommen würden. Und damit rauschte er davon. „Das kommt darauf an, was er bewirken sollte?“, wiederholte Poppy Dumbledores Worte mit verständnisloser Miene. „Wie hat er das gemeint? Ist doch klar, was er bewirken sollte!“ Die Gryffindorhauslehrerin zuckte die Schultern. „Sehen wir doch einfach nach.“, schlug sie vor und schon öffnete sie die Tür und trat ein, blieb im nächsten Moment wie angewurzelt stehen. In dem Zimmer herrschte das absolute Chaos. Die Betten waren umgeworfen, Schränke zerstört, Fensterscheiben, Spiegel und Glas zerbrochen, Wasser überschwemmte den Boden, der Vorhang war zerrissen und über einem Teil des Durcheinanders ausgebreitet… Und inmitten dieses Chaos’ saß Harry am Kopfende seines Bettes, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen, den Kopf erschöpft gegen die Wand gelehnt und die Augen geschlossen. Er rührte sich nicht. Hinter McGonagall drängten nun auch Mme Pomfrey und Snape herein. Die Medihexe war entsetzt und entgeistert. Sie verstand nicht, wie das hatte passieren können. Mit zittrigen Beinen und stetig vor sich hinstammelnd, begann sie sinnlose Versuch zu starten, wieder aufzuräumen, während Snape zu Harry ging. Er hatte die ganze Zeit über bedächtig geschwiegen, aber nun erhob er wieder das Wort. „Potter! Wir wollen mit dir reden!“ Es klang nicht besonders freundlich. „Lassen Sie ihn doch schlafen, Severus!“, zischte McGonagall böse, doch der Schwarzhaarige hörte nicht. „Wie kann er in dieser Position schlafen?“, argumentierte er emotionslos sachlich. „Ist doch total absurd!“ Und tatsächlich regte sich Harry leicht. „Was ist los?“, murrte er, seufzte einmal tief, doch seine Augen blieben geschlossen. Dann war Mme Pomfrey da, hatte von den demolierten Möbeln abgelassen und stand nun direkt neben Snape vor Harry. „Mr Potter, wie geht es Ihnen?“ „Ich bin müde.“, murmelte der Junge und demonstrierte dies eindrücklich, indem er sich ein Stück mehr zusammenkauerte und den Kopf gegen die Knie drückte. „Das meinten wir nicht.“, mischte sich McGonagall ein so sanft sie konnte. „Was ist mit Ihren Augen?“ „Sehen Sie mich bitte einmal an.“, verlangte nun wieder die Medihexe. Es folgte nur ein resignierendes Kopfschütteln. Die drei Erwachsenen wechselten einen Blick. Das war jetzt aber kein gutes Zeichen. „Hat es… nicht gewirkt?“ Wieder nur ein Kopfschütteln als Antwort. McGonagall seufzte tief, sah mitleidig auf den Jungen hinab, während Mme Pomfrey wortlos eine Decke um seine Schultern legte und die andere Frau dann ebenso wortlos hinausführte. Snape blieb nur Sekunden länger. Jeder von ihnen begriff, dass sie ihn jetzt am besten erst einmal in Ruhe lassen sollten, damit er selbst damit klar kam. Wenig später saßen die drei Lehrer im Büro Professor Dumbledores und warteten auf den Weißhaarigen. Die beiden Damen hingen ihren Gedanken nach und waren aus diesem Grunde ungewöhnlich still, was, zumindest aus Snapes Sicht, ein Segen war. Doch die Stille hielt nur, bis Dumbledore eintrat. Im nächsten Moment prasselten auch schon Fragen auf ihn herein, dass er fast davon erschlagen wurde. „Weshalb hat es nicht gewirkt?“ „Was ist in dem Zimmer passiert?“ „War der Trank nicht richtig?“ „War er falsch zubereitet?“ „Hat Mr Potter vielleicht doch vorher schon etwas gegessen?“ Und so weiter und so weiter. Snape saß nur still daneben und wartete, unterdrückte halbherzig ein Augenrollen. Er wartete, bis Dumbledore von sich aus erklärte, was vorgefallen war. Warum sonst hätte er sie sonst zu sich bitten sollen? Und der alte Mann hatte wohl auch nichts anderes vor. Er setzte sich lediglich vorher in seinen Sessel und nahm sich die Zeit, die Fingerspitzen vor der Brust zusammenzulegen, während er den Fragen lauschte, doch schließlich begann er, als sich eine Gelegenheit bot, da beide Damen gleichzeitig Luft holen mussten. „Der Trank war auf keinen Fall falsch gebraut.“, griff er eine der Fragen auf. „Severus weiß ganz gut, wie er welchen Trank zu brauen hat. Und genauso wenig war es der falsche Trank.“ Er schickte Mme Pomfrey einen viel sagenden Blick. „Nein, ich habe da eine Vermutung, die den Grund, der für das Fehlschlagen der Behandlung verantwortlich sein könnte, erklären würde. Es ist allerdings wirklich nur eine Vermutung, also gebt bitte nicht zuviel darauf!“, lächelte er, als er sah, wie angespannt die beiden Frauen an seinen Lippen hingen. „Ihr wisst doch, dass Harry durch die Narbe auf seiner Stirn ab und zu Visionen sieht, in denen Voldemort eine mehr oder minder große Rolle spielt.“ „Ja!“ Auf den Besucherstühlen wurde heftig genickt und Dumbledore lächelte etwas breiter, als er mit einem Wink seines Zauberstabes Tee und Plätzchen herbeirief, was ihm gleich drei kritische Blicke einbrachte. Wie konnte er jetzt auch nur daran denken, Tee zu trinken? Aber wie immer interessierte das den alten Mann äußerst wenig. „Und ihr wisst auch, dass Harry seit kurzem außergewöhnlich viel Energie besitzt. Zweifellos, ihr habt es ja gerade gesehen… Das Talent hatte er ja schon früher, aber nicht in solchem Ausmaß.“ Wieder wurde ausgiebig genickt. „Ich habe schon seit längerem die Vermutung, dass da ein Zusammenhang besteht. Was wäre, wenn die Narbe auf Harrys Stirn eine Verbindung darstellt?“ „Eine Verbindung?“ „Meinen Sie etwa zwischen ihm und dem Unnennbaren?“ „Genau.“ Der Weißhaarige griff zu einer Tasse mit grünem Tee und nahm einen Schluck daraus, schloss für Sekunden genießend die Augen, bevor er geruhte, weiter zu sprechen. „Ich denke mir, dass es eine Art Vertrag ist oder so etwas Ähnliches. Als Voldemort damals versuchte, Harry mit dem unverzeihlichen Fluch zu töten, war es die Liebe seiner Mutter, die ihn davor rettete, wir ihr zweifellos bereits wisst. Der Avada traf Harry zwar, doch er wurde wieder zurückgeschleudert und vernichtete seinen Beschwörer. In diesem Moment, in diesem Augenblick, verband der Fluch diese beiden Menschen miteinander, der eine am Sterben, der andere dabei, ein Leben zu beginnen.“ Sein Blick schweifte ein wenig in die Ferne. „Ihr müsst euch das vorstellen, wie eines der Kreditinstitute der Muggel: Der geschwächte Körper Voldemorts nahm über all die Jahre über diese Verbindung die Energie aus Harrys Körper, die er zum Überleben brauchte. Er bekam gerade soviel, dass er nicht ganz starb. Er konnte gar nicht sterben, solange diese Energiequelle noch existierte. Und im Ausgleich dafür zieht nun Harrys Körper Energie aus der steigenden Macht Voldemorts.“ „Aber… das würde ja bedeuten…“, begann McGonagall fassungslos, brach aber ab, weil sie den Gedanken, der sie gerade gestreift hatte, nicht wirklich erfassen konnte. Snape war sich nicht zu fein, den Gedanken zu beenden: „…wir hätten über all die Jahre nur Harry Potter killen müssen, dann wären wir den Dunklen Lord für immer los gewesen.“ „Ja. Das wäre eine durchaus wahrscheinliche Möglichkeit gewesen, aber ethnisch in keinster Weise vertretbar.“, pflichtete ihm der Schulleiter lachend bei. „Zu dumm, dass wir das erst jetzt erfahren.“, murmelte Snape noch, aber es war kaum laut genug, damit es irgendjemand verstand, wurde auch nicht weiter beachtet. Die Damen waren viel zu sehr mit sich beschäftigt. „Damit ich das jetzt richtig verstehe…“, erhob noch einmal Mme Pomfrey das Wort. „Harry hat all die Jahre über unwissentlich den Unnennbaren am Leben erhalten und bekommt nun im Ausgleich dafür Energie von eben jenem?“ „Exakt.“, schmunzelte Dumbledore. „Und davon gleich jede Menge.“ „Mehr als er kontrollieren kann.“, stellte Snape trocken fest. „Exakt.“, wiederholte Dumbledore Augenzwinkernd. „Also war dieses Gewitter eine Entladung dieser Kraft?“, hakte der Schwarzhaarige nach und Dumbledore nickte. „In gewissem Sinne. Da spielte noch dein kleiner Streich eine große Rolle.“ Snape nickte. Wie er sich gedacht hatte. Die Silberranke hatte die ausströmende Energie auf ihn zurückschicken wollen und er hatte sie wahrscheinlich weitergeleitet. Abartig. Wirklich. „Und was hat das jetzt damit zu tun, dass es nicht funktioniert hat?“, meldete sich wieder McGonagall zu Wort. „Der Trank war richtig, der Zeitpunkt, zu dem er genommen wurde… Was ist also schief gegangen?“ „Ich vermute mal, das liegt an der Art der Energie, die er übernimmt.“, konstatierte der Schulleiter bedacht. „Voldemorts Energie ist zu dunkel, wenn du es so willst, Minerva. Es könnte durchaus sein, dass sie solche Dinge wie Heilung nicht zulässt. Es wäre zumindest denkbar, aber da er selbst niemals auf die Idee kommen würde, zu heilen, kann ich das nicht mit Bestimmtheit sagen.“ Es herrschte Schweigen für einige Zeit, in der jeder von ihnen seinen eigenen Gedanken nachhing, doch plötzlich hob Snape den Kopf, durchbrach die Stille. „Und was meinten Sie, als sie sagten, es komme darauf an, worauf der Trank gezielt habe, ob er gewirkt hat?“ Das hatte ihn schon seit längerem im Magen gelegen. Was hatte der Trank mit Harry gemacht, dass er so eine Katastrophe angerichtet hatte? Dumbledore wurde ernst, seltener Fall, aber ab und zu trat er doch ein. „Die dunkle Energie ist fort. Ich habe ihn gebeten, das Zimmer wieder aufzuräumen, um zu testen, ob meine Theorie wahr ist, doch er hat es nicht geschafft. Er konnte nicht einmal eine der Blumen zu sich rufen. Ich vermute, die Reinigung seiner Energieknotenpunkte hat die schmutzige Energie aus seinem Körper gewaschen. Oder der Trank hat sie neutralisiert. Und seine eigene war wahrscheinlich durch den Selbstschutz vor den Blitzen aufgebraucht.“ „Also ist Potter tatsächlich Schuld daran, dass der Dunkle Lord wieder zu Kräften gekommen ist.“, murmelte McGonagall leise. Sie hatte den beiden Männern bei ihrem Gespräch kaum zugehört. „Das darf niemals jemand erfahren. Am besten nicht einmal er selbst.“ Zustimmend wurde von allen Seiten genickt. „Genauso wenig wie sie erfahren dürfen, dass es seine Kraft war, die dieses Gewitter ausgelöst hat.“, ergänzte Dumbledore freundlich auf diese Tatsache hinweisend. „Sie würden ein wenig… sagen wir mal, ängstlich reagieren und das wollen wir ihm nicht auch noch antun. Er hat wirklich genug mit der jetzigen Lage der Dinge zu kämpfen.“ Snape hatte noch eine Frage. „Ist Potter in diesem Fall eigentlich noch in der Lage, den Unnennbaren zu töten?“, fragte er mit zusammengekniffenen Augen. Es war Besorgnis erregend, da er inzwischen davon ausging, dass Harry eine wichtige Rolle im Plan gegen Voldemort spielte, die bisher noch keiner richtig einberechnen konnte. Was, wenn diese Variable aufgrund von dieser Verbindung mit Voldemort plötzlich wegfiel? Hatten sie dann überhaupt noch eine Chance? Das Gesicht des Weißhaarigen bekam einen äußerst unwilligen Ausdruck. „Ich habe keine Ahnung, Severus, aber genauso wenig habe ich vor, ihm die Chance zu bieten, es auszuprobieren. Ich bin es seinen Eltern schuldig, dass ich ihn beschütze. Eine direkte Konfrontation mit Voldemort käme dieser meiner Absicht recht ungelegen.“ Snape nickte, genau wie die andren beiden Gäste, doch im Gegensatz zu ihnen war sein Nicken nicht beipflichtend. Seiner Meinung nach war Dumbledores Gedanke zwar nachvollziehbar, aber für ihn stand längst fest, dass man Harry nicht von dem Dunklen Lord fernhalten konnte. Dazu war er einfach zu häufig mit diesem konfrontiert gewesen. Als er schließlich ging, war er tief in Gedanken. Auf dem Weg in sein Büro kamen ihm ständig schwatzende Kinder entgegen, doch er bekam es kaum mit. All sein Denken weilte bei Dumbledores Theorie: Wenn Harry tatsächlich eine Verbindung zum Dunklen Lord besaß, über die er Energie sowie Träume empfing, wieso bekam dieser das dann nicht mit? Wüsste er es, dann hätte er wohl kaum tatenlos zugesehen, wie Harry wieder ging, sondern hätte ihn an Ort und Stelle umgebracht im Sommer, um seine Macht bei sich zu behalten, sie nicht an seinen Feind zu verlieren... Aber ob die Theorie richtig war oder nicht, konnte man nicht sagen, denn ein solcher Fall war vorher nie eingetreten. Wahrscheinlich würde sie sich auch niemals beweisen lassen, denn wie sollte man einen Vertrag nachweisen, der nicht auf Papier bestand? Allerdings klang Dumbledores Erklärung so schlüssig, dass sie doch einfach nur wahr sein musste. Oder? Und dann Harry… Wenn der Junge, der lebt, tatsächlich Energie vom Unnennbaren zapfte, dann gab es für ihn wohl kaum jemals die Chance, sie unter Kontrolle zu bringen, denn sie lief exakt entgegen seiner Überzeugung… zu böse war das Wesen, dem sie gehörte. Zu schwach war er als Schüler. Wie sollte er diese destruktive Energie in gewünschte Bahnen lenken? Andererseits… Harry war stark. Er hatte immer stark sein müssen. Sein ganzes Leben lang, war er immer stärker geworden. Er selbst hatte es ihm schließlich nie leicht gemacht. Und er hatte bisher jede Hürde gemeistert. Wenn er ehrlich war, dann musste Snape wohl zugeben, dass Harry zumindest die Perspektive hatte, es schaffen zu können. Rein unterbewusst… Inwieweit sein Körper das mitmachte, blieb fraglich. Es war Nachmittag geworden und die Schule hatte sich von den Aufregungen des Vormittags einigermaßen erholt, war ja schließlich nicht so, dass in Hogwarts niemals seltsame Dinge passierten. Das hieß aber nicht, dass jetzt Ruhe eingekehrt war. Nein, die Schüler von Hogwarts waren aufgeregt wie selten. Zusammengepfercht saßen sie auf den Tribünen des Stadions und erwarteten die Spieler, riefen lauthals und feuerten schon jetzt ausgelassen die Parteien an. Seltsam war nur, dass im Block der Gryffindors weder das Grün der Slytherins noch wie üblich das Gelb der Hufflepuffs vertreten war. Sie trugen rot, wie zum Protest. Und im Gegensatz zu allen anderen schwiegen sie beharrlich. Es schien, als hätten sie beschlossen, die ganze Veranstaltung zu boykottieren und das als geschlossene Gruppe. Selbst Jordan, der wie immer am Mikro stand und eher unwillig das Ding anstarrte, war in Gryffindorfarben gekleidet und äußerst schweigsam heute. Erst McGonagalls fordernde Geste brachte ihn schließlich dazu, zu beginnen. „Der heutige Tag ist… ein großartiges Ereignis.“, sprach er ohne großen Enthusiasmus und ohne Vorstellung seiner selbst und schnitt mit dieser Destruktivität wie mit einem Messer in die Ausgelassenheit der Zuschauer, die teils irritiert, teils verwirrt zu dem schwarzen Sprecher hinaufblickten. Auch McGonagall blinzelte überrascht. Normalerweise musste sie Jordan immer bremsen… „Das erste Spiel des allseits beliebten Quidditchturnieres steht ins Haus und hält die Zuschauer in Spannung.“ „Was Sie wirklich gut zu verhindern wissen.“, warf McGonagall mit einem pikierten Seitenblick spitz ein. „Bitte geben Sie sich ein bisschen mehr Mühe!“ Jordan schickte ihr einen Blick, der schon fast an Unverschämtheit in seinem Trotz grenzte, bevor er sich kommentarlos wieder dem Mikrofon widmete. „Die verehrenswerte Mannschaft der heutigen Herausforderer besteht aus sieben herausragenden Spielern des Hauses Hufflepuff. Größtenteils kennt ihr sie: Linslet, Kingsley, Remriver, Tombs und Jergency. Sie waren auch schon vor zwei Jahren dabei, waren damals noch jung und unerfahren…“ Er machte allein mit seiner Stimmlage und der kurzen Pause außerordentlich deutlich, dass er daran zweifelte, dass sich daran etwas geändert haben könnte. McGonagall räusperte sich und er verdrehte die Augen, kümmerte sich nicht um die Buhrufe der Hufflepuffs und Ravenclaws, als er fortfuhr: „Die Neulinge sind die beiden Treiber. Zweite Klasse, gerade erst neu dabei: Claas und Clemens Greystone. Anscheinend hofft die Mannschaft dem Beispiel der Weasley-Zwillinge nacheinfern zu können, indem sie Zwillinge einsetzt.“ „Jordan!“ Der Junge schickte seiner Hauslehrerin wieder einen Blick, der eindeutig klar machte, dass er sauer war und ihre Einwände nicht hören wollte, doch das kümmerte sie nicht. „Reißen Sie sich endlich am Riemen!“, schimpfte sie und richtete im nächsten Moment ihren ohnehin perfekt sitzenden, schwarzen Dutt. Jordan seufzte einmal tief, bevor er sich wieder nach vorne wandte. „Bei Slytherin hat sich in dieser Hinsicht tatsächlich etwas mehr getan.“, fuhr er in nicht minder gelangweiltem Ton fort. „Der neue Kapitän ist Malfoy und er hat sich offenbar mächtig ins Zeug gelegt.“ Jetzt triefte seine Stimme vor Ironie. „Er hat die gesamte Struktur seines Teams geändert. Offenbar hat er eingesehen, dass man mit Kraft allein nicht weit kommt. Immerhin ein Fortschritt, den man Slytherin nicht ohne weiteres zugetraut hätte…“ „Jordan! Noch so ein Angriff unter die Gürtellinie und ich suspendiere Sie von ihrer momentanen Aufgabe!“, polterte McGonagall los „Was ist denn heute mit Ihnen los?“ Nahtlos redete der kraushaarige Junge weiter. „Außer ihm selbst ist fast die gesamte Mannschaft neu… ein schneller Flieger als Torhüter, schlanke wendige Jäger und… oho, Pansy Parkinson startet als Jägerin! Welch ein seltener Anblick! Ein schmächtiges Mädchen im Slytherinteam! Ich bin begeistert!“, sagte er in einem Tonfall, der genau das Gegenteil bewies. Professor McGonagall war sauer. „Es reicht mir jetzt, Jordan. Gehen Sie! Ich will Sie nach dem Spiel bei mir im Büro sehen. Und lassen Sie sich besser eine gute Erklärung einfallen, warum Sie heute ein dermaßen loses Mundwerk haben!“ Jordan ging. Er verließ die Tribüne mit einem Lächeln, das zeigte, dass er erreicht hatte, was er wollte. Und während er zufrieden auf die Zuschauertribüne zu den begeisterten Zwillingen ging, die ihm mit allen anderen Gryffindors applaudierten, übernahm nun ein Ravenclawmädchen das Kommentieren. In diesem Moment kamen die Spieler aufs Feld und Jubel brach los, zuerst für die Slytherins, anschließend für die Hufflepuffs, da diese ein paar Sekunden später eintraten. Zu den Tribünen winkend begegneten sie sich in der Mitte des Feldes vor Mme Hooch und die Kapitäne reichten einander herausfordernd die Hände, dann ließ die Schiezrichterin den Anpfiff hören und alle stiegen auf ihre Besen und in die Lüfte. Es war der Zeitpunkt, wo Harry seinen Platz in der Sonne auf dem Nordturm und Kikuilehs gut gemeinte Beschreibungen des Geschehens aufgab und hinunter ins Schloss ging, wo er weder die ausgelassenen Jubelschreie noch die Kommentatorin hören musste. Es tat weh, nur daran zu denken, dass da jemand anderes als er selbst flog. Er wollte sich nicht dieser Folter aussetzen, nicht einmal um zu erfahren, was Draco dazugelernt hatte. Das Spiel an sich dauerte nicht lange. Slytherin legte von Anfang an ein beachtliches Tempo vor, mit dem die Hufflepuffs nicht gerechnet hatten, führte die ganze Zeit unter Jubelschreien der eigenen Fans und Buhrufen aller anderen – wobei die Gryffindors noch immer beharrlich schwiegen. Und nur siebenundzwanzig Minuten und elf Sekunden nach dem Anpfiff fing Draco den Schnatz. Direkt einem neuen Treiber unter den Füßen weg. Völlig unspektakulär, weil er sich tempomäßig nicht einmal anstrengen musste, weil der gegnerische Sucher nichts bemerkt hatte, sich einfach nur darauf verlassen hatte, dass er sich schon bemerkbar machen würde, wenn er das goldene Bällchen sah. Pech gehabt, Draco hatte seine Taktik zu schnell durchschaut. Das Stadion tobte, während alle Spieler landeten und die Grünbekleideten Draco hochleben ließen. Diesen Moment nutzten dann auch die Gryffindors, um sich geschlossen zu erheben und das Stadion zu verlassen, schweigend, einer Trauerprozession gleich. Glücklicherweise ging in all dem Trubel unter, dass auch Kikuileh zwischen allen umher flog und immer wieder mal zwischendurch Dracos Ohr abknuddelte, ihm helle Töne hineinklingelte. Es hätte mit Sicherheit dämliche Fragen gegeben, wenn jemand das sah, wo sie öffentlich doch zu Harry gehörte. Dann war sie plötzlich wieder spurlos verschwunden, als die Spieler von ihren Häusern abgeholt wurden, um zu feiern. Draco wurde von Pansy fortgeführt. Sie lachte ununterbrochen und schwärmte ihm ausgelassen von seinen grandiosen Manövern und den dummen Gesichtern der anderen Mannschaft vor, klammerte sich an ihn, wirbelte ihn einmal sogar im Kreis. „Du hast es geschafft! Du hast es geschafft!“, rief sie immer wieder, mal in andere Sprechchöre einfallend, mal so welche startend. Der Blonde lächelte nur milde, schaffte es auch nur bedingt, seine gewohnte Überheblichkeit durchzubekommen, mit der doch alle rechneten, die ihn als Malfoy auszeichnete... Er war gelöst, überglücklich, einen strategisch so guten Schachzug für den Hauspokal glatt über die Bühne gebracht zu haben. Sie hatten jetzt einen guten Vorsprung erreicht. Wenn sie ab jetzt nicht zuviel Mist bauten, würde zumindest der Qudditch-Pokal dieses Jahr wirklich an sie fallen, zumal Harry und Wood nicht mehr im Team der Gryffindors waren, und damit rückte auch der Hauspokal in greifbare Nähe. Die Party im Slytheringemeinschaftsraum war überwältigend. Die Mädchen hatten den ganzen Raum mit Bildern der heute glorreichen Sieger geschmückt, die Wände waren mit grünsilbernen Stoffbahnen verhangen und sie hatten Lieder umgedichtet, um die Helden des Tages zu ehren. Und der strahlendste Held des ganzen war Draco, der sich heute ausgiebig feiern ließ, den Trubel und all die Aufmerksamkeit wie ein Schwamm in sich aufsog. Bis ihm in all dem grünsilbrig wogenden Meer ein blaues Blitzen auffiel. Er erinnerte sich an die Aktion Kikuilehs vorhin und begann mit den Augen nach diesem Blitzen zu suchen, wollte wissen, ob sie tatsächlich da war und er sich nicht geirrt hatte. Und wirklich… Er sah sie. Sie schwirrte über die Menge, völlig unbemerkt, genauso unkontrollierbar und unvorhersehbar wie der Schnatz, nur dass sie eine andere Farbe hatte. Und dann verschwand sie plötzlich hinter einem Vorhang. Draco stand von seinem improvisierten Thron auf, kämpfte sich durch die Masse und erreichte nach etlichem Händeschütteln und Schulterklopfen schließlich den Stoff, der hinter dem Buffet hing, hob ihn leicht an und lugte unter verwirrten Blicken seiner Freunde darunter. Die Fee war fort. Verdammt, er hatte sie aus den Augen verloren! Oder hatte er sich etwa doch nur eingebildet, dass er sie gesehen hatte? Immerhin war es doch recht unwahrscheinlich, dass Harrys Patronin hier im Hauptquartier der Gegenseite war, nicht? Auch wenn sie offenbar einen Narren an ihm gefressen hatte. Und dann flötete es auf einmal in seinem Ohr und etwas krabbelte unter seinen Umhang, verursachte ein leichtes Kribbeln auf seiner Haut. Kikuileh versteckte sich vor dem Chaos, das hier tobte. Draco lächelte leicht, legte seine Hand auf die Stelle an seinem Gürtel, wo sie sich festklammerte, um sie zu beruhigen. Er fühlte, wie sie zitterte. Wieso war sie hier, wenn sie solche Angst hatte? Wieso war sie nicht bei… Harry! Hatte sie ihn etwa gesucht, weil Harry Hilfe brauchte? War es das? Wie ein Blitz durchzuckte ihn die Sorge, verdrängte das soeben empfundene Hochgefühl des Sieges und er zögerte nicht eine Sekunde. „Lasst mich durch!“, rief er und die ihm nächsten Feiernden drehten sich verwundert zu ihm um. „Weshalb denn so ungeduldig?“, lachte Blaise fröhlich und wollte schon zu ihm, als sie seinen Blick auffing und sah, wie er zu seinem Zauberstab griff. Wie viele andere machte sie unwillkürlich einen Schritt zurück und dem allgemeinen Trend folgend taten es alle anderen nach, so dass Draco plötzlich freie Bahn hatte, die er auch sofort nutzte. Halb laufend, halb rennend durchquerte er den Raum, kletterte durch den Eingang und wandte sich nach rechts. Kaum war er draußen, wirkte er den Exvisibli, um nachfolgender Pansy, die es garantiert geben würde, die Nachfolgegrundvoraussetzung zu nehmen, dann lief er hastig den Gang hinunter. Irgendwo hinter sich hörte er seine Freundin rufen, doch er hatte größere Sorgen, als sich um sie zu kümmern. In einer Nische hielt er schließlich an, schlug den grünen Quidditch-Umhang zurück, den er vor lauter Feiern noch immer nicht gegen den normalen Schulumhang getauscht hatte. „Hey, Kiku!“, zischte er, um vor Aufregung nicht zu laut zu werden. „Wo ist er? Wo ist Harry?“ Sofort entfaltete sie ihre schillernden Flügel, erhob sich von seinem Gürtel und schwirrte mit ohrenbetäubendem Gestekulieren vor seiner Nase herum. „Was ist mit ihm? Wo ist er?“ Die verstummte, starrte ihn aus ihren schwarzen Augen an, dann kam auch schon wieder Bewegung in sie. anmutig packte sie einen Zipfel seines Umhangs und flog damit weiter den Gang hinunter. Draco lief hinterher, konnte ihr kaum folgen. Aber er hatte Glück, denn weit führte sie ihn nicht. Im Gegenteil. Sie brachte ihn zielstrebig in seinen Ruheraum, wie er ihn zu nennen pflegte. War Harry etwa hier? War er wirklich in dem Raum, wo sie sich das erste Mal wirklich getroffen hatten? Schon als Draco die Tür öffnete, sah er ihn. Harry saß am Boden in einer Ecke und rührte sich nicht. Seine Augen waren geschlossen, das Gesicht und die Hände entspannt... Schlief er etwa? Der Blonde schloss die Tür leise hinter sich, trat dann vorsichtig näher, ließ sich bei ihm angekommen vor dem Gryffindor auf den Boden sinken. Immer noch bewegte sich Harry nicht, nur sein Brustkorb hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen. Draco begann zu lächeln. Seine Sorge war offenbar völlig unbegründet gewesen. Harry ging es gut. Kikuileh hatte sich wahrscheinlich nur gelangweilt, mehr war nicht. Aber dank dessen war er jetzt hier… Er krabbelte ein Stück näher und setzte sich dann neben den schwarzhaarigen Jungen, legte ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn zu sich heran. Harry tat ihm den Gefallen und schlief einfach weiter. Sein Kopf kam auf Dracos Brust zu ruhen und zu Dracos großer Freude landete wenig später Kikuileh auf seinem Bauch und rollte sich dort vertrauensvoll in einer Falte seines Umhangs zusammen. Seufzend rückte sich Draco ein bisschen bequemer zurecht und schloss ebenfalls die Augen. Gab es einen besseren Preis für seinen Sieg? Es dauerte gar nicht lange, da schlief er ebenfalls ein. Als er anderthalb Stunden später wieder erwachte, war Harry allerdings verschwunden. ----------+++++ Wenn ihr wisst, wer bei den Hufflepuffs als Spieler existiert, dann sagt es mir und ich ändere es mit Freuden… ich kenn mich mit den beiden nicht-Hautphäusern nicht so aus… Ansonsten… das Kapitel war anstrengend, aber ich denke, dass ihr jetzt ein paar Antworten habt. Natürlich nicht alle, denn dann wäre es sinnlos, noch soviel schreiben zu wollen (plane in etwa noch einmal so viel, freut euch drauf). Aber immerhin, nicht wahr? Vielen Dank an alle, die bis hierhin durchgehalten haben. Ich freue mich ehrlich, dass ich es geschafft habe, den Geschmack von so vielen von euch getroffen zu haben! Die Prüfung ----------- Titel: Die Prüfung Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 24: Die Prüfung Die ganze Nacht hatte Draco wach gelegen, hatte sich immer wieder schlaflos hin und her geworfen. Warum war Harry einfach so gegangen? Warum hatte er ihn nicht wenigstens geweckt, um sich zu verabschieden? Was hatte er sich dabei gedacht? Warum war er so… undurchschaubar? So unvorhersehbar… Ganz egal wie er es wendete, er kam zu keinem anderen Ergebnis, als dass er es ihm übel nahm, dass Slytherin gewonnen hatte. Und das war irgendwie schmerzhaft. Er konnte sie unmöglich für so schlecht halten! Warum sollten sie die langweiligen Hufflepuffs nicht besiegen? Jetzt saß er beim Frühstück, ließ die stupiden Gespräche der Slytherins an sich vorbeirauschen und fragte sich, warum er nicht kam. Seine Freunde waren längst fertig mit Essen und wieder gegangen und er war noch immer nicht da. Und auch wenig später vor dem Klassenraum für Verwandlung war er nicht zu sehen. Hatte Harry etwa wieder vor zu schwänzen? Sie betraten den Raum fünf Minuten vor Stundenbeginn, als McGonagall kam, und er setzte sich auf seinen Platz, um die Grübelei wieder aufzunehmen, da kam er. Kam einfach durch die Tür spaziert und ging an ihm vorbei nach hinten. Und… täuschte er sich, oder sah er da tatsächlich einen Rotschimmer auf seinen Wangen, als er ihn passierte? Sah er da etwa weg? Warum? Er konnte ihn doch eh nicht sehen? Oder wollte er die Röte etwa verstecken? Hatte sie mit ihm zu tun?Was war denn nur los mit ihm? Den Unterricht bekam Draco kaum mit. Es beschäftigte ihn so sehr, wie Harry sich verhielt, dass er nicht einmal mitbekam, dass es zum Stundenende klingelte. Erst als Pansy ihn anstieß und fragte, was los sei, bewegte er sich zum Raum für Verteidigung gegen die dunklen Künste, allerdings auch nicht minder nachdenklich. Und dann fiel ihm etwas ein: War heute nicht der Tag, an dem Harry seine Prüfung hatte? Wollte Raindoom heute nicht überprüfen, ob Harry seine Strafarbeit gemacht hatte? Wo er doch eigentlich gestern schon hätte geprüft werden sollen. War Harry deshalb so komisch die letzten Tage? War er etwa nervös? Warum? Er konnte den Spruch doch! Da brauchte er sich doch keine Sorgen zu machen! Auch zu dieser Stunde kam Harry etwas später als alle anderen, ging dann schnurstracks zu Ron und Hermione durch und setzte sich wie üblich zwischen sie, grinste diesen beiden beruhigend zu, als sie ihn fragten, ob etwas nicht stimmte. Doch lange saß er nicht dort. Als Raindoom hereinkam, kurz die Anwesenheit durchging und ihn anschließend mit einem bösen Glitzern in den Augen zu sich rief, war es mit der Ruhe vorbei. „So, so, sind Sie letzten Endes doch noch gekommen.“, ätzte der Lehrer überfreundlich. „Ist Ihnen heute keine Entschuldigung eingefallen, warum Sie meinen Unterricht meiden könnten?“ Auf Harrys Lippen legte sich ein mindestens ebenso falsches Lächeln, doch seines war tausendmal glaubhafter. Genau wie seine Stimmlage. „Ich bin freiwillig hier. Heute stehe ich Ihnen voll und ganz zur Verfügung.“ Nein, er klang gar nicht aufgeregt, eher überlegen… Wieso verhielt er sich dann so komisch. Der Grauhaarige schnaubte abfällig, dann verzogen sich seine Lippen zu einem bitterbösen Grinsen, das so gar nicht in seine Altersklasse passte. „Also dann zeigen Sie doch mal, was Sie können!“ Er hob den Zauberstab und sagte: „Tranquillitas!“ Harrys Augen weiteten sich erschrocken, als plötzlich absolute Stille um ihn herum herrschte, Raindoom beobachtete das mit Genugtuung. „Kikuileh?“, fragte er unsicher und hob die Hände, um sich zu orientieren. So hilflos hatte man Harry noch nie gesehen. Es war, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. „Was haben Sie getan?“, rief Hermione plötzlich in das leise Gemurmel hinein, als sie diese Unsicherheit bemerkte und verstand. „Er…“ „Das gehört mit zum Test, Miss Granger!“, erwiderte der Lehrer. „Wie soll ich sehen, was sein Schild ihm alles vermittelt, wenn er noch hören kann, was wir sagen?“ Das Mädchen wollte noch etwas sagen, doch Raindoom würgte sie effektiv ab, als er sich an die ganze Klasse wandte. „Stellen Sie sich bitte im Kreis um Mr Potter auf!“, rief er und klatschte auffordernd in die Hände. Es erfolgte Stühlerücken und mit unsicheren Blicken taten die Schüler, was er verlangte. „Sie haben nun die Aufgabe, Mr Potter anzugreifen. Verwenden Sie jeden Spruch, der Ihnen einfällt. Es müssen nicht zwangsweise Angriffszauber sein… sie müssen aber auch nicht schwach sein. Heute ist alles erlaubt!“ In der Mitte schwang Harry seinen Zauberstab, murmelte leise Worte vor sich ihn, die niemand verstehen konnte. Immer wieder, als wüsste er sonst nicht, was er tun sollte. Aber zumindest war sein Gesicht jetzt wieder ruhig und gefasst, ja beinahe erwartungsvoll gespannt. Offenbar hatte er begriffen, was von ihm erwartet wurde. „Miss Granger. Machen Sie bitte den Anfang!“, forderte der alte Mann das braunhaarige Mädchen auf. Sie starrte ihn an. „Aber… das kann ich nicht machen!“, protestierte sie, schnappte nach Luft. „Harry ist blind! Und Sie haben ihn taub gemacht! Wie kann ich ihn da angr…“ „Miss Parkinson!“ Und schon krachte der erste Zauber auf Harry nieder. Als Slytherin hatte Pansy keine solchen Skrupel, schon gar nicht gegen diesen Jungen. Sie hob ohne zu zögern ihren Zauberstab und rief: „Petrificus Totalus!“ „Nein!“, schrie Hermione schrill, doch der Schrei war noch nicht verklungen, da wirbelte Harry auch schon herum und beantwortete den Angriff mit einem Reflektor, sodass das Slytherinmädchen ihrem eigenen Angriff ausweichen musste, um nicht getroffen zu werden. „Wahnsinn…“, staunte Dean und Ron konnte nur fassungslos mit dem Kopf nickten. Diese Reaktion war einfach unglaublich. Sie hatte ihn hinterrücks angegriffen! „So, Miss Granger. Jetzt Sie!“ Mit zitternden Fingern hob das Mädchen den Stab und wirkte zaghaft einen Expelliarmus, den Harry mühelos abblockte, ohne sich weiter damit zu beschäftigen. Sie seufzte erleichtert und Ron legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Dieses Arschloch!“, murmelte er wütend, was außer Hermione zum Glück keiner hörte. Hermione blieb auch keine Zeit zum Antworten, denn wieder schallte Raindooms herrische Stimme durch den Raum: „Nun bitte Mr Longbottom.“ Neville zitterte nicht weniger als Hermione, als er seinen Zauber sprach, doch Harry wich dem Angriff einfach aus, so dass wieder Pansy ausweichen musste, weil sie in der Schussbahn stand. Ihr wütendes Fauchen ging im Gemurmel der Bewunderungsbekennungen unter. Wo hatte Harry so gut kämpfen gelernt, dass er blind und taub nicht einen Zauber abbekam? Draco war ebenfalls beeindruckt. Harry schlug sich gut. Er konnte richtig stolz auf ihn sein! Raindoom allerdings, so stellte er fest, war definitiv unzufrieden mit diesem Ergebnis. Und der Blonde bekam immer mehr den Eindruck, dass diese ganze Aktion eigentlich nur dafür gedacht war, Harry zu demütigen. Pech für ihn, dass der Gryffindor sich trotzdem so gut schlug! „So und jetzt immer zwei auf einmal!“, meinte der Lehrer nach einiger Zeit, in der man die Wutgedanken auf dem vom Alter zerfurchten Gesicht arbeiten sehen konnte. „Mr Thomas, Mr Goyle!“ Synchron hoben die Jungen ihre Zauberstäbe und schickten ihre Sprüche auf die Reise. Doch während Harry Goyles Flammenzauber mit Wasser neutralisierte, beachtete er Deans nicht im Geringsten. Raindoom starrte ihn an. Fassungslos, wie es schien. Bis er sich dann ruckartig an Dean wandte: „Mr Thomas!“ Der Junge zuckte zusammen, als er Professor Raindooms böse Stimme seinen Namen rufen hörte, als hätte er ihn geschlagen. „Ja, Sir?“, fragte er, von der Tonlage etwas eingeschüchtert. „Was haben Sie gezaubert?“ Etwas kleinlaut senkte Dean den Kopf. „Den Entgiftungszauber für Fliegenpilze.“, murmelte er zaghaft, doch der erwartete Anschiss blieb aus, als Raindoom nach einem frustrierten Schnauben zwei neue Schüler aufrief: Malfoy und Zabini. Dem Blonden rutschte buchstäblich das Herz in die Hose. Er wollte Harry nicht angreifen! Denn wenn er es tat, kam nur ein gefährlicher Zauber in Frage, kein harmloser, denn das hätte seine Gesinnung verraten! Das wollte er nicht! Aber er wollte auch nicht angreifen! Und dennoch hob er mit einem gekünstelt fiesen, vorfreudigen Grinsen den Zauberstab und bereitete einen Hagelschauer vor. Zeitgleich mit Blaise ließ er den Zauber los und sah sich für Zehntelsekunden direkt Harrys leerem Blick ausgesetzt. Es war ein Anblick, wie Kaugummi in die Länge gezogen. Er sah Harrys Haare fliegen, sah sie wieder landen, sich wie schwarze Seide um sein Gesicht legen, der Umhang kam zur Ruhe… Dann wirbelte er herum und blockte sie beide kurz aufeinander folgend. Ob er… ihn erkannt hatte? Das war eigentlich nicht möglich, wo Harry doch nichts hörte. Oder? Kikuileh landete auf seiner Schulter und gedankenverloren begann er sie zu streicheln, was zum Glück niemandem auffiel, weil Raindoom selbst einen Angriff startete. Er wirkte frustriert, zumal Harry auch bei ihm keine Probleme hatte ihn abzuwehren und der Blitz einfach im Nichts verschwand. Woher konnte er solche Zauber? Es war doch nicht normal, dass man einen unbekannten Zauber einfach blockte! „So, und jetzt alle auf einmal!“ Die Schüler waren verunsichert, wussten nicht, ob der Lehrer das ernst meinte oder nicht, doch nach einer weiteren, ziemlich ärgerlichen Aufforderung und der Drohung mit Punktabzug, prasselte ein wahres Feuerwerk auf den Jungen nieder, der in der Mitte stand. Die grünen Augen weiteten sich einmal kurz vor Entsetzen, dann wurden sie plötzlich schwarz, als der erste Zauber ihn traf und er in die Knie ging, so dass zum Glück alle anderen über ihn hinweg schossen. Ein zweiter Zauber traf ihn, obwohl er noch völlig benebelt von dem ersten Treffer war, und sein Zauberstab flog zu Draco, der ihn triumphierend hochhielt. Es ging weiter, die Slytherins kamen gerade so richtig in Fahrt, gönnten dem am Boden kauernden Schwarzhaarigen keine Pause, als plötzlich alles stoppte. Dracos Augen wurden groß, als konzentrisch von Harrys Händen am Boden ausgehend, Eiskristalle über den Boden krochen, als der Armreif an Harrys Arm noch durch den Stoff zu leuchten begann und seine Haare statisch aufgeladen zu fliegen begannen. Er wollte vorstürzen, um den Schwarzhaarigen aufzuhalten, wusste er doch, dass der Schmerz, der durch die Silberranke ausgelöst wurde, enorm sein musste, was man auch schon an Harrys verzerrtem Gesicht sehen konnte, doch er konnte sich schon nicht mehr bewegen. Das Eis hatte seine Füße bereits erreicht und kroch nun erschreckend schnell an seinen Waden hoch. Längst war die Luft im Raum eisigkalt und sie atmeten kleine weiße Wölkchen aus. Erschrockene Schreie wurden laut, als auch die anderen merkten, was passierte. Sie hatten Angst und wollten flüchten, was einige sogar noch schafften, weil sie weiter von Harry entfernt standen, doch alle anderen waren hier gefangen. Gefangen in einem Käfig aus gläsernem Eis… Schon konnte Draco das Eis auch an den Wänden glitzern sehen. Wie Reif überzog es Tische, Stühle und Fensterscheiben. Und noch immer breitete es sich aus! Es hatte schon seine Knie erreicht und langsam spürte Draco, wie es in seine Haut eindrang. Erst da begriff er: Es war sein Zauber! Der Zauber, den er auf Harry gezaubert hatte, als er ihn dazu bringen wollte, ihn zu hassen! Ein dunkler Zauber… Oder jedenfalls in der Art, denn so stark war der normalerweise nicht! „Harry!“ Die furchtsame, erstickte Stimme kam von Hermione und Draco konnte sehen, wie der Junge darauf reagierte. Sein Kopf ruckte herum und er fixierte sie, als wäre er in Trance. Offensichtlich hatte der Tranquillitas nachgelassen. Vielleicht… Einem Impuls folgend befreite er das Mädchen mit einem Gegenzauber, wie er es kurz darauf auch mit sich selbst machte. Die Schmerzen waren schlimm und er wollte sie nicht unbedingt länger aushalten als nötig. Gleichzeitig wusste er, dass es tatsächlich sein Zauber war, denn der Gegenzauber dafür hatte gewirkt… Und dann begegnete er ihrem ungläubigen Blick, als sie schon verstürzte, bevor sie sich abwandte und sich vor Harry zu Boden fallen ließ. Draco zauderte. Das war jetzt aber wirklich nicht gut! Wenn sie es wusste, würde sie womöglich… Er war in Gefahr, wenn sie auch nur ein Wort verlauten ließ! Er war so gut wie verloren! Ihm fiel Snapes Zauber ein, doch konnte er sich nicht daran erinnern, wie er gewirkt wurde. Verdammt! Was sollte er denn tun? Er wollte nicht der Verlierer sein! Und dann wurden all diese Gedanken verdrängt, als er sah, wie sie, ungeachtet der erneuten Eiskristalle an und sicherlich auch in ihren Knien, Harry umarmte und sich an ihn klammerte. „Hör auf!“, flüsterte sie tränenerstickt, doch er konnte ihre Stimme noch immer hören, warum auch immer. „Bitte, Harry! Du musst aufhören! Es ist vorbei!“ Auch ihre Haare begannen zu fliegen, als sie dem Strom ausgesetzt war, der durch seinen Körper floss, doch sie merkte oder beachtete es zumindest nicht. Der Eisfluss stoppte. Sie hatte es tatsächlich geschafft. „Hörst du? Ich bin bei dir! Niemand greift dich mehr an!“ Verzweifelte Erleichterung machte sich auf dem blassen Gesicht breit und langsam schlossen sich die grünen Augen, als die Spannung aus seinem Körper wich und er sich ihn ihre Umarmung fallen ließ, sie sogar zitternd erwiderte. In Draco explodierte Eifersucht. Harry zu umarmen war sein Vorrecht! Er war mit ihm zusammen, nicht sie! Harry war sein Freund! Was erdreistete sich das Gör, ihm dieses Recht streitig zu machen?! Doch offenbar wirkte es. Harrys Magie floss nicht mehr, die Haare hörten auf zu fliegen, das Leuchten an seinem Arm verschwand. Die weinerlichen Schreie der Schüler verstummten, wie Draco gerade bewusst wurde, dass sie die ganze Zeit über da gewesen sein mussten, ohne dass er sie wahrgenommen hätte. Raindoom hatte es endlich geschafft, den richtigen Gegenzauber zu finden und befreite sie nun nacheinander, bevor er sie auf die Krankenstation schickte, so dass sich der Raum immer weiter leerte. Und währenddessen hockte Hermione vor Harry und schaukelte ihn sachte hin und her, was deutlich sichtbar beruhigend auf ihn wirkte, denn der Junge entspannte sich immer weiter. Dracos Hände ballten sich zu Fäusten und erst da bemerkte er die Anomalie: Er hielt in jeder Hand einen Zauberstab. Er hatte Harrys Stab noch immer! Wie bei Merlin…? Ron war auch endlich frei und ging trotz sicherlich schmerzender Füße und eindeutiger Anweisung Raindooms zu Harry, kniete sich neben seine beiden Freunde, woraufhin Hermione sich ein wenig bewegte, um ihn anzusehen. Jetzt konnte Draco auch das Gemurmel des Schwarzhaarigen verstehen. Harry beteuerte ununterbrochen, dass er das doch gar nicht gewollt hätte, dass es ihm Leid tat, dass er Panik gehabt hatte… So ein Idiot. Wer würde schon davon ausgehen, dass er, gerade er, das absichtlich getan haben sollte… Endlich verließ auch Kikuileh ihren Platz auf Dracos Schulter und schwirrte vorsichtig auf ihren Freund zu, landete auf seiner linken Schulter, streichelte ihm über die Ohrmuschel und redete leise klingelnd auf ihn ein. Jetzt war er der einzige, der ihn nicht im Arm halten konnte! Draco wurde wütend, wollte schon davon stürmen, um sich das nicht länger anzutun, als Harry plötzlich den Kopf hob und ihn anlächelte. Es war der Moment, indem seine Knie weich wurden. Dieser Blick… „Mr Potter!“ Professor Raindoom zerstörte mit hysterischer Stimme diese sich zunehmend ausbreitende, angenehme Stille im Raum. „Das wird ein Nachspiel haben, wie Sie es noch nicht erlebt haben! Ihre ganze Klasse zu gefährden! Unglaublich! Ein Angriff auf einen Lehrer! Fünfzig Punkte ziehe ich Ihnen ab! Und eigentlich müssten es noch hundert mehr sein!“ Harry reagierte nicht einmal darauf, lächelte nur immerzu weiter Draco an, der seinerseits Raindoom anfunkelte, als Hermione sich für den Schwarzhaarigen zur Wehr setzte. „Sie sind doch selbst Schuld!“, knurrte sie und Draco wurde unwillkürlich an eine ihre Welpen verteidigende Hündin erinnert. Diese Ähnlichkeit… unglaublich. Das nannte man Mutterinstinkt, oder? „Solch ein Experiment hätten Sie niemals durchführen dürfen! Ein Kind derart unter Druck zu setzen! Und dann auch noch ihn! …der mit derartigen Gegebenheiten mehr als genug schlechte Erfahrungen gemacht hat!“ Stille. Sekundenlang. „Und zwanzig Punkte für Sie, Miss Granger!“, fauchte der Lehrer dann plötzlich mit eiskaltem, erstarrtem Gesicht, was bei seiner vor Kälte geröteten Nase absolut albern aussah, bevor er mit wehendem Umhang aus der Klasse rauschte und die Tür hinter ihm ins Schloss krachte. „Toll, Mione!“, schwärmte Ron glücklich, pustete sich einmal in seinen erstarrten Hände, um sie zu wärmen. „Jetzt hast du’s ihm aber gegeben!“ Harry kicherte leise. „Oh ja. Jetzt bin ich nicht mehr der einziger, den er abgrundtief hasst!“ „Was bitte?“, fragte der Rotschopf irritiert und Hermione seufzte schwer. „Der Mann ist absolut unfähig, Kritik zu ertragen!“, erklärte sie missmutig. „Ist dir nicht aufgefallen, dass er Harry, seit der ihn kritisiert hat, absolut ungerecht behandelt? Der Kerl gehört zu der Art Mensch, der dem, der Kritik geäußert hat, zeigen muss, dass er schwächer ist, ihm unterlegen und…“ „Hermione steht jetzt auch auf seiner Abschussliste!“, grinste Harry. „Danke dafür.“ Es war doch dadurch viel einfacher zu ertragen, nicht? Auch wenn sie darunter leiden musste, der Gedanke tat gut… Er drückte sie einmal fest, dann ließ er sie plötzlich los und rappelte sich auf. Und auch wenn er einmal noch schwankte, er stand auf eigenen Füßen und ein unbeschreibliches Lächeln zierte sein Gesicht, als er die Hände ein wenig hob und auf einmal Wärme den Raum erfüllte. Das Eis an den Wänden zog sich zurück, genau wie die Kälte sich aus den Gliedern seiner Freunde löste und verschwand. Selbst die klirrend kalte Luft erwärmte sich wie an einem sonnigen Frühlingstag. Von Ron kam ein erleichtertes Seufzen, war es für ihn offensichtlich schmerzhaft gewesen, während Harry auf Draco zukam. Langsam. Und dann direkt vor ihm stehen blieb. Draco hätte ihm am liebsten ins Gesicht geschrieen, dass sie hier nicht alleine waren, dass hier noch Zuschauer waren und er ihn damit verriet, machte sich im nächsten Moment selbst Vorwürfe, dass er nicht doch einfach gegangen war, als er noch Gelegenheit dazu hatte, als ihm wieder einfiel, dass er sich vor Granger eh schon verraten hatte, dass sie eh schon bescheid wusste... Eine Hand Harrys hob sich zu seiner Wange, strich leicht darüber. „Danke, dass du ihr geholfen hast.“, wisperte er und Draco nahm im Hintergrund wahr, wie das Wiesel sich erhob und offenbar zwischen Wut und Unglauben schwankte. „Wäre sie nicht zu mir gekommen, hätte ich vielleicht alle…“ Reflexartig schüttelte er den Kopf, um den Dank abzuschlagen, als in Ron plötzlich die Wut überlag. Entschlossen stürmte er auf sie zu, wollte Harry offenbar von ihm fortreißen, doch Hermione hielt ihn mit nur einer Geste und einem Kopfschütteln davon ab. Ron war außer sich. „Siehst du denn nicht, dass er verzaubert wurde?“, rief der Rotschopf aufgeregt. Seine Augen waren weit aufgerissen und er meinte das offensichtlich absolut ernst. „Wir müssen…“ „Nein.“, bestimmte Hermione und Ron brach entsetzt ab. Sie lächelte sanft und ging dann zu den beiden Jungen. „Ich kann es zwar nicht wirklich glauben…“, begann sie zögerlich, aber dann fasste sie sich ein Herz. „…Danke, dass du geholfen hast, Malfoy. Ohne dich hätten wir ihn wohl kaum so schnell beruhigen können.“ Draco starrte sie an, das Gesicht ausdruckslos. Hatte sie den Verstand verloren? Sollte sie ihn denn nicht… hassen, wie sie es immer getan hatte? Das war doch nicht normal, dass man so eine Aktion so gelassen aufnahm, wenn sie einen so unerwartet traf! „Ich habe gesehen, wie du den Zauber gesprochen hast.“, erklärte sie, seine Mimik offenbar falsch deutend. „Du brauchst nicht…“ „Ich warne euch!“, unterbrach Draco sie kalt. Was interessierte ihn diese dämliche Erklärung? Das Resultat war wichtig! „Wenn es auch nur einer erfährt…“ Das braunhaarige Mädchen lächelte nur milde. „Ich bezweifle, dass es außer mir jemand gesehen hat.“, erklärte sie, während Harry breit grinste. „Und ich werde nichts verraten! Ich verspreche es dir!“ Doch Ron schnaubte nur abfällig. Aus seinen Augen sprach der Hass, den Draco generell von jedem Gryffindor außer Harry erwartet hatte. Schön dass wenigstens einer ihn nicht enttäuschte... „Das glaubst du doch selber nicht, dass der freiwillig jemandem hilft!“, spuckte er an seine Freundin gewand aus. Hermione blickte ihn bedeutungsvoll an. „Oh doch. Das glaube ich schon, nicht wahr, Harry?“ Zur Bestätigung drehte sich Harry um und nickte. Er strahlte übers ganze Gesicht. Irgendwie war da Erleichterung in ihm zu erahnen, wenn man ihn ansah. Schön, ihn so zu sehen. Es tat wirklich gut. „Nein!“, kam es da plötzlich beschlossen von Ron, der die ganze Zeit von einem zum anderen geschaut hatte, ohne zu verstehen. Jetzt hatte er verstanden, ganz offensichtlich. Und er war nicht einverstanden. Ganz und gar nicht. Sein Ausdruck war Unverständnis in Reinstform. „Das ist nicht wahr, Harry! Das kann nicht dein Ernst sein!“ Doch Harry lächelte nur weiter und ließ sich dann urplötzlich zurückfallen, dass Draco reflexartig und erschrocken seine Arme um ihn schlang, um ihn aufzufangen. Ron klappte die Kinnlade herunter. Das hätte er niemals auch nur für möglich gehalten! Malfoy… bewahrte Harry vor einem Sturz? Was sollte das? In Ron brach eine halbe Welt zusammen, während Hermione sich still schmunzelnd bereithielt, um ihn im Notfall aufhalten zu können. Schließlich kannte sie seine cholerische Art. Sanft legte sie ihm eine Hand auf die Schulter, um ihm zu vermitteln, dass er nicht allein war und ruhig glauben konnte, was er da sah. Er sah sie an, dann wieder zu Harry und Draco. „Nein.“, wiederholte der Rotschopf schwach. Er klang, als würde er ertrinken. „Ihr verarscht mich! Das kann… das ist nicht wahr!“ Er wollte auf sie zugehen, doch sein Körper versagte ihm den Dienst. Mehr als Starren konnte er gerade nicht. „Was kannst du nicht glauben?“, fragte Draco plötzlich, in seinen Augen ein bedrohlich vorfreudiges Glimmen, und Harry legte ihm vorbeugend beruhigend eine Hand in den Nacken, den er gerade so noch erreichen konnte aus seiner Position. „Kannst du nicht glauben, dass er schwul ist, oder dass ich es bin, den er mag?“ Rons Augen weiteten sich und er blickte verzweifelt zu Hermione, die hilflos mit den Schultern zuckte. Für sie war klar gewesen, dass Harrys Liebe keinem Mädchen galt, als er bei den Fragen diesbezüglich jedes Mal eine kompliziertere Formulierung gewählt hatte. Und dass es Malfoy war, nun ja… Vielleicht hätte er eine nettere Art wählen können, es ihm begreiflich zu machen, aber er hatte ihr geholfen, Harry zu helfen, das war schon mal ein großer Pluspunkt. Und Harry schien doch wirklich glücklich, oder? Dieses Lächeln sagte doch alles. Außerdem erklärte es auch, warum er gesagt hatte, dass es auf keinen Fall publik werden durfte, denn dann würde man ihn sicherlich für einen Überläufer halten. „Du bist ein Todesser!“, rief Ron, als er bemerkte, dass er von seiner Freundin keine Hilfe erwarten konnte, was dann wiederum auch das Mädchen wieder zum Nachdenken brachte, denn das stimmte… zumindest offiziell. „Du… Gib es zu, du machst dich an ihn ran, weil dir der Unnennbare das befohlen hat!“ Diese Aussage hatte gleich zwei negative Auswirkungen: Harrys Lächeln verschwand und Dracos Blick wurde eisig. „Sag das noch mal!“ Harry schüttelte den Kopf, wollte, dass das aufhörte, dass Ron aufhören möge, Draco zu reizen und zu beleidigen, doch der Rotschopf dachte nicht einmal daran. „Du hast mich sehr gut verstanden, du Frettchen!“, giftete er. „Du wirst ihn mit Sicherheit verraten! Und das lasse ich nicht zu!“ „Hör auf!“, rief Harry schwach dazwischen, doch es ging in Dracos Antwort unter. „Und was würdest du dagegen tun? Du bist ein Nichts!“ Er hatte seine alte Kaltschnäuzigkeit, sein Slytherinerbe und die Erziehung aus fünfzehn Jahren wieder, blickte überlegen zu dem doch etwas größeren Weasley hinüber. „Du könntest mich doch nicht einmal aufhalten, wenn du es wolltest! Du kannst ja nicht einmal jetzt etwas tun!“ „Ach nein?“, fuhr Ron auf. „Bist du dir da ganz sicher?“ „Aber sicher bin ich sicher! Ein Wiesel kann mir nichts anhaben!“ „Geh zur Seite, Harry!“, grollte Ron, seine Stimme war plötzlich tiefer als zuvor. „Ich mach das Großmaul platt!“ Harry schüttelte panisch den Kopf, wollte keinen Kampf zwischen seinen Freunden, doch er wurde von Draco einfach zur Seite geschoben. Magie knisterte in der Luft; er konnte sie durch den Armreif spüren. Kikuileh flog aufgeregt umher und versuchte zu helfen, indem sie Streit schlichtende Worte rief, was niemand so wirklich wahrnahm. Ron begann seinen Zauber zu sprechen, da fühlte Harry, wie in ihm selbst Magie wuchs. Andere Magie. Sein Wunsch nach Frieden war stark genug, das begriff er plötzlich. Seine Angst, dass die beiden kämpfen würden, hatte den Wunsch stark gemacht. Genau wie seine Angst zuvor das Zaubern der Schüler unterbrochen hatte. Mit den Händen formte er eine imaginäre Kugel, dann zog er die Hände auseinander! „Bufopiscium!“, schrie Ron. Und im gleichen Moment: „Vomica sanies!“ Nichts geschah. Die beiden Duellanten starrten einander an, dann versuchten es beide zugleich ein weiteres Mal. Viel mehr Erfolg hatten sie damit allerdings nicht. „Was ist denn mit dem dämlichen Stab los?“, schimpfte der Rotschopf und schüttelte ihn. „Er ist doch erst zwei Jahre alt! Da kann er noch nicht kaputt sein!“ Es ließ die knisternde Spannung verschwinden. Draco schwieg, doch auch er besah sich seinen Stab, dann nahm er Harrys, um vielleicht doch noch etwas zu erreichen, doch auch dieser funktionierte nicht. Ein Verdacht keimte in ihm auf und er blickte zu Harry hinüber, der ruhig an Hermiones Seite stand, still lächelte. Hermione, die den Blick bemerkte, sah ebenfalls zu ihm. Anscheinend wartete er auf etwas... „Du…!“ Harry nickte, noch ehe Draco ausgesprochen hatte, ließ diesen wieder verstummen, was auch Ron endlich aufsehen ließ. „Ja, ich.“ Hoch erhobenen Hauptes stand er da, starrte ins Leere, wirkte fast königlich dort. „Ich will nicht, dass ihr kämpft.“ Eine klare Aussage. Ein Befehl? „Wie hast du das gemacht?“, wollte der Blonde wissen. „Dein Zauberstab ist hier!“ und er wedelte damit in der Luft herum. Hermiones Kopf fuhr herum, genau wie Rons. Sie waren deutlich schockiert. Was hatte das zu bedeuten? „Ach ja, du hattest ihn ja bekommen, als ich nicht mehr reagieren konnte…“ Erstaunlich, dass er mitbekommen hatte, wer ihn genommen hatte. Draco zog die Augenbrauen zusammen. Was war der Kerl eigentlich für ein Mensch, wenn er in einem solchen Kampf soviel zugleich tun konnte? „Bekomm ich ihn zurück?“ Draco kam zu ihm, reichte ihm den Stab und Harry steckte ihn kommentarlos in den Ärmel. War doch nicht zufassen, diese Ruhe! „Also, wie has du das gemacht?“, wiederholte Draco nachdrücklich. „Zauberstablose Magie…“, hauchte Hermione plötzlich und machte einen zittrigen Schritt auf ihn zu. „Sag bloß, du hast es geschafft?!“ Harry lächelte und nickte. „Es geht nur manchmal.“, sagte er, doch er blieb ernst, schien nicht zu scherzen. Und es schien ihm egal zu sein, denn er wandte sich an Ron. „Wieso kannst du dich nicht einfach für mich freuen. Immerhin weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden liebt.“ War ja klar, dass ihm das wichtiger war als seine neuen Fähigkeiten. So war er ja immer schon gewesen. Ron schnaubte abermals abfällig. „Er ist ein Todesser! Und er ist ein Scheißkerl mit einem miesen Charakter!“ „Du redest Unsinn!“, rief Harry empört. „Wirklich, Harry! Wie kannst du jemanden wie ihm Zuneigung entgegenbringen, wenn er es war, der dich vier Jahre deines Lebens nur geärgert und gedemütigt hat?“ Harrys Augen blitzten plötzlich dunkel auf, als er den Kopf direkt auf Rons Augen ausrichtete, was diesem das schon bekannte Unwohlsein bescherte. „Es ist mein Herz, Ron. Und ich kann es schenken, wem auch immer ich will. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann sind wir die längste Zeit Freunde gewesen!“ Stille folgte auf diese Ansage und Rons Augen waren weit vor Schreck, bevor sie sich verengten. Hermione ignorierend, die verzweifelt versuchte, ihn zurückzuhalten, presste er hervor: „Du würdest ihn uns also vorziehen?“ Ausdruckslos kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Wenn er der einzige ist, der meine Entscheidungen akzeptiert und mich annimmt, wie ich bin, ohne nach dem Grund zu fragen, dann ja.“ Rons Lippen wurden weiß, pressten sich zusammen, seine Hände ballten sich zu Fäusten. „So ist das also.“, ätzte er und seine Augen sprühten Gift. „Kaum hast du einen neuen Freund, sind wir überflüssig.“ Panik explodierte in Harrys Bauch bei den Worten. So war das nicht gemeint! Ron bekam das alles in den falschen Hals! Er hatte doch nur begreiflich machen wollen, wie ernst er es mit Draco meinte! „Ron… Das ist nicht wahr!“ „Oh, du brauchst es nicht weiter zu erklären.“, schnitt ihm der Rotschopf rigoros das Wort ab und packte Hermiones Hand. „Ich verstehe schon. Du brauchst uns nicht mehr!“ Damit drehte er sich um und zog seine Freundin mit sich zur Tür, doch die wehrte sich. „Warte doch mal, Ron!“, rief sie, doch im Grunde hatte sie keine Chance. Er war stärker als sie und er war sauer. Keine guten Voraussetzungen, gegen ihn zu kämpfen. Mit einem letzten Blick, mit dem sie wortlos versprach noch einmal mit ihm darüber zu reden, ließ sie sich schließlich hinausziehen. Harry ließ die Schultern hängen. ‚Nicht schon wieder!’, dachte er verzweifelt. ‚Lass es nicht wieder dazu kommen, dass er mich hasst!’ Tränen sammelten sich in seinen Augen, als er plötzlich zwei warme, starke Arme um seine Mitte spürte. „Er beruhigt sich schon wieder.“, flüsterte es leise an seinem Ohr. „Keine Sorge.“ Er war da… Draco war da. Harry ließ sich gegen den Blonden sinken und seufzte tief und zittrig, drängte im nächsten Moment die Tränen zurück und lächelte tapfer. „Und wann?“, fragte er heiser. „Das wird sich zeigen.“ Das hatte er befürchtet. Nickend schluckte Harry, versuchte seine Verzweiflung damit einzudämmen, ließ aber offen, was er genau darüber dachte. --------------- Damit hab ich es geschafft… erstens: sie sind geoutet… zumindest vor Harrys Freunden. Zweitens: Ron ist sauer. Wie er es eigentlich immer ist. Endlich ist er mal nicht ooc… dummerweise wird sich das schon ziemlich bald wieder ändern… aber egal. Zu meiner momentanen Hochladelähmung… beschwert euch bei Abby, sie ist schuld. Aber im positiven Sinne, denn das, was dabei herauskommt, was mir die Zeit für Blind stiehlt, das wir euch Leser sicherlich gefallen. Und es wird auch irgendwann hochgeladen! Gryffindors Gemächer -------------------- Titel: Gryffindors Gemächer Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 25: Gryffindors Gemächer Für die Schüler des fünften Jahrgangs Slytherin und Gryffindor fiel der Unterricht im Folgenden aus. Harry wurde gerufen und musste lange Zeit im Büro von McGonagall verbringen, um auf seine Strafe zu warten, während Dumbledore und die Hauslehrer persönlich mit den betroffenen Schülern sprachen, um außer Raindooms Sicht der Dinge auch noch eine andere zu erfahren. Ein solches Ereignis war ungeheuerlich und in seiner Art einzigartig in der Geschichte Hogwarts’. Jedenfalls seit sehr langer Zeit. Am Ende wurde Harry schließlich vorgeladen. „Erzähle mir, was passiert ist.“, forderte Dumbledore nach der üblich freundlichen, wenn auch diesmal ziemlich ernsthaften Begrüßung. Harry war es wirklich ein Rätsel, wie dieser Mann es fertig brachte, niemals anders als freundlich zu sein und jeden zu beruhigen, ohne dass es jemals seine Absicht schien, das zu tun. Leise lächelnd zuckte er mit den Schultern. „Ich hatte eine Prüfung und einen Ausraster.“, erklärte er schlicht und fast schon verträumt, was geschehen war. Sie wussten es doch eh längst, da war es doch egal. Dumbledore sah ihn einige Zeit schweigend an und auch Raindoom und die Hauslehrer der vier Häuser blickten ohne Worten auf ihn herab. Noch nie war es vorgekommen, dass sich ein Schüler in dem Maße gegen einen Lehrer gestellt hatte und dann auch noch Schüler verletzt hatte, da waren alle Hauslehrer nötig, um die Situation zu überschauen und ein Urteil zu fällen, deshalb waren sie da. Als Harry nicht danach aussah, als ob er weiter sprechen würde, bat Dumbledore: „Bitte erzähle uns, was du erlebt hast.“ Harrys Antwort war entscheidend, deshalb fragte er. Irgendwie gewann er den Eindruck, dass Raindoom in seiner Erzählung einiges weggelassen hatte, und den Schülern traute er eine wirklich objektive Einschätzung der Situation nicht ganz zu. Er warf der kleinen Fee in Harrys Hand einen kurzen Blick zu und stellte fest, dass sie mit einem der Kekse von Harrys Teller beschäftigt war. Aber obwohl er sie extra für ihn hergezaubert hatte, hatte der Junge im Gegensatz zu Kikuileh noch keinen angerührt. Auch das Mittagsmahl in McGonagalls Büro war von ihm nicht gegessen worden. Schweigend und irgendwie niedergeschlagen hatte er vor sich hingebrütet. So wie jetzt auch noch. Ein kurzes Nicken, dann hob Harry wieder zu sprechen an. „Ich hatte die Aufgabe, bist Halloween einen Zauber zu finden, der das erfüllt, was ich an Professor Raindooms Zauber bemängelt hatte.“ „Ja, davon haben wir sicher alle gehört, nicht wahr?“ Dumbledore blickte in die Runde und wartete, bis die Lehrer zustimmten. „Fahr bitte fort, Harry.“, sagte er sanft. „Ich sollte nach vorne kommen und Professor Raindoom hat einen Tranquillitas gewirkt, damit ich nicht hören konnte, aus welcher Richtung welcher Zauber kommt. Also habe ich den Apulsus…“ „Du hast den Apulsus gelernt?“, unterbrach ihn Dumbledore ungläubig und Harry nickte. „Unglaublich. Wer hat ihn dir beigebracht?“ Pure, kaum versteckte Begeisterung. „Ich habe ihn aus einem Buch.“, war die leise Antwort. Dumbledores Augenbrauen hoben sich und er warf einen erneuten Blick in die Runde. Es war klar was er wissen wollte, doch außer Snape schüttelten die Lehrer die Köpfe. Sie konnten diesen Zauber nicht wirken. Selbst wenn sie von ihm gehört hatten, war er einfach zu schwer zu lernen, als dass man ihn einfach so mal zu lernen versuchte. Und bisher hatten sie ihn nicht gebraucht. „Wie lange hast du dafür ge…“ „Albus, das ist nicht Gegenstand der Versammlung.“, ermahnte McGonagall den begeisterten Schulleiter mit leicht strengem Blick und der Weißhaarige räusperte sich einmal mit einem frechen Zwinkern in ihre Richtung. „Entschuldige, Minerva. Natürlich hast du Recht. Es ist mit mir durchgegangen. Erzähl weiter, Harry.“ Kommentarlos fuhr dieser fort. „Ich habe den Appulsus gewirkt und bin den Zaubern ausgewichen, die die anderen gezaubert haben und…“ „Wie viele kamen da?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich nicht. Ich hab sie nicht gezählt.“ „Nein, wie viele auf einmal?“ „Ach so. Erst einzeln, dann doppelt, dann durcheinander. Einer hat mich getroffen und ich wollte, dass sie aufhören. Als sie es nicht getan haben… Ich habe… Ich weiß nicht mehr. Gezaubert, damit sie still sind. Eis gezaubert, weil Eis immer Stille bringt, bis man es wieder tauen lässt. Glaub ich…“ „Du hast es also vorsätzlich getan?“ „Natürlich hat er das!“, fuhr Raindoom auf, doch er bekam von Dumbledore nur einen mahnenden Blick zugeworfen und dieser Blick war weit kälter, als der Grauhaarige vermutet hätte. Das sah nicht gut aus für ihn… Wie konnte Dumbledore den Worten eines Kindes mehr Glauben schenken als seinen? Böse starrte er auf den schwarzhaarigen Jungen hinunter, der vor ihm saß. Harry zuckte unterdessen, ungeachtet des Einwurfs, die Schultern. „Ich wollte ihnen nicht wehtun, aber es war die einzige Möglichkeit, sie zu stoppen. Ich kann die Zeit nicht anhalten, aber Eis kommt dem doch ganz nahe.“ Ihm fiel ein, dass er das hätte tun können, das er bei Ron und Draco getan hatte, doch für so eine Überlegung war es jetzt zu spät. Und zu seinem Vorteil wussten die Lehrer davon nichts. Die Lehrer sollten davon ja nicht einmal etwas ahnen, denn sie würden unweigerlich ebenfalls die Neuigkeit einer Verbindung zwischen ihm und Draco erfahren. Und das wollten weder er noch Draco. „Und du hast nicht versucht, es ihnen zu sagen?“, fragte McGonagall dazwischen und sie klang dabei richtiggehend enttäuscht. Ihr den leeren Blick zuwendend lächelte Harry. „Ich habe gefragt.“, erklärte er. „Aber sie haben mich wahrscheinlich nicht gehört.“ „Wie kommst du darauf?“ „Sie haben nicht geantwortet. Sie haben nicht aufgehört.“ Die Lehrer wechselten einen Blick. So ähnlich hatten es die Schüler berichtet. Harry war zu Boden gegangen und hatte die Lippen bewegt, doch da nichts zu hören gewesen war, hatte man weiter gemacht, in der Annahme, er würde den Zauber erneuern, auf den er geprüft wurde, und weil man sich an die Anordnung Raindooms hatte halten wollen, da dieser mit Punktabzug gedroht hatte. Und Harry hatte demnach aus Notwehr gehandelt, weil Raindoom verhindert hatte, dass er es unterband. War doch mal interessant. Zumal die Schüler gar nicht davon ausgingen, dass der Zauber von Harry gekommen war, da dieser keinen Zauberstab mehr gehabt hatte. Die Blicke wandten sich Professor Raindoom zu, deutlich Missbilligung zeigend. Es war doch unglaublich, wie unreif dieser Mann war, dass er Hilfe bei seinem Chef suchte, um einen durch und durch anerkannt ehrlichen Jungen anzuschwärzen… Wie dumm konnte man sein, zu glauben, dass der eigene Fehltritt da nicht herauskam? Dann lächelte Dumbledore plötzlich wieder. „Vielen Dank, Harry.“, sagte er. „Bitte warte im Nebenzimmer, bis ich dich rufen lasse, ja?“ Harry nickte und der Schulleiter lächelte breiter. „Nimm am besten die Kekse mit, dann kannst du endlich etwas essen. Mach dir keine Sorgen.“ Wortlos nickend tat Harry, was ihm gesagt wurde und verließ den Raum, trat in den nächsten, wo er gurrend von Fawks begrüßt wurde. Ihm fiel erst jetzt auf, dass der Phönix gar nicht im anderen Raum gewesen war. Überhaupt… wenn er es sich recht überlegte, dann erinnerte er sich überhaupt nicht richtig daran, was da drinnen geschehen war. Er hatte mehr über Ron und seine Reaktion nachgedacht, hatte sie sich durch den Kopf gehen lassen und war daran fast verzweifelt. Aber… das war jetzt auch nicht anders und würde sich nicht ändern… außer… Ihm kam eine Idee. Konnten Phönixtränen nicht alles heilen? Lächelnd ging er zu ihm und ließ zu, dass der Vogel seinen Kopf an seiner Wange rieb. „Kannst du mir nicht helfen?“, fragte der Junge leise und strich ihm über den Rücken. Das Gefieder war warm und glatt, ganz entgegen dem kalten Gefühl, das entstand, wenn er Hedwig streichelte. Der Phönix blinzelte ein wenig, beobachtete die leeren, grünen Augen, aber es war Kikuileh, die ihm antwortete. *Er kann nichts heilen, was nicht krank ist.*, übermittelte sie Harry die Antwort des Tieres. *Und Kummer des Herzens kann er auch nicht lindern.* „Verstehe.“, murmelte Harry lächelnd und kraulte Fawks die Kehle. „Ist okay. War ja nur so ein Gedanke.“ Er wusste nicht, wie lange er dort stand und seine Gedanken unbeachtet an sich vorbei treiben ließ, doch nach einiger Zeit stand plötzlich Dumbledore hinter ihm und lächelte. „Das scheint er sehr zu genießen.“, schmunzelte er und Harry hob den Kopf, drehte ihn ein wenig in die Richtung, aus der die Stimme kam. „Ah, sind Sie fertig? Soll ich kommen?“ „Das wäre tatsächlich in unserem Sinne. Die Punkte, die dir und Hermione Granger von Professor Raindoom abgezogen wurden, sind übrigens nichtig.“, eröffnete er ihm. „Aber wir haben dennoch noch ein paar Fragen an dich.“ Harry nickte und folgte Dumbledore dann wieder hinüber in den Raum, wo die Lehrer, diesmal ohne Raindoom, warteten. Und diesmal war auch Fawks dabei, der so gar nicht damit einverstanden war, dass das angenehme Gefühl des Gekraultwerdens jetzt enden sollte. Als Harry sich setzte, landete er auf der Armlehne, um diese Wohltat weiterhin erfahren zu können. Kikuileh setzte sich auf seinen Rücken und begann nahtlos, ungeordnete Federn zu glätten, was Fawks wiederum über sich ergehen ließ. Dumbledore schmunzelte. Herziges Bild. Doch McGonagall störte diese Idylle ein wenig, als sie zügig zur Sache kam. „Die Schüler haben uns berichtet, dass Sie keinen Zauberstab mehr hatten, als der Zauber gesprochen wurde. Ist das richtig?“ Achselzuckend nickte Harry und ein Murmeln setzte bei dreien der vier Hauslehrer ein. „Wieso sagen Sie dann, dass Sie diesen Zauber gewirkt haben?“ „Weil es so ist.“ Wieder Gemurmel. Nur Snape schwieg. Er hatte diese Theorie doch längst mit Dumbledore geklärt. Harry war ein Magus, ganz eindeutig. Wie weit er diese Gabe nutzen konnte, würde sich zeigen. „Dann haben Sie den Eiszauber ohne Zauberstab gewirkt?“, hakte Ravenclaw-Hauslehrer Flitwick nach und wieder nickte Harry. „Wie genau haben Sie das gemacht?“ Und diesmal zuckte Harry mit den Schultern. „Ich wollte, dass sie aufhören. Dann ist es auch schon passiert.“ Er sah wirklich nicht so aus, als wüsste er es besser. Dumbledore lächelte hinter vorgehaltener Hand, kannten die meisten Zauberer das Prinzip, das hinter hoher Magie steckte, doch nicht. Und Flitwick sah den Jungen auch reichlich skeptisch an. „Ist schon gut.“, lenkte er an den kleinen Mann gerichtet ein. „Das ist in Ordnung so. Er will dich nicht an der Nase herumführen. Er weiß es nicht besser. Das ist nun mal so.“ „Aber… wenn Mr Potter tatsächlich ein Magier ist, können wir ihn unmöglich weiterhin am normalen Unterricht teilnehmen lassen! Wir haben ja gesehen, welche Auswirkungen das im Extremfall haben kann!“ Flitwick war aufgeregt. „Da stimme ich Professor Flitwick vollkommen zu!“, warf Professor Sprout ein. „Aber seine Ausbildung ist längst nicht beendet!“, empörte sich McGonagall und hatte plötzlich einen Blick, der dem werdender Mütter nicht unähnlich war. „Wir nehmen ihm einen wichtigen Teil der Selbstfindungsphase, wenn wir ihn von den anderen separieren!“ „Wollen Sie lieber die Gesundheit der Schüler gefährden?“, fuhr Sprout auf. „Was ist das für eine Frage?“, entgegnete die gestrenge Schwarzhaarige entrüstet. „Sie wissen genau, dass es das nicht ist! Ich bin lediglich der Meinung, dass wir einen akzeptablen Mittelweg finden müssen!“ „Das können wir nicht verantworten! Was, wenn er wieder so ausrastet wie heute Vormittag?“ Professor Flitwick funkelte seine Kollegin wütend an. Und noch immer hatten weder Snape noch Dumbledore etwas gesagt. Die beiden beobachteten Harry, der unbewegt vor sich hinstarrte, endlich die Kekse futterte und Fawks kraulte, während Kikuileh jetzt Harrys Haare glättete. Bekam der Junge überhaupt mit, was um ihn herum geredet wurde? Es sah nicht so aus… „Es gibt sicher einen Zauber, der eine solche Entladung der Magie verhindert!“, erwiderte McGonagall auf Flitwicks Angriff bezüglich der Gefahr, die von Harry ausging. „Nein!“ Der weißhaarige, zwergengroße Mann schüttelte heftig den Kopf und unterstrich die Aussage mit einer heftigen Geste. „Mir ist ein solcher Zauber nicht bekannt! Und ich kenne viele Zauber!“ „Aber Sie kennen nicht alle!“, schrie McGonagall. So aufgebracht hatte sie wohl auch noch keiner gesehen und Dumbledore freute sich sichtlich, das einmal erleben zu dürfen. Welch eine Ehre… „Vielleicht kenne ich einen.“, mischte sich nun wieder Sprout ein. „Es gibt eine Pflanze, die in Rumänien wächst. Silberranke! Sie kennen sie bestimmt.“ Es war das erste Mal, dass Snape sich bewegte. Ohne ein Wort ging er zu Harry, nahm seinen Arm, mit dem er gerade wieder nach einem Keks hatte greifen wollen, und schob den Ärmel zurück. Schweigend präsentierte er den betroffenen Kollegen den Armreif. „Auf diese Idee bin ich auch schon gekommen!“, murrte er schließlich. Ihm ging das Gestreite auf die Nerven. Im Endeffekt oblag diese Entscheidung immer noch Dumbledore, der seinen Schützling niemals suspendieren würde, schon gar nicht wegen einem so nichtigen Grund. Die drei Lehrer blickten ihn empört an. „Sie wussten davon?“ „Wieso haben Sie nichts gesagt?“ „Wieso haben Sie Albus nicht …“ „Oh.“, merkte der Schulleiter auf, der bis gerade noch fasziniert Kikuileh beobachtet hatte, die aufgrund des Übergriffs auf Harry Knoten in Snapes Haare machte, die einfach nicht halten wollten, was die kleine Fee deutlich verärgerte. „Ich wusste es schon recht lange.“ Lächelnd legte er die Fingerspitzen zusammen, als die drei Lehrer verblüfft zu ihm hinsahen, plötzlich verstummten, dann stützte McGonagall die Hände in die Seiten. „Und wieso sagt uns das dann keiner? Ich denke, dass es doch ganz sinnvoll wäre, wenn zumindest wir Hauslehrer über derartige Talente Bescheid wüssten!“ Dumbledore schmunzelte nur wie immer. „Ich wollte einmal sehen, wie weit er im Selbststudium kommt.“ Dieses Statement verschlug den Dreien glatt die Sprache. Verzweiflung, Unglaube und Resignation war in ihren Gesichtern zu lesen. Harry verblüffte es nicht wirklich. Er war schon immer der Meinung gewesen, dass Dumbledore alles konnte, warum also sollte er davon nicht wissen? „Wie hab ich mich geschlagen?“, wollte er wissen, ohne das Streicheln des Feuervogels zu unterbrechen oder sich darüber zu beschweren, dass Snape noch immer seinen Arm festhielt. Dumbledore grinste. Da sieh an, er bekam doch mit, was hier geschah… Interessant… interessant, dass er es so gelassen nehmen konnte… „Oh, du bist weiter gekommen, als ich gedacht habe.“, erwiderte er und lachte, schob sich seine Halbmondgläser auf der Nase etwas höher. „Ich habe wesentlich länger gebraucht, um den Dreh rauszukriegen. Der schwarzhaarige Junge nickte zufrieden, während Snape jetzt endlich seinen Arm losließ. „Auch wenn ich Hilfe hatte, es bedeutet mir viel, dass gerade Sie das sagen.“ Denn es bedeutete, dass er wirklich stark war, dass er schaffen konnte, was er sich vorgenommen hatte. „Das kann ich mir vorstellen, Harry. Aber glaube mir, dass du trotzdem noch eine Menge Arbeit vor dir hast, wenn du das ausbauen willst.“ Wieder nickte Harry, doch er schwieg, ersparte sich den Kommentar, dass er das vorhatte, und steckte sich lieber noch einen Keks in den Mund. Langsam bekam er wirklich Hunger. McGonagall war es schließlich, die die Frage aussprach, die ungefragt in der Luft schwebte: „Werden Sie ihn jetzt unterrichten, Albus?“ Der Schulleiter lachte herzlich. „Nein. Das wäre Zeitverschwendung. Ein Magier zu werden, lernt man nicht durch einen Lehrmeister. Entweder man begreift die Technik oder sie bleibt einem verschlossen. Es würde nicht das Geringste bringen, ihm jetzt zu sagen, was ich tue. Es würde ihn lediglich verwirren!“ Die Lehrerschaft, einschließlich Snape, nickte. Das hatten sie auch noch nicht gewusst. Aber es klang schon fast logisch, so selbstverständlich hatte Dumbledore das gesagt. Dann erhob Sprout wieder das Wort. „Mr Potter, zaubern Sie bitte mal etwas ohne Zauberstab.“ Flitwick und McGonagall nickten zustimmend, begeistert von dieser Idee, wollten sie doch einen Beweis dieser unglaublichen Fähigkeiten demonstriert haben, aber Harry zuckte nur die Achseln. „Das geht nicht.“, erklärte er freundlich lächelnd. „Ich kann es noch nicht kontrollieren. Der Wunsch ist nicht stark genug.“ Er hatte sie alle effektiv zum Schweigen gebracht und wenig später durfte er gehen. Er hatte nicht nach Raindoom gefragt, denn es interessierte ihn nicht wirklich, was mit diesem Mann war. Immerhin verdankte er es ihm, dass er einen wirklich wichtigen Spruch gelernt hatte und er war dafür verantwortlich, dass er diesen Horror erleben musste. Kein Dank und kein Hass, das war sein Kompromiss. Es war bereits spät, nach acht Uhr, und Harry ging zum Gryffindorgemeinschaftsraum zurück, um noch einmal mit Ron zu sprechen; Snape hatte das Training für heute ausfallen lassen, weil er nicht glaubte, dass Harry noch in der Lage war, vernünftig zu zaubern nach dem Blitzgewitter, das durch seinen Körper gegangen sein musste. Harry wäre es egal gewesen, aber so bot sich doch zumindest die Chance, Ron noch zu erwischen… aber der Rotschopf war gar nicht da. Genauso wenig wie Hermione. Wahrscheinlich waren sie irgendwo in den Hogwartsgründen. Hermione verschrieb Ron immer einen ausgedehnten Spaziergang, wenn er sich aufgeregt hatte. Trotzdem war es schade… Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen und gerade wollte er hinaufgehen, um zu sehen, ob Ron nicht vielleicht doch oben im Schlafsaal war, oder um seinem Besen mal wieder ein bisschen Aufmerksamkeit zu schenken, um auszuspannen und sich von den ganzen Gedanken, die in seinem Kopf Achterbahn fuhren, zu lösen, da waren Fred und George plötzlich da. Jeder legte ihm einen Arm um die Schultern, dann dirigierten sie ihn in die hinterste und dunkelste Ecke des runden Raumes, die aufgrund einer depressiven Tür nicht gern genutzt wurden, weil sie jeden zulaberte, den sie sah und grundsätzlich nicht öffnete vor lauter Selbstmitleid. Die Zwillinge hatten offenbar einen Weg gefunden. Gerade noch hörte Harry das triste, schwerfällige Gemurmel, da hörte es auch schon auf und er wurde weiter geschoben. Direkt in einen dunklen Raum, wie ihm Kikuileh beschrieb. Es war der Moment, wo ihm wieder einfiel, was die Zwei vor nicht allzu langer Zeit noch getan hatten. Er begann sich zu wehren, bekam plötzlich Panik, dass sie ihn wieder küssen könnten und er damit Draco hintergehen würde, doch Fred legte ihm eine Hand auf den Mund, während George die jammernde Tür hinter ihnen schloss. Allein mit den Zwillingen. Harry konnte sein Herz laut und hektisch schlagen hören. Er wollte das nicht! Er wollte hier wieder weg! Fred seufzte, als er die Hand endlich von seinem Mund nahm. „Harry, Harry. Was denkst du eigentlich von uns?“, wollte er wissen, nachdem er Licht gemacht und die ängstlich geweiteten Augen gesehen hatte. „Wir würden doch nie etwas tun, was du nicht willst.“, ergänzte George und ließ ihn los. „Neben dir rechts ist ein Sessel. Setz dich doch.“ Harry bevorzugte es, stehen zu bleiben. Synchron seufzend ließen sich die Zwillinge nieder. „Wir wollten nur mit dir allein sein, damit keiner zuhört.“, begann Fred erneut. „Ja, wir wollten wissen, ob du eine Antwort für uns hast.“ „Hast du deine Gedanken geordnet?“ „Hast du dich entschieden?“ Harrys Hände begannen zu zittern, als ihm klar wurde, was sie wollten. Im Gegensatz zu Ron wussten die beiden nichts von Draco Malfoy. Sie wollten wissen, ob sie Chancen hatten! „Harry?“ Kikuileh hatte begonnen zu beschreiben, wie der Raum aussah. Viele Sessel, weich gepolstert, eine Sitzecke an der Wand, viele Kissen und Decken und Stofftiere, ein ungeheizter Kamin, gedimmtes, indirektes Licht. Alles in allem ein recht altmodischer Raum von der Farbgebung her. In Harrys Kopf machte sich der Gedanke an ein Schmusezimmer breit, an einen Darkroom, von dem ihm Dean einmal lachend und scherzend erzählt hatte, weil er in einer Muggelzeitschrift einen Artikel darüber gelesen hatte. Ein Raum, wo jeder einfach hineinging und mit dem oder der Nächstbesten rummachte, mit nur einem Ziel: Sex mit Anonymität. Wieso gab es in Hogwarts einen solchen Raum? War das hier nicht eine Schule? „Wo sind wir hier?“ Seine Stimme war zittrig, als er endlich die Sprache wieder fand. „Was ist das für ein Zimmer?“ George lachte. „Das… ach so. Wir sind hier in Gryffindors Gemächern. Früher nämlich waren die Hauslehrer immer noch in ihren Häusern untergebracht, um mehr Kontrolle über die Machenschaften ihrer Schüler zu haben.“ Unglaube spiegelte sich in Harrys Gesicht. „Woher willst du das wissen?“ Irgendwie fiel es ihm schwer, diesen Raum, den ihm Kikuileh da beschrieben hatte, mit seiner zugegeben recht mystischen Vorstellung von Godric Gryffindor zu vereinbaren. Was sollte der mächtigste Zauberer der Vergangenheit mit Plüschtieren? „Woher wollt ihr wissen, dass es Gryffindors Raum war? Die Zwillinge wechselten einen Blick. „Nun ja…“ „Weißt du, als wir…“ „Als du vorgestern so schnell verschwunden bist…“ „Wir waren…“ „…deprimiert.“ Wieso drucksten die Zwillinge eigentlich immer so herum wenn es um ihre Gefühle ging. Konnten sie nicht einfach Klartext reden? Das nervte! Und heute gleich dreifach! „Das hat dann wohl die Tür mitbekommen und hat uns angesprochen…“ „…warum wir so traurig wären.“ „Dass es ihr genauso ginge, weil ihr Meister nicht mehr da sei und einfach nicht wiederkomme…“ „Irgendwann hat sie dann damit rausgerückt, dass es Gryffindor war. Skeptisch lauschte Harry der doch recht wahnwitzigen Geschichte. Die Tür der Melancholie war nur deshalb so traurig, weil Gryffindor nicht mehr da war? Sie war seit tausend Jahren traurig? War ja nicht auszuhalten… „Aber das beantwortet unsere Frage noch nicht.“, erinnerte Fred ihn an den Grund für sein Hiersein. „Was ist nun?“ Harry ließ den Kopf hängen, ein trauriges Lächeln auf den Lippen, das von seinen über die Schultern fallenden Haaren beinahe verdeckt wurde. „Es tut mir leid.“ Die Antwort war ein ehrlich enttäuschtes Seufzen von George und ein bitterer Blick von Fred. „Da ist schon jemand in deinem Leben, haben wir Recht?“ Harry nickte, fühlte sich plötzlich mies und dreckig. Warum musste er sie so enttäuschen? Selbst wenn er es nicht absichtlich tat, es war nicht angenehm, jemandem einen Korb zu geben, den er so gern hatte wie die Zwillinge. „Dürfen wir erfahren, wer es ist?“ Der Gedanke an Rons Reaktion kam ihm in den Sinn, der Grund, warum Draco es geheim halten wollte, und er schüttelte den Kopf, fühlte sich jetzt auch noch klein und schmutzig. Das war so schrecklich ihnen das sagen zu müssen, wo sie doch seine Freunde waren… Freunde hatten keine Geheimnisse voreinander! „Er will nicht, dass es jemand erfährt?“, fragte Fred sanft. Nicken, dann hob Harry plötzlich erstaunt den Kopf. „Woher wisst ihr…“ „Du hast nicht halb so erschrocken reagiert, wie wir es erwartet hatten.“, erklärte George mit einem weichen Lächeln. „Wir hatten eher den Eindruck, dass es dich störte, dass wir es waren, nicht dass es ein Junge war, der…“ „…dich küsste. Also musste der Grund bei jemand Männlichem liegen, zumal du eine Freundin wirklich konsequent abgestritten hast, wenn wir dich damit gelöchert haben.“ „Es tut mir leid.“, wiederholte Harry zerknirscht. „Ehrlich, ich mag euch, aber…“ „Er ist dir wichtiger.“ „Wir verstehen dich schon.“ Harry senkte den Kopf wieder. Wieso mussten sie denn bloß so unglaublich hilfsbereit sein, so lieb und… Wieso konnten sie nicht reagieren wie Ron? Wütend, damit er sich wirklich schlecht fühlen konnte, damit er dafür einen Grund hatte. Obwohl… das wollte er eigentlich auch nicht. So eine Reaktion wollte er nie wieder! Von niemandem. Bitter biss er sich auf die Unterlippe. Warum hatten sie es überhaupt ansprechen müssen…? Fred und George erhoben sich und nahmen Harry in die Arme. „Es ist zwar wirklich schade…“ „…aber wenn du genug von ihm hast…“ „…kannst du gerne zu uns kommen.“ „Wir können warten.“ Es waren Gesten und Worte, die Harry die Tränen in die Augen trieben. Die ganze Aufregung des Tages, die schreckliche Ungewissheit wegen Ron, die Befürchtungen wegen dem Gerede der Lehrer, die ihn von den anderen fernhalten wollten und ihn für gefährlich hielten, all das wurde von dieser warmherzigen Umarmung losgeschlagen und krachte wie eine Steinlawine in seine Mauer aus Selbstbeherrschung. Er begann zu weinen. Und dazu kam, dass er sich schuldig gegenüber den Zwillingen fühlte, die so nett ihm gegenüber waren, obwohl er sie so enttäuscht hatte. Seine Hände hoben sich, krallten sich in den Stoff vor sich, während ihn Schluchzer schüttelten. Fred und George warfen sich einen bedeutungsvollen Blick zu. Entweder war Harry überglücklich über ihr Angebot, was nicht so wirkte, oder es war definitiv etwas nicht in Ordnung mit ihm. Doch als sie fragten, bekamen sie nur ein erneutes, ersticktes ‚Tut mir Leid!’ zu hören. Und so ließen sie das Fragen, spendeten etwas Trost und genossen die unverhoffte Nähe. Im Grunde konnten sie es sich ja auch denken: Die Abneigung, die dem Jungen entgegengebracht wurde, zerrte sicherlich gewaltig an seinen Nerven. ----------------++++++++++++++++++++-------------------------- Juhuuuuuuu, geschafft! *freu* Leute, ich hab ein weiteres Kapitel hochgeladen und hoffe, es gefällt euch. Meine Ansprüche an mich sind irgendwie gerade im Unermesslichen, also wäre ich euch sehr verbunden, wenn ihr mir Tipps geben könntet, was mir an dem Schmarrn da oben nicht gefällt… abgesehen davon, dass ich über Raindoom nichts geschrieben habe. Das wollte ich aber auch nicht. Mit diesen Worten… Mau! Frage nach Hilfe ---------------- Titel: Frage nach Hilfe Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 26: Frage nach Hilfe Harrys Vorsatz, noch einmal mit Ron zu reden, war an diesem Abend nicht mehr ausführbar. Er hatte solange bei den Zwillingen verbracht, dass Ron schon im Bett gelegen hatte, und auch wenn Harry sich sicher war, dass er noch nicht geschlafen hatte, so hatte er an diesem Abend einfach keine Kraft mehr, noch mit ihm zu sprechen. Bewusst verschob er es auf den nächsten Tag, um in dieser Begegnung vielleicht doch ein bisschen mehr Kraft zu haben als in diesem Moment. Jedoch erübrigte es sich auch da. Ron war fort, als er erwachte, bereits zum Frühstück gegangen. Und er war auch schon fort, als er in der Großen Halle ankam. Im Unterricht hatte Ron sich auf Hermiones andere Seite gesetzt, um nicht mit ihm reden zu müssen. Harry war verzweifelt. Vor allem, als Hermione ihm sagte, dass sie nicht zu Ron durchkam, ihm nicht begreiflich machen konnte, dass es eigentlich alles nur ein riesengroßes Missverständnis war. Er flüchtete in der Mittagspause in einen der Seitengänge und machte sich dort unsichtbar, um auch zufälligen Passanten keine Gelegenheit zu geben, ihn als das Häuflein Elend auszulachen, als das er sich gerade fühlte und gab. Für ein fröhliches, unbeschwertes Gesicht hatte er einfach keine Energie mehr. Draco fand ihn trotzdem, saß ganz plötzlich einfach neben ihm. Genauso wie damals in diesem einen Raum, in dem seine Fassade so rasant gebrochen war. Wortlos legte er ihm die Arme um die Schultern und wiegte ihn beruhigend hin und her, war wieder für ihn da. Der Schwarzhaarige weinte zwar nicht wieder, aber Draco wusste trotzdem, dass sein Freund Nähe nötig hatte. „Es tut weh.“, murmelte Harry irgendwann leise von selbst. „Es ist mit egal, was die anderen denken, aber warum muss er es mir so schwer machen?“ Draco gab ihm einen Kuss auf den Haarschopf. „Wir waren Feinde, vergessen?“ Kopfschüttelnd verneinte Harry. „Aber das macht es nicht besser! Es tut weh, dass ausgerechnet er mich schneidet!“ Der Blonde nickte. „Ich weiß.“ Und als Harry leise schnaubte, weil er ihm nicht glaubte, dass er das mit Ron nachvollziehen konnte, fügte er an: „Ich kann es dir ansehen.“ Diesmal antwortete Harry nicht und als auch nach einiger Zeit immer noch nichts von ihm kam, verstärkte Draco die Umarmung ein wenig und sagte: „Lass ihm noch ein bisschen Zeit. Irgendwann kriegt er sich wieder ein. Und wenn nicht, dann war er eben kein wirklicher Freund.“ Die Worte lockten ein Lächeln auf Harrys Gesicht, das Draco deutlich zeigte, wie sehr er sich zusammenriss. Er lockerte die Umarmung etwas, strich mit der Hand an Harrys Hals und Schlüsselbein entlang, bevor er vorsichtig mit zwei Fingern das feine Kinn anhob und ihn sachte küsste. Harrys Augen flatterten kurz, bevor er sie schloss und erfreut stellte der Slytherin fest, dass mit einem zittrigen Seufzer all die Anspannung aus dem schmalen Körper wich, als er den Kuss vertiefte und die fein geschwungenen Lippen mit seiner Zunge nachfuhr. Harry öffnete seinen Mund etwas, kam ihm selbst entgegen, ließ ihn schließlich ein, während seine Hand vorsichtig tastend über seine Brust strich. Glatt waren die Zähne, rau die Zunge und der Gaumen, süß sein Geschmack. Draco wurde etwas forscher, ließ seine Hand in Harrys Nacken wandern und zog ihn so gegen sich, plünderte immer wieder den warmen, sündigen Mund. Kurz lächelte er in den Kuss hinein, als ihm das Paradoxon bewusst wurde. Sündig war Harry nur, weil er sich selbst dafür hielt, dabei war er im Grunde seines Herzens so unschuldig, dass es fast an einen Heiligen grenzte. Harrys Finger fanden den Weg unter Dracos Umhang, schoben sich dort zwischen den Knöpfen hindurch und trafen auf seine Haut, dass er zusammenzuckte. Kalt waren sie. Eiskalt. Dagegen musste er unbedingt etwas tun. Er löste sich von Harry, der leise wimmerte und hockte sich kurzerhand auf dessen Schoß, was die grünen Augen sich vor Verwunderung weiten ließ. Aber wirklich auch nur kurz, dann suchten Harrys Finger auch schon wieder Kontakt. Draco fing sie ein, hob sie über den schwarzen Schopf und pinnte sie dort gegen die Wand, bevor er ihn abermals küsste. Wilder als vorher, inniger. Er drängte sich gegen ihn, konnte Harrys Puls unter seinen Fingern rasen spüren. Es machte ihn offensichtlich an. Es gefiel ihm! Draco begann seine Hüften kreisen zu lassen, rieb damit immer wieder gegen Harrys langsam erwachende Erregung, während er mit den Lippen über Harrys Wange zu dessen Ohr tastete, um dort ein wenig zu knabbern. Längst atmete Harry schneller, längst hatte er den Kopf in den Nacken gegen die Wand gelegt und ein wenig zur Seite geneigt, damit er ihn besser erreichte. Draco nahm die Einladung natürlich an, wanderte weiter den Hals hinab, zog eine sich abkühlende Bahn mit der Zunge zu Harrys Kehle, was dem Schwarzhaarigen zum ersten Mal einen leisen Laut entlockte. Lächelnd ließ er die Hände los, brauchte er seine eigenen doch für etwas anderes. Er rutschte ein Stück zurück, was ein leises Wimmern Harrys provozierte, und schob Umhang und Hemd zur Seite, um den Bauch erreichen zu können. Noch immer waren die Rippen deutlich zu sehen, noch immer war Harry zu dünn. Und schon wieder hatte Harry zum Mittag nichts gegessen, hockte stattdessen hier… Trübsal blasend… Der Gedanke hielt ihn nicht lange auf, spornte ihn eher noch an. Mit flinken, geschickten Fingern öffnete er Harrys Hose, spickte unter den Bund der Shorts, ohne die Arbeit seiner Zunge zu unterbrechen, die Harrys Bauchnabel weiter umkreiste. Ab und zu pustete er dagegen, was jedes Mal ein Keuchen bei Harry auslöste. Er liebte dieses Geräusch. Es machte ihn an und hart, aber heute musste er das mal ignorieren. Er würde Harry ablenken. Alles andere würde zu lange dauern. Und bei Snape zu spät kommen, kam gar nicht in Frage. Eine seiner Hände fuhr unter Harrys Hintern und streichelte, knetete dort das feste Fleisch, bevor er ihn hochhob und die Shorts herunterzog. Mit der Zunge wanderte er weiter hinunter, während seine Hände Harrys Brustwarzen und Seiten liebkosten, dann nahm er Harrys bestes Stück in den Mund. Zuerst nur ein Stück, aber es genügte, dass Harry leise aufschrie, dann wimmerte und seine Hände in seinem Haar vergrub. Gerne kam Draco der Aufforderung nach, holte sich mehr von ihm, begann an dem Glied zu knabbern, zu saugen, bis Harry kaum noch aufhörte zu stöhnen und zu wimmern. Er konnte hören, wie der Junge langsam auf die Klippe zu trieb, wie er ihn warnen wollte, doch er verstärkte seine Bemühungen nur noch einmal, sodass Harry gar keine andere Chance hatte und schließlich kam. Er schluckte die warme, milchige Flüssigkeit und leckte sich die Lippen ab, dann kam er wieder hoch zu Harry. Dieser öffnete mühsam die Augen, eindeutig noch nicht wieder ganz da, noch im Rausch des Höhenfluges. „Was ist mit dir?“ Überwältigt versank Draco darin. Leuchtende Saphire blickten ihm entgegen, glommen mal dunkel, mal hell. Da war es wieder, dieses Phänomen, fesselte ihn, lenkte ihn von einer Antwort ab, ließ ihn vor Freude lächeln. Harry konnte wieder sehen. Eine Hand hob sich und legte sich an seine Wange, riss ihn aus dieser Trance, die ihn gemeinsam mit diesen unglaublichen Augen gefangen hielt. „Danke.“, lächelte Harry, fuhr sinnierend über Dracos Lippen. Dann beugte er sich ein Stückchen vor und küsste ihn, blinkte ein wenig verwundert ob des salzigen Geschmacks. Er zog Draco noch ein Stückchen näher. „Das war… unglaublich!“ Der Blonde schluckte, noch immer unfähig einen klaren Gedanken zum Antworten zu finden. Harrys Augen waren so intensiv so dunkel… sie waren Verführung pur, der Blick ging schlicht unter die Haut und brannte dort in tausend Farben, in verzehrenden, nicht zu bändigenden Flammen. Kurz war er erlegen, begann Harry mit einer Leidenschaft zu küssen, die selbst ihm fremd war, wollte ihn plötzlich wirklich besitzen, ihn an sich binden, ihn nie wieder weglassen… Er zuckte zurück. Verunsichert sah der Schwarzhaarige ihn an. „Hab ich was falsch gemacht?“, fragte er kleinlaut, doch Draco schüttelte nur den Kopf. Seine Kehle war eng. Dieser Gedanke war so fremd gewesen, so… unverzeihlich… Wie kam er auf so was Abartiges? „In ein paar Minuten beginnt der Unterricht und…“, begann er mit trockener Kehle. Immerhin gehorchte ihm seine Stimme den Umständen entsprechend… „Snape.“, vollendete Harry den Gedanken und diesmal wurde Draco Zeuge der zurückkehrenden Blindheit. Die Pupillen wurden immer kleiner und kleiner, die hellen Schatten wichen dunkleren, dann verschwanden die schwarzen, runden Punkte im Nichts. Es tat richtiggehend weh, das zu sehen und nichts dagegen tun zu können. „Los, lass uns gehen, sonst kommen wir heute wirklich noch zu spät und dann wird das Training heute Abend die Hölle.“ Er nahm Harrys Hand, die verzweifelte Hilflosigkeit überspielend, und zog ihn mit einem Ruck auf die Füße. Und Harry senkte wahrhaftig betrübt den Kopf. Draco lächelte. „Komm schon. So schlimm ist Snapes Unterricht gar nicht.“ „Das ist es nicht, nur…“ Harry seufzte, lächelte dann. „Jetzt bist du leer ausgegangen.“ Blinzelnd versuchte Draco den Gedanken zu verarbeiten, begann dann lasziv zu grinsen. „Sieh es einfach als Geschenk.“ Es war vom Ton her klar, dass dieses Geschenk eine Revanche forderte. Harry schaffte es doch tatsächlich, ihm das Unwohlsein aufgrund dieses komischen Besitzanspruches zu nehmen, ohne überhaupt davon zu wissen… Und nun nickte er auch noch. „Versprochen.“ Ein kurzer Kuss, dann verabschiedete sich Draco lachend. Unschuld... „Ich geh vor. Komm du in zwei Minuten nach!“ Er Blickte kurz an ihm hinunter. „Wäre wahrscheinlich auch nicht das Schlechteste, wenn du deine Kleidung ein bisschen ordnest. Du siehst… wild aus.“ Lachend verschwand er, während Harry nach kurzer Zeit des Überrumpeltseins seinen Zauberstab zückte und sein Erscheinungsbild wieder herrichtete. Sie waren beide pünktlich zu Zaubertränke, doch der Unterricht ging an beiden vorbei. Während Harry damit zu kämpfen hatte, dass Ron ihn noch immer schnitt, war Draco förmlich verzweifelt. Harrys Augen, wie die Pupillen verschwunden waren, dass er nichts dagegen hatte tun können, dass Harrys gute Laune damit so schnell gegangen war… Dabei hatte er doch gedacht, diesmal würden sie bleiben, einfach weil sie auch noch nach Harrys Kommen da gewesen waren. Stattdessen waren sie einfach… Ein leises Klopfen auf seinem Tisch ließ ihn zusammenschrecken. Als er aufsah, stand dort Snape. Der Schwarzhaarige sah reichlich ausdruckslos auf ihn herab. Draco bekam ein schlechtes Gewissen und eine Art Angst in der Magengegend machte sich breit. Er hatte von dem Unterricht nicht das Geringste mitbekommen! Welche Frage sollte er doch gleich beantworten? „Dir ist es wirklich total entgangen, dass bereits Schluss ist, oder?“, fragte Snape schließlich und seufzte. Draco blinzelte, sah sich dann um und stellte fest, dass er in der Tat der letzte hier war. Verdammt. Warum hatten ihn die anderen denn nicht darauf aufmerksam gemacht? Wieder blickte er stumm zu dem Lehrer auf, der nur die Augen verdrehte und Draco dann auf der Bank durchrutschen ließ. „Na los, was ist passiert?“ Er setzte sich neben ihn. Ein flüchtiges Lächeln huschte über Dracos Gesicht, als Snape fragte. Der Mann hatte sich früher häufiger um ihn gekümmert, wenn sein Vater und seine Mutter keine Zeit gehabt hatten, und er hatte sich schon früher schwer damit getan, freundlich zu sein. Dementsprechend geübt war Draco auch, die frostige Art des Zaubertränkelehrers zu interpretieren. Jetzt gerade war er beinahe väterlich, mehr Herzlichkeit konnte man bei ihm kaum erwarten. Immerhin reichte es für Draco, um sich ihm anzuvertrauen. Langsam senkte er den Kopf. „Ich habe nachgedacht.“, begann er leise, verstummte aber sofort wieder, als er geistig zu dem Wirrwarr zurückkehrte, woran seine Gedanken gehangen hatten. „Über die schwarzhaarige Prinzessin, nehme ich an.“, griff ihm Snape ein wenig unter die Arme. Es brachte ihm einen schiefen Blick ein, doch Draco nickte tatsächlich zur Bestätigung. Der Ausdruck schien ihm sogar zu gefallen, wie der Giftmischer mit einem amüsierten, unauffälligen Zwinkern feststellte. „Und, was ist mit ihm?“ Seufzend fasste sich Draco ein Herz. „Wir waren zusammen.“, erklärte er, blickte wieder auf seine Finger hinab, war es doch irgendwie nicht ganz einfach, darüber zu sprechen. „So richtig. Verstehen Sie?“ Snape nickte. „Und was ist daran so schlimm? Hat es ihm nicht gefallen?“ Irgendwie wunderte es ihn ja schon, wie frühreif die heutige Jugend war, wo die beiden doch gerade mal fünfzehn Jahre alt waren. Andererseits waren sie in zwei Jahren schon erwachsen… trotzdem tat er sich mit dem Gedanken ein wenig schwer. Zu seiner Zeit war das anders gewesen… oder war ihm das nur so vorgekommen, weil er kein Interesse an derartigen Verbindungen gehabt hatte? Jedenfalls nicht, nachdem diese eine… Seine Frage jedenfalls schien Draco zu beruhigen. Der Junge lächelte plötzlich und meinte: „Das ist es nicht.“ Ja, er klang erleichtert, stellte Snape fest. Ob er sich Sorgen gemacht hatte, dass er zu konservativ sein könnte, wie es sein Vater mit Sicherheit auch war? „Nein, es war wirklich schön. Und Harry… er konnte wieder sehen!“ Snape starrte den blonden Jungen neben sich wie aus allen Wolken gefallen an, als hätte dieser gerade vor seinen Augen eine blaue Maus gegessen. Was bitte? Harry hatte… „Potter konnte sehen?“ Skepsis sprach aus Ton und Gesicht. Draco nickte. „Ganz kurz. Während wir… Und das schon zweimal!“ „Er hat sehen können, während ihr miteinander geschlafen habt?“ Ein Rotton überzog Dracos Wangen, als der Lehrer das so direkt formulierte, aber er nickte. „Bist du dir sicher?“ Wieder bestätigte ein Nicken die Frage, doch die Einschränkung folgte sofort. „Aber nicht lange! Sobald wir… uh, sobald wir uns trennen mussten, ging es wieder weg.“ Snape sah ihn immer noch an, als hätte ihn die buchstäbliche Lokomotive überfahren. „Es war so gruselig.“, fuhr Draco fort. „Seine Pupillen schrumpften einfach zusammen, seine Augen wurden heller, dann dunkler… Und er war furchtbar traurig…“ „Die Puppillen wurden kleiner?“, fragte Snape aufgeregt nach. „Sie waren… sind also da? Sie sind vorhanden?“ Draco nickte definitiv. „Und jetzt… Ich suche den Grund, warum sie manchmal da sind und dann wieder nicht. Ich will ihm helfen!“ Kurz herrschte Stille, dann sprach Snape: „Du sagtest doch, er könnte sehen, wenn ihr miteinander schlaft. Also wird es entweder an dir oder am Sex liegen.“ Für ihn lagen die Fronten klar. „Aber… wenn es an mir läge, dann müsste er doch auch sehen können, wenn wir bei Ihnen sind. Ich meine…“ „Nicht unbedingt. Bedenke bitte, dass auch ich dann anwesend bin.“ „Und wenn wir alleine sind?“ „Dann bleibt nur noch die letzte Möglichkeit. Es liegt am Sex.“ Draco schwieg und Snapes Lippen verzogen sich zu etwas, was man als Schmunzeln interpretieren konnte. Diese Option schien ihm nicht wirklich zu gefallen. Wahrscheinlich hätte er es lieber, wenn es tatsächlich an ihm läge… „Aber man kann nicht immer Sex haben!“, brach es schließlich aus Draco hervor und Snape war regelrecht beeindruckt. Er wollte ihm tatsächlich helfen! Wie süß. „Dann überlege noch einmal: Was außer dem Sex ist beide Male auch noch passiert?“, regte der Lehrer Dracos Erinnerung an. „Gab es eine bestimmte Umgebung? Einen Geruch? Etwas in Richtung Geräusch? Zeit? Irgendwas, was bei beiden Malen übereinstimmt?“ Kurz richteten sich die grauen Agen auf ihn, dann blickte Draco auf die Tischplatte. Er überlegte, dachte nach. Die Orte unterschieden sich voneinander und zwar komplett. Auch die Uhrzeit war kaum miteinander vergleichbar, einmal nachts, einmal mittags. Geräusche hatte er außer Harrys keine wahrgenommen, Gerüche ebenso. Außer dem Sex war da keine Übereinstimmung und selbst der war komplett unterschiedlich gewesen. Leise schüttelte er schließlich den Kopf. „Was ist mit seiner Stimmung?“ Seufzend antwortete Draco. „Einmal war er melancholisch, halb betrunken, das andere Mal tief traurig, weil dieser Weasley nicht akzeptieren kann, dass ich es bin, den er liebt.“ „Oh, die Weasleys wissen davon?“ Die Überraschung in der Stimme Snapes war echt. Es erstaunte ihn, dass Harry ihnen davon erzählt hatte. Und es erstaunte ihn noch mehr, dass Draco es akzeptierte, dass sie davon wussten. Mehr noch als Harrys Verhalten es jemals hätte tun können. „Nur der eine. Und Granger.“ „Warum? Woher?“ „Sie haben es erfahren, als der Raindoom so rumgesponn… Oh, entschuldigen Sie…“ Draco blickte leicht schüchtern zu Boden. Einen Lehrer beleidigte man nicht! Jedenfalls nicht vor einem anderen Lehrer! Aber die erwartete Reaktion blieb aus. „Schon gut.“, gab der Mann nur gleichgültig zurück. Er hatte den greisen Mann noch nie leiden können, also war es egal. Im Gegenteil. Er stimmte sogar innerlich noch Draco zu. Der Mensch war echt das Letzte… „Ich hatte Granger aus dem Eis befreit, weil Harry auf ihre Stimme reagiert hat, damit er aufhört, bevor der Schmerz durch den Armreif dafür sorgt, dass er es für immer tut. Das hat sie gesehen.“ „Der stirbt daran nicht so schnell. Der hat selbst den Avada noch überlebt.“, stellte Snape trocken fest, aber insgeheim war er zufrieden mit seinem Schützling. Er hatte sich zumindest soweit beherrscht, dass er nicht selbst versucht hatte, Harry zu helfen… „Vielleicht haben Sie Recht.“ Draco wirkte geknickt. „Ich hab überreagiert und damit nicht nur mich in Gefahr gebracht, sondern sein Leben gleich mit zerstört.“ Kopfschüttelnd betrachtete der Schwarzhaarige den Jungen und legte ihm schließlich eine Hand auf die Schulter. „Sieh das nur nicht so schwarz.“, sagte er. „Auch wenn ich beileibe nicht viel von den beiden halte, sie behalten Geheimnisse für sich. Über mich wissen sie auch bescheid und haben es niemandem gesagt.“ Wobei ihm einfiel, dass er die Drei tatsächlich niemals unter den Schweigezauber gezwungen hatte… sollte er vielleicht mal nachholen. Nachlässigkeit konnte er sich nicht erlauben. Viel zu gefährlich. „Und wenn dieser Rotschopf auch nur eine Winzigkeit von seinem lästigen Vater und seiner überfürsorglichen Mutter geerbt hat, dann wird er sich wieder einkriegen.“ Draco starrte ihn an, dass Snape zum ersten Mal bewusst wurde, wie grau diese Augen waren und wie wenig sie von Lucius seinen hatten. Dracos Augen waren lebendiger. Mehr wie die von… James damals… Ärgerlich schüttelte er diesen Gedanken ab. Seit wann verband er mit James Potter etwas Positives? Hatte er noch nie, also sollte er damit jetzt auch nicht anfangen! Als Draco anfing zu lächeln, war der Gedanke auch schon wieder fort. „Sie haben eine noch schlechtere Meinung von ihnen als ich.“, bekannte der Junge, lachte dann. „Dabei kann ich sie wirklich gar nicht leiden.“ „Du siehst das ein wenig falsch. Mir geht es weniger um Ronald Weasley. Es sind die Eltern, die ich nicht leiden kann. Und diese vermaledeiten Zwillinge, die wirklich nur dann gut in meinem Fach sind, wenn der Trank ihnen bei einem ihrer lästigen Streiche weiterhilft. … Aber im Grunde geht dich das auch nichts an.“ Er stand auf. „Halte mich über die Sache mit Potters Augen auf dem Laufenden. Ich werde zusehen, dass wir bald ein Gegenmittel finden.“ Draco starrte ihn an. „Sie wollen ihm auch helfen, nicht?“ „Darum geht es hier weniger.“ Snape runzelte die Stirn, weil es im Grunde doch darum ging. Aber das musste Draco ja nicht wissen. „Ich will nur, dass er endlich wieder den richtigen Unterricht mitmachen kann. Auf Dauer wird es lästig, sich immer neue, lächerliche Aufgaben für ihn auszudenken.“ Das war doch mal eine Ausrede, die sich sehen lassen konnte. Allerdings beschäftigte ihn Harrys Sehfähigkeit noch, als Draco längst gegangen war. Sie beschäftigte ihn dermaßen, dass er mit diesem Problem zu Dumbledore ging, der über diese doch recht unübliche Verbindung von Draco und Harry nicht wirklich erstaunt zu sein schien. Dafür interessierte ihn das Phänomen der Blindheit umso mehr und er rief Mme Pomfrey zu sich, um es ihr von Snape noch einmal erklären zu lassen. Sie war erstaunter, doch im Grunde schien es auch ihr egal. Das Einzige, das Snape auffiel, war, dass sie absolut ärgerlich darüber war, dass Harry ihr nichts davon gesagt hatte. Sie bestand darauf, Harry zu rufen, ihn gleich zu befragen, doch als Dumbledore die Erlaubnis gab und sie ihn zu diesem Thema befragte, erntete sie nur Schweigen. Nach dieser indiskreten Frage war der Junge nicht mehr bereit, auch nur ein Wort zu sagen. Zum Training am Abend erschien er auch nicht. ……………………………-----……………………………… Hm… Snape als Kummerkastentante… das ist mal was, was ich selbst erstmal verdauen muss… Schrecklich irgendwo… und er ist so verständnisvoll… *urg* Aber das sollte er schon sein ^^ ist keine echtes Versehen! Ich wollte, dass er den beiden näher kommt, okay? Und jetzt noch mal für alle, die noch immer darauf hoffen, eine Frage: Wie kann Harry Dark werden? Es ist mir ein Bedürfnis das mal zu erfahren. Ich meine… er ist rein bis ins Mark. Das wird in den Büchern oft genug beschrieben. Er kann den Avada nicht zaubern. Er will nicht töten und bekommt im Grunde nichts auf die Reihe… Aber in diesem Sinne… was versteht ihr unter ‚Dark’? Worauf bezieht sich das? In diesem Sinne… Mau! Wut --- Titel: Wut Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 27: Wut Harry war stocksauer. Hatte er sich im ersten Moment noch gefragt, woher die Medihexe davon wusste, war es in dem Moment klar, als sein Gehirn die Verbindung zog: der Einzige, der davon wissen konnte, war Draco. Wenn es jetzt also noch jemand anderes wusste, hatte der Blonde geredet. Er hatte darüber geredet, obwohl er die ganze Zeit davon tönte, dass es geheim bleiben sollte! Und dann diese Fragen! Es hatte ihn aus dem Schloss getrieben, wo er das Gefühl verspürt hatte, alles kurz und klein zu schlagen, hatte ihn auf die großen Wiesen hinter dem See in die Nähe des Waldes geführt, wo er begonnen hatte, Zielschießen auf Binsenblüten zu machen, was ihm ohne Kikuilehs Hilfe aber gründlich misslang. Die kleine Fee verstand die Wut des Jungen nicht, konnte nicht begreifen, was er hatte, wusste gerade mal, dass Mme Pomfrey schuld sein musste, aber das half ihr nicht weiter. Harrys Wut schüchterte sie ein. Als es Abend wurde, hatte er sich schließlich wieder einigermaßen beruhigt, was in erster Linie allerdings daran lag, dass sein ganzer Körper von den Entladungen des Armreifs schmerzte. Aber das hieß nicht, dass er zurück ins Schloss ging, denn dort würde das Training bei Snape ihn nicht nur mit weiteren Schmerzen, sondern unweigerlich auch mit Draco zusammen bringen, was er nicht riskieren wollte. Ein offener Streit zwischen ihm und Draco vor der Fledermaus musste nun wirklich nicht sein. Er konnte ja auch nicht wissen, dass Snape bereits über sie Bescheid wusste. Draco hatte es ihm nicht gesagt. Um neun Uhr dreißig stand dann plötzlich Snape hinter ihm. Der schwarzhaarige Lehrer schien verärgert, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute finster auf ihn herab. „Könntest du mir mal bitte sagen, was du hier tust, Potter? Du warst nicht beim Training!“ Harry sah nicht mal auf. „Sorry. Hab ich vergessen.“, murrte er bissig und Snape konnte das leichte Blitzen in seinen Haaren sehen, das von erneuter Magieanwendung zeugte. „Ich sehe, du hast es noch immer nicht unter Kontrolle.“, sagte er mit einem bösen, abschätzigen Ton. Der Junge zuckte nur mit den Schultern, aber immerhin nahm die deutlich unangenehme Spannung in der Luft ab. Es schien, als würde er sich jetzt bemühen, sich zusammenzureißen. Obwohl… Snape war sich nicht sicher, ob es nicht doch eher Erschöpfung war. Harry war blass wie eine Wand und er konnte das Zittern der Finger unter den Ärmeln deutlich sehen. Außerdem… er war sich auch nicht sicher, was er jetzt mit ihm tun sollte. Es stimmte, Harry hatte momentan viel um die Ohren, laut Draco sogar noch mehr, als er so mitbekam, das zerrte sicherlich gewaltig an seinen Nerven. Aber das war noch keine Rechtfertigung, weshalb er den Sonderunterricht geschwänzt hatte! „Du wirst mir jetzt folgen…“, befahl er kalt und drehte sich schon um in der Annahme, er würde tun, was er ihm gesagt hatte, doch zu seiner Überraschung rührte sich Harry nicht von der Stelle. Snape blieb stehen, wandte sich ungeduldig wieder zu ihm um. „Potter! Ich hab nicht ewig Zeit!“ Jetzt kam doch Bewegung in den schmächtigen Körper. Harry rappelte sich hoch. „Ich habe keine Lust darauf, jetzt noch Zauber zu üben, die dafür gedacht sind, die Silberranke zu aktivieren.“ Snape erstarrte. Uh, Tiefschlag! Wann hatte er das bitte gemerkt? Immerhin hatte er wirklich extra schwere Zauber gewählt, um die Selbstbeherrschung des Jungen, der lebt, zu erschweren. „Wenn Sie mich also entschuldigen wollen, Sir…“ Und schon wollte Harry an ihm vorbei, doch Snape hielt ihn auf. Verbal. „Angst vor den Schmerzen?“, fragte er lauernd. „So wirst du nie besser.“ Es wirkte besser, als er erwartet hatte. Harry blieb stehen, hoch aufgereckt und mit stolz erhobenem Kinn drehte er sich zu ihm zurück und wartete wortlos mit ernst verzogenem Mund und kalten, leeren Augen, die trotz allem eine wahrlich gruselige, bisher bei ihm unbekannte Abschätzigkeit vermittelten. Wie süß… Snape freute sich, dass er eine weitere Schwäche des Jungen gefunden hatte: seinen Stolz. An diesem Abend paukte Snape dem Jungen gnadenlos sieben Zauber ein, die dieser wirklich verbissen und mit eiserner Entschlossenheit übte. Schon nach dem dritten war eigentlich klar, dass er kaum noch stehen konnte vor Müdigkeit, Erschöpfung und Schmerzen, jedoch bestand er darauf, fortfahren zu dürfen und Snape war nicht gewillt, für ihn die Amme zu spielen. Wenn er sich ruinieren wollte, bitte. Außerdem spürte er hinter jedem Angriff Snape eine ungeheuerlich große Wut. Vielleicht hatte sie ausnahmsweise nichts mit ihm zu tun hatte, aber wenn er sich so gehen ließ… Harry reagierte sich mit diesen Zaubern ab. Das war so klar wie Schokoladensuppe. Und er hatte es zweifellos schon am See unten getan. Und wenn er trotz dieser Wut nicht zum Training gekommen war, konnte das im Grunde nur bedeuten, dass der Grund für seine Wut bei seinem anderen Schüler lag: bei Draco. Blieb die Frage, was dieser ihm angetan hatte. Als Harry schließlich vollkommen fertig in den Gryffindorgemeinschaftsraum kam, wartete dort bereits Ron. „Warst du wieder bei ihm?“, knurrte er. Der Schwarzhaarige hielt inne und blickte ihn an. Der Ausdruck auf dem sommersprossigen Gesicht war bitter vor… vor was? Vor Feindseligkeiten? „Willst du mir etwa einen Vorwurf daraus machen?“, schnappte er zurück. Er war noch immer geladen und Rons trotziger Ausdruck ließ die Wut in ihm wieder aufflammen und die Müdigkeit verdrängen. Und die Wut projizierte sich nun auf den stänkernden Rotschopf. „Ich kann ja nicht ewig hinter jemandem her rennen, der mich wegen meinen Gefühlen stehen lässt!“ Blaue Augen verengten sich. „Ach so? Dann geh ich halt wieder! Sieh doch zu, wie du alleine klarkommst!“ Ron stapfte von dannen, während sich Harry plötzlich bewusst wurde, dass er mit seiner schlechten Laune gerade seinen Freund vertrieben hatte. Und die Worte wiesen auch noch darauf hin, dass er sich hatte entschuldigen wollen, oder? Wieso musste er seine Wut auch an ihm auslassen? Warum konnte er sich nicht zurückhalten, wenn er es brauchte? Verzweiflung wuchs in ihm. Er wünschte sich, dass die Zeit zurückgedreht würde, er sie ändern könnte, wünschte es sich ganz doll und aus tiefstem Herzen, doch er musste feststellen, dass selbst Hohe Magie für Zeitbeeinflussungen nicht mächtig genug war. Oder aber sein Wunsch war immer noch nicht stark genug. Den Samstag über tat Harry nicht viel. Er war bei Fang, erschien nicht zu den Mahlzeiten und blies Trübsal. Die gestrige Erkenntnis, dass er selbst diesmal selbst Schuld war, dass Ron ihn nicht mehr mochte, hatte ihn ungespitzt in den Boden gerammt und dort stecken lassen. Dass Draco ihn verarscht und vor der Pomfrey geoutet hatte, daran wollte er nicht einmal denken, denn es ließ die Wut wieder hoch kochen, die ihn so unberechenbar und seine Magie unkontrollierbar werden ließ. So verbrachte er den Tag eben damit, sich selbst niederzumachen. Das half immer noch am besten gegen unerwünschte Gedanken. Der Sonntagmorgen verlief nicht besser. Harry verzog sich schon frühmorgens zu Fang, hatte sogar seinen Feuerblitz dabei, den er pflegen wollte, um sich abzulenken. Erst am Nachmittag wurde er persönlich von Snape abgeholt. „Komm mit!“, war das einzige, das der Giftmischer von sich gab und Harry fügte sich kommentarlos. Er wusste jetzt schon, dass dieser Tag nicht gut enden würde. Dann wurde er erstaunt. Snape führte ihn wider Erwarten nicht in die Halle mit dem blauen Licht, er brachte ihn in sein Büro, wo schon eine ganze Mahlzeit auf dem Lehrerschreibtisch auf ihn wartete. „Mit freundlichen Grüßen von Mme Pomfrey.“, gab der schwarzhaarige Mann seine emotionslose Erklärung, bevor er wieder verschwand und ihn allein ließ. Harry seufzte, begann zu essen, ohne die Frikadellen und den Kartoffelbrei mit Erbsen wirklich zu schmecken. Und schon nach den ersten paar Bissen legte er die Gabel angewidert beiseite, weil er das Gefühl hatte, sich bei nur einem mehr übergeben zu müssen. Und damit es nicht so auffällig war, ließ er den Teller verschwinden, schickte ihn in die Küche zurück. Nach einer halben Stunde schließlich kam Snape zurück und holte ihn ab. Diesmal tatsächlich in die Übungshalle. Draco war schon da, mühte sich mit einem Zauber und sah bei ihrem Eintreten zu ihnen herüber. Ein erleichtertes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Harry ging es gut. Ganz offensichtlich. Da war die Sorge wegen Freitag, als er nicht aufgetaucht war, wohl umsonst gewesen. Wahrscheinlich hatte er nur keine Lust oder Zeit gehabt! Doch als ihn Harry keiner Reaktion würdigte, kam das flaue Gefühl zurück. Harry ging es vielleicht augenscheinlich gut, aber die Atmosphäre, die er verstrahlte, war gruselig. Sah er da etwa wirklich so ein dunkles Schimmern hinter ihm? Bildete er sich das etwa ein? Draco schauderte. Schnell widmete er sich wieder seinem Zauber. Auch Harry bekam etwas zum Üben und Snape hatte seinen Spaß. Während Draco versuchte, die Nervosität zu vertuschen, die er angesichts der Anwesenheit des anderen empfand, hatte Harry alle Mühe das gleiche mit seiner Wut zu tun. Der Lehrer sah sich auch in seiner Vermutung bestätigt: Harry war wütend auf Draco. Die Wut war gewachsen, als sie den Raum betreten hatten, und auch er konnte dieses dunkle Wabern um Harry wahrnehmen. Es war wie damals in der Großen Halle. Nur irgendwie nicht so unkontrolliert... Allerdings schien der Blonde ebenfalls nicht zu wissen, worum es ging… Schon seltsam. Ihm kam eine blendende Idee. Der Reiz dahinter war unglaublich und der Unterhaltungswert… Nun, das würde sich herausstellen. „Draco, Potter! Kommt her!“ Die beiden Jungen unterbrachen ihre Übungen und taten, was er sagte. Auf beiden Gesichtern stand Verwirrung geschrieben, aber das war doch normal, wenn man keine Ahnung hatte, worum es ging, nicht wahr? Aber Snape änderte diesen Zustand recht schnell. „Ich denke, dass diese Übungen auf ihre Weise zwar nützlich sind, aber da fehlt etwas.“, leitete er seine Idee ein. „Ihr erinnert euch an euer zweites Schuljahr und Lockhart?“ Unsicheres Nicken war die Antwort von Draco, während Harry zu verstehen schien, denn nach nur wenigen Sekunden verzogen sich seine Lippen sich zu einem gehässigen Grinsen und ein fast erfreuter Ausdruck trat auf sein Gesicht. Ja, er hatte definitiv verstanden. Wie schön, dass er damit einverstanden war! „Die Regeln für ein Duell kennt ihr noch?“ Harry nickte. Was für eine Frage. Sie hatten die Regeln doch vor kurzem erst festgelegt! Als sie sich in der Bibliothek getroffen hatten. Da waren sie zwar noch nicht zusammen gewesen, aber das war egal. Eine Abmachung war eine Abmachung. Das Grinsen wurde breiter. Als auch Draco nickte, fuhr Snape fort: „Ich möchte, dass ihr alles gebt! Versucht zu überleben und gleichzeitig anzugreifen. Genau so, als wärt ihr in einem echten Kampf! Ist das soweit klar?“ Wieder ein zweifaches Zustimmen, so ließ der schwarzhaarige Lehrer mit einem Schlenker seines Handgelenkes die Duellbahn erscheinen. Jeder positionierte sich auf einer Seite, Rücken an Rücken mit dem Gegner. „Eins.“ Der erste Schritt vom anderen weg und Harry überlegte jetzt schon, welchen Zauber er verwenden sollte. Wasser? Feuer? Abwehr? „Zwei.“ Aqua Regina wäre gut, aber im Grunde nicht hart genug. Es entsprach der Dimension seiner Wut nicht so ganz. Vielleicht erst einmal den Schild… sein Schild, damit er nicht die Zeit verlor, die er benötigte, um Kikuilehs Informationen auszuwerten. Das wäre eine lohnende Investition für die Zeit des ersten Angriffs. Oder… „Drei!“ Beide Jungen wirbelten herum, Draco schickte seinen Eiszauber los, zeitgleich mit Harrys Flammensturm. Doch während Draco den Zauber heldenhaft mit einer winzigen Geste blockte, ging der Eiszauber einfach über Harry hinweg. Weißer Reif überzog das blasse Gesicht, legte sich auf die Hände, Haare, Augen, Lippen, machte aus ihm eine lebende Statue aus Eis. Draco war entsetzt, wollte hin, sah aus den Augenwinkeln, wie auch Snape einen ersten Schritt nach vorne machte, da glühte Harry plötzlich auf. Blaues Licht floss in einer Welle über ihn, ausgehend von seinem Armreif, das Eis auf der Haut taute, lief in Tropfen vom Gesicht und aus den Haaren; kaum einen Lidschlag später raste der nächste Angriff auf Draco zu. Harry sah. Draco wusste es einfach, konnte es in den Saphiren erkennen. Schwarze, große Pupillen ruhten wie dunkle Seen dort, wo vorher noch schreckliche, trostlose Leere gewesen war, ein dunkles Glühen darin. Die Augen waren funktionstüchtig. Und er griff weiter an. Schnell hintereinander, benutzte Feuer- und Windzauber, größtenteils Hauszauber, die kaum Schaden verursachen würden, wären sie von jemandem gewirkt worden, der weniger Kraft und Energie hatte. Draco hatte alle Mühe, die Angriffe abzuwehren. Er wurde immer weiter zurückgedrängt, Schritt für Schritt, bis es plötzlich aus ihm herausbrach. Er nutzte den nächsten Angriff Harrys, um ihn zurückzuschicken, benutzte einen Spiegelzauber, den er erst vor kurzem von Snape gelernt hatte. Für einen Moment war der Schwarzhaarige damit beschäftigt, ihn abzuwehren, da hatte er schon das Heft in der Hand und ließ nun seinerseits Zauber auf Harry niederprasseln, so dass dieser ausweichen musste. Er war schneller als Harry, so trafen einige Zauber ihr Ziel, doch es schien den Jungen nicht zu stören, beeinträchtigte ihn kaum. Doch der Blick, den er ihm zuwarf, ließ Draco schaudern. So kalt und hasserfüllt… Er hielt für Sekunden verunsichert inne, da hatte Harry seine Chance schon genutzt. „Petificus Totalus!“ Im letzten Moment konnte Draco ausweichen, schickte seinerseits einen Angriff los: „Inkantatem Aurore!“ Der Zauber erreichte nie sein Ziel. Snape hatte zugesehen, wie die beiden Jungen kämpften, wie sie immer schneller heftigere Zauber anwandten, bis Draco plötzlich zu diesem griff. Er stoppte ihn, indem er einen machtvollen Zauber einfach dagegen schickte, warf dem Bonden einen wütenden Blick zu, bevor er auch Harrys Antwort stoppte. Dann wollte er lostoben, ihnen klar machen, was sie da im Begriff gewesen waren zu tun, als er die Augen des Schwarzhaarigen plötzlich bemerkte. Grünes Feuer schien in ihnen zu brennen. Hass, Wut, Enttäuschung… Es war wie ein Wunder. Oder ein Schlag ins Gesicht. Nicht nur dass die Augen wieder funktionierten, nein, auch dass ein solcher Blick bei Harry überhaupt existierte… gerade bei diesem Jungen! Bei dem Jungen, der in seinen Augen eine Art von Unschuld und Liebe besaß, die er so noch kaum jemals kennen gelernt hatte… Schon hob Harry erneut den Zauberstab, da löste Snape sich endlich aus seiner erschrockenen Starre. „Auf dein Zimmer! Du bleibst da, bis ich dich rufen lasse!“ Der Junge stoppte mitten in der Bewegung und starrte ihn an, seine Nasenflügel blähten sich, so dass Snape schon halb damit rechnete, dass er sich jetzt gegen ihn wenden würde, doch bevor er noch etwas hinzufügen konnte, um dies zu verhindern, drehte er sich um und stürmte aus der Halle. Aufgrund des Aufspürfluches, der noch immer auf ihm lastete, konnte der Lehrer beruhigt feststellen, dass Harry tat, was er ihm sagte, dann wandte er sich Draco zu, der immer noch reglos da stand. Ihn hatte kein Fluch getroffen, obwohl Harrys Angriffe wirklich heftig gewesen waren. Er konnte stolz sein auf ihn. „Was hast du dir dabei gedacht?“, schimpfte er los, dem akuten Bedürfnis von vorher endlich nachgebend. „Ein solcher Zauber gehört weiß Merlin nicht in ein Duell auf dieser Basis! Geschweige denn die anderen! Wolltest du ihm schaden? Ihn umbringen? Glückwunsch! Hättest du so weitergemacht, hättest du es geschafft und wir hätten die einzige Chance verloren, diesen Horror da draußen zu beenden!“ Dracos Kopf wandte sich ihm zu und seine Augen fixierten ihn ausdruckslos. „‚Alles ist erlaubt…“, erwiderte der blonde Junge tonlos. „…ohne Rücksicht auf Verluste. Keine Zauberbeschränkungen. Alle Zauber bis auf die Unverzeihlichen sind erlaubt.’ Das waren seine eigenen Worte. Er wusste es und hat es erwartet.“ Snape starrte ihn fassungslos an. „Wovon redest du? Es kann doch nicht sein, dass ihr euch gegenseitig töten wollt! Noch dazu so!“ Draco schwieg und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die geschlossene Tür, die in dem bläulichen Licht der Flammen geisterhaft schimmerte. Ihm war gleichgültig, was Snape sagte oder darüber dachte. Ein Versprechen musste eingehalten werden. Das erste Duell. Beide geben alles. Es war ein Versprechen gewesen… Und dann war da noch dieser Blick… so kalt. So gar nicht liebevoll und warm wie sonst… Es tat in der Seele weh, dass dieser Blick wirklich ihm gegolten hatte. Warum überhaupt? Was hatte sich geändert? Was hatte er getan? Warum… hasste Harry ihn plötzlich? Er bekam eine Strafaufgabe von Snape, die ihn den restlichen Sonntag gewiss beschäftigen würde. Er sollte Hagrids Garten aufräumen, so dass der vor der Tür stehende Winter den Pflanzen dort nichts anhaben konnte. Eine undankbare Aufgabe, denn Snape nahm ihm obendrein noch den Zauberstab weg, damit es auch so richtig anstrengend wurde. Noch dazu war es inzwischen empfindlich kalt, denn Wolken hatten sich vor die ohnehin nur noch spärlich wärmende Herbstsonne geschoben und Wind wehte. Harry unterdessen saß in dem Sessel vor dem Feuer und starrte hinein, dass ihm die Augen brannten. Dass er plötzlich wieder sehen konnte, konnte ihn nicht wirklich freuen, denn die Wut auf Draco war stärker. Viel stärker. Sie verdrängte sonst alle Gefühle aus seinem Inneren, alle Gedanken. Hätte Snape ihn nicht aufgehalten, er hätte… Dabei wusste er nicht einmal, warum er so sauer war. Es war doch wohl nicht die Tatsache, dass es jetzt die Lehrer wussten? Dass sie jetzt wussten, dass er schwul war? Als er tief in sich hineinhorchte, stellte er fest, dass es doch so war. Die Sache mit Ron hatte ihm gezeigt, dass er mit seiner Liebe zu Draco Malfoy nicht auf offene Arme hoffen durfte, dass es diesbezüglich wohl wenig Toleranz geben würde, und er hatte Angst, dass sich dann alle gegen ihn stellen würden. Auch die Lehrer. Er würde das mit Sicherheit nicht ertragen. Er wollte das nicht ertragen. Nicht einmal für Draco. Er zog die Knie an den Körper und schlang die Arme darum, legte das Kinn anschließend darauf. Wieso musste Draco damit hausieren gehen? Warum konnte er es nicht für sich behalten? Konnte ihm doch egal sein, was mit seinen Augen war! Das ging ihn überhaupt nichts an! Harry zog den Kopf zwischen die Arme, als ihm bewusst wurde, was genau Draco getan hatte. Er hatte ihm helfen wollen. Er hatte ihm einfach nur helfen wollen. Nichts weiter. Und er war auch noch böse auf ihn. Wie erbärmlich war er denn? Trotzdem, dass es jetzt die Lehrer wussten, war nicht schön. Er fühlte sich beschmutzt dadurch. Es war ihm peinlich. Im nächsten Augenblick spürte er, wie sich rechts und links von ihm jemand niederließ. Kikuileh meldete ihm, dass es die Zwillinge waren. Von rechts legte sich ihm eine Hand auf die Schulter, von links wurde ihm durch die langen Haare gestrichen. Es entlockte Harry ein tiefes, zittriges Seufzen. „Was wollt ihr?“, fragte er dumpf, ohne aufzusehen. Milde lächelnd streichelte George erneut durch die dicken, schwarzen, langen Flechten, legten sie ordentlich auf seinen Rücken. „Dir geht es immer noch nicht besser.“, stellte er fest. „Wir machen uns Sorgen um dich. Was ist los?“ Aufmunternd drückte Fred seine Schulter. „Hast du Streit mit deinem Liebsten?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Streit nicht direkt, aber…“ George lachte. „Nicht direkt? Was hat er denn gemacht?“ „Ist er dir zu aufdringlich?“ Harry schüttelte den Kopf. „Er will mir helfen und macht alles falsch!“ „So?“ Fred war neugierig geworden. Harry schien in Redelaune. Vielleicht erfuhren sie ja jetzt, wer Harrys Geliebter war. „Was hat er denn gemacht?“ Ein Seufzen erklang und Harry kauerte sich noch etwas mehr zusammen. „Ich will jetzt nicht darüber reden, okay?“ Die Zwillinge sahen sich an. Musste ja schlimm sein, wenn er es nicht sagen wollte. „Hat er dich betrogen oder was?“ „Das wär’s!“, schnaubte Harry und lachte trocken. „Dann wäre es sicher nicht so schwer!“ Fred rutschte von der Couch und kniete sich vor ihn, zwang Harrys Arme von den Knien und diese herunter, damit er ihn ansehen konnte. Und obwohl der Anblick der grünen Leere ihm deutliches Unbehagen bescherte, riss er sich zusammen und hielt ihr stand. „Er hat dir doch nichts angetan, oder?“ Erschrocken blickte auch George Harry an. „Wenn das…“ „Nein.“, beruhigte sie der Schwarzhaarige milde und lächelte weich. „Ich sagte doch, dass er mir helfen will. Er hat… mit Mme Pomfrey gesprochen… über…“ Er presste die Lippen aufeinander und drehte den Kopf bitter zur Seite, damit sie nicht sahen, dass sein Lächeln verschwunden war. Es war ein lächerlicher Versuch. Natürlich konnten sie es sehen. Allein seine verkrampften Schultern und die Geste waren genug, um es zu erkennen. „Er hat dich bei den Lehrern geoutet?“ Harry nickte, spürte plötzlich wieder Tränen in sich aufsteigen, die er heldenhaft zurückdrängte. „Das ist hart. Und das, obwohl er nicht wollte, dass es jemand erfährt!“ Wieder nickte Harry, diesmal heftiger. „Das ist es ja! Der Idiot…“ Ein wütender Laut entrang sich seiner Kehle, bevor er Dracos Geheimnis preisgeben konnte. „Ich könnte ihn…“ „Lass ihn doch stehen und komm zu uns.“, schlug Fred freundlich vor. George war begeistert. „Genau! Wenn er denkt, dass er damit angeben muss, dich zum Freund zu haben, dann hat er dich einfach nicht verdient!“ „Ich weiß nicht.“, murmelte Harry. Plötzlich fühlte er sich unglaublich schwach. „So schlimm…“ „Aber du bist sauer auf ihn?“ Harry nickte traurig. „Dann kannst du ihm das auch demonstrieren!“ „Ja, indem du zu uns kommst!“ „Dann wartest du, bis er sich entschuldigt…“ „Und dann kannst du dich entscheiden, wen du lieber hast!“ Sie klangen begeistert. „Was hältst du davon? Der Schwarzhaarige hatte den Kopf gesenkt. Was die Zwillinge da von sich gaben, klang schon wieder so sinnig. Draco eifersüchtig machen, um ihm zu zeigen, dass er sich nicht alles erlauben konnte, allerdings… „Hm? Was hältst du davon?“, wiederholte Fred und Harry spürte seinen Atem auf der Wange, seine Finger unter seinem Kinn, die es leicht anhoben. Er bebte innerlich, fühlte sich zerrissen. Was sollte er tun? Kikuilehs Protest und Warngeschrei nahm er nicht mehr wahr, als er schließlich warme Lippen auf seinen spürte. Rau waren sie. Rauer als Dracos, aber trotzdem anschmiegsam und weich. Das Gefühl… Eine schüchterne Zunge stupste an seine Lippen und mehr aus Reflex öffnete er sie ein wenig und Fred drang in seinen Mund vor. Warm und weich war der Eindringling, aber er schmeckte anders als Draco. Er war nicht so süß, nicht so… Die Hand in seinem Nacken war nicht so zärtlich und auch wenn es seinen Körper erzittern und darauf reagieren ließ, es war nicht dasselbe. Bei Draco war das Gefühl hundertmal intensiver! Eine Träne stahl sich aus seinem Auge und lief über seine Wange. Fred zog sich augenblicklich zurück und fing den perlengleichen Tropfen auf. Traurig lächelte er. „Entschuldigung.“, murmelte er. „War… war wohl doch keine so gute Idee.“ Harry senkte den Kopf wieder. „Es tut mir leid, ich…“ Lächelnd stupste George ihn mit dem Kopf an. „So ist das eben mit der Liebe.“, sagte er freundlich und trotzdem konnte Harry den Schmerz und die Enttäuschung heraushören. „Du hattest nur das Pech, dass dich die Liebe so früh erwischt hat.“ „Hör nicht auf ihn!“, sagte Fred und gab seinem Bruder eine Kopfnuss, dass der sich leise lachend wieder etwas zurückzog. „Das ist ein Glück für dich. Für uns ist es Pech, dass es ein anderer ist!“ Harrys Kopf sank noch ein wenig weiter hinunter. Wie ein Häuflein Elend, so zerknirscht sah er aus. George lachte. „Hey, ist schon okay. Ein wesentlicher Bestandteil der Liebe ist, dass man sich wünscht, dass es dem Geliebten gut geht!“ „Dir geht es eindeutig nicht gut, weshalb wir gedacht haben…“ „Es war ein Fehler und es tut uns leid.“ Fred sah seinen Bruder an. „Nun ja. Eigentlich nicht.“, gestand er. „Es hat mir gefallen.“ Erneut lachte George. „Kann ich mir vorstellen!“ „Es tut mir leid.“, meldete sich plötzlich Harry wieder zu Wort. Er lächelte jetzt leicht, was sein Gesicht aufhellte, es leuchten ließ, dass den Zwillingen die Luft wegblieb. „Ich liebe nun mal ihn und es wäre mir wirklich unangenehm, wenn ihr euch Hoffnungen machen würdet, weil ich mich auf euch einlasse. Es würde euch wehtun, weil ich nicht euch gehöre, sondern mit meinen Gedanken bei ihm wäre. Ich möchte euch das nicht antun.“ Die Jungen wechselten einen Blick, dann begannen sie zu lächeln. „Danke.“, hauchte Fred überwältigt und küsste ihn auf die rechte Wange. Ein zweiter Kuss landete auf seiner linken. „Das bedeutet uns unheimlich viel!“ Harry wurde kurze Zeit später per Eule von Snape gerufen. Er verabschiedete sich von den plötzlich überaus schmusigen Zwillingen, die ihm bedauernd nachsahen, und machte sich mit einem mulmigen Gefühl auf ins Büro des Giftmischers. Als er anklopfen wollte, ertönte auch schon das herrische Herein und er öffnete ohne weiteres Zögern die Tür. Eigentlich wäre er viel lieber wieder umgekehrt, aber das ging ja nicht wirklich. Kikuileh berichtete ihm, dass Snape an seinem Tisch saß, die Finger aneinandergelegt und die Unterarme gegen die Tischkante gelehnt. Er sah ernst aus. Ernst, nicht wütend. Eher noch verwirrt, meinte die kleine Fee. Und auch seine Ausstrahlung war nicht wirklich so, wie er es erwartet hatte. Das verwirrte Harry, denn das ließ all seine Befürchtungen ins Dunkel fallen und Ungewissheit daraus hervor kriechen. Was wollte Snape von ihm? Warum hatte er ihn gerufen, wenn er nicht mit ihm schimpfen wollte? Die Antwort kam, kaum dass er sich ihm gegenüber gesetzt hatte. „Eigentlich habe ich eine andere Frage, aber die kann vorerst warten. Wie kommt es, dass du ab und zu sehen kannst und dann auch wieder nicht? Hast du dafür eine Erklärung?“ Harrys Augen verengten sich, dann sank sein Kopf auf seine Brust, so dass seine Haare sein Gesicht halb verdeckten. Das einzige, das Snape noch erkennen konnte, war das Lächeln auf seinen Lippen. Es war kalt. „Woher wissen Sie, dass es öfter passiert?“ Snape schwieg und Harry lachte trocken. „Also hat er Ihnen auch davon erzählt. Ich frage mich wirklich, ob es noch einen Lehrer gibt, der keine Exklusivschilderung hatte.“ Eine schwarze Augenbraue hob sich in stillem Erkennen, als Snape die Verachtung aus der Stimme heraushörte. Da hatte er die Antwort auf seine eigentliche Frage. Harry fühlte sich von Draco verraten. Kein Wunder also, dass er wütend war. Langsam und bedacht begann er zu sprechen. „So würde ich das nicht ausdrücken. Mr Malfoy hat es eigentlich nur mir erzählt.“ Nahm er da tatsächlich Draco in Schutz? Einfach so? Vor einem anderen Schüler? Vor… Harry? Wollte er diesen etwa überzeugen, dass es nicht so war, wie er sich das überlegt hatte? Wollte er… den beiden etwa helfen? Das war ja nicht mehr auszuhalten! War er verrückt geworden? Seit wann half er Harry Potter? Doch Harrys Lächeln wurde breiter. „Das macht es natürlich besser.“, erklärte er sarkastisch und Snape konnte einen kleinen blauen Blitz ausmachen, der sich in Harrys Haaren fing. Oh, da war er wohl wirklich wütend. „Er erzählt es Ihnen und Sie erzählen es weiter.“ Nickend überlegte Snape, wie lange Harrys Selbstbeherrschung wohl noch anhielt. Im Grunde sah es danach aus, als wäre sie kurz vorm Brechen. „In der Tat erzählte ich es Professor Dumbledore und Mme Pomfrey, da sie durch diese Information vielleicht einen Weg finden, wie wir dich wieder gesund bekommen.“ „Das ist eine wundervolle Erklärung.“ Das Lächeln war unvermindert. „Ich bin Ihnen wirklich unglaublich dankbar, dass Sie so besorgt um mich sind, Sir!“ Seit wann bitte war Harry so zynisch? Irgendwie gefiel Snape das gar nicht, denn es machte ihn James wieder ähnlicher. Der hatte häufig so zynisch geredet, wenn er schlecht gelaunt gewesen war oder ihn hatte ärgern wollen. Seit wann veränderte sich der Junge überhaupt so drastisch? Früher hatte er doch immer gekuscht, war zwar trotzig gewesen, aber im Endeffekt hörig. Er war häufiger ausgerastet, weniger geduldig als jetzt… Lag das daran, dass er älter wurde? Lag es daran, was er beim Trimagischen Turnier erlebt hatte? Oder lag es an seiner wachsenden Macht? „Um Ihre Frage zu beantworten…“, riss ihn Harry aus den abdriftenden Gedanken. „Ich habe keine Ahnung. Vielleicht gibt sich das ja mit der Zeit von ganz alleine wieder.“ Snape nickte. Das hatte er auch schon vermutet. Harry hatte keine Ahnung, weshalb er manchmal sehen konnte. Vielleicht lag das ja an einem in diesem Moment zu geringen Fluss der Energie? Ob es das sein konnte? Er entließ Harry, der sich wunderte, wieso er keine Strafe erhalten hatte. Eigentlich hätte er den Jungen gerne gefragt, ob er Draco nicht verstehen konnte. Ob er nicht verstand, dass jeder mal mit jemandem über Probleme reden musste? Gerade über Dinge, die einen so sehr beschäftigten. Dass der Blonde sich doch nur um ihn sorgte. Aber er hatte es gelassen. Das sollten die beiden mal schön unter sich ausmachen. *********************++++++++++++++++++++++++++++++++++ Hey Leute. Ich bin endlich wieder mit einem neuen Kap da… Hat ja auch lange genug gedauert… Sorry dafür. Ihr schreibt immer so liebe Kommentare und ich lasse mir immer so viel zeit… Dabei… *heul* Entschuldigung!!!!! Ich steck hiermit echt in der Krise. Ich hab so wenig Zeit für Blind wegen DAR und der Arbeit… Aber ich versuche, das nächste Kapitel schneller hochzuladen. Versprochen. *duck* nicht schlagen, ich meins ernst! Bis dann! Musik in der Luft ----------------- Titel: Musik in der Luft Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 28: Musik in der Luft Es war noch nicht lange her, dass Harry Snapes Büro verlassen hatte, da kam Hermione zu ihm gerannt. „Harry! Hast du eine Ahnung, wo Ron ist?“ Der Schwarzhaarige hielt in der Bewegung inne und hob den Kopf. Er war am Lesen. „Harry?“, fragte Hermione etwas unsicher, als er weiter nicht reagierte. „Nein.“, kam es schließlich zögerlich von dem Jungen. „Woher denn auch? Er redet ja nicht mehr mit mir.“ Das Mädchen war kurz vorm Verzweifeln. „Er war so wütend! Er hat sich so darüber aufgeregt, was zwischen euch ist, und dann ist er plötzlich aufgesprungen und weggerannt. Er war so schnell weg…“ Sie zitterte, verriet ihm Kikuileh. „Er hat nur gesagt: ‚Ich muss mit ihm reden!’ Harry, er war nicht bei dir, oder?“ Er schüttelte den Kopf und das braunhaarige Mädchen ließ sich aufseufzend in einen der weichen, roten Plüschsessel fallen, stützte das Gesicht in die Hände. „Ich hab’s geahnt…“, flüsterte sie. „Er macht wieder Dummheiten.“ Harry schwieg geraume Zeit. Ron machte in letzter Zeit immer Dummheiten, daran sollte sie sich langsam gewöhnen, nachdem sie schon mit ihm zusammen war. Allerdings tat sie ihm leid. Offenbar litt sie darunter, machte sich Sorgen. Vorsichtig streckte er die Hand nach ihr aus, berührte weiches Haar. Auch Kikuileh flog zu ihr, hockte sich auf ihre Schulter und bekundete ihr Beileid Die Fee war es schließlich, die Hermione schließlich zum Lächeln brachte. „Du weißt auch nicht, wo er ist, oder?“ Kikuileh schüttelte den Kopf und Hermione seufzte erneut. „Was mache ich bloß? Wenn er als Vertrauensschüler so etwas tut…“ „Du glaubst also, dass er bei Draco ist?“, fing Harry den Gedanken auf, fasste ihn in ernste Worte. Ein trockenes Lachen kam von dem Mädchen. „Wo sonst?“, fragte sie. Darauf wusste Harry keine Antwort. Allerdings fragte er sich, was Ron mit Draco vorhatte. Wenn er gegen ihn kämpfte, würde er verlieren, das war sicherlich auch ihm klar. So dumm war er nicht. Blieb nur noch zu hoffen, dass sein Jähzorn ihn nicht überwältigte, denn das hätte üble Folgen für ihn, was er ihm noch nicht einmal jetzt wünschte. Zur gleichen Zeit arbeitete Draco in Hagrids Garten. Er schwieg, arbeitete völlig gedankenverloren vor sich hin. Ihn beschäftigte der hasserfüllte Blick Harrys bei ihrem Duell. Alles tat ihm weh deswegen. Jedes Mal, wenn er ihn sich in Gedanken rief, zog sich sein Herz zusammen und Tränen brannten hinter seinen Augenlidern, alles in ihm krampfte sich zusammen. Er konnte es einfach nicht verstehen! „Malfoy! Hörst du schwer?“, drang eine Stimme durch seine Gedanken. Draco hob den Kopf und blickte sich desorientiert und aus diesen Schmerzen gerissen um. Wer wagte es, ihn hier auf diese Art und Weise anzusprechen? „Na endlich. Ich dachte schon, du wolltest dich in dem Gemüse hier verstecken!“ Ronald Weasley, stellte Draco fest. Verblüffend. Dass der von sich aus auf die Idee kam, mit ihm zu sprechen. Und das in einem derart höhnischen Tonfall. Er blickte sich flüchtig um, suchte mit seinen Augen nach Granger, doch sie war nicht da. Er war ganz allein gekommen. Toll, jetzt durfte er sich mit dem rumärgern, ohne dass ihm jemand half ihn loszuwerden. „Was willst du von mir?“, fragte er grantig. Ron verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich warne dich!“, zischte er bedrohlich, so dass Draco befremdet das Gesicht verzog. Seit wann war das Wiesel denn so mutig? Er besah ihn sich genauer. Groß war der Junge geworden, einen halben Kopf größer noch als er selbst, dabei war er nur ein halbes Jahr älter. Auch seine Ausstrahlung hatte sich geändert, war irgendwie stärker geworden. Eindrucksvoller, selbstbewusster. Der jüngste Wiesel schien tatsächlich stärker geworden zu sein. „Hörst du, du Frettchen?“ Draco schüttelte die Gedanken ab, kniff die Augen zusammen und versuchte sich wieder darauf zu konzentrieren, dass er einen Gesprächspartner vor sich hatte. „Entschuldige, was hattest du gesagt?“ Er hatte ganz vergessen, dass er mit Ronald Weasley, seinem persönlichen Fußabtreter, sprach, hatte den bösen Unterton versehentlich weggelassen, doch zu seinem Glück fasste Ron es trotzdem als Gemeinheit auf. „Du unverschämter Mistkerl!“ Er packte ihn am Kragen, riss ihn zu sich heran, so dass nur noch seine Zehenspitzen den Boden berührten. „Wenn du auch nur daran denken solltest, Harry wehzutun, dann werde ich eigens für dich den Crucio lernen! Ich schwöre dir, dass du das dein Leben lang bereuen würdest!“ Die Worte und Handlungen brachten Draco dazu, wieder klar denken zu können. Er stieß den Rotschopf wütend von sich und funkelte ihn an. „Was hast du schon zu sagen, Wiesel?“, fauchte er aggressiv, reagierte instinktiv auf die unterschwellige Anfeindung. „Es geht dich einen Feuchten an, was ich mit Harry tue, du verdammtes Rothaar! Geh zu deiner Sippe und kümmere dich um deinen Scheiß!“ Wusste der Teufel, warum er jetzt wieder den Todesser raushängen lassen musste. Vielleicht steckte es zu tief in ihm drin, als dass er es einfach so abstellen könnte. Vielleicht wollte er sich schützen. Vielleicht hasste er Ron wirklich so sehr. Aber viel wahrscheinlicher war, dass er es einfach nicht vertrug, dass Ron wirklich glaubte, dass er Harry vor ihm beschützen musste. Oder auch nur konnte! „Du spuckst hier große Töne, dabei bist DU es, der ihm gerade am meisten wehtut! Du merkst nicht mal, dass er seit Tagen nur wegen DIR heult! Du bist sosehr damit beschäftigt, dir Gedanken über mögliche Gefahren MEINERSEITS zu machen, damit du ihn SCHÜTZEN kannst, dass du gar nicht schnallen KANNST, dass er sich verstoßen fühlt!“, brüllte Draco ihn an. „Was bist du eigentlich für ein Freund?!“ Ron starrte ihn an. Die vorher provozierend verschränkten Arme waren an seine Seiten gefallen, sein Mund leicht geöffnet und seine Augen schwankten zwischen Wut, Unglauben und Betroffenheit. Harry weinte? Wegen ihm? Das war doch… Die blauen Augen weiteten sich, als ihm in den Sinn kam, was Harry ihm vor einiger Zeit gesagt hatte: ‚Ich habe vor, stärker zu werden und möchte nicht, dass du es falsch verstehst.’ Er hatte ihm doch schon gesagt, dass er nicht wollte, dass ihre Freundschaft zerbrach. In aller Deutlichkeit. Und auch am Freitag, da war in seinen Worte eine Einschränkung gewesen. Falls… „Ich sehe, du begreifst langsam!“, giftete Draco. „Scheinst doch nicht so beschränkt zu sein, wie ich dachte!“ Das Gesicht des Rotschopfs wurde zur wutverzerrten Maske, als er plötzlich ausholte und ihm mit voller Wucht seine Faust ins Antlitz rammte. „Du bist doch an der ganzen verdammten Sache Schuld!“, knurrte er böse. „Schließlich warst du es, der Harry den Kopf verdreht hat! Du hast ihn jahrelang gequält, immer wieder verraten und ihm aufgelauert, hast ihn beleidigt und verletzt und jetzt suchst du seine Nähe, weil du dich in ihn VERLIEBT hast…“ Dann begann er auf einmal zu grinsen und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Aber deine Worte haben gezeigt, dass dir wohl tatsächlich was an ihm liegt.“ Er seufzte und schüttelte dann über seine Worte und sich selbst erstaunt den Kopf. „Weißt du, ich kann dich nicht leiden…“ „Geht mir genauso!“, zischte Draco, sich die schmerzende Wange haltend. Wusste der Teufel, warum er nicht zurückschlug. Vor nur ein paar Wochen hätte er wohl nicht eine Sekunde lang gezögert, aber nun… „…aber für Harry werde ich versuchen mich mit dir zu arrangieren.“, ignorierte der rothaarige Junge den Einwurf. Wieder blickte er halb zur Seite und damit Draco abschätzend ins Gesicht. Der Blonde sah mit erstarrter Miene zurück, doch das interessierte ihn offenbar im Moment herzlich wenig. „Was hältst du davon, wenn wir probehalber einen Waffenstillstand schließen?“, schlug er letztendlich vor, grinste leicht und hob aufmunternd eine Augenbraue. Draco wäre fast die Kinnlade auf die Knie gefallen, als er das hörte. Waffenstillstand? Mit Wiesel? Dann wahrscheinlich auch mit Granger! Das war ja… uha, gruselige Vorstellung! Das wäre ja fast Freundschaft! Nee, also… „Komm schon!“ Ron schien die Fassungslosigkeit in seinem Gesicht, den Horror richtig interpretiert zu haben. „Tu es für Harry!“ Das war jetzt ein interessanter Aspekt. Für Harry... Aber wenn nicht für ihn, für wen sonst? „Nur für ihn!“, knurrte Draco nach weiteren Sekunden der bohrenden Stille nachgebend, denn für Harry war Freundschaft mit Wiesel und Granger mehr als nur wichtig. Das wusste er auch, hatte er es in den letzten Jahren – vor allem im letzten – mehr als deutlich gesehen. „Muss ja nicht mehr sein.“, erklärte Ron sich bereit, streckte ihm schließlich die Hand hin. „Versprochen?“ „Auf Probe!“, machte Draco noch einmal deutlich, ergriff sie aber. „Falls es sich als Fehler erweist…“ Er ließ offen, was dann war, aber Ron nickte trotzdem. Dann begann er zu lachen. Es war ein Lachen, das richtig ehrlich klang. Richtig erleichtert und glücklich. „Weißt du, wie sehr mich das jetzt beruhigt?“ Er klatschte in die Hände. „Das freut mich aber.“, murrte der blonde Junge und wischte sich demonstrativ die Hand am Umhang ab. Die Augen verdrehend wandte sich Ron ab. „Schon okay. Ich hab’s verstanden. Ich geh ja schon. Aber denk dran: Für Harry!“ Damit verschwand er in der angehenden Dämmerung. Draco sah ihm nachdenklich nach. Irgendwie hätte er so was gar nicht von ihm erwartet. So wie er das früher mitbekommen hatte, war das Wiesel eher die bremsende Kraft, während Harry die treibende und Granger die ausgleichende war. Was für ein Zugeständnis an ihre Freundschaft, dass er versuchte, von sich aus etwas zu ändern. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Was für ein Glück für Harry, dass Snape am Ende mit seiner Einschätzung von Ron Recht gehabt hatte. Jetzt war alles wieder gut! Zumindest bis ihm die hasserfüllten Augen wieder in den Sinn kamen. Draco runzelte die Stirn. Das war nicht die Schuld des Wiesels, das richtete sich gegen ihn. Bloß warum? Was hatte er denn Schlimmes getan, um so einen Blick zu verdienen? Draco war absolut ratlos. An diesem Abend saß Harry wieder am Fenster neben seinem Bett, den Kopf gegen die Scheibe gelehnt, seinen Feuerblitz zwischen den Knien, den er wieder einmal auf Hochglanz poliert hatte. Er war müde, aber schlafen konnte er nicht. Schon die letzten zwei Nächte hatte er kaum ein Auge zugekriegt und machte sich nicht wirklich Hoffnungen, es in dieser Nacht zu schaffen. Zu sehr klammerte sich sein Unterbewusstsein an die Gedanken, die mit Rons und Dracos Verhalten haderten, so dass er sie nicht abschütteln konnte. Immerhin war Hermione noch auf seiner Seite. Sie drehte ihm keinen Strick draus, dass er sich verliebt hatte. Sie vertraute seiner Menschenkenntnis und hatte ihn auch nicht geoutet. Harry seufzte schwer und schloss die Augen. Wieso musste alles in seinem Leben so kompliziert sein? Warum konnte er nicht ein Leben führen wie alle anderen, ruhig und beschaulich? Die Tür ging auf und jemand trat ins Zimmer. Es war Ron, der hereinkam, sich suchend umsah und die Tür wieder schloss, als er Harry erblickt hatte. Leise schlich er zu ihm, blieb vor ihm stehen, als sich ein erkennendes Lächeln auf seine Lippen stahl. Harry schlief wohl schon. Schade, aber da war nichts zu machen. Dann würde er sich halt morgen entschuldigen, auch wenn er es kaum aushielt. Was würde er sagen? Was denken? Konnte er ihm tatsächlich verzeihen? Aber die Antwort auf diese Fragen würde wohl bis morgen warten müssen. Immer noch so leise wie möglich drehte er sich um, um ihn in Ruhe zu lassen, da schreckte er zusammen. „Ich schlafe nicht. Ich ruhe nur meine Augen aus.“ Ron wirbelte herum, sah sich einen Lidschlag darauf mit den leeren Augen konfrontiert, die aus einem versteinerten Gesicht starrten. „Was willst du?“ Die Kälte in den Worten schreckte ihn etwas ab, aber wenn er wirklich etwas ändern, sich entschuldigen wollte, dann musste er da jetzt durch. Er hatte es sich so fest vorgenommen… Er atmete einmal tief durch, um seinen vom Schreck rasenden Puls ein wenig zu beruhigen. „Ich will mit dir reden. Hast du was dagegen?“ Harry schnaubte. Was für eine dumme Frage. „Schieß los.“ „Äh… darf ich mich setzen?“ „Kann ich dich daran hindern?“ Ron setzte sich verneinend neben Harry auf die Fensterbank. Er kannte Harry gut genug, um das als Zustimmung aufzufassen. Eine ganze Zeitlang ließ er schweigend seine Beine baumeln und stützte die Hände neben seinen Beinen ab. So war es einfacher sich zu sammeln. So musste er ihn nicht ansehen dabei. „Ich… wollte mich entschuldigen.“, begann er schließlich leise, wartete Harrys Antwort oder Kommentar aber gar nicht ab, denn plötzlich sprudelte alles auf einmal aus ihm heraus. „Ich habe mich benommen wie ein Idiot. Du hast schon Recht, wenn du sagst, dass ich dir nicht vorschreiben darf, wen du magst, liebst oder hasst. Ich habe einfach überreagiert, weil ich es nicht verstanden habe, weil er…“ Der Rotschopf beendete diesen Satz nicht. Es war klar, was er meinte, dass er an den Todesser in ihm dachte. „Ich war so sauer, weil er dir wichtiger ist als wir. Aber… Hermione hat Recht. Das hast du so nie gesagt. Das habe ich nur gedacht. Weil ich Angst hatte, dass ich dich als Freund verlieren könnte. Und es hat mich rasend gemacht.“ Er unterbrach sich erneut, lächelte befreit. Diese Worte taten gut. Sie beruhigten seine Seele, lösten den Knoten in seiner Brust, den er erst jetzt bemerkte. Ron lehnte sich zurück gegen das Glas und sah blicklos zur Decke hinauf. „Ich habe mit Malfoy gesprochen.“, fuhr er schließlich fort. „Wir haben einen Waffenstillstand geschlossen.“ Er blickte schüchtern zur Seite, um Harry anzusehen, seine Reaktion zu erfahren, und verspürte wahre Erleichterung. Der Junge, der lebt, lächelte. Harry lächelte ihn tatsächlich an! Einfach so. Wie früher! Dann ließ er seinen Kopf plötzlich gegen seine Schulter fallen und wurde von Lachen geschüttelt. „Auweia.“, murmelte Harry kichernd. „Das Gespräch stelle ich mir besser nicht vor.“ Und Ron wusste im nächsten Moment, dass er ihm verziehen hatte. „Deswegen warst du also heute Abend so plötzlich verschwunden. Mione hat dich gesucht.“ Ron seufzte. „Ich weiß. Ich hab sie grade unten getroffen. Sie war ganz schön sauer…“ „Und? Hast du’s ihr gesagt?“ Kopfschüttelnd verneinte der Rotschopf. „Ich wollte es dir zuerst sagen.“, erklärte er dann ernst. „Ganz ehrlich. Es tut mir leid. Ich habe kein Problem damit, dass du auf Jungen stehst. Und jetzt auch nicht mehr damit, dass er es ist. Er hat mich überzeugt.“ Harry drückte seine Stirn etwas fester gegen Rons Schulter, unterdrückte schon wieder ein Kichern. „Oh, oh. Was hat er getan?“ „Er hat mir den Kopf zurecht gerückt!“, lautete die flapsige Antwort. „Wie denn das?“ Endlich hob Harry seinen schwarzen Schopf wieder an, sein Gesicht war entspannt, ja, richtig fröhlich. Es tat gut, wieder mit jemandem zu sprechen, dem man alles anvertrauen konnte. Ob auch Draco so empfand und deshalb Snape das alles erzählt hatte? „Er hat mir an den Kopf geworfen, dass du unglücklich bist, und mir klar gemacht, dass ich ein egoistisches Arschloch bin. Tja, was soll ich sagen? Es hat gewirkt. Ich hab mich wieder eingekriegt.“ Harrys Lächeln war glücklich, als er sich wieder gegen ihn lehnte, die Augen schloss und seufzte, als würde eine tonnenschwere Last von seinen Schultern fallen. „Danke.“, flüsterte er und es kam wirklich aus tiefstem Herzen. Irritiert sah Ron auf den schwarzen Haarschopf hinab. Harry hatte die langen Flechten in einem grünen Band zu bändigen versucht, doch funktioniert hatte es nicht. Strähnchenweise fielen sie heraus. „Wofür?“ Ein leises Lachen. „Für alles. Dass du es mir gesagt hast.“ Ron verstand diese Antwort nicht wirklich, aber das war wohl auch nicht nötig. Solange Harry zufrieden damit war. Er wusste nicht, dass er Harry die Information gegeben hatte, die dieser suchte – Dracos Ansicht der Dinge, seine Gefühle… „Schon okay. Ich bin nur froh, dass wir wieder Freunde sind.“ „Hmhm.“, stimmte Harry leise zu. Dann, nach einer Weile: „Darf ich noch ein bisschen so bleiben?“ Ron lächelte und nickte, rückte sich etwas bequemer zurecht. Es tat wirklich gut, diese Nähe jetzt zu spüren, wo er ihn doch beinahe auf ewig vertrieben hatte. Es bewies ihm, dass seine Entscheidung nicht falsch gewesen war. Irgendwann wurde sein Lächeln breiter. „Danke, dass du mir verziehen hast, Harry. Das bedeutet mir sehr viel!“ Er sah wieder zu Harry hin, weil dieser auch nach ein paar Sekunden nicht antwortete und das Lächeln wurde zu einem Grinsen. Harry war eingeschlafen. An seiner Schulter. In dieser unbequemen Haltung. Wie müde musste er gewesen sein? Vorsichtig setzte er sich etwas auf, stützte Harry, damit er nicht fiel, und rutschte dann von der Fensterbank, bevor er ihn hochhob. Er war erstaunt, wie leicht der Junge war. Er hatte gar keine Probleme damit, ihn hochzuheben. Selbst Hermione war schwerer, dabei war sie kleiner und ganz gewiss nicht dick. Er verfrachtete den Schwarzhaarigen ins Bett und betrachtete ihn sekundenlang. Ja, Harry war dünn. Und blass. Seine Haut war fast durchscheinend. Und unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Wie hatte das passieren können, ohne dass er es bemerkt hatte? Wie hatte er so blind sein können? Malfoy hatte schon Recht damit, er war ein schlechter Freund. Und er sollte wirklich sobald wie möglich mit Hermione darüber reden, vielleicht wusste die einen Rat. Mit einem letzten Blick auf den schlafenden Harry verließ er den Schlafsaal. Der Montag begann ganz normal. Harry kam in die Große Halle, Gemurmel setzte ein, das wie immer darum ging, wie sehr er sie verriet, wie sehr er sie durch seine Freundschaft mit Kikuileh gefährdete und wie gefährlich, bösartig und unberechenbar er war. Das ewig gleiche Lied eben. Harry kümmerte es nicht. Zusammen mit Hermione und Ron setzte er sich an seinen Platz und bekam kurz darauf von Ron eine so große Portion Frühstück vor die Nase gesetzt, dass er kurzzeitig wirklich irritiert davon war. Was sollte das denn? Aber Rons Portion war noch ein kleines bisschen größer, also hatte der Rotschopf wohl einfach nur einen wirklich größenwahnsinnigen Start in die Woche. Wenig später in Zaubertränke war die gute Laune, die Ron am Frühstückstisch verbreitet hatte, wie weggewischt, als Draco auf sein freundliches Nicken mit Gelächter reagierte und seinen Freunden etwas von wegen Einschleimen erzählte. Der Rotschopf war sauer. Zu Recht, wie Harry befand, aber er lächelte nur milde. „Es hat seinen Grund, dass er das tut.“, erklärte er. „Nimm es ihm nicht übel. Bitte.“ „Ach. Es hat einen Grund, dass er den Waffenstillstand mit Füßen tritt?“, grollte Ron und Harry nickte. „Welchen denn?“ Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. „Ich könnte es dir sagen.“, begann er vorsichtig. „Aber damit würde ich mein Versprechen ihm gegenüber brechen. Das will ich eigentlich nicht.“ Ron sah ihn sekundenlang an, dann blies er die Backen auf und entließ die Luft pfeifend durch die Zähne. „Oh Mann. Dich hat es aber echt erwischt. Ich werde ihn fragen, nur damit du’s weißt!“ „Tu das.“ Die Tür ging auf und Snape kam herein, so dass Harry aufstand und nach vorne ging. Und Snape hatte heute eine Überraschung für ihn. Er gab den anderen eine Aufgabe und führte ihn dann hinaus. Der Lehrer brachte ihn in einen Raum, nicht weit weg. „Ich denke, bevor du wieder stupide Dinge sortierst, kannst du auch üben. Ich werde alle halbe Stunde vorbeikommen und dir einen neuen Spruch geben!“ Was er dann auch wirklicht tat, so dass Harry am Ende vier neue Zauber konnte, zwei davon allerdings noch nicht wirklich kontrolliert. Auch Verwandlung zwei Stunden später bekamen sie einen neuen Zauber zu lernen. Sie sollten Tassen in Schnüre verwandeln. Und Harry stellte in diesem Unterricht eine seltsame Tendenz fest. Obwohl er mit dem Zauber nicht das geringste Problem hatte, ließ Professor McGonagall ihn nicht aus den Augen. Immer wieder blickte sie zu ihm herüber und runzelte dann die Stirn. Und als einer der Slytherins mit ihm zu stänkern begann, fuhr sie ihm so heftig über den Mund, dass die gesamte Klasse im Folgenden still vor sich hinarbeitete. Harry war richtiggehend erleichtert, als die Stunden vorbei waren und er sich nicht mehr diesem Blick ausgesetzt fühlen musste. Doch er hatte sich zu früh gefreut. Der Blick blieb. Und wenn es nicht McGonagall war, dann waren es Flitwick oder Sprout. Die Hauslehrer hatten wohl beschlossen, ihn zu beobachten. Er wusste warum: Sie hielten ihn für gefährlich. Hatten sie selbst gesagt. Der Junge, der lebt, versuchte es zu ignorieren, aber das ging nur sehr schlecht. Die ständige Aufmerksamkeit machte ihn nervös. Er vergewisserte sich, mehr als einmal, spürte es minutenlang deutlicher, dann zusätzlich von anderen, aus anderen Richtungen. Aber als er das Hermione und Ron mitteilte, lachten sie nur und taten es als Paranoia ab. In Kräuterkunde saß Harry dann Musik hörend in einer Ecke und probierte seine Wunschmagie. Doch auch hier wurde seine Konzentration penetrant von Professor Sprout gestört, die sich ununterbrochen in seiner Nähe aufhielt und sogar den Zauberstab griffbereit hatte. Am Ende der Stunde war er mit den Nerven so am Ende, dass er, sobald das Klingeln ertönte, kopflos die Flucht ergriff. Er rannte fort, einfach drauflos, verzog sich letztendlich hinter den See, wo keine Schüler waren, weil es zu kalt geworden war für derartig lange Spaziergänge. Dort warf er sich ins Gras und stellte die Musik auf volle Lautstärke, um einfach seine ganze Umgebung auszuschalten. Es dauerte endlos lange, bis er ruhiger wurde. Irgendwann begann er eines der ruhigen, tragenden Lieder mitzusingen, verlor sich dabei im Gesang und dem Gefühl der damit verbundenen Freiheit. Singen befreite die Seele, ließ Harry aus sich heraustreten, die Anspannung sich endgültig verflüchtigen. Seine Muskeln entspannten sich, sein Körper wurde leichter und weicher und dann war die Musik plötzlich in der Luft. Die Melodie schwebte um ihn herum, klang mal lauter, mal leiser, variierte in Höhen und Tiefen, breitete sich urplötzlich rasendschnell aus. Bald erfüllten die Klänge die Wiesen, den Quidditchplatz, den See und schließlich durchdrangen sie das Schloss. Die Schüler waren verwirrt, zunächst, doch das Lied bewirkte etwas in ihnen. Es riss sie mit. Diejenigen, die es kannten, blieben stehen und sangen mit geschlossenen Augen mit, ließen sich treiben und gaben der Freiheit nach, die es ihnen versprach. Die, die es nicht kannten, lauschten fasziniert, tauchten ein in eine Welt, die ihnen unbekannt und neu war, die sie wie Spinnenweben einspann. Innerhalb von ein paar Augenblicken herrschte in Hogwarts eine friedliche Atmosphäre. Harmonie hüllte die Gründe der Schule ein. Dumbledore in seinem Büro schmunzelte nur, gab sich ebenfalls diesem Gefühl hin und betrachtete durch den kleinen Spiegel in seiner Taschenuhr den singenden Jungen am See, der wie in einer Litanei immer wieder von vorne begann. Irgendwann begann Harry zu frösteln, war es doch schon Mitte November und Wolken zogen auf. Er öffnete die leeren Augen, setzte sich auf und das Lied verklang. Die Schule erwachte aus der Trance der Ruhe, während draußen leichter Regen einsetzte. Auch Draco, der nur stumm gelauscht hatte, blinzelte verwirrt, als die einlullende Melodie so plötzlich verstummte. Er hatte sich gerade so wohl gefühlt, geborgen und warm innerlich. So angenehm war es sonst nur, wenn Harry bei ihm war, er ihn ansehen und berühren konnte, wenn Harry ihn anlächelte. „Das war unglaublich schön!“, hauchte neben ihm Pansy ergriffen. Blaise nickte verträumt. „Ich wünschte, es hätte niemals aufgehört!“ Ein überirdisch seliges Lächeln zierte ihre rosigen Lippen, während Pansy begann die Melodie nachzusummen, und sie stimmte nach wenigen Augenblicken mit ein. Und als dann auch noch andere Schülerinnen diesem Summen beiwohnen wollten und damit den wahren Ton des Liedes aus Dracos Ohren zu verdrängen drohten, stand er auf und verließ unbemerkt den Slytheringemeinschaftsraum. Er wollte zu Harry. Jetzt. Auf der Stelle. Er wollte dieses Gefühl zurück, wollte ihn bei sich spüren, denn das Lied hatte ihn kalt und einsam zurückgelassen. Gar nicht schön. Woher er wusste, dass Harry draußen war, konnte er nicht sagen. Er war sich einfach nur sicher, als er sich in die entsprechende Richtung wandte. Auf dem Weg hinaus begegneten ihm immer wieder schwärmende Mädchen und stille Jungen, die allesamt ein friedliches Lächeln auf den Gesichtern trugen, als stünden sie unter Drogen. Also war das Lied wohl auch hier draußen zu hören gewesen, schloss Draco daraus. Ob auch Harry... Eilig trat er hinaus, hastete durch den Regen zum See, konnte durch die Fäden aus Wasser kaum zwei Meter weit sehen, konnte außer dem Rauschen nichts hören. Und trotzdem fand er ihn zielsicher. Er stand am See, blickte auf das Wasser hinaus, rührte sich nicht, als wäre er versteinert. Er war angespannt. Hatte er das Lied etwa nicht gehört? War es hier draußen etwa nicht gewesen? „Ich hasse dich.“ Die sanfte Stimme erschreckte ihn, obwohl sie durch den Regen nur schwach zu ihm drang, war sie doch eindeutig mit einem Lächeln an ihn gerichtet. Harry hatte ihn bemerkt, sich aber nicht umgedreht. „Du machst mich schwach, wenn du nicht bei mir bist. Du weckst die Einsamkeit in mir. Deinetwegen kann ich nicht schlafen.“ Der schwarze Schopf senkte sich, so dass der Regen die Haare nach vorne spülte. „Du bist schuld, dass ich es nicht mehr ertrage, allein zu sein.“ Die schmalen Schultern zuckten einmal, dann ein weiteres Mal. „Ich kann dir nicht einmal mehr böse sein, ohne mich dafür schuldig zu fühlen!“ Harry wischte mit dem Ärmel über seine Augen, was wenig brachte, da auch dieser durch und durch nass war wie alles unter freiem Himmel. Als er sich schließlich umdrehte, lächelte er allerdings. Die Wangen waren gerötet, die Lippen blass, seine Augen mit ihrem leuchtenden Grün ein kompletter Kontrast dazu. Das Wasser in seinen Haaren ließ ihn aussehen wie eine japanische Geisha und verschlug Draco den Atem. Er wollte ihn küssen - dieser Gedanke überfiel ihn schneller, als er ihn daran hindern konnte. „Was machst du mit mir?“, flüsterte Harry schwach, strich sich eine dieser triefenden, glänzenden Strähnen hinter das Ohr, was nicht das Geringste brachte, weil der noch immer rauschende Regen sie sofort wieder hinunterspülte. Draco konnte gar nicht mehr anders, als die letzten paar Schritte zu ihm zu gehen und ihn in die Arme zu nehmen. Er spürte, wie Harry sich schwer gegen ihn lehnte, leise und zitternd seufzte. Und ob er geweint hatte. Man hatte es nur wegen dem Regen nicht gleich gemerkt. „Danke.“, murmelte es irgendwo aus dem dichten Schwarz an seiner Brust. Zwei kalte Hände legten sich um seinen Hals, stupsten vorher kurz dagegen, weil Harry nicht richtig gezielt hatte. Wo war Kikuileh? „Wofür bedankst du dich?“, fragte Draco sanft, strich seinem Freund mit dem Daumen über die Wange, brachte ihn dazu, den Kopf zu heben. „Du hast mit ihm geredet.“, lächelte Harry und schmiegte sich gegen seine Hand. „Er… wir sind wieder Freunde.“ „Das habe ich gesehen.“, sagte Draco, runzelte jedoch kurz die Stirn. „Aber du solltest wirklich mit ihm reden. Er kann nicht einfach kommen und mich vor den anderen begrüßen.“ „Hab ich schon.“ Harrys Augen öffneten sich wieder und ein trauriger Ausdruck stahl sich auf sein Gesicht. „Ich möchte dich sehen.“, flüsterte er leise. „Gestern ging es noch und heute…“ Draco beugte sich zu ihm hinab und küsste ihn sanft, was Harry dazu veranlasste, seine Arme um seinen Hals zu schlingen und den Kuss zu erwidern. „Warum warst du eigentlich so wütend gestern?“ Harry lächelte wehmütig. „Weil ich dumm war, Draco. Ich war einfach dumm. Ich habe es dir übel genommen, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast. Ich habe vollkommen überreagiert.“ Er barg das Gesicht an Dracos Hals, lauschte dem vertrauten Puls. „Kannst du mir das verzeihen?“ Draco lächelte nur, schloss die Augen und zog ihn näher an sich. Es reichte als Antwort vollkommen. Oben in seinem Büro klappte Dumbledore die Taschenuhr zusammen und lächelte Snape zu, der gerade eintrat. „Guten Abend, Severus.“, wünschte er, zauberte Tee und Kekse herbei. „Möchtest du?“ Der Schwarzhaarige schüttelte unwirsch den Kopf. Sein Gesicht war finster. „Er wird immer stärker, Albus.“, sagte er einleitend. „Was, wenn es statt Musik Schmerzen gewesen wären?“ Dumbledore nickte, blickte etwas bekümmert unter seiner Brille hindurch in seine Teetasse. „Ich weiß, Severus. Nun, ich habe bereits Hilfe angefordert.“ Er seufzte. „Nur leider kann er erst Mitte nächster Woche kommen. Die Zustände draußen in der Welt sind nicht einfach und der Orden sehr beschäftigt.“ „Wer wird kommen?“ Dumbledores Blick wurde bedeutungsvoll und Snape verstand, rieb sich mit den Fingern über die Augen. Das konnte ja heiter werden… -----------************------------------ Wouh! Geschafft! Ich bitte um euer Wohlwollen. Ich habe mir Mühe gegeben und muss ehrlich sagen… Harry hat sich für meinen Geschmack viel zu schnell wieder eingekriegt, aber dummerweise hat er sich sehr verselbstständigt. Das tut er momentan viel zu häufig. Vielleicht sollte ich ihn mal an die Leine legen… Hat es euch gefallen? War es nachvollziehbar. Ich hoffe. Danke fürs Lesen. Vergessen --------- Titel: Vergessen Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Ich bedanke mich bei allen fleißigen Kommentatoren, Kritikern und Fans für ihre Treue. Ich kann euch gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet. *allesamtumarmt* Ich habe euch lieb! Kapitel 29: Vergessen In den nächsten Tagen änderte sich an der in Hogwarts vorherrschenden Situation nicht besonders viel. Zwar war zwischen Draco und Harry wieder alles in Ordnung und auch Ron war wieder friedlich, aber die Beobachtung durch die Lehrer brach nicht ab. Und es machte Harry rasend. Er war nervös und gereizt, kratzte sich immer häufiger die Arme und den Hals, weil er das Gefühl hatte, er müsste ersticken. Langsam aber sicher wurde er unter der ständigen Beobachtung verrückt. Und er konnte nichts dagegen tun! Es ihnen zu sagen, würde nichts bringen. Sie würden sich doch niemals davon abbringen lassen, weil sie ihn für gefährlich hielten! Als ihm auffiel, dass er auch in seinem Zimmer Augen auf sich fühlte, war es dann endgültig vorbei. Mitten in der Nacht verließ er sein Bett, warf den Tarnumhang über und eilte gehetzt aus dem Zimmer und durch den Gemeinschaftsraum hinaus in die nächtlichen Gänge von Hogwarts. Beinahe wäre er Filch und Mrs Norris in die Arme gelaufen, doch gerade im letzten Moment wich er auf Kikuilehs Geheiß hin in eine sich öffnende Geheimtür aus. Sein Weg führte ihn in die Bibliothek --- wo Snape schon auf ihn wartete. Harry bekam fast einen Herzanfall, als ihm der Umhang plötzlich von den Schultern gezogen wurde und der schwarzhaarige Lehrer ihn direkt ansprechend hinter einem Regal hervortrat. „Das ist wirklich eine schlechte Angewohnheit von dir, Potter!“, schnarrte er schleichend. Man konnte das Grinsen über die Freude, dass er ihn erwischt hatte, deutlich aus der Stimme heraushören. Dann, wesentlich kälter, fügte er hinzu: „Was machst du hier?“ Seitdem er erfahren hatte, dass ihm eine Konfrontation mit dem bevorstand, den er auf den Tod nicht leiden konnte, war er schlecht gelaunt, was er seine Schüler spüren ließ --- vor allem eben Harry, denn dieser war Schuld an der Misere. Harry rieb sich über die Arme, kratzte sich erneut. „Woher wissen Sie, dass ich es bin, der hier rumrennt?“, fragte er und in seinen Haaren knisterte es bedrohlich. „Hat Dobby es Ihnen verraten?“ Snape hob eine Augenbraue und legte sich den seidignassen Umhang über den linken Arm. Er hatte ihn bemerkt? Hatte der Hauself etwa derartig nachgelassen in seinen Fähigkeiten, seit er keinen Herren mehr hatte? Bedauerlich. Da sah man mal wieder, dass manche Sitten und Bräuche eben doch Sinn hatten und gut waren. „Ich frage noch einmal: Was tust du hier?“ „Ich…“ Harrys Gesichtsausdruck wurde starrsinnig, als er zum nächsten Regal wanderte und mit den Fingern über die Buchrücken strich. „Ich will etwas suchen.“ „Mitten in der Nacht?“ „Wann denn sonst? Schlafen kann ich eh nicht, solange irgendjemand mit seiner Nase an meiner Bettkante klebt.“, erwiderte der Junge, der lebt, grantig. „Tagsüber überwachen sie mich wie einen Schwerverbrecher, nachts wie einen Irren! Das ist nicht auszuhalten!“ „Du leidest unter Paranoia, Potter. Wer…“ „Wollen Sie mich verarschen?“, fauchte Harry und wirbelte herum. „Sie wissen doch immerzu ganz genau, wo ich bin! Sie finden mich überall! Die anderen halten mich für gefährlich und verhehlen es nicht mal! Und Dobby ist ja wohl auch nicht aus reiner Sympathie da, oder?“ Er schnaubte. „Ja, Paranoia! Sie sind doch verrückt!“ Snape war so perplex über diesen Ausbruch, dass er regelrecht unfähig war zu reagieren. So etwas zu ihm zu sagen hatte noch nie jemand gewagt. Kein Schüler! Das war doch… Unverschämt war das! Genau, unverschämt frech! „Hast du einen Ahnung, was du da gerade getan hast?“, fragte er lauernd. Harrys Antwort verblüffte ihn gleich noch einmal. „Ich versuche, meine Nerven zu retten! Wenn diese…“ - ein undefinierbarer Laut ersetzte die zu erwartende Beleidigung - „…so weitermachen, werde ich verrückt!“ Damit zog er das nächstbeste Buch aus dem Regal. Seine Finger begannen zu leuchten, ganz ohne Zauberstab. Fasziniert beobachtete Snape, wie Harry über die Seiten strich. So weit war er also schon. Dass er dazu keinen Zauberstab mehr brauchte… Der Junge stellte das Buch frustriert wieder weg und nahm das nächste zur Hand. Einige Male ging das so, dann erlosch das Leuchten und Snape wurde bewusst, dass er geschlagene fünfzehn Minuten dabei zugeschaut hatte, wie Harry Potter Bücher las. Ja, hatte der Junge etwa Recht? War er Irre geworden? „Du wirst sofort wieder ins Bett gehen! Du hast lange genug hier herumgewerkelt!“ Harry hielt in seiner Bewegung inne. Er hatte geglaubt, da Snape nichts mehr gesagt hatte, dass er bleiben durfte. Er wollte nicht wieder zurück in dieses vermaledeite Bett, wo Dobby ihn mit seinen riesenhaften Augen überwachte. „Kann ich nicht einfach hier bleiben?“, fragte er dann. „Ich verspreche auch, dass ich meine Magie unter Kontrolle halten werde und diese Bibliothek nicht verlasse! Ich werde auch eine Strafarbeit schreiben, wenn das der Preis ist, aber…“ Er verstummte, ließ die Schultern hängen. „Bitte, Sir!“ Schweigend sah Snape auf den Jungen vor sich. Harry sah kläglich aus. Und er hatte ihn gerade gebeten, ein Auge für ihn zuzudrücken. Er hatte sogar angeboten, dass er für diese Ausnahme arbeiten würde. „Welcher Zauber ist dir so wichtig, dass du dich deshalb mit mir anlegst?“, fragte der Mann schließlich. „Was suchst du hier?“ „Wenn ich das wüsste, bräuchte ich doch nicht zu suchen. Dann würde ein Accio reichen.“, antwortete der Junge gequält. „Was erhoffst du dir davon?“, formulierte Snape seine Frage daraufhin um. Harry seufzte. „Ich will, dass sie mich vergessen.“ Dieser Satz zertrümmerte selbst Snapes starre, unbewegte Miene. Seine schwarzen Augen weiteten sich und für einen Moment war er sprachlos. Dann brach sich die Verwirrung Bahn. „Du willst was?“, rief er und sah, dass Harry zusammenzuckte. „Sie sollen vergessen, dass ich da bin…“, sagte er leise. Plötzlich war er gar nicht mehr so selbstsicher, eher schüchtern. „Die Lehrer überwachen mich. Die Schüler hassen mich. Meine Freunde machen sich Sorgen, was sie nicht sollen, weil sie eh schon zu viele Sorgen haben. Ich ertrage das nicht mehr. Ich will mich nicht verstecken, aber ich will endlich wieder meine Ruhe haben. Sie sollen…“ Seine Haare begannen sich sachte zu bewegen, als würde ein Windzug durch sie hindurchfahren. „Geben Sie mir noch ein paar Minuten, dann werde ich gehen! Bitte!“ Snape war ob dieser Beichte ihm gegenüber gerade noch dazu in der Lage zu nicken, was Harry mit Sicherheit nicht mehr wahrnahm. In seinen Haaren zuckten blaue Blitze, als sie, aufgeladen von der Silberranke, zu fliegen begannen, als auch die Bücher um ihn herum zu schweben anfingen. Seine Hände von sich gestreckt drehte er sich im Kreis, die Bücher kamen und gingen in völlig konfuser Reihenfolge, so schnell, dass Snape nicht dazu in der Lage war, die Titel zu lesen. Die Luft war erfüllt vom Rascheln der Seiten und Klappern der Buchdeckel, vom Knarzen alten Leders und dem dumpfen Knallen, wenn die Bücher in ihre Regale zurückkehrten. Kikuileh verzog sich zu ihm und versteckte sich hinter seinem Rücken. Das war ihr wohl etwas zu unheimlich. „Du wirst wahrlich besser!“, murmelte Snape bewundernd, den Jungen nicht aus den Augen lassend. Harry sah aus, als würde er tanzen. Mit diesen Büchern. Mit dem Wind. Das friedliche Gesicht, das weiche Lächeln, dieser fast verzehrende Wunsch in den schmalen Zügen… Wie eine dieser Halbbanshees… Die falsche Haarfarbe hatte er. Nicht silbern, schwarz; nicht weiblich, ein Junge… Dann sah er, wie ein Blitz zwischen Harrys rechtem Mittel- und Ringfinger übersprang. „Aber du hast es nicht unter Kontrolle…“, fügte er nach einer ganzen Weile bedauernd an. Aber es war schon klar, dass ein solcher Zauber mehr Energie benötigte, als die Silberranke zulassen würde. Dann stoppte plötzlich alles, die Bücher flogen zurück in ihre Regale, Harrys Haare fielen zurück auf die Schultern und er sank in die Knie, leise stöhnend. Offenbar war es doch recht schmerzhaft gewesen, jetzt im Nachhinein… zwischendurch schien das gar nicht bei ihm angekommen zu sein. Aber immerhin… er hatte ein Buch an seine Brust gedrückt. War es das, das er gesucht hatte? Taumelnd kam er wieder hoch, schwankte einmal so heftig, dass Snape schon befürchtete, er würde ohnmächtig, doch Harry fing sich wieder. „Ich… Würden Sie mir ihre Unterschrift geben, Sir, dass ich… dieses Buch genommen habe?“, fragte er, Erschöpfung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Snape nickte und gab Harry, was er wollte plus Tarnumhang. Dann: „Was hast du morgen in der ersten Stunde?“ „Verwandlung.“ „In der zweiten?“ „Verteidigung gegen die dunklen Künste.“ Entschlossen nickte Snape erneut. „Du kommst morgen vor der ersten Stunde zu mir. Ich rede mit deinen Lehrern, dass du deine Strafe bei mir absitzen wirst. Bis mittags!“ Harrys Lächeln und sein glückliches „Vielen Dank, Sir!“ waren eigentlich nicht das, was er erwartet hatte, aber was sollte es… Nachdenklich sah er dem Jungen nach. Wieso hatte er eigentlich nicht einfach diese Art von Magie benutzt, um vergessen zu werden? Herkömmliche Flüche hatten doch schließlich die Unart, dass sie größtenteils zeitlich begrenzt oder unerwünschte Nebenwirkungen hatten. Das konnte doch nicht in seinem Sinn sein, oder? Oder war das genau der Punkt? Wollte Harry vielleicht gar nicht wirklich vergessen werden? Als der schwarzhaarige Lehrer am nächsten Morgen zum Frühstücken in die Große Halle kam, war das erste, das er sah, Harry. Der Junge saß abseits der anderen und aß deutlich lustlos Cornflakes. Trocken. War wohl nichts mit Vergessenszauber. Da war die ganze Aktion gestern Nacht völlig umsonst gewesen und das machte die Strafe doch umso schöner! Ein böses Grinsen umspielte Snapes Lippen, als er sich zu seinem Platz begab. Wenig später staunte er nicht schlecht, als Draco mit seiner Clique hereinkam und sie alle kommentarlos an ihm vorbeigingen. Draco warf einen kurzen Blick auf seinen Freund, doch die anderen schienen ihn gar nicht zu bemerken. Auch Cho Chang, die Giftspritze, die wenig später kam und es sich eigentlich zur Aufgabe gemacht hatte, Harry das Leben zur Hölle zu machen, marschierte an ihm vorbei und winkte lachend ihren Freundinnen, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Was hatte das zu bedeuten? Hatte Harry vielleicht eine Auswahl getroffen, wer ihn vergaß und wer nicht? Hatte er den Zauber etwa auf jeden einzelnen verhängt? Das war ja wohl… Die Zwillinge kamen zu Harry, setzten sich ihm gegenüber und begannen lachend und gestikulierend mit ihm zu reden. Und auch wenn er ihnen antwortete, war auf dem schmalen, blassen Gesicht definitiv Verwirrung zu sehen. Anscheinend war das so nicht wirklich geplant gewesen. Was für einen Zauber hatte er da nur angewandt? Wenige Minuten später hatte er die Möglichkeit zu fragen. Harry kam alleine zu ihm, dabei war es noch eine ganze halbe Stunde hin, bis zum Unterricht, aber ihm war es recht. So würde er die Aufgabe vielleicht sogar schaffen… „Du weißt, weshalb du hier bist?“, fragte er einleitend, als Harry ihn noch nicht ganz erreicht hatte. Es interessierte ihn wirklich, was Harry sagen würde. Der Junge zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Weil ich nachts auf den Gängen erwischt wurde, unerlaubt in die Bibliothek eingedrungen bin und Ihnen gegenüber respektlos war. Zudem war es ein Handel.“ Interessant. Ein Handel also… Stimmte, er hatte es angeboten, um bleiben zu dürfen… „Komm mit.“ Er drehte sich um und ging den Gang hinunter. Harry folgte ihm schweigend, bis sie zu einer Kammer kamen. Der Lehrer stieß die quietschende und protestierende Tür auf und ließ Harry in sein Reich vortreten. „Weißt du, wo du hier bist?“ Sekunden vergingen, in denen nur ein helles Sirren zu vernehmen war, dann hob der Schwarzhaarige den Kopf. „In einer Vorratskammer?“ „Ich meiner Vorratskammer, um genau zu sein. Du fasst hier drin nichts an, verstanden?“ Nicken. „Und was soll ich tun?“ „Auf dem Tisch da vorn liegt ein Buch. Lies die ersten zwanzig Seiten und schreibe mir eine Abhandlung darüber.“ Wieder nickte Harry und ging zu dem kleinen Schreibtisch hinüber, setzte sich und Snape ließ ihn allein. Als er nach zwei Stunden in der kurzen Pause wiederkam, war Harry so vertieft in seine Arbeit, dass er sein Kommen nicht einmal bemerkte. Dafür hatte er massenweise kleiner, geflochtener Zöpfe im Haar. Anscheinend war dieser Fee langweilig gewesen. Snape ging wieder. Er wollte ihn nicht stören. Harry Potter sah man nur selten so konzentriert. Und seine Fragen konnten warten. Kurz nach ein Uhr platzte er dann wieder herein. Aufgeregt und abgehetzt. Er hatte ihn in seinem Ärger über drei Zweitklässler vergessen. Einfach so! „Potter! Bist du immer noch hier?“ Die Antwort war ein abwesendes Brummen. Harry sah nicht einmal auf. Dafür regte es sich jetzt in seiner Brusttasche und eine reichlich verstrubbelte Fee streckte ihren Kopf an die frische Luft. Sie hatte geschlafen und sah dementsprechend müde aus. „Bist du fertig geworden?“ Snape straffte sich, strich sich eine in der Eile in die Stirn gefallene Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor Harry ihn direkt anblickte. „Ich…“ Der Gryffindor stutze, blinzelte, dann wurden seine Augen plötzlich wieder blind. „Das habe ich gar nicht bemerkt…“, sagte er betroffen, ließ sich etwas zurücksinken. Snape trat zu ihm hin, blickte auf ihn hinab, hob dann sein Kinn ein wenig an, um in die Augen zu sehen. Keine Spur mehr der schwarzen Pupillen, aber es schimmerte verdächtig darin. Er sah wirklich traurig aus. War das jetzt Verzweiflung? Ein kurzer Blick auf das Buch und er ließ ihn wieder los. Seite dreiundsechzig. Er war wirklich weit gekommen. „Ich sagte, bis Seite zwanzig und darüber eine Abhandlung!“, wies er ihn darauf hin. Wortlos deutete Harry auf eine Rolle Pergament auf dem Tisch. „Wieso geht es immer so schnell wieder weg?“ Wenn man ganz genau hinhörte, konnte man die Stimme wanken hören. Snape antwortete mit einer Gegenfrage. „Wann genau hat es denn angefangen?“ Vielleicht war es ja immer nur eine begrenzte Zeit, die er sehen konnte. Harry zuckte mit den Schultern. „Irgendwo auf Seite vierzig oder so… Vielleicht auch nicht. … Ich weiß es nicht…“ „Und wie oft ist das jetzt schon passiert?“ Überlegend verharrte Harry einige Sekunden. „Vier Mal.“ „Welche Situationen?“ Das zuvor deprimierte Gesicht verzog sich vor Missfallen, doch er antwortete. „Außer denen, von denen Ihnen Draco erzählt hat, einmal im Kampf gegen Draco, was Sie ebenfalls wissen, und einmal gerade eben.“ „Verstehe.“ Der Lehrer ging zu dem größeren Tisch hinüber und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen. „Und diese Situationen haben im Grunde nichts miteinander gemeinsam. Es ergibt wirklich keinen Sinn.“ Harry seufzte und erhob sich. „Darf ich mir das Buch ausleihen, Sir?“, fragte er und Snape hob eine Augenbraue. Es interessierte ihn? Warum? Dieses Thema hätte er in der zweiten Klasse schon haben müssen, da wurden die unterschiedlichen Arten von Energie doch durchgenommen. Andererseits… vielleicht brachte es ihm ja etwas. „Von mir aus.“ Harry lächelte und steckte den Wälzer in seine Schultasche, womit diese voll war. Na, da hatte er sich ja was vorgenommen, wenn er das Ding tatsächlich durchlesen wollte. Doch als Harry gehen wollte, hielt Snape ihn noch einmal auf. „Der Zauber… Wie heißt der?“ Irritiert blieb der Junge stehen und runzelte die Stirn, doch im nächsten Moment begriff er, welchen Zauber Snape meinte. „Dissipare immemorem esse.“, antwortete er nachdenklich. „Aber Sie sind davon genauso wenig betroffen wie Fred, George, Ginny, Mione und Ron, oder?“ „Draco hat dich auch bemerkt.“ „Ich weiß.“ Harry lächelte. „Ich spüre seinen Blick auch ohne den Sensibilis.“ „Sensibilis? Warum solltest du…“ Snape verstummte, als er begriff. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. „Du hast ihn auf dein Unterbewusstsein gezaubert? Deshalb auch die Gewissheit, dass du beobachtet wurdest!“ War denn das zu fassen? Harry wandelte seine Zauber ab! Einfach so! Der Sensibilis war für die Finger gedacht! Oder für die Ohren oder Augen, aber das… „Ich war mir vorher nicht sicher.“, gab Harry zu. „Es war nur unangenehm und da bin ich auf die Idee gekommen. Jetzt beachten sie mich nicht mehr.“ Snape war beeindruckt. Harry würde den perfekten Spion abgeben. Mit diesen Fähigkeiten, mit der Kraft und seiner Erfindungsgabe… Der Dunkle Lord wäre begeistert! …würde Harry auf seiner Seite stehen. So war es wirklich nur gut, dass er davon noch nichts wusste, denn sonst würde er alles daran setzen, den Feind zu vernichten, bevor er stärker wurde als er. Blieb zu hoffen, dass er es nicht herausfand, denn dann sanken Harrys Chancen auf einen Sieg erheblich. Seit wann dachte er eigentlich so? Wann hatte er angefangen, Hoffnungen in Harry zu setzen? Früher hätte er ihm nicht mal eine Chance zugestanden und jetzt… „In der Bibliothek hast du deine Maguskräfte eingesetzt, nicht wahr?“ Harry nickte, definitiv unsicher. Ob er deswegen ein schlechtes Gewissen hatte? „Wieso hast du dir den Vergessenszauber nicht einfach so herbeigezaubert?“ Ehrlich verblüfft blinzelte Harry, dann grinste er plötzlich. „Daran hab ich gar nicht gedacht…“ Er lachte. „Sie haben Recht, Sir, das wäre wirklich einfacher gewesen. Aber andererseits hätte ich das Buch dann ja nicht bekommen. Also war es ganz gut so.“ Es war alles gesagt, Harry ging. Snape blieb wieder einmal nachdenklich zurück. Warum hatte er bei Harry nicht mehr das Gefühl, dass er dem Dunklen Lord nicht gewachsen war? Warum war er inzwischen so unglaublich selbstbewusst, dass Snape gar nicht anders konnte, als ihm zu vertrauen, seine Hoffnungen in ihn zu setzen? Das war doch nicht normal bei einem fünfzehnjährigen Kind, oder? Harry wurde von Hermione abgefangen, als er gerade zum Essen gehen wollte. Er war ein wenig spät und hatte es eilig, um überhaupt noch etwas zu bekommen, als sie plötzlich vor ihm auftauchte. „Harry, hast du kurz Zeit?“ Lächelnd bot der Schwarzhaarige ihr seinen Arm an, den sie ergriff. „Wenn du nichts dagegen hast, dass ich währenddessen was esse... Ich sterbe vor Hunger!“ „Das wundert mich gar nicht. Es ist fast zwei! Wo warst du überhaupt die ganze Zeit?“, fragte sie, während sie sogar noch einen Schritt zulegte. „Die Lehrer schienen Bescheid zu wissen, denn keiner hat nachgefragt!“ „Oh, das…“ Sie erreichten die Große Halle, die beinahe schon ganz leer war, und setzten sich. Es gab Steak mit Kartoffeln und Rote Beete. Fast ein bisschen zu nahrhaft. „Ich musste bei Snape eine Strafarbeit absitzen.“ Achselzuckend füllte er seinen Teller. War ja gerechtfertigt gewesen. Das braunhaarige Mädchen war irritiert. „Strafarbeit? Harry, warum musstest du…?“ „Er hat mich nachts auf den Gängen erwischt.“, kam der Junge, der lebt, ihrer Frageformulierung zuvor und begann zu essen. „Selber schuld.“ Hermione hatte kein Mitleid mit ihm. „Was suchst du auch nachts draußen?“ „Ich konnte nicht schlafen.“, erklärte er wahrheitsgemäß. Den Rest der Wahrheit verschwieg er lieber. Es würde sie nur unnötig aufregen. „Also echt.“ Sie rümpfte die Nase. „Aber das ist jetzt unwichtig. Hast du heute Nachmittag schon was vor?“ Harry schüttelte kauend den Kopf. „Wiescho?“ Erfreut klatschte sie in die Hände. „Klasse!“, jubelte sie. „Komm um sechs zur alten Buche am See, ja? Und bring IHN mit!“ Harry stutzte. Ihn? Meinte sie Draco? „Warum denn das?“ Hermione lachte. „Lass dich überraschen!“ Sie sprang auf. „Bis später!“ „Er wird begeistert sein…“, murmelte Harry. Hermione war längst gegangen. Vor Pflege magischer Geschöpfe fand Harry keine Gelegenheit dazu, noch mit Draco zu reden, und so verschob er es auf danach. Es war wirklich verblüffend, wie gut sein Zauber wirkte. Die Einhorntante Raue-Pritsche hatte beschlossen, mit ihnen Thestrale durchzunehmen. Ganz stolz präsentierte sie die unheimlich wirkenden Tiere, erzählte überschwänglich von deren Haltung und Einsatz auf Hogwarts. „Sie ziehen die Kutschen und verrichten die schweren Arbeiten auf den Feldern und in den Wäldern.“, sagte sie gerade, als Harry vorwärts ging, unbemerkt von den meisten, und einem der pferdeähnlichen Wesen über die ledrigen, harten Nüstern strich. „Wo sind denn Ihre tollen Tiere?“, kam da von Seamus der Einwurf. Neville war es, der antwortete, bevor die Lehrerin etwas von sich geben konnte. „Sie stehen genau vor dir.“ Leise, unsicher wie immer und auf dem Gesicht der blanke Horror. „Sie stehen direkt vor dir…“ Gelächter setzte ein, und Professor Raue-Pritsche rief sie wütend zur Ordnung. „Hören Sie auf, Mr Longbottom auszulachen. Er hat sicherlich Schlimmes erlebt! … Kann mir einer von Ihnen sagen, warum nicht alle sie sehen können?“ Hermiones Hand schoss in die Höhe, während Draco wortlos Harry beobachtete, der lächelnd neben einem dieser unheimlichen Tiere stand, das sich geduldig am Hals kraulen ließ. Es war ein groteskes Bild. Vom Körperbau her ein Pferd, war es ein Wesen, schwarz wie die Nacht mit pupillenlosen, weißen Augen, bei dem man jeden Knochen unter der in der tief stehenden Sonne schimmernden Haut sehen konnte. Schwarze, lederne Schwingen lagen flach an den sich hebenden und senkenden Flanken, ein langer, bei jedem kleinsten Luftzug wehender Schweif und eine schwarze, feine Mähne gaben dem kantigen Drachenkopf ein weicheres aussehen. Harry mit seinem schmalen Körper, den schwarzen, langen Haaren und den leeren grünen Augen war ihnen so erschreckend ähnlich… auch ihn schien keiner zu sehen… Kikuileh schwirrte um den schlagenden Schweif herum und versuchte die dunklen Haare dort zu flechten, aber immer wieder wurden ihr die Strähnen aus den winzigen Händen gerissen. Draco lächelte leicht. Harry sah so verträumt aus. Seltsam war nur, dass auch die Männer verachtende Schreckschraube ihn nicht bemerkte. Die hätte ihn doch mit Sicherheit schon längst zusammengeschissen, weil er es wagte, ihre wertvollen Tiere mit seinen Männerhänden anzufassen. Professor Raue-Pritsche nahm Hermione endlich dran und das Mädchen legte sofort begeistert los. „Thestrale kann man nur sehen, wenn man bereits einmal jemanden sterben gesehen hat. Sie offenbaren sich einem nur dann. Neville muss also gesehen haben, wie jemand starb.“ „Oh!“ Pansy neben Draco begann zu grinsen. „Das tut uns aber wirklich leid.“ Ron blitzte sie sofort wütend an. „Ist doch merkwürdig, dass nur Neville die Thestrale sehen kann!“, giftete er. „Ihr Slytherins tönt doch immer damit, dass ihr schon massig Leute sterben saht, weil eure Väter euch mal auf die Jagd mitgenommen haben!“ Pansy gab ein wütendes Geräusch von sich und auch andere Slytherins begannen zu murren, als Draco plötzlich zu lächeln begann. „Also ich kann sie sehen.“ Bewunderungsbekundungen wurden von den Slytherins geäußert, jetzt murrten die Gryffindors. Harry drückte seine Stirn mit schmerzverzerrtem Gesicht gegen den knochigen Hals des Thestrals. Die Information, dass Draco schon Menschen hatte sterben sehen, tat ihm weh. Seine Erfahrungen mit diesem Thema waren zu grausam, als dass er kein Mitleid empfinden würde. Allerdings fragte er sich, wann und wen Draco sterben sah. Und warum. Hatte… hatte er es damals vielleicht sogar genossen? Seine Hand strich über die schwarze Haut, die sich weich um jeden Knochen spannte, sein Gesicht war bitter. „Er kann euch sehen.“, flüsterte er leise. „Und könnte ich meine Augen noch gebrauchen, würde ich es auch können…“ „Wer kann sie denn noch sehen?“, fragte Raue-Pritsche gerade, doch es meldete sich sonst keiner mehr. Die Stunde verbrachten sie damit, die Tiere zu pflegen, sie zu waschen und zu füttern, was sich für diejenigen, die sie nicht sahen, als äußerst schwierig und gruselig herausstellte, hatten sie schließlich nur eine vage Vorstellung vom Aussehen der Thestrale. Ron und Hermione teilten sich eines, Harry blieb allein. „Mr Malfoy. Das dort!“, rief Raue-Pritsche quer über das Gatter und zeigte auf Harrys. „Das ist noch frei und auch nicht gruseliger als die anderen.“ Draco warf einen Blick auf Harry, dann wollte er den Mund aufmachen, um zu protestieren, doch aus den Augenwinkeln nahm er ein leichtes Kopfschütteln von Harry wahr. Mit einem zweiten Blick auf den Jungen vor sich, kam er näher. Vorsichtig. „Was hat das zu bedeuten? Sie sehen dich nicht.“, sagte er misstrauisch. „Bist du überhaupt da oder bilde ich mir nur ein, dich zu sehen?“ Harry lächelte. „Sie haben mich vergessen.“ „Was bitte?“ „Es ist ein Zauber.“, erklärte Harry und strich dem Thestral über das rechte drachenhafte Ohr. „Sie sehen mich an und vergessen, dass sie mich gesehen haben.“ „Dann hatte ich dich heute Morgen vergessen?“ Draco war fast entsetzt über sich, doch der Schwarzhaarige schenkte ihm abermals ein Lächeln. „Ich war heute Morgen nicht da. Ich weiß ja auch nicht, warum, aber du bist einer der wenigen, die mich noch bemerken.“ Er seufzte. „Dabei hatte ich extra noch den Gegenzauber für einzelne Personen gelernt…“ Draco überlegte. „Ich kann dich also nicht vergessen?“ „Sieht so aus.“ Erleichtert nickte der Blonde, nahm sich einen der weichen Striegel, den er auf magische Weise über die schwarze Haut des Thestrals fegen ließ. „Das liegt daran, dass ich immer an dich denke.“, grinste er überzeugt, dann stockte er erschrocken. „Hören sie, was ich sage?“ „Sicher. Aber sie werden es vergessen, sobald sie merken, dass es an mich gerichtet ist. Stand im Buch.“ „Dieser Spruch ist echt praktisch. Wenn man ein Dieb wäre…“ Das Gesicht wurde unglücklich. „Dafür ist er nicht gedacht.“, sagte er leise. „Dafür…“ „Ist ja schon gut.“, lenkte Draco hastig ein. „Ich brauche nichts stehlen. Ich habe genug Geld. Also, wer kann dich sehen?“ „Alle!“ „Harry!“ „Schon gut.“, grinste Angesprochener. „Ron, Mione, die Zwillinge, du, Snape…“ „Was denn, der auch?“ Harry nickte. „Von den anderen weiß ich es nicht genau. Wenn sie mich bemerken, dann zeigen sie es nicht, aber ich denke, Dumbledore kann es auch.“ „Kann sein. Der sieht eh alles. Aber dass sie es nicht zeigen, wenn sie dich bemerken, das kann ich mir nicht vorstellen. Dafür bist du bei weitem zu unbeliebt.“, lächelte Draco und trat auf ihn zu, um ihm die Stirn glatt zu streichen, die sich in Falten gelegt hatte. Dann legte er die Arme um ihn. „Und wenn schon.“ Er neigte den Kopf ein wenig, berührte ganz sachte Harrys weiche Lippen. „Dann lerne ich den Zauber, den Snape bei mir angewandt hat, dann können sie nicht mehr darüber reden.“ Lächelnd lehnte sich Harry in den Kuss, vor allem als er Rons leicht stockenden Atem hörte und Hermiones leises Kichern. Das Mädchen schien sich wirklich nicht im Geringsten daran zu stören, dass Harrys große Liebe ein Junge war. Dafür war er ihr auch ehrlich dankbar. „Warum kannst du sie sehen?“, fragte er leise, ein wenig traurig, als er den heißen Atem des Thestrals im Nacken spüren konnte. Er lehnte sich gegen seinen Freund und legte den Kopf auf dessen Schulter. Er konnte seinen Herzschlag spüren. Draco seufzte. „Ich war am Sterbebett meiner Großmutter, als ich Neun war. Sie ist bei meiner Wache gestorben.“ Ein erleichtertes Lächeln legte sich über Harrys Lippen. Das erklärte alles. „Das tut mir leid.“ Der Blonde antwortete nicht, zuckte nur mit den Schultern und Harry verstand den Wink, dass es nicht das war, über das er reden wollte, also suchte er nach einem neuen Gesprächsthema. Ihm fiel Hermiones Frage ein. „Draco, hast du Lust, heute Nach… heute Abend etwas mit uns zu unternehmen?“, wollte er vorsichtig wissen, als der Thestral an seinem langen Haar zu zupfen begann, weil er der Meinung war, zu wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Seine Finger spielten mit Dracos Nackenhaar. Graue Augen maßen ihm mit Misstrauen. „Uns?“ „Tja…“ Es war ihm unangenehm, denn im Grunde wusste er ja gar nicht, was ihn erwartete. „Hermione hat angefragt, ob ich Zeit hätte und dich mitbringen könnte.“ „Aha.“ Draco war hörbar nicht begeistert und wenig überzeugt. „Und was wollt ihr mit mir machen?“ „Ich weiß es nicht.“, antwortete Harry ehrlich und ein unsicheres Lächeln kräuselte seine Lippen. „Ich… bin mir ja nicht mal sicher, ob das so eine gute Idee ist.“ Erneut zog der Thestral ungeduldig an seinen Haaren und Draco zauberte ihm einen Eimer mit Zwirbelgerste heran, über den er sich glücklich hermachte. „Willst du denn, dass ich komme?“ Harry nickte, lächelte dann schief. „Es bedeutet mehr Zeit.“, erklärte er sein Motiv. Lachend küsste Draco ihn erneut. Er war so süß. Und wenn er so schaute, dann war ein Nein eh schon vollkommen undenkbar. „Einverstanden. Ich versuch’s. Wenn es aber nicht geht und wir nur streiten, dann geh ich wieder, okay?“ Zur Antwort fiel ihm Harry stürmisch um den Hals und küsste ihn innig, was Draco mit einem weiteren Lachen erwiderte. Anschließend widmeten sie sich endlich vollständig dem Thestral. Am Ende der Stunde ging Draco mit seinen Freunden, die ihm ihre Erlebnisse und Probleme mit den Thestralen schilderten, aber kein Wort über ihn oder gar Harry verloren. Der Schwarzhaarige hatte wirklich Recht. Sie hatten komplett vergessen, dass er da war. Um zehn vor sechs holte Harry Draco vor dem Schultor ab. Sie hatten beide ihren warmen Umhang an, denn es wehte ein kalter Wind. Zum Glück regnete es nicht mehr. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur alten Buche. Ron und Hermione warteten schon, saßen zusammen auf einer großen Decke, deren Mitte von einem großen Korb eingenommen wurde. Es war… „Sie wollen mit uns Picknicken.“, stellte Harry verblüfft fest, aber im Gegensatz zu Kikuileh, die total begeistert los flog, kaum hatte sie es ihm mitgeteilt, und etwas davon faselte, dass es allzu lange her war, dass sie das das letzte Mal getan hatte, war er nicht ganz so glücklich. Besorgt hielt er Draco am Arm fest und versuchte, ihn direkt zu fixieren. „Wird das…“ „Ich hatte doch versprochen, es zu versuchen.“, unterbrach ihn Draco. „Noch dazu haben das Wiesel und ich Waffenstillstand.“ Harry lächelte erleichtert, war glücklich. „Danke.“, flüsterte er, nahm dann Dracos warme Hand und zog ihn mit sich auf die gemütlich wirkende Decke zu. Erst als sie nur noch ein paar Meter weg waren, sprang Hermione auf und kam ihnen entgegen. „Da seid ihr ja!“, rief sie fröhlich. „Wundervoll, dann können wir ja essen!“ Sie lachte und zog Harry dann am Arm mit sich. Draco wurde zwangsmäßig mitgezogen, da seine Hand noch immer mit Harrys verharkt war. Ron hatte sichtlich mehr Probleme mit der sich bietenden Situation, aber er gab sich ebenso sichtbar Mühe. „Was war denn das vorhin? Was, wenn sie euch gesehen hätten?“ Die drei erreichten die Decke und Draco kniete sich hin, als Hermione Harry beinahe nötigte, sich neben sie zu setzten. Damit saß der Blonde direkt neben Ron. „Das haben sie mit Sicherheit.“, ließ er gleichmütig verlauten und der Rotschopf machte große Augen. „War ja nicht zu übersehen.“ „Aber…“ Ron schloss den Mund wieder, beschloss dann aber doch noch zu sagen, was er loswerden wollte. „Ihr habt euch vor all denen da geküsst! Meint ihr denn, dass das eurer Geheimniskrämerei behilflich ist?“ „Haben sie etwas gesagt?“, stellte Draco die leicht vorwurfsvoll anmutende Gegenfrage. „Niemand hat sich beschwert, also…“ Harry lachte. Kikuileh beschrieb ihm Rons Konfusion so wundervoll präzise, dass er einfach nicht mehr anders konnte. „Sie haben es vergessen.“, erklärte er und begann dann ausführlich zu erläutern, wie der Zauber wirkte und dass er sich auch wunderte, dass ein paar Leute diesem wohl entgangen waren. „Das wäre praktisch, wenn man irgendwo einbrechen wollte…“, war Rons erster Kommentar, nachdem Harry geendet hatte. „Man könnte einfach irgendwo reinspazieren und wieder hinaus und keiner könnte sich an dich erinnern.“ Er bekam eine Kopfnuss von Hermione. „Soweit kommt’s noch, dass du irgendwo einbrichst!“, sagte sie entschlossen. „Ich würde mich dafür einsetzen, dass du in Askaban landest, aufgrund von Missbrauch der Zauberei!“ „Du hast wirklich keinerlei Mitleid mit deinem armen Freund!“, jammerte der Junge theatralisch und Hermione schüttelte den Kopf. „Nicht im Geringsten.“ „Aber wie soll ich dir da etwas bieten? Das ist ohne Geld…“ „Sei einfach nur für mich da.“, unterbrach sie ihn sanft, krabbelte zu ihm hinüber und lehnte sich gegen ihn. „Geh niemals weg, ja?“ Bittend blickte sie zu ihm auf. Draco betrachtete sie mit seinen grauen Augen, blickte sie undefinierbar an. Ein niedliches Bild irgendwie… „Da hatte Pansy ja mal Recht…“, kommentierte er das Geturtel schließlich. Hermione merkte auf. „Was hat sie denn erzählt?“, wollte sie herausfordernd wissen. „Oh, dass…“ Draco lächelte, dass seine Zähne blitzten. „Sie meinte letztes Jahr, dass ihr das perfekte Paar bildet.“, erklärte er, verschwieg ihnen aber den Anhang, dass Streberin und Vollidiot wohl automatisch zueinander fanden. Hermione schien das zu riechen. „Ah ja. Gut, ihre sonstigen Bemerkungen behalte dann aber bitte für dich. Ich glaube, derlei Worte würden das Klima hier reichlich gefährden. Und eigentlich wollten wir noch essen.“ Sofort war Ron Feuer und Flamme. „Au ja! Essen! Los, Mione, pack aus! Was hat Dobby uns eingepackt?“ Plötzlich schien es nicht mehr wichtig, dass Draco mit in der Runde saß. Harry lächelte. Das lief besser, als er erwartet hatte. An diesem Abend unterhielten sich Harry, Ron und Hermione unter Harrys Silencium über ihr Picknick mit dem Musterslytherin. Es war gegen Ende wirklich lustig geworden, als der Schwarzhaarige begonnen hatte, mit Draco zu schmusen und diesem das offensichtlich peinlich gewesen war. Sie hatten viel gegessen, Ron und Draco hatten sogar ein Würstchenwettessen veranstaltet, denn so ganz war der durch ihre Familien und durch Vorurteile geförderte Zwist noch nicht aus der Welt. Am Ende hatte Ron gewonnen und Harry hatte trotzdem Draco den Siegerkuss gegeben. Irgendwann war Hermione dann kalt geworden, weshalb sie beschlossen hatten, die Versammlung aufzulösen. Es war auch schon spät gewesen. Und jetzt lachten sie und scherzten ausgelassen. „Das müssen wir unbedingt wiederholen!“, schwärmte Hermione und klatschte übermütig in die Hände. Ron nickte, hatte es ihm doch tatsächlich, wider Erwarten, auch gefallen. Außerdem hatte er da Harry und Draco ein bisschen unter Kontrolle. War ja nicht so, dass er wirklich damit einverstanden wäre... Immerhin schien Draco wirklich etwas an Harry zu liegen. Oder war er schlicht ein guter Schauspieler? Jedenfalls war ihm der blonde Junge an diesem Abend schon ein wenig sympathischer geworden. Ein ganz kleines bisschen. „Ich würde das auch gern noch mal machen.“, erklärte Harry da. „Alle, die ich mag, an einem Fleck.“ Er lächelte und lehnte sich ein Stückchen zurück, schloss genießerisch die Augen. Auch Ron und Hermione lächelten, grinsten und dann fiel Ron über ihn her, wuschelte ihm durch seine Haare und versuchte ihn abzukitzeln. Harry wand sich, wehrte sich, Kikuileh verteidigte ihn heldenhaft, aber Ron war stärker. Bis er plötzlich festgehalten und von Harry heruntergezogen wurde. Die Zwillinge waren da, sahen ebenfalls grinsend in die Runde. Harry löste geistesgegenwärtig den Silencium. „Was gibt’s denn so Geheimes, dass man euch nicht hören darf?“, fragte George neugierig, beugte sich über den Sessel und legte Harry die Arme um die Schultern. Fred unterdessen ließ Ron wieder los. „Geht es vielleicht um jenen bestimmten?“ Ron blinkte. „Sie wissen von…“ „Nein.“, unterbrach ihn Harry entschieden, bevor er den Namen aussprechen konnte. „Wissen sie nicht.“ „Aber du scheinst es zu wissen, Ronnie-Schätzchen.“ George schickte seinem Bruder einen undurchsichtigen Blick. Auf seine Art, da an den Sessel gelehnt, mit Harry in den Armen, da wirkte er gefährlich.“ „Na los!“, forderte Fred. „Lüfte das Geheimnis!“ „Wer ist Harrys Geliebter?“ Harry verdrehte die Augen und war im nächsten Moment überglücklich, als sich Hermione einschaltete. „Ihr verlangt von uns, dass wir Harrys Geheimnis preisgeben?“, fragte sie ungläubig, vorwurfsvoll. „Ist das nicht ein bisschen dreist?“ Abschätzend ließ Fred seinen Blick über Harry und George streifen, wechselte mit letzterem einen Blick. „Na ja, eigentlich nicht. Immerhin scheit es nicht halb so geheim zu sein, wenn ihr davon wisst.“ Ron richtete sich etwas auf. „Ihr seid ja blöde!“, rief er und nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie Harrys Hand mit dem Zauberstab sich bewegte, wusste, dass er sich um die Lautstärke keine Sorgen mehr zu machen brauchte. „Habt ihr ’ne Ahnung, wie lange wir gebraucht haben, bis wir…“ „Ah, verstehe!“ George ließ Harry los, ging um dessen Sessel herum und setzte sich auf die Armlehne. „Dann kann man es also durch Beobachten der Mitschüler herauskriegen.“ „Na dann…“ „Das macht es leichter.“ „Weshalb wir eigentlich gekommen sind…“ Fred übernahm den Faden. „Wir wollten dir eine Wette vorschlagen, Harry.“ Jetzt hatte er auf jeden Fall ihre Aufmerksamkeit. Harry saß ganz still, wartete, was kommen würde. Ron und Hermione waren verwirrt und schwiegen ebenfalls. So ergriff nun George das Wort, woraufhin sich zwei Köpfe ihm zuwandten. „Wir wetten, dass wir es herausfinden, bevor Weihnachten vorbei ist.“, erklärte der Rotschopf. „Wir kriegen seinen Namen heraus, welches Haus, Familienstand, Alter und Noten. Einfach alles!“, ereiferte sich Fred. „Du wirst schon sehen!“ Misstrauen hatte sich auf Harrys Gesicht gelegt. „Und was soll euch das bringen?“ „Wir wissen Bescheid!“, freute sich George und grinste wie ein Honigkuchenpferd vom einen Ohr bis zum anderen. Harry seufzte. „Das mein ich nicht. Wieso eine Wette? Was versprecht ihr euch davon?“ „Oh… ach das…“ George sah seinen Bruder an, der plötzlich ebenfalls ganz ernst war. „Nun, derjenige, der eine Wette gewinnt, hat einen Wunsch frei.“ Überlegend nickte Harry. Das war es also. Sie waren sich sicher, dass sie es in diesen anderthalb Monaten schaffen würden. Interessant. „Und euer Wunsch wäre?“, wollte er nun wissen. „Wie weit geht eure Vorstellung darüber, was man verlangen kann?“ Wieder wechselten die Zwillinge einen Blick. „Ehrlich gesagt…. Darüber haben wir noch gar nicht nachgedacht.“ Ein leises Kichern von Harry brachte ihm wieder Aufmerksamkeit. „Verstehe. Aber ich denke, ihr wisst, dass ich bestimmte Dinge nicht zu geben bereit bin.“ Er sagte es wieder vollkommen ernst. Fred nickte. „Das hätten wir auch nicht verlangt.“, erklärte er vorwurfsvoll. „Was denkst du nur von uns?“ Und plötzlich war Schalk in der weichen Stimme. „Nur das Schlechteste, was sonst?“ Gelächter erklang, in das Harry mit einfiel. „Also eine Wette, einverstanden?“ Harry nickte. „Okay, bis Weihnachten, dann müsst ihr es wissen, oder ich habe einen Wunsch frei.“ „Und was wirst du dir wünschen?“ „Wer weiß…“ ------------------------ *freu* Fertig! Das längste Kapitel bisher! Hat fast 11 Seiten! *jubilier* Was soll ich noch sagen…? Ich hab Snape lieb. Ganz allmählich gerät er so, wie ich ihm mir wünsche. Auch wenn er es mir ehrlich schwer macht. *drop* Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! Freiflug -------- Titel: Freiflug Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 30: Freiflug Freitagfrüh am Frühstückstisch fiel es Hermione das erste Mal bewusst auf: Harry kratzte sich über die Arme, als hätte er Unmassen von Mückenstichen. Und das war um diese Jahreszeit einfach unmöglich. Es war November und draußen eisigkalt. Aber dennoch versuchte sie zunächst, es zu ignorieren, wollte es beobachten, um sich sicher sein zu können, doch im Endeffekt konnte sie es sich einfach nicht länger mit ansehen. Schon eine Viertelstunde später schob sie rigoros seinen Ärmel hoch und besah sich die Haut darunter, strich vorsichtig und besorgt mit den Fingern über die rötlichen Striemen, die sie dort fand. Irritiert wandte Harry ihr sein Gesicht zu. „Was?“ Er konnte sich wahrlich glücklich schätzen, dass sie auf seiner linken Seite saß, sonst hätte sie den Armreif mit Sicherheit gefunden. Es war sowieso ein Wunder, dass bisher außer Ron, Draco und den Lehrern keiner davon erfahren hatte… „Ich wollte sehen, ob du Ausschlag hast.“, erklärte sie und strich erneut vorsichtig über seinen Arm. Einer der Striemen blutete sogar. „Salutaris…“ Ganz leise und nachdenklich klang ihre Stimme neben ihm und die Reizung zog sich zurück, verschwand schließlich. Erst dann sah sie ihn wieder an. „Warum tust du das?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Du hast das vor einigen Tagen schon einmal gemacht.“, fuhr sie fort. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“ Flüchtig huschten Harrys Finger über seinen Unterarm, doch er brach die Bewegung ab, als sie ihm bewusst wurde. Hermione lachte nur trocken ob der Offensichtlichkeit, dass er ihr nicht sagen wollte, was war, und schob den Ärmel zurück über sein Handgelenk. „Ich hab davon mal gehört. Im Fernsehen.“, begann sie, während sie ein Stück ihres Brötchens abriss und sich in den Mund schob. Es war ihre neue Masche: trockenes Brötchen zum Frühstück mit einer Tasse Tee und Möhrensalat. Harry und Ron verstanden das nicht wirklich, aber wer verstand schon Mädchen? „Manche Menschen, die nervös werden, neigen dazu, ihre Nervosität durch unbewusste Selbstzerstörung zu kompensieren.“ Schwarze Augenbrauen zogen sich in deutlichem Missfallen zusammen und Harry legte den Löffel, mit dem er in seinem Rührei rumgematscht hatte, zur Seite. „Was bist du? Ein Arzt?“, fragte er gereizt. Warum mischte sie sich da ein und versuchte ihn zu diagnostizieren? Woher wusste sie das überhaupt? Sie war Fünf… Sechzehn! Wieso schaute sie solche Sendungen und merkte sich auch noch den Inhalt? Noch dazu im Fachlatein, das sowieso kaum jemand verstand! Hermione warf einen kurzen, Hilfe suchenden Blick zu Ron, bevor sie einzulenken versuchte: „Das meinte ich so nicht.“ Ihre Stimme klang nicht mehr so fest, eher unsicher. „Wir machen uns Sorgen um dich.“, sprang der Rotschopf ihr bei. „Du bist anders als gestern.“ Das noch nicht lange eigentlich, aber seit sie hier unten waren, war Harry wieder schweigsamer geworden. Von der gelösten Fröhlichkeit des gestrigen Tages war kaum noch etwas zu erahnen. „Ist etwas passiert?“ Harry schüttelte den Kopf und plötzlich hatten Ron und Hermione den Eindruck, er würde leuchten. Nicht so wirklich, aber ein bisschen. An seinen Haarspitzen und um die Augen und den Mund herum. Der Kopf bewegte sich leicht nach rechts, dann nach links. Harrys leerer Blick fixierte für Sekunden Snape, dann Dumbledore, die Zwillinge und Draco. Letzteren besonders lang, fast flehend. „Harry?“ Schrill und als hätte sie Angst schüttelte Hermione ihn leicht und der Junge, der lebt, lächelte ihr beruhigend zu, seine Aufmerksamkeit wieder auf sie richtend. „Alles okay.“ „Jag uns nicht so einen Schrecken ein!“ Ron piekste ihm in die Wange. „Das letzte Mal als du geleuchtet hast, hättest du fast das Schloss in Schutt und Asche gelegt!“ Das war die Theorie, die er mit Hermione ausdiskutiert hatte, denn sie war davon fest überzeugt, dass Harry außer Kontrolle geraten war, als das Schloss damals so seltsam geleuchtet hatte. „Ist ja gut!“ Harry lachte leise über den gespielten Grimm in Rons Worten. Und Hermione stellte fest, dass seine Fingernägel wieder über seinen Arm schrappten. Es war nicht gut. Irgendwas beschäftigte den Jungen. Als würde ihn etwas verfolgen… Und dann war es weg. Harry verhielt sich im Unterricht völlig normal. Während Kräuterkunde saß er auf seinem Stuhl in der Ecke, in die ihn Professor Sprout verbannt hatte, die Stöpsel in den Ohren und über den Händen fast die gesamte Zeit eine gelblich leuchtende Kugel balancierend. Als hätte er die Sonne vom Himmel geholt --- nur kleiner. Während Zaubereigeschichte das gleiche. Harry wirkte ruhig und gelassen, beinahe entspannt. Doch das änderte sich schlagartig zum Mittagessen. Oder eigentlich schon vorher. Es war nicht der Arm. Harry hatte seine Krawatte gelockert und kratzte sich am Hals. Ron hatte dafür eine ganz einfache Lösung: Er nahm Harrys Hand in seine und drückte sie sacht und ein wenig unnachgiebig, um ihn wenigstens darauf aufmerksam zu machen, während er ihn zur Großen Halle zog. Erst am Platz ließ er ihn wieder los, weil er beide Hände zum Essen brauchte. Von da an hörte es nicht mehr auf. Immer wieder schien Harry von innen heraus zu leuchten. Immer wieder biss er sich auf die Lippe und Kikuileh war kaum noch an einer Stelle zu vermuten, so schnell wechselte sie den Ort. Und als Hermione ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter legen wollte, bekam sie einen elektrischen Schlag. Aber allmählich begann das Mädchen zu ahnen, was los war. Vor ein paar Tagen hatte er ihnen einmal erzählt, dass er sich beobachtet fühlen würde, was sie und Ron einfach schulterzuckend abgetan hatten, weil sie das für Blödsinn gehalten hatten. Zu dieser Zeit hatte es angefangen, wenn sie sich jetzt im Nachhinein richtig erinnerte… woran sie nicht zweifelte, denn ihr Erinnerungsvermögen spielte ihr selten Streiche. Damals war er nervös gewesen… Was, wenn es wieder so war? Was, wenn sich Harry wieder beobachtet fühlte und von Paranoia geplagt wurde? Verfolgungswahn oder das Gefühl einer echten Verfolgung waren gute Gründe für Nervosität… Bloß wenn er wirklich beobachtet wurde… von wem? Die Schüler beachteten ihn dank des Zaubers nicht mehr. Das war gestern so, als keiner überhaupt registriert hatte, dass Harry und Draco einander vor aller Augen küssten, und es war heute so. Also, wer war Schuld daran, dass Harrys Paranoia zurückkam? Wer hatte Harry bemerkt? Sie beide. Draco. Die Zwillinge… noch jemand? Ihr fiel keiner ein. Prüfend ließ sie ihren Blick über die Gesichter streifen und blieb zuerst an Dracos hängen, dessen graue Augen eindeutig eine besorgte Frage nach dem Grund für Harrys seltsames Verhalten übermittelten. Er beobachtete ihn. Und ihm war es ebenfalls nicht entgangen, dass etwas nicht stimmte. Aber konnte er Schuld sein? Irgendwie… war das schwer vorstellbar bei dem Blick… Sie runzelte die Stirn und prüfte weiter. Pansy sah sie böse an, aber das bezog sich wahrscheinlich eher auf den Blick, den sie gerade mit Draco gewechselt hatte… Eifersucht, nichts weiter... Wer noch? Die Lehrer schieden aus. Sie unterhielten sich miteinander, niemand achtete auf die Schüler. Auch nach zehn Minuten nicht. Nur Dumbledore schickte ihr ein amüsiertes Lächeln, als wüsste er, was sie gerade im Begriff war zu tun und würde es gutheißen. Sie ging sogar davon aus, dass er es wusste. Die letzten, die ihr auffielen, waren die Weasleys. Und zwar alle. Fred, George und Ginny. Die drei saßen zusammen, sprachen leise und verschwörerisch miteinander und schielten abwechselnd ununterbrochen prüfend zu ihnen herüber. Waren sie es? Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen. „Wer beobachtet dich, Harry?“, fragte das braun gelockte Mädchen schließlich ernst, sich wieder zu de, Schwarzhaarigen wendend. Sie brauchte Gewissheit, bevor sie jemandem den Kopf waschen konnte. Harry seufzte. Er wusste, worauf sie hinauswollte, wusste, dass sie die richtigen Schlüsse zog. „Sie wollen herausfinden, wer mein Freund ist.“, gab er gequält zu. „Das macht nur diese dumme Wette!“ Also doch… Hermione zog die Augenbrauen zusammen. War doch nicht zu fassen, dass sie das taten, nur weil sie gewinnen wollten! „Entschuldigt mich bitte.“, sagte sie frostig und erhob sich entschlossen und ohne ein weiteres Wort. Schon verschwand sie, um mit den dreien zu reden. Warum hatten sie eigentlich Ginny eingebunden? War die seit Halloween nicht absolut gegen Harry, weil er ihr einen Korb gegeben hatte? Na ja, da war es eigentlich nur verständlich, dass sie wissen wollte, wer ihr den abspenstig gemacht hatte, den sie schon so lange liebte und verehrte. Und während Hermione die Weasleys leidenschaftlich zusammenstauchte, verließ Harry unbemerkt die Große Halle, wirkte einen Exvisibli und verzog sich mit Ron zusammen hinunter in die Kerker, wo sie in anderthalb Stunden wegen Zaubertränke eh erwartet wurden. Hermiones ernstes Gespräch brachte nicht wirklich etwas. Schon am Nachmittag des Freitages waren die Zwillinge wieder da und Harry konnte nicht mehr in den Unterricht fliehen, da dieser für diesen Tag offiziell beendet war. Außerdem hatten die beiden Siebtklässler offenbar beschlossen, sich aufzuteilen, um ihre Observation effektiver zu gestalten. Sie belagerten ihn - auf penetrante, aufdringliche Weise - aus der Ferne. Harry war mehrere Male kurz davor, ihnen einen Zauber auf den Hals zu hetzen, der ganz und gar nicht freundlich gewesen wäre, aber er konnte sich jedes Mal gerade so noch davon abhalten. Auch aus dem Grund heraus, dass er ihnen nicht wirklich weh tun wollte. Er wünschte sich Draco herbei, konnte spüren, wie auch er in der Nähe war und über ihn wachte, wie er an seiner Seite blieb und Zwillinge und ihn beobachtete – unbemerkt natürlich. Irgendwo hier draußen… Nervös fuhren seine Finger über seine Oberarme. In ihm herrschte ein Druck, den er kaum noch aushielt. Da half auch seine Musik nicht mehr. Er konnte nicht still sitzen, konnte die sanften, beruhigenden Töne nicht mehr hören, wollte allein sein, wollte schreien, wollte rennen, fliegen! Er wollte endlich wieder fliegen… Er wünschte es sich mit einem Mal sosehr, so verzweifelt, dass es beinahe wehtat. Er vermisste es so sehr… In seinem Kopf legte sich ein Schalter um, die Wogen in seinem Kopf glätteten sich, als sich all seine Gedanken plötzlich nur noch auf diese Sehnsucht richteten. Sein rechter Arm hob sich wie von selbst in die Wagerechte. Sanft war die Geste, beinahe liebevoll. Anmutig. Er hatte sogar aufgehört zu zittern. Im nächsten Moment schoss fauchend sein Feuerblitz heran, hielt direkt neben ihm und schmiegte sich wie ein lebendiges Wesen in seine Handfläche. Das warme, dunkle Holz schmeichelte seiner Haut, ließ ein seliges Lächeln auf seinen Lippen erscheinen. Fliegen. Flucht vor den Gesetzen dieser Erde, Wind und Kälte in seinem Gesicht und in seinen Kleidern. Flucht vor den Menschen, die ihn einengten, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgten. Flucht vor dem Druck in ihm… Er stieg auf. „Harry! Nicht!“ Fred brach aus seinem Versteck hinter einem spärlich mit alten Blättern belaubten Busch hervor. „Du wirst dich verletzen! Du kannst nicht fliegen, ohne etwas zu sehen! Das ist Selbstmord!“ Der Besen erhob sich ein Stück über den Boden, trug Harry hinauf. Er schwankte leicht. Harry hatte ihn nicht unter Kontrolle, zitterte plötzlich wieder, sich bewusst werdend, dass sie ja Recht hatten. Ohne seine Augen konnte er nicht fliegen. Nicht wirklich. Nicht so wie früher… „Komm wieder runter da!“ George erreichte ihn von der anderen Seite, doch der Junge, der lebt, war bereits zu hoch, als dass sie ihn noch ohne Hilfsmittel erreichen konnten. „Was tust du denn?“ Der Besen stieg höher, schwankte heftiger, sodass Draco hinten auf der Wiese böse zischte. „Verdammte Weasleys!“, fauchte er, drehte sich um und hastete zum Quidditchfeld. Heute hatte sein Team Training. Zum Glück, denn sonst hätte er seinen Besen am Morgen sicherlich nicht dort verwahrt und käme jetzt nicht so schnell daran. Er brauchte zu lange. Seiner Meinung nach. Viel zu lange. Zum Glück hatte er seine Quidditchuniform schon an, weil er auf seine Mannschaft hatte warten wollen. Angesichts der vielen Zuschauer wohl ein Segen, denn es würde ihm ein Alibi verschaffen, auf das er zu Harrys Wohl in anderem Fall gedankenlos verzichtet hätte. Aber trotzdem brauchte er viel zu lange, um zu ihm zu kommen… Und er konnte sehen, dass Harry massive Probleme hatte, das wohl aller erste Mal seit er auf einem Besen saß. Er hatte den Ort gewechselt, war weiter entfernt vom Wasser, wo er geschützt wäre bei einem Sturz. Und er war weiter oben in der Luft, sein Gesicht angestrengt und verunsichert. Er hatte schon Mühe damit, den Besen einfach nur gerade zu halten. Es war wirklich unfassbar, was diese Krankheit mit ihm gemacht hatte… Draco tat es in der Seele weh, ihn so zu sehen. Sein einstiger Rivale auf dem Besen, das Talent des Jahrhunderts, war hilflos. Schlichtweg hilflos! Und unten brüllten die Zwillinge Harry Anweisungen zu, weil sie sich nicht trauten, auf ihn zu zaubern, weil sie schon aus Erfahrung wussten, dass Harry diesem Zauber solange standhalten würde, bis er fiel. Jedenfalls hielten sie die Stäbe in der Hand, ohne etwas zu tun. Bis sie ihn erblickten. „Malfoy!“ Hass war aus der Stimme zu hören. „Verschwinde!“ Und es war klar, dass sie ihn notfalls auch vom Besen holen würden. War ja klar… „Rühr ihn nicht an, verstanden, du Frettchen?“ ‚Wie süß!’, dachte Draco böse und mit einem kalten Aufflackern in den Augen starrte er zu ihnen hinunter. Sie echauffierten sich wie wahnsinnig in ihrer Angst, dass er ihrem Goldjungen etwas tun könnte, aber sie brachten ihn auch zur Vernunft. Vor allem, weil plötzlich auch andere da waren und riefen. Verdammt. Was war denn los? Warum konnten sie Harry plötzlich alle sehen? Warum wirkte der Zauber nicht mehr? Warum vergaßen sie es nicht wie gestern, dass er da war? Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, kalt, unnahbar, wie eine Maske über seine Emotionen. Er verschloss sein Herz - dankbar für die Selbstbeherrschung und das schauspielerische Talent, die ihm seit Kleinkindesbeinen angelernt worden waren - um nicht selbst dabei verletzt zu werden, wenn er Harry half, sein Ziel zu finden. „Na, Potter?“ Es war erstaunlich, wie sehr er wieder Slytherin sein konnte, wenn er es wollte, dass er es noch nicht verlernt hatte. Nicht einmal Harry gegenüber… „Was willst du erreichen hier oben? Auf der Suche nach vergangenem Ruhm?“ Er sah Harry zusammenzucken und sein Herz wurde noch ein wenig härter, als er den Schmerz verdrängte und die Zähne zusammenbiss. „Du siehst jämmerlich aus.“ Jedes seiner Worte schnitt wie scharfe Messer unter seine Haut. Es war so hart, aber das musste jetzt sein. Das Schwanken endete. Ganz plötzlich. Die Schultern strafften sich, der Feuerblitz wurde ruhig und plötzlich, von einem Moment auf den anderen, wirkte Harry stark und erhaben, wie er da vor ihm schwebte. Draco nahm die sich sammelnde Menge unter sich nicht mehr wahr, nahm seine Mannschaft nicht mehr wahr, die etwas irritiert, dass das Training noch nicht anfing, gekommen war. In Grunde war das einzige, das jetzt in ihm brannte, der alte Kampf zwischen Rivalen. Es hatte nichts mit Hass zu tun. Es war Ehrgeiz. Und diesen konnte er auch in Harrys Augen erkennen. Und verdeckt darunter Unsicherheit und irrer Schalk. Was war los? Wo kam dieser Irrsinn her, dieses kranke Flackern? „So mutig heute, Malfoy? Glaubst du tatsächlich, mich diesmal endlich schlagen zu können?“ Er grinste und als er die Hand hob und öffnete, lag darauf der kleine goldene Ball, um den sie seit drei Jahren kämpften. Er spiegelte sich in seinen grünen Augen. Draco ging dieser Blick unter die Haut. Pure Herausforderung in leuchtenden Smaragden. Erregung ergriff Besitz von ihm. „Oh ja!“, antwortete er voller Überzeugung. Harry lachte. Nie hatte jemand ihn abfälliger lachen hören. „Zehn Sekunden Vorsprung für den Schnatz.“, machte er die Ansage und er wusste, dass das viel war. Doch damit war die Herausforderung größer. Und auch gerechter, denn es würde Harry den Vorteil nehmen, dass sein Besen schneller und besser war. „Wie willst du das schaffen, Potter?“, kam, verächtlich klingend, die Frage von Pansy, die mit ihrem Besen näher gekommen war. Die Worte lösten Gelächter aus. „Um den Schnatz zu fangen, musst du sehen können!“ Das Gelächter wurde lauter, Stimmen begannen zu tratschen und ihm zuzurufen, dass er aufgeben sollte, doch es wurde nicht beachtet. Die Schaulustigen vermochten es nicht, die Blicke der Kontrahenten voneinander zu lösen. Schließlich nickte Draco. „Zehn Sekunden.“ Harry betrachtete ihn noch ein paar Momente mit unergründlichen Augen, dann warf er den kleinen Ball in die Luft, doch keiner der beiden folgte ihm mit den Augen, während er um ihre Köpfe schwirrte und schließlich verschwand. Zehn Sekunden vergingen. Und noch immer bewegten sie sich nicht. Stattdessen fixierten sie sich wie zwei tollwütige Hunde, die beschlossen hatten, einander in Grund und Boden zu starren. „Was ist denn los?“, kam die verwirrte Frage von unter ihnen. „Sie rühren sich gar nicht.“ „Was soll das? Wollen die uns verarschen?“ „Draco, mach ihn fertig!“ Die Unruhe stieg, je mehr Zeit verging. Vierzig Sekunden. Sechzig. Zwei Minuten. Drei. Vier. Und dann schossen sie los. Ganz plötzlich. Beide in die gleiche Richtung. Ließen die unwilligen, anklagenden Gespräche und das enttäuschte Murren verstummen. Sie bekamen nicht mit, wie man ihnen folgte. Auch nicht, wie Kikuileh verloren ging, weil sie sich nicht länger festhalten konnte. Draco hatte einen leichten Vorsprung, aber gleichzeitig die größte Mühe, diesen zu halten. Der kleine Ball flog knapp einen Meter vor ihnen, noch für beide unerreichbar, machte Schlenker, flog Haken und Schlaufen, ohne dass sie sich abschütteln ließen. Irgendwie hielt er direkt auf den verbotenen Wald zu. Wenn er darüber hinausflog, war das Spiel vorbei. Oder? Würde Harry vor dem Wald stoppen? Draco war sich fast sicher, dass nicht. Hinter ihm holte Harry auf. Ganz allmählich. Draco war richtig beeindruckt. Da flog er zum ersten Mal seit Monaten, sah zum ersten Mal wieder klar und schaffte es trotzdem, an ihm dranzubleiben, ihn sogar zu überholen! Das konnte er nicht zulassen! Seine Ehre stand auf dem Spiel! Der Blonde lehnte sich vor, duckte sich auf den Besen und wusste trotzdem, dass er viel Glück brauchen würde. Hier oben würde sich Harrys Gewichtsverlust wirklich mal als Vorteil erweisen. Er war so leicht und schmal… sein Besen war auch besser… Hatte er überhaupt eine Chance? Ja! Draco, nicht bereit, Harry auch nur das mindestes bisschen zu schenken, spornte seinen Besen noch etwas mehr an, seine Brust berührte schon den Stiel, er streckte die Hand aus und wollte zugreifen, sich sicher, dass er es doch schaffen konnte, da schob sich Harrys Hand auf einmal vorwitzig unter seine. Schmal, weich, zart streifte ihn die weiße Haut und er wusste, dass er verloren hatte. Wieder einmal. Dann ging plötzlich ein kaum wahrnehmbares Zucken durch Harrys Körper. Ein leises Ächzen und Lufteinziehen und er schlug keuchend vor Schmerzen beide Hände vors Gesicht. Draco kam es vor, als wäre die Zeit langsamer geworden. Noch während er zugriff, dem schon an die Hand gegebenen Befehl Folge leistete, drehte sich sein Kopf und mit sich weitenden Augen sah er, wie Harrys Besen sich steil aufrichtete und der Junge rücklings von seinem Besen kippte. Er nahm am Rande wahr, wie der Feuerblitz über ihn hinwegjagte, wie der Wind an den Kleidern und den langen, schwarzen Haaren zerrte, wie die Sonne funkelnd über die silbernen Schnallen des Umhangs blitzte, sah die Silberranke aufleuchten, während der Junge, der lebt, in der Tiefe verschwand. Erst dann reagierte er. Seine Rechte ließ den Schnatz los, riss den Zauberstab aus der Hosentasche. Zur gleichen Zeit drückte er den Besenstiel herunter und jagte dem fallenden Körper hinterher. Er musste näher ran, sonst würde sein Zauber niemals wirken! Draco wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde. Er wusste es einfach. Genau wie er gewusst hatte, dass Harry den Schnatz vor ihm fangen würde, dass er gegen diese Geschicklichkeit, gegen diesen Instinkt und dieses Talent keine Chance hatte. Trotzdem weigerte er sich aufzugeben, konnte es gar nicht, denn sein Gehirn wollte sich nicht damit auseinandersetzen müssen, was war, wenn er den Boden erreichte. Er hob den Zauberstab, rief die Worte des Schwebezaubers… Er traf ihn nicht. ‚Aus.’ Ganz klar und hell zuckte das Wort durch seinen Kopf, lähmte alle anderen Gedanken, als wären sie nichts als Insekten in einem Weiher aus Eis. ‚Alles aus.’ --------------------___________---------------------- Ui, wie melodramatisch. Irgendjemand hatte ja gesagt, dass es ihm gefallen hätte, dass es ausnahmsweise mal nicht dramatisch war… tja. Ich entschuldige mich hiermit förmlich für meine übertrieben ausgeprägt dramatische Ader ^^ Es tut mir nicht im Geringsten Leid. Für den holperigen Anfang dieses Kapitels entschuldige ich mich ebenfalls… vielleicht finde ich ja bald eine Möglichkeit, wie ich diesen Schwachsinn durch weichere Worte und flüssigeren Leseersatz austauschen kann, aber so lange müsst ihr wohl oder übel damit leben. Anonsten… Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! >^-^< Stille ------ Titel: Stille Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 31: Stille Im Nachhinein konnte keiner mehr sagen, was passiert war. Entsetzen und Schrecken war unter den Schaulustigen, als sie beobachteten, wie Draco dem Jungen, der lebt, hinterher schoss, sich mit wahnsinniger Geschwindigkeit dem Boden näherte. Niemand konnte sagen, woher Snape plötzlich kam, der den Jungen, der lebt, auffing, wie Draco es schaffte, noch rechtzeitig abzubremsen, bevor er im Boden stecken blieb, was mit Harry jetzt war, da der schwarzhaarige Lehrer ihn wortlos auf eine aus dem Nichts kommende Trage verfrachtete, auf der er sich wie unter Schmerzen zusammenkauerte. Man war sich nicht sicher, ob der Blonde an Snapes Seite war, weil dieser ihn zu sich befahl, oder ob er von alleine kam. Man wusste nicht, woher das blaue Leuchten kam, das den schwarzhaarigen Jungen erfasste, wohin die drei plötzlich verschwanden, als sie sich vor aller Augen einfach in Luft auflösten, aber der Kampf und der Sturz waren in aller Munde. Innerhalb einer halben Stunde wusste das ganze Schloss bescheid und überall gab es nur noch dieses Thema… Draco saß in einem Raum im Krankenflügel. Ganz allein. Seine Hände kneteten den grünen Stoff seines Quidditchumhangs, malträtierten die Nähte und Knöpfe. Sein Zauberstab lag unbeachtet auf dem Stuhl neben ihm. Seine Lippen zitterten, während seine Augen unstet umherhuschten und nirgends Halt fanden. „Wollen Sie ihm nicht sagen, dass Harry in Ordnung ist?“ Mme Pomfrey betrachtete den Jungen durch die kleine Kugel auf ihrem Tisch mitleidig. „Er macht sich schreckliche Sorgen.“ Snape nickte nur, rührte sich aber nicht. Auch er sah in die Kugel, beobachtete Dracos Hände, die sich rastlos bewegten. Auf dem Rückweg zum Schloss hatte er mit ihm gesprochen, hatte ihn gefragt, was passiert war, warum er zugelassen hatte, dass Harry flog, obwohl er wusste, dass seine Augen nicht lange sehfähig blieben. Und er wusste auch, dass er nicht besonders freundlich gewesen war. Er wusste ja auch, dass Draco nicht wirklich etwas dafür konnte, denn Harry ließ sich von niemandem sagen, was er zu tun und zu lassen hatte. In dieser Hinsicht war er wirklich wie James. „Severus, gehen Sie zu ihm und erlösen Sie ihn.“ Mme Pomfrey blickte zu ihm hin. „Lassen Sie ihn zu Harry.“ Die schwarzen Augen waren unergründlich und sie lächelte. „Harry wird nicht mit Ihnen reden.“, sagte sie und stellte damit fest, was Harry deutlich klar gemacht hatte. Nicht einmal auf Professor Dumbledore hatte er reagiert und selbst sie hatte er nicht an sich heran gelassen, damit sie ihn untersuchen konnte… Harry hatte sich abgeschottet. „Vielleicht kann Mr Malfoy etwas erreichen…“ Die schwarzen Augen bekamen einen leicht besorgten Blick, als Snape aufstand und sich in Bewegung setzte. Sie wusste nichts von seiner Befürchtung, Harrys Haltung könnte Draco mehr wehtun als die Unwissenheit, aber sie hatte Recht, dass er vielleicht mehr erreichen konnte. Niemand stand Harry näher. Niemandem traute er im Moment mehr zu, auch nur einen Fuß in diesen Raum setzen zu können. Leise öffnete er die Tür und trat lautlos ein. Dracos Kopf schoss augenblicklich hoch, sein Blick aus sturmgrauen Augen war hoffnungsvoll und ängstlich. Wie die aufgewühlte See… Snape seufzte unhörbar und blieb stehen. „Er spricht nicht mit uns.“, sagte er, legte ihm die Fakten offen dar. „Er lässt uns auch nicht in seine Nähe.“ Sekunden starrte Draco ihn an, dann sprang er auf. Seine Augen vermittelten jetzt Sorge, Wut und Angst. „Wohin?“, war die einzige Frage, die er noch sprechen konnte, aber immerhin war die Jungenstimme fest und zitterte nicht mehr. Die Unsicherheit schien von ihm abgefallen zu sein. Wortlos trat Snape zur Seite, deutete auf die Tür, die auf der anderen Seite von Poppy Pomfreys privatem Büro lag und ließ ihn vorbei. Ihm war klar, welchen Einruck er vermittelte, dass er sich Hilfe von ihm erhoffte. Es war ihm egal. Sie mussten wissen, warum Harry sich so seltsam verhielt, denn auch wenn sie aufgrund der Apathie ahnten, dass er wieder etwas von Voldemort bekommen hatte, sicher konnten sie erst sein, wenn er es bestätigte. Und Draco war derjenige, der diese Information aus ihm herausholen sollte. Mit dunklem Blick sah er ihm nach, fing noch Mme Pomfreys blaue Augen auf, vermittelte ihr die Sorge, die sie kannte: Jetzt war alles in ihm verschlossen, aber was passierte, wenn er sich gehen ließ? Explodierte seine Kraft, dass alles und jeder in Gefahr geriet? Oder konnte er sie unter Kontrolle halten? Oder hatte das auf ihn in dieser Hinsicht gar keine Auswirkungen? Letzteres wäre zu hoffen… Die Tür zu Harrys Raum, die sich zuvor nicht einmal hatte öffnen lassen, krachte ins Schloss und versagte die Sicht auf Draco. Jetzt hing alles an ihm. Harry verhinderte effektiv, dass man ihn visuell oder akustisch außerhalb oder innerhalb seines Raumes erreichen oder überwachen konnte. Stille umfing Draco. Das Geräusch der schlagenden Tür wurde einfach verschluckt. Draco blickte sich um. Es war dunkel hier drin. Das Licht war aus, die Vorhänge zu, irgendwo im Raum flackerte eine einzelne Kerze, aber das winzige Fleckchen Tisch, das sie beleuchtete, war kaum er Rede wert. Ihr Licht reichte nicht mal zehn Zentimeter in den Raum hinein. Der Blonde konnte nicht einmal sagen, woher er wusste, wo Harry genau war, aber er fand ihn zielsicher. Ganz hinten im Raum, in der letzten Ecke, zusammengekauert, die Arme um die Knie geschlungen, den Kopf irgendwo dazwischen verborgen saß er und bewegte sich nicht. Es zog Draco das Herz zusammen. Was war denn los? Das konnte doch nicht an dem Sturz liegen! Langsam ging er zu ihm, blieb vor ihm stehen. Harry verbreitete eine verlorene Stimmung… Aber gleichzeitig hatte er um sich eine massive, gläserne Wand gezogen, die verhinderte, dass er ihn einfach in die Arme nahm. Leise ließ er sich zu Boden sinken, lehnte sich neben ihm an die Wand, wie er es schon einmal getan hatte. Lange blieb es still zwischen ihnen, doch dann seufzte er. „Es liegt aber nicht daran, was ich da oben zu dir gesagt habe, oder?“ Das war die Befürchtung, die er hatte, doch seine Worte verklangen im Nichts. Wäre er nicht sicher, dass er sie gesagt hatte, wäre er wahrscheinlich davon ausgegangen, dass es sie nie gegeben hätte. Doch als nach zehn Minuten immer noch keine Antwort kam, war er fast soweit zu glauben, dass er sich eingebildet hatte, gesprochen zu haben. Wieder seufzte er. „Harry, verdammt! Rede mit mir!“ Er packte ihn an der Schulter und zog ihn herum, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Konnte er auch, denn aus dem Wust aus rabenschwarzem Haar kam Kikuileh hervor und beschien mit ihrem schwachen Leuchten sein Gesicht. Sie gestikulierte wie eine Wahnsinnige, doch hören konnte er nicht das Geringste, auch nicht das helle Zwitschern, das sie sonst von sich gab. Und plötzlich verstand er. Harry hatte den Ton abgestellt. Er hatte ihn einfach so abgeschaltet und verkroch sich hier vor allem und jedem… verkroch sich in ein Schneckenhaus und sperrte ihn aus! Es machte ihn wütend. „Jetzt reicht’!“, knurrte er und wusste zugleich, dass es nichts brachte, weil er ihn nicht würde hören können. Er legte seine andere Hand auf Harrys zweite Schulter und drehte ihn endgültig zu sich herum. In Harrys Gesicht war nichts. Kein Ausdruck, kein Licht, nichts. Nicht einmal Ruhe. „Hör auf dich zu verstecken und sprich mit mir!“ Nichts. „Harry!“ Die Stille hielt an. „Verdammt!“ Draco zog ihn verzweifelt in seine Arme, drückte den schwarzen Schopf gegen seine Schulter. „Verdammter Idiot!“ Er machte sich doch Sorgen. Er hatte Angst. Es machte ihm Angst, dass er so war. Dass er sich so zurückgezogen hatte! „Komm zurück!“ Sein Innerstes krampfte sich zusammen und er drückte ihn noch enger gegen sich. Er merkte gar nicht, dass er fast all seine Kraft in die Umarmung legte, den zarten Körper über alle Maßen auslastete, hörte das leise Ächzen nicht, wie er auch Kikuileh zuvor nicht gehört hatte. Erst als Harry erbebte, ließ er erschrocken locker. Weiche Arme tasteten über seine Seiten, verirrten sich auf seinen Rücken und krallten sich dort schließlich fest, er konnte warmen Atem durch den Stoff seines Quidditchumhangs wahrnehmen, spürte das Zittern, das von Schluchzern herrührte. Kein Laut drang an seine Ohren, alles blieb still. Unheimlich still. Draco hatte den Eindruck, taub geworden zu sein. Und das alles nur durch Magie. Er konnte die Silberranke selbst in seinem Körper noch wirken spüren… Aber wenigstens hatte Harry reagiert. Ganz sachte begann er ihn zu wiegen, zu beruhigen. Immer hin und her. Ganz langsam, summte ein Lied vor sich hin. Jenes Lied, das er vor ein paar Tagen gehört hatte. Ohne es sich bewusst zu sein, wollte er ihm damit dieses weiche Gefühl vermitteln, dieses Gefühl von Geborgenheit, das er selbst empfunden hatte. Er merkte gar nicht, wie die Geräusche zurückkamen, das leise Schluchzen, seine Melodie, die Töne von Kikuileh, die auf Harrys Schulter saß, von draußen Rufen und Schreien, ganz alltägliche Geräusche eben. Stattdessen achtete er auf Harry, darauf, ob er ruhiger wurde, wie er sich bewegte, wie sich sein Körper an ihn schmiegte. Ein Hauch von Nichts, völlig kraftlos, ganz leicht… „Du solltest echt mehr essen.“, murmelte er unbewusst, was er dachte, unterbrach damit das Lied. Als die leise Antwort kam, zuckte er regelrecht erschrocken zusammen. „Ich will nichts essen.“ Harrys tränennasse Nase drückte sich noch einen Deut enger an seinen Hals. Draco lächelte weich. „Du bist unvernünftig.“, flüsterte er liebevoll und streichelte über seinen Rücken. „Essen ist wichtig, damit du nicht irgendwann an Entkräftung stirbst.“ Ein winziges Kopfschütteln war die Antwort und er lachte. „Du musst ja nicht jetzt essen.“ „Danke.“ Harry drückte ihn ein wenig fester. Mme Pomfrey hatte ihm ständig Schokolade geben wollen, immerzu darauf bestanden, dass er etwas aß. Bis er sie ‚rausgeworfen’ hatte, sie gezwungen hatte zu gehen. „Das Lied war schön.“, fügte er nach kurzem Schweigen an. „Hast du deswegen die Stille aufgehoben?“ „Weiß nicht.“ „Warum hast du es überhaupt still gemacht?“ Schweigen. „Harry?“ „Ich will darüber nicht reden.“ Draco seufzte. „Ist okay.“ Auch wenn es schade war, dass er ihm nicht genug vertraute, um es ihm zu sagen. Harry regte sich leicht in seinen Armen, seine Hände suchten sich ihren Weg über die Brust zu seinem Nacken, wo er begann, ihn zu kraulen. Ganz sacht. Draco erschauderte, ließ es aber geschehen, blickte nur weiter auf die schwarze Seide hinab. Bis ihn die Zärtlichkeit überwältigte. Wie konnte das sein? Es ging diesem Jungen so schlecht und dennoch gab er ihm das, was er eigentlich selbst hätte empfangen sollen: Wärme. „Du bist einfach zu lieb.“, murmelte er und ließ seinen Kopf auf Harrys Schulter fallen. „Viel zu lieb.“ „Ich bin ein Monster.“ Erschrocken schoss des Blonden Kopf wieder in die Höhe. „Was?“ Harry lachte freudlos. „Die Lehrer halten mich für ein Monster. Ich habe sie es sagen gehört.“ „Das ist Blödsinn!“, rief Draco entrüstet. „Nein, sie haben Recht.“ Harrys Lippen bewegten sich in leichtem Lächeln dicht an seinem Ohr. „Ich kann Dinge bewirken, indem ich sie mir wünsche. Einfach so. Feuer, Wasser, Licht, Wind. Alles gehorcht meinen Gedanken. Selbst die Menschen. Ich muss es mir nur stark genug wünschen…“ Wieder lachte er. Trocken, hohl, freudlos. „Jetzt fällt es mir nicht einmal schwer, Voldemort zu besiegen. Er hat keine Chance mehr…“ „Glaubst du das wirklich?“ Diese selbstverachtenden Worte erschreckten Draco. Harry so reden zu hören, so hasserfüllt gegenüber sch selbst, das brannte in der Seele. Es war so falsch, dass es schon gar nicht mehr feierlich war. „Gibt es Zweifel?“ „Könntest du ihn wirklich töten?“ Harrys Hände in seinen Haaren hielten still. „Ob ich…“ Die Frage schien ihn zu schocken. Ganz erstarrt war er. „Ob ich ihn… töten kann?“ Draco konnte das leichte Beben seiner Lippen an den feinen Härchen an seinem Ohr spüren. Angst? „Ich zweifle nicht daran, dass deine neuen Kräfte es können.“, erklärte er sanft. „Davon gehe ich aus, schließlich hast du ihn schon einmal besiegt. Nein, ich… Willst du wirklich seinen Tod? Könntest du ihn umbringen, wenn du vor ihm stehst?“ Sacht drückte er ihn etwas von sich weg, um sehen zu können, was er dachte, doch Harry registrierte das gar nicht. Seine Gedanken fuhren Achterbahn. Wie war das gewesen? Im ersten Jahr, da hatte er den Stein vor ihm schützen wollen, hatte fliehen wollen. Sein einziger Angriff war Verteidigung gewesen, als sein Leben bedroht war, was zufällig geholfen hatte und dem Bösen schreckliche Verbrennungen zugefügt hatte. Im zweiten Jahr, unten in den Hallen des Basiliken… Er hatte Ginny gerettet, indem er ihn getötet hatte. Aber… war ER denn da gewesen? Ein Buch. Er hatte ihn nicht getötet. Er hatte das Buch zerstört, das Ginnys Leben aufsaugte… Und letztes Jahr? Da hatte er den Expelliarmus gezaubert. Nicht den Todesfluch. Kein Angriff. Expelliarmus. Entwaffnung! War er denn wirklich unfähig, jemanden zu töten? War er wirklich unfähig, diesen jemand zu töten? „Dray?“ Der Junge, der lebt, senkte seinen Kopf, so dass die langen schwarzen Haare wie Wasser über seine Schultern flossen. „Bin ich… unfähig?“ „Du bist vor allem unfassbar.“, lächelte Draco und drückte mit zwei Fingern unter Harrys Kinn den Kopf wieder hoch. „So eine Frage überhaupt zu stellen.“ Ganz sachte drückte er einen Kuss auf die blassen Lippen. „Nicht töten zu können, das ist nicht Unfähigkeit, das ist Begabung. Du hasst ihn. Er hat dir alles genommen, was dir etwas bedeutet, aber trotzdem weigerst du dich, ihn wirklich töten zu wollen.“ Auch wenn er selbst das nicht richtig nachvollziehen konnte, es passte zu Harry und zu dessen Wesen. Allein die Vorstellung, dieser Junge könnte töten, war schon falsch. „Ich will ihn töten.“ „Das sagst du.“ Harry nickte, dann holte er tief und zitternd Luft. „Du hast ja keine Ahnung, was er da draußen tut.“, brach es aus ihm heraus, doch er verstummte sofort wieder, als Entsetzen sich in sein Gesicht schlich. Draco stich ihm über die Wange, wischte die widerspenstigen Haare aus dem angespannten Gesicht. „Erzählst du es mir?“ Irgendwie war er davon überzeugt, dass Harry es wusste, auch wenn er nicht sagen konnte, woher. Harry war erstaunlich, voller unentdeckter Facetten, die nach und nach ans Licht kamen. Und Draco war inzwischen bereit, daran zu glauben, was auch immer es war. Es fiel ihm zwar auch nicht leicht, diese neue Stärke seines einstigen Rivalen einfach zu akzeptieren, aber was anderes blieb ihm wohl kaum übrig. Ein wenig fehlte sie ihm, die Herausforderung, die Hoffnung, ihn doch noch überflügeln zu können. Sein Traum von Anerkennung, den er sich durch den Sieg über Harry Potter hatte erfüllen wollen, aber das war jetzt anders. Er hatte eine andere Aufgabe gefunden, eine die wichtiger war, eine, die sich mit der alten nicht vertrug: Er wollte Harry schützen. Es war ihm damals aufgefallen, als Harry sich im Labyrinth mit Cedric zusammengetan hatte. Harry war nicht so stark, wie er dachte. Wie er immer gedacht hatte. Wie man ihm hatte glauben machen wollen. In Wirklichkeit, da war er eher schwach. Oder friedlich. Nur weil er ihn immer dazu getrieben hatte, war er stark. Weil er stark hatte sein müssen. Draco war sich sicher; hätte man Harry Potter ein normales Leben führen lassen, eines ohne Ruhm und ohne Erwartungen, die ihn erdrückten, dann wäre er ein durchschnittlicher, freundlicher, lieber Junge geworden, der seine Umgebung mit harmlosen Flausen auf Trab gehalten hätte. Das zumindest hatten diese grünen Augen einst ausgedrückt. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, dann waren diese faszinierenden Augen jedes Jahr ein bisschen dunkler geworden. Nur beim Quidditch, wenn er auf einem Besen saß, da waren sie noch immer wie damals, als er ihn das erste Mal bei Mme Malkin getroffen hatte: aufgeweckt, frech, fröhlich, voller Leben… ein Junge mit einem Traum… „Das willst du gar nicht wissen.“, riss ihn Harrys Antwort aus den Gedanken. Der Schwarzhaarige klang verbittert, verzweifelt und tonlos. Draco stellte fest, dass es auch seine Art war, die sich verändert hatte. Früher war seine Stimme kraftvoller gewesen. Überzeugender, wenn er etwas wirklich meinte. „Doch.“, antwortete er leise, versuchend sich seine Wehmut nicht anmerken zu lassen. „Es tut dir weh. Ich will es wissen, damit du es nicht mehr alleine tragen musst.“ Er lehnte sich gegen die Wand und zog Harry auf seinen Schoß. „Verstehst du? Ich bin dafür da, dass du nicht ganz alleine bist.“ Sekundenlang war Harrys Gesicht reglos und Draco fürchtete schon, dass er jetzt etwas Falsches getan oder gesagt hatte, da verzogen sich die blassen Lippen zu einem breiten Lächeln, die blinden Augen schlossen sich und er lehnte sich zufrieden gegen ihn. Harry schmiegte sich ganz eng gegen ihn, kauerte sich so zusammen, dass seine Arme ihn problemlos umfangen konnten, und kuschelte sich an ihn. „Ist gut. Ich sag’s dir.“, erklärte er sich bereit. „Aber du darfst nicht böse sein.“ „Böse? Ich dir?“, gab Draco belustigt zurück. „Weil du mir Vertrauen schenkst?“ „Weil ich dir den Horror auf Erden schildern werde.“ Draco war vollkommen erleichtert. Nicht nur wegen des Vertrauens. „Danke für die Warnung.“, lächelte er und drückte einen sanften Kuss auf die schwarze Mähne. „Aber ich kenne horrorartige Szenen zu Genüge. Vergiss nicht, wer mein Vater ist. Erzähl einfach.“, ermunterte er ihn. Einen Moment schien Harry noch zu überlegen, doch dann seufzte er und entließ auch das letzte bisschen Spannung aus seinem Körper. „Voldemort verbreitet Terror.“, begann er mit leiser Stimme. „London steht in Flammen. Ich habe gesehen, was sie tun. Ihre Zauberstäbe sprühen grüne Funken, spucken Feuer und Tod, verbreiten Leid und Schmerz und Angst. Sie lachen dabei. Sie schließen Wetten ab. Wer mehr Muggel töten kann. Sie erfreuen sich an Folter und Schaukämpfen. Sie zwingen andere dazu, ihre Geliebten zu töten oder zu verraten. Dabei zuzusehen, wie ihre Kinder in Flammen aufgehen und schreien… Ich habe ihre Gesichter hinter den Masken gesehen. Die verzerrten Fratzen. Ich konnte die…“ Er erschauderte und kuschelte sich noch ein wenig tiefer in die warmen Arme. „Ich konnte ihre Erregung spüren. Ihre Lust und das Feuer, das ihren Geist frisst. Sie handeln nach Befehl. Und sie handeln nach eigenem Willen, denn er lässt ihnen freie Hand…“ Als er verstummte, begann Draco damit, ihn sachte zu streicheln. Immer wieder fuhr seine Hand über den Rücken. Er wartete, ob noch etwas kommen würde, aber im Grunde hoffte er, dass nicht. Auch wenn Harry nur oberflächlich berichtet hatte, es machte es nicht weniger furchtbar. Es ließ im Gegensatz der Fantasie mehr Raum. Und dennoch… „Woher weißt du das?“ Leise, ruhig. Und darunter verborgen die Hoffnung, es möge Einbildung sein. „Ich habe Träume.“ Draco wartete angespannt. Träume waren häufig nur Ausgeburten der Fantasie. Er jedenfalls hatte noch nie von Träumen gehört, die wahr werden konnten. Jedenfalls nicht in der Wirklichkeit, auch wenn ein paar Bücher von diesem Phänomen berichteten. Und Wahrsagerei funktionierte anders. Man brauchte ein Medium… falls es überhaupt stimmte und nicht alles nur Humbug war, was er eigentlich annahm. Andererseits… Er hatte ja schon ein paar Mal festgestellt, dass Harry unglaublich war. „Ich habe die Träume schon lange. Sie zeigen mir, was er tut, wo er ist, was er plant… Es ist fast, als wolle er mich warnen. Oder als hätte jemand beschlossen mir diese Bilder zu zeigen, damit ich irgendetwas dagegen tue. Damit ich ihn aufhalte. Oder damit ich meine Eltern rächen kann…“ Warnende Träume also. „Du hast es nicht leicht.“, murmelte Draco kaum hörbar. „Nie hast du mal Ruhe. Da sorgt Dumbledore extra dafür, dass niemand hereinkommt und du siehst trotzdem noch etwas von dem Schrecken da draußen.“ Harry lachte leise. „Es war schon immer so…“ „Warum wolltest du es nicht Snape erzählen?“ Harry schwieg. Seufzend drückte Draco ihn ein wenig fester. „Warum durfte Mme Pomfrey nicht zu dir?“ Wieder kam keine Antwort. „Aber mich hast du akzeptiert.“ Noch immer nichts. Und Draco erwartete schon keine Antwort mehr, da kam sie doch noch: „Ich liebe dich.“ Draco lachte leise. „Na, wenn nicht aus diesem Grund, dann aus keinem.“ Glücklich gab er Harrys Haaren wieder einen Kuss. „Ich vertraue dir.“ Oh? Draco hob erstaunt eine Augenbraue. Wurde das etwa was Längeres? Harry bewegte sich doch noch immer nicht. Völlig entspannt lag er in seinen Armen und er wusste einfach, dass die Augen noch geschlossen waren. Oder? „Du hast gesagt, ich soll es dir erzählen. Du… bist wie Licht. Warm. Hell… Du verlangst nichts. Die anderen wollen immer, dass ich irgendetwas tue. Reden. Essen…“ Der Klang der Stimme veränderte sich zu einem Lächeln. „Bei dir wirkt ja auch die Magie nicht. Du hast mich nicht vergessen. Du siehst mich noch, obwohl ich unsichtbar sein sollte. Du kannst hier rein, obwohl die Dunkelheit die Tür blockiert. Du hast sogar den Ton zurückgeholt.“ „Den hast du wiedergebracht.“, warf Draco ein. Irgendwie, er konnte sich nicht so ganz erklären, warum, war es ihm peinlich, Harry so über sich reden zu hören. „Damit hatte ich nichts zu tun.“ „Doch.“, lachte Harry leise und drückte seine Nase in den grünen Stoff seines Umhangs. „Ich wollte das Lied hören.“ Jetzt war Draco wirklich rot. Seine Wangen brannten, so peinlich war es ihm, dass sein scheußliches Summen Harry gefallen hatte, wo er doch völlig unmusikalisch war. „Und dann… Ganz egal, wo ich bin… irgendwie scheinst du mich zu finden. Du weißt, was mir fehlt, was du tun musst, damit es mir besser geht. Du gibst mir Mut und Kraft.“, gab der Schwarzhaarige mit einem leisen Lachen von sich, das in Dracos Magen widerhallte, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief. „Du hast mich ja selbst jetzt noch aufgemuntert.“ Was sollte er jetzt dazu noch sagen? „Und du hast mir geholfen. Endlich… konnte ich wieder fliegen! Das habe ich mir schon so lange gewünscht…“ „Ach ja… Was… war eigentlich los?“ Diese Frage brachte Draco wieder mehr Sicherheit, denn es basierte nicht mehr auf Lobeshymnen über ihn. Klar hatte es ihm geschmeichelt, aber genau das war das Problem. Anerkennung schön und gut, aber diese… Liebeserklärung war zuviel. Zuviel für seine ohnehin verwirrten Gefühle, die dadurch erst so richtig in Fahrt kamen und in ihm ein Fest veranstalten wollten. Da war diese… rationale Art des Gespräches besser. „Warum bist du geflogen? Obwohl du blind bist. Das ist gefährlich!“ Harry seufzte. „Flucht.“, sagte er leise. Ein Eingeständnis von Schwäche, das andere so nie gehört hätten. „Auf dem Besen kann mich niemand einholen. Nur du…“ Tja… wohl auf Dauer nicht einmal er. „Vor Fred und George?“, fragte der Slytherin ruhig. Nicken. „Sie wollen wissen, wer mein Freund ist. Sie jagen dich.“ „Sollen sie doch.“ „Sie lassen mich nicht aus den Augen.“ „Schick ihnen einen Fluch auf den Hals. Einen, der sie… blind werden lässt.“ Harry lachte leise. „Das will ich niemandem antun.“, sagte er leise. „Niemandem.“ Draco zog ihn ein wenig näher. „Und wieso konnten dich die anderen sehen? Hat dein Spruch zu wirken vergessen?“ Wieder musste Harry lachen. „Ich konnte ihn nicht erneuern.“ „Warum?“ „Es tut weh.“ „Der Armreif?“ Harry nickte. „Zu viel Energie auf einmal…“ Leise knurrte Draco. Snape würde er bei Gelegenheit mal was erzählen… Wenn er sich das trauen konnte... „Was machst du nur…“, sagte er leise, als ihm klar wurde, dass er gegen den Giftmischermeister eh nichts ausrichten konnte. Der Mann würde höchstens über ihn lachen, wenn er etwas in diese Richtung sagen würde, ohne etwas Handfestes in der Hinterhand zu haben. „Ich liebe dich.“ Effektiver Themenwechsel. Draco lachte leise, als Harry seufzte und sich noch ein wenig mehr entspannte. Er konnte spüren, wie sich der Herzschlag über seinem verlangsamte und Harry nach und nach ins Reich der Träume abdriftete. Diesmal hoffentlich ohne wahrsagende Träume… _------------------------_----------------------_------------- Hayamimi! Und, war das Kapitel nach eurem Geschmack? Sehr viel Zwischenmenschlichkeiten! Ganz viel Liebe und Zärtlichkeit, Verzweiflung und Kitsch ^^ Allerdings… kommt das nur mir so vor oder mutiert Harry zur Prinzessin auf der Erbse? Vollkommen zerbrechlich und verweichlicht… nervig… Immer im Mittelpunkt, alle mögen ihn oder lieben ihn… Aber okay, dafür kann er ja nichts. Er verselbstständigt sich ja nur… *grins* Anonsten… Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! Mau! >^-^< Vertrau mir ----------- Titel: Vertrau mir Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 32: Vertrau mir Es war bereits Mittag, als Harry am nächsten Tag aus einem tiefen, traumlosen Schlaf erwachte. Er lag auf dem Bett, zwischen Dracos Beinen und halb auf ihm drauf. Seine Hände krallten sich in den grünen Pullover, als wollten sie verhindern, dass jemand ihm das wegnahm, was diesen erholsamen Schlaf verursachte. Irgendwie hatte der Blonde es anscheinend am gestrigen Tag noch geschafft, sie beide auf das Bett zu manövrieren. Desorientiert hob er den schwarzen Schopf, brauchte ein bisschen, um sich mit Hilfe von Kikuileh zurechtzufinden, dann begann er zu lächeln. „Morgen.“, murmelte er und stemmte sich verschlafen hoch, um sich ein wenig zu strecken. Der Slytherin wandte sich ihm zu. „Morgen. Wieder fit?“ Er strich ihm die wirren Haare aus dem Gesicht und klemmte sie hinter die Ohren. Eine zärtliche Geste, die ihm einfach ein Bedürfnis gewesen war. Das Lächeln auf den blassen Lippen wurde ein wenig breiter, bevor Harry es sich wieder auf Dracos Bauch bequem machte und sich an ihn drückte. „Wenn du vorhast, dann zu gehen, nein.“ Lachen. „Warum sollte ich gehen?“, fragte Draco. „Es ist Samstagmittag. Wir haben keinen Unterricht mehr.“ Harry lächelte noch ein bisschen breiter. „Dann können wir ja erst recht hier bleiben.“ „Auf der Krankenstation?“ „Weißt du einen besseren Ort?“ „Wir könnten noch mal in diesen Turm… Diesmal mit Besen, damit wir über die Treppe kommen.“ Kurz herrschte Schweigen, dann nickte Harry zustimmend und streckte sich im nächsten Moment wie eine zufriedene Katze. ‚Wie süß’, fand Draco und wuschelte Harry durch die Haare. „Also, beschlossen?“ Harry nickte, lauschte kurz Kikuilehs fröhlichem Gejubel, während sie durchs ganze Zimmer pitschte und wirklich jedem Einrichtungsgegenstand erklärte, dass sie nach Hause durfte. „Okay.“ Er lachte und setzte sich im Schneidersitz aufs Bett. „Nur schnell anziehen, dann können wir gehen.“ „Wie wäre es vorher mit essen, sonst schaffst du die Treppe am Ende nicht.“ Den Kopf schief legend und in sich hineinhorchend überlegte der Schwarzhaarige. „Was würde es denn geben?“, fragte er schließlich neugierig, das Essen zumindest in Erwägung ziehend. Draco lachte. „Was du willst, schätze ich. Die werden glücklich sein, dass du überhaupt wieder etwas isst. Mme Pomfrey war regelrecht außer sich, weil du gestern nichts wolltest.“ Harry zog die Nase kraus. „Wen interessiert Poppy? Die macht sich doch nur noch Sorgen um mich.“ „Mach ihr daraus keinen Vorwurf.“ Draco streckte die Hand aus und strich ihm über die Wange. „Ich mach mir auch Sorgen.“ „Wenigstens bemutterst du mich nicht.“ „Sicher?“ Lachend stand der blonde Junge auf. „Also, was möchtest du essen?“ „Schokolade!“ „Harry, das ist doch kein Frühstück.“ „Du hast gefragt.“ „Machen wir einen Kompromiss: Müsli mit Schokolade.“ Das brachte Harry wieder zum Lachen. „Okay. Einverstanden!“ Draco kam schon wenig später zurück. Mme Pomfrey würde das Gewünschte bringen. Wie Draco gesagt hatte, war sie froh, dass Harry wieder Appetit hatte. Harry saß noch auf dem Bett und kitzelte Kikuileh, weil sie ihm ununterbrochen vorzwitscherte, dass sie wieder nach Hause konnte. Ein süßes Bild. Von der gestrichen Schwäche und Weltuntergangsstimmung war nichts mehr zu erahnen. Sehr beruhigend. „Na los, Harry, anziehen!“ Der Junge hob den Kopf. „Was hat sie gesagt?“ „Sie will dich noch mal untersuchen, bevor wir gehen.“ Harrys Ausdruck wurde missmutig. „Hey, es ist ihr Job!“ Er kam zu ihm und setzte sich neben ihn. „Lass sie ihren Zauber sprechen, geht doch schnell.“ „Mir geht es gut.“ „Ich weiß.“ „Warum dann?“ „Harry…“ Leichter Vorwurf lag in Dracos Stimme und der Junge, der lebt, resignierte. „Okay, okay…“ „Und am Abend sollst du noch zu Dumbledore. Er will dich etwas fragen.“ Harry nickte wieder leicht und hielt dann plötzlich inne. „Ich will es ihm nicht sagen.“, sagte er und senkte den Kopf. Die Schwermütigkeit war zurückgekehrt. „Du würdest ihnen helfen.“, versuchte Draco es mit Vernunft. „Ich weiß.“ Wieder lächelte Draco, beugte sich ein wenig vor, hob mit einer Hand Harrys Kinn an und verschloss seinen Mund mit einem sanften Kuss. „Du schaffst das schon.“ Es brachte Harry das Lächeln zurück und machte es Draco eindeutig leichter, locker zu sein. „Na los, zieh dich an, ich kämm dir die Haare.“ „Echt?“ Es war wirklich erstaunlich, wie wechselhaft Harrys Stimmung sein konnte. Er passte sie in sekundenschnelle dem Thema oder der Situation an. Wie ein Bilderbuch aus Gefühlen. „Na klar. Das wollte ich schon lange mal machen.“ Er hatte die Haare doch nicht umsonst lang gemacht… Harrys Gesicht begann zu leuchten, dann ging es plötzlich ganz schnell. Er rutschte von der Decke und stellte sich neben das Bett, zog das Nachthemd des Krankenflügels über den Kopf und eine Sekunde später schwang er den Zauberstab, der eigentlich irgendwo in seinem Kleiderhaufen verborgen gewesen war. Schon flogen Hemd, Hose, Socken, Schuhe, Krawatte und Umhang auf ihn zu und legten sich wie selbstverständlich um den schmalen Körper. Draco stand der Mund offen vor Staunen. So etwas hatte er noch nie gesehen. „Fertig!“, präsentierte sich Harry schließlich mit ausgestreckten Armen vor ihm. Draco lachte. Na, die Aussicht mit dem Haare kämmen schien ihm ja wirklich zu gefallen. Niedlich, die roten Wangen. Leicht klopfte er auf das Bett vor sich. „Okay, hinsetzen.“ Und sofort hockte er vor ihm. Wie süß. Draco verzauberte die Tasse auf Harrys Nachttisch in eine Bürste, dann fing er an. Ganz langsam und gleichmäßig fuhr er, unten beginnend und bei jedem Strich weiter oben ansetzend, durch die schwarzen Haare, löste sanft Knoten für Knoten. Einmal kam ihm Kikuileh in die Quere, die helfen wollte, doch er hob sie einfach sachte an den Flügeln hoch und setzte sie sich auf die Schulter, wo sie leicht beleidigt sitzen blieb, weil man sie um ihren Job betrog. Harrys Haare waren weich und seidig und gleichzeitig schwer. Und die Bürste ging trotz der Dicke erstaunlich leicht hindurch. Im Grunde dauerte es nicht lange, bis er fertig war, aber irgendwie wollte er nicht aufhören. Immer und immer wieder kämmte er die schwarze Seide, immer wieder von vorne. Und Harry saß mit geschlossenen Augen vor ihm und genoss jede noch so kleine Berührung, spürte ihr nach. So konnte es bleiben… Traute Zweisamkeit… Aber natürlich war das kein realistischer Gedanke. Die zweisame Ruhe wurde gestört, als Mme Pomfrey hereinkam und Harrys Müsli und zwei Brötchen für Draco brachte. Die Frau lächelte ihnen unsicher zu. Sie schien kleinlaut und wirklich froh, endlich wieder zu ihrem Patienten zu dürfen. „Guten Morgen, Harry. Wie geht es Ihnen?“ Draco unterbrach das Streicheln, während Harry lächelnd antwortete: „Sehr gut, keine Frage.“ Die Augen öffnete er nicht, weil es eh keinen Unterschied machen würde. „Das sehe ich…“, antwortete sie leicht pikiert, was Harry grinsen ließ. „Hier. Essen Sie es bitte auf.“, sagte sie und Harry hob die Hände, damit sie ihm die Schüssel hineinlegen konnte. Gerade schob er sich den ersten Löffel in den Mund, da spürte er den Analysezauber über sich hinwegrauschen. „Ich kann das einfach nicht nachvollziehen.“, erklärte die Medihexe nach ein paar aufmerksamen Sekunden. „Gestern waren ihre Werte noch auf einem Tiefpunkt und heute…“ „Alles Dracos Schuld!“, erklärte Harry mit vollem Mund. Er hatte die Augen noch immer geschlossen, weil er nicht wollte, dass Mme Pomfrey mal wieder versuchte, hineinzuschauen, wie sie es immer tat. Der blonde Junge zuckte entschuldigend mit den Schultern, als sie ihn ansah, unfähig etwas zu sagen, weil sein Mund voll war, dann begann sie plötzlich zu lächeln. „Dann werde ich den jungen Mr Malfoy demnächst gleich rufen, wenn Sie wieder krank sind.“, sagte sie und zwinkerte ihm zu. „Wenn er eine so gute Medizin ist…“ Winkend verabschiedete sie sich aus dem Zimmer, beruhigt und die Erlaubnis gebend, Harry dürfe gehen, müsse aber zum Abendbrot zurück sein. Draco wandte sich seinem Freund zu. „Du bist echt unmöglich.“, sagte er leicht böse. „Sie will dir doch nur helfen!“ „Sie kann mir nicht helfen.“, erwiderte Harry leichthin. „Ich bin nicht krank. Fawks hat es gesagt, Dobby hat es gesagt, der Trank hat den Beweis erbracht. Meine Augen können nicht geheilt werden.“ Für endlose Momente herrschte Stille im Raum. Harrys emotionslose Worte hingen schwer und belastend in der Luft, als hätte er wieder das Eis gerufen, doch dann wurden sie von Dracos ruhiger, beinahe tonloser Stimme ersetzt. „Warum hast du aufgegeben?“ Er klang enttäuscht, nahezu verzweifelt. Er konnte Harrys Worte nicht fassen. Dass er sich so entmutigen ließ! „Warum glaubst du nicht an dich? Deine Augen waren gestern doch noch in Ordnung…“ Harry lächelte nur. „Entschuldige.“, murmelte er, ließ die halbleere Schüssel sinken. „Sei nicht böse, aber…“ „Hör mir zu!“ Draco packte ihn an den Schultern, dass die Milch leicht schwappte. Sein Griff war fest und seine Worte beschwörend. „Du wirst wieder gesund, klar? Und wenn nicht, dann ist das auch egal! Ich bin da! Ich helfe dir!“ „Du bist lieb. Ist okay. Ich verlass mich auf dich.“ Seufzend gab Draco nach. Harrys Gemüt war schwerer zu fassen als Luft. Wie sollte er dagegen denn ankommen? Er sagte ja und gleichzeitig wusste Draco, dass es eigentlich hieß, er solle ihn damit in Ruhe lassen. Es dauerte dann noch fünfzehn Minuten, bis Harry aufgegessen hatte. Die letzten Bissen waren schon fast zuviel für den Jungen, aber er war tapfer. Zwischen ihnen herrschte Schweigen. Ein unangenehmes Schweigen aus Vorwurf und Entschuldigung. Draußen begann es zu regnen. „Dray?“ „Hm?“ „Du bist mir böse.“ Es ließ das Eis brechen. Draco lachte ob dieser zerknirschten Feststellung und zog den Schwarzhaarigen an sich. „Nein. So bist du eben. Dann werde ich eben für dich mit hoffen, dann wird das schon wieder!“ Harry gab ihm einen Kuss. „Sorry.“ „Ach was. Los, lass uns gehen.“ Harry nickte und wollte aufstehen, da zog Draco ihn noch einmal zurück. Eine Hand im Nacken, die andere halb unter dem Kinn Harrys beugte er sich über ihn und küsste ihn. Verlangend und drängend. Es dauerte nicht lange, bis Harry nachgab und seinen Mund der fordernden Zunge öffnete, ihr Einlass gewährte. Draco lächelte sacht und begann zu erforschen, was er schon kannte, ihm aber trotzdem fremd und neu war. Harry schmeckte nach Schokolade. Als ihm Harrys Zunge entgegenkam, war es mit der ohnehin wackeligen Selbstbeherrschung vorbei. Er verwickelte ihn in einem Kampf, der freudig erwidert wurde, ein Kampf ohne Sieger oder Verlierer und nur die Atemnot zwang sie schließlich auseinander. Harry keuchte, den Mund leicht geöffnet, völlig außer Atem. Draco lächelte nur, strich mit dem Daumen sacht über den Kieferknochen und zog seine andere Hand aus Harrys Nacken zurück. „Süß schmeckst du.“, sagte er leise, verschwörerisch. Und Harry war vor lauter Verlegenheit nicht mehr dazu fähig zu antworten. „Und, wollen wir jetzt gehen?“, fragte Draco frech. Harry blinkte, als hätte er ihn ins kalte Wasser geworfen, dann zogen sich die Brauen drohend zusammen. Draco wich zurück. Uh, das sah aber gar nicht gut aus. Er kam ja nicht weg, weil sich Harry auf seinen Beinen abstützte. Hilfe… Gab es nicht. Harry war so schnell da, dass er einfach nach hinten fiel. Und schon huschten schlanke, gnadenlose Finger über seine Seiten, bohrten sich in seine Rippen und reizten die Nerven unter der Haut. Und das einzige, wozu Draco noch in der Lage war, war lachen. Mehr nicht. Er konnte nicht einmal um Gnade flehen, geschweige denn sich wehren. Harry war überall da, wo er gerade nicht sein konnte, und das so treffsicher, dass man meinen konnte, er könnte sehen. Was nicht der Fall war. Aber Dracos Lachanfall war trotzdem da. Irgendein Geheimnis musste er da haben. Und dann war es plötzlich vorbei. Die Hände waren noch da, aber sie hatten ihr quälendes Tun aufgegeben. Still lagen sie auf seinem Bauch, ließen ihn zu Atem kommen und gleichzeitig bangen, dass es weiter ging. Im nächsten Moment war Harry ganz weg. Draco setzte sich auf, noch immer ein wenig außer Atem. Der Schwarzhaarige saß mit dem Rücken zu ihm, seine Schultern bebten. Oh weh… „Harry?“ Vorsichtig rutschte er näher an ihn heran, legte ihm einen Arm um die Schultern. „Was hast du?“ Ein schwaches, trauriges Lächeln. „So viele Menschen leiden da draußen und wir albern hier herum. Es kommt mir vor, als würde ich sie verhöhnen.“ Graue Augen weiteten sich. Wie bitte? Verhöhnen? „Harry, so ist das nicht. Du kannst nicht für die ganze Welt mitleiden. Das geht nicht. Du würdest nie wieder froh werden!“ „Ich weiß…“ Der Junge, der lebt, beugte sich vornüber, legte den Kopf auf die Knie. „Du hast schon genug gelitten. Letzten Sommer, die Jahre davor… Niemand hat mehr Recht auf ein wenig Glück als du!“ „Du bist mein Glück.“ Dumpf und dunkel drang Harrys Stimme aus der Mischung von Stoff und Haaren. Draco lächelte schief. „Und du meins.“, gab er liebevoll zurück. „Aber jetzt gehen wir, ja? Damit du auf andere Gedanken kommst. Es brauchte noch ein bisschen, bis Draco Harry überredet hatte, seine Grabesstimmung zumindest beiseite zu schieben und mit ihm zu kommen. Kurz bevor sie jedoch den Raum verließen, begann der schwarzhaarige Junge den Zauberstab zu führen. Immer wieder und wieder. Harry erneuerte all die Zauber, die verhinderten, dass irgendjemand sie sah oder wahrnahm. Mme Pomfrey sah nicht einmal auf, als sie an ihr vorbei gingen. Die Schüler sowieso nicht. Draco kroch ein kalter Schauer über den Rücken. Das war ein seltsames Gefühl. So als wäre er nicht vorhanden. Als hätte er nicht einmal Geisterstatus. Harry schien das nicht zu bemerken. Oder aber es interessierte ihn nicht. Zumindest schien er ruhig… Einmal deutete er auf eine kleine Gruppe Slytherins, die heftig mit den Weasley-Zwillingen diskutierten. Die zwei waren wütend. Sichtlich. Die Slytherins auch. Das Thema: Wer war Schuld am Absturz Harry Potters. „Vielleicht sollten wir ihnen sagen, wie es war…“, murmelte Harry leise. „Sonst verurteilen sie dich wirklich noch.“ „Das tun wir nicht. Die Gerüchte sind Ruffördernd für mich. So kommt mein Vater nicht auf die Idee, dass da etwas läuft, was seinem Meister schadet.“ Abgesehen davon, dass Hogwarts eh von der Außenwelt abgeschlossen war, konnte man ja nicht wissen, ob die Todesser nicht doch irgendwie Nachrichten durch die Banne schleusen konnten… Harry lächelte traurig. Er hatte ja Recht. Blieb nur zu hoffen, dass das auch so blieb, sonst hätte Draco mit Sicherheit größere Probleme, die er nicht ohne weiteres bewältigen konnte. „Dann nicht.“, erklärte er, während Draco ihn zu den Treppen schob, die in den Keller führten. „Dann haben die Zwillinge und Ron wenigstens einen Grund, sich aufzuregen, gesetzt dem Fall, dass die Doppelgänger bis dahin wissen, wer du bist.“ Die Vorstellung war nicht wirklich amüsant. „Hoffentlich verurteilen sie dich nicht auch so wie… Ron…“, murmelte der Blonde, doch die einzige Antwort bestand aus einem aufmunternden Händedruck. Als sie den geheimen Durchgang zum Turm, den es laut Kikuileh gar nicht gab, erreichten, quiekte die kleine Fee plötzlich auf und düste davon. Sie war so glücklich… Harry lachte. Dann fiel ihm etwas ein. „Wir haben den Besen vergessen.“ Was ihn zu einem anderen Gedanken führte: „Wo ist eigentlich mein Feuerblitz?“ Er hatte ihn doch nicht mitgenommen, oder? Hatte Kikuileh zumindest nicht gesagt… Was war nach dem Absturz damit passiert? Draco blickte ihn an, plötzlich blass. Verdammt. Das hatte er in der Hektik völlig vergessen. Der Besen war bei Harrys Absturz einfach im Verbotenen Wald verschwunden. „Das… Es tut mit leid, aber in diesem Moment war es mir wichtiger, dich zu retten, und….“ Was im Endeffekt Snape getan hatte. Es war nur eine Kurzschlussreaktion gewesen und… „Okay. Ich werde ihn später rufen.“, murmelte Harry, doch er schien etwas verstört. Draco lächelte mit einer Mischung aus Mitleid und Entschuldigung. Er hatte nicht daran gedacht. So überhaupt nicht. „Sorry.“ Der Schwarzhaarige winkte nur lächelnd ab. „Ist schon in Ordnung.“, versicherte er, dann stupste er ihn an. „Aber einen Besen brauchen wir. Holst du deinen? Das geht schneller.“ Draco nickte. „Warte hier. Oder du gehst schon mal rein, da kannst du dich hinsetzen.“ Er wuschelte ihm durch die Haare und rannte dann davon. Weg von den Schuldgefühlen, dass der Besen weg war. Wenn Harry sein Besen auch nur halb so viel bedeutete, wie ihm seiner, dann war das eine Katastrophe. Und so wie Harry flog und wie er gerade ausgesehen hatte, bedeutete ihm sein Besen noch viel mehr als Draco sich das vorstellen konnte… Harry seufzte und tat, wie ihm geraten. Ganz vorsichtig tastete er sich vorwärts, spürte kurz darauf das gallertartige Gefühl an den Fingerspitzen, als die Wand nachgab und schob sich hindurch. Jetzt noch ein paar Meter vorwärts, dann müsste da eigentlich die Treppe sein. Im nächsten Moment prallte er mit dem Knie dagegen. Seine Hände hatten das Geländer schlicht verfehlt. Ein erneutes Seufzen. Ohne Kikuileh war er wirklich verloren. Klasse… Vorsichtig ließ er sich auf die unterste Stufe sinken. Draco war nicht da, er hatte nichts zu tun und da kamen die Gedanken zurück. Voldemort und was seine Todesser taten, die Angst, die grausamen Gefühle, die ihm aufgedrängt worden waren, die Bilder. Ohne dass er es merkte, wanderte seine Hand zu seiner Narbe und drückte fest dagegen, um das aufkommende Pochen zu neutralisieren. Und ohne dass er es realisieren würde, änderten sich die Bilder, kamen neue dazu, als der Tagtraum ihn überrannte. Als Draco zurückkam, war er regelrecht erschrocken. Der Anblick des zusammengekauerten Jungen brachte ihm fast Panik. Die Schultern zuckten immer wieder, die Hände waren in den Stoff des Umhangs verkrallt. Ein Häuflein Elend… Schnell rannte er zu ihm hin, nahm ihn in die Arme und drückte ihn an sich. Die Frage, die ihn quälte, verkniff er sich, denn er konnte es sich denken. Gedankenflash mal wieder… Wahrscheinlich Voldemort. Tröstend wiegte er ihn hin und her, spendete Trost und Nähe. Was Harry jetzt dringend brauchte. Erst, als der Junge sich weitgehend beruhigt hatte, nahm er wieder etwas Abstand. Aber er sagte noch immer nichts. Harry sah nicht danach aus, als würde er reden wollen, und er würde ihn nicht zwingen. „Na los, fliegen wir hoch.“, sagte er schließlich und beschloss, dass er Harry in den nächsten Tagen auf keinen Fall mehr allein lassen würde. Entweder war er bei ihm oder der Rest des Goldenen Trios. „Ist nicht so anstrengend und dauert nicht so lange.“ Schweigend stimmte Harry zu, lächelte schief. „Kannst du uns denn beide fliegen?“, fragte er mit einem ansatzweise frechen Unterton. Draco hob herausfordernd die Augenbrauen. „Warum denn nicht? Du wiegst ja nichts.“ Im nächsten Moment sah er sich Harrys rosa Zunge gegenüber. Er lachte. „Na komm. Versuchen wir es einfach.“ Er stieg auf und zog Harry zu sich, sodass er vor ihm Platz nehmen konnte. Es war nicht bequem, ganz und gar nicht, aber es würde gehen. „Halt dich gut fest!“ Weiche Arme schlangen sich um seinen Hals und eine warme Stirn lehnte sich vertrauensvoll gegen seine Schulter. Draco lächelte, dann zog er die Spitze des Besens ein kleines Stückchen hoch. Der Besen erzitterte, bewegte sich aber nicht vom Boden weg. Nicht einen Zentimeter. „Bin ich zu schwer?“ Die leise Stimme klang amüsiert. Draco knurrte. „Bist du nicht.“ Er versuchte es erneut, mit gleichem Erfolg. Harry seufzte. „Lass mich absteigen.“, sagte er und Draco erwiderte den Seufzer unwillig, entließ ihn aber. Er stieg schließlich selbst ab. „Sorry.“, sagte er. „Ich hab bisher nie versucht mit noch jemandem zu fliegen.“ „Ist okay. Oben machen wir es einfach nacheinander, okay?“ Von dieser Idee war Draco auch nicht so wirklich begeistert, aber er stimmte zu. Und so fanden sie sich zum zweiten mal auf dem beschwerlichen Weg wieder, den eine endlose Wendeltreppe nach oben bot. Draco hinter Harry, wie auch das letzte Mal. Und wie das letzte Mal schwiegen sie. Dracos Gedanken hingen an diesem Tag. Es war das erste Mal gewesen, dass zwischen ihnen das Eis angetaut war. Wegen ein paar Worten, ein paar winzigen Gesten, wegen einem Gefühl, das damals noch ein Geheimnis gewesen war… Vor ihm blieb Harry stehen. So plötzlich, dass Draco fast in ihn hineingerannt wäre. Erstaunt blickte er hoch, wo sein Freund wie erstarrt verharrte. Und dann: „Du warst… damals schon in mich verliebt.“, sprach der Schwarzhaarige seine Gedanken leise und überrascht aus. Eine eindeutige Feststellung, die wohl Erkenntnis entsprang. „Keine Zuneigung, echte…“ „…Liebe. Ja.“ Draco lächelte und senkte leicht beschämt den Kopf. „Ich sagte doch, dass es schon länger so ist.“ Harry kicherte leicht. „Oh Mann. Und ich wusste von nichts.“ „Was damals auch besser so war. Du hast mich noch gehasst.“ Der Slytherin hob die Hände und strich ihm über den Rücken, drehte ihn dann zu sich um. Harrys Lächeln war schuldbewusst, aber er nickte. Einfach zu süß. „Hey.“ „Wenn du es mir damals gesagt hättest, hätte ich dir den nächstbesten Fluch auf den Hals gehetzt.“, gab der Schwarzhaarige zu und Draco lachte. „Warum hast es eigentlich nicht getan? Ich meine… Im Grunde… Du hattest Angst, du wusstest, wer ich war…“ „Und ich hätte keine Chance gehabt, mich zu verteidigen, hättest du beschlossen, dich dafür zu revanchieren. Draco, ich war damals schwach. Kikuileh war noch nicht da. Ich… ich wollte einfach nur meine Ruhe und keinen Stress mehr haben. Schon gar keinen Streit.“ Er lächelte schwach. „Ich hatte genug mit mir selbst zu tun.“ Draco strich ihm über die Wange. In diesen Worten lag so viel Wahrheit… „Du bist stärker geworden.“ Draco stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sanft, beinahe schon keusch. Harry lächelte, seine Hände hoben sich, stupsten immer wieder gegen Dracos Körper, bis sie den Hals erreichten. Auch dort zuckte er einmal zurück, bevor sich seine Finger gegen die Haut schmiegten, sacht und sanft darüber tasteten, jede einzelne Stelle mit besonderer Aufmerksamkeit bedachten. Der Blonde ließ es geschehen, wartete einfach ab, beobachtete Harrys Gesicht, das eine wirklich faszinierende Mimik zeigte. Immer wenn er über besondere Partien streifte, zuckten seine Mundwinkel; die weichen Härchen an seinen Ohren, die fein geschwungenen Brauen, die schmale Nase und die weichen Wangen. Und als er die Lippen erreichte, zog sich sein Gesicht zu einem strahlenden Lächeln. Diesmal war er es, der Draco küsste. „Du auch.“ Draco lachte. „Das hättest du jetzt nicht sagen müssen.“ „Doch.“, schmollte Harry. „Es ist so. Du hast die Seiten gewechselt, spielst allen etwas vor, lässt dich nicht beirren auf deinem Weg. Du lernst, für andere da zu sein, ihnen zu helfen, deine Vorurteile über Bord zu werfen. Draco. Du hast Freundschaft mit Ron geschlossen!“ „Nicht wirklich.“, murrte der Blonde und klang dabei wie ein kleines, trotziges Kind. „Waffenstillstand.“, verbesserte er auch sofort. „Keine Freundschaft.“ „Das ist mehr, als jeder andere Slytherin tun würde.“ Draco seufzte leicht. Irgendwie hatte er ja Recht. „Okay.“, gab er nach. „Du hast Recht…“ Wieder landete ein Kuss auf seinen Lippen. „Ich liebe dich.“ Überwältigt drückte Draco ihn an sich. Harry war wirklich einmalig. Er schaffte es immer, Positivität zu verbreiten. Geschlagen oder am Boden war er immer noch da, um jemand anderen zu bestätigen und ihm damit Mut zu geben. „Engel.“ Es dauerte, bis Draco die Kraft fand, Harry wieder loszulassen, und selbst dann konnte er sich nicht zurückhalten, stieg die eine Stufe zu ihm hinauf und küsste ihn. Innig, fordernd. Vielleicht war diese Aussicht auch der einzige Grund, warum er die Umarmung überhaupt gelöst hatte. Mehr Nähe. Eine Möglichkeit, das Feuer in seinen Adern zu mindern. Man könnte es als Schuss in den Ofen bezeichnen, denn als Harry seinen Mund öffnete, ihn einließ, einlud, den Kuss zu vertiefen, ihn schließlich voll und ganz erwiderte, war es bei ihm mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Er drängte ihn in kleines Stück zurück, so dass Harry das Geländer im Rücken hatte, eine Hand in Harrys Rücken, eine in seinem Nacken, verborgen in den langen, schwarzen Haaren, um seinen Kopf näher zu ziehen. Das Gefühl, der Geschmack, das Prickeln in seinen Lenden und Fingerspitzen benebelte ihn, Harrys suchende Hände an seiner Brust, die ihren Dienst versagenden Knöpfe seines Hemdes, durch das er vorhin im Slytherinschlafraum seine Quidditchkleider ersetzt hatte, setzten ihn in verzehrende Flammen, entfachten Verlangen und Sehnsucht. Der Gedanke, dass sie gerade auf einer schmalen, unendlich langen Treppe standen, war irgendwo zwischen Boden und Decke verloren gegangen. Bis helles Sirren die Luft erfüllte, schwirrende Feen um sie herumflogen und an ihren Haaren und Kleidern zogen, sie förmlich gewaltsam voneinander trennten. Harry keuchte leicht, verlor beinahe das Gleichgewicht, als Draco auf Abstand ging, wäre wohl gefallen, hätte der Blonde ihn nicht blitzschnell wieder an sich gezogen. Etwas desorientiert und überrumpelt gaben sie dem Drängen nach, ließen sich die Treppe hinaufdirigieren, endlos lange, ständig das helle, glockenklare Gezwitscher in den Ohren. Draco musste sich ehrlich zusammenreißen, um die Knöpfe an seinem Hemd wieder zu schließen. Dann weiteten sich plötzlich seine Augen, als er sah, wie die Feen Harry auf die Stelle mit dem Loch zuzogen. In Sekundenschnelle hatte er sich aus dem tranceähnlichen Zustand losgerissen und stürzte hinauf, hatte Harry doch ein paar Stufen Vorsprung gewonnen, da setzte Harry auch schon den verhängnisvollen Schritt. Sein Fuß schwebte einen Moment in der Luft, dann belastete er ihn – und stieg die nächste Stufe hinauf. Entgeistert erstarrte Draco, beobachtete, wie sein Freund eine unsichtbare Treppe hinaufstieg. Ein ganzes Gebirge fiel ihm vom Herzen, als er begriff, dass sein Freund nicht gerade auf dem Weg war, sich ins bodenlose Nichts zu verabschieden. Nicht schon wieder. „Was ist?“ Harry hatte sich umgewand. Draco lachte. „Du stehst mitten in der Luft.“ Blöde Bemerkung. Also wirklich… Kurz herrschte Stille, in der Harry zu lauschen schien, dann lächelte er wieder. „Sie sagen, du musst Vertrauen in die Treppe haben, dann kannst du sie auch betreten.“ Draoc schluckte und trat an den Abgrund, der in bodenlose Finsternis führte. „Soll das heißen, sie ist nur da, wenn man ihr vertraut?“ Wie sollte man etwas vertrauen, das man nicht sah und das nicht lebendig war? Probehalber setzte er einen Fuß vor und dieser ging einfach durch die erwartete Stufe. Was für ein Glück, dass er ihn nicht belastet hatte, sonst hätte er da unten jetzt sicher sein frühes Grab in Schwärze gefunden… „Ich glaube, ich werde fliegen.“, verkündete er und fischte den klein gehexten Besen aus seiner Tasche. Normal widerstrebte es ihm, seinen geheiligten, schwarzen Nimbus 2001 zu verkleinern, aber beim Treppensteigen war er hinderlich gewesen. „Das wird nicht gehen.“, sagte Harry und unterbrach ihn in seinem Zauber. „Du kannst ihn in diesem Turm nicht benutzten. Hier gibt es einen Bann, der viele Zauber blockiert. Der Zauber auf dem Besen ist deaktiviert. Sagt Kikuileh.“ Draco starrte ihn an. Wie bitte? Man hatte seinem Besen die Magie entzogen? Da war ja wohl… „Aber…“ Fast verzweifelt blickte er auf seinen wertvollsten Besitz hinab, der auf seiner Handfläche lag. Als er wieder aufsah, stand Harry vor ihm. „Mach die Augen zu, Dray.“ Seine Stimme war leise, beruhigend und liebevoll. „Was? Ich…“ „Mach einfach nur die Augen zu.“ Die weichen Lippen trafen seine nicht ganz zielsicher, aber es reichte. Dracos Augen flatterten zu, als er sich hilflos darauf einließ. Er war unsicher. Harry vermittelte Kraft und Zuversicht. Er wollte… Die Augen flogen wieder auf, als Harry sich entfernte. „Lass sie einfach zu.“ Zaghaft schloss er sie wieder. Was hatte Harry vor? Er spürte, wie Harry nach seinen Händen tastete, kam ihm entgegen, suchte Halt in seiner Unsicherheit. Blind… Wie Harry. Wieder küsste Harry ihn. Kurz, liebevoll, weich. Dann länger, verlangender. Er brachte ihn dazu, darauf zu reagieren. Er lockte ihn in einen ebenso leidenschaftlichen Kuss, wie er vorhin selbst gestartet hatte. Draco ließ sich darauf ein. Und folgte Harry, als er sich ein wenig zurückziehen wollte. Das würde er jetzt nicht zulassen. Er musste dableiben! Er durfte ihn doch jetzt nicht allein lassen! Blind… Wie konnte Harry das die ganze Zeit nur ertragen? Er war versucht, die Augen wieder aufzumachen, ihn sehen zu können, doch die Hände an seinen vermittelten durch einen warnenden Druck, dass sie wussten, was er vorhatte. Blind… Und er vertraute einem Blinden! Er ließ sich wirklich von einem Blinden auf eine Treppe führen, die eigentlich nicht und theoretisch nur sporadisch exis… Ein weiterer Kuss würgte diesen Gedanken ab. Ein hungriger Kuss, einer von der Sorte, die nach mehr schrieen. Und immer wieder wollte Harry flüchten, wich zurück… Er stockte. Die Unsicherheit stieg urplötzlich, grenzte an Panik, als ihm bewusst wurde, dass Harry versuchte, ihn abzulenken. Eine nützliche Taktik, sehr wirkungsvoll… Nur eben jetzt nicht mehr. Jetzt wusste er, dass er ihn über diese Brücke locken wollte. Seine Schultern verkrampften sich und er wollte schauen, ob Harry das wirklich vorgehabt hatte, ob er ihn wirklich auf die unsichtbaren Stufen zuzog, doch die Feen verhinderten das erfolgreich. Was wurde das hier? Massenverschwörung? Er wich zurück. „Vertraust du mir?“ Die Frage riss ihn zurück aus der Panik. Er wollte die Augen erneut öffnen, doch diesmal hielt er sich selbst zurück. Ob er ihm vertraute? „Natürlich!“, sagte er im Brustton der Überzeugung. Der einzige Grund, dass er die Augen tatsächlich geschlossen hielt. „Dann komm.“ „Aber…“ „Vertrau mir, jetzt!“ Draco fügte sich nach einem kurzen Zögern. Er presste die Lippen zusammen, dann überwand er sich. „Also gut… was jetzt?“ „Eine Stufe hoch.“ „Aber… da ist doch nichts! Da kann nichts mehr sein!“ „Bist du dir sicher?“ „Ähm…“ „Ich stehe auf einer Stufe. Glaubst du mir das?“ Draco hob den Kopf. War das so? Ja. Er merkte, dass seine Hände ein wenig von Harrys hochgehoben wurden, und die weiche Stimme kam auch von über ihm… „Ja.“ „Komm auch rauf.“ Draco machte einen Schritt ins Nichts, ohne dass er davon wusste, folgte der freundlichen, lockenden Stimme. Wieder bekam er einen weichen Kuss. „Lass die Augen einfach zu…“ Zögerlich nickte Draco, folgte Harry Schritt für Schritt. Längst hätte er im Nichts stehen müssen, aber Harry war noch immer einen Schritt über ihm, so konnte die Treppe einfach noch nicht geendet haben. Nicht wahr? Also… Noch immer unbehaglich tastete er sich vor. „Nicht nachdenken. Vertrau mir einfach.“ Und dann blieb Harry plötzlich stehen und küsste ihn tiefer, inniger, bevor er sich mit einem weichen Lächeln löste. „Du hast es geschafft.“, teilte er ihm liebevoll mit. Dracos Augen flogen auf. „Was?“ „Wenn du nicht weißt, dass da eigentlich nichts ist, dann kannst du auch nicht dazu verleitet werden, zu zweifeln, richtig?“ „Ja…“ Der Blonde seufzte. „Du bist wirklich gut…“ Und seine Tonlage ließ offen, wie genau er das meinte. Harry hatte sich umgedreht, eine Hand tastete durch die Luft, ohne Widerstand zu finden, was wohl auch der Grund war, warum er sich letztendlich wieder zu ihm umwandte. „Was siehst du?“ Draco blickte auf. Er wusste genau, was Harry meinte, aber das war nebensächlich. „Die schönsten Augen der Welt.“, antwortete er und fing Harrys Gesicht ein. Es war faszinierend, dass Harry noch immer bei einem solchen Kompliment errötete. -----------------.------------------------.------------- Mensch… da bin ich also wieder mit einem weiteren Kapitel fertig… Falls es einen von euch interessiert… es sind inzwischen beinahe 300 Seiten in PC-Schrift. 12 fehlen noch. ^^ Ich bin ganz doll stolz auf mich! Da stört es mich auch nur noch halb, dass dieses Kapitel doch ein wenig holprig klingt… Okay, es stört mich massiv, sonst hätt ich es nicht erwähnt. Aber ich hoffe es gefällt euch trotzdem ein bisschen. Anonsten… Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! Bis bald! Mau! >^-^< Das geheime Zimmer ------------------ Titel: Das geheime Zimmer Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 33: Das geheime Zimmer Im Grunde hatte Draco wohl vorgehabt, Harry zu küssen, doch es gab jemanden, der das effektiv zu verhindern wusste. Die Aufregung der Feen war um ein Vielfaches angewachsen und sie drängten sie weiter, ein Stückchen nach Rechts, wo eine Leiter zu einer Deckenluke führte. Ein kleines Loch ließ schummrig warmes Licht hindurch. „Scheint, als würde hier jemand wohnen…“ Harry hob den Kopf. „Die Feen?“ „Ich weiß nicht… Ich weiß nicht, wie Feen leben. Ho, ho, Vorsicht!“ Draco kämpfte um sein Gleichgewicht, als zwanzig winzige Wesen an ihm zogen, ihn beinahe von den Füßen hoben. „Ich kann alleine gehen!“ Lachen. Harry streckte die Hände vor und griff weich nach Dracos Umhang. „Nicht weglaufen, ja?“ „Sag das mal denen!“ „Ich will es sehen!“ Draco sah ihn an. Tja, das war das Problem. Inzwischen konnte er ja zumindest sagen, dass Harry nicht wegen Sex wieder sehen konnte, aber das machte es nicht einfacher. Snape konnte es sich schließlich auch nicht erklären. Manchmal ging es, manchmal nicht. „Ich…“, begann er, wurde aber von Harry unterbrochen. „Beschreib es mir, ja?“ Wehmütig lächelnd nickte Draco. „Über uns, an der Decke, da ist eine Holzklappe. Eine Leiter führt hinauf. Man kann sie recht gut erkennen, weil Licht drauf fällt.“ „Sind die Kerzen noch da?“ Im ersten Moment fragte sich Draco, woher Harry davon wusste, dass die Kerzen sie umschwebten, aber er erinnerte sich praktisch sofort daran, dass er es Harry bei ihrem ersten Besuch in diesem Turm erzählt hatte. „Ja. Und aus der Klappe kommt auch Licht. Die Feen verschwinden darin.“ „Lass uns hinterher, ja? Kikuileh sagt, wir sollen.“ Draco zog ihn vorwärts. „Dann geh ich aber vor. Ich sehe Gefahren wenigstens, wenn es welche gibt.“ Er konnte sehen, dass Harry einverstanden war, und legte die Hand seines Freundes gegen die Leitersprossen, bevor er hinaufkletterte. Hoch war es und als er die Luke erreichte, sah er nach unten. Harry stand lauschend da und schien darauf zu warten, dass er ihm Bescheid gab. Oder vielleicht auch nicht? In der schmalen, weißen Hand konnte er den Zauberstab erkennen. Er begann zu lächeln. Da wachte er doch tatsächlich über ihn. Kaum zu glauben. Dabei war er es doch, der ihn schützen wollte! „Ich bin oben.“, teilte er ihm leise mit. „Ich werde versuchen, die Luke zu öffnen.“ Eine Antwort wartete er gar nicht erst ab, als er die Holztür hochschob. Mehr Licht fiel durch den entstehenden Spalt, beleuchtete die tanzenden Staubkörner in der Luft. Von drinnen ertönte leise, altmodische Musik, welche allerdings ganz plötzlich abbrach, als Draco mit Schwung die Klappe aufstieß, so dass sie krachend oben aufschlug. Stille durchflutete den Raum und Draco steckte vorsichtig den Kopf durch das Loch. Was er sah, sprengte alle seine Erwartungen, angefangen bei Folterkammer bis hin zu grünem Feengarten. Was er sah, war ein Zimmer. Ein altmodisch eingerichtetes, kreisrundes Zimmer. Ein Himmelbett stand schräg rechts von ihm, recht groß mit uralten, bernsteinfarbenem Brokatstoff behangen. Der Stuhl daneben war mit ebensolchen Schnörkeln verziert wie dieses große Möbelstück und aus mächtigem, schwarzem Holz. Die Waschschüssel war aus Olivenholz gefertigt und ebenfalls rustikal mit feinsten Ornamenten. Draco stieg höher, Faszination fesselte ihn und ließ ihn jeder Vorsicht entbehren. Er fühlte sich in der Zeit zurückversetzt, hinein ins Mittelalter oder noch weiter zurück. Der Blick auf schwere, rote Vorhänge wurde frei, auf einen Tisch, auf dem Schachfiguren auf einem Brett in einer unvollendeten Partie vor sich hindösten und auf den nächsten Zug warteten. Zwei schwere, thronähnliche Stühle standen sich daran gegenüber, ähnlich dem ersten, gepolstert in rot und golden. Als er sich ein wenig drehte, kam ein mächtiger Schrank in Sicht, blank polierte Kupferspiegel an den Türen, Löwenpranken als Füße und eine Krone aus ziseliertem Holz. Und jeder winzigste Winkel dieses pompösen Zimmers war von dem Licht tausender dünner Kerzen erleuchtet und verliehen dem Raum eine Atmosphäre von verstaubter Ewigkeit. Dann erstarrte er, denn auf dem die Runde abschließenden Plüschsofa saßen zwei Männer. Ältere Männer. Alte Männer. Und sie starrten ihn an, wie er sie wahrscheinlich anstarrte: ungläubig, überrascht, fassungslos. Keine Partei konnte sich bewegen, nur die Feen schwirrten durcheinander, verbreiteten Unruhe und ein wenig verwaschene Farbe in dem nahezu königlich einfarbigen Raum, aber sie vermochten die Starre nicht zu lösen. „Dray? Was ist los?“ Der Blonde zuckte ob Harrys leiser Frage zusammen und ein schüchternes, für ihn vollkommen ungewohntes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Entschuldigen Sie, ich wollte nicht…“ Er machte Anstalten, sich zurückzuziehen, als von den beiden Männern noch immer nichts kam und sie ihn weiter anstarrten, als wäre er ein halber Geist mit Katzenschwanz, da stürzten sie unisono auf ihn zu. „Nicht! Bleib da!“, rief der eine. „Geh nicht!“ Draco hielt inne und sah sie an. Was war das denn? Was wollten sie? Er hatte gedacht, er hätte sie bei etwas Wichtigem unterbrochen oder so… „Ich… äh…“ ‚Sehr geistreich.’, schimpfte er sich und riss sich zusammen. „Guten Tag.“ ‚Immerhin etwas mehr Eloquenz…’ Von unten kam ein leises Kichern und er blickte hinunter. Harry lachte. „Hey, was ist so lustig?“ „Ist da noch einer?“ Der eine mit dem Bart schien erstaunt. Der blonde Junge lächelte, nun ehrlich. „Ja. Harry ist noch da unten!“ „Wer ist da?“, erklang wieder Harrys Stimme von unten. „Das ist unglaublich!“ „Wie sind sie hierher gekommen?“ „Ich weiß das auch nicht! Normal dürften sie nicht herkommen können!“ „Ich versteh das nicht!“ Draco blickte zwischen den beiden aufgeregten Herren hin und her. Er war etwas irritiert, denn im Moment hatte er wieder das Gefühl zu stören, aber gerade hatten sie noch gesagt, er solle bleiben… „Sollen wir wieder gehen?“ „Nein!“ Sie hatten ihre Meinung wohl nicht geändert. „Auf keinen Fall! Kommt herein! Lasst euch nieder! Lasst uns reden!“ „Ja, erzählt uns alles!“ „Kommt, kommt nur!“ „Tee? Gebäck?“ „Wasser?“ „Bonbons?“ Wieder kam ein helles Lachen von unten und Draco sah hinab. Er lächelte breit über das Amüsement seines Freundes. „Na, hast du Lust?“ Irgendwie wollte er diesen beiden ihren Wunsch nicht abschlagen. Zumal er wissen wollte, wer das war, der so abseits in einem geheimen Zimmer dieses riesigen Schlosses wohnte. Harrys Antwort bestand darin, dass er begann hochzuklettern, und so kletterte Draco aus der Luke, was bei den beiden Alten einen Jubelruf hervorrief. Schnell half er dem Schwarzhaarigen hinauf. „Du bist hier in…“, begann er zu erläutern, da sah er Kikuileh, die Harrys Ohr abknuddelte, und ein leichter Druck an seiner Hand bedeutete ihm, dass es okay war. Kikuileh würde die Situation schon ausreichend genau darlegen können. Er wandte sich an die beiden Männer, unterbrach sie in ihrem aufgelegten Palaver. „Darf ich vorstellen? Harry Potter. Mein Name ist Draco Malfoy.“ Die Alten wechselten einen Blick, dann ging der eine, der mit dem kurzen, weißen Vollbart, zu Harry und strich ihm die Haare zurück, so dass er die Narbe freilegte. „Salazar… Er ist es wirklich. Das ist der Junge, der deinen missratenen Nachfahren Tom kurzzeitig ins politische Aus befördert hat.“ Draco blinzelte. Gerade eben… Hatte er sich das nur eingebildet oder hatte er das wirklich gehört? Salazar? Nachfahre aufgehalten? Wer war Tom? „Was…?“ In dem Moment trat der andere Mann auf Harry zu und zog ihn urplötzlich und vollkommen überraschend in die Arme. „Danke!“, sagte er, sichtlich ehrlich und mit einer Mischung aus Glück und Erleichterung und Trauer. „Danke dafür!“ Harry schien die Welt nicht mehr zu verstehen und die Umarmung schien ihm unangenehm. „Bitte, Sir, ich…“ „Ach ja, ich vergaß… Wie unhöflich von uns. Da habt ihr euch so nett vorgestellt und wir versäumen das. Entschuldigt bitte. Mein Name ist Salazar Slytherin, mein Freund und Partner ist Godric Gryffindor. Aber ich bin sicher, ihr kennt uns bereits, tragt ihr doch die Farben der beiden Häuser, deren Paten wir einst waren und wohl noch immer sind nach all den Jahren.“ Ungläubig starrte Draco ihn an. „Slytherin? Gryffindor?“ Das war ja wohl ein Witz. Sein Blick wurde abschätzig. “Aber sicher.” Und dann angriffslustig. „Die sind seit fast genau tausend Jahren tot!“, empörte er sich. Er fühlte sich verarscht und er hasste es wie die Pest, wenn fremde Menschen ihn nicht ernst nahmen. „Genau datiert, würde ich sagen, es sind nur neunhundertsiebenundneunzig Jahre, aber generell hast du Recht, Draco Malfoy.“, stimmte ihm der Mann zu, der sich für Gryffindor hielt. „Allerdings sind wir damals nicht gestorben, auch wenn die Zaubererwelt dank der beiden zuvorkommenden Damen seit Jahrhunderten diesem Irrglauben aufgesessen ist.“ „Ach, und was soll das heißen?“ Harry kam leise lachend zu ihm, nahm seinen Arm und hielt sich daran fest. Das Misstrauen seines Freundes war schon amüsant. Aber wäre Kikuileh nicht da und hätte ihm das ohne zu zögern bestätigt, vielleicht hätte er das auch für Schwindel gehalten. „Das bedeutet…“, begann Gryffindor, doch er wurde unterbrochen. Salazar wurschtelte zwischen ihnen hindurch. „Setzen wir uns doch erstmal. Im Stehen kann man doch gar nicht richtig reden. Was wollt ihr trinken?“ Und an Godric gewand: „Hol die Stühle, ich setze Wasser auf!“ Und schon spritzten sie auseinander, um nur ein paar Augenblicke darauf schon wieder zurück zu sein. Ohne dass sie wüssten, wie ihnen geschah, fanden sich Harry und Draco auf dem kleinen Sofa wieder, den alten Männern auf ihren Stühlen gegenüber, ausreichend eingedeckt mit Tee, Gebäck und Bonbons. Es war erstaunlich, wie agil sie noch immer waren, trotz ihres hohen Alters… Draco fühlte sich ein wenig unwohl. Sie waren hier jetzt förmlich eingesperrt. Eingesperrt von zwei irren Alten, die sich zwischen ihnen und der Luke positioniert hatten. Und er hatte die abartige Gewissheit, dass sie etwas von ihm erwarteten. Von ihnen beiden. Und das war ihm noch unangenehmer. Harry hatte genug auf der Seele, man sollte ihm nicht noch mehr auflasten! Er beschloss, was es auch war, seinen Freund davor zu bewahren, noch mehr Verantwortung auf den Schultern zu haben also ohnehin schon. „Was also wollten Sie gerade erklären? Warum halten Sie sich für die Gründerväter von Hogwarts Salazar Slytherin und Godric Gryffindor persönlich?“ Der, der als Gryffindor vorgestellt worden war, war sofort wieder Feuer und Flamme. „Wir halten uns nicht dafür. Wir sind es!“, begann er erneut und Draco verzog den Mund. „Man hat uns einen Fluch auf den Hals gehetzt, um uns von einer Krankheit zu heilen, die vollkommen normal und alltäglich ist.“ „Ihr müsst wissen, zu unserer Zeit waren die Dinge noch nicht so einfach wie heutzutage.“ „Rowina hat gewettert wie einer ihrer geliebten Hähne.“ „Und meine Eltern hätten mir am liebsten den Hals umgedreht, als sie es begriffen haben.“ „Sie hatten für ihn bereits eine gute Partie ausgesucht und ihn zur Hochzeit gezwungen.“ „Es war nicht einfach zu verhehlen, dass ich an ihr nicht interessiert war.“ „Sie hatten zusammen einen Sohn, aber letztendlich hat Sal sich doch für mich entschieden.“ Draco klappte die Kinnlade herunter. Wie bitte? Die beiden… Die beiden waren auch…? „Sie haben es herausbekommen und uns vor Gericht gestellt. Ehebruch. Ansteckende Krankheit. Uneinsichtigkeit. Vermutlich können wir froh sein, dass sie uns nicht einfach gesteinigt haben. Und weil sie mich für den Verführer hielten, weil Sal ja verheiratet war und dort angeblich glücklich, wurde ich schließlich in dieses Zimmer hier verbannt.“, fuhr Godric fort. Salazar übernahm. „Sie wollten auch mich festsetzen, doch das gelang ihnen nicht. Ich entließ den Basilisken, dessen Existenz Eindringlinge und Raubritter fernhalten sollte, und versteckte mich in der großen Grotte.“ Harry erschauderte und Draco legte ihm den Arm um die Schultern „Dann war der Basilisk nicht für Halbblütige und Muggelgeborene gedacht?“ Seine Stimme zitterte. Seufzend schüttelte Salazar den Kopf, lächelte allerdings. „Ursprünglich sicherlich. Meine Familie bestand seit jeher darauf, dass wir jene ‚Unreinen’ vernichteten, aber ich hielt das für Unsinn.“ Harry war ganz kleinlaut. „Ich… habe ihn umgebracht…“, murmelte er, was Salazar zum Lachen brachte. „Das weiß ich und ich kann nicht behaupten, dass ich es toll finde. Dennoch, nachdem, was du mit ihm erlebt hast… Aber noch mal zu den Ansichten meiner Familie: Die Zeit hat, denke ich, ganz gut gezeigt, dass sehr begabte Zauberer Halbblüter oder Muggelgeborene sind. Mein Nachfahre doch ebenso.“ „Was?“ Draco starrte den alten Mann entgeistert an. „Der Unnennbare soll…?“ Harry lächelte bitter. „Sein Vater war Muggel.“, sagte er leise. „Woher…?“ „Er hat es mir selbst gesagt. Zweimal. Das letzte Mal im Sommer.“ „Aber das…“ Draco bekam den Mund nicht mehr zu. „Wenn er doch Halbblut ist, dann… Warum sieht er jene als Unrein an? Warum hetzt er alle gegen die Halbblüter auf?“ Harry lehnte sich seufzend gegen ihn. „Weil er seinen Vater gehasst hat.“ „Er wurde im Waisenhaus groß.“, begann Salazar wieder zu erzählen. „Damals war es seine Mutter, die einem Muggel einen Liebestrank einflößte, damit er ihr verfiel. Sie konnte damit nicht umgehen, dass er sie nur wegen des Trankes liebte und wollte sich und ihrem Bruder beweisen, dass es nicht so war. Er verließ sie, als er mitbekam, dass sie eine Hexe war. Sie starb direkt nach Toms Geburt an Liebeskummer und Blutverlust, so dass er in ein Heim kam. Er hasste es dort und begann seinen Muggelvater für das zu hassen, was dieser ihm damit antat, dass er ihn nicht wollte.“ „Er hat ihn umgebracht. Einfach so.“, ergänzte Harry schwach. „Weil er sich gegen die Magie entschieden hat.“ „Und deswegen hasst er die Muggel so sehr. Muggelgeborene Zauberer und auch diejenigen, die nur zur Hälfte Muggel sind, sind in seinen Augen verwerflich und nicht lebensberechtigt. Er hasst seine eigene Muggelhälfte so sehr, dass er einmal versucht hat, sie aus seinem Blut zu tilgen.“ Salazar seufzte. „Es gab unzählige böse Menschen in meiner Familie. Ich schätz, die Reaktion auf diese Nichtachtung seiner kindlichen Bedürfnisse lag ihm einfach im Blut.“ Draco hatte aufmerksam gelauscht. Diese Offenbarung… Würden die Todesser davon wissen und es glauben, dann wäre in Zukunft die Hölle los unter den Gefolgsleuten des bösen Meisters. Wäre doch mal eine Idee, ihnen das irgendwie unauffällig zu stecken. Er sollte das bei Gelegenheit ruhig mal tun. … Oder auch nicht. Schließlich würde man ihn ohne Beweise ganz schnell als Verräter an Voldemort beschuldigen, dann wäre seine ganze Geheimhaltung für die Katz. Dann würde sein Vater schon dafür sorgen, dass er den nächsten Tag nicht überlebte, und das wollte er nicht. Er wollte nicht sterben. Er wollte bei Harry bleiben. Für immer! „Alles okay?“, fragte Harry, als Draco noch immer nichts sagte. Dieser nickte nur. Die Neuigkeit war einfach nur ungeheuerlich. „Das Problem ist nur…“, meldete sich Godric plötzlich wieder zu Wort. „…Tom wird sich nicht nur mit den Muggel zufrieden geben, weil er in jedem starken Magier einen Konkurrenten sieht. Jeden, der ihm annähernd ebenbürtig werden könnte, wird er ebenfalls auslöschen.“ „Das hat man ja gesehen, als er dich angegriffen hat. Ein Baby. Noch nicht stark genug, um überhaupt zu stehen.“ Salazar lachte verächtlich. „Weil ihm eine Prophezeiung zu Ohren gekommen ist. Lächerlich!“ Harry blinzelte und presste die Lippen aufeinander. „Aber stell dir vor, er hätte es nicht getan.“, fuhr Salazar fort. „Was er der Welt angetan hätte, wäre er auf diese Prophezeiung nicht eingegangen und hätte sich nicht selbst ins Bein gebissen.“ „Soll das heißen, es war gut, dass er meine Eltern umgebracht hat?“, fuhr Harry auf. Seine Augenbrauen trafen sich auf seiner Stirn und tiefe Furchen bildeten sich dort. „Wollen Sie mir das sagen?“ Seine Haare knisterten wie ein Reisigfeuer. „Aber nicht doch.“ Godric schüttelte abwehrend den Kopf, beobachtete zufrieden, wie Draco seinen aufgebrachten Freund beruhigend wieder zu sich herunterzog. „Für dich war es sicherlich eine Katastrophe, die dein Leben zerstört hat, aber für die Sache im Allgemeinen war es erforderlich, dass er aufgehalten wurde. Es wäre wirklich verheerend gewesen, hätte er all seine Pläne durchführen können.“ „Und es wird verheerend sein!“, fauchte Harry böse. „Vielleicht haben Sie es noch nicht mitbekommen, aber…“ „Wir wissen, dass er zurück ist.“, nahm ihm Salazar das Wort aus dem Mund. „Lilithi hat uns ausführlich geschildert, was an jenem Tag geschehen ist.“, sachte strich er einer roten Fee über das buschige Köpfchen. Harry versteifte sich sichtlich. „Warum habt ihr Harry dann nicht geholfen?“ Draco war fassungslos. „Ich meine…“ „Wir können diesen Raum nicht verlassen. Der Fluch bindet uns.“ „Uns? Ich dachte, er wäre nur über Gryffindor…“ „Ich konnte seine Strafe mittels Zauber zur Hälfe übernehmen…“ „Aber die Hälfte der Ewigkeit ist nicht weniger, nicht wahr?“, zwinkerte ihnen der Bärtige zu. „Und warum hat sie ihm nicht helfen können?“ Anklagend deutete Draco auf die kleine rote Fee. „Kikuileh hat uns auch vor…“ „Sie hat einem Minotaurus eine Seele gegeben, das wissen wir. Nur ist Kikuileh eine der stärksten ihrer Art und hat aus Liebe und dem festen Willen helfen können. Lilithi ist zu einer solchen Kunst nicht in der Lage.“ Draco biss die Zähne zusammen. „Wozu war sie dann da?“, fragte er ungehalten. Harry in seinen Armen war steif wie ein Brett und er konnte nachvollziehen, dass er angespannt war, weshalb man gewusst hatte, was geschah, und nichts dagegen getan hatte. „Draco Malfoy, dass dieser impertinente kleine Idiot Tom eine solche Untat plant, das konnten wir beim besten Willen nicht vorhersehen. Wir haben über ganz Großbritannien Feen gesandt, die uns alles berichten, was vor sich geht. Es war Lilithi, die auf dem Friedhof war, weil sie dort jemanden bewacht, der ihr viel bedeutet hat. Was geschehen ist, ist tragisch, aber nicht zu ändern. Aber aus diesem Grund finde ich – und ich denke, ich spreche für uns beide – es beruhigend, dass Kikuileh beschlossen hat, an eurer Seite zu bleiben.“ Im nächsten Moment knuddelte das kleine blaue Wesen stürmisch Harrys Ohr ab und bekundete lauthals Stolz und Zuneigung. Sie brachte Harrys Lächeln zurück. „Könntest du denn nicht einfach Voldemort eine Seele geben?“, fragte er leise. „So eine, wie dem Minotaurus?“ Draco starrte ihn entgeistert an. Die Idee… Das… Das war genial! Wenn das ging, dann wäre auf einen Schlag alles gut und all ihre Probleme waren gelöst! Salazar zerstörte die aufkeimende Freude sofort. „Das geht nicht. Ein Wesen ohne Seele kann eine bekommen, aber ein Wesen, dessen Seele schwarz oder gar weggeschlossen ist, dem kann sie keine geben. Ansonsten würde es bald keine bösen Menschen mehr geben.“ Seufzend lehnte sich der Blonde zurück. Schade. Wirklich schade… Er hatte kurzzeitig wirklich Hoffnung gehabt - die Hoffnung, dass Voldemort an einem schlechten Gewissen zugrunde gehen würde. Harry zog er näher an sich. Dessen Enttäuschung konnte er förmlich spüren. „Der Unnennbare ist also Halbblut und unheilbar böse.“, fasste er leise zusammen. Salazar lächelte weich. „Du solltest ihn beim Namen nennen.“, sagte er freundlich. „Voldemort. Oder Tom, wenn dir jener lächerliche Namen nicht über die Lippen kommt. Tom Riddle.“ Draco nickte nur, schwieg dann. Und das Schweigen hielt an. Keiner der vier sagte auch nur ein Wort, die Feen hatten aufgehört zu fliegen, saßen still auf den Möbeln, beobachteten schweigend. Jeder hing seinen Gedanken nach und es herrschte eine wirklich eigenartige Stimmung. Ein wenig melancholisch, beinahe trostlos. Der blonde Junge hatte das Gefühl, gleich losweinen zu müssen, fühlte innerlich Schwäche und Hoffnungslosigkeit. Und dieses Gefühl war so stark, dass er daran fast erstickte. Erschrocken blickte er auf, als Godric seufzte. Er sah nicht besser aus. Die Falten auf seinem Gesicht ließen ihn plötzlich um einiges älter aussehen. Und Salazar ging es wohl ebenso. Tiefe Trauer hing zwischen ihnen. „Harry Potter. Du solltest deine Kräfte besser kontrollieren.“, murmelte Godric irgendwann. „Trauer, die ansteckt, ist etwas Schreckliches, weil man schnell vergisst, dass es nicht die eigene ist.“ Draco blickte fast erschrocken zu seinem Freund. Der Junge sah gar nicht so aus als wäre er traurig. Er wirkte so normal, ruhig, wie immer… Allerdings krallten sich seine Hände derartig fest in seinen Umhang, dass er wusste, dass es wieder einmal eine Maske war. Godric hatte es auch erkannt. Und die Hand konnte der nicht sehen… „Bist du das wirklich?“, fragte Draco leise und griff nach der weißen Hand, um die verkrampften Finger zu lösen. „Warum bist du so traurig?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Weil ich nicht drum herum komme, irgendwann gegen ihn zu kämpfen.“ Draco nickte verstehend. Da sagte er was. Wenn er es recht bedachte, dann suchte Harry tatsächlich nur nach einer anderen Möglichkeit, diesen Kampf zu beenden. Immer wieder. Aber es lief genauso jedes Mal darauf hinaus, dass es keine andere Möglichkeit gab. Er zog ihn in die Arme. Da wunderte es ihn nicht, dass Harry traurig war. Wäre er auch. … Oder auch nicht. Wenn er ehrlich war und in Harrys Position wäre, wenn es die Schuld einer einzigen Person wäre, dass sein ganzes Leben immer nur ein einziger Scherbenhaufen war und blieb, dann würde er diese eine Person mit Freuden vernichten. „Mach dir keine Sorgen.“, flüsterte er schließlich. „Wir kriegen das schon hin. Ich lass dich nicht allein.“ Harry schmiegte sich nur ein wenig enger an ihn. „Ich will aber nicht, dass du stirbst.“, murmelte er. „Ich war immer allein bei ihm. Alle anderen waren immer verletzt oder tot. Ich will dich nicht verlieren.“ Lächelnd drückte Draco Harry ganz kurz fest an sich, schob ihn dann aber von sich. „Dann sorgen wir eben dafür, dass du diesmal nicht allein bist. Ich werde nicht zulassen, dass dieser Mistkerl dir weiter so grausame Dinge antut!“ „Du bist süß.“, lächelte Harry leise, lehnte sich wieder gegen ihn, aber Draco war sich nicht ganz sicher, ob er es wirklich begriffen hatte, was er ihm hatte sagen wollen. Ganz egal, was er dagegen zu sagen hatte - wenn es soweit war, dass der Unnennbare Harry in die Schlacht rief, dann würde er an seiner Seite sein. Ohne Wenn und Aber! Langsam schwand das beklemmende Gefühl aus seinem Herzen. Draco sah endlich wieder auf. Und prompt zogen sich seine Augenbrauen zusammen, dass sie sich auf seiner Stirn trafen. Die beiden Alten… sie… Sie amüsierten sich doch tatsächlich über diese Situation! War denn das zu fassen? Wegschauen sollten sie! Nicht auch noch spannen! „Was ist?“, knurrte er und das Grinsen wurde noch breiter. „Ihr seid herzig.“, erklärte Godric glücklich. „Wahrhaftig.“, stimmte Salazar ein. „Schwört euch Treue.“ „Und dann ist Harry Potter auch noch ein Magus.“ „Mächige Kraft. Damit sollte ein Kampf kein Prob…“ „Aber Sal. Wie dir sicherlich aufgefallen ist, hat er diese Kraft kaum unter Kontrolle. Wenn er so mit Tom kämpft, wird er verlieren. Er ist zu instabil.“ Salazar blickte nachdenklich zu ihm und nickte dann. „Aber wenn er noch ein paar Monate trainiert, dann würde es gehen.“ „Ja, sicher, dann geht das.“ Godric lachte, dann blinzelte er einmal, bevor er sie gespannt ansah. „Erzählt mal. Aus eurer Sicht. Was ist draußen los? Wie ist das Schülerleben? Wie sind eure Freunde? Wie gehen sie mit eurer Liebe um? Was haben die Muggel Neues entdeckt? Was sind eure Hobbys und die Regeln beim Quidditch? Haben die sich in den letzten Jahrhunderten geändert?“ Draco musste sich angesichts dieses Fragenkatalogs regelrecht das Lachen verbeißen. Diese Neugier… Und dann fragte er ja wirklich die Richtigen. Einen Jungen, von dem er doch eh alles wusste, und einen, der von Todessern erzogen worden war. Und dennoch; nachdem auch Salazar Interesse bekundet hatte und zu erzählen begann, wie sie zu seiner Zeit Lehrmeister suchen mussten, mit denen sie dann durch die Lande gezogen waren, um das Zaubern zu erlernen, stieg er irgendwann darauf ein und berichtete von seinen Erlebnissen, soweit er sie Preis geben wollte. Harry hielt sich sehr zurück, lächelte die ganze Zeit und hielt Dracos Hand. Wie der Blonde auftaute, wie er plötzlich begeistert davon berichtete, wie er das Tränkebrauen empfand und für sich entdeckt hatte, wie er erzählte, dass er vor kurzem einen gemeistert hatte, der allgemein als schwierig galt, das freute ihn. Der Blonde kam aus sich heraus, lachte plötzlich vollkommen befreit auf, als Salazar staunend beichtete, dass Alchemie so gar nicht sein Fall war und die Kessel, die über Wasser heißmachen hinaus dienen sollten, jedes Mal vollkommen zerstört in einer Ecke gelandet waren, nachdem sie in einer heftigen Explosion ihren Inhalt gleichmäßig im ganzen Raum verteilt hatten, so dass sein Meister es ihm schließlich verboten hatte. Daraufhin begann Draco zu überlegen, was er falsch gemacht haben könnte, verfiel in eine Fachsimpelsprache, auf die Godric beinahe sofort begeistert einstieg. Salazars Mimik wurde verzweifelt, als er versuchte, dem Gespräch ab diesem Punkt weiter zu folgen, und Harry begann zu lachen, was sie alle schlagartig verstummen ließ. Dieser Ausdruck auf dem alten Gesicht war einfach Gold wert! Er blickte zu Draco hin, der ihn entgeistert ansah, und das Lachen wurde schlimmer, steckte Godric an, der glücklich Salazar auf die Schulter schlug und ihm erklärte, dass er einfach akzeptieren sollte, dass er davon nichts verstand. In dem Moment fing Draco Harrys Gesicht ein und sah ihm in die Augen. Grün. Unendlich tief und leuchtend wie ein Tropfen Tau im Morgenlicht. Und in der Mitte ein schwarzer Fleck, der die Untiefe noch verstärkte. Harry konnte wieder sehen. Einfach so. Ohne erfindlichen Grund. Sachte küsste er ihn auf die Lippen. „Wie machst du das nur?“, fragte er glücklich. „Jetzt sind die Pupillen wieder da.“ Harry zuckte nur mit den Achseln. „Alles deine Schuld. Weil du so glücklich bist.“ „Ich bin…“ Der Slytherin überlegte kurz, dann nickte er entschieden. „Da hast du Recht. Das hier ist toll!“ „Oh ja!“ Salazar war sofort Feuer und Flamme. „Ihr müsst unbedingt wiederkommen! Dann spielen wir Schach! Ich liebe Schach!“ Godric rollte mit den Augen. Dass Salazar Schach liebte, war eine starke Untertreibung. Und Harry seufzte. „Ich kann kein Schach.“, sagte er. „Das ist mir zu hoch.“ „Das ist gar nicht so schwer. Ich kann es dir beibringen.“, lachte Draco. Harry blickte ihn an. „Ich verzichte.“, sagte er trocken. „Schlechte Erfahrungen… Frag doch Ron, der kann das gut.“ „Hm?“ „Erzähl ich dir später mal. Jetzt ist es irgendwie zu…“ Er verstummte entsetzt und auch die anderen drei starrten ihn betroffen an, als seine Augen langsam heller und heller wurden, bis die Blindheit das Grün schlagartig verdunkelte. „Harry…“ Draco zog ihn wieder in die Arme. „Mach dir nichts draus. Wir kriegen das schon noch hin.“ Der Schwarzhaarige nickte nur. „Das ist ja wirklich seltsam.“, murmelte Godric nachdenklich. „Ist das ein Fluch?“ Die beiden Jungen zuckten nur mit den Schultern. „Das weiß keiner so genau.“, erklärte Draco leise. „Viele haben schon versucht, das wegzumachen, aber irgendwie hat es keiner geschafft.“ Harry seufzte. „Aber man bekommt doch mit, wenn man verflucht wird…“, meinte Salazar verständnislos. „Vielleicht ist es ja auch einfach kein Fluch.“ Godric tippte in Gedanken versunken gegen seine Nase. „Aber nach einer Krankheit sieht es nicht aus. Von einer solchen habe ich zumindest noch nie was gehört. Wirklich eigenartig.“ Harry senkte schweigend den Kopf und lehnte sich vertrauensvoll gegen seinen Freund. „Ist doch völlig egal.“, murrte er. „Ich finde das seltsam.“, meinte Draco. „Du kannst immer sehen, bis dich jemand darauf anspricht oder du selbst es bemerkst. Oder liegt es daran doch nicht, dass du wieder blind wirst?“ „Ich… als ich so wütend war…“ Er stockte beschämt. „Da war es länger.“ „Aber da haben wir dich auch nicht darauf angesprochen.“, hakte Draco nach. „Sonst jemand?“ Harry zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf. „Können wir das Thema wechseln? Es ist deprimierend.“ „Natürlich.“ Salazar hatte eigentlich noch etwas dazu sagen wollen, aber jetzt hielt er die Fragen zurück. Stattdessen brach wieder das Schweigen über sie herein. Keiner wusste mehr, was er sagen sollte, und irgendwann schlug im Hintergrund eine Uhr acht. „Ihr solltet zum Abendessen gehen, bevor es vorbei ist.“, sagte Godric leise. Salazar nickte nur. „Auch weil ihr unten sicherlich vermisst werdet.“ Harry zuckte nur mit den Schultern. „Snape weiß immer, wo ich bin. Er hat da irgendeinen Zauber, der ihm das verrät.“, meinte er leichthin. „Deswegen.“ Draco atmete erleichtert auf. „Ich hatte mich schon gewundert, warum er so ruhig war, als du gegangen bist, wo er doch gar nicht wissen konnte, dass du tust, was er sagte.“ Leise lächelte Harry. „Er ist wohl sehr besorgt, dass ich einfach fliehen könnte. Er ist immer da, wenn was Außergewöhnliches passiert.“ Draco nickte lachend. „Neugieriges Wesen eben. So war er schon immer.“ „Ja. Macht fasziniert ihn wohl nach wie vor.“, stimmte Godric augenzwinkernd zu. „Apropos Macht. Harry, du bist kein gewöhnlicher Zauberer.“ Salazar lächelte. „Du kannst ohne Zauberstab Magie einsetzen.“ Der Junge nickte desinteressiert. Das war eine vollkommen sinnlose Feststellung, schließlich war es für keinen hier etwas Neues. „Ein Magus hat viel Verantwortung.“, erklärte Godric, was Salazar meinte. „Früher, noch vor unserer Zeit, als die Menschen noch keine Zauberstäbe kannten, da waren nur die Magier in der Lage zu zaubern und sie waren sehr mächtig. Von ihren Launen hingen die Geschicke der Menschen ab; sie zu verärgern konnte tödlich sein, auch weil die Macht schwer zu beherrschen war. Heutzutage müssen gerade die Magier darauf achten, was sie tun, denn sie werden gefürchtet. Die Menschen haben Angst vor ihnen und fühlen sich bedroht und am Ende werden Magier verbannt oder eingesperrt. Pass also gut auf, wem du diese Fähigkeit offenbarst und wer was mit dieser Information anfängt. Auch Neid kann zu großem Unglück führen.“ „Ich weiß.“ Ernst starrte der schwarzhaarige Junge ins Leere. „Es wissen aber schon zu viele. Viel zu viele.“ Salazar seufzte. „So ist es meistens. Bevor man seine Kräfte verstecken kann, weiß es die halbe Welt. Aber du, Harry Potter, hast einen Vorteil: Du hast einen Mann an deiner Seite, der darauf achtet, was mit dir passiert. Albus Dumbledore ist ebenfalls ein Magus und von ihm weiß es eigentlich nur der Orden des Phönix und die behalten selbst unter Folter noch Geheimnisse für sich.“ „Sie haben es eh vergessen.“, antwortete Harry daraufhin. „Der Zauber, den…“ Er stockte, dann wurde er misstrauisch. „Wieso können Sie beide mich eigentlich noch sehen?“ „Warum sollten wir nicht?“, wollte Godric amüsiert wissen. „Schließlich bist du ja hier.“ „Aber der Zauber ist noch da.“ „Welcher Zauber?“ „Der, der die Menschen vergessen lässt, dass ich existiere.“ Harry wirkte aufgeregt, doch Salazar schüttelte nur lachend den Kopf. „Hier wirken kaum irgendwelche Zauber. Im Grunde nur solche, die einfach sind und für den Haushalt gedacht sind. Und selbst diese wirken begrenzt.“ „Der ganze Turm ist mit Silberranke überwuchert.“, fügte Godric unterstützend an. „Ihr kennt diese Pflanze doch sicherlich?“ Die beiden Jungen nickten beklommen. „Silberranke wächst in hohen, dunklen Schluchten. Dieser Turm ist wie geschaffen dafür.“ „Aber… ich habe unten keine dieser Pflanzen gesehen!“ Draco war ein wenig verwirrt. Seines Wissens nach wuchsen auch diese Pflanzen auf dem Boden. „Bist du dir da sicher?“ „Harry konnte einen Lumos wirken, als wir das erste Mal hier waren. Ich bin sicher! Wenn der ganze Turm damit bewuchert ist, dann…“ „Er hat Recht. Mag ja sein, dass ich ein Armband überlisten kann, aber eine ganze Pflanze…“ Ein Blick wurde zwischen den beiden Männern gewechselt. „Kann es denn sein, dass die Pflanze abgestorben ist nach all der Zeit?“ Salazar zuckte die Schultern. „Wenn ja, dann müssten sich die Türen eigentlich auch von uns öffnen lassen, oder?“ „Ja, das wäre in einem solchen Fall tatsächlich in Erwägung zu ziehen.“ Sie begannen zu grinsen. „Kommt auf einen Versuch an.“ „Ja, das sollten wir wirklich probieren. Den Fluchbrecher, oder?“ „Ich würde schon sagen.“ „Lumos ist ein leichter Zauber.“, murmelte Harry, als die beiden ihren Spruch sprachen. „Es ist so wenig Energie, dass die Pflanze nicht einmal versucht, die Energie zu fressen…“ „Lass sie doch.“ Draco küsste Harry auf die Schläfe. „Sie sind schon so lange hier drin. Ist doch klar, dass sie raus wollen.“ Harry nickte nur und schwieg. Am Ende wirkte der Befreiungszauber der beiden Männer nicht und man konnte ihre Enttäuschung hinter den amüsierten Worten erkennen. Sie versuchten lediglich davon abzulenken. Harry taten sie leid und er beschloss, dass er, wenn erstmal alles vorbei war, den beiden helfen würde. Wenn er stark genug dafür war, den Zauber zu lernen, der dafür nötig war. „Sagen Sie mal, warum kann Hogwarts überhaupt zaubern, wenn in seiner Mitte ein Turm voller Silberranke steht?“, unterbrach Draco plötzlich das Gespräch der Männer. Sie sahen ihn aus dem Konzept gerissen an, dann begann Salazar zu lächeln. „Weil dieser Turm außerhalb eurer Dimension liegt. Nur wenige Wesen haben die Macht, ihn zu betreten. Dass ihr das könnt, liegt wohl auch nur an eurer Liebe, die die verfeindeten Häuser verbundne hat, so dass die beiden Wächter euch durchgelassen haben. Das Gemälde unten bei der Treppe. Ihr habt es doch gesehen?“ Draco nickte. Das war es also. Das erklärte das Bild unten und es erklärte, warum keiner von diesem Turm wusste. Und es erklärte, warum Kikuileh ihn den Turm, den es nicht gibt, genannt hatte. -----------------.------------------------.------------- *grins* Na ja. Falls sich einer von euch fragt, warum Shirokko auf die dämliche Idee gekommen ist, die Gründerväter mit rein zu bringen, dann lasst euch gesagt sein, dass sie eine essentielle Rolle bekommen werde. Nicht wundern also. ^^° Was sagt ihr zu dem Kapitel? Lückenfüller, aber irgendwie mag ich die beiden Alten. Sie wirken ein wenig wie die Zwillinge, aber das liegt hauptsächlich daran, dass sie schon so lange zusammen wohnen. ^^ Ansonsten… Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! Bis bald! Mau! >^-^< Mut oder Dummheit? ------------------ Titel: Mut oder Dummheit? Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 34: Mut oder Dummheit? Als sie schließlich wieder unten waren, erwartete sie Mme Pomfrey direkt vor der Großen Halle. Sie kam aufgebracht auf sie zu, was Draco darauf brachte, dass Harry den Zauber gar nicht erneuert hatte, den der Turm zerstört hatte. „Harry, wo sind Sie gewesen?“ Ihr Blick fiel auf Draco. „Was haben Sie gemacht, dass Sie das Abendessen verpasst haben? Harry muss regelmäßig essen!“ Draco lachte leise. „Schon klar. Wir haben uns mit der Zeit vertan.“ Außerdem hatten sie ja massenweise Kekse gegessen. Poppy schüttelte nicht wirklich zufrieden mit dieser Antwort den Kopf. „Kommen Sie, wir haben Ihnen etwas aufgehoben.“, sagte sie mit einem vorwurfsvollen Blick auf den blonden Jungen, von dem sie eigentlich mehr Verantwortungsbewusstsein erwartet hatte als von Harry, dann ging sie voraus. Sie durften wieder in das Zimmer, in dem sie seit dem Vortag untergebracht waren. Es stand jetzt noch ein zweites Bett darin, was Draco erfreut feststellte. Er durfte also bleiben, aber er hätte Harry wohl eh nicht mehr allein gelassen, selbst wenn es Probleme geben könnte, seinem Haus sein Fortbleiben über noch eine Nacht zu erklären. Und dieser Gedanke war es, der ihm einen Schrecken durch die Glieder jagte. Hatte man ihn mit Harry zusammen gesehen? Konnte er es überhaupt wagen, in sein Haus zurückzukehren, ohne befürchten zu müssen, dabei von seinen Hauskameraden gemeuchelt zu werden? Seine leichtzittrig, bemüht ruhig gestellte Frage wurde von Harry mit einem beruhigenden Lächeln beantwortet. Warum auch immer, Mme Pomfrey hatte den Zauber durchbrochen und konnte ihn sehen. Der Zauber war längst wieder an seinem rechtmäßigen Platz. Draco fiel regelrecht ein Stein vom Herzen. Poppys reserviertes Essen bestand aus belegten Broten, Tomatensalat und Kürbissaft. Es schmeckte wirklich nicht schlecht und selbst Harry schlug kräftig zu. Er schien Appetit zu haben. Nach dem süßen Zeug aus dem Turm nicht wirklich ein Wunder, aber in Poppys Augen konnte Draco sehen, dass es sie erleichterte. Ihre Sorge war vielleicht noch größer, als sie zeigen wollte. Und mitten beim Essen fiel Draco etwas ein. „Was ist mit deinem Besen?“, wollte er wissen. Irgendwie hatte er sich gefragt, wie es kam, dass sie jetzt hier so zusammen sitzen konnten, ohne dass er das Bedürfnis hatte, nach draußen zu gehen, um die Slytherins zu beruhigen und ihnen etwas vorzuspielen. Laut Snape hatte er zwar nicht zu befürchten, dass sie Verdacht geschöpft hatten, aber dennoch hätte er sich blicken lassen sollen, um sie – und vor allem Pansy – zu beruhigen, aber es war ihm egal, was sie dachten. Er fühlte sich wohl hier, wollte dieses Gefühl nicht missen müssen. Harry jedenfalls stand nach dieser Frage sofort senkrecht. Seine Augenbrauen waren sorgenvoll zusammengezogen, als er den Zauberstab aus dem Ärmel zog und mit diesem das Fenster öffnete. Fasziniert beobachtete Draco, wie er zu diesem lief, es weiter aufzog und den Accio wirkte. Minutenlang passierte nichts und Harry stand wir auf glühenden Kohlen. Draco konnte sehen, wie er den Zauber wiederholte, weil er ungeduldig war, und fast dachte er schon, dass es einfach keinen Sinn mehr hatte. Der Besen war sicherlich längst zu Bruchstücken zerschmettert worden. Doch entgegen dieser Erwartung erklang in der Ferne plötzlich das leise Fauchen des heranzischenden Besens. Draco sah ihn, bevor er ihn hörte, doch Harry musste sich auf dieses Geräusch verlassen haben, denn seine Schultern entspannten sich schon sichtlich, bevor der Besen vor dem Fenster hielt. Er streckte die Hand aus und zuckte kurz zurück, als seine Finger gegen das Holz stießen, dann griff er zu, langsam, bedächtig, bevor er den Besen zu sich zog, ihn überglücklich in der Hand wog. Draco stand lächelnd auf und umarmte ihn von hinten. „Scheint nicht kaputt zu sein.“, meinte er freundlich und spürte, wie ein weiterer Teil der Anspannung sich verflüchtigte. Harry lehnte sich gegen ihn, manövrierte mit Dracos Hilfe den sperrigen Besen durch das Fenster und drückte ihn glücklich an sich. „Er ist dir sehr wichtig, oder?“, sagte Draco schließlich. „Dabei kannst du gar nicht damit fliegen…“ Eigentlich konnte er es verstehen, denn ihm war sein Besen ja auch eine Menge wert, aber er hatte das Gefühl, als ginge es bei Harry tiefer. „Kann ich wohl. Hast du doch gesehen.“ „Ich habe sehen müssen, wie du abstürzt.“ Unwillkürlich zog er ihn ein Stück näher. „So einen Schreck habe ich noch nie bekommen. Nicht mal bei dem Drachen letztes Jahr.“ Sich näher schmiegend und seine Stirn seitlich gegen Dracos Hals drückend antwortete Harry: „Ich habe ihn von Sirius bekommen.“ Draco nickte verstehend. „Deshalb. Du hast ihn wirklich gern, nicht wahr?“ Er erinnerte sich an die Erzählung, die er von Harry gehört hatte, erinnerte sich an die leuchtenden Augen, als er ihm von seinem Traum berichtet hatte, eines Tages bei ihm wohnen zu können. Wenn Harry wirklich zu ihm zog, wie würde dann ihre gemeinsame Zukunft aussehen? Würden sie sich in den Ferien überhaupt sehen können? Was würde Black sagen, wenn er wieder mit einem Malfoy konfrontiert wurde, nachdem seine Familie ihn verstoßen hatte, weil er sich gegen sie gestellt hatte? Wenn er ehrlich war, dann hatte er Angst davor. Was, wenn der Mann durchdrehte oder Harry verbat, ihn zu sehen. Ob Harry das zulassen würde? „Ja. Er… er ist meine Hoffnung auf Familie.“ Harry wurschtelte sich in seiner Umarmung herum und schlang schließlich die Arme um ihn. Der Besen berührte Draco nicht, obwohl er ihn noch immer festhielt. „Aber… er macht sich kaputt, weil er meinen Eltern gerecht werden will, weil er seine Schuld ihnen gegenüber begleichen will… Dabei hat er gar keine Schuld…“ Der Blond nickte und drückte Harry an sich. „Mach dir keine Sorgen.“, murmelte er. „Black ist gut. Er ist aus Askaban entkommen und dem Scharfrichter. Er wird auch diesmal überleben.“ Harry hatte ihm nicht gesagt, wie der Mann das alles geschafft hatte, aber er vertraute darauf, dass das reiner Überlebenswille war. Harry nickte nur und seufzte leise. „Wollen wir weiter essen?“ Wieder ein Nicken. „Und danach gehst du und beruhigst deine Freunde.“ Kopfschütteln. „Hey, sie haben es verdient, dass du ihnen Bescheid sagst.“ „Ich weiß.“ Harry ließ ihn los. „Ich will hier nicht weg. Draußen…“ „…sind die Zwillinge, ich weiß. Soll ich sie holen gehen?“ Harry nickte erneut, dann tastete er nach dem Bett, um Dracos Vorschlag des Aufessens nachzukommen. Den Besen lehnte er vorsichtig gegen den Nachttisch. Zehn Minuten später machte sich Draco auf den Weg, um Hermione und Ron zu suchen. Er musste aufpassen, denn jetzt, wo Harrys Zauber nicht mehr für ihn mitwirkte, konnte jeder ihn sehen, wenn er mit ihnen sprach, und das war kein erstrebenswertes Ereignis. Er fand die beiden Gryffindors letztendlich in der Bibliothek. Sie saßen recht offensichtlich am Fenster und Ron blickte gedankenverloren hinaus. Durch Zufall blickte er auf und erstarrte im nächsten Moment, sprang halb auf. Dracos Blick wurde augenblicklich böse und Ron verharrte argwöhnisch. Dann setzte er sich wieder, als er begriff. Der Blonde wandte sich wieder ab. Er hatte keine Ahnung, wie er ihnen vor allen anderen begreiflich machen sollte, dass es Harry gut ging und er sie zu ihm bringen wollte. Und dann wurde er plötzlich von hinten umarmt, dass sein Herz einen erschrockenen Aussetzer machte. „Draco! Wo bist du gewesen?“ Pansy legte ihr Kinn auf seine Schulter und schmiegte sich weich an ihn. „Wir haben dich gesucht!“ Der Blonde seufzte innerlich. Das hatte ihm jetzt wirklich noch gefehlt. Ein nerviges Gör an seiner Seite, zu dem er ‚freundlich’ sein musste. Klasse… Gut, dass er Hermione und Ron nicht angesprochen hatte. Das wäre in ihrer Gegenwart tatsächlich fatal gewesen. „Hi, Pansy.“, antwortete er mechanisch und machte sich los. „Ich bin auch gleich wieder weg. Strafarbeiten.“ Das war die Ausrede, die er sich zurechtgelegt hatte. Das Mädchen wirkte enttäuscht. „Warum? Du hast ihn gar nicht ’runtergeworfen. Er ist von selbst gefallen.“ Tja… Und da waren sie, die Antwort und die Frage, die er befürchtet hatte. „Als Vertrauensschüler hätte ich dafür sorgen müssen, dass er eben nicht fliegt.“, murrte er. Pansy an seiner Hand haften zu haben, war lästig. Er wollte nicht mit ihr Händen halten. Wenn überhaupt mit irgendjemandem, dann mit Harry! „Das ist echt unfair!“, erklärte das dunkelhaarige Mädchen leidenschaftlich, ohne auf seine schlecht verhohlene Abneigung zu reagieren. „Dumbledore sollte doch wissen, dass man Potter nichts sagen kann. Der tut doch immer alles, um Aufmerksamkeit zu erregen.“ Draco seufzte leicht. Wenn sie nur die Wahrheit kennen würde, dann würde sie nicht mehr solchen Müll labern, aber mit Sicherheit war ihn nicht aufgefallen, dass sie ihn nicht bemerkte. Nicht nach der gestrigen Aktion. „Sollte er wohl.“, maulte Draco schließlich. Er konnte ja nicht vor ihr das Gegenteil behaupten, nicht solange sie dachte, dass er Harry noch immer hasste. „Potter…“ Ihn gruselte sein abfälliger Ton über alle Maßen, war es lediglich ein Relikt seiner früheren Persönlichkeit, die er der guten Sicherheit Willen nicht ablegen konnte. „…ist aber sein Liebling. Da wundert einen doch gar…“ Etwas traf ihn am Kopf und ließ ihn verstummen. Sein Kopf schoss herum und im nächsten Moment blickte er in Rons wutverzerrtes Gesicht. Der Rotschopf hielt schon das nächste Papierknäul in der Hand. „Halt die Klappe, Malfoy!“, fauchte er. „Du hast doch keine Ahnung!“ Dracos Grinsen wurde überheblich. Was für ein Idiot… „Sicher? Ist doch so. Wer geht denn noch zur Schule und hält den Rekord im Regelbrechen?“ Es tat weh zu sehen, dass Ron nicht verstand, dass es alles nur Show für Pansy und Blaise war, die jetzt herankam. Jedenfalls sah es so aus, als meine er es ernst… „Wer hat denn zweimal dafür gesorgt, dass der Unnennbare…“ „Meinst du im Ernst, das ist etwas, für das wir ihm dankbar sind?“ Pansy schnaubte. „Überleg dir mal, was du da von dir gibst!“ Hermione an ihrem Platz wandte sich ihr zu. „Bist du dir sicher, dass du ihm dafür nicht dankbar bist? Gib es doch zu. Du fürchtest dich ebenfalls vor ‚Seiner Lordschaft’.“ Pansy starrte sie an, Blaise war blass geworden und auch einige andere Slytherins, die in der Bibliothek gelernt hatten und jetzt zuhörten, sahen aus, als hätte man sie ertappt. „Im Grunde wisst ihr genau, was Harry euch erspart hat, indem er so lange dafür gesorgt hat, dass der Unnennbare nicht wiedergekommen ist. Ihr seht es an euren Eltern, seit er wieder da ist. Sie haben sich verändert, sind gereizt und angespannt…. Haben sie euch nicht von den Demütigungen erzählt, die ihnen der Unnennbare zufügt?“ „Der Dunkle Lord ist edel!“, kam es von einem Jungen, dessen Name Hermione ernsthaft Schwierigkeiten bereitete, sich daran zu erinnern. „Niemals würde er seine Bewunderer demütigen!“ Hermiones Blick wurde mitleidig, so dass er zurückwich. Draco stellte eine wirklich seltsame Tendenz fest: Die Slytherins waren scheu, zurückhaltend und von Hermiones Worten verunsichert. Sie schienen sich ihrer Sache nicht so sicher zu sein, wie sie taten. Nett, wenn er bedachte, dass er nicht der einzige Zweifler war. Vielleicht… Vielleicht konnte er sich mal umhören und die Zweifel unauffällig vertiefen und damit seinen Teil gegen das Monster leisten. Er würde nur äußerst vorsichtig sein müssen, um nicht von den überzeugten Sympathisanten entdeckt zu werden. „Woher willst du wissen, dass unsere Eltern gereizt sind und Angst haben?“ Hermione lachte. „Ich habe nie gesagt, dass sie Angst haben, aber beweist deine Assoziation zu ‚angespannt sein’ nicht, dass es genauso ist?“ Sie sah kurz zu ihrem rothaarigen Freund sich gegenüber, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Slytherins wandte. Ron hatte sich hingesetzt und starrte seine Freundin mit offenem Mund an. Wie sie sprach und wie sie gleichzeitig vollkommen desinteressiert wirkte, machte ihn sprachlos staunen. „Du redest von Dingen, die du nicht verstehst!“, fuhr Blaise auf. Sie war kurz davor zu heulen, das konnte man problemlos sehen. „Unsere Eltern – wir – sind stolz darauf, auserwählt zu sein!“ „Auserwählt… Wie das schon klingt.“ Das braun gelockte Mädchen begann ihre Bücher zusammenzupacken, fein säuberlich, wie man es von einer Streberin wie ihr erwartete. „Wofür auserwählt?“ „Seiner Lordschaft beizustehen und ihn zu unterstützen!“ „Ist es nicht seltsam?“, fragte Hermione plötzlich. „Ihr alle, wie ihr da steht, gebt damit an, zu jenem Menschen zu gehören, ihr protzt damit, haltet euch für überlegen… Warum, glaubt ihr, tun eure Eltern das nicht? Keiner hat öffentlich bekannt, Todesser zu sein. Selbst Malfoy leugnet und hat sich seit dem Sommer nicht mehr öffentlich gezeigt.“ Kurz streifte ihr Blick Draco, der sie nur möglichst kalt anstarrte. „Aber auserwählt zu sein, nur um jemanden zu unterstützen… Warum braucht man dafür die Erlaubnis? Warum braucht man die Erlaubnis, jemandem helfen zu dürfen, der sichtlich Hilfe braucht?“ Pansy begann zu straucheln, suchte Hilfe bei Draco, der sie nicht geben konnte, weil er Hermiones Meinung war. Allerdings… „Warum sollte der Dunkle Lord Hilfe brauchen?“, warf er herausfordernd ein. Pansy war ihm sichtlich dankbar. „Genau! Er ist unfehlbar!“, rief sie Hermione zu. Draco konnte sich nur mit Mühe ein hoffnungsloses Augenrollen verkneifen, schenkte stattdessen Hermione seine ganze Aufmerksamkeit, deren Blick fast schon eine Spur zu dankbar war. Er zeigte deutlich, dass sie glücklich war über seine Hilfestellung, aber anscheinend und glücklicherweise bemerkte das keiner außer ihm. Sie alle waren wohl ein wenig zu aufgewühlt im Moment. „Glaubst du im Ernst, er könnte die Macht erlangen, wenn niemand ihm hilft? Dumbledore würde ihn doch ohne all die Absicherungen und die Geheimhaltung problemlos besiegen!“, fragte sie. „Aber sicher.“, antwortete Draco mit ironischem Tonfall und lachte. „Nicht?“ Hermione lächelte freundlich, stellte ihre Tasche auf den Tisch. „Hättest du ohne deine Freunde gegen Harry bestehen können?“ „Hätte er ohne euch bestehen können?“ Hermiones Lächeln wurde breiter. „Da hast du deine Antwort. Ohne Unterstützung kann keiner Siegen.“ Ron wollte etwas sagen, doch Pansy kam ihm zuvor. „Ich wette, gegen dich gewinne ich auch ohne Hilfe!“, fauchte sie. „Das glaube ich kaum, denn ich habe Ron und Harry an meiner Seite. Sie werden niemals zulassen, dass du siegst, wenn sie es verhindern können. Du würdest verlieren, weil du alleine wärst. Nicht so wie dein ach so großer Lord. Der hat seine ganze Gefolgschaft dazu geholt, um Harry zu besiegen, und hat es trotzdem nicht geschafft.“ Anerkennend hob Draco eine Augenbraue. Hermiones Stimmung war von jetzt auf gleich von freundlich überlegen zu wütend umgeschlagen. Respekt… Jetzt sah sie fast gefährlich aus. „Der Kerl greift ein Kind an, das noch nicht mal laufen kann, weil zufälligerweise eine Prophezeiung existiert, die ihm durch einen weiteren Zufall zu Ohren gekommen ist. Und dann versagt er bei der Durchführung des abartigsten Zaubers schlechthin. Er führt die Menschen an, die morden und töten, weil es ihnen Spaß bereitet, quält gerne und sortiert Menschen aus, weil sie kein ‚reines’ Blut besitzen, dabei ist er selbst Halbblut! Und…“ „Das stimmt nicht!“ Pansy baute sich vor ihr auf und Hermione blitzte sie an. „Was stimmt nicht? Was an den Worten, die ich sagte, ist unwahr?“ Sie klang unheimlicherweise herausfordernd. „Er ist kein Halbblut!“, schrie Pansy böse und Draco tat sie fast leid. Er wusste inzwischen ja, dass es der Wahrheit entsprach. Er wusste es von den beiden Männern im Turm, wusste es von Harry, der es von Voldemort persönlich erzählt bekommen hatte. Aber sie konnte sich nicht sicher sein. Sie konnte eine solche Ungeheuerlichkeit nicht einfach so glauben, dazu war ihre Erziehung zu sehr darauf bedacht gewesen, diesen Mann zu verehren. „Das ist deine geringste Sorte?“ Hermione hatte den Faden im Gegensatz zu ihm nicht verloren. „Ich glaub’s ja nicht!“ Sie stand auf. „Dass deine Eltern Mörder in seinem Auftrag sind, interessiert dich nicht?“ „Sie bereinigen unsere Rasse! Es ist eine noble Aufgabe!“ „Eine noble Aufgabe?“ Reiner Unglauben schwang in ihrer Stimme mit. Anklagender Unglauben. „Sie töten Muggel oder Halbblüter oder Squibs! Menschen, die sich nicht richtig wehren können! Und dass, um die Reinblüter zu fördern? Um reinblütige Familien zu fördern? Ist das dann etwa kein Mord mehr?“ Pansy wich zurück. „Nein, das…“ „Du glaubst wohl echt alles, was deine Eltern dir sagen, oder? Dass sie lieb und gut sind, dass sie stolz sind, dass der Unnennbare sie ausnutzt, dass ihr Reinblütigen die einzig lebenswürdigen Wesen unter der Sonne seid. Die Weasleys sind auch reinblütig, Black auch, aber weil sie eure Methoden in Frage stellen, werden auch sie umgebracht, wenn sich die Gelegenheit bietet, nicht wahr?“ Sie holte tief Luft, das erste Mal seit Beginn ihres Redeschwalls. „Ihr seid grausame, widerliche Wesen, die sich einbilden, dass sie, weil so ein Pimpel es ihnen erlaubt, alles tun zu können, wonach ihnen der Sinn steht. Ich kann echt nicht glauben, dass ihr euer Hirn nicht von allein einschaltet. Was tun die Muggel denn Schlimmes, dass sie den Tod verdient haben? Sie haben unreines Blut? Toll! Sie sind trotzdem besser als wir Zauberer, wenn sie einfach akzeptieren, dass wir existieren!“ „Die Muggel haben uns früher verfolgt! Sie haben eine Verwandte von mir verbrannt!“ Blaise trat vor, schob sich halb beschützend vor Pansy, die den Tränen nahe stand. „Und was können die heutigen Muggel dafür?“ „Sie werden das auch tun, wenn…“ „So ein Blödsinn! Haben meine Eltern mich umgebracht, als sie von der Zauberei erfahren haben?“ „Nein, aber…“ „Ganz offensichtlich nicht, sonst würde ich wohl kaum vor euch stehen! Und was ist mit dir? Soll ich dich nach Askaban schicken, weil deine Eltern Mörder sind?“ „Das ist nicht das gleich…“ „Doch, ist es! Es ist ganz genau das gleiche! Ich würde dich dafür bestrafen, was deine Vorfahren getan haben. Ist das richtig?“ „Nein…“ Blaise sah reichlich zerknirscht aus. Hermiones Worte waren stark und ihr Selbstbewusstsein zerschmetterte ihre Sicherheit. „Bitte. Noch ein Argument für das Töten von Muggeln?“ „Nein…“ Das schwarzhaarige Mädchen presste die Lippen aufeinander und Hermione wandte den Blick in die Runde aus schweigenden Zuhörern. „Jemand anderes?“ Es kam keine Antwort. „Warum vergöttert ihr dann einen Mann, der genau das von euch verlangt, ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen? Der lieber Babys jagt, die sich auf keinen Fall wehren können!?“ Es herrschte schuldbewusstes Schweigen. Irgendwie schaffte es keiner der Slytherins sich Hermione zu stellen. Minidrachen… Draco musste schmunzeln. Diesem Drachen musste man wohl Respekt zollen. „Ihr seid abartig.“, erklärte das braun gelockte Mädchen letztendlich voller Abscheu. „Blind dem Wahnsinn folgen, um nicht selbst denken zu müssen. Wenn das der Weg ist, den ihr für eure Zukunft wollt – Krieg, Verderben, Tod - bitte. Viel Spaß auf dem Weg in die Hölle!“ Sie nahm ihre Tasche, warf noch einen angewiderten Blick in die Runde, dann ging sie durch den Ring an Menschen zum Ausgang. Ron folgte ihr still, während Applaus von Ravenclaws, Hufflepuffs und Gryffindors sie hinausbegleitete. Selbst Mme Pince nickte ihr anerkennend zu, hatte sie doch zum ersten Mal in ihrer langjährigen Karriere als Bibliothekarin nicht für Ruhe gesorgt in ihrem heiligen Reich. Ron holte seine Freundin erst im nächsten Gang ein, wo sie sich gegen die Wand lehnte und erschöpft die Augen schloss. Er sah das Zittern ihrer Hände nicht. „Wow, Mione, das… das war klasse! Grandios!“ Er war ganz aufgeregt und noch vollkommen euphorisch von ihrer Rede gegen den Unnennbaren, hatte sie doch das ausgesprochen, was ihm schon seit Monaten und Jahren auf der Seele brannte. „Ich… Du hast sie richtig beeindruckt. Geniale Rede! Die Slytherins wussten gar nicht, was sagen!“ Er klatschte in die Hände. „Oh, ich liebe dich! Dafür noch mehr!“ Sie lächelte ihn halb mitleidig an, weil er es nicht verstand. „So toll war das nicht.“, sagte sie und blickte zu Boden. „Ich habe Aufmerksamkeit erregt. Ich habe mich öffentlich gegen sie gestellt. Jetzt haben sie ein Ziel, wenn sie Harry in Zukunft nicht mehr erreichen können…“ „Aber du hast sie zum Nachdenken gebracht. Das war gut.“ Hermione sah auf und lächelte Draco an, dessen Stimme ihre Zweisamkeit störte. Ron war dagegen gar nicht erfreut über sein Auftreten und funkelte ihn an, doch er wurde übergangen, wie schon zuvor. „Danke für die Hilfe.“, gab sie leise zurück. Draco nickte nur. „Ich muss dir danken. Vielleicht wachen sie jetzt auf. Ich habe schon länger darüber nachgedacht, wie man das anstellen konnte, ohne sich selbst zur Zielscheibe zu machen…“ Dabei tat es ihm regelrecht leid, dass jetzt Hermione darunter leiden musste. Ron musste blinzelnd begreifen, dass Hermione Draco für seine Widerworte vorhin gar nicht böse war. Hatte sie etwa damit gerechnet? War sie soweit, dass sie Draco wirklich vollkommen vertraute, ihn akzeptierte? Wann war das passiert? Hatte er etwas verpasst? „Ich wollte euch abholen. Harry will euch sehen, traut sich aber nicht hinaus.“ Hermione nickte nur, stieß sich von der Wand ab und nahm Rons Hand, der sofort zartrosa anlief, da es das erste Mal war, dass sie öffentlich als Paar gesehen werden würden. Aber er konnte spüren, dass das Mädchen das jetzt brauchte, also sagte er nichts dagegen, sondern drückte ihre Hand bestätigend. „Okay. Gehen wir…“ Er lächelte leicht. Noch immer war er unendlich stolz auf sie. „Hermione...“ Draco schloss sich ihnen an, lief ein wenig neben ihnen, als würde er nicht ganz dazu gehören. „Wenn wirklich jemand versucht, dir wegen dieser Sache vorhin zu schaden, dann… komm bitte zu mir. Sag mir Bescheid, ja?“ Kurz blickte sie ihn an, dann wurde das Lächeln erleichtert. „Klar, aber mir passiert nichts. Ich habe von Harry einen Zauber bekommen, der es einem ermöglicht, bestimmte Personen vergessen zu lassen, dass es dich gibt. Notfalls werde ich mich damit verteidigen.“ Draco hob nur die Augenbraue. „Ich weiß nicht, ob es so toll ist, nicht mehr bemerkt zu werden. Im Moment geht Harry damit vielleicht jedem Stress aus dem Weg, aber was ist, wenn er nicht mehr vergessen werden will? Kommt er dann noch damit klar, dass er eben nicht unbehelligt bleibt?“ Daraufhin herrschte tatsächlich Schweigen. Draco hatte da etwas gesagt, worüber keiner der beiden anderen je nachgedacht hatte. Lief er wirklich Gefahr, seine soziale Ader abzutöten auf lange Hinsicht? Die beiden Gryffindors waren nicht wirklich verwundert, als Draco sie zur Krankenstation führte. Nur die Sorge wurde größer. „War der Absturz wirklich so schlimm?“, fragte Ron betreten. „Was ist da oben überhaupt passiert? Fred und George erzählen überall, dass du ihn vom Besen geworfen hast. Ich… Nach deiner Rede in Hagrids Garten kann ich das nicht so recht glauben…“ Hermione lächelte. Das war so typisch er… Sie hatten Professor Snape abgepasst, der Harry weggebracht hatte, und dieser hatte ihnen gesagt, was so in etwa passiert war, wenngleich er auch recht widerwillig gewirkt hatte. Nur konnte Ron sich nicht so recht entscheiden, wem er mehr Glauben schenken sollte; Snape oder seinen Brüdern. Den Mund verziehend zuckte Draco mit den Schultern. „Wir sind geflogen, weil er wieder sehen konnte, haben den Schnatz gejagt und er hätte wieder gesiegt, wäre er nicht plötzlich gefallen.“ Seine Augen richteten sich auf die Tür, vor der sie stehen blieben, wurden dunkel und starr. „Snape hat ihn aufgefangen, weil ich ihn nicht erreichen konnte…. Und… Er sagte, er hätte einen Traum gehabt. Über das, was…“ Er verstummte. Durfte er ihnen das sagen? Was, wenn das eines der Geheimnisse war, die Harry seinen Freunden gegenüber hatte? „Über das, was der Unnennbare tut oder plant.“, vollendete Ron jedoch düster den Satz. „Deswegen ist er gestürzt. Weil seine Narbe so sehr weh getan hat, dass sie alles betäubt. Das hat er mal erzählt.“ Draco nickte. „Bitte sprecht ihn nicht darauf an. Er sperrt alle aus, die ihm damit kommen.“ Die beiden blickten ihn lange an, dann nickten sie einverstanden. Draco öffnete die Tür, sie begrüßten Mme Pomfrey, die ihnen ein Tablett mit Tee und Kuchen zuwies, dann gingen sie weiter zu Harrys Zimmer. Schon als sie eintraten, war klar, dass etwas nicht stimmte. Harry saß zusammengekauert auf dem Fensterbrett und klammerte sich an seinen Feuerblitz. Es kam keine Regung, dabei musste er sie bemerkt haben. Draco biss sich auf die Lippe. Verdammt. Er hatte sich doch vorgenommen, ihn nicht mehr alleine zu lassen, damit er sich nicht wieder so in sich zurückzog! Warum hatte er das vergessen?“ „Harry?“ „Harry, was ist passiert?“ Ron lief auf ihn zu und erstarrte etwa einen halben Meter vor ihm, runzelte verwirrt die Stirn. „Was…?“ Gerade wollte Draco sagen, warum das so war, dass er nicht mehr weiterkam, dass Harry eine unsichtbare Mauer errichten konnte, die unbefugte daran hinderte, ihm nahe zu kommen, da wurde Ron sauer. Seine roten Haare sträubten sich, seine Stirn bekam tiefe Furchen und seine Augen blitzten böse. „Harry Potter! Du schließt uns schon wieder aus! Was willst du diesmal? Uns abfackeln? Ertränken? In Selbstmitleid versinken? Komm auf den Teppich, du Idiot! Hier ist niemand, der dir schaden will, klar?“ Sein aggressives Knurren verwirrte Draco, hatte er so etwas doch nicht von diesem fürsorglichen Freund erwartet, aber Hermione lachte nur leise. „Lass ihn.“, riet sie ihm freundlich. „Wir kennen das schon und Ron ist eine wirklich zuverlässige Methode, ihn aus dieser Stimmung wieder herauszuholen.“ Und wirklich konnte Ron im nächsten Augenblick weitergehen und sich Harry unbehelligt nähern. „Bist du eigentlich verrückt geworden?“, fragte er wesentlich ruhiger weiter, während er ihm die Hand auf die Schulter legte, um Harry zu vermitteln, dass er wirklich da war. „Sitzt hier am kalten Fenster und bläst Trübsal…“ „Sorry…“ Draco musste lachen, kam selbst heran und mit kräftiger Unterstützung vom resoluten Ron verfrachtete er Harry auf das Bett, wo sie sich um das von Hermione geholte Tablett setzten. „Kuchen, Harry?“ Der Junge, der lebt, schüttelte den Kopf. „Aber du musst etwas essen. Das ist wichtig.“ Draco legte den Arm um ihn. „Keinen Appetit?“ „Ischt Tschietrone!“, nuschelte Ron begeistert mit vollem Mund. Harry seufzte tief. „Ich hab grade erst zu Abend gegessen.“, meinte er leise. „Hab ich denn nicht genug gegessen?“ Misstrauisch zog Draco die Augenbrauen zusammen. „Was ist los? Sonst isst du grade Zitronenkuchen besonders gern.“ „Woher willst du das wissen?“, fragte Harry widerwillig. „Du isst das seit vier Jahren immer, selbst wenn es bessere Nachspeisen gibt!“, knurrte Draco leicht ungehalten. „Ja?“ „Hör mal, Harry. Du…“ „Warum leugnest du das?“, fragte Hermione irritiert. „Er hat doch Recht.“ „Das weiß ich auch.“ Harry seufzte leicht und lehnte sich gegen Draco. „Ich will trotzdem nichts haben.“ Draco biss sich auf die Lippe. Warum suchte er da Ausreden? Was hatte er davon? „Ist okay…“, antwortete Hermione für ihn und fing seine Augen ein. Sie wechselten einen besorgten Blick. Irgendwas stimmte nicht, aber fragen würden sie erstmal nicht. Später vielleicht, wenn es sich ergab. Nachdem Harry wieder einen Traum von Voldemort gehabt hatte, wollten sie ihn nicht aufregen. Sie nahmen sich dann auch Kuchen, während Ron bereits beim zweiten Stück war. Es herrschte leicht gedrückte Stimmung und Harry wirkte nicht wirklich anwesend. Er schmuste mit Draco, seine Hand bewegte sich leicht über dessen Knie, aber seine Haltung wirkte selbstvergessen. So schraken alle zusammen, als er plötzlich sprach. „Dumbledore war hier.“ Eine vollkommen irrelevante Information für die Gryffindors, weil er nicht fortfuhr. Draco hakte nach: „Hast du es ihm erzählt?“ Nicken. Dann: „Sie haben Askaban angegriffen und alle befreit. Die Wächter sind tot, die Dementoren verschwunden…“ Betroffene Stille hielt im Raum Einzug, als er den Kurzbericht beendet hatte. Askaban war gefallen? Warum? Wie hatte das passieren können? „Es verschwinden Zauberer. Keiner weiß, wo sie hin sind.“ „Hat er gesagt, was sie dagegen tun wollen?“, fragte Hermione vorsichtig. Sie hatte beinahe Angst, dass sie Harry verschrecken könnte, wenn sie zu direkt fragte. Dracos Warnung von vorhin klang ihr noch in den Ohren. Harry schüttelte allerdings nur den Kopf. „Warum hat er es dir gesagt?“ Ein Achselzucken blieb die einzige Antwort. ------------ Mau. Entschuldigt, dass ich so lange nichts gepostet habe… Ich bin gerade erneut umgezogen und studiere jetzt. Sehr anstrengend und weil ich kein Internet habe, kann ich auch nicht immer etwas hochladen. Ein Grund, warum erst jetzt. Ich hoffe, ihr hattet viel Spaß bei diesem Kapitel. Das nächste, das verspreche ich, wird euch Spaß machen. Es kommen ein paar Leute darin vor, die die meisten Menschen über alles lieben! *zwinker* Bis zum nächsten Mal! Ersehntes Wiedersehen --------------------- Titel: Ersehntes Wiedersehen Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 35: Ersehntes Wiedersehen Der nächste Tag war ein Sonntag und Draco hatte Training, das er nicht ausfallen lassen konnte, weil er sonst Gefahr lief, seinen Platz als Sucher und Teamkapitän zu verlieren. Er hatte jedoch dafür gesorgt, dass Ron und Hermione bei Harry waren und ihn beschäftigten, damit er nicht wieder in Trübsal versank. Sie spielten mit Tierstimmenbonbons, was eine ausgelassene Stimmung hervorrief, bis Draco am Nachmittag wiederkam. Der Blonde war kalt vom Wind. Seit diesem Tag lag eine hauchdünne Eisschicht auf dem See. Sie begannen Brett-vor-dem-Kopf zu spielen und hatten dabei eine Menge Spaß, obwohl es ein Muggel-Spiel war, das Draco erst einmal erklärt werden musste. Das Abendessen war lustig und immer wieder kamen Nachwehen der Ausgelassenheit mit Lachen zurück. Am nächsten Tag mussten sowohl Harry als auch Draco zurück in ihre Häuser. Draco hatte Schule, Harry weigerte sich strikt im Unterricht zu erscheinen, nachdem er die ersten beiden Einheiten hinter sich gebracht hatte und mittags feststellte, dass er und Draco sich nicht mehr sehen konnten, weil der Blonde ununterbrochen von Slytherins belagert wurde. Stattdessen streunte er ruhelos durch das Schloss. Im Hause der Schlangen herrschte aber auch eine seltsame Stimmung. Irgendwie schienen die sonst so selbstbewussten, grün gewandeten Schüler, die überall mit ihrer Gesinnung prahlten, eingeschüchtert oder verunsichert. Hermiones Worte hatten im ganzen Schloss die Runde gemacht und sie hatte von McGonagall persönlich fünfzehn Punkte bekommen für ihren Mut. Harry interessierte es nicht wirklich, was und ob die Slytherins dachten. Hermione und Ron fanden ihn am frühen Abend an dem Fenster in seinem Schlafsaal, wo er sich zusammengekauert hatte. „Harry?“ Ein leises Brummen war seine Antwort und das Signal, dass er sie bemerkt hatte. „Ist alles okay?“ „Es regnet.“, murmelte der Schwarzhaarige leise. „Wissen wir. Ist echt schlimm…“ Ron blickte zu Hermione. Diese depressive Reaktion auf das Wetter war seltsam. Es störte ihn doch sonst nicht, nicht einmal beim Fliegen. Sie bekamen allerdings keine Antwort mehr und beschlossen, den Jungen vorerst mal in Ruhe zu lassen. Harry schien keine Gesellschaft zu wollen. Später sahen sie, wie Harry den Gemeinschaftsraum verließ und blickten sich an. Es regnete gerade nicht und vielleicht traf er sich draußen ja mit Draco. Sie wusste ja, dass er den Jungen gerade jetzt besonders vermisste. Sie würden später einfach auf der Karte nachschauen, ob es wirklich so war, oder ob er Unsinn machte. Harry war nicht verabredet, aber er hielt es drinnen einfach nicht mehr aus. Die Enge, die Mauern, die unbewegte Luft und die Stille wurden ihm schlichtweg zuviel. Mit Kikuilehs Hilfe begann er durch die Kälte zu laufen, beachtete seine durchnässenden Schuhe nicht, rannte so schnell er konnte, entfloh den Gefühlen, die ihn zu erdrücken drohten. So lange, bis es nicht mehr ging und er den See erreicht hatte. Er fühlte sich einsam, wollte zu Draco, den er nicht erreichen konnte, weil er ihn nicht gefährden wollte. Er wollte schreien! Immerzu flackerten die Bilder aus seinem Tagtraum auf und er versuchte sie mit Erinnerungen an Draco zu vertreiben, was mit Sehnsucht quittiert wurde. Ein schrecklicher Teufelskreis. In seinem Herzen herrschte eine Leere, die mit Verzweiflung und schrecklichen Bildern angefüllt war. Er wollte weinen – aber er konnte nicht. Dazu war er noch nicht weit genug. Vielleicht hatte er die Grenze auch einfach schon längst überschritten… Der Schwarzhaarige legte den Kopf in den Nacken und ließ den kalten Wind auf sich wirken. Er konnte das Eis riechen, es unter dem leichten Wind knistern hören. Wenn man es genau betrachtete, war dies eine berauschende Atmosphäre. Beinahe konnte er die nahende Nacht schmecken. Ein schwarzer Schatten strich durch die beginnende Dunkelheit, leise, kaum zu erkennen, an seiner Seite ein kleinerer Schatten, fast noch unsichtbarer gegen die grauen Schemen des gefrorenen Grases. Sie strebten unbemerkt auf einen im Dunklen verborgenen Punkt zu, schienen es eilig zu haben. Aber plötzlich blieb der große Schatten stehen, Kopf und Rute hoch aufgerichtet, die Ohren gespitzt, witterte er. Immer wieder reckte sich seine schwarze Nase in die Luft, verharrte für Sekunden. Wind fegte durch das zottige Fell und ließ die noch nicht mit Eis überzogene Oberfläche des Sees sich kräuseln, ließ schweren Stoff knatternd flattern, ein Geräusch, das beinahe unterging in der stürmischen Bö. Beinahe. Der riesenhafte Hund setzte eine seine Pfoten ein wenig nach links, blickte nun zum See hinüber. Er wusste, dass dort jemand war, wusste auch, dass er diesen jemand in dieser Gestalt so niemals würde sehen können, weil er zu weit entfernt war. Aber wenn es nun wirklich der war, den er sich erhoffte? Dessen Geruch ihm gerade, so glaubte er, durch die Nase gegangen war? Ein weiterer Schritt auf den See zu und ein Wirbel brachte einen ganzen Schwall von Gerüchen zu ihm. Sein vierbeiniger Begleiter Krummbein, modernde Blätter, stehendes Gewässer, feuchte Erde, nasses Gras, dazu der Duft des heutigen Abendessens, der aus Hogwarts’ Küche drang, die ersten Anzeichen von Frost auf Blättern und Eis auf dem Wasser, der Wald neben dem See und seine tierischen Bewohner. Und unter all diesen Gerüchen befand sich einer, der sein Herz schneller schlagen ließ. Winselnd tappte er auf der Stelle. Er wusste, er sollte nicht dorthin, sollte so schnell es ging zurück ins Quartier, wo man auf ihn wartete, aber… Ein weiterer Schritt, da bewegte sich der verschwommene Fleck am Ufer. Ein helles Licht erschien, wie von einem Zauber, kreiste um den Schatten, begleitet von einem hellen Sirren, das in seinen Ohren widerklang. Der Wind wurde stärker. Und dann schwenkte er plötzlich um und die sensible Nase erfasste den Duft vollends. Er war ganz sicher! Noch ein Winseln, dann ging ein Ruck durch den schlanken Leib, kräftige Beine spannten sich, stießen sich von dem feuchten, federnden Boden ab und der Hund stürmte auf den Jungen zu, dessen Geruch so einzigartig war: Harry! Leichter Nieselregen setzte erneut ein, benetzte alles, durchdrang selbst gröbsten Stoff, als sich sprachlose grüne Flecken in dem feinen, verwaschenen Rosa offenbarten, der Körper sich etwas aufrichtete, der Kopf sich wandte, sich ihm Hände entgegenstreckten. „Sirius?“ Die Stimme war leise, ungläubig, verwundert und so klar, dass er fast geweint hätte, wäre das als Hund rein anatomisch nicht unmöglich gewesen. Er erreichte ihn, stoppte, ohne je die Bewegung seiner Pfoten zu unterbinden, und drückte seine kalte Nase in die warme Handfläche. Er zitterte vor Aufregung und Freude. Sein Geruch. Harrys Geruch! Voll und ganz! Nur er hatte diesen einzigartigen Geruch! Und er hatte ihn erkannt! Eine zweite Hand stupste ihn an, zuckte scheu zurück, wurde sicherer, als sie sich in seinem Nackenfell vergrub. „Du bist Sirius, nicht wahr?“ Er winselte erneut und wollte an ihm hochspringen, um ihm über das Gesicht zu lecken, als Harrys Beine unter ihm nachgaben und sich zwei schmale Arme um seinen Körper schlangen, ihn fixierten, dass nun auch endlich das ununterbrochene Tappen seiner ungeduldigen Pfoten stoppte. Der Junge vergrub sein Gesicht in dem Fell an seiner Schulter und bebte schwach. Sirius setzte sich verdattert auf seine vier Buchstaben. Was war denn los? Was war das für eine Reaktion? Er hatte Freude erwartet, doch stattdessen roch er Tränen! Wieder winselte er, war versucht sich zurückzuverwandeln, um zu fragen, was los war, aber Harrys Griff war so fest. Er schien diesen Halt jetzt einfach zu brauchen. War der Junge so verzweifelt? Vorsichtig drückte er seine kalte Nase gegen Harrys Ohr, was diesem ein Geräusch entlockte, das irgendwo zwischen Lachen und Schluchzen lag. Der feste Griff lockerte sich wieder ein wenig, als das Lachen schließlich überwog und Harry sein Ohr durch Drehen seines Kopfes in Sicherheit brachte. „Du bist am Leben!“ Es war nur geflüstert, aber für seine Ohren deutlich zu verstehen. Und die tastenden, ihn liebkosenden Finger deutlich fühlbar. Wieder winselte er und Harry lachte nun wirklich, als seine rechte Hand ihren Weg zu seiner Schnauze fand. „Ich hab dich auch vermisst.“ Die Finger glitten zu seiner Kehle, begannen ihn dort zu kraulen. „Ich hatte so eine Angst, dass du sterben könntest.“ Er drückte seine Nase gegen Sirius’ Kopf, seufzte tief und dieser leckte ihm über die Wange. Ihm war eingefallen, was der Grund für das seltsame Gebaren seines Patensohnes war: mit Blindheit geschlagen. Mitleidig verharrte Sirius in den weichen Armen, bis der Regen schlimmer wurde und selbst er mit seinem dicken Pelz den Novembernebel zu spüren begann. Er sollte nicht aus Sentimentalität für den Augenblick die Gesundheit seines Schatzes riskieren. Vorsichtig bewegte er sich und packte ganz vorsichtig einen Zipfel des zu großen Umhangs, begann daran zu ziehen. Er wollte hier weg. Außerdem… Remus wartete sicher schon in Sorge. Harry ließ sich ohne Widerstand mitziehen und selbst als Hund konnte er noch das Lächeln auf dem Gesicht erkennen. Es beruhigte ihn, dass es da war. Es zeigte ihm, dass Harry glücklich war – für den Moment zumindest. Noch am Schlosstor konnte Draco den kleinen Lichtpunkt sich durch den Regen bewegen sehen, der Kikuileh darstellte. Sie entfernte sich zusehends vom See. Er hatte Harry gesucht, hatte – wie immer – gewusst, wo er sich befinden musste, und im Zwielicht ihres Schimmers konnte er einen dunklen Schatten ihr folgen sehen. Wo wollte Harry hin? Er war versucht, ihn zu rufen, doch seine Kehle war wie ausgedörrt. Unerklärliche Angst packte sein Herz und er begann zu laufen, stolperte, während eisiger Regen seine Sicht verschleierte und seine Kleider schwer werden ließ. Hinter ihm erklangen Rufe, vom wütenden Wind verschluckt, bevor er sie hören konnte. Hastig rappelte er sich auf, da waren sie da: Ron und Hermione. Das Mädchen lächelte, als sie ihn ansah. „Keine Sorge, er ist nicht weg.“, erklärte sie freundlich, konnte sie doch die versteckte Angst in seinen Augen sehen. „Es ist nur…“ Sie wiegte eine rote, zerfledderte Katze in den Armen, die sie mit einem Zipfel ihres Umhangs vor dem Regen zu schützen versuchte. „Sein Pate ist gekommen. Wahrscheinlich…“ „Wo geht er hin?“ Es war Draco egal, woher sie das wusste oder was sie sonst noch sagen wollte, denn eine Tatsache blendete sein Urteilsvermögen: Harry hatte gesagt, dass er mit ihm leben wollte. Mit seinem Paten! Was, wenn er das jetzt wahr machen wollte? Jetzt, bevor der Dunkle Lord endgültig alles zerstörte! Was, wenn er mit ihm fort ging? Er würde ihn verlieren! „Wo?“, wiederholte er nachdrücklich und er konnte auch nicht verhindern, dass der übliche kalte, ungeduldige Tonfall sich in seine Stimme schlich. „Zur Heulenden Hütte.“, beantwortete Ron brav seine Frage und deutete Richtung Hogsmeade. „Das ist unmöglich!“ Draco war kurz vorm Schreien. „Das Spukhaus liegt außerhalb von Dumbledores Schild!“ „Offenbar nicht. Oder wie erklärst du dir, dass er ihn abgeholt hat?“ Hermiones Lächeln war wirklich unerschütterlich, wie sie da vor ihm stand. „Abgeholt?“ Dracos Stimme schwankte. „Da war niemand bei ihm!“ „Woher sollte er sonst wissen, dass er da ist? Ist ja nicht so, als könnte er ihn riechen.“ „Andersherum aber schon.“, erinnerte Ron seine Freundin und sie lachte. Für Draco war das überhaupt nicht lustig. Seine Augen irrten durch den peitschenden Regen, doch die Fäden waren inzwischen zu dicht. Längst war er bis auf die Knochen durchgeweicht, ohne es wirklich bemerkt zu haben. Hermione bemerkte es schon. Sie fröstelte und zog die Schultern hoch. „Los, gehen wir. Ich will ins Trockene!“ Was war Draco erstaunt, als das Mädchen sich nicht umwandte und zum Schloss zurückging, sondern direkt in den Regen hineinmarschierte. Er wollte etwas sagen, deutete in die andere Richtung, doch Ron schob ihn vorwärts. „Na los! Du willst doch zu Harry, nicht?“ Verbissen nickte der Blonde. Ja, das wollte er definitiv! So konnte er ihn zumindest fragen, ob er gehen würde. Er würde Gewissheit haben. Aber ob er diese auch haben wollte? Schweigend folgte er den beiden Gryffindors, Gedanken flossen durch seinen Kopf wie das Wasser über sein Gesicht und durch seine Haare. Warum diese Richtung? Hogsmeade und damit die Heulende Hütte lagen mehr nach links! Wussten die überhaupt, was sie da taten? Er sagte trotz aller Zweifel nichts. Wenn er etwas über diese zwei sagen konnte, dann war es, dass sie ehrlich waren. Wenn sie ihn ehrlich in die Irre führen wollten, hätte er es mit Sicherheit gespürt. Sie waren kaum fähig, wirklich verschlagen zu sein. Es war nicht ihre Art. Und dann war er sich plötzlich nicht mehr so sicher darüber, als vor ihm geistergleich die wintertoten Äste der Peitschenden Weide aus den Regenschleiern hervorragten. Grau zeichneten sie sich als Schemen vor der Dunkelheit ab. Ihre Äste schwankten drohend im Sturm, hatten auch heute, trotz der Naturgewalt, die ihr eigenen Abweichungen der Bewegungen. Ein Monster, das auf Beute lauerte - so kam der Baum ihm vor. Was sollte das? Was wollten sie hier? „Wollt ihr mich verarschen?“, fragte er wütend und seine sturmgrauen Augen verengten sich zu misstrauischen Schlitzen. „Das kann doch nicht euer Ernst sein! Hogsmeade liegt da drüben! Was wollt ihr bei dem dämlichen Baum?“ Obwohl er schrie, war er sich nicht sicher, ob die beiden ihn gehört hatten. Zu laut tobte der Sturm um sie herum und langsam fragte sich Draco wirklich, was er noch hier draußen wollte. Sicher war Harry längst zurück im Schloss und wartete dort auf ihn! Doch das braunhaarige Gryffindormädchen hatte ihn wohl verstanden. Sie schickte ihm einen missbilligenden Blick, bevor sie die Katze absetzte und sich hockend eine Strähne aus dem Gesicht strich. Ein kurzes Zeichen, ein paar ungehörte Worte und das Tier sprang los. Sprachlos starrte Draco ihm hinterher, beobachtete, wie es geschickt den herabdonnernden Ästen der Peitschenden Weide auswich, als Rons Worte durch das Brausen an sein Ohr drangen: „Wart einfach ab, Malfoy. Du weißt eben auch nicht alles!“ Er klang dabei so überheblich, dass Draco kurzweilig tatsächlich der Versuchung zu erliegen drohte, den Waffenstillstand zu brechen. Wie konnte der es wagen? In dem Moment wurde Ron von Hermiones Hand zurückgerissen und Draco kam in den zweifelhaften Genuss, ein Bild vor seinem inneren Auge zu sehen, nachdem die Katze gleich zerschmettert am Boden kleben würde. Doch ehe das geschehen konnte, verharrte die Peitschende Weide plötzlich vollkommen reglos. Nur noch der Wind in ihren Zweigen ließ sie sich biegen, als wäre sie plötzlich ein ganz normaler Baum. Der rote Kater blickte stolz zu ihnen herüber, bevor er mit einem eleganten Satz im undurchdringlichen Schatten des Stammes verschwand. „Er hat es geschafft!“ Hermiones Jauchzen ließ ihn zusammenzucken. Ungläubig blickte Draco zu den beiden Gryffindors hinüber und urplötzlich fragte er sich, woher sie ein solches Geheimnis kannten. Das war doch nicht möglich! Und wieso wusste er nichts davon? „Los!“ Ron riss ihn erneut aus seinem unbeweglichen Staunen. „Bevor der Baum wieder aufwacht!“ Und bevor Draco sich versah, wurde er bereits mitgezogen, direkt in ein Loch unter der Wurzel des Baumes, das er bis dahin noch nicht einmal gesehen hatte. Es war unfassbar, was alles ohne sein Wissen in Hogwarts geschah! Unterdessen erreichte Harry mit Blindenhund Sirius die Falltür zur Heulenden Hütte. Der Junge trat vor, tastete mit den Händen über das Holz, erfühlte die Ausmaße und drückte schließlich dagegen. Sie war schwer. Er bekam sie kaum hochgehoben und war auch noch immer zu klein, um seine Beine als Hebel zum Stemmen zu benutzen. Und das einzige, das Sirius tat, war anfeuernd zu bellen. ‚Nicht sehr hilfreich…’, dachte Harry und wollte gerade seinen Zauberstab zu Rate ziehen, da war das Gewicht plötzlich weg. Erstaunt und unsicher trat Harry einen Schritt rückwärts, wo er nach Kikuilehs Beschreibung im Schatten stehen würde, als die kleine Fee plötzlich ohne jede Vorwarnung jubelnd hinauf flog und ihn allein ließ, um mit irrem geflirrte jemanden zu begrüßen. Überraschtes Gelächter ertönte, das ihm seltsam bekannt vorkam. „Du? Was machst du denn wieder hier? Woher wusstest du, dass ich hier bin?“ Das war doch… „Was ist das? Wie niedlich!“ Eine junge Frauenstimme, die ihm gänzlich unbekannt war. Wer war da oben? Ein Stoß von hinten beförderte ihn wieder direkt unter die Öffnung der Falltüre und erschrocken streckte Harry die Hände nach vorn, um sich im Falle eines Sturzes abfangen zu können. Den leisen Schreckensschrei konnte er nicht unterdrücken. „Hm?“ Er spürte einen verwunderten Blick auf sich, dann ein erstauntes Rufen, während feuchtes Fell seine Hände streifte. „Ich fass es nicht! Tatze! Kannst du dich nicht einmal an das halten, was wir absprechen?“ Sirius bellte und die Antwort war Gelächter. Auch die Frau lachte. Und Kikuileh sang dazu. „Los, Harry, gibt mir deine Hände, dann ziehe ich dich hoch!“ „Professor Lupin?“ Zaghaft tat der Junge, was von ihm verlangt wurde, spürte prompt zwei kräftige Hände um seine Handgelenke und schon wurde er emporgehoben. „Meine Güte, bist du leicht. Isst du denn gar nichts mehr?“ „Und du bist klitschnass! Ward ihr draußen im Regen?“ Die Frau zuppelte an seinen triefenden Haaren, wandte sich dann wieder an Remus. „Hast du nicht gesagt, er sähe aus wie James? Finde ich gar nicht!“ Sie zückte ihren Zauberstab, während Harry noch auf die Füße gestellt wurde. „Siccus!“ Harry stockte der Atem, als er erwartete, dass Magie ihn traf, doch was kam, ließ seine Augen sich weiten. Die Welle warmer Energie blieb komplett aus. Remus ließ ihn los, lachte immer noch, als Sirius durch das Loch sprang und sich sofort um Harrys Beine schmiegte. „Das war wohl nichts, Tonks.“ Er schüttelte den Kopf, holte nun nach, was ihr Zauber nicht vermocht hatte. Im nächsten Moment war Harry trocken und Wärme überflutete unterkühlte Glieder. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie kalt ihm gewesen war. Die junge Frau seufzte. „Ich schwör’s dir, irgendwann krieg ich das auch noch mal hin!“ Dann klatschte sie fröhlich in die Hände. „Also dann, Harry, mein Name ist Tonks! Bitte nenn mich auch so. Höflichkeit ist nicht angebracht, da ich mit Sirius über irgendwelche Ecken verwand bin und du sein Patensohn bist. Ich denke auch, dass Remus beleidigt wäre, wenn du ihn noch einmal mit Professor ansprichst, zumal er schon seit mehr als einem Jahr kein Lehrer mehr ist. Remus reicht.“ Sie grinste ihn an, zwinkerte dann glücklich in die Richtung des Werwolfes, der zustimmend nickte. Harry lächelte froh. Familie. Wärme. Das war es, was ihm diese drei gerade vermittelten. Angenehm, fast berauschend. Abwesend kraulte er Sirius hinter den Ohren, während Kikuileh begonnen hatte, Tonks’ Haarturm zu begutachten. *Viele Zöpfe!*, hörte er sie bewundernd sagen. *Und alle nach oben.* Pause. *Zehn grün, siebzehn blau, drei rosa, vier schwarz, einer grau, acht gelb!* „Wie bitte?“ Es rutschte ihm einfach heraus und sein Gesicht drückte wirklich absoluten Unglauben aus. Wie bitte schön, sah die Frau aus, die so sympathisch rüberkam? Wer war denn freiwillig so bunt? Kikuilehs Antwort ging unter, als Tonks verwundert nachfragte. „Was hast du? Willst du ihn nicht Remus nennen?“ Natürlich hatte sie es falsch verstanden. Harry schüttelte den Kopf. „Das nicht. Was ist mit deinen Haaren passiert?“ „Oh, gefällt es dir? Ich habe mir heute extra viel Mühe gegeben!“ Uh… Also, wenn es genau so aussah, wie er sich das vorstellte… „Wenn ich ehrlich bin…“ „Das freut mich aber!“ Sie lachte glücklich und strubbelte ihm dann durch seine ungekämmten Zotteln. „Ein bisschen Farbe kann dir aber auch nicht schaden, meinst du nicht?“ „Ich…“ Entsetzt wich Harry zurück, wollte sich gegen diesen Übergriff wehren, vergaß dabei, dass Sirius um seine Beine strich, erwartete den Widerstand in seinen Kniekehlen nicht, stolperte und wäre Remus nicht gewesen, wäre er wohl zurück in den Gang gefallen unter dem Haus gefallen. „So, Leute, Schluss jetzt.“ Die Entschlossenheit in Remus’ Stimme war wie die des Lehrers vor einem Jahr und ließ Harry lächeln. Es war bekannt. „Tonks, lass uns ins Wohnzimmer gehen und verwirr den Jungen nicht so. Körperliche Nähe ist er nicht so gewöhnt!“ Der Mann ließ mit dem Fuß die Klappe auf das Loch fallen. Tonks klatschte erneut eifrig in die Hände und lief schon los, als Remus sie am Arm packte und aufhielt. „Vorsichtig.“, lächelte er sie an, gab ihr dann einen kleinen Kuss, der sie vor Freude bis über beide Ohren rot werden ließ. „Alles, was du willst, Remus, Liebling!“, dann stob sie davon, hektisch wie immer. Kikuileh war außer sich. Wie ein Irrwisch kreiselte sie um Remus herum, knuddelte abwechselnd sein Ohr und seinen Daumen. „Nun mal langsam, kleine Fee!“, lachte der Werwolf, verwirrt über ihre Freude. „Was hast du denn? Ist was passiert?“ Harry grinste. „Sie freut sich, dass Sie… du jetzt endlich eine Freundin hast, wo du in der Schule doch immer allein warst.“ Remus starrte ihn mit großen Augen an. „Wie bitte?“ Sirius kläffte und stupste Harrys Hand an, die aufgehört hatte, sich zu bewegen, und der Grauhaarige rollte mit den Augen. „Merlin, Tatze! Verwandle dich endlich zurück! Du bist kein echter Hund, vergessen?“ Ein Bellen und Sirius verschwand in einem Raum. Remus seufzte. „So wie ich das sehe, muss viel beredet werden. Lass uns zu Tonks gehen und hoffen, dass das Wohnzimmer noch steht.“ Der schwarzhaarige Junge stutzte. „Ist sie so zerstörungswütig?“ „Zerstörungswütig?“ Remus lachte erneut herzlich. „Himmel, nein! Das ist sie gewiss nicht! Tollpatschig. Extrem. So wie Neville vielleicht!“ „Oh.“ Harry begann zu grinsen. „Und woher kennen Sie… kennst du sie?“ Remus schob ihn in Richtung Wohnzimmer, da der Schwarzhaarige noch immer keine Anstalten machte, sich von selbst dorthin zu bewegen. „Sie ist wie ich im Orden.“ Das sagte Harry gar nichts. „Was für ein Orden?“ „Später. Na los, setz dich erstmal, ich hole Tee und Gebäck. Wenn Sirius wieder da ist, reden wir!“ Und schon strebte er auf die Küchentür zu, ließ Harry einfach stehen. Kikuileh folgte ihm fröhlich. Doch lange blieb er nicht allein. Zwei starke Hände umfingen seine Schultern, drückten sie sacht, als Sirius sich über ihn beugte. „Hast du eigentlich gar nicht mehr vor, zu wachsen?“, flüsterte er und Harrys Gesicht begann förmlich zu leuchten, als er die geliebte Stimme vernahm. „Sirius!“, rief er überglücklich. Er wirbelte herum, hob im gleichen Zuge die Hände und Sirius hielt still, als sichere Finger seine Wangen trafen, um sein Gesicht abzutasten. „Dein Leben ist schöner geworden.“, stellte Harry schließlich erleichtert fest. „Und du hast jetzt eine Frisur.“ Sirius lächelte. „Remus hat mir die Haare geschnitten.“, erklärte er freundlich. „Aber wie kommst du darauf, dass mein Leben schöner geworden ist?“ „Dein Gesicht wirkt weicher, nicht mehr so…“ Er verstummte beschämt, was den schwarzhaarigen Mann zum Lachen brachte. „Du kannst ruhig sagen, dass ich furchtbar aussah, gar kein Thema. Weiß ich doch selbst!“ Noch einmal strichen Harrys Hände über sein Gesicht. „Es ist wirklich besser geworden. Jetzt isst du auch mehr.“ „Im Gegensatz zu dir, was?“ „Was ist denn hier los?“ Remus war zurück und starrte ungläubig auf die Szene, die sich ihm bot, reglos ein Tablett in den Händen haltend. Harry… streichelte Sirius immer noch? Obwohl er inzwischen wieder ein Mensch war? Hatte er etwas verpasst? Doch Sirius richtete sich schon auf, schüttelte tadelnd Kopf und Zeigefinger. „Wirklich, Remus. Das ist nicht nett von dir, einen Blinden einfach allein stehen zu lassen und die einzige, die ihm bei der Orientierung helfen kann, mitzunehmen.“ Er legte seinen Arm um Harrys Schultern und strebte mit ihm auf die Couch zu. Und Remus regte sich jetzt aus einem anderen Grund nicht. „Blind?“, fragte er schließlich, als Harry saß. „Wie blind?“ Harry machte es sich einfach mit der Beantwortung dieser Frage. Er blickte auf und in die Richtung, wo Remus stand. Dieser schauderte, als die Leere, die aus den Augen sprach, in sein Herz vorzudringen drohte, woraufhin Harry den Blick wieder senkte und still abwartete. Lange ruhten Remus’ Augen auf dem Jungen, bevor sie zu Sirius wanderten. „Du wusstest das?“ „Er hat’s mir geschrieben.“, deutete Sirius Black auf Harry. „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ „Ich habe ihn darum gebeten, es niemandem zu sagen.“ „Warum das denn?“ „Weil es niemand wissen soll. Vor allem ER nicht!“ Remus schwieg geraume Zeit, bevor er kurz den Kopf schüttelte. Was für ein Schock. Da war der Sohn seines ehemals besten Freundes blind? Himmel! Wie war das denn passiert? Und was sollte er da nur machen, wie sich verhalten? Er musste das erstmal verarbeiten und sich wieder fassen! „Was hat dein Besuch bei Albus für Neuigkeiten gebracht?“, fragte er, um sich selbst ein wenig von dem Thema abzulenken, bis sein Geist bereit war, diese ungeheuerliche Neuigkeit zu akzeptieren. Er ließ Tonks vorbei, die sich ungeduldig an ihm vorbeiquetschen wollte, dann stellte er das Tablett auf den Tisch und setzte sich den beiden Kohlschöpfen gegenüber. Tonks zog er schlicht neben sich, da es ihm peinlich war, wie ungeniert sie Harry musterte und seine Augen einzufangen versuchte. Sirius kam nicht zum Antworten, denn Tonks legte plötzlich den Kopf schief und lehnte sich wieder vor. „Sag mal… Woher weißt du eigentlich, wie meine Haare aussehen? Du kannst sie doch nicht sehen!“ Was wirklich schade war. Dann war sein Kompliment also auch nicht so ernst zu nehmen… Enttäuschend. Gleich drei antworteten auf einmal: Harry, der einfach Kikuilehs Namen sagte, Sirius, der sie als Fee bezeichnete und durch Dumbledore von ihr wusste, und Kikuileh selbst, die stolz und ausführlich zu erzählen begann, was sie tat und wie sie ihm half. Und dieses helle Klingelsolo wurde von Harry erst durch ein weiches Lachen unterbrochen. „Hey, Kiku. Sie kann dich nicht verstehen, schon vergessen?“ Und dann musste er den drei Zauberern erstmal erklären, dass er die Fee als einziger verstehen konnte, dass sie ihm eine große Hilfe war, und übersetzte im gleichen Zuge noch die Bewunderung, die sie für Tonks’ Frisur hegte. Sirius war begeistert. „Das ist vielleicht ein Zufall! Wir haben sie auch mal getroffen!“, erzählte er. „An dem Tag, als wir Remus beschatteten, um sein Geheimnis herauszufinden. Sie war hier, mit vier anderen, als wir reinkamen.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem frechen Grinsen. „Sie haben uns verprügelt!“ Ungläubig hoben sich Harrys Augenbrauen, als Kikuileh ein stolzes *Genau!* von sich gab. Remus übernahm. „Sie waren danach immer da, wenn ich mich… na ja… wenn ich mich verwandelt habe.“ „Sie hat über Sie… dich gewacht.“, ergänzte Harry mit einem liebvollen Lächeln, als er die kleine Fee mit ausgestreckten Händen in Empfang nahm. Sanft begann er sie zu kraulen. „Sie wollten dir helfen, weil du so allein warst und immer solche Schmerzen hattest, wussten aber nicht wie.“, gab er die Botschaft seiner kleinen Freundin weiter. Gerührt nickte Remus, neigte den Kopf ein wenig. „Vielen Dank dafür, Kikuileh.“, sagte er und man konnte fühlen, dass er es ernst meinte. Sirius’ Art der Dankbarkeit war anders. „So ein liebes Vieh!“, grinste er und mit dem Zeigefinger strubbelte er ihre Haare so durcheinander, dass die kleine Fee wütend auf ihn losging. „Kikuileh, nicht!“, rief Harry entsetzt, als er die Flüche und Drohungen vernahm, doch Remus beruhigte ihn schnell wieder. „Das war schon immer so. Keine Sorge!“ Ein Schrei von Sirius ließ sie alle zusammenfahren. Der Mann sprang auf, begann um sich zu schlagen, lachend. Kikuileh führte eine ihrer Kitzelattacken durch. Beruhigt widmete Remus seine Aufmerksamkeit wieder Harry, während Tonks begeistert Kikuileh anfeuerte. „Willst du etwas Tee, Harry?“ Dieser nickte. Er fühlte sich wohl hier. Familie… Wie eine echte Familie… „Los, Kleine, mach ihn alle!“ Harry begann zu kichern. Es war so vertraut, obwohl es so neu war. Angenehm. „Mach ihn fertig! Ja, gut so!“ „Tonks!“ Sirius wand sich noch immer, lag aber inzwischen am Boden. „Hör… hör auf, sie auch noch zu ermutigen! Das ist…“ Ein erneuter Lachanfall verschluckte den Rest des Satzes. „Genau, so ist es richtig!“, ignorierte das Fräulein ihn und Harry begann zu lachen, befreit, hell, riss Remus mit, der nun auch endlich die Teekanne Teekanne sein ließ und Sirius’ Kampf zusah. Als Kikuileh schließlich befriedigt zu Harry zurückkehrte, lag der schwarzhaarige Mann völlig fertig am Boden und schnappte schwer atmend nach Luft. „Sie sagt, das geschieht dir recht.“, grinste Harry noch immer und plötzlich und unerwartet lichtete sich die graumelierte Dunkelheit vor seinen Augen. Zuerst verschwommen, dann immer klarer konnte er beobachten, wie Tonks, die wirklich unglaublich bunte, chaotisch anmutende Haare hatte, aufstand, zu Sirius ging, sich neben ihm in die Hocke sinken ließ und ihm mit dem Finger in die Seite piekste. Sirius’ Gesicht sah so glücklich aus, wenngleich auch völlig erschöpft. Kein Wunder nach dem Lachanfall. „Lebst du noch?“ Die Worte drangen an seine Ohren und er strich liebevoll über Kikuilehs Kopf. „Meine Güte, sie hat wirklich gute Arbeit geleistet. So fertig warst du nicht mehr, seit wir dich gefunden haben, damals. Dabei gebe ich mir immer alle Mühe!“ Sirius bewegte sich leicht, stützte sich auf seine Ellbogen und sah sie gespielt leidend an. „Nie hast du Mitleid mit mir!“, beschwerte er sich und die jugendlichen Züge in dem früher so ausgehärmten Gesicht überraschten Harry wirklich, selbst wenn er sie ohne seine Brille nur erahnen konnte. Sein Pate sah noch besser aus, als er gedacht hatte, auch wenn manche Falten wohl niemals ganz verschwinden würden. Seine schwarzen Augen glänzten, er hatte Farbe bekommen und zugenommen. Harry ließ seinen Blick zu Tonks hinüber wandern. Die Frau war jung. Viel jünger als Sirius. Ihr Gesicht war sanft, lebhaft, ausdrucksstark und hübsch. Ihre Nase war kurz und die Spitze richtete sich gen Himmel – eine Stupsnase. Wie süß. Und ihre Haare waren fürchterlich. Bunt war gar kein Ausdruck mehr. Und dabei sah das Chaos so gewollt aus, dass man just davon ausgehen musste, dass sie nach Dobby unter der zweitschlimmsten Geschmacksverirrung in ganz England litt. Ihr Umhang war magentarot und stach in den Augen. Vielleicht sollte er sie Dobby mal vorstellen. Remus war der nächste, dem seine Aufmerksamkeit galt. Auch er sah besser aus als noch vor einem Jahr. Sein Gesicht leuchtete, diese ungesunde Blässe war fort. Familie… sie tat wohl jedem gut. Ob sie ihn wohl mitnehmen würden, wenn er sie fragte? „Lebt ihr jetzt alle zusammen?“, fragte er den Werwolf neugierig. Remus lachte. „Seit einem halben Jahr. Da haben wir Sirius aufgegabelt, als er gegen drei Todesser kämpfte. Er war am Verlieren, aber seine Wut auf Lucius war so groß, dass er einfach nicht aufgeben konnte. Wir haben ihn letztendlich einfach entführt, damit er wenigstens überlebt. Seitdem leben wir im Hauptquartier.“ „Hauptquartier?“ „Ja, genau, der Sitz des Ordens.“ „Noch mal zum Orden… Was genau…“ „Deine Augen!“ Remus sprang auf, seine Tasse fiel scheppernd auf den Tisch und ergoss ihren Inhalt auf dem schwarzen Holz. Augenblicklich herrschte Stille im Zimmer. „Du siehst ja doch!“ Harry nickte stirnrunzelnd. „Ja… manchmal geht es. Und dann…“ Seine Worte verstummten, als er bemerkte, wie die Dunkelheit wiederkam. Es war wirklich genauso wie immer. Bis er darauf angesprochen wurde, ging alles gut, dann war alles wieder so wie sonst. Einheitlich grau, schwarz, wabernd. Remus kam um den Tisch herum, hob das sich senkende Kinn an, um die Pupillen gerade verschwinden zu sehen. Im nächsten Moment waren auch Sirius und Tonks da. „Er hat sehen können?“ Sirius war ganz aufgeregt. „Davon hat Albus erzählt. Snape hat das auch schon erlebt!“ Harrys Schultern versteiften sich. Er wusste davon? Dumbledore hatte es ihm erzählt? Wusste Sirius dann auch von Draco? Himmel! Was hielt er denn dann jetzt von ihm? „Welche Situationen?“ Remus war völlig ernst. Es schien, als hätte sein Geist jetzt etwas, womit er sich beschäftigen konnte, um diese vollkommen erschreckende Neuigkeit zu verarbeiten. „Und seit wann ist das so?“ „Seit dem Sommer.“ „Seit meinem Geburtstag.“ „Er hat gegen Malfoy gekämpft. Snape meinte, er wäre wirklich sauer gewesen.“, erzählte Sirius weiter, ohne auf Harrys Verbesserungseinwurf einzugehen, und den Namen des Giftmischers spuckte er voller Verachtung aus. „Er hat sie gegeneinander kämpfen lassen in den Übungen!“ „Moment, eins nach dem anderen. Du konntest im Kampf gegen Malfoy Junior sehen?“ „Später beim Lesen offenbar auch.“, fügte Sirius noch an, übernahm damit das Antworten für Harry. „Und was war das für ein Unterricht?“ Wieder wollte Harry antworten, doch kam er auch diesmal nicht dazu. Er stutzte, sein Kopf fuhr hoch und im gleichen Moment sah auch Sirius zum Flur hin. Langsam stand der Mann auf. „Da ist jemand an der Falltür!“, sagte er leise, misstrauisch und Harry bestätigte das mit einem Nicken. Durch das Knarren und Rauschen des Sturmes draußen hatte er das leise Scharren und die Stimmen ganz deutlich vernehmen können. ------------------ Sirius! *freujubelpolkatanzt* Ich liebe Sirius!!! Und Remus auch! *sichdoppeltfreut* Kaffeeklatsch ------------- Titel: Kaffeeklatsch Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 36: Kaffeeklatsch Remus erhob sich, ließ Harrys Gesicht endlich los. Zusammen mit Sirius und Tonks strebte er auf die Luke zu, als gedämpft eine Stimme ertönte, die leise sprach: „Hilf mal mit!“, erklang es durch das Holz und Harry wusste sofort, wer es war. „Das ist Ron!“, rief er und sprang ebenfalls auf, lief zu den anderen. Zum Glück war Kikuileh wieder bei ihm und konnte ihn leiten. Offenbar hatte sie Remus jetzt genug belagert. „Schnell, Sirius, mach die Luke auf!“ Drei Blicke trafen ihn und die Erwachsenen wunderten sich, woher er das wusste nach so wenigen geflüsterten Worten, doch Harry zog schon an dem Ring, der im Holz steckte. Schließlich fasste Remus sich ein Herz und half. Er schaffte es ganz leicht. Und er blickte direkt in Rons Gesicht, das beinahe augenblicklich von verwundert in enttäuscht umschwenkte. „Tja, wird wohl nichts aus der Überraschung…“, maulte er und kletterte mit einem kleinen Sprung aus der Öffnung. Dann drehte er sich um und reichte Hermione eine Hand, die ihm flink folgte. Als er sich wieder umdrehte, lag ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. „Hallo, miteinander! Lange nicht gesehen!“ „Ron!“ Remus stand der Mund offen. „Bist du… bist du irre? In solchen Zeigen einen Überraschungsbesuch zu starten? Auf Menschen, die sowieso verfolgt werden?“ Demonstrativ steckte er seinen Zauberstab zurück in seine Tasche, um die Tragweite zu verdeutlichen. „Wir hätten euch beinahe angegriffen!“ „Groß bist du geworden!“, zerstörte Tonks erfreut den unerfreulichen Vorwurf, was ihren Geliebten die Augen rollen ließ. Sie grinste den Rotschopf an, sah dann zu Hermione. „Dann bist du also das Wunder Gryffindors? Hermione Granger, ja?“ Das Mädchen nickte etwas verwirrt. „Guten Tag, äh…“ Tonks’ Anblick hatte ihr die Sprache verschlagen. Niemals hatte sie einen so bunten Menschen gesehen. Selbst Zauberer in Muggelkleidung waren bedeckter in der Farbwahl. Tonks war ein halber Schock für sie. „Ich bin Tonks!“, stellte die Frau sich ungerührt vor. „Ich kenne dich, weil Remus so viel von euch erzählt hat. Dass du ihn durchschaut hast und so.“ Sie lachte und Hermione begann sich aus ihrer Erstarrung zu lösen und zu lächeln. „Freut mich, Sie…“ „Keine solche Höflichkeit!“, fiel ihr Tonks überdreht wieder ins Wort. „Sonst komm ich mir so alt vor!“ Wieder lachte sie und das Mädchen nickte erfreut. Tonks war ihr auf Anhieb sympathisch. „Gerne. Freut mich wirklich, dich kennen zu lernen.“ „Sie ist toll, nicht wahr? Sie war mal bei uns zu Hause, weil sie was mit Dad besprechen musste.“ Ron strahlte über das ganze Gesicht. „Da ist noch jemand!“, zischte plötzlich Sirius in die Ausgelassenheit hinein, erzwang sich damit die allgemeine Aufmerksamkeit. Die ganze Zeit über war er still gewesen, hatte misstrauisch auf die Luke gestarrt, weil er ein komisches Gefühl in der Magengegend nicht abschütteln konnte, und hatte sich zurückgehalten, doch jetzt drängte er Harry beschützend hinter sich. „Er soll rauskommen!“ Harrys Schultern spannten sich und sein Gesicht wurde ein wenig heller, als er von unten leises Scharren und Schritte vernahm. Dieses Muster, das war doch… „Los, komm schon raus! Du wolltest doch zu ihm!“ Ron beugte sich über das Loch im Boden und rief hinunter. „Sei kein Feigling!“ Im nächsten Moment trat ein blonder Schopf aus den Schatten ins Licht und sturmgraue Augen blickten beinahe herausfordernd zu ihnen empor. „Na los!“ Ron wurde ungeduldig und streckte dem Slytherin seine Hand helfend entgegen, doch Sirius war damit gar nicht einverstanden. Ohne die sanfte Bewegung hinter sich wahrzunehmen, hob er den Zauberstab. „Petrificus Totalus!“, rief er kalt. Es passierte nichts. Unbehelligt kletterte Draco aus der Luke und musterte im nächsten Moment die drei Erwachsenen, die vor ihm standen. Remus Lupin, den er noch aus dem dritten Jahr als Lehrer kannte, erstaunt, die schrecklich bunte Frau verwundert, der schwarzhaarige Mann hasserfüllt Kurz huschte sein Blick versichernd zu Harry, der glücklich lächelte, was ihn innerlich darin bestärkte, gekommen zu sein. Für ihn lohnte es sich, sich mit all dem auseinanderzusetzen. Dann vernahm er erneut Sirius’ Stimme: „Petrificus Totalus!“ Er versuchte es tatsächlich noch einmal und Draco ging in sekundenschnelle in Abwehrhaltung, doch obwohl er eindeutig zu langsam gewesen war, traf ihn der Fluch nicht. Nicht einmal die Magie konnte er spüren. Langsam begann er zu ahnen, wer für das Versagen des Zaubers verantwortlich war. Harrys bekümmertes Gesicht sprach Bände. „Sirius, das geht schon in Ordnung.“ Der Junge, der lebt, schob sich an seinem Paten vorbei, legte ihm im Zuge dessen bittend eine Hand auf den Arm, doch der Mann hielt ihn fest. „Du kannst es nicht sehen! Das ist Malfoy!“ „Ich…“ Harry begann zu verzweifeln. Hatten Dumbledore und Snape Sirius etwa nicht erzählt, dass Draco jetzt auf ihrer Seite stand? Hatten sie das in ihrer Darlegung der Ereignisse etwa vergessen? „Das weiß ich! Ich kann es doch hören. Ich…“ Weiter kam er nicht, denn Tonks schrie erfreut auf. „Draco? Du bist wirklich Draco? Meine Güte, du bist ja… Ist ja nicht zu fassen! Ich dachte wirklich, du wärst älter!“ Ihre helle Stimme löste die Anspannung ein wenig. Irritierte Blicke richteten sich auf sie. Selbst Draco schien nicht zu verstehen, wo er sie einzuordnen hatte. „Erkennst du mich nicht? Ich bin Tonks!“ Sie strahlte ihn an, als wäre damit alles erklärt, aber jeder konnte sehen, wie Draco die Stirn runzelte. Er schien sie nicht zu kennen. Und schließlich seufzte sie. „Wir sind verwand, du Pflaume! Ich bin deine Cousine!“ „Cousine?“ Remus verschluckte sich fast. Sirius schnaubte nur abfällig. „Ja klar. Andromeda und Narzissa sind durch einen dummen Zufall Schwestern.“ „Du bist Nymphadora?“, fragte Draco zweifelnd und zog eine Augenbraue hoch. Die Frau verzog das Gesicht. „Nenn mich nicht so. Seh ich aus wie ein Wassergeist?“ Die Antwort war ein musterndes Schweige, welches sie Knurren ließ. Es war klar, dass er das ernsthaft in Erwägung zog. Harry begann zu lachen. Er hatte sich letztendlich von Sirius’ festem Griff befreit und nun hatte er freie Bahn zu Draco. Jetzt war der Blonde hier, jetzt musste das geklärt werden, damit Sirius es verstand. Lächelnd stellte er sich neben ihn und griff fast schüchtern nach seiner Hand. „Darf ich vorstellen: Draco Malfoy, mein Freund.“ Die Stille, die sich einstellte, wurde nur von Rons unterdrücktem Gelächter durchbrochen. Die Nachricht hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Hermione blickte ihn etwas vorwurfsvoll von der Seite an – wäre das nicht sanfter gegangen? -, während Harry sich an Dracos Schulter lehnte, demonstrativ, als wollte er sagen: Und das wird auch niemand ändern! Tonks war die erste, die sich von der verbalen Ohrfeige erholte. Es störte sie nicht, immerhin spürte sie bei diesem Jungen keine Feindschaft oder dergleichen, aber Sirius… Unsicher blickte sie zu ihrem wilden Freund, der den größten Teil seiner Familie verachtete wie den Teufel persönlich. Die Malfoys standen ganz oben auf seiner Liste. Was dachte er da wohl jetzt? Die Antwort war ganz deutlich in Sirius’ Gesicht zu sehen. Das war nicht gut! Das war gar nicht gut! Das musste unbedingt unterbunden werden! Zaghaft berührte sie Remus am Arm, der fast erschrocken zu ihr sah. Eine Geste später wandte sich sein Blick auf die andere Seite zu Sirius hinüber, der mit einem Gesicht zwischen Harry und Draco hin- und herblickte, das irgendwo zwischen Unglauben, Wut, Hass, Verzweiflung und etwas Unbekanntem lag. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und zitterten leicht. Remus schüttelte seine eigene Starre ab. „Atmen nicht vergessen, Tatze.“, sagte er und schüttelte den anderen ein bisschen, hielt ihn vorsichtshalber aber am Arm fest, damit er nicht auf die Idee kommen konnte, sich auf den jungen Malfoy zu stürzen. Doch Sirius verfolgte andere Pläne. Aus seinem Schock gerissen, verengten sich seine Augen hasserfüllt, er riss die Hand hoch, in der er noch immer den Zauberstab hielt und mit einer harten Geste schleuderte er dem Slytherin seinen Fluch entgegen. „Crucio!“ Erschrockene Stille, nun zum zweiten Mal, aber entgegen aller Befürchtungen krümmte sich Draco nicht schmerzerfüllt wimmernd am Boden. Hermione seufzte erleichtert auf und auch Ron schien erleichtert. Remus fiel förmliche in Stein vom Herzen, bevor er böse knurrte. „Was sollte das denn?“, schrie er seinen Freund zornig an. Das Adrenalin hatte seinem Geist erst Sekunden später wieder Platz zum Handeln gelassen und jetzt war er sauer. „Hast du sie noch alle, diesen Spruch auf ein Kind anzuwenden?!“ „Sie haben mit Harry das gleiche gemacht!“, zischte Sirius, hob noch einmal den Stab, der von Remus ärgerlich wieder hinuntergedrückt wurde. Er stand jetzt schützend zwischen seinem Freund und den Kindern. „Aber dafür kann er doch nichts! Der Junge war nicht mal dabei!“, rief er. „Sirius! Reiß dich zusammen! Du führst dich auf, wie ein…“ „Ich lasse nicht zu, dass er ihn mir wegnimmt! Ich habe zu lange gewartet!“ Leise, die Worte, mehr Gedanken, die ihren Weg nach draußen gefunden hatten. „Das werde ich niemals…“ Remus Lippen verzogen sich zu einem schwachen, kummervollen Lächeln, konnte er doch nachvollziehen, was der Animagus empfand, doch das rechtfertigte doch keinen Crucio! Und dann war plötzlich Harry neben ihm und tauchte unter seinem Arm hinweg. Mit einer sanften Geste und einer seltsamen Anmut umarmte er Sirius, drückte sich gegen ihn. Eine vollkommen unkomplizierte Geste. „Spinner.“, flüsterte der Junge kaum hörbar. „Niemand nimmt mich dir weg.“ Sirius’ Augen weiteten sich, wurden wieder klar, als er auf den Jungen an seinem Bauch hinuntersah. Ganz langsam legte er die Arme um ihn. Es schien, als könnte er diese Worte nicht fassen, nicht glauben. Gerade noch, als er Harrys glückliches Lächeln gesehen hatte, wie er den blonden, misstrauisch dreinblickenden Jungen umarmt hatte, der den verhassten Namen trug, hatte er gedacht, Harry würde gehen, sich gegen ihn entscheiden, aber nun… Unglaublich, wie schnell dieses Kind ihn beruhigen konnte. Außer ihm hatte das nur James geschafft. Niemand sonst. Nicht einmal Remus. Er drückte Harry an sich, schloss die Augen und bestätigte sich gedanklich noch einmal die Worte. Zusammen mit dieser Geste waren sie pure Wahrheit. Irgendwann drehte sich Remus schließlich entschuldigend lächelnd zu den betretenen Kindern um. „Also dann… Nachdem das geklärt ist… Wie wäre es mit Tee? Tonks?“ Sofort kam Leben in die junge Hexe, die bis dahin ebenfalls betroffen da gestanden hatte. Wie ein Wirbelwind klatschte sie in die Hände, hüpfte förmlich auf Ron, Hermione und Draco zu und schob sie vor sich her in Richtung Wohnzimmer. Doch bevor sie die Tür ganz passiert hatten, fing Remus noch einen Blick auf, der ihn wunderte. Dracos Augen waren nicht böse, nicht auf ihn gerichtet, nicht eifersüchtig, wie er erwartet hatte. Sie waren mitleidig und tief auf ihrem Grund schmerzerfüllt, während die Lippen seltsam zusammengepresst waren. Interessant… Die Tür fiel zu. „Siehst du, Tatze, alles nicht so schlimm. Du hast überreagiert!“ Die beiden Schwarzhaarigen lösten sich wieder voneinander. Sie waren ruhig und Sirius lächelte so seltsam. Remus spürte plötzlich, dass sich ihm offenbarte, was ihn schon die ganze Zeit an Sirius beschäftigt hatte: Er liebte den Jungen über alles. Nicht auf körperlicher Ebene, aber auf spiritueller. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass sein Freund nur noch für Harry lebte. Es schien, als wäre er nur für ihn aus Askaban geflohen, hätte sich nur für ihn in die Höhle des Löwen gewagt, um ihn vor Wurmschwanz zu schützen. Nur für ihn war er immer hier in der Nähe von Hogwarts geblieben und nur für ihn war er auf die Todesser losgegangen im Sommer. Alles nur für Harry. Der Gedanke an Harry verlieh ihm diese erstaunliche Kraft, die ihn so sehr verwundert hatte. „Tu das bitte nie wieder.“, sagte der Junge leise, brach damit die Stille und weckte Remus’ Aufmerksamkeit wieder. „Er gehört nicht mehr zu Voldemorts Anhängern. Greif ihn nicht mehr an. Das hat er nicht verdient.“ Der schwarzhaarige Mann zog misstrauisch und düster die Augenbrauen zusammen. „Nicht, solange er brav ist.“, lautete seine Antwort. „Gar nicht!“ Harrys Gesicht wurde flehend. „Bitte! Er hat mir so sehr geholfen…“ An Sirius’ Mimik war deutlich zu sehen, dass er zauderte. Es fiel ihm sichtlich schwer, ein solches Versprechen ohne weiteres zu geben, da er nicht wusste, woran er war. Dennoch tat er es: „Ist gut. Wenn du es so willst…“ Er war ernst und Remus wusste trotzem, dass er das Versprechen brechen würde, sollte sich Draco Malfoy als Gefahr für Harry herausstellen. Ihn konnte er nicht täuschen, dafür kannte er ihn zu lange. Die Antwort war zu schnell gekommen. Gemeinsam folgten sie den anderen schließlich ins Wohnzimmer, wo Hermione und Ron in der Küche zu sehen waren, wo sie Tee machten, denn der, den Remus zuvor gebracht hatte, würde nicht für alle reichen. Tonks saß mit unglücklichem Gesicht auf dem Sofa, eine halbe Tasse in jeder Hand. Ihr trübseliger Blick traf Remus, der wissend liebevoll lächelte, kommentarlos den Zauberstab zog und den Scherbenhaufen an der Tür wieder zu Tassen machte und diese auch gleich auf den Tisch schweben ließ. Kurz darauf kamen Ron und Hermione wieder ins Zimmer, jeder eine große, schwarze Kanne vorsichtig in den Händen balancierend. „Eure Küche ist klasse!“, verkündete Ron begeistert zur Begrüßung und brachte damit seine Freundin dazu, missmutig die Lippen zu schürzen. „Von Sicherheitsvorkehrungen habt ihr aber noch nichts gehört, oder?“ Sirius rollte mit den Augen, aber er schien noch immer damit zu hadern, was sich in seiner Abwesenheit in seinem kleinen Schützling getan hatte, weshalb Remus selbst antwortete: „Ihr vergesst, dass dieses Haus nur dafür errichtet wurde, dass ich hier toben konnte, da hat doch keiner an Sicherheit gedacht.“ Nachdenklich hielt Ron einen Moment inne. „Gewonnen.“, erklärte er schließlich und stellte seine Kanne auf den Tisch neben die beiden anderen, dann zog er Hermione mit sich auf einen der ausladenden Sessel, auf dem sie bequem beide Platz hatten. Harry, Sirius und Draco besetzten die Couch, Harry natürlich in der Mitte, und Remus setzte sich neben seine Freundin. Tee wurde ausgeschenkt und Schweigen breitete sich aus. Irgendwie herrschte eine wirklich unangenehme Atmosphäre. Der einzige, der die ganze Zeit glücklich lächelte, war Harry. Er hatte jeweils eine Hand von Draco und Sirius genommen und schien absolut zufrieden. Schließlich räusperte sich Remus. „Sagt mal, könnt ihr Kinder mir mal erklären, wieso ihr eigentlich da seid?“ Es war der verzweifelte Versuch, ein Gesprächsthema zu finden. „Wir haben Sirius auf der Karte gesehen und Krummbein hat uns hergebracht.“, erklärte Hermione stolz und deutete auf das zerfledderte Tier, das vor nicht mal einer Minute auf Tonks’ Schoß gesprungen war, um sich kraulen zu lassen. „Wir wollten ihn besuchen.“ „Und Draco hat gesehen, wie Harry hierher ging.“ „Und könnt ihr mir auch sagen, was das eben war? Sirius’ Zauber hat nicht funktioniert – zum Glück, wie ich sagen muss – aber ihr ward nicht besonders überrascht, dabei würde sich jeder normale Zauberer da schon Sorgen machen. Ich hab es ausprobiert. Ich konnte auch nicht zaubern, kurz darauf ging es dann aber wieder. Woher kommt das?“ Ron und Hermione blickten zu Harry, der still vor sich hinlächelte. Auch Draco richtete seine Aufmerksamkeit auf den Schwarzhaarigen, so dass Remus und Tonks es ebenfalls taten. Zugzwang Harry, oder? „Er ist ein Magus.“ Mit diesen Worten ließ Sirius die Gesichter aller Anwesenden entgleisen. Er grinste und wuschelte seinem Patensohn mit der freien Hand durch die langen Haare, dass Kikuileh empört aufschrie und ihn mit wüsten Beschimpfungen bedachte, die von Harry beendet wurden, als er sie mit beiden Händen aus der Luft fischte und beruhigend kraulte. „Ja, stellt euch vor. Harry Potter, unser kleiner Sonnenschein und Hoffnungsträger, ist ein echter Magier mit dem Talent, die Welt zu verändern!“ Der schwarzhaarige Mann klang begeistert und Harry senkte beschämt den Kopf. „Albus ist sogar der Meinung, er wäre begabter als er selbst!“ „Albus… hat das gesagt?“ Remus war fassungslos, was Tonks ein wenig irritierte. „Was hast du?“, fragte sie und zupfte an seinem Ärmel. „Ist doch großartig!“ Ein kurzer böser Blick traf sie, dann waren Remus’ Augen wieder auf Harry gerichtet. „Du scheinst das ja zu wissen, Harry.“ Der Junge zuckte mit den Schultern. Klar wusste er davon. Er hatte es ja herausgefordert. „Und warum erzählst du uns das dann nicht?“, wollte der Werwolf wissen. „Du schreibst Tatze doch ständig Briefe! Da hättest du das doch erwähnen können!“ Irgendwie klang er aufgelöst. Die Nachricht hatte ihn wohl kalt erwischt und die Verschwiegenheit des Sohnes seines ehemals besten Freundes kränkte ihn ein wenig. Es war Draco, der die zu entstehen drohende Stille verhinderte. Er wusste, dass Harry dazu eigentlich nichts sagen wollte, weil er den Rummel um seine Person nicht mochte, aber selbst in seinen Augen wurde es langsam notwendig. „Ich glaube, jetzt ist es an dir, das zu erklären.“, flüsterte er Harry auffordernd ins Ohr. Dieser grinste falsch. „Meinst du? Und was soll ich sagen?“ „Seit wann?“, forderte Remus streng die Antwort. Harry zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es erst seit kurzem.“ „Aber…“ Ein leises Lachen erklang, lockerte die angespannte Stimmung ein wenig auf. „Woher soll ich das wissen? Noch bevor ich auf die Schule gekommen bin, hab ich meinen Cousin in ein Schlangenterrarium befördert, indem ich die Scheibe entfernt habe!“ Jetzt war Remus still. „Magus ist man von Geburt an.“, warf Tonks plötzlich ein. Sie amüsierte sich sichtlich über ihren sprachlosen Geliebten. „Aber ob man diese Fähigkeit weiterentwickelt, hängt vom Einzelnen ab.“ „Weise Worte, Nymphadora.“ „Draco! Ich warne dich!“, blitzte das bunte Fräulein auf. „Du wirst deines Lebens nicht mehr froh, wenn du mich noch einmal so nennst!“ Es konnte Draco nicht das breite, herausfordernde Grinsen aus dem Gesicht wischen. Im Gegenteil. Ron, Hermione, Harry und Sirius wurden von ihrer Reaktion zum Kichern verführt, versuchten es auf die eine oder andere Weise zu verstecken - oder auch nicht. Sirius grinste sie so begeistert an, dass der wütende Blick sich augenblicklich angriffslustig auf ihn richtete. Remus seufzte und lehnte sich erleichtert zurück. „Die Streithähne sind einer Meinung. Jetzt ist alles wieder gut.“, war sein Kommentar und es ließ das Lachen von Ron und Harry ausbrechen. Sirius und Draco blickte einander an, fassungslos, nicht glauben wollend, dass das wirklich und wahrhaftig passiert war, wo sie doch beide im Stillen beschlossen hatten, dem anderen niemals Recht zu geben. Zum Glück aller Anwesenden beschlossen sie beide, es zu ignorieren und sich stattdessen dem Lachen anzuschließen. Harry jedenfalls war glücklich. Hier waren alle, die er mochte, an einem Ort versammelt und hielten Kaffeeklatsch! Schöner konnte es doch gar nicht mehr werden. „Wir brauchen Kuchen!“, rief Tonks schließlich vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. „Ich bekomme Hunger. Diese Aufregung!“ Die Worte lösten noch einmal Gelächter aus und Hermione stand auf, um einen Fertigkuchen aus dem Kühlschrank zu holen, den sie dort vorhin gesehen hatte. Kurz darauf war jeder mit einem Stückchen beschäftigt. Doch die Stimmung wurde durch Tonks’ nächste unbekümmerte Frage wieder gedämpft. „Wie kommt es denn, dass du jetzt auf unserer Seite stehst, Draco?“ Das war natürlich etwas, das hier jeden interessierte, und schon war Draco Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Seine Miene wurde eisig und verschlossen. „Das geht hier niemanden etwas an!“, knurrte er fast drohend. „Ho, ho! Nun mal langsam.“, versuchte Remus ihn mit einer beschwichtigenden Geste zu beruhigen, schickte einen warnenden Blick zu Sirius, der sofort auf dem Sprung war, zu protestieren. „Warum willst du so etwas nicht erzählen. Darauf kannst du stolz sein!“ Draco erwiderte seinen fragenden Blick störrisch und angriffslustig. Er hatte keine Lust, ihnen das zu sagen! Sie würden ihn doch eh nur auslachen, wenn er ihnen den Grund nannte. Wenn sie ihm nicht glaubten, dann sollten sie es eben sein lassen! Schließlich stand Harry auf. Er wirkte entschlossen und ein wenig traurig und nur ein Lächeln verriet diese Gefühle. Vorsichtig lehnte er sich vor, ließ sich von Kikuileh leiten, und berührte den Blonden an der gekräuselten Stirn, als wollte er sie glatt streichen. Seine Haare bewegten sich sachte, als wäre Zugluft in dem Raum, knisterten leise. Nur kurz verharrte er bei seinem Freund, richtete sich dann wieder auf und ging weiter zu Ron, der diesem am nächsten saß, tat bei ihm das gleiche. In seiner geschlossenen linken Hand begann es hell zu leuchten, doch er achtete gar nicht darauf, sondern vollführte seine seltsame Geste auch bei Hermione, die daraufhin wie erstarrt war. „Harry?“ Sirius war leicht verwirrt, ob des seltsamen Verhaltens, genau wie die anderen, die jedoch schwiegen. Jeder konnte diese feierliche, ein wenig schwere Atmosphäre spüren. Tonks gab ein leises, ächzendes Geräusch von sich, als Harry zu ihr kam, sie ebenfalls kurz an der Stirn berührte. Das Leuchten in seiner Hand nahm daraufhin eine andere, eine dunklere Farbe an, bis er zu Remus ging. Bei ihm hatte er ein kleines Problem, kam nicht an seine Stirn heran. Der Werwolf musste sich vorlehnen, bevor Harry die Prozedur bei ihm durchziehen konnte. Es kribbelte leicht in seiner Stirn, breitete sich bis in die Fingerspitzen aus und hielt auch noch an, als die kühlen Finger sich längst wieder von seiner Haut gelöst hatten. Was war das für ein beklemmendes Gefühl? Der letzte, der sich dem unterziehen musste, war Sirius. „Harry, was soll das werden?“, fragte er, bekam jedoch keine Antwort, als Harry wieder zu Draco ging, ihm ein zweites Mal über die Stirn strich. In diesem Moment verlosch das Leuchten in seiner Hand und er seufzte erleichtert auf. Lächelnd öffnete er die Hand und händigte dem Blonden eine Kugel aus Kristall aus, in der in milchigen Schlieren Nebel waberte. „Du kannst es ihnen sagen.“, erklärte er leise. Er klang erschöpft und müde. „Sie können nicht mehr darüber reden.“ Perplex starrte Draco auf das Kleinod, dann zu Harry hinauf, der noch immer schwach lächelte. „Was…“ „War das ein Geheimniszauber?“, fragte Remus ehrfürchtig. Harry nickte und ließ sich schwer wieder auf seinen Platz fallen. „Ihr könnt nicht mehr mit anderen über das sprechen, was er sagt. Ich vertraue euch, aber das heißt nicht, dass Veritaserum euch nicht die Zunge lösen kann.“ Er senkte ein wenig den Kopf. „Tut mir leid, aber Dray ist in Gefahr, wenn es jemand erfährt, der Macht über ihn hat. Die Slytherins würden ihn zerreißen.“ Sprachlos blickte der Blonde Harry an. Dass er so etwas für ihn getan hatte! Dass er sich solche Gedanken um ihn machte, solche Sorgen. Es war so seltsam, hatte bisher kaum einer sich wirklich um ihn gesorgt als eher um den Ruf, den er nach außen zu tragen hatte. Er gab Harry einen sanften Kuss. „Danke.“, wisperte er, doch Harry lächelte nur müde und ließ sich dann gegen ihn sinken, schloss einfach die Augen. „Du kannst das Geheimnis freigeben, wenn du die Kugel zerstörst.“, murmelte er noch, dann seufzte er zitternd und versteckte die Hände in seinen Umhangtaschen, als wäre ihm kalt. Das war der Moment, in dem Hermione aufmerkte. Seine plötzliche Blässe, das Zittern, das so seltsam anmutende Suchen nach einer Wärmequelle… Sie hatte plötzlich eine Ahnung, ein schlechtes Gefühl. Mit zwei Schritten war sie bei ihm, blickte ihm misstrauisch ins Gesicht. „Harry, gib mir bitte deine Hand.“ Widerspruchslos tat er, was sie verlangte, und bestätigte ihre Ahnung. Seine Finger waren eiskalt. Ähnlich kalt wie damals oben im Gryffindorturm. „Du bist ein Idiot!“, schimpfte sie. „Du hast dich überanstrengt. Schon wieder! Wann lernst du, das zu kontrollieren?“ Mme Pomfrey hatte ihr ausführlich erklärt, was der Grund für seine schlechte Verfassung gewesen war, so dass sie es im Notfall wieder erkennen konnte. „Mir ist kalt.“, kam es leise von dem Schwarzhaarigen. „Schon klar.“, murrte sie, wühlte längst in ihren Umhangtaschen. „Was ist denn los?“, mischte sich Sirius besorgt ein. Er hatte ebenfalls Harrys Hand genommen, um zu sehen, was Hermione so beunruhigt hatte. Diese Kälte war schon nicht mehr natürlich. Das Mädchen seufzte. „Harry neigt dazu, seine Energie überzustrapazieren. Hier, trink das!“ Endlich hatte sie das Fläschchen gefunden und reichte es ihrem Freund nun. „Mme Pomfrey hat es mir gegeben, falls das wieder mal passiert.“ Gute, vorausschauende Poppy… Harry nahm die Phiole und trank den Inhalt in einem Zuge leer, danach gab er sie in ihre wartenden Hände zurück. „Das ist schon einmal passiert?“ Remus fragte ganz vorsichtig, als würde er befürchten, es noch schlimmer zu machen. „Das alles, mit Geheimniszauber?“ Ron nickte, schüttelte dann den Kopf, während Draco seinen Arm um Harry legte und Sirius seine Hände nahm, um sie ein wenig zu wärmen. „Einen Geheimniszauber hat er damals nicht gemacht, aber er hatte das schon einmal. Damals hätte er uns beinahe alle abgefackelt.“ „Abge…“ „Du übertreibst immer, Ron.“, unterbrach Hermione Sirius’ entsetzte Nachfrage und setzte sich wieder auf ihren Platz neben ihn. Sie wusste ja, dass Draco und Sirius sich jetzt um Harry kümmern würden. Sie hatte ihren Teil getan. „Er hat ein Feuer im Kamin gemacht, das war alles.“, erklärte sie. „Ja und das bei vierzig Grad im Schatten!“, ergänzte Ron mit einem schiefen Blick auf seine Freundin, dann sah er zu Harry hinüber. „Nicht wahr, Harry?“ Es kam keine Antwort. „Harry?“ „Lass ihn schlafen, Ron.“, sagte Tonks lächelnd. Sie hatte das wohl als einzige bemerkt, denn die anderen wirkten geschockt. Aber Harry schlief wirklich friedlich in Dracos Armen, sein Gesicht weich und im Schlaf völlig entspannt. „Eingeschlafen.“ Sirius lachte. „Einfach so. Mitten im Gespräch. Wie James!“ Remus begann ebenfalls zu lachen. „Ja. Ganz der Vater.“ „Nur mächtiger.“ Tonks’ Stimme klang ernst durch das Amüsement. „Im Gegensatz zu James kann er den Unnennbaren ganz sicher besiegen.“ „Du solltest das nicht sagen.“, tadelte Remus sie. „Albus wird niemals zulassen, dass er so etwas Gefährliches tut.“ Sie schickte ihm einen giftigen Blick. „Und du meinst, er lässt sich aufhalten? Hat er das je getan?“ Sirius nickte zustimmend und strich mit den Daumen über die trockene Haut. „Apropos Albus. Er hat uns aufgetragen, Harry mitzunehmen, damit genau das nicht passieren kann. Diesmal will er ihn in Sicherheit wissen.“ „Was?!“ Draco fuhr wie von der Tarantel gestochen auf. Die Ruhe, die Zufriedenheit mit der Situation, die ihn überkommen hatte, war wie weggeblasen. Harry würde tatsächlich verschwinden? Ihn alleine lassen? „Das geht nicht!“, rief auch Ron. „Da draußen ist er nicht sicher! Diese Ratte von Lord wartet doch nur darauf, dass er Hogwarts verlässt, damit er ihn umbringen kann!“ Zustimmend nickte Hermione und auch Draco nickte bejahend. Er war ganz blass geworden. Seine Hand krallte sich um die kleine Kugel, die er gerade noch von Harry bekommen hatte. „Im Black-Haus wird er sicher sein. Da kommt der Unnennbare nicht hinein.“, antwortete Remus stirnrunzelnd. „Aber warum sollten wir ihn mitnehmen? Wir haben weitaus wichtigere Dinge zu tun, als einen Jungen zu bewachen.“ „Er hat seine Kraft nicht wirklich unter Kontrolle.“, erklärte Sirius mit einem hilflosen Schulterzucken. „Albus will, dass wir ihm das beibringen und ihn von dummen Gedanken abhalten.“ „Nicht unter Kontrolle?“, fuhr Remus auf. „Er hat gerade einen verdammten Geheimniszauber angewandt!“ „Und viel zu viel Energie dabei verbraucht.“ Dracos Stimme klang ein wenig bekümmert. „Wie kommst du darauf?“ „Sonst hätte er den Trank gerade nicht gebraucht.“, erklärte Hermione düster, doch Draco schob nur wortlos den rechten Ärmel seines Freundes nach oben, präsentierte ihnen den Arm. Unter dem silbernen, ziselierten Reif war die Haut gerötet und verbrannt. Remus stand auf, kam zu ihm und nahm den Arm in die Hand, Sirius war blass geworden. „Silberranke?“ Fassungslos starrte er Draco an und war von einer Sekunde auf die nächste richtig wütend. „Wo hat er die her?“ „Snape hat sie…“ „Diese Stinkmorchel!“, fuhr der Schwarzhaarige auf, bevor Draco noch zu Ende gesprochen hatte, und die schwarzen Augen verengten sich zu Schlitzen, als er wütend aufstand und Anstalten machte, zu gehen. Remus blickte ihn misstrauisch an. „Wo willst du hin?“ „Ich stell ihn kalt!“ Der Mann hatte schon die Tür erreicht, als Remus’ autoritäre Stimme ihn zurückhielt. „Bleib hier! Snape hatte sicherlich seine Gründe!“ „Ja, Rache!“, grollte Sirius böse. „Dafür, dass er James’ Sohn ist!“ „Setz dich wieder hin!“, befahl Remus ungnädig und wartete noch genau so lange, bis der Schwarzhaarige getan hatte, was er wollte, dann wandte er sich zu Harry um, schlug mit seinem Zauberstab gegen den Armreif, woraufhin sich dieser öffnete und mit einem leise knisternden Blitzen in seine Hand fiel. Er legte ihn auf den Tisch, wandte dann einen Heilzauber auf die zerstörte Haut an, doch ganz konnte er sie nicht mehr heilen. Es hatte zu lange gedauert und so blieben Narben zurück. Fein, weißlich blau auf blasser Haut. „Ich kann das nicht verstehen. Wie konnte Albus das zulassen?“, murmelte der Werwolf leise, strich sachte darüber. „Er ist doch kein Verbrecher…“ „Die Lehrer halten ihn für gefährlich.“ Dracos Stimme war ebenfalls leise. „Sie überwachen ihn rund um die Uhr, hat er gesagt.“ „Er hat es also wirklich bemerkt.“, seufzte Sirius, seine Wut darüber, dass Remus ihn aufgehalten hatte, vergessend. „Das ist auch ein Grund, warum er mitkommen soll. Albus befürchtet, dass er daran zerbricht.“ „Was er ohne diesen Zauber wohl auch getan hätte.“ Ron zustimmend, nickte Draco, drückte seinen Schatz etwas enger an sich. „Er wird nervös, wenn er beobachtet wird.“ Wieder seufzte Sirius, griff wieder nach Harrys freier Hand. „Ich weiß. Er reagiert sensibel auf so was. Das war schon immer so.“ Er wusste das aus eigener Erfahrung, als er Harry bewacht hatte. Immer hatte Harry einen kurzen Blick auf ihn erhaschen können, jedes Mal hatte er ihn bemerkt. „Wir werden ihn also mitnehmen, damit er sicher vor sich selbst ist.“ „Inoffiziell.“, bestätigte der Hund Remus’ Zusammenfassung leise. „Ich bin einverstanden.“, meldete sich Tonks ruhig zu Wort, was Remus etwas irritiert aufsehen ließ. Die sonst bei ihr vorhandene, überschäumende Begeisterung fehlte irgendwie. „Tonks?“ „Er tut mir leid. Es hat vorhin nicht so gewirkt, aber er hat es nicht leicht.“ „Wie meinst du das?“ „Vorhin hat es gewirkt, als hätte er zum ersten Mal seit langem innerlich Ruhe empfunden.“ „Wie kommst du darauf?“ „Woher weißt du das?“ Ron war im Gegensatz zu Remus auf andere Weise verwundert und gab ihr mit seiner Frage Recht. „Ich weiß nicht. Es war nur so eine Idee. Ein Eindruck.“ „Du bist wirklich gut.“ Draco lächelte seine Cousine anerkennend an. „Er war nervös, selten gesprächig, hat sich zunehmend zurückgezogen.“ Sie lächelte leicht. „Du wolltest etwas erzählen.“, wies sie, sprunghaft wie sie war, freundlich darauf hin, was vorhin unterbrochen worden war. „Was soll es denn da zu erzählen geben?“, gab er zurück, sogleich wieder abwehrend. „Na ja. Den Grund, zum Beispiel.“, lächelte Tonks aufmunternd. „Immerhin warst du bis vor kurzem bekennender Bösewicht.“ „Bin ich immer noch!“ Für diesen Satz bekam er von Sirius eine Kopfnuss. „Red nicht so einen Blödsinn! Dann würde er sich ja wohl kaum darum bemühen, einen Geheimniszauber zu wirken, um dich zu schützen.“ „Nur weil ich meinen Vater und die Leiche nicht mehr leiden kann, heißt das noch lange nicht, dass ich auf der Seite der Guten stehe!“, empörte sich Draco böse und funkelte Harrys Paten an. Wäre ja noch schöner, wenn er jetzt noch als wirklich gut gelten würde! Er war doch kein Weichei! „Ach nein?“, kam die Herausforderung prompt zurück. „Nein!“ „Auf wessen Seite stehst du dann?“, wollte Hermione ruhig wissen, aber aus ihrer Haltung sprach der Ernst. Draco deutete mit dem Zeigefinger auf Harry. „Auf seiner!“ Sein Blick war aufmüpfig und in gewissem Sinne stur. Remus lachte. „Und weil er auf unserer Seite steht, tust du das auch?“ Gottchen, wie kindisch konnte man denn mit fünfzehn Jahren noch sein? Der Blonde schüttelte den Kopf. „Wenn ihr etwas tut, das ihm schadet…“ „Dann sind wir uns ja einig!“, schloss Sirius, ihn unterbrechend, und warf Draco einen warnenden Blick zu, der nicht minder scharf erwidert wurde. „Aber warum hasst du plötzlich deinen Vater?“ Remus blieb sachlich, auch wenn diese Szene ziemlich amüsant war. Sirius war immer lustig anzusehen, wenn er jemanden gefunden hatte, mit dem er konkurrieren konnte. Draco fiel es jedenfalls sichtlich schwer, das zu sagen. Seine Haltung war abwehrend. Und dann lachte Tonks plötzlich. Sie hatte eine Idee. „Kann es sein… Ist es, weil sie ihm das angetan haben?“ Sie deutete auf Harry, der im Schlaf leise vor sich hinmurmelte. „Im Sommer, der Angriff auf ihn…“ Graue Augen funkelten sie an, in ihnen eine Mischung aus ertappt und böse, weil sie es wagte, darüber zu lachen. „Ist nicht dein Ernst!“ Ron konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Wie lange himmelst du ihn denn schon an?“ Blasse Augenbrauen zogen tiefe Falten auf Dracos Stirn. „Du hast dich in ihn verguckt und deshalb mit deinem Vater gebrochen? Weil er Harry verletzt hat? Nein, weil er jemandem geholfen hat, der ihn töten wollte?“ Sirius konnte das nicht glauben. „Nur deshalb?“ „Reicht das nicht?“, fragte Hermione lächelnd, damit einen Streit im Keim erstickend. „Immerhin hat er einen Grund, den jeder hier nachvollziehen kann.“ Ein leises Murmeln ließ alle zu Harry blicken, der noch ein wenig tiefer gesunken war, jetzt Dracos Hand hielt. „Doch… schon…“, gab Sirius widerwillig zu. „Immerhin hat er auch Dudley Dursley verschont.“, warf Remus noch ein. Draco seufzte. „Woher weißt du das denn schon wieder?“ Irgendwie hatte er das Gefühl, hier nicht wirklich ernst genommen zu werden. Als hätten sie das alles schon gewusst und taten das jetzt nur noch, um ihn zu ärgern. „Snape.“, lachte der Werwolf augenzwinkernd. „Er ist auch im Orden und hat uns erzählt, dass du diesen Auftrag hattest.“ „Was’n für’n Orden?“, murrte der Blonde. Er glaubte Remus, glaubte zumindest, dass dieser es verstand, immerhin wusste er ja auch, dass Snape für diese Menschen hier in den Reihen der Todesser spionierte. Aber von einem Orden hatte er noch nichts gehört. „Tja, dann sollten wir unsere jüngsten Mitglieder mal darüber aufklären.“ Remus lehnte sich zurück. „Wir sind Mitglieder?“ Ron war sichtlich verwirrt. „In einem Orden, den wir gar nicht kennen?“ Aus Hermione sprach die Skepsis. „Wieso wissen wir davon nichts?“ „Oh, das liegt daran, dass Albus nicht wollte, dass ihr es schon erfahrt. Ron, deine Eltern sind Mitglieder und das schon ziemlich lange. Und auch Harrys Eltern waren in dem Orden des Phönix’. Sie waren sogar Mitbegründer.“ Er lächelte in die Runde. „Und da ihr drei schon häufig auf unserer Seite gekämpft habt…“ „Harrys Eltern waren Begründer? Wie lange existiert dieser Orden denn schon?“ „Oh, so etwa siebzehn Jahre, vielleicht ein, zwei länger.“ „Okay, und was genau ist dieser Orden?“ „Wir planen gegen den Unnennbaren. Seit er wieder da ist, haben wir entgegen Fudge und den Rest der Welt Zauber über Hogwarts gelegt, die dieses schützen. Wir haben auch bestimmte Orte vor den Blicken der Todesser verborgen. Der Orden bemüht sich, alles zu tun, um die Bevölkerung Englands zu schützen!“ „Ohne ihr Wissen?“ „Zu unserem Bedauern, ja.“ „Klasse!“ Hermiones Augen begannen zu leuchten. „Wie bei Robin Hood!“ „Robin Hood?“ „Ach Ron, es täte dir wirklich gut, etwas mehr zu lesen.“, seufzte das Mädchen. „Ja?“ „Robin Hood war Squib, aber durchaus talentiert in allem anderen.“, begann Tonks zu schwärmen. „Er hat sich gegen Tyrannei gestellt und den Armen und Muggeln geholfen!“ „Die Welt verehrt ihn als Helden, selbst Muggel kennen ihn!“ „Es gibt viele Bücher über ihn!“ „Und Filme!“ Hermione und Tonks überschlugen sich fast, während Ron verwirrt zwischen beiden hin- und herblickte. „Er soll unglaublich schön gewesen sein!“ „Ist ja schon gut!“, murrte der Rotschopf schließlich und Hermione lachte leise. „Hey. Nicht eifersüchtig sein. Er ist doch eh schon tot.“ Ron bekam einen Kuss. „Wie kommt es, dass du so gar nicht überrascht bist, dass die Fledermaus auf unserer Seite steht?“, fragte Sirius plötzlich lauernd an Draco gewandt. „Warum sollte es mich überraschen? Er hat es mir schließlich selbst gesagt.“ „Er hat es…“ Sirius kam sich gerade wirklich reichlich verarscht vor. Das hätten Albus und Snape ihm doch sagen können, dann hätte er sich die Aktion am Anfang sparen können! „Mit diesem dämlichen Zauber. Ich kann nicht darüber reden.“ Der Blonde seufzte und blickte auf das blasse Gesicht seines Partners herab, aus dem ihm grüne, leere Augen entgegenleuchteten. Er begann zu lächeln. „Du bist wieder wach? Geht es dir jetzt besser?“ Tumult brach aus und in der nächsten Stunde musste Harry sich hunderten von Fragen stellen. Die meisten zielten auf seine Magie, aber er konnte längst nicht alle beantworten. _------------_ ^^ Und, war das Kapitel zu eurer Zufriedenheit? Na gut, ich muss zugeben, dass es mir etwas schwer fällt, diesen unglaublichen Beschützerinstinkt / Verlustangst von Sirius zu schreiben, aber andererseits gefällt mir die Vorstellung, dass er so besitzergreifend ist. Nun denn, ich werde mich bemühen, das nächste Kapitel schneller hoch zu laden. In diesem Sinne; Mada mada dane! *wink* Abschied -------- uTitel: Abschied Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 37: Abschied Draußen regnete es noch immer. Wahre Wassermassen stürzten herab, peitschten über das Land und durchnässten die vier Kinder erneut erbarmungslos bis auf die Haut. Hastig rannten sie auf das große Tor zu, hatten aufgrund des wütenden Windes regelrecht Probleme die schweren Flügel zu öffnen, doch gemeinsam schafften sie es, kamen schließlich erleichtert ins Trockene. „Merlin, was für ein Sauwetter!“, schimpfte Ron und Hermione pflichtete ihm bei. „Scheußlich! Wir hätten doch dableiben sollen!“ „Wer war denn so dagegen, von wegen Schulordnung und so?“, gab der Rotschopf spitz mit hochgezogenen Augenbrauen zurück und brachte sie damit dazu, rot zu werden. „Ist ja schon gut, ich bin Schuld.“, gab sie sich seufzend geschlagen. Leises, unterdrücktes Gelächter erklang in der Eingangshalle, dazwischen leisere Worte, die dafür sorgten, dass sie alle wieder trocken wurden. Harry hatte Remus’ Zauber vom frühen Abend kopiert. „Genial!“, freute sich Ron. „Bringst du mir das bei? Mione will nicht.“ „Frag Fred. Der kann das auch.“, erwiderte Harry grinsend. „Echt?“ Sie machten sich auf den Weg zu den Treppen. „Ich dachte, die könnten nur den Wasserzauber, der andere nass macht.“ „Na ja, sie müssen wohl auch den Gegenzauber kennen, wenn sie gegen die Rache ihrer Opfer nicht hilflos sein wollen.“, überlegte Hermione laut. „Immerhin sind es Fred und George, nicht wahr? Die sind doch gegen alles gewappnet.“ „Ja, da hast du wohl Recht…“, seufzte der jüngste Weasley theatralisch. „Ihr seid zu laut.“, kam es da von Draco, der missmutig hinterher stiefelte. „Es ist längst Sperrzeit.“ Ron schickte Harry einen kurzen Blick. Das Wort hatte er doch von ihm auch schon mal gehört. Jetzt wusste er immerhin, woher es kam. Aber er hatte den Wink verstanden. Sie waren Vertrauensschüler, alle bis auf Harry. Da machte es sich nicht so gut, wenn man nachts draußen erwischt wurde. Dann erreichten sie das Treppenhaus. Jetzt hieß es, sich trennen, denn Draco musste nach unten, Hermione und Ron nach oben und Harry… Der Schwarzhaarige blieb stehen. „Ich komme nach.“, sagte er. Kikuileh jubelte auf seiner Schulter, hibbelte vor Vorfreude. „Ich werde noch von Dumbledore erwartet.“ „Und danach gehst du, nicht wahr?“ Ron blickte ihn an. „Du kommst nicht mehr hoch, nicht wahr?“ Harry senkte den Kopf. Durchschaut. „Eher nicht.“ „Haben sie dir gesagt, wann du zurückkommst?“, fragte Hermione leise. Ihr war wie den anderen anzusehen, dass es ihr schwer fiel, ihn gehen zu lassen. „Nein.“, nahm er ihr die Hoffnung. „Aber ich streng mich an, dass es bald sein wird.“ Sie seufzte einmal, dann umarmte sie ihn. „Was wird mit deinen Sachen?“ „Werden abgeholt.“ „Verstehe…“ Harry lachte leise. „Sei nicht so niedergeschlagen. Ich sterbe doch nicht, sondern bin nur für ein paar Wochen weg.“ Das braunhaarige Mädchen nickte und verkniff sich den Kommentar, dass die Möglichkeit eines plötzlichen Ablebens außerhalb von Hogwarts durchaus gegeben war. „Hast ja Recht. Aber es gefällt mir trotzdem nicht.“ Ron nahm sie in den Arm. „Mach dir keine Sorgen. Moony, Tatze und Tonks passen schon auf ihn auf. Die drei sind wirklich gut, wie du weißt.“ Er zog Harry ebenfalls heran. „Sei ja vorsichtig.“, sagte er. „Mach keine Dummheiten.“ „Jetzt hört schon auf!“, lachte Harry und strubbelte ihnen beiden durch die Haare, dass sie entsetzt zurückwichen. „Ich werde schon nichts Unüberlegtes tun!“ Sein Lachen steckte die beiden Freunde mit an, vertrieb die vorher so düstere Atmosphäre. „Mach’s gut, Harry.“, rief Ron noch einmal, als sie sich entfernten, zweifellos, um ihm und Draco ein wenig Zeit für sich zu geben, doch als Harry sich umdrehte, war der Slytherin fort. Einfach gegangen. Ohne sich zu verabschieden. Enttäuschung machte sich in seiner Brust breit und er konnte spüren, wie die Tränen sich meldeten, doch er drängte sie zurück, wollte nicht verheult aussehen, wenn er vor Dumbledore trat. Zu oft schon hatte er vor ihm geweint. Aber es tat wirklich unglaublich weh. Er fühlte sich allein gelassen, fast verraten. Warum war er gegangen? Mit unbewegter Miene machte Harry auf dem Absatz kehrt und strebte auf den Wasserspeier in der Wandnische zu, der sich auch ohne Passwort sofort öffnete. Seine Hände waren kalt, seine Schritte langsam. Irgendwie hatte Dracos kalte Geste einen Schalter in ihm umgelegt, der seine Motorik dämpfte. Es war, als würde alles mechanisch gehen. Der Schwarzhaarige erreichte die Tür, öffnete sie nach einem leisen Klopfen und trat ein. Kikuileh beschrieb ihm, dass Dumbledore an seinem Schreibtisch saß und etwas schrieb, die Fenster waren dunkel, die Gemälde schliefen alle. Er konnte Fawks leise gurren hören, ein Hinweis auf seine Träume. In dem Büro herrschte eine seltsam friedliche Stimmung, in der sich der Junge wie ein Eindringling fühlte. Er wollte nicht hier sein, denn sein Herz war für diese Idylle gerade einfach zu schwer. Draco beherrschte seine Gedanken. Und die Frage nach dem Warum. „Guten Abend, Harry.“, riss ihn Dumbledores freundliche Stimme aus den verzweifelnden Gedanken. „Setz dich doch, bitte. Ich bin sofort fertig.“ Nickend tat der Junge, was der Schulleiter von ihm verlangte, und gab dann Kikuileh einen Wink, sie solle keine Rücksicht üben und Fawks endlich begrüßen gehen. Keinen Wimpernschlag später schwirrte sie davon, jubilierte lauthals und rief unentwegt glückliche Begrüßungen. Fawks antwortete sogar. Offenbar war er aufgewacht. Aber auch dieses nett anmutende Geschehen brachte Harry nicht zum Lächeln. Er sollte warten und das gab seinen Gedanken die schreckliche Möglichkeit zu arbeiten. Was sollte er davon halten, dass Draco gegangen war? War er sauer, weil er ging? Wollte er vielleicht plötzlich deswegen nichts mehr von ihm wissen? Lag es an ihm? Oder an Sirius? Oder war es anders? Hatte er vielleicht begriffen, dass er selbst stärker war, und war eifersüchtig, wie Ron es im vierten Schuljahr gewesen war? Er konnte es nicht so recht glauben. Vielleicht hatte sein Pflichtbewusstsein als Vertrauensschüler ihn gehen lassen. Das könnte er nachvollziehen, aber es tat nicht minder weh. Er hätte sich doch zu gerne noch verabschiedet! Vor ihm legte Dumbledore die Feder beiseite und Harry, froh darum, dass es weiterging, lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihn. Alles war besser, als weiter darüber nachzudenken, was mit Draco sein könnte, und in Dunkelheit zu versinken. Alles war besser, als dem Gefühl der Einsamkeit nachzugeben. „Du hast sie also getroffen und weißt schon, worum es geht.“, begann Dumbledore schmunzelnd. „Dass sich Sirius aber auch nie an das halten kann, was abgesprochen ist.“ Harry schwieg, wartete, ob noch etwas kam. Bei Dumbledore war er sich nie sicher, wann er antworten sollte oder nicht. Außerdem… Er hatte gerade keinen Nerv für derartigen Smalltalk. „Und dann treffen deine Freunde auch noch auf die drei. Ist euch bewusst, dass man euch fast als unvorhersehbar einstufen kann?“ Leicht schüttelte Harry den Kopf. Es war wohl als Scherz gemeint, denn ein angenehm weiches Lachen erfüllte den Raum. Er war nicht unvorhersehbar, sonst hätte er mit Sicherheit x-mal mehr Möglichkeiten gehabt, Dinge zu tun, die verboten waren. Noch dazu hatte Dumbledore selbst gesagt, dass er das mit dem Magus bereits vorhergesehen hatte, dass die Blitze nicht von ihm gekommen waren, dass er geahnt hatte, dass der Trank seine Augen nicht heilte… Dumbledore wusste viel mehr, als er nach außen hin zugab, und mit Sicherheit wusste er ganz genau über ihn uns seine Freunde, einschließlich Draco, bescheid. Harry ließ den Kopf hängen. Ob der Mann ihm sagen könnte, warum der Blonde verschwunden war? Wahrscheinlich. Nur fragen wollte er nicht. „Na ja.“ Es schien, als wäre Dumbledore etwas enttäuscht, dass er nicht antwortete, doch er überspielte es mit links. „Ist dir wenigstens bewusst, warum du mit ihnen mitgehen sollst?“ Harry nickte. „Ich bin eine Gefahr für die Allgemeinheit. Die Lehrer haben Angst vor mir, die Schüler haben Angst. Sie meiden oder überwachen mich…“ „Was du zweifellos gut in den Griff bekommen hast.“, warf der Schulleiter lobend ein. Wie immer war das hintergründige Lächeln in der sanften Stimme zu hören. „Sie glauben, ich würde es hier nicht mehr ertragen.“ „Ist es denn nicht so?“ „Und Sie sind der Meinung, dass Sirius besser in der Lage ist, mir ‚Dummheiten’ bezüglich Voldemort auszutreiben.“ Es entlockte Dumbledore ein leises Lachen. Wie scharfsinnig von ihm. Zu schade, dass er davon wusste, denn das würde es für Sirius nicht gerade leichter machen. „Es ist besser so für dich.“, gab er stattdessen einen anderen Grund an. „Und ich denke, dass dir ein bisschen Abstand zu deinen Mitschülern ganz gut tun wird.“ Seufzend nickte Harry. Zumindest was die Zwillinge betraf, hatte er Recht. Abstand zu ihnen würde ihm gut tun. „Sie haben dir die Silberranke abgenommen?“ Verwirrt hob sich Harrys Kopf. Seine linke Hand tastete überprüfend über seinen Arm. „Wann…? Und woher wissen Sie das?“ „Oh, vor nicht allzu langer Zeit waren meine Teetasse und auch die Kanne trocken gelegt und für einen Moment waren trotz des Regens draußen selbst die Fenster trocken.“, freute sich der alte Mann. „Aber deine Haare sind nicht elektrisch aufgeladen.“ „Verstehe.“ Erleichterung machte sich in Harrys Magen breit. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, wie belastend die Angst vor möglichem Schmerz gewesen war. Unglaublich… Wie schön, dass er sich darum keine Gedanken mehr machen brauchte. „Hast du inzwischen begriffen, wie du deine Kraft mehr unter Kontrolle hältst?“, fragte Dumbledore weiter, doch die mitschwingende Hoffnung wurde durch ein Kopfschütteln enttäuscht. „Manchmal geht es. Und manchmal wieder nicht. Ich kann es nicht beeinflussen. Nicht so richtig.“, versuchte sich der schwarzhaarige Junge zu erklären. „Es funktioniert, wenn der Wunsch danach mächtig genug ist, glaub ich.“ Dumbledore nickte wissend. „Das genau ist deine Aufgabe jetzt. Versuche den Wunsch in dir zu stärken. Du musst dir zu jeder Minute bewusst sein, dass du verletzen kannst, dass du das eigentlich nicht willst und deshalb deine Kraft zügeln musst. Verstehst du?“ Die ganze Zeit über hatte er Harry nicht aus den Augen gelassen, der mit unbewegter Miene gelauscht hatte, doch jetzt änderte sich der Ausdruck zu einem undefinierbaren. War das Traurigkeit oder Trotz? Zorn? „Was, wenn ich das gar nicht will?“, kam die Frage, die er wohl von jedem erwartet hatte, nur von Harry nicht. „Was wäre, wenn ich den Wunsch nicht stärken kann, weil mir die Menschen um mich herum egal sind? Was dann?“ „Sind sie dir denn egal?“ „Ja. Nein… Nein, nicht wirklich. Aber ich vergesse sie.“ „Sie vergessen dich.“, stallte Dumbledore schmunzelnd richtig. „Hör zu, Harry. Du bist ein Mensch, der immerzu nur an andere denkt. Als du Hermione vor dem Troll gerettet hast, als du Miss Delacours Schwester aus dem Wasser geholt hast, selbst dann noch, als du Voldemort gegenüber gestanden hast. Du wirst es schaffen. Auf die eine oder andere Art. Mach dir nicht zu viele Gedanken um Dinge, die sein könnten. Konzentrier dich auf deine Magie und hör auf dein Herz. Das weiß immer einen Rat, auch wenn du daran verzweifeln magst.“ Auf diese Rede hin nickte Harry nur. Der Junge schien überhaupt keine Lust zu haben, darauf zu antworten. Oder er war nicht bei der Sache. Ihn schien irgendetwas anderes zu beschäftigen. Schon die ganze Zeit. „Hast du Bedenken, Harry?“ Der Junge lachte leise, aber irgendwie klang es falsch. „Warum? Ich kann mir zum ersten Mal in meinem Leben meinen größten Wunsch erfüllen. Warum sollte ich da Bedenken haben?“ „Und um welchen Wunsch handelt es sich da?“ „Ich kann mit Sirius zusammen leben. Wie eine echte Familie!“ Dumbledore musste bei diesen Worten lächeln. Schon klar. Wo er nie eine echte Familie besessen hatte, musste ihm das jetzt wie ein Segen vorkommen. „Ich wünsche dir alles Gute.“, sagte er und das kam aus tiefster Seele. „Genieße die Zeit und werde stärker, damit du zu uns zurückkommen kannst. Ich drücke dir die Daumen.“ Wieder lachte Harry. „Danke, Sir. Ich Ihnen auch, dass hier bald wieder alles in geregelten Bahnen läuft.“ „Das wird es.“ „Ganz bestimmt.“ Damit stand er auf, winkte noch einmal und war zusammen mit seiner kleinen Fee verschwunden. Dumbledore sah ihm nachdenklich nach. Harry war wirklich erstaunlich. Indirekt hatte der Junge ihm gesagt, dass er vorhatte, zu kämpfen, und einen Augenblick war er versucht gewesen, ihm das ohne zu zweifeln zu glauben, doch zum Glück hatte er dem vorsorglich einen Riegel vorgeschoben. Sowohl Sirius als auch Remus und Tonks würden dafür Sorge tragen, dass Harry nichts und niemandem begegnete, gegen den er kämpfen und verlieren konnte. Sie hatten klare Anweisungen und sie hatten es versprochen. Harry schritt langsam durch die Eingangshalle auf den Ausgang zu. Stärker werden. Das war wichtig. Natürlich würde er stärker werden. Damit seine Pläne greifen konnten! Im Moment konnte er wahrscheinlich nicht einmal Sirius besiegen. Seine Gedanken blieben bei dem hängen, was Dumbledore gesagt hatte: Er sollte lernen, den Wunsch zu verspüren, andere schützen zu können. Diesen Wunsch kannte er längst. Aber er bezog sich halt nicht auf alle. Er hatte zuviel anderes im Kopf, um sich darum zu kümmern, was mit den anderen war. Wie sollte er das schaffen? Im nächsten Moment wurde er gepackt und rücklings mitgezerrt. Und noch bevor Kikuileh es ihm sagte, wusste er, dass es Draco war. Die Schritte, das Gefühl des Griffes, der Geruch… Harry begann selig zu lächeln. Er war doch noch da. Er war nicht einfach gegangen! Plötzlich stoppte Draco, dass Harry noch einen Schritt weiterstolperte, fing ihn ein. Seine Arme schlangen sich um Harrys Schultern, zogen ihn gegen sich und er barg das Gesicht am Hals des Kleineren. Damit verdammte er Harry zur Untätigkeit, denn dieser stand mit dem Rücken zu ihm und konnte sich nicht rühren, ohne den Kontakt zu unterbrechen. Und dennoch lehnte er sich so schwer gegen ihn, dass Draco einfach das Gefühl haben musste, geborgen zu sein. „Ich dachte schon, du wärst gegan…“ Draco schüttelte den Kopf und Harry verstummte. Dann tasteten schmale Hände nach seiner und zogen sie vor seinen Bauch. Und im nächsten Moment hatte er einen Ring am Finger. Kühl, glatt, schlicht. Kein Magiegift. „Der gehörte meiner Großmutter.“, erklang die Stimme von hinter ihm. „Bring ihn mir zurück, ja?“ Deshalb war er also verschwunden. Harry lächelte wieder. Um den Ring zu holen und sich dadurch zu versichern, dass er zurückkam. Und er hatte so schlecht von ihm gedacht. Schande über ihn! „Versprochen.“, flüsterte er bewegt, einen Klos im Hals verspürend. „Ich komme zurück.“ Es war wohl ein Volltreffer. Der Blonde zog ihn fester an sich und Harry konnte ihn beben spüren. Konnte es sein… War das der Grund dafür, dass er nicht wollte, dass er sich umdrehte? Weinte Draco etwa? „Ich werde immer wiederkommen.“, redete Harry beruhigend weiter. „Egal, wo du dann bist. Ich komme zu dir zurück.“ Es dauerte einige Zeit, bis Draco sich soweit gefasst hatte, dass er Harry loslassen und ansehen konnte. Seine Augen waren nicht gerötet und seine Wangen trocken. Er lächelte wehmütig. „Ich will dich gar nicht gehen lassen.“, beichtete er leise. „Es dauert so lange, bis du wieder da bist.“ Harry lächelte schwach. „Ich lerne das Apparieren.“, versprach er ihm. „Dann kann ich dich immer besuchen kommen.“ „Man kann nicht nach Hogwarts apparieren.“ „Nach Hogwarts vielleicht nicht.“ Harry trat auf ihn zu, tastete mit seinen Händen nach ihm und umarmte ihn schließlich. „Nach Hogsmeade aber schon. Mach dir keine Sorgen. Ich finde dich.“ Er besiegelte dieses Versprechen mit einem Kuss. Seine Lippen fanden Dracos so genau, dass dieser die Augen noch einmal öffnete, um herauszufinden, ob er ihn sehen konnte, aber das war nicht der Fall. Es war schade, aber nicht zu ändern. Draco zog den Schwarzhaarigen enger an sich, öffnete seinen Mund, um Harrys drängender Zunge Einlass zu gewähren. Warme Süße offenbarte sich ihm, als er ihn schmeckte, seine Zunge ihm entgegen kam. Nähe, Liebe, Verzweiflung. Und diese Verzweiflung fand in dem Kuss Widerhall. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an ihn, suchte nach einer Möglichkeit, das Unabwendbare zu ändern. Und er fand Erwiderung. Harry drängte sich gegen ihn, wimmerte immer wieder in den Kuss hinein, bis er plötzlich mit dem Rücken gegen eine Wand prallte, dagegen gepresst wurde. Ab diesem Zeitpunkt war für Draco kein Halten mehr. Harrys Hände in seinem Haar, an seinem Hals und seinen Wangen, die weichen Finger, seine Hingabe, die Erwiderung… Draco küsste ihn. Küsste ihn immer und immer wieder, bis ihnen beiden die Luft fehlte. Sie küssten die Welt um sich herum in Vergessenheit. Draco ließ erst von Harry ab, als die Atemnot gar zu schlimm wurde. Seine Hände hielten das schmale Gesicht umfangen. Gerötete Wangen, schwarze Strähnen auf weißer Haut. Er strich sie zur Seite. Die Augen halb geschlossen, leuchtendes Grün verborgen unter schwarzen, langen Wimpern, die Lippen waren rot und leicht geschwollen. Sachte strich er darüber, zog sie ein wenig auseinander, küsste ihn erneut. Sachte, süß, diesmal. Als er sich zurückzog, blieben die Lippen offen. Sie bebten. „Draco, bitte, ich…“ Der Blonde strich ihm wieder ein paar Haare aus dem Gesicht. „Du bist wunderschön.“, erklärte er ihm ergriffen. „Wunderschön.“ Auf die Lippen legte sich ein Lächeln, leicht schüchtern und unsicher, aber erfreut, dann senkte sich der Kopf. Harry griff nach Dracos Hand, löste sie von seinem Gesicht und küsste die Handinnenfläche. „Schlaf… würdest du… ich möchte… mit dir schlafen…“, bat Harry kaum hörbar, so peinlich war es ihm, das so direkt auszusprechen. „Ich möchte… möchte…“ „Sch…“ Dracos Herz hüpfte wie verrückt. Diese Worte. Diese wundervollen Worte! Warum war er so schüchtern? Glaubte er, dass er nein sagen könnte? Sachte küsste er ihn erneut. „Komm mit.“, wisperte er, nahm seine Hand und zog ihn mit sich. Er führte ihn zu den Treppen und hinab. Seine Knie waren weich, sein Herz schlug wie verrückt, sein Atem ging schnell und er spürte es in seinen Lenden prickeln. Harrys Forderung klang in seinen Ohren, sein Anblick in diesem Moment… Er musste nur die Augen schließen, damit er ihn wieder vor sich sehen konnte, dieses wunderschöne, gerötete Gesicht. Und er wusste, dass wenn er sich umdrehen und ihn jetzt ansehen würde, sie ihr Ziel nie erreichen würden. Allein die Wärme seiner Hand und das Geräusch seines wegen der Eile keuchenden Atems waren fast schon zuviel. Viel zu lange brauchten sie, um jenen Raum zu erreichen, in dem sie das erste Mal auf nicht feindlicher Basis zusammengetroffen waren, aber als es endlich so weit war, zog Draco Harry sofort wieder an sich, küsste ihn erneut, leidenschaftlich und hungrig. Mit einer Hand drückte er die Tür zu und mit der anderen hinderte er seinen Freund daran, den fordernden Kuss zu unterbrechen. Auch wenn es nicht nötig gewesen wäre, denn Harry hatte die Entfernung von gerade wohl auch zu kompensieren. Seine Hände fanden den Weg unter Dracos Umhang, zerrten das Hemd aus der Hose und es war beinahe eine Erlösung, seine weichen Hände auf der Haut zu spüren. Draco keuchte leicht in den Kuss hinein, begann augenblicklich Harrys und seine Umhangschnallen zu lösen, ließ den störenden Stoff von ihren Schultern gleiten, ohne ihn weiter zu beachten. Harry trug inzwischen den Jahreszeiten angemessen einen Pullover, den er ihm mitsamt dem T-Shirt einfach über den Kopf zog. Es brach ihm fast das Herz. Harry war nicht einen Zentimeter dicker geworden. Eher im Gegenteil. Wehmütig strich er ihm über die Brust. „Was machst du nur mit dir?“, fragte er leise. „Ich meine, ich will mich nicht beschweren. Die Blässe steht dir, aber wenn du so weitermachst, wirst du irgendwann einfach verschwinden…“ Harrys Lächeln verblasste. „Es ist nicht so einfach.“, flüsterte er. „Ich versuche es doch, aber…“ Draco verschloss seine Lippen mit einem neuen Kuss. „Ist okay. Ich weiß es.“ Er ließ seine Hände über die weiche Haut der Brust gleiten, suchte sich seinen Weg über die Seiten zum Rücken, um ihn an sich zu ziehen und wieder und wieder zu küssen. „Mach dir keine Gedanken.“ Ganz allmählich intensivierte er seine Bemühungen, vertiefte die Küsse, bis sie Mandeln kitzelnd waren, presste Harrys Unterleib gegen seinen, spürte, wie der Junge auf ihn reagierte. Irgendwann waren die tastenden, kühlen Finger wieder da, reizten verboten langsam und zart seine Brust und den Bauch, umspielten seinen Bachnabel. Es war eine süße Qual, aber er wusste ja, wie viel Erfahrung Harry hatte, dass er einfach noch ein wenig Übung und Selbstbewusstsein brauchte. Vorwitzig stippten seine Fingerkuppen unter Harrys Hosenbund, reizten dort die warme, empfindliche Haut, bevor er beide Hände versenkte und Harrys Pobacken fest und fordernd umschloss. Harry, der begonnen hatte, seinen Hals zu küssen und mit Lippen und Zähnen sein Ohrläppchen malträtierte, keuchte erschrocken auf, wimmerte leise, als Draco begann sie zu kneten. Es war wie Musik. Seine Hände zitterten und glitten nun wie Schmetterlinge über seine Seiten, da Harry sich gegen ihn presste und ihre Körper sich berührten, so dass zwischen ihnen kein Platz mehr war. Es machte ihn fast verrückt. Schon waren die Lippen wieder da, tasteten sich über seine Kehle tiefer, stockten dort, weil der Kontakt unweigerlich verloren gehen würde, würde er tiefer gehen. Draco zog ihn näher, drückte seine stetig wachsende Erregung gegen Harrys, der aufstöhnte. Wieder ging der Atem flatternd, hektisch. Wann hatte er eigentlich seine Krawatte verloren? Fahrige Hände umgarnten seinen Hosenbund, zwängten sich schließlich zwischen ihre Körper und öffneten seine Hose, brauchten reichlich lange dafür und verstärkten in unregelmäßigen Abständen den Druck seiner Hose auf seine Erektion. Draco musste sich wirklich zusammenreißen, um Harry nicht das Heft aus der Hand zu nehmen, ihn nicht in die Passivität zu drängen. Endlich war die Hose offen, erlöste ihn einen winzigen Moment von der Qual, die er nicht beenden wollte. Harry sollte alle Zeit bekommen, die er brauchte. Seltsam kühle Finger streiften die Hose herunter, glitten ansatzweise über sein sich aufrichtendes, befreites Glied. Draco biss sich auf die Lippe, kniff die Augen zu in seiner Beherrschung. Und riss sie in himmlischer Erfüllung nur einen Wimpernschlag später wieder auf, als sich Harrys Hände weich darüber bewegten, ihn auf ganzer Länge tastend berührten. Es wurde zuviel. Er zog seine Hände aus Harrys Hose zurück, packte ihn an den Schultern und drängte den erschrockenen Jungen zurück, küsste ihn wild und verzehrend. Es war nicht genug, ihn nur zu berühren oder berührt zu werden! Er wollte ihn ganz. Vollständig, eins mit ihm sein! Er ließ seine Hände über ihn gleiten, ohne Sinn und Verstand, vollkommen konfus, vollkommen ohne Konzept. Dann gab Harry einen erschrockenen Schrei von sich, als er Widerstand in den Kniekehlen spürte und rücklings auf das Bett fiel. Der Versuch sich abzustützen verlor auf halber Strecke seine Wirkung, weil Draco ihn niederdrückte. Seine Augen waren weit aufgerissen, beinahe furchtsam. Es brauchte Draco wieder zur Besinnung. Ganz vorsichtig ließ er sich neben ihm aufs Bett gleiten, zitterte leicht. Er war doch bescheuert, einen Blinden so zu überfallen! War doch klar, dass Harry das nicht erwarten konnte! „Es tut mir leid. Harry, ehrlich, ich wollte…“, entschuldigte er sich zerknirscht. Ein Kopfschütteln ließ ihn verstummen, ein leises Lachen erklang. „Komm.“ Eine eindeutige Aufforderung, aber dennoch scheute sich Draco, sie wahrzunehmen. „Komm her. Es ist nicht schlimm.“ Harry hatte ihm seine Unbesonnenheit wohl nicht einmal übel genommen. Langsam gab er nach und ließ sich in die nach ihm ausgestreckten Arme ziehen. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Wieso hatte er sich nicht beherrschen können? Weiche Lippen lenkten ihn von der Frage ab, als sie über seinen Hals glitten, als etwas Feuchtes seine Bahn darüber zog. Und er musste feststellen, dass Harry wohl doch nicht so einfach zu erschrecken war. Leise lächelnd nahm auch er wieder Kontakt auf, ließ zu, dass Harry die Knöpfe seines Hemdes öffnete und es ihm von den Schultern schob. Er warf es schließlich beiseite, strampelte noch die Hose und die Schuhe endgültig ab und kletterte dann auf Harrys Oberschenkel, so dass der Junge unter ihm fest gepinnt war, küsste ihn wieder, verlangend und leidenschaftlich. Es war zwar Sünde, die Wohltat liebkosender Lippen zu unterbrechen, aber das hatte auf den Schreck einfach sein müssen. Und er verspürte zum Ausgleich sofort die zarten Hände wieder, wie sie über seine Brust glitten, liebevoll Rippenbögen nachzogen und die Bauchdecke zum Erbeben brachten. Und kurz darauf die Brustwarzen erreichten. Draco keuchte in den Kuss hinein, ließ von den Lippen ab und widmete sich dem weißen Hals und der Kehle, machte es Harry nach und leckte immer wider darüber, saugte sacht daran, bis die Haut empfindlich wurde. Immer tiefer glitt er, während ihm allmählich tatsächlich die Luft ausging, weil die Hände Harrys seine Brustwarzen über alle Maßen reizten, immer wieder leicht dagegen stießen, dann fester zudrückten und sie schließlich rieben. Draco hatte das Gefühl, dass Harry sich ganz langsam vorantastete, was seine Vorlieben betraf. Bekam er eine positive Reaktion, machte er weiter, bekam er keine, suchte er sich etwas anderes. Er fand mit seiner Zunge endlich Harrys Brust, umkreiste die kleinen Nippel großräumig, zog immer kleiner werdende Bahnen, die Harry dazu brachten, seine Hände weniger zu bewegen. Er war so gefesselt und gefangen von dem Gefühl… Draco lachte heiser und nahm zum ersten Mal eine der Brustwarzen in den Mund, spielte mit der Zunge darüber, was Harry leise stöhnen ließ. Der Schwarzhaarige krallte sich fest, seine Fingernägel schrappten über seine Brust und ließen Draco zufrieden grollen. Er begann zu saugen und zu lecken, seine Hand knetete den freien Lustpunkt Harrys, er trieb den Jungen weiter, sodass er aus dem Keuchen nicht mehr herauskam, wanderte dann plötzlich weiter hinab über die bebende Bauchdecke zum Bauchnabel, stippte mit der Zunge hinein. Harry wimmerte, versenkte seine Hände in den weißblonden Haaren und kraulte unstet seinen Nacken. Er war weit. Sehr weit. Und Draco befand, dass es Zeit wurde, auch ihn aus seiner Hose zu befreien. Ohne seine Bemühungen am Bauchnabel zu unterbinden, rief er seine Hände zu der Stelle, die nun dringenderer Aufmerksamkeit bedurfte als die Brustwarzen. Der Knopf löste sich wie von selbst, aber beim Reißverschluss zögerte Draco. Er ließ seinen Daumen über die verdeckte Erregung streichen, variierte den Druck ein wenig dabei. Harry wölbte sich ihm entgegen, warf den Kopf in den Nacken und stöhnte dunkel auf. Oh ja, er war sehr weit… Schnell rutschte Draco von den Oberschenkeln herunter, entfernte Schuhe und Socken und anschließend Hose und Shorts. Harrys Glied reckte sich ihm schon entgegen. Draco betrachtete den nackten Jungen vor sich. Zart, zierlich, schmal, feine Glieder und weiße, nachweislich weiche, warme Haut, die Augen lustvoll verschleiert und dunkel, ein feiner Schweißfilm auf dem ganzen Körper. Er begann zu lächeln, als er begriff, dass Harry sehen konnte. Endlich. Als Harry das Lächeln erwiderte, wurde seines lasziv. Anstatt der Aufforderung nachzukommen, die er in den Augen lesen konnte, und ihn zu küssen, beugte er sich vor, unterbrach den Blickkontakt allerdings erst, als es nicht mehr anders ging. Ganz langsam platzierte er einen ersten Kuss auf Harrys Spitze. Der schwarzhaarige Junge keuchte unterdrückt, warf den Kopf zurück und krallte sich in die Laken. Und Draco stellte erfreut fest, dass er die Beine spreizte, um ihm einen besseren Zugang zu gewähren. Ein herrlich begehrlicher Anblick. Als wäre er schon ganz sein. Er nahm Harrys gesamte Länge auf einmal in den Mund, saugte ganz vorsichtig daran. Und wurde mit Wimmern und Stöhnen belohnt. Welch herrliche Melodie. Er wollte mehr davon. Draco hörte erst auf, Harrys Glied zu stimulieren, als er die ersten salzig bitteren Tropfen schmecken konnte. Schließlich wollte er ihn noch nicht erlösen. Dazu hatte er noch zuviel mit ihm vor. Harrys flehendes Wimmern erstickte er mit einem Kuss, sah ihm dann in die Augen. Fast wäre er ertrunken. Sie waren so tief, so emotional aufgewühlt, so dunkel und spiegelten die Lust so intensiv wider, dass Draco beinahe einfach so gekommen wäre. Dieser Blick ging eindeutig unter die Gürtellinie. „Harry.“ Er schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. „Ich will… Ich will dich ganz. Ich… Darf ich?“ Eine Hand strich liebevoll über seine Wange. „Du darfst alles. Was du willst. Ich vertraue dir. Ich liebe dich.“ Die Stimme war rau, genau wie seine und Draco kamen bald die Tränen. Es war das schönste Liebesgeständnis, das Draco je gehört hatte. Für einen Moment war er vollkommen ergriffen, küsste Harry so sanft, als hätte er Angst, ihn zu verletzen. Harry war es, der diesen Kuss intensivierte, ihm mit einem weiteren Beinespreizen signalisierte, dass er ungeduldig wurde, endlich mehr wollte. Draco musste lächeln. „Gleich wieder da.“, flüsterte er ihm ins Ohr, rappelte sich dann vom Bett hoch, um zu seinem Umhang zu gelangen. Aus der Tasche holte er eine kleine Büchse, die er schon seit Wochen in stiller Hoffnung mit sich herumschleppte. Als er wieder bei Harry ankam, lächelte er ihn weich an und zeigte ihm die kleine Dose. „Damit wird es einfacher.“ Und ernst fügte er hinzu: „Wenn es unangenehm ist oder weh tut, dann sag mir Bescheid, okay?“ Harry lächelte nur und nickte, zog ihn zu einem Kuss heran, dem Draco nichts entgegenzusetzen hatte. Man konnte sagen, was man wollte; so unerfahren unschuldig Harry am Anfang noch gewesen war, inzwischen küsste er besser als jeder andere. Aufregender, süßer, hingebungsvoller… Draco zog sich zurück, rutschte wieder tiefer, bis er zwischen den Beinen seines Geliebten kniete. Vorsichtig winkelte er die Knie ein wenig an und küsste die kleine, rosettenförmige Öffnung, was Harry zusammenzucken ließ und ihm eine Gänsehaut über den Körper jagte. Er öffnete die Dose und nahm reichlich von dem klaren, hellblauen Gel auf die Finger, wartete einen Moment, um es sich aufwärmen zu lassen, bevor er es ganz vorsichtig mit leicht massierenden Bewegungen auf Harrys Anus verteilte und immer wieder sachte dagegen drückte. Er wusste, dass es weh tat, wenn man unvorsichtig war. Vorbereitung war alles. Schließlich verstärkte er den Druck und schob den ersten Finger langsam vorwärts. Harry verkrampfte sich sofort, keuchte unterdrückt und verspannte seinen ganzen Körper. Draco hielt inne. „Du musst dich entspannen.“, erklärte er sanft und streichelte Harry den Bauch und sein Glied mit der freien Hand, um ihn zu beruhigen. „Ich tu dir sonst weh. Hab Vertrauen und entspann dich.“ Seinen Worten folgte ein weiteres ersticktes Keuchen, aber er konnte spüren, wie die Entspannung einsetzte. Er wusste, wie schwer es war, diese willentlich herbeizuführen, und gab ihm soviel Zeit, wie er brauchte. Er wurde damit belohnt, dass Harry wieder gleichmäßiger zu atmen begann und schließlich sein Okay gab, dass er weitermachen durfte. Langsam begann er seinen Finger zu bewegen, strich behutsam über die unregelmäßigen, weichen, nachgiebigen Wände, tastete sich Stück für Stück tiefer. Die Wärme in diesem Körper war unglaublich und in ihm wuchs der Wunsch, ihn in Besitz nehmen zu dürfen. Er wollte ihn. So sehr! Aber er riss sich zusammen. Harrys Wohl ging über alles. Nach ein paar Minuten begann Harry zu murren, sich gegen ihn zu bewegen und forderte mehr Aktivität, die Draco ihm augenblicklich gewährte. Er zog sich zurück und kam mit zwei Fingern wieder, spreizte sie schon beim Einführen leicht auseinander. Harry verspannte sich zu seinem Erstaunen und seiner Freude nicht mehr. Der Schwarzhaarige hob lediglich fordernd die Hüfte an. Die Geste erinnerte Draco schmerzhaft an das, was zwischen seinen Beinen wartete. Er selbst war auch weit. Und Harry war nach seinen Lauten zu urteilen längst bereit. Bei jeder Vorwärtsbewegung stöhnte der Junge auf, sein Gesicht wurde weicher, verzweifelter und schöner. Und Draco begriff, dass er den Punkt in Harry gefunden hatte, der diesen Sterne sehen ließ. Er stieß einmal fester zu und Harry schrie beinahe auf vor Lust. Draco grinste und zog sich zurück. Er war bereit. Allzu bereit. Das leise Wimmern, das kam, als er auch seine zweite Hand von Harry löste, für den Moment ignorierend, strich er sein eigenes Glied mit dem Gel ein, sorgfältig, biss bei der jämmerlichen Kälte die Zähne zusammen, bevor er sich positionierte und mit der Hand sein Glied an Harrys Eingang führte. Die leichte Berührung an der Spitze jagte tausende Stromschläge durch seinen Körper, wo seine eigene Hand lediglich ein leichtes Kribbeln verursacht hatte. „Bereit?“, fragte er und Harry nickte nur. Draco sah ihm die Verzweiflung an, die er angesichts der Entfernung und dem Grad seiner Erregung empfand. Er schob sich vorwärts, direkt in diese schmale, heiße Enge. Von Harry kam ein langgezogenes Stöhnen, er bog den Rücken durch und hob das Becken etwas an, warf den Kopf von einer Seite zur anderen, nicht wissend, wie ihm geschah. Und dann war er drin. Draco verharrte atemlos, überwältigt von diesem Gefühl, das ihn zu überschwemmen drohte, nicht wirklich fähig zu denken. Den letzten Rest Selbstbeherrschung kratzte er zusammen, um sich zu beherrschen, Harry noch etwas Zeit zu geben. Es fiel ihm so unendlich schwer. Als er sich zu bewegen begann, kam Harry ihm entgegen. Mit Neugier hatte er seine Beine ein wenig angehoben und schließlich um seine Hüfte geschlungen, weil es weniger anstrengend war, zog ihn nun näher, hinderte ihn daran, wieder aus ihm heraus zu gleiten, was er vorgehabt hatte. Harrys Worte waren eindeutig: „Bleib!“, flehte er. Draco lächelte weich, lehnte sich vor, um ihn zu küssen. „Ich hatte nicht vor zu gehen.“, erklärte er sanft. „Lass mich nur machen. Es wird dir gefallen.“ Beinahe hätte er lachen müssen bei dem gequälten Gesicht, das Harry machte, als er ihn freiließ. „Danke.“ Draco zog sich zurück und sah, wie sich doch tatsächlich eine Träne aus Harrys Auge stahl. Oh je, da hatte der Schwarzhaarige wohl echt keine Ahnung, wie das mit dem Sex funktionierte. Vollkommen unbedarft. Wie konnte es so etwas nur geben? Aber es war zweifelsohne absolut süß. Er stieß zu. Harry riss die Augen auf, erschrocken und in purer Lust verschleiert. Wow. Draco sah selbst Sterne. Wow, wow, wow! Er wiederholte die Bewegung, nahm einen langsamen Rhythmus auf, dem Harry folgen konnte, stieß immer wieder in diesen schmalen, heißen, erregenden Körper. Mit den Händen stützte er sich an beiden Seiten ab, Harry drängte sich ihm entgegen, als er wieder zustieß, hielt sich an Decke und Laken fest. Diesmal schrie er wirklich. Draco hatte das Lustzentrum getroffen. Wie schön Harry war… Sein eigenes Keuchen mischte sich längst in Harrys, seine Selbstbeherrschung verabschiedete sich immer mehr, während seine Lust sich aufstaute, ihn atemlos werden ließ. Er steigerte das Tempo, wollte mehr, mehr davon, mehr von ihm, tiefer in ihm sein, eins mit ihm werden. Härter und härter stieß er in ihn. Harrys Laute waren wie Musik. Er griff nach dem prallen Glied, pumpte es im Einklang seiner Stöße wie mechanisch. Und wurde im nächsten Moment über die Klippe geschleudert, ergoss sich mit einem heiseren Schrei in Harrys Innerem. Kurz darauf zog es sich um sein Glied zusammen, als Harrys Höhepunkt seiner Erfüllung folgte, der Junge in seine Hand kam und zu nicht mehr fähig war als einem Stöhnen seines Namens. Noch zweimal konnte Draco in ihn stoßen, kraftlos und schwach, dann brach er über Harry zusammen, atmete, lauschte seinem rasenden Herzen und Harrys Herz unter seiner Hand. Das war ein unglaubliches Erlebnis gewesen. Er schloss die Augen, seufzte einmal tief und zufrieden, dann spürte er plötzlich Harrys Arme um sich, wie sie ihn umschlangen, er ihn fest an sich drückte. Still und noch immer nichts weiter zu hören als Herzschlag und Atmen. Draco zog sich langsam zurück, kuschelte sich zufrieden an Harrys Seite und ganz langsam dämmerte er weg, seine Hände hielten Harry Besitz ergreifend fest. Er bekam die silbrigweichen Tränen nicht mehr mit, die aus Harrys Augen quollen. -------------- Mau… Ich finde es schade, dass nicht alle das hier lesen können. Ich denke, dass es nicht schlecht geworden ist… *seufz* Aber ich finde, dass ich diesmal echt schnell gewesen bin. ^^ Es macht grade wieder Spaß zu schreiben. Und ich hoffe, dass ich zwischen den Klausuren Zeit finde, das hier zu beenden. Drückt mir die Daumen. Und bevor ihr fragt: Nein, es wird nicht so bald zu Ende sein. Es sind erst etwa zwei Drittel, okay? Bis dann! Mada mada dane! Abschied (für nicht Adultis ^^) ------------------------------- Titel: Abschied Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 37: Abschied Draußen regnete es noch immer. Wahre Wassermassen stürzten herab, peitschten über das Land und durchnässten die vier Kinder erneut erbarmungslos bis auf die Haut. Hastig rannten sie auf das große Tor zu, hatten aufgrund des wütenden Windes regelrecht Probleme die schweren Flügel zu öffnen, doch gemeinsam schafften sie es, kamen schließlich erleichtert ins Trockene. „Merlin, was für ein Sauwetter!“, schimpfte Ron und Hermione pflichtete ihm bei. „Scheußlich! Wir hätten doch dableiben sollen!“ „Wer war denn so dagegen, von wegen Schulordnung und so?“, gab der Rotschopf spitz mit hochgezogenen Augenbrauen zurück und brachte sie damit dazu, rot zu werden. „Ist ja schon gut, ich bin Schuld.“, gab sie sich seufzend geschlagen. Leises, unterdrücktes Gelächter erklang in der Eingangshalle, dazwischen leisere Worte, die dafür sorgten, dass sie alle wieder trocken wurden. Harry hatte Remus’ Zauber vom frühen Abend kopiert. „Genial!“, freute sich Ron. „Bringst du mir das bei? Mione will nicht.“ „Frag Fred. Der kann das auch.“, erwiderte Harry grinsend. „Echt?“ Sie machten sich auf den Weg zu den Treppen. „Ich dachte, die könnten nur den Wasserzauber, der andere nass macht.“ „Na ja, sie müssen wohl auch den Gegenzauber kennen, wenn sie gegen die Rache ihrer Opfer nicht hilflos sein wollen.“, überlegte Hermione laut. „Immerhin sind es Fred und George, nicht wahr? Die sind doch gegen alles gewappnet.“ „Ja, da hast du wohl Recht…“, seufzte der jüngste Weasley theatralisch. „Ihr seid zu laut.“, kam es da von Draco, der missmutig hinterher stiefelte. „Es ist längst Sperrzeit.“ Ron schickte Harry einen kurzen Blick. Das Wort hatte er doch von ihm auch schon mal gehört. Jetzt wusste er immerhin, woher es kam. Aber er hatte den Wink verstanden. Sie waren Vertrauensschüler, alle bis auf Harry. Da machte es sich nicht so gut, wenn man nachts draußen erwischt wurde. Dann erreichten sie das Treppenhaus. Jetzt hieß es, sich trennen, denn Draco musste nach unten, Hermione und Ron nach oben und Harry… Der Schwarzhaarige blieb stehen. „Ich komme nach.“, sagte er. Kikuileh jubelte auf seiner Schulter, hibbelte vor Vorfreude. „Ich werde noch von Dumbledore erwartet.“ „Und danach gehst du, nicht wahr?“ Ron blickte ihn an. „Du kommst nicht mehr hoch, nicht wahr?“ Harry senkte den Kopf. Durchschaut. „Eher nicht.“ „Haben sie dir gesagt, wann du zurückkommst?“, fragte Hermione leise. Ihr war wie den anderen anzusehen, dass es ihr schwer fiel, ihn gehen zu lassen. „Nein.“, nahm er ihr die Hoffnung. „Aber ich streng mich an, dass es bald sein wird.“ Sie seufzte einmal, dann umarmte sie ihn. „Was wird mit deinen Sachen?“ „Werden abgeholt.“ „Verstehe…“ Harry lachte leise. „Sei nicht so niedergeschlagen. Ich sterbe doch nicht, sondern bin nur für ein paar Wochen weg.“ Das braunhaarige Mädchen nickte und verkniff sich den Kommentar, dass die Möglichkeit eines plötzlichen Ablebens außerhalb von Hogwarts durchaus gegeben war. „Hast ja Recht. Aber es gefällt mir trotzdem nicht.“ Ron nahm sie in den Arm. „Mach dir keine Sorgen. Moony, Tatze und Tonks passen schon auf ihn auf. Die drei sind wirklich gut, wie du weißt.“ Er zog Harry ebenfalls heran. „Sei ja vorsichtig.“, sagte er. „Mach keine Dummheiten.“ „Jetzt hört schon auf!“, lachte Harry und strubbelte ihnen beiden durch die Haare, dass sie entsetzt zurückwichen. „Ich werde schon nichts Unüberlegtes tun!“ Sein Lachen steckte die beiden Freunde mit an, vertrieb die vorher so düstere Atmosphäre. „Mach’s gut, Harry.“, rief Ron noch einmal, als sie sich entfernten, zweifellos, um ihm und Draco ein wenig Zeit für sich zu geben, doch als Harry sich umdrehte, war der Slytherin fort. Einfach gegangen. Ohne sich zu verabschieden. Enttäuschung machte sich in seiner Brust breit und er konnte spüren, wie die Tränen sich meldeten, doch er drängte sie zurück, wollte nicht verheult aussehen, wenn er vor Dumbledore trat. Zu oft schon hatte er vor ihm geweint. Aber es tat wirklich unglaublich weh. Er fühlte sich allein gelassen, fast verraten. Warum war er gegangen? Mit unbewegter Miene machte Harry auf dem Absatz kehrt und strebte auf den Wasserspeier in der Wandnische zu, der sich auch ohne Passwort sofort öffnete. Seine Hände waren kalt, seine Schritte langsam. Irgendwie hatte Dracos kalte Geste einen Schalter in ihm umgelegt, der seine Motorik dämpfte. Es war, als würde alles mechanisch gehen. Der Schwarzhaarige erreichte die Tür, öffnete sie nach einem leisen Klopfen und trat ein. Kikuileh beschrieb ihm, dass Dumbledore an seinem Schreibtisch saß und etwas schrieb, die Fenster waren dunkel, die Gemälde schliefen alle. Er konnte Fawks leise gurren hören, ein Hinweis auf seine Träume. In dem Büro herrschte eine seltsam friedliche Stimmung, in der sich der Junge wie ein Eindringling fühlte. Er wollte nicht hier sein, denn sein Herz war für diese Idylle gerade einfach zu schwer. Draco beherrschte seine Gedanken. Und die Frage nach dem Warum. „Guten Abend, Harry.“, riss ihn Dumbledores freundliche Stimme aus den verzweifelnden Gedanken. „Setz dich doch, bitte. Ich bin sofort fertig.“ Nickend tat der Junge, was der Schulleiter von ihm verlangte, und gab dann Kikuileh einen Wink, sie solle keine Rücksicht üben und Fawks endlich begrüßen gehen. Keinen Wimpernschlag später schwirrte sie davon, jubilierte lauthals und rief unentwegt glückliche Begrüßungen. Fawks antwortete sogar. Offenbar war er aufgewacht. Aber auch dieses nett anmutende Geschehen brachte Harry nicht zum Lächeln. Er sollte warten und das gab seinen Gedanken die schreckliche Möglichkeit zu arbeiten. Was sollte er davon halten, dass Draco gegangen war? War er sauer, weil er ging? Wollte er vielleicht plötzlich deswegen nichts mehr von ihm wissen? Lag es an ihm? Oder an Sirius? Oder war es anders? Hatte er vielleicht begriffen, dass er selbst stärker war, und war eifersüchtig, wie Ron es im vierten Schuljahr gewesen war? Er konnte es nicht so recht glauben. Vielleicht hatte sein Pflichtbewusstsein als Vertrauensschüler ihn gehen lassen. Das könnte er nachvollziehen, aber es tat nicht minder weh. Er hätte sich doch zu gerne noch verabschiedet! Vor ihm legte Dumbledore die Feder beiseite und Harry, froh darum, dass es weiterging, lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihn. Alles war besser, als weiter darüber nachzudenken, was mit Draco sein könnte, und in Dunkelheit zu versinken. Alles war besser, als dem Gefühl der Einsamkeit nachzugeben. „Du hast sie also getroffen und weißt schon, worum es geht.“, begann Dumbledore schmunzelnd. „Dass sich Sirius aber auch nie an das halten kann, was abgesprochen ist.“ Harry schwieg, wartete, ob noch etwas kam. Bei Dumbledore war er sich nie sicher, wann er antworten sollte oder nicht. Außerdem… Er hatte gerade keinen Nerv für derartigen Smalltalk. „Und dann treffen deine Freunde auch noch auf die drei. Ist euch bewusst, dass man euch fast als unvorhersehbar einstufen kann?“ Leicht schüttelte Harry den Kopf. Es war wohl als Scherz gemeint, denn ein angenehm weiches Lachen erfüllte den Raum. Er war nicht unvorhersehbar, sonst hätte er mit Sicherheit x-mal mehr Möglichkeiten gehabt, Dinge zu tun, die verboten waren. Noch dazu hatte Dumbledore selbst gesagt, dass er das mit dem Magus bereits vorhergesehen hatte, dass die Blitze nicht von ihm gekommen waren, dass er geahnt hatte, dass der Trank seine Augen nicht heilte… Dumbledore wusste viel mehr, als er nach außen hin zugab, und mit Sicherheit wusste er ganz genau über ihn uns seine Freunde, einschließlich Draco, bescheid. Harry ließ den Kopf hängen. Ob der Mann ihm sagen könnte, warum der Blonde verschwunden war? Wahrscheinlich. Nur fragen wollte er nicht. „Na ja.“ Es schien, als wäre Dumbledore etwas enttäuscht, dass er nicht antwortete, doch er überspielte es mit links. „Ist dir wenigstens bewusst, warum du mit ihnen mitgehen sollst?“ Harry nickte. „Ich bin eine Gefahr für die Allgemeinheit. Die Lehrer haben Angst vor mir, die Schüler haben Angst. Sie meiden oder überwachen mich…“ „Was du zweifellos gut in den Griff bekommen hast.“, warf der Schulleiter lobend ein. Wie immer war das hintergründige Lächeln in der sanften Stimme zu hören. „Sie glauben, ich würde es hier nicht mehr ertragen.“ „Ist es denn nicht so?“ „Und Sie sind der Meinung, dass Sirius besser in der Lage ist, mir ‚Dummheiten’ bezüglich Voldemort auszutreiben.“ Es entlockte Dumbledore ein leises Lachen. Wie scharfsinnig von ihm. Zu schade, dass er davon wusste, denn das würde es für Sirius nicht gerade leichter machen. „Es ist besser so für dich.“, gab er stattdessen einen anderen Grund an. „Und ich denke, dass dir ein bisschen Abstand zu deinen Mitschülern ganz gut tun wird.“ Seufzend nickte Harry. Zumindest was die Zwillinge betraf, hatte er Recht. Abstand zu ihnen würde ihm gut tun. „Sie haben dir die Silberranke abgenommen?“ Verwirrt hob sich Harrys Kopf. Seine linke Hand tastete überprüfend über seinen Arm. „Wann…? Und woher wissen Sie das?“ „Oh, vor nicht allzu langer Zeit waren meine Teetasse und auch die Kanne trocken gelegt und für einen Moment waren trotz des Regens draußen selbst die Fenster trocken.“, freute sich der alte Mann. „Aber deine Haare sind nicht elektrisch aufgeladen.“ „Verstehe.“ Erleichterung machte sich in Harrys Magen breit. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, wie belastend die Angst vor möglichem Schmerz gewesen war. Unglaublich… Wie schön, dass er sich darum keine Gedanken mehr machen brauchte. „Hast du inzwischen begriffen, wie du deine Kraft mehr unter Kontrolle hältst?“, fragte Dumbledore weiter, doch die mitschwingende Hoffnung wurde durch ein Kopfschütteln enttäuscht. „Manchmal geht es. Und manchmal wieder nicht. Ich kann es nicht beeinflussen. Nicht so richtig.“, versuchte sich der schwarzhaarige Junge zu erklären. „Es funktioniert, wenn der Wunsch danach mächtig genug ist, glaub ich.“ Dumbledore nickte wissend. „Das genau ist deine Aufgabe jetzt. Versuche den Wunsch in dir zu stärken. Du musst dir zu jeder Minute bewusst sein, dass du verletzen kannst, dass du das eigentlich nicht willst und deshalb deine Kraft zügeln musst. Verstehst du?“ Die ganze Zeit über hatte er Harry nicht aus den Augen gelassen, der mit unbewegter Miene gelauscht hatte, doch jetzt änderte sich der Ausdruck zu einem undefinierbaren. War das Traurigkeit oder Trotz? Zorn? „Was, wenn ich das gar nicht will?“, kam die Frage, die er wohl von jedem erwartet hatte, nur von Harry nicht. „Was wäre, wenn ich den Wunsch nicht stärken kann, weil mir die Menschen um mich herum egal sind? Was dann?“ „Sind sie dir denn egal?“ „Ja. Nein… Nein, nicht wirklich. Aber ich vergesse sie.“ „Sie vergessen dich.“, stallte Dumbledore schmunzelnd richtig. „Hör zu, Harry. Du bist ein Mensch, der immerzu nur an andere denkt. Als du Hermione vor dem Troll gerettet hast, als du Miss Delacours Schwester aus dem Wasser geholt hast, selbst dann noch, als du Voldemort gegenüber gestanden hast. Du wirst es schaffen. Auf die eine oder andere Art. Mach dir nicht zu viele Gedanken um Dinge, die sein könnten. Konzentrier dich auf deine Magie und hör auf dein Herz. Das weiß immer einen Rat, auch wenn du daran verzweifeln magst.“ Auf diese Rede hin nickte Harry nur. Der Junge schien überhaupt keine Lust zu haben, darauf zu antworten. Oder er war nicht bei der Sache. Ihn schien irgendetwas anderes zu beschäftigen. Schon die ganze Zeit. „Hast du Bedenken, Harry?“ Der Junge lachte leise, aber irgendwie klang es falsch. „Warum? Ich kann mir zum ersten Mal in meinem Leben meinen größten Wunsch erfüllen. Warum sollte ich da Bedenken haben?“ „Und um welchen Wunsch handelt es sich da?“ „Ich kann mit Sirius zusammen leben. Wie eine echte Familie!“ Dumbledore musste bei diesen Worten lächeln. Schon klar. Wo er nie eine echte Familie besessen hatte, musste ihm das jetzt wie ein Segen vorkommen. „Ich wünsche dir alles Gute.“, sagte er und das kam aus tiefster Seele. „Genieße die Zeit und werde stärker, damit du zu uns zurückkommen kannst. Ich drücke dir die Daumen.“ Wieder lachte Harry. „Danke, Sir. Ich Ihnen auch, dass hier bald wieder alles in geregelten Bahnen läuft.“ „Das wird es.“ „Ganz bestimmt.“ Damit stand er auf, winkte noch einmal und war zusammen mit seiner kleinen Fee verschwunden. Dumbledore sah ihm nachdenklich nach. Harry war wirklich erstaunlich. Indirekt hatte der Junge ihm gesagt, dass er vorhatte, zu kämpfen, und einen Augenblick war er versucht gewesen, ihm das ohne zu zweifeln zu glauben, doch zum Glück hatte er dem vorsorglich einen Riegel vorgeschoben. Sowohl Sirius als auch Remus und Tonks würden dafür Sorge tragen, dass Harry nichts und niemandem begegnete, gegen den er kämpfen und verlieren konnte. Sie hatten klare Anweisungen und sie hatten es versprochen. Harry schritt langsam durch die Eingangshalle auf den Ausgang zu. Stärker werden. Das war wichtig. Natürlich würde er stärker werden. Damit seine Pläne greifen konnten! Im Moment konnte er wahrscheinlich nicht einmal Sirius besiegen. Seine Gedanken blieben bei dem hängen, was Dumbledore gesagt hatte: Er sollte lernen, den Wunsch zu verspüren, andere schützen zu können. Diesen Wunsch kannte er längst. Aber er bezog sich halt nicht auf alle. Er hatte zuviel anderes im Kopf, um sich darum zu kümmern, was mit den anderen war. Wie sollte er das schaffen? Im nächsten Moment wurde er gepackt und rücklings mitgezerrt. Und noch bevor Kikuileh es ihm sagte, wusste er, dass es Draco war. Die Schritte, das Gefühl des Griffes, der Geruch… Harry begann selig zu lächeln. Er war doch noch da. Er war nicht einfach gegangen! Plötzlich stoppte Draco, dass Harry noch einen Schritt weiterstolperte, fing ihn ein. Seine Arme schlangen sich um Harrys Schultern, zogen ihn gegen sich und er barg das Gesicht am Hals des Kleineren. Damit verdammte er Harry zur Untätigkeit, denn dieser stand mit dem Rücken zu ihm und konnte sich nicht rühren, ohne den Kontakt zu unterbrechen. Und dennoch lehnte er sich so schwer gegen ihn, dass Draco einfach das Gefühl haben musste, geborgen zu sein. „Ich dachte schon, du wärst gegan…“ Draco schüttelte den Kopf und Harry verstummte. Dann tasteten schmale Hände nach seiner und zogen sie vor seinen Bauch. Und im nächsten Moment hatte er einen Ring am Finger. Kühl, glatt, schlicht. Kein Magiegift. „Der gehörte meiner Großmutter.“, erklang die Stimme von hinter ihm. „Bring ihn mir zurück, ja?“ Deshalb war er also verschwunden. Harry lächelte wieder. Um den Ring zu holen und sich dadurch zu versichern, dass er zurückkam. Und er hatte so schlecht von ihm gedacht. Schande über ihn! „Versprochen.“, flüsterte er bewegt, einen Klos im Hals verspürend. „Ich komme zurück.“ Es war wohl ein Volltreffer. Der Blonde zog ihn fester an sich und Harry konnte ihn beben spüren. Konnte es sein… War das der Grund dafür, dass er nicht wollte, dass er sich umdrehte? Weinte Draco etwa? „Ich werde immer wiederkommen.“, redete Harry beruhigend weiter. „Egal, wo du dann bist. Ich komme zu dir zurück.“ Es dauerte einige Zeit, bis Draco sich soweit gefasst hatte, dass er Harry loslassen und ansehen konnte. Seine Augen waren nicht gerötet und seine Wangen trocken. Er lächelte wehmütig. „Ich will dich gar nicht gehen lassen.“, beichtete er leise. „Es dauert so lange, bis du wieder da bist.“ Harry lächelte schwach. „Ich lerne das Apparieren.“, versprach er ihm. „Dann kann ich dich immer besuchen kommen.“ „Man kann nicht nach Hogwarts apparieren.“ „Nach Hogwarts vielleicht nicht.“ Harry trat auf ihn zu, tastete mit seinen Händen nach ihm und umarmte ihn schließlich. „Nach Hogsmeade aber schon. Mach dir keine Sorgen. Ich finde dich.“ Er besiegelte dieses Versprechen mit einem Kuss. Seine Lippen fanden Dracos so genau, dass dieser die Augen noch einmal öffnete, um herauszufinden, ob er ihn sehen konnte, aber das war nicht der Fall. Es war schade, aber nicht zu ändern. Draco zog den Schwarzhaarigen enger an sich, öffnete seinen Mund, um Harrys drängender Zunge Einlass zu gewähren. Warme Süße offenbarte sich ihm, als er ihn schmeckte, seine Zunge ihm entgegen kam. Nähe, Liebe, Verzweiflung. Und diese Verzweiflung fand in dem Kuss Widerhall. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an ihn, suchte nach einer Möglichkeit, das Unabwendbare zu ändern. Und er fand Erwiderung. Harry drängte sich gegen ihn, wimmerte immer wieder in den Kuss hinein, bis er plötzlich mit dem Rücken gegen eine Wand prallte, dagegen gepresst wurde. Ab diesem Zeitpunkt war für Draco kein Halten mehr. Harrys Hände in seinem Haar, an seinem Hals und seinen Wangen, die weichen Finger, seine Hingabe, die Erwiderung… Draco küsste ihn. Küsste ihn immer und immer wieder, bis ihnen beiden die Luft fehlte. Sie küssten die Welt um sich herum in Vergessenheit. Draco ließ erst von Harry ab, als die Atemnot gar zu schlimm wurde. Seine Hände hielten das schmale Gesicht umfangen. Gerötete Wangen, schwarze Strähnen auf weißer Haut. Er strich sie zur Seite. Die Augen halb geschlossen, leuchtendes Grün verborgen unter schwarzen, langen Wimpern, die Lippen waren rot und leicht geschwollen. Sachte strich er darüber, zog sie ein wenig auseinander, küsste ihn erneut. Sachte, süß, diesmal. Als er sich zurückzog, blieben die Lippen offen. Sie bebten. „Draco, bitte, ich…“ Der Blonde strich ihm wieder ein paar Haare aus dem Gesicht. „Du bist wunderschön.“, erklärte er ihm ergriffen. „Wunderschön.“ Auf die Lippen legte sich ein Lächeln, leicht schüchtern und unsicher, aber erfreut, dann senkte sich der Kopf. Harry griff nach Dracos Hand, löste sie von seinem Gesicht und küsste die Handinnenfläche. „Schlaf… würdest du… ich möchte… mit dir schlafen…“, bat Harry kaum hörbar, so peinlich war es ihm, das so direkt auszusprechen. „Ich möchte… möchte…“ -------------------- ich hoffe wirklich, dass ihr mit der verkürzten version etwas anfangen könnt. nur noch ein paar infos: 1. harry kann zwschendurch wieder sehen 2. draco schläft am ende ein ^^ der rest dann im nächsten kap Neues Heim ---------- Titel: Neues Heim Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 38: Neues Heim Eine Stunde später erwachte Draco plötzlich. Eine raue Stimme an seinem Ohr, weicher Atem, kühle Fingerspitzen auf seiner schlafwarmen Haut… „Harry?“ Die Worte verstummten, ein warmes Lächeln empfing seine blinzelnden Augen. „Ja. Ich muss gehen.“ Sofort war er hellwach, setzte sich hastig auf und zog seinen Freund an sich. „Bitte nicht!“, flehte er. Selbst in diesem Dämmerlicht hatte er die geröteten Wangen gesehen, wusste, dass Harry geweint hatte. Alleine. Wieder einmal war er in solch einem Moment nicht für ihn da gewesen. Tastende Hände erwiderten die Umarmung liebevoll. „Ich komme doch zurück.“, versprach der Schwarzhaarige leise. „Zu dir. Zu diesem Ort. Ich finde dich.“ Draco lauschte den Worten und plötzlich fühlte er sich elend. Er wusste, er musste ihn gehen lassen. Er wusste, wie sehr er in dieser Schule litt, wie schrecklich das Leben für ihn war, in dem er immer unter Beobachtung stand. Er wusste ja, wie sehr er sich wünschte, bei seinem Paten zu sein, aber das machte es nicht leichter, ihn gehen zu lassen. „Bald. Sobald ich das Apparieren gelernt habe.“ Ein heiseres Lachen entrang sich Dracos Kehle. Er war so süß. So unbedarft. „Ich liebe dich.“ Er drückte seine Nase gegen Harrys Schulter. Erst jetzt bemerkte er, dass der Junge schon angezogen war. Draußen dämmerte es schon. Widerwillig löste er die Umarmung, spürte im nächsten Moment weiche Lippen auf seinen. „Ich liebe dich auch. Die letzte Nacht, sie war unglaublich. Es war… unbeschreiblich schön!“ Wieder ein sanfter Kuss. „Danke dafür.“ Draco musste wieder lachen ob dieser Worte. Vollkommen offen, vollkommen ehrlich und lieb. „Ich sollte mich bedanken.“, erklärte er erstickt. „Ich… werde an dich denken. Du auch?“ „Jeden Morgen, jeden Abend. So fest, dass du es spürst.“ „So fest, dass ich es spüre…“ Dracos Lächeln wurde ein kleines bisschen breiter. „Du bist ein wunderbarer Mensch, Harry. Pass auf dich auf.“ Ein Nicken. Harry hatte die Tür erreicht. Er konnte ihn nicht sehen, aber dennoch war er rückwärts bis dorthin gegangen, um ihm sein Lächeln zu zeigen. Offenbar hatten ihm seine Worte gefallen, aber den Schmerz konnte es nicht verdecken. „Bis bald!“ Die Tür fiel ins Schloss. Ein leises Klicken in der Stille, die sich nun mit aller Gewalt über ihn legte. Es war kalt. Draco zog die Knie an und die Decke um seinen Körper, schlang die Arme um sich selbst und drückte die Stirn gegen seine Knie. In ihm herrschte ein namenloser Schmerz, eine unendliche Leere. Noch niemals hatte er so etwas erlebt und als die ersten Tränen flossen, hielt er sie nicht auf. Er vermisste ihn jetzt schon. Am liebsten wäre er ihm nachgelaufen, hätte ihn zurückgeholt, aber er tat es nicht. Er wusste, dass er das nicht durfte, wenn er Harry nicht schaden wollte. Warum fühlte es sich dann so falsch an? Harry erreichte die Peitschende Weide nur wenige Minuten später. Er hätte wieder weinen können, aber er verbat es sich. Er wollte nicht weinen. Nicht vor Sirius, Remus oder Tonks. Sirius erwartete ihn schon. Kikuileh erzählte ihm, dass er lächelte. Er stand dort in Menschengestalt. „Na, hast du dich verabschiedet?“ Schwach nickte er und Sirius strich ihm über den schwarzen Schopf. „Meine Güte, so viel Wolle.“ Er lachte. „Du machst deiner Mutter Konkurrenz!“ Es entlockte dem Jungen ein schwaches Lächeln. „Potter!“ Die unerwünschte Stimme bekam ein tiefes Knurren zur Antwort. Sirius war mit der Anwesenheit des Ankommenden nicht wirklich einverstanden, aber Harry drehte sich fragend um. „Ich habe noch ein Anliegen, bevor du gehst.“ Snape war da. Wieder einmal wie aus dem Nichts aufgetaucht. „Hallo, Snivelus.“ Sirius’ Abneigung war hörbar. „Was verschafft uns denn das unerfreuliche Wiedersehen?“ Snape schoss ihm einen abfälligen Blick zu, beachtete ihn dann jedoch nicht weiter, sondern wandte sich Harry zu. „Heb die linke Hand!“ „Keine Silberranke mehr.“, bat der Junge leise, versteckte in kindlicher Geste die Hand hinter dem Rücken. Snape war entsetzt, wie kraftlos er wirkte. Was machte das Leben nur aus diesem Jungen? Er schüttelte leicht den Kopf, um dieses seltsame Gefühl zu vertreiben, das sich in ihn schleichen wollte. „Nein.“, beruhigte er Harry und unwillkürlich zog sich ein beruhigendes Lächeln über sein Gesicht. Es ließ Sirius alle Gesichtszüge entgleisen. Was war denn das? Snape lächelte? Hilfe! Die Welt ging unter! „Ich möchte den Zauber lösen.“ „Den Aufspürzauber?“ Snape seufzte unhörbar. War ja klar, dass er davon wusste. Wenn er den Sensibilis auf sein Unterbewusstsein zaubern konnte, dann würde er es sicherlich auch noch auf andere Dinge richten können, die der normalen Wahrnehmung verschlossen blieben. „Du hast jetzt einen anderen Babysitter.“ Harry lachte trocken und hob die Hand, während Snape die Geste fließend spiegelte und dann begann, nacheinander die unsichtbaren Fäden zwischen ihren Fingerkuppen zu lösen. Er ließ sie einfach mit dem Zauberstab reißen, als letztes den zwischen den kleinen Fingern. Als er aufsah, konnte er Harry lächeln sehen. „Es ist beruhigend zu wissen, dass auch Sie mich in Zukunft vergessen werden.“ Snape starrte ihn an. Diese kalte Berechnung passte so überhaupt nicht zu dem sonst so freundlichen, umgänglichen Jungen. Im Gegenteil, es entsetzte ihn schier, diesen Satz von ihm zu hören. „Sei dir da mal nicht so sicher.“, gab er bissig zurück, woraufhin er sich auf dem Absatz umwandte und ging. Grußlos. Harry lächelte breiter, ganz offensichtlich nicht so recht an die wie eine Drohung klingende Herausforderung glaubend, und griff nach Sirius’ Hand. Der Mann hatte seinem Erzfeind mit kugelrunden Augen sprachlos hinterher geschaut. „Zwischen euch hat sich eine Menge geändert.“, staunte er nun, sich sichtlich am Riemen reißend. „Seit wann ist er so freundlich?“ Ein Schulterzucken von Harry. „Das ist er seit einiger Zeit, aber ich glaube, er versteckt es. Du bist der erste, der das mitbekommt.“ Sirius blickte nachdenklich wieder zu der entschwindenden Gestalt. „Erstaunlich. Wo er dich mal gehasst hat…“ Harry lehnte sich gegen ihn und schloss die Augen. „Ich finde es so besser.“ „Müde?“, lächelte Sirius liebevoll, ignorierte diesen letzten Satz, der beinahe schon Sympathie zu Snape bekundete, und strich wider durch das weiche, lange Haar. Harry nickte nur und er schoss den Kitzelfluch auf die Peitschende Weide, um sie zum Stillstand zu bewegen. „Dann lass uns gehen, damit zu ins Bett kommst.“ Wieder kam nur ein Nicken. Sirius lächelte traurig. Harry fiel es schwer zu gehen, er konnte es fühlen. Und er konnte es verstehen. Die Tränenspuren auf dem blassen Gesicht waren ihm nicht entgangen. Es war immer schwer, eine geliebte Person zurückzulassen. Darin hatte er selbst ja genug Erfahrung. Sie kehrten in die Heulende Hütte zurück und apparierten von dort aus zu einem Ort an einer langen Straße. Harry war schlecht. Das war ein schreckliches Gefühl gewesen, gerade! Die Luft hatte ihn zusammengepresst und war heiß geworden, sodass er nicht mehr atmen konnte. Und jetzt rebellierte sein Magen gegen dieses Gefühl. Es war wirklich keine schöne Erfahrung und er hoffte, dass es nur so war, weil Sirius ihn mitgenommen hatte oder weil er es das erste Mal getan hatte. Wenn das jedes Mal so sein würde… Himmel hilf! Er bekam kaum mit, wie Sirius ihm das Geheimnis anvertraute, das den Ort der Villa Black preisgab, und wie er ihn in das Haus führte. Kikuileh beschrieb ihm einen Ort, der viel Platz bot; eine Halle empfing ihn, eine ausladende Treppe führte in den erste Stock, vereinzelt standen Stühle an den Wänden, vergilbte Bilder von Menschen in Goldrahmen an der Wand, an der rechten Seite verhüllten schwarze Vorhänge die Wand. Sirius schenkte dem allerdings keine Beachtung. Er lotste ihn nach links und durch die eine Tür, woraufhin Kikuileh ihm eine große Küche beschrieb, mit Feuerstelle, Anrichte und und und. Angegliedert war das Esszimmer mit langer Tafel und vielen verschnörkelten und ausgeblichenen Polsterstühlen, Bildern über Bildern und Kerzenhaltern überall. Noch bevor Kikuileh auf Remus zuflog, wusste Harry, dass er da war. Tonks auch. Er spürte ihre Anwesenheit, das Gefühl von Wärme, Ruhe und Familie. Remus lächelte ihnen entgegen und winkte, bevor er den Zeigefinger auf die Lippen legte. Sirius lachte, denn Tonks hatte ihren Kopf auf die Arme gebettet und schlummerte selig. „Da pennt die beim Warten ein.“, gluckste er amüsiert. Der Werwolf grinste ebenso. „Sie wollte unbedingt warten, bis Harry da ist.“, erklärte er liebevoll und erhob sich. „Hey, Harry.“ Seine große Hand hob sich und strubbelte dem Jungen durch das Haar. Kikuileh saß auf seiner Schulter. “Willkommen im Haus von Sirius und im Hauptsitz des Ordens.” Harry duckte sich lachend unter der Hand weg. Willkommen? Oh ja, er fühlte sich so sehr willkommen, angenommen… „Wir haben dein Zimmer schon hergerichtet. Kreacher hat sich ja wie immer geweigert.“ Das letzte Wort war reichlich missbilligend betont. Harry merkte auf. „Wer ist Kreacher?“ Allmählich tauchte er aus der müden, alles verzerrenden Traurigkeit auf, in die ihn der Abschied von Draco gestürzt hatte. „Der Hauself, der hier wohnt.“ Harry runzelte die Stirn. „Warum hast du einen Hauself, Sirius?“, fragte er irritiert. Irgendwie wollte das nicht so recht zu dem Mann passen, der sein Pate war. „Er war bei dem Haus dabei, als ich es geerbt habe. Aber kein wirklicher Gewinn.“, knurrte der Mann unzufrieden. „Er ist unzuverlässig, widerspenstig und aufmüpfig!“ „Warum lässt du ihn dann nicht gehen?“ Harry verstand gar nichts mehr. „Hätte ich längst getan, wäre er nicht eine Gefahr für den Orden.“ Grimmig verzog Sirius das Gesicht. „Er weiß über alles Bescheid, über die Mitglieder, die Pläne, die aktuellen Schritte… würde ich ihn freilassen, würde er mit Sicherheit so schnell er könnte, zu den Lestranges oder den Malfoys laufen und ihnen alles erzählen, diese Ratte. Glaub mir, er war meiner Mutter bedingungslos hörig und verehrt sie immer noch!“ Harry war baff. Ein Hauself, der freiwillig auf der Seite des Bösen stand? „Wo ist er jetzt?“ „Das will ich gar nicht wissen.“ Sirius benahm sich so kindisch, dass Harry lachen musste. „Der geht mir auf den Zeiger mit seinem ewigen Gemoser.“ „Apropos.“ Remus schaltete sich wieder ein. „In der Eingangshalle hängt hinter einem Vorhang ein Bild von Sirius’ Mutter. Wenn die aufwacht, ist die Hölle los, was bedeutet, dass in dieser Halle höchste Vorsicht geboten ist. Am besten, man tut so, als wäre sie gar nicht da, und ist so leise, dass sie einen nicht bemerkt.“ „Und bevor du fragst: Wir haben alles versucht, um sie zum Schweigen zu bringen oder sogar abzuhängen. Es hat nichts gebracht.“, ergänzte Sirius. Er hatte sich hingesetzt und muffelte vor sich hin. Ihm ging es sichtlich gegen den Strich. „Tolles Erbe…“ Harry lächelte. So wie die beiden es beschrieben, war das Haus echt die Hölle. Aber es war das Haus, in dem er in Zukunft mit ihnen leben durfte. Da konnte es doch gar nicht so schlimm sein, oder? „Möchtest du noch etwas trinken oder essen oder willst du lieber gleich schlafen gehen?“, fragte Remus letztendlich freundlich dazwischen. „Lieber schlafen.“, antwortete Harry. Er hatte keinen Appetit und wollte ein bisschen allein sein. So unbekannt und aufregend das alles hier war, es würde auch morgen noch neu sein. Jetzt… Er kämpfte schon die ganze Zeit immer wieder mit den Tränen. Er wollte nicht schon wieder weinen, aber er vermisste Draco. Jetzt schon. Remus lächelte. „Okay. Sirius wird dich hochbringen. Ich bringe solange Tonks ins Bett.“ Er hob sie hoch und Kikuileh freute sich wie toll über ihr Lächeln und die Tatsache, dass sie sich im Schlaf in seinen Umhang krallte. „Seid ihr nun eigentlich ein Paar, so wie Kikuileh sagt?“, fragte Harry. Ein Rotschimmer überzog Remus’ Gesicht. „Ich denke schon.“ Sirius begann zu lachen. „Du denkst? Offensichtlicher kann das doch gar nicht mehr sein!“ Er zog Harry verschwörerisch zu sich heran. „Er will nur noch nicht so recht, wegen seinem kleinen Problem.“ Der Werwolf. Schon klar. Harry lächelte. „Lass sie nicht zu lange warten. Sie tut dir gut.“ Das verschlug Remus glatt die Sprache. „Wie…“ Und Sirius lachte wieder. Laut und glücklich. „Geh sie hochbringen!“, scheuchte er den perplexen Freund aus dem Raum. „Tun wir auch, oder?“ Kikuileh landete auf Harrys Schulter, als er nickte. Kurz darauf schlichen sie leise die Treppen hinauf und bis zu einer Tür, die Sirius aufmachte, bevor er ihn hinein schob. Es war ein großer Raum mit vielen Fenstern, von denen zwei bis zum Boden gingen. Dunkelgrüne Samtvorhänge waren zur Seite gebunden und gaben den Blick auf einen Garten im Morgendämmerlicht frei, an einer Seite stand ein überwältigendes Himmelbett, ebenfalls in dunkelgrün. Ein offener Kamin war da, ein riesiger Schrank, der aussah, als hätte er mal einer Gräfin mit wirklich vielen Kleidern gehört, stand dem gegenüber. Dann gab es noch eine Kommode, einen Tisch aus schwarzem Holz und einen Stuhl aus selbigen, und unter allem war der Boden mit einem sauberen, hellen Teppich ausgelegt. Eine Truhe stand neben der Tür und sein Koffer mitten im Zimmer. „War Hedwig hier?“, fragte Harry leise. Der Käfig war leer. „Ist sie aufgetaucht?“ Sirius seufzte. „Sie hat deinen Brief gebracht und ist wieder weggeflogen. Sie ist nicht zurückgekommen.“ Er hatte ja schon davon gehört, dass auch die Eulen in Hogwarts’ Bannkreise nicht mehr eindringen konnten. Tapfer nickte Harry. „Ich hoffe, es geht ihr gut.“ Sirius zog ihn in die Arme. „Wird schon.“ „Was ist mit Hagrid und den Weasleys?“ „Morgen, okay?“ Die Antwort kam auf das gleiche raus, als hätte er gesagt, dass der Halbriese nicht mehr lebte oder etwas anderes Schlimmes passiert war. Dass einer von ihnen tot war, dass es ihnen eben nicht gut ging, aber dennoch nickte Harry nur. „Ist okay.“ „Schlafanzug an und ab ins Bett!“ Sirius grinste. „Ich bin in fünf Minuten wieder da, okay?“ Und schon war er verschwunden. Schwerfällig tat Harry, was sein Pate verlangte. Sein Schlafanzug war sogar frisch gewaschen und roch angenehm weich. Seine Hand schloss sich um den Ring an seinem Finger. Dracos Ring… Der Gedanke allein ließ alle Dämme brechen. Wieder flossen Tränen und als Sirius freudestrahlend zurückkam, hielt er betroffen inne, als er den schmalen, schluchzenden Jungen verloren mitten in dem großen Raum stehen sah. „Hey.“ Hilflos kam er näher, legte ihm die Hand auf die Schulter. “Was hast du?“ Im nächsten Moment hatte Harry auch schon seine Arme um seine Taille geschlungen, drückte sich gegen ihn und schluchzte hemmungslos. Und Sirius wusste nichts Besseres zu tun, als ihm über den Rücken zu streicheln. Er konnte es so gut verstehen. Es war bereits neun Uhr in der Früh, als Harry endlich schlief. Sirius hatte seine Hand gehalten und ihm erklärt, dass er gleich nebenan sein würde, dort schlief, falls etwas sein sollte, falls er sich einsam fühlte, Angst hatte, was er gleich drauf damit fortwischte, dass Gryffindors wohl kaum Angst im Dunkeln hatten – James’ Sohn schon mal gar nicht. Harry hatte nur gelächelt und sich zusammengerollt, hatte seine Hand gedrückt, bis er eingeschlafen war. Der abgegriffene Teddy, den Sirius vorher geholt hatte, saß nun verlassen am Kopfende seines Bettes. Sirius schloss die Tür nach einem letzten Blick auf den Jungen und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. Er hatte sich die Vaterrolle einfacher vorgestellt. Sirius erwachte gegen drei Uhr nachmittags. Sechs Stunden Schlaf… Seit Ewigkeiten die längste Zeitspanne, die er am Stück geschlafen hatte. Und das nur, weil er wusste, dass Harry bei ihm war, in seinem Haus. Er lächelte und stand auf, zog sich an. In dem Moment platzte Tonks ins Zimmer. „Sirius!“ Er zuckte zusammen, sofort alarmiert. „Guten Morgen!“ Sie lachte und umarmte ihn stürmisch. „Und? War er gestern noch lange auf?“ Sirius nickte. „Sehr.“ „Warum habt ihr mich nicht geweckt?“ Sie verpasste ihm eine Kopfnuss, die ihn lachen ließ. Falscher Alarm, langsam sollte er sich an ihre Auftritte wirklich gewöhnen. „Du hast so süß und selig geschlafen…“ Das Fräulein schnaubte. „Ist ja ganz toll. Ich wollte Harry doch das Haus zeigen!“ „Das kannst du auch heute noch tun. Er hat ja noch nichts gesehen.“ „Kunststück!“ Tonks seufzte. Dass Harry blind war, war wirklich zu traurig. „Aber egal. Ich will ihm trotzdem alles zeigen!“ „Lass ihn noch schlafen. Er hat es sich…“ Er verstummte, als die Tür aufging. Harry stand dort, längst angezogen. „Ich bin wach.“ Ein Lächeln. „Guten Morgen.“ Und schon hing Tonks um seinen Hals. „Harry! Guten Morgen!“ Sie knuddelte ihn durch, drückte ihn überglücklich an sich. Dass sie ihn erst seit gestern kannte, interessierte sie dabei nicht die Bohne. „Los, komm mit, ich…“ „Tonks!“ Sirius zog sie an ihren Haaren zurück, heute ein leuchtendes Rot. „Gedulde dich und sein nicht so aufdringlich.“ Harry begann zu lachen. „Lass sie. Es stört mich nicht.“ Er streichelte Kikuileh, die vollkommen schlaftrunken auf seiner Schulter hockte und sich an seinen Haaren festhielt. „Na schön.“, gab Sirius nach und ließ Tonks wieder los, die Harry sofort wieder umarmte und ihm triumphierend die Zunge rausstreckte. „Aber trotzdem bekommst du erstmal etwas zu essen, bevor es auf große Entdeckungstour geht, okay?“ Die beiden nickten und Tonks nahm Harrys Hand, um ihn mitzuziehen. „Tonks! Leise in der Halle, ja?“ Sie jubelte, die Tür bereits aufreißend, und Sirius zog sich endlich den Pullover an, während er ihnen folgte. In der Küche erwartete sie Remus, der mit Tellern und Besteck hantierte, Sirius übernahm das Tablett auf der Anrichte und nicht lange danach saßen sie alle im Esszimmer und frühstückten. Harry hatte sich zu Cornflakes überreden lassen, mit Zucker und Milch. Mehr als er die letzten Tage gegessen hatte. Er wirkte weniger gelähmt als am letzten Abend. „Hast du gut geschlafen, Harry?“ Remus schmierte sich ein Brötchen. „In einem fremden Haus ist so was ja meistens nicht so einfach.“ Harry nickte. „Sehr gut. Sehr tief.“ „Trotzdem bist du früh aufgewacht. Die Kleine da ist immer noch tot!“ Sirius zeigte auf Kikuileh, die müde an trockenen Cornflakes knabberte. Sie hatte nicht einmal mitbekommen, dass er sie beleidigt hatte. „Ich habe ausgeschlafen. Noch dazu ist es doch schon Nachmittag.“ „Nachdem du erst morgens ins Bett bist…“ „Sirius, was ist jetzt mit Hagrid und den Weasleys?“, unterbrach der Junge Remus. Die Frage schlug ein. Harry konnte spüren, wie die drei Blicke wechselten und wie sie nervös wurden. Empfindliches Thema… „Harry…“ Sirius legte ihm eine seiner großen Hände auf seine. „St Mungos wurde überfallen. Vor einigen Tagen schon.“ Remus hatte deutlich Mühe, den Schmerz in seiner Stimme zu unterdrücken. „Es haben kaum Menschen überlebt. Von den Patienten kein einziger…“ Kälte kroch in Harrys Körper, als er das hörte. Langsam, stetig, wie schleichendes Eis. „Die Todesser kamen bei Nacht und waren am Morgen fort. Das Krankenhaus steht nicht mehr.“ Harry ließ den Löffel sinken. „Was ist mit den Weasleys?“, wollte er tonlos wissen. Hagrid war also tot. Einfach so umgebracht. Weil er schutzlos war. Wahrscheinlich weil er das reine Blut verhöhnte, wie die Todesser sagen würden… Bitterkeit ließ ihn die Lippen zusammenpressen. „Bill wurde von einem Werwolf erwischt, lebt aber, Charly, Arthur und Molly sind wohl auf. Sie führen den Widerstand. Percy ist tot.“ Er sagte es ohne zu zögern, einfach ehrlich gerade heraus. „Das habe ich gesehen. Fudge hat ihn umgebracht.” Seine Stimme war tonlos und flach. „Fudge?“ „Er dachte, er könnte so sein Leben retten.“ Wieder lösten seine Worte Schweigen aus. Diesmal fassungsloses. Die Neuigkeit war so unfassbar, dass so etwas möglich war bei einem so wichtigen, berühmten Mann, dass ihnen schlichtweg die Worte fehlten. „Dieser Dreckskerl!“, knurrte Sirius dann plötzlich verächtlich. „Er verrät alles und jeden, um sich selbst zu rett…“ „Es hat ihm nichts gebracht.“ Harrys plötzlich äußerst kalte Stimme unterbrach ihn. „Ich… Voldemort hat ihn umgebracht.“ Er ließ ihnen keine Zeit zum Nachdenken. „Was ist mit Seidenschnabel?“ „Oben.“, antwortete Sirius. „Ich musste ihn einsperren, weil er hier in London zu sehr auffällt. Glücklich ist er nicht gerade.“ Harry lächelte schwach. „Aber er ist am Leben. Das ist viel wert.“ „Auch wenn man seiner Freiheit beraubt wurde?“ Tonks’ Stimme war leise und ernst. „Auch dann. Denn dann gibt es die Möglichkeit, zu fliehen, befreit zu werden und als Sieger aus allem hervorzugehen.“ Es ließ sie alle lächeln. „Du bist ziemlich erstaunlich. Hast du dir diese Meinung selbst gebildet?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Sieh dir Sirius an. Er war so lange gefangen und jetzt…“ „Ich habe deine gesamte Kindheit verpasst!“, fuhr der schwarzhaarige Mann auf. „Ich musste dich bei Menschen lassen, die dich hassen, weil du ein Zauberer bist!“ Harry lächelte weich, das erste Mal seit der schrecklichen Nachricht schien er wieder etwas aufgetaut. „Aber jetzt bist du hier und ich kann dich sehen, wann ich will. Du bist hier und hast mich eben jetzt bei dir.“ Er wandte den Kopf nach rechts, wo sein Pate saß. „Wärst du stattdessen gestorben, könntest du das jetzt nicht.“ Sirius zog ihn in die Arme. „Da hast du vollkommen Recht.“, erklärte er erstickt. „Ich hab dich jetzt und lass dich auch nie mehr weg.“ Harry schmiegte sich in die Umarmung, das Lächeln verblasste und sein Gesicht wurde leicht schmerzlich. Remus konnte nicht sagen, ob das Zweifel waren, oder ob Harry einfach den Schmerz um Hagrid zuließ. Wenn er ehrlich war, dann wäre beides möglich. Nach dem Essen führten die drei Harry durch das Haus. Im Untergeschoß war außer der Essküche noch ein Raum, in dem ein wahrlich riesiger Wassertank stand und ansonsten nur eine kleine, schmuddelige Nische, in der Kreacher, der Hauself, lebte, der aber gar nicht da war. Sirius war das egal. Er sagte, es interessiere ihn nicht, wo dieses verkommene Wesen war. Das Erdgeschoß bestand aus jener Eingangshalle, die Harry schon kannte, und den Treppen und sonst nichts. Man hatte den kompletten Platz für das Herausstellen des eigenen Reichtums verbraucht. Aus diesem Grund gingen sie gleich in den ersten Stock hinauf. Es gab vier Zimmer, die von einem breiten Flur abgingen. Da war sein Zimmer und Sirius’, ein Zimmer, in dem ein großer Zeichentisch stand und das wegen magischer Untermieter nicht bewohnbar war, und ein mittelgroßes Bad mit Wanne. Im zweiten Stock schliefen Tonks und Remus Tür an Tür, das dritte Zimmer war frei und verschlossen und auch hier gab es ein Bad. Im dritten Stock traf Harry dann auf Seidenschnabel. Der Hippogreif war unruhig, knurrte und fauchte, als er sie sah, und riss an der Kette, die um seinen Hals lag. Sirius seufzte unglücklich. „Hey.“ Er trat vor. „Ich habe die etwas zu essen gebracht.“ Er hatte es während der ganzen Zeit mit sich herumgeschleppt. Dann musste er zurückwichen, weil Seidenschnabel nach ihm schlug. „Was bitte kann ich dafür, dass sie dich alle umbringen wollen?“, fragte er ihn aufgebracht, als Harry plötzlich vortrat. „Bleib lieber weg von…“ Harry beugte den Rumpf und Sirius verstummte, den Zauberstab schon gezogen, falls es sein musste. Unwahrscheinlich war es jedenfalls nicht. Die roten Augen funkelten böse und das Gefieder sowie das Fell sträubten sich. Dann, ganz plötzlich, erwiderte Seidenschnabel die Geste, beugte Knie und Kopf, stupste Harry freundlich an, als dieser keine Anstalten machte, aufzusehen. Der Junge lächelte. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, nicht wahr?“ Ein klägliches Krächzen kam als Antwort. „Willst du nichts essen? Sirius hat dir was mitgebracht.“ Der schwarzhaarige Mann kam wieder näher und hielt seinem Greif wortlos den toten Hasen hin, der ihn ungewohnt sanft aus seinen Händen nahm. Von der offenen Aggressivität war nicht mal mehr ein unterschwelliges Grollen geblieben. „Meine Güte.“ Tonks spähte unter Remus’ Arm hindurch. „Du kannst aber gut mit Tieren, Harry.“ „Ja.“ Harry lächelte weich und kraulte Seidenschnabel den Hals. „Darf ich mit ihm fliegen?“, fragte er seinen Paten leise. Sirius seufzte. „Das geht nicht. Wenn ihn jemand sieht…“ „Niemand wird ihn sehen! Keiner wird sich daran erinnern. Und es wird dunkel sein!“ Sein Pate wechselte einen Blick mit Remus, als der Hippogreif plötzlich in die Luft schnappte und Kikuileh daraufhin entsetzt zu Remus flüchtete. „Ich glaube, es könnte ihm reichlich gut tun, oder?“ Remus nickte. „Ja. Vielleicht ist er dann nicht mehr so ungehalten.“ Harrys Lächeln wurde breiter. „Hast du gehört, Schnäbelchen?“, fragte er und lehnte sich gegen ihn. „Heute Abend fliegen wir.“ Doch zuvor erwartete Remus seine Aufmerksamkeit. Das Training sollte beginnen und das hieß, dass sie in den zweiten Raum des dritten Stocks gehen würden und Remus dort Harrys von Snape gepriesene Abwehr testete. Zehn Zauber und der Werwolf war begeistert. Er kam bei Harry mit keinem einzigen Zauberspruch durch. Als nächstes machte er sich ein Bild von den Angriffen. Und beschloss im weiteren Verlauf des Trainings einen Dummy zu verwenden, als Harrys Zauber ihn ohne Sirius’ Hilfe wahrscheinlich geplättet hätte. Und er ließ Harry den Zauber dann solange versuchen, bis er geregelte Ausmaße angenommen hatte, wofür dieser die ganze Zeit bis zum Abendbrot brauchte. Remus war komplett ratlos. Wie sollten sie diesem Jungen Kontrolle über seine Kraft vermitteln? Dumbledore hatte das Problem doch erklärt: Anscheinend zog Harry Energie vom Unnennbaren, und davon soviel, dass sie einfach unhändelbar sein musste! Was zum Teufel sollte er daran ändern können? Beim Abendbrot, gekocht von einem sehr schweigsamen Remus Lupin, hatte Harry wirklich Appetit. Er aß viel für seine Verhältnisse und Sirius war wirklich glücklich darüber. Mme Pomfrey jedenfalls hatte schon Sorge angekündigt. Dann war der Zeitpunkt gekommen. Sirius löste die Kette an Seidenschnabels Hals, öffnete die Balkontür und der Greif trabte mit Harry auf dem Rücken hinaus auf den Balkon. Er stieß sich ab, breitete die Flügel aus und verschwand mit einem ohrenbetäubenden Kreischen in der Nacht. Sirius und Remus blickten ihnen schweigend nach, während sie Harrys Jubelruf lauschten, der erst nach ein paar Augenblicken verklang. Ob das wohl gut ging? Harry flog. Er konnte es nicht fassen. Seine Hände krallten sich an den glitschigen Federn fest, während Seidenschnabel immer und immer schneller wurde, alles gab, was er die Zeit auf dem Dachboden über in sich angesammelt hatte. Versteckt unter dem Vergessenszauber entließ er Laute der Freude und Zuversicht, gurrte glücklich und zog Schleife um Schleife über den Dächern Londons, schraubte sich mal höher, mal ließ er sich einfach im Sturzflug nach unten fallen. Harry auf seinem Rücken musste die Augen zusammenkneifen wegen des schneidendkalten Windes, der ihm in die Augen blies. Er konnte sehen. Sah ein Lichtermeer unter sich, durch das sich rotgelbe Schlangen zogen, sah Schwärze in der Ferne und vereinzelte Punkte am Himmel, doch alles war verschwommen und unscharf. Er verfluchte sich, dass er nicht daran gedacht hatte, seine Brille einzupacken. Doch trotz allem genoss er den Flug. Einfach das Gefühl von Wind und Wetter in den Kleidern, Haaren und Ohren, die Macht hinter jenen Elementen spüren zu können, das war es, was Harry so liebte. Er begann zu schreien. Er schrie heraus, was auf seiner Seele lastete. Den Stress der Beobachtung, seinen Hass auf Voldemort und die Todesser, auf ihre Verfehlung, die Belastung durch die Schuld, die ihn betraf, seinen Herzschmerz, weil Draco nicht bei ihm sein konnte, den Schmerz über Hagrids Verslust. Die Freude darüber, dass sich sein sehnlichster Wunsch, bei Sirius leben zu können, erfüllt hatte, sein Glück, dass er eine Familie gefunden hatte, seine Liebe zu Draco und seine Freundschaft zu Hermione und Ron und er jubelte über das Gefühl der Freiheit, das ihn ergriffen hatte, bis er heiser war. Es gab nichts Schöneres als fliegen! Seidenschnabel kehrte erst nach drei Stunden wieder mit ihm zurück, hatte sich vorher einfach nicht dazu bewegen lassen. Er landete in seinem Zimmer, wo Sirius schon ungeduldig und voller Sorge wartete. Harry war vollkommen ausgekühlt, aber der Junge strahlte ihn an, bevor er seine Arme um seine Mitte schlang und die Nase in seinen Bauch drückte. „Das war so toll!“, schwärmte der Schwarzhaarige und kurz darauf sprudelte all das, was er gesehen hatte, aus ihm heraus, ohne Punkt oder Komma, so dass Sirius’ ärgerliche Rüge über das späte Zurückkommen davon schlichtweg erschlagen wurde. Der Mann lächelte breit. Es war beruhigend zu wissen, dass Harry doch ein ganz normaler Junge war, der sich freute und Spaß an normalen Dingen hatte, denn irgendwie hatte er vorher viel zu ernst und zurückhaltend gewirkt. „Dann solltest du das wohl öfter machen.“, erklärte er weich, bevor er ihm durch die Haare wuschelte und anfügte: „Und jetzt ab mit dir unter die Dusche und auf kürzestem Weg ins Bett!“ Grinsend tat Harry, was er verlangte. Er war wirklich ausgepowert von diesem Tag und fiel totenschwer ins Bett. Doch bevor er wirklich einschlief, schloss er die Augen und rief sich Dracos Bild ins Gedächtnis. Die sturmgrauen Augen, die weichen Züge die schmalen Lippen und die gerade Nase, die hellen Haare mitsamt dem schlangen Hals und dem liebevollen Blick. Morgen würde er Remus nach dem Apparieren fragen. ……..-……………-……… *smile* Irgendwie fällt mir nichts ein, was ich schreiben könnte… *drop* Bis zum nächstem Mal! Erinnerungen ------------ Titel: Erinnerungen Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. --> Ich möchte darauf hinweisen, dass ich mich in diesem Kapitel von der Vergangenheit, wie sie sich in den letzten drei Büchern darstellt, distanziere. Ich habe meine eigene Wahrheit gefunden und hoffe, ihr nehmt mir das nicht übel. Kapitel 39: Erinnerungen Harry erwachte recht spät. Er war irritiert, dass er nicht geweckt worden war, aber im Grunde genommen dankbar dafür. Er fühlte sich ausgeschlafen und gut. Zum ersten Mal seit Tagen. Schnell zog er sich an und wanderte dann die Treppe hinunter in die Küche, wo er auf Tonks traf, die ihn stürmisch begrüßte. Sie freute sich sichtlich, dass er wach war, und erzählte ihm mitsamt Begrüßung auch gleich, dass Hund und Herrchen zum Einkaufen in die Muggelpromenaden gegangen waren und dass es ihre Aufgabe war, ihn zu bewirten. Harry lachte und bestellte also Cornflakes mit Milch. Kurz darauf krachte und klirrte es in der Küche, eine Tasse ging zu Bruch, der Besteckkasten fiel herunter und verteilte seinen Inhalt über die Fliesen und auf dem Weg zu ihm stolperte sie in ihrer Hektik ganze viermal. Kikuileh hatte ihre wahre Freude daran, ihm zu berichten, was alles schief ging, doch Harry griff nicht ein. Das heute blauhaarige Fräulein hatte einen Heidenspaß daran, die Schüssel auf den Tisch zu stellen, Cornflakes hineinzutun – wobei mindestens ebenso viele daneben gingen – und anschließend mit seinem Einverständnis noch Bananen hinein zu schneiden. Diese Freude wollte er ihr nicht nehmen. Es dauerte seine Zeit und es war ein wahres Wunder, dass sie sich nicht einmal schnitt, aber als sie zum Abschluss noch Milch in die Schüssel goss, klatschte sie glücklich in die Hände und verkündete ihm, dass er anfangen konnte. Was er tat, während sie ununterbrochen wie ein Wasservoll von den Dingen sprach, die ihr beim aufräumen in diesem Haus schon mal passiert waren. Als sie das erste Mal da gewesen war, da hatte sie sich mit dem Bild in der Eingangshalle angelegt, dass die Fetzen flogen und Remus und Molly Weasley sie irgendwann mit einem Stummzauber belegt hatten. Dann hatte sie versucht, einen Grindeloh zu fangen, was anscheinend funktioniert hatte. Harry wollte gar nicht wissen, was für ein Chaos sie dabei angerichtet hatte. Er war längst fertig mit essen, da redete sie immer noch, ausgelassen und fröhlich, war inzwischen bei Remus angelangt, über den sie schwärmte, als wäre er ein Heiliger. Eine halbe Stunde später polterte es plötzlich und mit heftigem Schnaufen und Keuchen taumelten der Herr des Hauses und Remus herein. Beide trugen schwere Tüten. Die Einkäufe für die nächste Woche, wie Harry auf Kikuilehs neugierige Frage hin vermutete. „Ah, Harry, du bist schon wach.“ Remus klang regelrecht heiser. „Und er hat auch schon gegessen.“, merkte Sirius trocken an. „Ich hab ihm was gegeben!“ Tonks freute sich wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal das Bügeleisen der Mutter hatte ausprobieren dürfen. „Das sehe ich…“ Dann begannen alle zu lachen und Remus räumte mit einem Wink seines Zauberstabes die Küche auf. Harry konnte sich denken, dass das der meistgenutzte Spruch des Mannes war, seit Tonks in sein Leben getreten war. Sie einigten sich schließlich auf Pfannkuchen zum Mittag, bevor die drei Erwachsenen beschlossen, dass es Zeit für das Training wurde. Harry nutzte die Gelegenheit. „Wann kann ich Apparieren lernen?“, wollte er wissen. Remus seufzte. „Harry, bevor du apparieren kannst, solltest du dringend sehen lernen. Du kannst nirgendwo hinapparieren, solange du den Ort nie gesehen hast.“ „Aber ich habe Kikuileh.“ „Ich fürchte, das wird nicht reichen, um dir ein genaues Bild eines bestimmten Ortes ins Gedächtnis zu rufen.“, erklärte der Mann geduldig. Harry schwieg daraufhin etwas entsetzt. Wie sollte er es denn dann überhaupt jemals lernen? Seine Augen waren so unbeständig, dass er sich niemals wieder auf sie verlassen konnte! Das Training im Folgenden gestaltete sich schwierig, denn Harry war so gut wie nicht konzentriert. Seine Zauber trafen alle, aber die Macht dahinter war unheimlich und gefährlich für alle Beteiligten. Remus ließ schließlich eine vorgezogene Mittagspause zu, in der er Harry eine Predigt darüber hielt, dass das Training nichts brachte, wenn er sich nicht bemühte. Und weil er Harrys Argument, dass er niemals wieder würde sehen ‚lernen’, verstand und die Angst des Jungen dahinter erkannte, ließ er Harry anschließend helfen, die Pfannkuchen zu machen, um ihn abzulenken. Es machte ihm sichtlich Spaß. Das Chaos war beinahe so schlimm, als hätte seiner statt Tonks geholfen. Der Nachmittagsunterricht war daraufhin besser zu ertragen. Es war bereits zweiundzwanzig Uhr, als Sirius kam, um nach Harry zu sehen. Fast dachte er, dass der Junge schon schlief, doch gerade als er die Tür wieder schließen wollte, erhaschte er die dunkle Silhouette am Fenster. Harry war noch wach. Seufzend trat er ein und schloss die Tür hinter sich. Vollkommene Dunkelheit umfing ihn, doch für Harry machte es mit Sicherheit keinen Unterschied. Langsam kam er näher und setzte sich schließlich neben ihn. „Kannst du nicht schlafen?“ Harry schüttelte den Kopf. Der Junge hatte die Beine angezogen und die Arme darum geschlungen, sein Kopf lag auf seinen Knien. Er machte sich ganz klein. „Du vermisst ihn, nicht wahr?“ Ein halbherziges Achselzucken ließ ihn leise lachen. Das Zusammenzucken davor hatte ihn verraten. „Doch, tust du. Deswegen auch die Frage, ob du Apparieren lernen kannst.“ Die Gestalt neben ihm versuchte sich noch ein bisschen kleiner zu machen und Sirius legte ihm die Hand auf die Schulter, drückte sie sacht. Er schwieg. Genau wie Harry. Eine wirklich lange Zeit. Hunderte von Fragen und Dinge, die Trost spenden sollten, lagen ihm auf der Zunge, aber er sagte nichts davon. Er hatte das Gefühl, dass Harry Stille wollte und das konnte er nachvollziehen. Er schreckte regelrecht zusammen, als Harry plötzlich sprach. „Erzähl mir von der Zeit, als du ein Kind warst.“ Die Stimme war leise, aber klar. Es klang nicht so, als hätte er geweint. Auf Sirius’ Lippen legte sich ein breites Lächeln. „Als ich ein Kind war? Was genau willst du denn hören?“ „Alles?“ Harry richtete sich auf. „Einfach… was du erlebt hast.“ „Okay.“ Sirius ließ sich einen Augenblick Zeit, um sich seine Worte zurecht zu legen, bevor er den Kopf gegen die Scheibe lehnte und seinen Blick in die Vergangenheit richtete. „Meine Kindheit war nicht besonders toll…“, begann er schließlich leise. Es war auch kein besonderst toller Anfang für eine Geschichte, aber es war nun einmal so gewesen. „Ich habe ein Leben kennen gelernt, in das ich nie wieder zurück möchte. Weißt du, meine Eltern waren Anhänger des Unnennbaren, der damals begann, Menschen um sich zu scharen. Sie wetterten gegen das mehr und mehr verfallende Kulturgut unserer Rasse… Muggelgeborene, Halbblüter… Du kennst das. Du weißt, wie das ist, hast es selbst erlebt.“ Er seufzte. „Sie haben mich so erzogen, haben das von mir erwartet, was in ihren Köpfen ideal war. Gute Noten beim Hauslehrer, beste Manieren, Höflichkeit und Ehrgeiz zur Grausamkeit. Mein Vater wollte mich zu einem Abbild seiner selbst machen, mir seine… Meinung, seinen Glauben aufzwingen…“ Er lachte leise. „Was glaubst du, was es für ein Schock für sie war, als ich vom Sprechenden Hut nach Gryffindor gewählt wurde.“ Wieder ein Lachen. „Sie haben einen Heuler geschickt und mich vor aller Ohren und Augen aus der Familie ausgestoßen. Ich war damals am Boden zerstört.“ Er war verstummt, versank in Gedanken und ließ die Gefühle von damals auf sich wirken. Enttäuschung, Wut, Traurigkeit… Wie albern er doch gewesen war. „Was passierte dann?“, fragte Harry nach einiger Zeit, als es nicht weiterging. „Hast du dich mit meinem Dad angefreundet?“ Sirius blickte ihn an. „Oh nein. Nein, leider nicht. Dazu war ich… zu stolz, zu tief verletzt. Ich wollte keine Hilfe. Von niemandem. Ich habe alles versucht, um nach Slytherin hinüber zu kommen, um meine Freunde und Regulus, meinen Bruder, nicht zu verlieren, aber sie wandten sich alle von mir ab. Ich war ein Verräter in ihren Augen. Das musst du dir mal vorstellen: Ein elfjähriger Junge, der nichts für die Entscheidung des Hutes konnte.“ Erneut rang sich ihm ein trockenes Lachen ab. „Ich war so dumm. Ich beschloss, es ihnen zu zeigen, wollte ihnen beweisen, dass ich eben doch ein Slytherin war, und begann wie wild um mich zu schlagen. Ich griff jeden an, benahm mich wie ein tollwütiger Hund in meinem Zorn auf diesen Hut und Dumbledore, der nicht einsehen wollte, dass ich nach Slytherin gehörte. Aber natürlich hatte Dumbledore gewusst, wer ich wirklich war. Ich war ein echter Idiot.“ Er lehnte den Kopf wieder gegen die Scheibe, starrte in die sie umfangende Finsternis. „Das ging ein halbes Jahr so, dann platzte James der Kragen. Wir waren ja nur vier im Schlafsaal und bis dahin hatte er mich und meine Eigenbrötlergeschäfte ignoriert. Er hat mich immer so seltsam angeschaut. Ich dachte, der könnte mich nicht leiden und bemitleidete mich deswegen.“ Er setzte sich etwas bequemer zurecht und blickte seinen Patensohn, den dunklen, unbeweglichen Schemen neben sich, lächelnd an. „An dem Tag hatte ich geplant, den gesamten Gryffindortisch hochgehen zu lassen. Mit allem drum und dran. Weiß der Teufel, wie er darauf gekommen ist, aber… Na ja, er wusste es einfach. Es sollte mein Befreiungsschlag werden, mit dem ich allen bewies, auf wessen Seite ich stand. Ganz kurz vor Weihnachten. Doch daraus wurde nie was. Er… hat mich abgefangen. Und er hat sich mit mir geprügelt. Ganz schlimm. Mme Pomfrey hatte damals gerade angefangen und sie war entsetzt, als Professor Leyna ihn und mich bei ihr abgeliefert hat.“ Er kicherte wieder. „Stell dir vor, James hätte mich beinahe noch einmal angegriffen, als ich meinte, ich wolle nicht mit ihm in einem Zimmer schlafen.“ Er spürte, wie Harry sich bewegte. Der Junge lauschte so aufmerksam, dass es richtig Spaß machte, von damals zu erzählen. Fast konnte er spüren, wie die Bilder in Harrys Geist aufstiegen und mit seinen Erinnerungen wanderten. Es freute ihn. „Mitten in der Nacht stand er dann plötzlich neben meinem Bett. Ich dachte erst, er würde mich umbringen wollen, aber er setzte sich nur und starrte mich an. Seine Augen waren so böse. Ich hatte echt keine Ahnung, was ich von ihm halten sollte. Und dann hat er mich gefragt, ob ich mit ihm über Weihnachten zu seinen Eltern fahren wollte, weil meine das ja nicht wollen würden, wenn ich zu ihnen zurückkommen würde. Ich war vielleicht geplättet, sag ich dir.“ Zufrieden registrierte er den leisen, erleichterten Laut, der von Harry kam. Das war genau das, was er hatte erreichen wollen: ihn ein wenig ablenken, ihn aufmuntern, ihm eine Richtung geben, die seine Gedanken gefahrlos beschreiten konnten. „In den Ferien habe ich kennen gelernt, was Familie bedeutet. Seine Eltern waren nett und freundlich und haben mich aufgenommen, als wäre ich ihr Sohn. Sie waren so lieb und sie haben mich eingeladen, dass ich wiederkommen könnte in den Sommerferien. Merlin, hatten wir einen Spaß. James Vater hatte eine Modelleisenbahn und wir haben ununterbrochen damit gespielt. Und seine Mutter hat mich abends zugedeckt und mich zum Abschied umarmt. Weißt du… zu der Zeit war ich das erste Mal in meinem Leben wirklich Kind.“ Harry hatte sich deutlich entspannt. Er hatte die Augen geschlossen und lehnte am Fensterglas. Seine Hände lagen locker auf seinen Knien. Das Licht von den umstehenden Häusern beleuchtete ihn schwach. „Bist du noch wach?“ Es kam ein Nicken, das in der Dunkelheit kaum zu sehen war. „Aber nicht mehr lange, oder?“ „Erzähl weiter.“ Harrys Augen öffneten sich und schienen durch die Dunkelheit zu leuchten. „Was war dann?“ Sirius musste lachen, aber er fügte sich. Es war angenehm über das zu sprechen, was früher gewesen war. „Seitdem waren wir unzertrennlich. Wir haben niemals auch nur einen Blick gewechselt, ohne genau zu wissen, was der andere dachte. Und ich habe herausgefunden, dass James nicht das geringste Problem damit hatte, Regeln zu brechen und Streiche zu spielen. Er war sogar noch gerissener als ich und viel fantasievoller. Und irgendwie einigten wir uns darauf, den Slytherins die Hölle heiß zu machen, teils aus Rache, teils wegen des Häuserkampfes.“ „Snape?“ „Oh, das kam später. Snape war… schon immer sehr ruhig. Wir haben ihn am Anfang gar nicht bemerkt.“ „Echt?“ „Wirklich. Snape war nur einer von vielen. Nein, wir haben das Schloss untersucht, haben versucht, seine Geheimnisse zu entschlüsseln und kennen zu lernen. Ich war erstaunt, wie viel James schon wusste, wie viel er in der Zeit herausgefunden hatte, in der ich anderweitig beschäftigt gewesen war, und es wunderte mich auch nicht mehr, dass er gewusst hatte, was ich vorhatte, aber trotzdem brauchten wir Monate. Wochenlang haben wir die Nächte auf den Gängen verbracht, haben alles notiert, was auffällig war oder interessant, haben Zusammenhänge herausgefunden, die uns schlichtweg begeisterten. Ich weiß bis heute nicht, woher James die ganzen Analysezauber hatte, die uns sosehr geholfen haben.“ Er grinste. „Es hat Spaß gemacht und bald kannten wir uns besser aus als alle Lehrer von Hogwarts zusammen. Wir haben viel Zeit gespart mit den ganzen Abkürzungen.“ „Lass mich raten… Ihr ward trotzdem immer zu spät.“, kam ein reichlich trockener Kommentar von Harry. „War wohl so…“, räumte Sirius ein und kratzte sich verlegen hinter dem Ohr. „Dafür wahren wir bekannt.“ Ein perlendes Lachen klang durch den nachtstillen Raum und Sirius’ Lächeln wurde breiter. Harry war doch ein wirklich goldiger Junge. Zu schade, dass er dieses Lachen so selten hören ließ. „Was war mit Remus?“ Beigeisterung klang in der Stimme mit. „Die Peitschende Weide wurde wegen ihm gepflanzt, stimmt’s?“ „Ja. Remus war still und ruhig, sehr zurückgezogen und regelmäßig krank. Er hat James’ Charme am längsten widerstanden. Wurmschwanz… Na ja, du weißt ja, dass er charismatische Menschen vergöttert. Er war von Anfang an immer an James’ Seite, hat sich an ihn gehängt wie eine Klette… Aber Remus wollte mit uns nichts zu tun haben. Er war immer höflich, wahrte aber eine Distanz, die James nahezu zur Weißglut trieb. Ich war damals kurz davor zu sagen, dass wir ihn nicht bräuchten, dass wir auch ohne ihn ein gutes Team waren, aber James war da anderer Meinung. Er sagte, Remus hätte Qualitäten und Begabungen, die unserer Gruppe noch fehlten, dass er seine Geduld nutzen konnte, dass er Fehler in einem Plan mit Sicherheit schnell finden würde. Außerdem war er der Meinung, dass es keinen echten Spaß machte, wenn man nicht frei im Schlafsaal reden konnte, weil jemand dabei war, dem man nicht trauen konnte. Und, so seine Worte, jeder wüsste doch, dass jede gute Gruppe aus vier Menschen besteht, die einander ergänzen.“ „Ron, Mione und ich waren immer nur drei.“ „Ja, das habe ich auch gesagt, aber James war stur und in gewisser Weise unser Anführer. Er setzte sich durch und so begannen wir, Informationen zu sammeln. Wir fanden heraus, dass er sich einmal im Monat noch ein wenig mehr vor uns zurückzog und noch weniger für uns erreichbar war, und dass er danach direkt krank war. James wollte natürlich wissen, was los war, und als er fragte, bekam er keine Antwort. Nur Remus’ Blick wurde gehetzt und er schrie förmlich, dass es uns nichts anginge.“ Sirius gab ein Seufzen von sich. „Damit hatte er James’ Neugier erst recht geweckt. Wir steckten damals mitten in den Prüfungen, aber als ich meinte, wir sollten lieber lernen, statt uns um den Stoffel zu kümmern, zog er sich komplett zurück und ich hatte beinahe Angst, dass ich ihn vertrieben hatte, aber er kam nur zwei Wochen später zurück, als wäre nie etwas gewesen. Er legte uns einen Plan vor, der eine Menge schwerer Magie von uns forderte, und so lernten wir die statt für die Prüfungen. Aber so eine Beschattung war wirklich nicht so leicht, wie wir dachten. Wir haben lange gebraucht, bis wir es schafften, zu beobachten, wie er mit Mme Pomfrey zur Peitschenden Weide ging. Und wir haben noch mal sechs Wochen gebraucht, um herauszufinden, wie man in den Geheimgag kommt. Remus war entsetzt, als er uns sah, nachdem wir ihm die Falle gestellt hatten, hat uns gesagt, wir sollen verschwinden, war fuchsteufelswild. Deine Fee ja auch.“ Kikuileh gab ein begeistertes Jubeln von sich und er lächelte darüber. Es war schon klar gewesen, dass sie stolz darauf war. „Wir haben uns zurückgezogen und James war sehr ernst, als wir im Schlafsaal ankamen. Ich weiß nicht, wie er darauf gekommen ist, aber er war es, der uns die Werwolftheorie nahe gelegt hat. Wurmschwanz wollte allen sofort sagen, was er wusste, wollte ihn verraten, und ich muss gestehen, dass auch ich unschlüssig war. Der Gedanke, mit einem Werwolf in einem Zimmer zu schlafen… Ich wollte mit ihm nichts mehr zu tun haben, hatte Angst vor ihm… Meine Güte. Ich war wirklich dumm.“ Harry bewegte sich leicht und Sirius fiel auf, dass ihm beinahe entfallen war, dass er diese Geschichte ihm erzählte. Er war so tief in der Vergangenheit, dass er den Jungen beinahe vergessen hatte. Erstaunlich, wie still er sein konnte. „James hat uns zusammengeschissen, aber wie. Wurmschwanz hatte regelrecht Angst vor ihm – eigentlich auch kein Wunder, nachdem er ihn geschockt hatte, damit er eben nicht hinausrennen konnte. Meine Güte, sein Vortrag klingelt mir heute noch in den Ohren. Dass Remus ja nichts dafür konnte und dass er doch immer alles tat, um niemanden zu gefährden, und sich selbst schadete, um Rücksicht zu nehmen... Und dann haben wir den Club der Rumtreiber gegründet.“ Er lächelte weich. Das war das Beste, was ihm jemals passiert war, der schönste Zeitpunkt in seinem Leben. Das Gefühl, die Spannung, die Aufregung, die Euphorie… „Du hättest Remus’ Gesicht sehen sollen, als wir ihm sagten, dass wir ihn nicht verraten und trotz seiner Abnormalität mit ihm befreundet sein wollten. Erst hat er uns definitiv für verrückt erklärt, aber dann hat er geweint und James hat ihn umarmt, wie er es immer mit mir gemacht hat, wenn ich traurig war.“ Er lachte leise. „Und ich habe gelernt, dass der Werwolf eine Krankheit ist. Heilbar.“ „Heilbar?“ Harry merkte auf. „Wie kann man das heilen?“ „Man muss den ersten Werwolf töten. Greyback.“ „Greyback?“ „Er dient dem Unnennbaren.“ „Also muss man ihn töten, damit Remus Tonks das Jawort gibt?“ Sirius begann wieder zu lachen, frei und ungezwungen. „So könnte man das auch ausdrücken!“, freute er sich, er wurde jedoch schnell wieder ernst. „Aber Greyback ist gefährlich. Er ist alt und deswegen erfahren. Er ist nicht so leicht zu töten.“ „Aber man kann es versuchen.“ „Mir wäre es lieber, du versuchst es nicht.“ Der Mann seufzte. Und Harry nickte. „Ich werde ihn nicht suchen gehen.“ Ein freches Grinsen erschien auf seinem Gesicht, das auch noch in seiner Stimme zu hören war. „Das überlasse ich dir.“ „Was…?“ „Ist doch so. Du suchst ihn, um deinem Freund zu helfen.“ „Ja…“ Sirius antwortete nur gedehnt. „Aber das darf er nicht erfahren.“ „Schon klar.“ Harry kicherte leise. „Er würde dich einsperren, wenn er das wüsste. Damit dir nichts passiert.“ Er richtete sich auf. „Also erzähl, wie ging es weiter? Ihr habt den Animaguszauber gelernt, oder?“ Sirius verzog das Gesicht. Ihm war gerade klar geworden, dass er ein wenig zuviel geredet hatte, und das missfiel ihm. Das war nicht gut, dass Harry das mit Greyback wusste. Bei seiner Hilfsbereitschaft zumindest nicht. Gedehnt fuhr er fort: „Ja… Das war auch James’ Idee. Und wir haben ziemlich lange gebraucht. Wurmschwanz am längsten. Aber Remus war glücklich, denn er war nicht mehr so allein, während er darauf wartete, dass er sich transformiert.“ „Darf ich das auch lernen? Also, bringt ihr mir das bei?“ Sirius lächelte. „Sehr gern. So schwer ist das gar nicht.“ „Und was glaubst du, was ich werde?“ „Woher soll ich das wissen?“ Der schwarzhaarige Mann lachte. „Wir haben vorher gerätselt und gewettet, wer was wird, und waren fest der Meinung, James würde ein Falke werden, weil er Sucher beim Quidditch war. Oder bei mir haben sie sich gestritten. James hat gedacht, ich würde eine Schlange werden, weil ich durchtrieben bin, und Wurmschwanz sagte, ich würde ein Pfau, weil ich eingebildet sei.“ „Warst du das früher?“ „Ja, würde ich schon sagen.“, gab Sirius nachdenklich zu. „Das haben sie alle gesagt.“ „Was hat Remus getippt?“ Harry war ganz gespannt. Die Erzählungen faszinierten ihn, malten eine Welt, von der er nicht gewusst hatte, wie sie gewesen war, berichteten von seinem Vater und seinen Freunden. Es gefiel ihm, er saugte es förmlich in sich auf. „Remus hat richtig getippt.“ Sirius fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Er hat auch Wurmschwanz’ Gestalt vorausgesagt. Nur bei James nicht, obwohl er ein Platzhirsch war.“ Harry runzelte die Stirn. „Warum Platzhirsch?“ „Oh, das hat im vierten Jahr angefangen. Da hat er Lilly das erste Mal ‚bemerkt’.“ Er sprach das letzte Wort zögernd, weil ihm kein besseres einfiel. „Danach hat er angefangen, sich herauszuputzen. Plötzlich war er immer ganz hibbelig, wenn sie da war, und hat sich total daneben benommen, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Es war teilweise so lächerlich.“ Er seufzte theatralisch, was Harry kichern ließ. „Damals hat das auch mit Snape angefangen.“ Harry merkte auf. „Warum?“ „Oh das war…“ Sirius grinste sich eins. „Deine Mutter war ein hübsches Mädchen. Ruhig, intelligent, belesen… Und Snifelus hat sich eben auch für sie interessiert.“ Harry fiel die Kinnlade herab. „Wie bitte?“ „Ja!“, bestätigte Sirius. „Und als James das gemerkt hat, hat er angefangen, Snape zu piesacken, ihn bloßzustellen… Wie ein echter Platzhirsch eben. Er konnte keine Konkurrenz ertragen.“ Wieder kicherte er bei der Erinnerung daran. „Es hat Spaß gemacht. Er hat ihn verfolgt, hat aus diesem Grund die Karte mit uns angefertigt. Kein Streich war ihm zu lächerlich. Wasserglas umkippen, Spinnfäden, Schlingpflanzen… Ich habe mich mitreißen lasen, wollte an seinem Spaß teilhaben…“ „Es ist echt kein Wunder, dass er euch hasst…“, murmelte der Junge und Sirius seufzte. „Wohl nicht. Das mit Remus und der Rettung durch James hast du ja mitbekommen, nicht?“ Harry nickte. „Du hattest davon erzählt.“ „Danach war Lilly lange Zeit böse mit mir, aber gleichzeitig hat sie James plötzlich beachtet, weil er sich doch als erwachsener erwiesen hat, als sie gedacht hatte.“ Lächelnd lehnte sich Harry wieder gegen das Fenster. „Waren sie glücklich?“ „Und wie. Danach hat James Snape wieder in Ruhe gelassen, jedenfalls meistens, denn natürlich hatte Snape gelernt und machte nun uns das Leben zur Hölle. Ja das war eine schöne Zeit. James’ Eltern waren von Lilly begeistert. Seine Mutter hat ihr viel beigebracht, nachdem sie sie kennen gelernt hat, und hat mich und deinen Dad häufig rausgeworfen. Frauengespräche, du weißt schon. Als die Schule vorbei war, zog sie bei uns ein.“ Er hielt kurz inne. „Es war eine wirklich schöne Zeit. Wir haben sehr viel gelacht und gemeinsam unternommen…“ Er unterbrach sich erneut und seufzte schließlich. „Ich denke, es ist besser, wenn du jetzt schlafen gehst.“, sagte er und Harrys Lächeln wurde dunkler. „Danach begannen die Kämpfe, nicht wahr? Gegen Voldemort.“ Sirius nickte, sagte aber nichts weiter dazu. „Und was… ist mit meinen Großeltern passiert?“ Ein leises Seufzen war zu hören. „Es war en dummer Unfall. Ein Muggellastwagen erfasste deinen Großvater. Er war sofort tot. Zwei Jahre später folgte Millicent ihm in den Tod. Sie ist nie darüber hinweggekommen. Ich denke, es war Liebeskummer.“ Es kam keine Antwort. „Harry?“ „Sie waren glücklich zusammen…“ „Ja.“ „Ich hätte sie gerne kennen gelernt.“ „Das kann ich mir vorstellen. Hätten sie noch gelebt, dann wärst du jetzt ein Haudegen, mit dem keiner fertig würde, weil sein großes Vorbild sein Vater ist.“ Harry grinste. „Dazu ist es noch nicht zu spät.“ „Untersteh dich, du Bengel!“, drohte Sirius gespielt böse, doch dann zog er ihn in die Arme. „Bleib einfach, wie du bist, ja? Werd nur ein bisschen fröhlicher. Aber das ist in diesen Zeiten wahrscheinlich zu viel verlangt.“ Harry schmiegte sich glücklich an ihn. „Okay.“, war seine schlichte Antwort. Sirius lächelte breiter. „Na dann. Ab ins Bett! Ich habe lange erzählt.“ „Es hat mir gefallen.“ „Das will ich ja hoffen! Wir können das bei Gelegenheit ja noch mal wiederholen.“ „Au ja!“ Harry war begeistert von dieser Idee. „Dann erzählst du mir von euren Streichen!“ „Na gut, aber für heute reicht’s. Na los! In die Falle mit dir!“ Der schwarzhaarige Mann strubbelte seinem Patensohn durch die Haare, der lachend ins Bett flüchtete. „Und wenn du das nächste Mal Trübsal bläst, dann kommst du gleich zu mir, ja?“ „Okay!“ Harry lachte wieder und kuschelte sich unter die Bettdecke. „Gute Nacht.“ „Gute Nacht, Harry. Schlaf schön.“ Sirius öffnete die Tür. „Sirius, was glaubst du, was ich werde?“ Der Mann verharrte und blickte nachdenklich zu ihm. Er konnte ihn im Schein des Lichtes vom Flur sehen. Endlich wieder etwas, woran sich seine Augen heften konnten. „Im Gedenken an James und Lilly würde ich sagen, ein Rehkitz.“ Er grinste frech, als Harry schnaubte. „Nein, Falke würde auch gut zu dir passen. Etwas Gefährliches, das jeder fürchtet… oder eben anhimmelt.“ „Momentan verachten sie mich alle, haben Angst vor mir oder bemitleiden mich.“ „Also ein verletzter Flubberwurm?“ Wieder erklang das leise Schnauben. „Gute Nacht!“ Man konnte das amüsierte Lächeln aus Sirius’ Stimme heraushören, als er die Tür schloss. Harry seufzte und kuschelte sich wohlig zurecht. Der Abend hatte ihm wirklich gefallen. Lange konnte er jedenfalls nicht mehr an Draco denken, denn der Schlaf kam mit schnellen Schritten. Remus erwartete Sirius an die Wand gelehnt neben der Tür. Er lächelte weich, als er sich abstieß und seinen Arm um Sirius’ Schultern legte. „Nicht so einfach, Vater zu sein, oder?“, fragte er. Sirius schüttelte leicht den Kopf. „Er schleppt zuviel mit sich rum.“ „Nicht anders als James.“ „Aber viel dunkler. Weniger mit sich selbst beschäftigt…“ Also hatte auch er diesen Eindruck. Remus ließ seine Augen ins Leere gleiten. „Du hast ihm viel erzählt…“ „Es wird noch mehr.“ „Ist in Ordnung.“ Der Werwolf grinste, mit den Gedanken augenblicklich wieder bei seinem Streichkumpan, aber dann wurde er plötzlich ernst. „Hat er sehen können, Sirius?“ „Ich glaube, aber es war sehr dunkel.“ „Okay.“ Nachdenklich ließ Remus seinen Freund wieder los. „Ich werde das beobachten.“ „Tu das.“ Sirius streckte sich ausgiebig, doch mittendrin hielt er inne. Er war irgendwie in einer melancholischen Stimmung. Die Erinnerungen hatten eine Lawine an Gefühlen losgetreten. „Willst du noch…“ Remus lächelt breit. „In alten Zeiten schwelgen? Gerne doch. Ich hole Limo von unten. Schokofrösche hast du noch?“ Grinsend nickte Sirius und schon trennten sie sich, um sich wenig später wieder zu treffen. Es wurde eine wirklich kurze Nacht für sie. ----------------- Ein Entspannungskapitel, ich gebe es zu, es ist etwas, was nicht unmittelbar zur Geschichte gehört, aber ich wollte es schreiben, es wollte heraus. Ich hoffe, es hat euch gefallen ^^ Bis bald! Ich streng mich an, dass ich jetzt wieder häufiger poste. Erschreckende Erkenntnis ------------------------ Titel: Erschreckende Erkenntnis Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 40: Erschreckende Erkenntnis Am nächsten Morgen war Harry der erste, der wach war. Es war noch dunkel draußen und trotzdem konnte er nicht mehr schlafen. Er war unruhig, innerlich aufgewühlt. Kikuileh war ebenfalls wach und Harry fragte sich, warum. War heute irgendetwas Besonderes und er hatte es nur vergessen? Vorsichtig stieg er aus dem Bett und zog sich mit einem lautlosen Wink seines Zauberstabes an, bevor er langsam begann, Kikuilehs Worten durch die Dunkelheit zu folgen. Durch die Tür, über den Flur, die Treppe hinab, Stufe um Stufe. Die sechste knarrte, auf der fünfzehnten lag etwas. Harrys Fuß blieb hängen, er spürte, wie er hakte, keuchte erschrocken auf und schon purzelte er polternd die letzten Stufen hinunter. Schmerzen explodierten in seinem Körper, doch bevor er diese auch nur durch ein Keuchen äußern konnte, ertönte das reißende Geräusch zurückgleitender Vorhänge und dann brach ein Geschimpfe los, das sich gewaschen hatte. Noch während Harry sich stöhnend aufrichtete, wurde dieses Keifen von weiteren Stimmen ergänzt und bekräftigt und die Eingangshalle dröhnte in heillosem aggressiven Geschnatter und Durcheinander. Harry hatte das akute Bedürfnis zu fliehen, doch Kikuileh konnte ihm nicht mehr helfen. Sie war verängstigt und hatte in seinem Kragen und unter seinem langen Haar Schutz gesucht. Dann verstummte die lauteste Stimme plötzlich und mit ihr vor Überraschung alle anderen. Entgeistert hielt sie für Sekunden inne, bevor sie in die Stille hineinfragte: „Ein Mädchen in meinem Haus?“ Harry drehte sich in ihre Richtung. Dort, so hatte er sich zusammengereimt, hing das Bild von Sirius’ Mutter. War sie es, die da zu ihm sprach? „Bist du… seine Freundin?“ Angeekelt klang sie, richtiggehend abschätzig. Harry schüttelte den Kopf. „Ich bin sein Patensohn.“ Sie starrte ihn an. Harry konnte es fühlen und Kikuileh bestätigte seinen Verdacht, als sie einen mutigen Blick hinter seinem Nacken hervortat. „Du bist… Potters Sohn? Harry Potter?“ „Ja.“ Das zu bestätigen war der größte Fehler gewesen, den er hätte machen können, denn das Bildnis der hässlichen – wie Kikuileh abfällig bemerkte – Frau legte nun erst richtig los. Sie schimpfte auf ihn, der den Lord verraten hatte, auf seine Arroganz, mit der er hier aufzutauchen wagte und vor ihrer Nase herumstolzierte, über seinen missratenen Vater, der ihren Sohn verdorben hatte, über seine Dreistigkeit, auf die Welt im Allgemeinen, die Voldemort verkannte, und und und. Harry wurde mit jedem ihrer geifernden Worte wütender. Seine Augen wurden enger, seine Nasenflügel blähten sich, sein Gesicht wurde eine Maske reinen Abscheus, während er sich aufrichtete, als wäre er eine Katze mit gesträubtem Nackenfell. „Nun halt mal die Luft an!“, fauchte er ihr entgegen, als sie wieder zur Schlechtigkeit ihres Sohnes kam. Sein Tonfall brachte die schimpfenden Bilder tatsächlich zum Verstummen. „Du bist nur ein Bild! Nur ein gottverdammtes Bild, das durch einen bescheuerten Unfall sprechen kann! Du hast kein Gehirn! Du hast nicht mal die Möglichkeit, dich frei zu bewegen, um dir eine Meinung zu bilden von der Situation da draußen! Du hast nicht das Recht, hier so eine Scheiße zu labern! Ein Bild sollte überhaupt nicht sprechen können! Schon gar nicht so einen Mist! Verstanden? Also halt gefälligst deine bösartige, große Klappe!“ Sie hatte die Augen weit aufgerissen und war sichtlich fassungslos. So hatte zuvor noch keiner mit ihr gesprochen. Nie! Das war… Ungeheuerlich war das! Und… Sie holte Luft, um etwas zu erwidern, legte sich die Worte im Mund zurecht, da hatte der Junge vor ihr schon den Zauberstab in der Hand. „Ich kann dich eh nicht leiden.“, deklarierte Harry hasserfüllt. „Du bist eine Todesserin!“ Er spuckte das Wort regelrecht aus. „Du bist tot und trotzdem tyrannisierst du Sirius weiter. Er hasst dich! Er kann dich nicht leiden! Verstanden? Du erinnerst ihn an Dinge, die er nicht mehr wissen will, an Demütigung und Qual. Du bist das Allerletzte, weil du nicht einmal nach deinem Tod den Frieden hier einkehren lässt!“ Der Schwarzhaarige holte tief Luft, ließ zitternd die Anspannung aus seinem Bauch entweichen, bevor er weiter sprach. „Ich verabscheue dich. Verschwinde von hier. Mach, dass du wegkommst! Oder schweig!“ Der Zauberstab bewegte sich fließend in komplizierter Reihenfolge, Magie legte sich über die Halle, erfüllte die Luft mit einem leisen, sirrenden Ton jenseits des hörbaren, ließ die Kerzen in ihren staubigen Armleuchtern heller flackern. Verängstigte, unsichere Blicke trafen ihn, irrten durch die Halle auf der Suche nach dem Ursprung dieser seltsamen spannungsgeladenen Atmosphäre. Dann ließ der Druck über ihnen urplötzlich nach. Das Bild vor Harry brauchte nur eine Sekunde, um die Unterbrechung zu verdauen. Die Frau holte tief Luft, um ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen, setzte zu einer ausführlichen Schimpftirade an, wie sie das Haus noch nicht gesehen hatte, doch es kam nichts. Nicht ein Ton verließ die schlaffen, runzeligen Lippen. Entsetzen in den trüben Augen versuchte sie es erneut – mit gleichem Erfolg. Harry hatte ihr buchstäblich die Sprache verschlagen. Kikuileh kam aus ihrem Versteck und begann schrill und heftig auf das Bild einzureden, das tatsächlich nahe der Panik stand, doch Harry fischte seine Freundin aus der Luft und machte, dass er aus der Eingangshalle kam. Die hasserfüllten Blicke dort waren in diesem Moment einfach zuviel für ihn. Er konnte sie nicht ertragen! Noch auf dem hastig zurückgelegten Weg hinauf und zurück in sein Zimmer wirkte Harry den Vergessenszauber über sich. Warum war er nur aufgestanden? Warum war er hinuntergegangen? Das ergab doch keinen Sinn! Ihm war eiskalt, als er zurück ins Bett kroch und die Decke um die Schultern zog. Das Feuer im Kamin neben ihm loderte hoch, doch es vermochte Harry nicht zu wärmen. Die Kälte kam aus seinem Inneren. Als Sirius ihn eine Stunde später wecken kam, fand er ihn genauso vor. Zitternd am ganzen Körper, mit blauen Lippen und bleichen Schatten unter den Augen. Alarmiert wollte er Remus rufen, doch Harrys leise Stimme hielt ihn im ersten Moment davon ab. Er wollte was? „Ich habe dich nicht verstanden...“ Vorsichtig kam er näher, krabbelte halb auf das Bett und lauschte Harrys wiederholten Worten. „Geh nicht weg.“ Schmale Hände griffen nach seinem Ärmel, streiften dabei seine Haut. Sie waren eisig. Das kannte er doch schon. Sirius seufzte leise und schüttelte sachte den Kopf, während er begann in seinen Taschen zu wühlen, bis er die Phiole mit der blutroten Flüssigkeit fand „Hey. Trink das.“, sagte er sanft und hielt seinem Patensohn die Flasche unter die Nase. Harry tat widerstandslos, was er sagte, wehrte sich nicht, als er ihm die Öffnung an die Lippen setzte und die Flüssigkeit in seinen Mund laufen ließ. „Was hast du nur gezaubert, dass du soviel Energie verbraucht hast?“ Er bekam keine Antwort. Harry schmiegte sich nur ganz dicht an ihn und schloss die Augen. Seine Hände zogen seinen Arm am Ärmel noch ein Stückchen näher. Es war eindeutig, dass er Wärme bei ihm suchte. „Sie beobachten mich alle…“, wisperte er schließlich leise. Beinahe hätte Sirius es überhört. „Beobachten? Wer?“ „So… viele Bilder…“ Kikuileh hockte sich auf Sirius’ Schulter und war ganz bedrückt. Sie schien nicht zu verstehen, warum Harry plötzlich so komisch war. Sie klingelte ihm in seine Ohren und er wünschte, er könnte sie auch verstehen, damit er erfuhr, was geschehen war. „Sie schauen immer.“, begann Harry wieder leise. „Immer und immer.“ Sirius seufzte. „Daran musst du dich gewöhnen. Sie haben doch sonst nichts, was sie tun können.“ Harry nickte, dann seufzte er. Sirius konnte spüren, wie er wärmer wurde, und musste erkennen, dass es ihm wirklich Sorgen gemacht hatte. Offenbar hatte Mme Pomfrey doch Recht gehabt. Harrys Verhältnis mit seiner Magie lag noch immer im Argen. Er drückte Harry enger an sich. „Ich habe gestern etwas vergessen.“, erhob er erneut die Stimme und griff im gleichen Atemzug hinter Harry. „Damals, als James begonnen hat, Lilly imponieren zu wollen, hat er alles weggeworfen, was ihn an das Kindsein fesselte. Der hier… Den habe ich gerettet. Ich habe ihn mir gekrallt, weil ich nicht wollte, dass er weggeworfen wird. Er hat ein so nettes Gesicht…“ Harrys Hände hoben sich, tasteten über den Bären, glitten über das struppige, angeklatschte Fell. Auf seine Lippen legte sich ein zaghaftes Lächeln, als er den Teddy entgegennahm und ihn an sich drückte. Wieder etwas von seinem Dad… „Danke.“, flüsterte er und kuschelte sich näher. „Danke.“ Sirius lächelte nur. Irgendwie konnte er ihn verstehen. An diesem Tag begann Remus mit der Lehre der Okklumentik. Es war eine Kunst, die generell ohne Zauberstab ausgeführt wurde, weil es kein wirklicher Zauber war. Und es war ausschließlich Verteidigung. Es war die Verteidigung gegen Legilimentik, die Kunst, in Gedanken zu lesen. Man musste mit Willenskraft den eindringenden Geist vertreiben. Das Training wurde noch an diesem Tag wieder beendet, denn trotz mehrfacher Versuche konnte er nicht in Harrys Gedanken eintauchen. Der Junge verschloss sich effektiv gegen jeglichen Besucher. Es lief darauf hinaus, dass Remus Harry wieder Angriffe und Verteidigungen zeigte, die die halbe Wand in die Luft jagten. An diesem Abend flog Harry wieder und diesmal hatte er seine Brille dabei. In den nächsten Tagen machte Remus gleich zwei Entdeckungen. Zum ersten war das die Tatsache, dass Harry trotz erheblicher Anstrengungen keinerlei Fortschritte in der Beherrschung seiner magischen Energie machte. Der Junge konzentrierte sich, aber trotzdem waren die Auswirkungen jedes Mal fatal, und langsam aber sicher ließ ihn diese Tatsache in Verzweiflung geraten, was sich wiederum negativ auf das Training auswirkte. Zum zweiten war ihm aufgefallen, was die plötzliche Erblindung Harrys verursachen könnte. Der Junge hatte ihm erzählt, dass er auf Seidenschnabels Rücken immer sehen konnte, und wenn man die anderen Situationen bedachte, von denen ihm Sirius erzählt hatte… Beim Abendessen eröffnete er das Gespräch. „Ich habe nachgedacht, über deine plötzliche Blindheit.“, teilte er Harry mit. Er legte seine Gabel auf den leeren Teller und musterte ihn. „Weißt du, ich habe das Gefühl, dass das mit deinen Maguskräften übereinstimmen könnte.“ „Inwiefern?“, warf Sirius ein, Harry schwieg und wartete. „Na ja. Ich meine… Seine Kräfte sind stark genug, um in ganz Hogwarts ein Blitzlichtgewitter auszulösen, obwohl das eigentlich vollkommen unmöglich sein müsste. Also… Was wäre, wenn er irgendetwas nicht sehen will?“ Sekunden herrschte absolute Stille auf diese Eröffnung hin, dann polterte Sirius los. „Warum sollte er das denn tun?“, fragte er verständnislos. „Das ergibt doch keinen Sinn!“ „Ist das so, Harry?“, fragte Remus, beachtete den schwarzhaarigen Mann gar nicht, hatte stattdessen Harry fixiert, dessen Blick einfach geradeaus ging. Er wirkte geschockt. „Harry?“ Der Junge blickte ihn an, ohne wirklich zu treffen, fast schon apathisch. Er war vollkommen orientierungslos, aber gerade dadurch vermittelte Erkenntnis. Es war Remus Antwort genug. Seine Theorie stimmte. „Weißt du, warum du nichts sehen willst?“ Wie mechanisiert schüttelte Harry den Kopf. „Ist es vielleicht so, dass du etwas oder jemanden bestimmtes nicht sehen willst?“ Kurz überlegte Harry, dann zuckte er mit den Schultern. Er wirkte leicht verzweifelt. „Genau das sollten wir aber herausfinden, denn nur dann kannst du dagegen arbeiten.“, stellte der Werwolf klar und brachte die aufbegehrende Tonks mit einem mahnenden Blick zum Schweigen. „Denk nach. Was hat dich so abgeschreckt, dass…“ Er brach ab, denn plötzlich wussten es alle. Es gab nur eine Antwort auf diese Frage. Harry senkte den Kopf, so dass ihm seine schwarzen Haare ins Gesicht fielen. „Cedrics Tod.“, hauchte er gepresst. „Ich will nicht… Ich… Ich kann… will nicht noch jemanden sterben sehen…“ Er wirkte plötzlich so klein, dass es Remus regelrecht das Herz zusammenzog. „Ich habe es mir gewünscht… so fest gewünscht…“ Wieder verstummte er, zitterte leicht, als ihm bewusst wurde, dass er sich das tatsächlich in einem albernen Gedanken zum Geburtstag gewünscht hatte. Und ohne es zu wissen, hatte er sich diesen Wunsch selbst erfüllt. Remus lächelte mitleidig. „Das habe ich mir schon gedacht…“, murmelte er ebenso leise wie Harry zuvor. „Aber wo liegt denn da der Sinn?“ Sirius konnte es nicht fassen. „Das ist doch… Die Menschen sterben doch auch so…“ Remus’ Hand brachte ihn mit einer einzigen Geste zum Schweigen, seine braunen Augen beschworen ihn, nichts Falsches zu sagen. Dann erst wandte er sich wieder Harry zu. „Jedes Mal, wenn du abgelenkt warst, hat es diese Angst in den Hintergrund gedrängt. Und das auch nur, wenn du mit ganzer Konzentration bei der Sache warst, nicht wahr?“ Langsam nickte Harry. Jetzt, wo Remus es so einfach sagte, war es klar. Nichts war ihm je klarer gewesen. Er war selbst Schuld daran, dass er nichts sehen konnte. Weil er Angst hatte. Weil er nichts sehen wollte… „Das bedeutet, du musst diese Angst beherrschen lernen. Du musst es schaffen, sie soweit in den Hintergrund drängen, dass dein Unterbewusstsein deine Magie nicht mehr steuern kann.“ Harry nickte nur wieder. Er sah in diesem Moment aus wie ein geprügelter Hund. Remus lachte leise und lehnte sich über den Tisch hinweg, um Harry durch die Haare zu wuscheln. „Hey, das ist doch nicht deine Schuld.“ Ihn traf ein gequältes Lächeln. „Ach nein? Ihr habt vollkommen Recht. Ich kann meine Magie tatsächlich nicht beherrschen. Und es wird doch immer nur noch schlimmer! Keiner von euch kann noch gegen mich antreten. Das…“ „Aber das ist doch nicht deine Schuld! Es ist die Energie des…“ „Sirius!“ Remus’ laute Stimme klang harsch durch den Raum. „Du redest Unsinn!“ Betroffen blickte der Schwarzhaarige ihn an. Fast hätte er sich verplappert. Dumbledore hatte ihnen unmissverständlich klar gemacht, dass Harry niemals von seiner energetischen Verbindung zu Voldemort erfahren durfte. Und er hatte dieses Gebot beinahe missachtet. „Entschuldigung.“, sagte er zerknirscht. „Aber Harry, du bist nicht schuld, okay? Du kannst nichts dafür. Du willst es doch nicht mal.“ Harry lächelte freudlos und lehnte sich gegen Sirius auf seiner Linken, versteckte das Gesicht im Stoff des graublauen Pullovers, den dieser trug. „Ich weiß doch. Aber es macht es nicht leichter. Schließlich muss ich es in den Griff kriegen, was ich nicht schaffe…“ Ein lautes Krachen ließ sie alle zusammenfahren. Tonks hatte mit beiden Händen flach auf den Tisch geschlagen und war aufgesprungen. „Red nicht so einen Quatsch, Harry Potter!“, fauchte sie aufgebracht. „Hunderte von Zauberern zählen auf dich, vertrauen dir, halten dich für einen der begabtesten Zauberer überhaupt! Du hast den Unnennbaren bereits mehr als einmal aufgehalten, als er versucht hat, wieder zurückzukommen. Du! Niemand sonst, weil es außer dir niemanden gegeben hat! Keiner hat verstanden, was los war, bis alles vorbei war! Also red hier nicht so einen Blödsinn, weil du gerade ein paar Probleme hast!“ Ihre Stimme wurde ruhiger, freundlicher. „Das Leben ist schließlich traurig genug.“ Dann lachte sie. „Und immerhin hast du uns schließlich noch nicht alle in die Luft gesprengt, auch wenn du es schon versucht hast.“ Harry musste widerwillig auch lachen. Sie war einfach ansteckend in ihrer Überzeugung. Dieser Ausbruch war so heftig, so niederschmetternd ehrlich gewesen… „Versprich mir, dass du nie wieder in Selbstmitleid versinkst! Das ist echt das Allerletzte!“ „Okay.“ Harry hob endlich den Kopf. Er lächelte in ihre Richtung. „Okay. Ich verspreche es. Und wenn ich es vergesse, dann musst du mich einfach noch mal daran erinnern.“ „Wird erledigt, Knuffelchen!“ Und man konnte direkt hören, dass sie ihn durchgeknuddelt hätte, säße sie neben ihm. Remus grinste seine Freundin an, dankbar für diese Hilfe, zog sie dann näher und gab ihr einen weichen Kuss auf die Wange. „Und? Heute Abend wieder Training für Seidenschnabel?“ Sirius grinste. Tonks’ Predigt war niedlich gewesen, vor allem, weil ihr Gesicht ganz rot geworden war und ihre Haare die Farbe von giftgrünem Feuer angenommen hatten. Harrys Lächeln jetzt war auch herrlich. So eine Mischung aus geknickt und zerknirscht und happy. Er brauchte wohl einfach ab und zu mal jemanden, der ihm sagte, wo es langging. „Klar. Gerne.“ Dann ruckte sein Kopf plötzlich zu dem Werwolf hinüber. „Remus, würdest du mir die Haare schneiden? Wie bei Sirius?“ „Du willst Sirius’ Frisur?“ Remus war entgeistert und das Lächeln wie aus seinem Gesicht gewischt, denn das Bild, das die Vorstellungskraft in sein Gehirn projizierte, war nahezu gruselig. „Du willst deine Haare abschneiden lassen?“ Tonks war nicht minder entsetzt. Ihr gefielen diese Haare sehr. „Wieso?“, kam es von allen dreien unisono. Harrys Lächeln wurde breiter. „Mir würde es genügen, hätte ich meine alte Frisur wieder.“, wandte er ein. „Die langen Zotteln nerven und es tut weh, sie zu kämmen.“ Remus nickte verstehend, während Tonks und Sirius sich einen Blick zuwarfen, der Verstehen und Bedauern zeigte. Kikuileh schwirrte vor Harry herum und versuchte diese Wendung der Dinge aufzuhalten. Keine langen Haare mehr, bedeutete für sie Langeweile und würde ganz fürchterlich aussehen! Harry ließ sie jammern, aber diesmal ließ er sich nicht umstimmen. Remus jedenfalls erklärte sich mit einem simplen „Okay.“ dazu bereit. Und so flog Harry wenig später mit wieder struppigwirren Haaren auf Seidenschnabel davon. Seine kleine Familie war Zeuge davon geworden, wie jede der abgeschnittenen langen, glatten Strähnen sofort wieder ein Eigenleben führte und sich unvorhersehbar aufstellte, kringelte oder aufteilte. Sirius’ Kommentar dazu war gewesen: „Ich liebe diesen Wuschelkopf! Wie James!“ Tonks hatte eigentlich die Haare aufheben wollen, doch war Remus aus Sicherheitsgründen dagegen gewesen und hatte sie allesamt verbrannt. Harry war jedenfalls glücklich mit seiner neu gewonnenen Freiheit, auch wenn es ihm für Draco Leid tat, der die Haare wirklich gemocht hatte. Aber er würde es sicherlich verstehen. ----------------------- Ich habe eine Frage. Rein interessehalber… Was glaubt ihr, was zu Harry passt? Als Animagus, meine ich. Ich meine, ich bin mir relativ sicher, was ich aus ihm machen werde, aber es interessiert mich, was ihr euch vorstellt, ob meine Idee nicht vielleicht doch nicht etwas zu abstrus ist. Wäre zumindest lieb. ^^ Bis dann! Hab euch lieb ^^ Versammlung des Ordens ---------------------- Titel: Versammlung des Ordens Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 41: Versammlung des Ordens Am nächsten Tag herrschte in Grimmoldplace Zwölf eine angespannte Stimmung, als Harry in die Küche hinunter kam. Seine neue Familie war mit aufgeregten Vorbereitungen beschäftigt. Remus war sofort bei ihm. Er klang leicht hektisch. „Heute um elf Uhr kommen die Mitglieder des Ordens, soweit es ihnen möglich ist. Sie haben sich eben angekündigt. Dumbledore ist fest der Meinung, dass deine Anwesenheit hier, außerhalb der Sicherheit der Schule, nicht publik werden darf, was für dich bedeutet…“ „Tarnumhang.“, beendete Harry selbstsicher den Satz. Für ihn stand längst fest, dass er wissen musste, was dieser Orden besprach. Immerhin betraf es seine Pläne. Remus starrte ihn an, völlig aus dem Konzept gebracht. „Eigentlich solltest du oben bleiben.“ „Ich möchte wissen, was draußen los ist! Ich will wissen, was passiert!“ „Harry, ich…“ „Bitte, Remus! Keiner wird mich sehen oder hören!“ „Dein kleiner Zauber wird dir bei Molly nichts bringen.“, gab der Werwolf unglücklich zu bedenken. „Deswegen ja der Umhang!“ Harrys Ausdruck wurde flehend. „Bitte, ich möchte dabei sein!“ Remus sah Hilfe suchend zu Sirius und Tonks, doch beide zuckten nur mit den Schultern. Es war seine Sache, er war hier derjenige, der dafür verantwortlich war, Harry auszubilden, da blieb diese Entscheidung an ihm hängen. Und dennoch fiel es ihm unendlich schwer, bei diesem Blick einfach Nein zu sagen. Er wollte Harry nicht einfach abschieben. „Und wenn dich doch jemand bemerkt?“ Harry schwieg. Er wusste ja, dass das eine Katastrophe wäre, und dennoch… „Hey, Moony.“, mischte sich plötzlich Sirius ein, dem eine Eingebung gekommen war. Er grinste übers ganze Gesicht. „Es ist James’ Sohn…“ Remus starrte seinen besten Freund entgeistert an. Diese Nachricht war unsinnig! Natürlich war er… Seine Augen weiteten sich in Erkenntnis, als er die versteckte Nachricht begriff. Harry würde sich nicht abhalten lassen. Und wenn er selbst nicht kommen durfte, dann würde er Kikuileh schicken oder sie magisch beobachten oder dergleichen, alles ausschöpfend, was er aufbieten konnte, ohne Sinn und Verstand, und der paranoide Alastor Moody würde sofort misstrauisch werden. Super… Manchmal, da hasste er diesen Starrsinn der Potters. „Okay.“ Der Werwolf gab sich geschlagen, machte eine sein Einlenken unterstreichende wegwerfende Geste. „Du musst aber dafür sorgen, dass dich keiner sieht.“, war seine Bedingung. Harry strahlte ihn an und nickte begeistert, während Kikuileh wie ein Derwisch um seinen Kopf flatterte, obwohl sie nicht wusste, warum sich Harry so freute. „Geht klar! Nicht einmal du wirst wissen, wo ich bin!“ Daraufhin lachte Remus leise. Diese Begeisterung war goldig. Aber ob er wirklich seine Werwolfsinne überlisten konnte, wo sie nach dem letzten Vollmond noch immer so stark waren? „Soll das eine Herausforderung sein?“ „Wenn du sie annimmst... Gerne doch!“, gab der schwarzhaarige Junge selbstsicher mit funkelnden Augen zurück. Wenn er nur dabei sein durfte, dann war ihm alles recht! Sie frühstückten und bereiteten daraufhin Tee und Kaffee vor, legten noch Gebäck und Gedecke bereit. Es waren gar nicht so viele. Gerade mal zwanzig. Der Orden des Phönix war nicht so groß, der Widerstand viel zu gering… Und Dumbledore, McGonagall, Snape und die anderen Lehrer würden voraussichtlich nicht kommen, weil die Gefahr einfach zu groß war, die Schule komplett allein zu lassen. Dann verschwand Harry nach oben, um eventuell zu früh kommenden Gästen auszuweichen. Er hatte tatsächlich Glück in dieser Hinsicht, denn er war noch nicht ganz mit seinem Tarnumhang wieder zurück, da ging unten die Tür auf und Molly, Arthur und Bill Weasley schoben sich durch den Spalt. Harry konnte mit Kikuilehs Hilfe beobachten, wie die drei sich kurz umsahen und anschließend auf Zehenspitzen zur Kellertreppe gingen. Am liebsten wäre er zu ihnen gelaufen und hätte sie begrüßt, sich in die Arme nehmen lassen, doch er hatte ein Versprechen gegeben und sozusagen eine Wette am Laufen. Er überwand seinen Frust und kletterte geschwind die Treppe hinunter, um wenigstens zu erfahren, wie es ihnen ging, nachdem Percy verstorben war, doch als er gerade den Fuß der Treppe erreicht hatte, traf auch schon der nächste Gast ein, eine Hexe, die er nicht kannte. Sie war recht groß, hatte graubraune Haare… Er musste sie vorlassen und folgte leise unter einem Stillzauber verborgen. In der Küche herrschte unterdessen eine seltsame Stimmung. Niemand lachte und dennoch versuchte jeder eine fröhliche Miene zu machen und lächelte übertrieben. Es war wie die buchstäbliche Henkersmahlzeit, nur ohne richtige Mahlzeit und ohne Henker. Nach und nach trafen auch andere ein, größtenteils zwar unbekannt, aber dann auch teilweise bekannt. Madeye Moody zum Beispielt blickte einmal misstrauisch im ganzen Raum herum, bevor er sich setzte, und Harry war glücklich, dass er den Vergessenszauber über sich gewirkt hatte, denn ansonsten hätte der Mann ihn unter seinem Tarnumhang gewiss bemerkt. Noch vor elf Uhr waren alle Anwesenden offenbar versammelt. Vier Plätze jedoch blieben frei und würden es wohl für immer bleiben, denn diese Mitglieder waren im Kampf gegen Voldemorts Todesser umgekommen. Sie waren bei der Verteidigung von Askaban gefallen. Das Gefängnis war vor einer Woche vollständig zerstört worden, die Dementoren waren endgültig auf der Seite der Todesser. Eine wahre Katastrophe. Harry in seiner Ecke schwieg, die Augen geschlossen und an der Wand lehnend. Die Nachrichten hatten ihn erschüttert. Kikuileh hatte ihm beschrieben, wie die Menschen aussahen, die um den Tisch herum saßen, und wie sie sich benahmen, wer versuchte tapfer zu sein und wer Trost suchte oder Wut zeigte. Sie waren alle geschockt und die Trauer war unterschwellig allzu präsent. Die Berichterstattung, die folgte, war Furcht einflößend. Die Todesser waren stärker geworden seit dem Sommer, es waren mehr geworden, viel mehr. Ihre Zahl stieg stetig weiter, es gab Aufrufe in den Städten, man lockte mit Freiheit und Unabhängigkeit. Und sie gingen organisierter vor, rotteten sich nicht mehr einfach zusammen, sondern bauten regelrechte Kampfgruppen auf. Dazu hatte Askabans Fall einige wirklich gefährliche Zauberer auf den Plan gerufen. Die Lestranges waren dabei, Sirius’ offenbar verhassteste Feinde. Später wurde über Schwächen der Gegner gesprochen und über die eigenen. Man war zu sehr in der Unterzahl, hätte aber den Vorteil, dass man eben deswegen unterschätzt und nicht ernst genommen wurde. Man hatte Dumbledore und Snape, der sie auf jeden möglichen Angriff hinweisen wurde. Und man war bereit, Opfer zu bringen. Harry biss die Zähne zusammen, um sich nicht durch einen unbedachten Laut zu verraten. Diese Denkweise war nicht richtig! Sahen sie denn nicht, dass wenn sie sich opferten, keiner mehr übrig blieb, der die Menschen beschützte? Der Orden des Phönix’ begann daraufhin einen neuen Plan zu schmieden, verteilte die Rollen neu und achtete dabei auf höchste Effizienz. Man beschloss, den Todessern keine Gnade mehr angedeihen zu lassen. Im Krieg durfte man nicht den Gegner schützen, man musste die eigene Front zusammenhalten. Das war die oberste Priorität. Es war bereits fünf Uhr, als Molly Weasley sich mit Hilfe von Edwina Mingleton ans Kochen machte, um das richtige Flair für die Totenandacht der vier Opfer zu schaffen. Harry ging vorher. Er wollte das nicht haben. Den ganzen restlichen Abend saß er in seinem Zimmer und versuchte krampfhaft, wieder sehen zu können, versuchte sich mit allerlei schönen Gedanken abzulenken, doch es klappte nicht. Er wusste zu gut, dass die Zeit allmählich knapp wurde, dass er schnell besser werden musste, wenn er noch etwas ausrichten wollte, bevor Voldemorts Seite unbesiegbar wurde, doch tief in sich konnte er die Angst plötzlich spüren. In seinem Bauch, in seiner Brust, in seiner Kehle. Ganz plötzlich war sie in seinem Bewusstsein, Cedrics Tod zurück in seinen Gedanken mit frischen Wogen, als wäre es erst gestern passiert. Schuldgefühle überrollten ihn, Angst vor dem Tod, Angst vor dem Schmerz, Angst vor Voldemort, vor dessen kaltblütiger Grausamkeit. Diese Angst ließ ihn bis in seine Grundfesten erzittern. Harry machte sich ganz klein. Er musste diese Angst in den Griff kriegen. Furcht lähmte! Und ihn offenbar besonders schlimm. Er musste es schaffen, diese Angst zu vernichten, über ihr zu stehen. Er musste einfach! Doch stattdessen wurde er immer kleiner, streichelte sanft und selbstberuhigend Kikuileh, die ihn zu trösten versuchte, und presste die Augen zusammen, um die Bilder aus seinen Gedanken zu vertreiben. Er schreckte regelrecht zusammen, als er Sirius’ Stimme vernahm. „Harry?“ Er gab keine Antwort, konnte gar nicht, so eng war seine Kehle, und so machte der Mann die Tür hinter sich wieder zu. „Ist es, weil du das alles gehört hast? Weil du gehört hast, wer gestorben ist?“ Als er sich noch ein wenig kleiner machte, wusste Sirius, dass es das war. „Du weißt, dass es dir nichts bringt, wenn du blind bist, oder? Du siehst es vielleicht nicht, aber sie sterben trotzdem.“ Ein verspätetes Nicken war die einzige Antwort, die er auf diese harten Worte bekam. „Solange die Todesser existieren, werden sie Menschen töten. Das wird sich erst ändern, wenn der, der sie vor den Konsequenzen bewahrt, nicht mehr existiert. Wenn der Unnennbare tot ist.“ Harry seufzte zitternd, richtete sich langsam auf und lehnte den Kopf gegen die Wand. Sein ganzes Gesicht war eine schmerzverzerrte Maske. „Ich weiß das doch. Ich werde mich bemühen, diese Angst zu unterdrücken.“, wisperte er leise. Sirius blickte ihn wehmütig an. Er befürchtete, dass es vielleicht nicht helfen würde, die Angst zu unterdrücken. So wie Remus es erklärt hatte, kam es für ihn so rüber, als müsste Harry den Tod akzeptieren, um die Angst davor zu verlieren. Aber eine solche Idee in diesem Alter war vielleicht ein bisschen schwierig zu fassen. „Du schaffst das schon.“, sagte er leise. „Du bist so stark, dass ich es kaum fassen kann.“ Harry verzog das Gesicht, während er es abwandte, und es war eindeutig, dass er es nicht so sah. „Ich wünschte, ich wäre es nicht.“ Ja, das konnte er auch verstehen. Er fühlte sich nicht wohl damit, weil ihn keiner so akzeptieren konnte. Menschen hatten Angst vor Stärke. Wenn sie ihr nicht hundertprozentig vertrauen konnten, dann fürchteten sie sich davor. Und das war in den meisten Fällen nicht leicht zu ertragen. „Dafür bin ich ja da.“ Sirius lachte fröhlich, kam zu ihm und piekste ihn in die Wange. „Damit du lernst, diese Kraft zu lieben!“ „Und wenn du dabei stirbst?“ „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich mich von dir töten lasse! Oder dass du in diesem Moment nicht zurückschalten kannst.“ Sirius zog Harry zu sich und nahm ihn in die Arme. „Nein, nein. Ich habe zuviel durchgemacht, um dich jetzt im Stich zu lassen. Und du bist viel zu lieb dazu, jemanden umzubringen.“ „Draco hat das Begabung genannt.“ „Hm?“ „Ich... Er sagt, ich kann Voldemort nicht töten, weil ich das gar nicht wollen würde...“ Harrys Stimme war nur ganz leise, als traute er sich nicht, Sirius das zu sagen. Aber momentan schwelte der Gedanke in ihm. In seinen eigenen Augen war er ein Versager, aber er versuchte, Dracos Worten Glauben zu schenken. Sie waren schöner, bauten ihn auf, ließen ihn glauben, dass das gut so war. „Was? Was meinst du?“ „Er hat doch Recht. Ich hätte ihn töten sollen. Letztes Jahr. Und stattdessen zaubere ich den Expelliarmus. Ich bin so jämmerlich. Ich habe ihn nie wirklich töten wollen...“ „Du bist ein Kind.“ Sirius hatte deutlich an dieser Nachricht zu knabbern. Der Junge, in den er aufgrund jener Prophezeiung seine Hoffnungen setzte, würde diese Hoffnung nicht erfüllen können? Er würde nicht den töten können, der seine Eltern ermordet hatte? Sie nicht rächen? „Du...“ ...wirst es schon lernen! – Das hatte er sagen wollen, aber genau im gleichen Moment fragte er sich, ob er das für Harry wollte. Wollte er wirklich, dass Harry tötete? Dass seine Hände blutig wurden? Konnte er das für sich verantworten? James und Lilly würden das niemals gutheißen. Sie hatten ihm Harry anvertraut, damit er ihn schützte, nicht damit er ihn zum Mörder machte! „Keiner erwartet von dir, dass du ihm überhaupt entgegentrittst. Albus hat dich nicht umsonst zu uns geschickt, damit wir dich daran hindern. Du solltest das uns überlassen.“ „Also würdest du ihn töten?“ „Ja!“ Sirius war entschlossen und seine Stimme vermittelte das klar und deutlich. „Damit Ruhe ist. Und damit ich wieder frei sein kann!“ „Ich möchte das auch sagen können...“ Harry schmiegte sich an ihn. „Ich werde weitermachen. Vielleicht ändert es sich ja.“ Der schwarzhaarige Mann musste sich ernsthaft zusammenreißen, um ihm nicht noch einmal zu sagen, dass er es besser sein lassen sollte, aber er wusste, dass Harry niemals auch nur mit dem Gedanken spielen würde, seinen Weg zu verlassen, um seine Welt wieder in Ordnung zu bringen. Er lächelte wehmütig. „Wir sind alle bei dir. Immer. Remus, Tonks, ich, Ron und Hermione. Draco. Albus sicher auch. Und der Rest des Ordens ebenfalls. Vergiss das nicht. Du bist niemals allein.“ Harry nickte weich. „Ich vergesse es nicht.“, versprach er, doch nahm er sch bereits jetzt vor, keinen dieser Menschen in seinen Kampf mit hineinzuziehen, denn von keinem könnte er es ertragen, ihn zu verlieren. Und wie er bereits gelernt hatte, war die Wahrscheinlichkeit zu sterben relativ hoch. Die Todesser wurden immer mehr, während der Widerstand erschrecken gering blieb. Die Menschen waren erstarrt vor Angst. -------------..---------------- Boha, das kürzeste Kapitel der Welt! *lach* Ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen. Nicht ganz einfach das Thema. Ich hab mir unglaublich schwer damit getan. Wenn das Thema momentan zu düster ist, muss ich mich dafür entschuldigen. Ich fürchte nämlich, dass es noch schlimmer wird. Ach ja, danke für eure Animagusvorschläge. Manche fand ich echt toll, aber was ich mal anmerken möchte: ein Animagus ist eine Art… nun ja… Schutz für denjenigen, der es schafft, ihn zu meistern, eine Möglichkeit, sich zu verstecken. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein schwarzer Panther (der obendrein dann ja auch keine magie mehr hat) gegen ein Heer von Zauberern ankommt. Er kann sich ja nicht mal verstecken, weil gegen diese Tiere eine natürliche Angst bei allen Lebewesen herrscht. Nein, generell sollte ein Animagus ein unauffälliges Tier sein, was die Katze (leider) ebenfalls ausschließt, weil die weiße Narbe in Form eines Blitzes einfach zu markant wäre. *drop* Sorry, also, dass ich mich mit keinem der Vorschläge richtig anfreunden kann, auch wenn ein paar wirklich tolle dabei waren. ^^ Vollmond -------- Titel: Vollmond Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 42: Vollmond Die nächsten Tage vergingen langsam in Harrys Augen. Vormittags trainierte er mit Remus Angriffe und Abwehr mit und ohne Zauberstab, wobei es ohne recht selten so funktionierte, wie er es wollte. Falls er die Magie durch einen Wunsch zum Fließen brachte, dann war es jedes Mal ein wirklich lächerlicher Versuch. Einmal bildete sich ein heftiger Windstoß, der den Zauber nur minimal ablenkte, so dass Harry mit lautem Krachen gegen die Wand flog. Ein anderes Mal wurde ein Angriff nicht geblockt, sondern er musste ausweichen, woraufhin der eigentliche Schockzauber einen Teil der Wand in einen Schwarm Schmetterlinge verwandelte. Dann wieder begann er lediglich zu schweben oder Remus schwebte. Es war eine Katastrophe. Die Nachmittage verbrachten sie in Gesprächen. Remus, Sirius und Tonks erzählten Harry Geschichten, sie unterhielten sich über Strategien aus der Vergangenheit, über verpatzte Zauber, zerstörte Freundschaften und über den Tod. Vor allem über den Tod. Harry begann darüber nachzudenken. Warum lebten Zauberer so lange? Warum starben Muggel so früh? Warum lebten manche Tiere länger als andere? Er erfuhr von Menschen, die sich selbst umbrachten, weil sie unglücklich waren – Flucht. Andere Menschen waren unheilbar krank und freuten sich auf den Tod – für sie war es eine Erlösung. Er hörte von Menschen, die aus Liebe oder Sehnsucht das Essen vergaßen und daran starben. Manche starben für ein Ziel – Freiheit, Friede, Gerechtigkeit und Hoffnung. Und er begriff, dass sowohl Sirius als auch Remus und Tonks diesen Tod ebenfalls akzeptieren könnten. Dieser Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Er wollte sie nicht verlieren, auch nicht für das Ziel, Frieden zu haben! Aber er begriff, dass auch er Tendenzen hatte, sein Leben für eines dieser Ziele zu opfern. Tendenzen, denn er wollte nicht sterben. Er wollte es seinen Freunden und seiner neuen Familie nicht antun, dass sie um ihn trauern mussten. Er wollte es Draco nicht antun. Vor allem ihm nicht, den er wusste, dass der Blonde dann vollkommen allein auf der Welt war. Andererseits würde er, um Draco zu retten, sofort sein Leben geben. Ein schrecklicher Gedanke, denn wenn Draco daran zerbrach, dann war sein Tod vollkommen sinnlos. Er verstand in diese Zuge noch etwas: Die Toten konnten keinen Groll hegen, dass sie tot waren, denn sie vertrauten ja darauf, dass sie ihr Ziel mit diesem Preis würden erreichen können. Vielleicht grollten sie ihrem Mörder, aber sie hatten damit gerechnet. Allerdings war das bei Cedric etwas anders. Er war nicht für sein Ziel gestorben, sondern weil er störte. Dieser Tod war nicht in Ordnung gewesen, denn er hätte mit Sicherheit noch etwas zu erledigen gehabt und hatte nicht einmal die Chance zum Kampf bekommen. Und trotzdem hatte er nicht gegrollt. Oder? Gegen seinen Mörder. Und gegen den Anstifter. Allen anderen war er nicht böse. Nicht einmal ihm... Auch die nächsten Tage wurden dafür genutzt, über den Tod zu sprechen. Den Tod in einem Krieg. All die unterschiedlichen Möglichkeiten, weswegen Menschen sterben konnten, wie sie starben und warum. Es war kein schönes Thema und in Harry wand sich alles, als er sich dagegen wehrte, den Ton erneut einfach abzuschalten, um den quälenden Worten der Erzählung zu entkommen. Aber langsam wurde ihm das Prinzip eines Krieges klar. Es war ein Teufelskreis. Menschen töteten, damit denen nichts passierte, die ihnen wichtig waren, und brachten damit andere in den Zugzwang, genau das gleiche zu tun. Krieg war etwas, das nicht erklärt werden konnte. Es schaukelte sich hoch, trieb Hass und Trauer auf die Spitze, bis alles vernichtet war. Um diesen Teufelskreis zu unterbrechen, musste man den Hass minimieren, die Menschen daran hindern, weiter zu töten. Der Krieg sollte nicht zwischen Lakaien ausgetragen werden. Die einzigen, die bekämpft werden mussten, waren jene, die ihn aus Hab- oder Machtgier begonnen hatten, und jene, die ihnen blindlings vor Verblendung folgten und bereit waren, ihren Weg aus Überzeugung fortzusetzen. Die Umsetzung dieses Gedankens war allerdings kaum zu bewerkstelligen. Es war eine Woche vergangen, als Harry das erste Mal willentlich die Blindheit zurückdrängen konnte. Nur kurz, aber er schaffte es. In Remus’ Beisein öffnete sich die grüne Leere und alles wurde klarer. Ein paar Sekunden später war es schon wieder verschwunden und Harry war erschöpft von der Anstrengung sich stundenlang zu konzentrieren, aber er war glücklich. Danach ging es häufiger. Er hatte das Gefühl gefunden und konnte es erfolgreich zurückrufen. Meistens flackerten seine Pupillen, wurden mal größer, mal kleiner, aber er hatte den Schlüssel gefunden, um den Wunsch zu unterdrücken nichts mehr sehen zu wollen, auch wenn es ihm nicht leicht fiel. Der Fortschritt zählte. Der Erfolg. Und dann war Vollmond. Schon beim Frühstück fehlten sowohl Remus als auch Sirius, der mit ihm gegangen war, um auf ihn aufzupassen, und Harry wurde bewusst, dass er noch immer kein Animagus war, dabei wünschte er sich wirklich, Remus in seiner schweren Zeit beistehen zu können, wie Sirius es immer tat. Tonks war an diesem Tag so durch den Wind, dass sie gar nichts auf die Reihe bekam. Harry konnte ihre Sorge förmlich spüren. Immerhin konnte er mit Kikuilehs Hilfe und viel Accio schließlich dafür sorgen, dass aus Speck, Eiern und Toast ein Frühstück entstand. Er hatte ja Übung darin aus der Zeit bei den Dursleys. Dann kam eine Zeit, in der Harry Tonks ablenkte. Er zauberte Kleinigkeiten, um sie zu erfreuen, kochte mit ihr zusammen, dass die Küche aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen, was keiner von ihnen beseitigte, da Tonks alles nur schlimmer machte in ihrer Nervosität und Harry nicht wusste, wo der Accio die Sachen, die er gerufen hatte, hergeholt hatte. Am Nachmittag nahmen sie sich die Zeit, das oberste Zimmer neben Seidenschnabel zu reinigen – ohne Magie – was ebenfalls in heillosem Chaos endete, das einem Desaster nahe kam, aber wenigstens hatten sie Spaß. Abends übte Harry wieder sehen. Tonks bereitete es viel Vergnügen, weil sie vor dem Kamin saßen und sie Bilder bekannter Gesichter in die Flammen zauberte, die Harry erraten musste, sobald er sie erkennen konnte. Und gerade weil die Gesichter durch das Flackern oft vollkommen verzerrt waren, brach die Konzentration den Schwarzhaarigen beinahe sofort, wenn der graumelierte Schleier sich lichtete. Ron und seine Brüder mit Medusahaaren und spitzen Ohren oder ein lieblich lächelnder Snape waren die harmloseren Bilder, eine fanatisch grinsende McGonagall die härteren. Am Ende schlief Tonks bei Harry, weil sie sich fürchtete allein im dem Stockwerk oben zu sein. Harry erwachte, als er unten die Tür schlagen hörte. Leise Stimmen drangen zu ihm, dann ein leises, ermahnendes Zischen und darauf folgend wieder Schweigen. Erst Schritte auf der Treppe zeugten davon, dass er sich nicht getäuscht hatte. Jemand kam die Treppen herauf. Ein Seufzen gab Aufschluss. Remus. „Alles okay?“, wurde geflüstert. „Du kennst die Antwort.“ „Ich habe noch ein paar Heiltränke. Ich bring dir gleich einen. Aber vorher bring ich dich ins Bett.“ „Ich bin kein Kind!“ „Keine Widerrede! Nympha und Harry fallen in Ohnmacht, wenn sie dich so sehen.“ „Nympha kennt das.“ „Ich weiß. Und sie verzweifelt jedes Mal.“ Sirius klang eindeutig unwillig und auf seine Worte folgte einige Zeit Stille. Resignierend seufzte der Animagus. „Los, komm mit, du schläfst heute bei mir. Wie ich Nympha kenne, wartet sie oben schon in deinem Zimmer und ist darüber eingeschlafen. Es wäre nicht gut, sie jetzt zu wecken.“ Remus lachte, aber es klang müde und abgekämpft. Wieder waren Schritte zu hören, dann öffnete sich eine Tür und es herrschte erneut komplett Stille. Harry rappelte sich hoch und kletterte aus dem Bett. Tonks murmelte etwas, aber sie wachte nicht auf. Zum Glück. Sirius hatte sicher nicht umsonst beschlossen, sie schlafen zu lassen. „Kikuileh, komm!“ Es kam keine Antwort und Harry begriff, dass sie schlief. Er konnte es verstehen. Es war spät geworden gestern. Also musste er es alleine schaffen. Sich seinen Zauberstab und seine Brille greifend, tastete er sich durch die Stille der Dunkelheit vorwärts, bis er an der Tür ankam, dann stahl er sich hinaus. Draußen lehnte er sich gegen die Tür. Er war aufgeregt. Sehr. Sirius’ Worte und die hörbare Schwäche in der Stimme des Werwolfes waren beunruhigend gewesen. Kurz lauschte er. Gedämpft drangen die Stimmen von rechts. Noch schliefen sie wohl nicht. Ob er wirklich zu ihnen gehen sollte? Wo sie sich doch extra bemüht hatten, leise zu sein? Aber er wollte wissen, was los war. Er machte sich Sorgen. Und wie sollte er wieder einschlafen, während er so in Ungewissheit war? Noch bevor sich sein Entschluss festigen konnte, schloss er die Augen und drängte seine Gefühle zurück. Er wusste, dass er es schaffen musste, um nicht noch eine zusätzliche Belastung für seine beiden Freunde zu sein, und er spürte, wie er langsam aus seiner Dunkelheit auftauchte. Es blieb dunkel, aber anders dunkel. Vorsichtig öffnete er die Augen. Sanfter, magisch gedimmter Fackelschein erhellte den Flur, gerade so hell, dass man Hindernisse sehen konnte. Und nachdem er die Brille aufgesetzt hatte, waren die verschwommenen Konturen sogar klar, auch wenn sie flackerten, sobald seine Konzentration auch nur ein klein wenig nachließ. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Solange er noch etwas sah, musste er das ausnutzen. Er ging zu der Tür neben seiner, von der er wusste, dass es Sirius’ Zimmer war, und klopfte. Kurz verstimmten die Stimmen, dann erklangen Schritte und die Tür wurde geöffnet. „Harry?“ Erstaunt blickte Sirius ihn an. „Ich habe euch gehört. Ist alles okay? Ich meine…“ „Ist Tonks etwa auch…?“ „Schläft noch. Wie geht es dir, Remus?“ „Gut soweit.“, erklang es eindeutig amüsiert von innen. „Müde, das ist alles.“ Erleichterung flutete durch Harrys Körper und im gleichen Zug begann er zu lächeln. „Kann ich etwas tun?“ „Du kannst…“ Sirius hatte eindeutig sagen wollen, dass er ins Bett gehen sollte, aber er entschied sich im letzten Moment um. „Wir brauchen Wasser und irgendetwas Nahrhaftes. Energie.“ „Kommt sofort. Irgendwelche besonderen Wünsche?“ „Fleisch in allen Formen!“, erklang wieder Remus’ Stimme. „Okay!“ Harry zwang sich zur Fröhlichkeit, um seine Erleichterung zu überspielen, dann lief er davon. „Diplomatisch gelöst, Tatze.“ Remus legte seinem Freund den Arm um die Schultern. „Er wäre niemals schlafen gegangen.“ Der Schwarzhaarige zog die Augenbrauen zusammen, als er seinen Freund beäugte. War das denn zu fassen? „Was suchst du außerhalb des Bettes?“, grollte er los. „Du bist fertig und siehst aus, als hätte dich jemand in die Mangel genommen!“ „Wer das wohl war…“ „Los, ab ins Bett!“ Remus schmollte, dann grinste er. „Harry ist noch ein bisschen aufmerksamer geworden. Ist dir aufgefallen, dass Kikuileh nicht dabei war?“ „Ja.“, murrte Sirius unwillig, den Werwolf kritisch musternd, weil dieser seinen Anweisungen nicht folgte. „Das hat er von Lilly.“ „Offenbar…“ „Was hast du?“ „Du springst hier rum und das, obwohl du offensichtlich vollkommen erschöpft bist und eigentlich schlafen solltest!“, gab Sirius furios zurück. „Das hab ich!“ „Oh, aber ich kann nicht liegen, solange ich Hunger habe. Das fühlt sich…“ „Das fühlt sich an, als hättest du ein Loch im Bauch, schon klar. Ich weiß.“ Sirius schob Remus ins Zimmer zurück. „Dann setz dich wenigstens hin. Du kannst ja kaum alleine stehen und du bist schwer!“ Und wer musste das zusätzliche Gewicht tragen, wenn Remus sich auf ihn stützte? Er! Und er war auch müde! „Wieso ist er eigentlich wach geworden?“, lenkte Remus ab. „Du warst zu laut!“ „Gar nicht wahr!“ „Weißt du, Remus, ich mag es, wenn du so erschöpft bist, dann bist du nicht so erwachsen.“ „Hey, ich bin immer erwachsen!“ „Leider.“ „Einer muss es ja sein, solange du und Tonks unter einem Dach leben.“ „Schon gut.“ Draußen polterte es und grinsend schob Remus seinen Freund gen Tür. „Hol ihn ab. So wie es klingt, ist es schwer.“ Erneut seufzend ließ er sich auf die Matratze fallen. „Und beeil dich, ich hab Hunger!“ Grinsend tat Sirius, was Remus verlangte. Er kannte ja den Heißhunger seines Freundes nach der schmerzhaften Transformation, da würde es an Folter grenzen, würde er die Mahlzeit noch weiter hinauszögern. Und ein weiteres Klirren ließ die Hilfe im Flur dringlich erscheinen. Es war relativ früh am Morgen, als Harry das zweite Mal wach wurde. Diesmal hatte ihn Tonks geweckt. Die junge Frau hatte kaum die Augen offen, als sie auch schon aufsprang und mit einem mittellauten „Remus!“ aus der Tür platzte. Harry setzte sich verschlafen auf und blinzelte. Dunkel… Müde… Hätte sie ihm die Möglichkeit gegeben, hätte er ihr gesagt, dass Remus nebenan bei Sirius schlief, aber so… Schwer ließ er sich zurückfallen und streckte sich gähnend. Es war einfach viel zu früh! Keine zehn Sekunden später war Tonks zurück. „Remus ist noch nicht wieder zurück! Sein Zimmer ist leer!“ Sie war außer sich, vollkommen aufgelöst und der Panik nahe. Ihre Haare waren zerzaust und ihre Augen angstvoll geweitet. „Wenn nun etwas passiert ist…“ „Tonks... Er schläft bei Sirius.“, murmelte Harry und rieb sich über das Gesicht. „Es geht ihm gut.“ „Bei Sirius? Woher…? Ah, ich…“ Und schon war sie wieder weg, ohne ihren Satz zu beenden. ----------------.--------------- *lach* Voll das Mosaikgebastel, das Kapitel. ^^ Hey, ich bin grad fleißig. Ich streng mich wirklich an. Animagustraining ---------------- Titel: Animagustraining Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Kapitel 43: Animagustraining Harry schaffte es beim Frühstück tatsächlich, Remus dazu zu überreden, ihm beizubringen, wie man ein Animagus wurde. Besser: Remus gab Sirius die Erlaubnis, es ihm beizubringen. Als Belohnung für die letzte Nacht sozusagen, weil die heißen Würstchen und die Wurstbrote ihm geschmeckt hatten. Jedenfalls offiziell. Inoffiziell sah er ein, dass gerade Harry besonders viel Sicherheit nötig hatte und sie bekommen sollte, wo er sie kriegen konnte. Und Sirius’ Dasein bewies außerordentlich gut, wie sicher man als Animagus vor der Wahrnehmung durch Menschen und Dementoren war. Und weil Harry so anfällig gegen letztere war, sollte er es ruhig lernen. Der schwarzhaarige Junge jedenfalls war begeistert. Er fiel Remus um den Hals und weil er eh schon dabei war, auch Sirius und Tonks, welche sich besonders über diese Aufmerksamkeit freute. Und gerade weil es so gut wirkte, koppelte Remus dieses Versprechen einfach an die Bedingung, dass er erstens einen neuen Spruch meistern musste an diesem Tag und zweitens genug zum Mittag aß. Es war erstaunlich, wie die Aussicht Harry beflügelte. Er fing schon beim Frühstück damit an, genug zu essen, bemühte sich bei dem Zauber so sehr, dass irgendwann gar keine Magie mehr floss, bis er leicht verschämt einen Gang des Eifers zurückschaltete. „Du wirst garantiert ein hyperaktives Vieh, Harry.“, prophezeite ihm Remus lachend, als Harrys nächster Zauber den Dummi in Holzstückchen sprengte. „Irgendetwas Kleines, Wildes.“ Harry verzog den Mund. „Solange es keine Ratte ist…“ „Du wirst niemals eine Ratte werden!“, widersprach Remus heftig. Er war entsetzt über diesen Gedanken. „Dazu bist du viel zu eigensinnig! Immerhin bestimmt dein Unterbewusstsein dein Animagus genauso wie deine natürlichen Fähigkeiten. Sprich, es wird schnell, mutig und struppig.“ Sirius brach in Lachen aus, während Harry schnaubte. „Hey, so schlimm ist es gar nicht.“, murrte er. „Stimmt.“, bestätigte der schwarzhaarige Mann unter Lachtränen, die selbst Remus’ starres, bemüht beherrschtes Gesicht zum Grinsen zwangen. „Es ist schlimmer.“ „Sirius!“ Jetzt lachte auch der Werwolf frei heraus und Tonks streckte den Kopf zur Tür herein, um zu fragen, was los war. Bei Harrys roten Wangen grinste auch sie. „Ehrlich Tonks, was glaubst du, wird er werden, wenn er Animagus ist?“ „Als Animagus?“ Sie legte den Finger ans Kinn, als würde sie scharf nachdenken. „Von der Frisur her würde ich sagen Straßenkater, vom Talent her Adler oder Falke. Und ich hoffe, dass er ein schwarzes Wiesel wird, das würde Draco sicher gefallen, wo er doch selbst mal eins war.“ Sie zwinkerte Harry zu und Sirius begann wieder zu lachen, was ihm einen Ellenbogenhieb seines Patensohnes einbrachte. „Remus, was sagst du denn jetzt?“, brachte der Mann unter Luftschnappen zustande. Der Braunhaarige lächelte geheimnisvoll. „Hund würde ihm genauso stehen wie dir, Tatze, aber ich denke eher, er wird ein fliegendes Tier, genau wie Tonks gesagt hat. Aber Adler passt nicht. Es muss kleiner sein.“ „Falke.“ Sirius schlug Harry auf die Schulter, dass dieser einen Schritt vormachen musste. „Ich hab’s dir ja gesagt, Remus liegt immer richtig.“ Der Werwolf lachte leise und Harry wusste ganz genau, dass er kein Falke werden würde. Wenn Remus es wirklich wusste, dann bedeutete dieses Lachen ganz gewiss, dass Sirius Unrecht hatte. „Du bist fies, Moony.“, murrte er und stellte sich in Position für den nächsten Angriff. „Du behältst deinen Tipp für dich!“ Er zauberte, aber von echter Kontrolle über seine Kraft konnte man nicht sprechen. Sirius lachte wieder. „Das tut er, um am Ende sagen zu können, dass er Recht behalten hat.“ Der Mann hielt einen Zettel hoch. „Da hat er es drauf geschrieben, aber wir dürfen erst gucken, wenn du es geschafft hast, weil es dir sonst die Spannung und die Kreativität nimmt.“ „Und wenn er gar nicht richtig liegt?“, fragte der Junge, der lebt, sinnierend. „Was, wenn ich ein Pferd werde?“ „Er liegt immer richtig. Leider.“ „Bei mir wusste er es auch!“, meldete sich Tonks wieder zu Wort. „Vielleicht wirst du eine Springmaus mit Plüschfell.“ „Du bist ein Papagei.“, antwortete Harry ihr trocken, ohne auf ihren Vorschlag einzugehen. „Was anderes kommt bei deinem Geschmack für leuchtende Farben gar nicht in Frage.“ Sie war sichtlich enttäuscht. „Das hat Sirius dir gesagt.“, maulte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hab ich nicht! Das ist eindeutig!“ Das bunte Fräulein streckte ihm die Zunge raus. „Und was für ein Papagei?“, wollte sie herausfordernd von Harry wissen. Dieser zuckte mit den Schultern. „Irgendein bunter.“ Als sie seufzte, nahm Remus sie in die Arme und gab ihr einen weichen Kuss. „Nicht traurig sein. Das ist wirklich eindeutig. Allein schon, weil du deine Haare immer bunt trägst.“ Sie lehnte sich gegen ihn. „Das ist nicht fair.“, jammerte sie. Sie lachten alle über ihren kindlichen Tonfall, dann wurde das Training fortgesetzt, bis am Abend nach dem Abendbrot Sirius übernehmen durfte. Harry sollte sich auf den Boden ihm gegenüber setzen, dann begann er zu erzählen. Die anderen beiden standen schweigend abseits, bereit etwas zu tun, falls Harry außer Kontrolle geriet. Wer konnte schon sagen, zu was ein Magus bei einer inneren Freisetzung der Magie fähig war. „Also, erstens ist es ein Zauber, der auch ohne Zauberstab ausgeführt werden kann, weil die Magie nicht aus deinem Körper heraus muss. Sie wirkt unmittelbar in dir drin. Aber das ist für dich ja eigentlich egal, nicht wahr?“ Er kicherte leicht. „Auch das zweite sollte für dich nicht das Problem sein. Du musst dir lediglich vorstellen, wie du dich transformierst. Du musst dir vorstellen, wie du sein wirst, wenn du dich verwandelt hast, wie du die Welt dann siehst und was du fühlst. Es ist eigentlich ganz einfach, wenn man es erst einmal geschafft hat, dann kann man ja auf Erfahrungen zurückgreifen, nur der Grund, warum es so wenig Animagi gibt, ist das erste Transformieren. Nur wenige können sich überhaupt vorstellen, wie es sein könnte, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Oder sie sind zu arrogant zuzulassen, dass ihnen ihr Unterbewusstsein hilft. Es läuft alles auf das Gleiche hinaus: Sie können kein Animagus werden.“ „Und wie soll ich mir vorstellen, wie ich die Welt sehe, wenn ich keine Ahnung habe, was ich werde?“, fragte Harry irritiert ob dieser Tatsache. Er blinzelte immer wieder, um seine Sehfähigkeit, die er sich vorher mühselig erkämpft hatte, nicht zu verlieren. Er wollte sehen, wenn er ein Tier wurde! „Genau das ist die Schwierigkeit. Je besser du dich hineinversetzen kannst, desto klarer ist das Bild, das dein Körper hat.“ „Also kann ich, wenn ich mir ganz genau vorstelle, dass ich ein Delfin bin, einer werden?“ „Nein!“ Sirius begann zu straucheln. „Sonst wäre ich garantiert kein Hund geworden!“ „Hm? Was wolltest du denn sein?“ „Ich wollte fliegen können. Ich wollte so frei sein wie ein Vogel, aber… Na ja, dazu hatte ich wohl zu wenig Erfahrung mit Freiheit. Nein, die Umgebung spielt natürlich eine Rolle. Als Delfin wärst du hier an Land ziemlich hilflos, weswegen dein Körper bei einer solchen Transformation wohl nicht mitspielen würde. Zumal es nicht gerade einfach ist, sich vorzustellen, komplett von Wasser eingeschlossen zu sein und trotzdem nicht zu ertrinken.“ „Vor allem, weil man als Delfin wissen müsste, wie man mit nur einem Teil des Gehirns schläft und gleichzeitig mit dem anderen wach ist.“, mischte sich Remus ein. Harry nickte ernst. „Also nur Tiere, die das Überleben sichern.“ „So auch nicht. Es gibt keine Garantie, dass man als Animagus nicht stirbt.“ „Das war schon klar.“ Harry lächelte. „Also kann ich nur ein Tier werden, das an Land lebt, solange ich an Land bin und nur ein Schwimmtier, wenn ich gerade im Wasser bin.“ „Dir ist schon klar, dass du nur ein Animagus besitzen kannst?“, merkte Sirius stirnrunzelnd an. „Ja. Ich meinte, beim ersten Mal.“ „Ja, dann stimmt es.“ „Gibt es etwas, das mir hilft, mich zu verwandeln?“ „Nein, du musst es wirklich ganz alleine schaffen. Überleg dir, was du selbst an dir hast, das animalisch ist. Dinge wie Geruchsinn, Gehör, Dauerhunger, gute Sicht, gute Reflexe, Gefahreninstinkt oder solcherlei Dinge.“ Wieder nickte Harry nachdenklich und lehnte sich zurück, stützte sich mit den Armen am Boden ab. Hatte er so was? Sein Riechorgan war nicht besonders ausgeprägt, seine Ohren waren auch eher durchschnittlich gut und ohne seine Brille sah er kaum etwas. Was sahen Tiere überhaupt? Hunde, das hatte er mal gelesen, sahen nur schwarz-weiß. Vögel sahen nicht unbedingt alles klar und reagierten eher auf schnelle Bewegungen und bedrohliche und bekannte Umrisse mit Flucht und lautem Gezeter. Zumindest taten das die Spatzen und Amseln im Garten seiner Tante. Wie es wohl war, immer in Angst vor Fressfeinden zu leben? Doch sicher auch nicht anders, als wenn man Angst haben musste, dass Dementoren oder Werwölfe oder Todesser einen erwischten. Flucht… Der Wunsch zu Überleben und die Fähigkeit, Reflexe zu entwickeln, damit man schneller war als alle anderen. Fliegen, um jenen Angreifern zu entkommen, immer den Rundblick haben… Adler oder Falken konnten jedenfalls wunderbar sehen. Da konnte er nicht mithalten. Selbst sehfähig nicht, obwohl es mit Sicherheit ein wundervolles Gefühl war, aus der Luft sämtliche Kleinigkeiten erkennen zu können. Nur, was war ein Falke mit Brille? Ein Nichts. Genau. Katzen hatten Nachtsicht. Sie sahen im Dunkeln sehr gut und auch sonst konnten sie kleinste Bewegungen wahrnehmen. Allerdings hatte ihm Hermione erklärt, dass das an den langen Schnurrhaaren lag, die ihnen kleinste unregelmäßige Luftzüge vermittelten, und wie sich das anfühlte, das konnte er nicht sagen. Außerdem waren sie elegant. So elegant wie die Beauxbatons oder McGonagall oder Draco. Und wie man sich bewegte, damit es so erhaben aussah, das konnte er nicht sagen. Dazu war er wohl nicht hochnäsig oder selbstbewusst genug. Tja. Er wollte fliegen, also sollte er sich vielleicht eher Gedanken darüber machen, wie sich Vögel fühlten. Und zwar einer, der ihm ähnlicher war als ein Adler. Sirius unterbrach schließlich seine Gedanken. „Hey, nun mal ganz ruhig. Es ist noch nie ein Meister vom Himmel gefallen. Lass dir Zeit, es zu lernen, und mach dir keinen Stress. Und lass deine Lippe in Ruhe. Die hat nicht verdien, dass du sie aufisst.“ Harry sah ihn an, richtete sich ein wenig auf und spürte plötzlich genau, was Sirius meinte. Seine Stirn lag in Falten, seine Lippe hatte er so sehr malträtiert, dass er Blut schmecken konnte. Aufstöhnend ließ er sich nach hinten fallen. „Das ist schweeeeeeer!“, jammerte er. „Soviel Denken!“ Lachend stürzte sich Tonks auf ihn und strubbelte ihm die Haare. „Denken ist ja auch schwer! Wenn es jeder könnte, wäre die Welt bei weitem schöner.“ Sie kniff ihm in die Wange und er begann sich gegen diese Behandlung zu wehren. Das war doch… „Hey, hör auf damit!“ „Aber das lenkt dich vom Grübeln ab!“ „Ich will aber grübeln! Je eher ich das schaffe, desto besser!“ „Du hast es mal wieder viel zu eilig.“, erklärte Remus grinsend. „Aber das ist ja nicht schlecht. Komm, Nympha, wir gehen hinunter. Wir müssen noch aufräumen.“ Es war erstaunlich, wie schnell sie von Harry abließ. Sie hopste auf Remus zu, schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. „Alles, was du willst, Remus Schatz.“, flötete sie und der Werwolf zog sie mit einem entschuldigenden Lächeln aus dem Raum. Sirius grinste breit. „Sie sind süß.“, erklärte er. „Sie, weil sie ihn anhimmelt, und er, weil es ihm peinlich ist.“ Harry nickte, dann legte er sich wieder auf den Boden und schloss die Augen. Ein Vogel, der nicht gut sah, aber dennoch fliegen und schnelle Dinge sehen konnte. Das war so überhaupt nicht einfach. „Woran denkst du?“, wollte der schwarzhaarige Animagus wissen. „Was für ein Tier würdest du gern sein?“ Sich streckend begann Harry verträumt zu lächeln. „Ich will ohne Hilfe fliegen können. Ohne Besen, ohne Seidenschnabel, aus eigener Kraft den Himmel erobern.“ Sirius nickte, dann kam er zu Harry und legte sich neben ihn. „Und das ist so schwer sich das vorzustellen, dass du die Stirn runzelst?“ „Nein… Das…“ Harry richtete sich abrupt auf, um seinen Paten ansehen zu können, doch er erstarrte mitten in der Bewegung. Das Sehen war wieder fort. Enttäuscht seufzte er auf. „Nein. Ich möchte immer fliegen können. Wie soll das gehen, wenn man nichts sieht?“ Schwach fiel er zurück und presste die Hände auf die Augen. „Man würde jedes Mal gegen eine Wand fliegen!“ Es brachte den älteren Rabenschopf zum Schmunzeln. „Fledermäuse sehen mit den Ohren und das besser als jeder Vogel mit den Augen.“ Ganz still lag Harry da. Fledermaus… Ja! Verdammt, ja klar! Fledermaus! Wie lebten Fledermäuse? Sie flogen bei Nacht, sammelten Motten im Flug allein mit Schallwellen und Gehör. Das, was er schon einmal versucht hatte. Sich mit Hilfe des Gehörs orientieren! In seinem Inneren begann es vor Aufregung zu kribbeln. Die Tiere waren schnell, intelligent und fleißig. Sie hatten so viele Vorteile; sie konnten fliegen und hatten nahezu immer einen Schlafplatz, ganz egal wo, Hauptsache es war dunkel. Das wäre… „Du solltest daran denken, dass du mit dem Tier, das du wirst, auch dessen Instinkte annimmst. Nicht vollständig natürlich, aber doch zu einem großen Teil. Und kein Tier denkt länger über den Tod nach oder empfindet Trauer über längere Zeit. Für sie geht das Leben weiter.“ „Ich dachte, Hunde wären traurig, wenn ihr Herrchen stirbt. Bei uns in der Straße…“ „Klar, ja, es gibt Ausnahmen.“ Sirius lachte leise. Harry war wirklich ein aufmerksamer Junge. „Aber dennoch gibt es sonst kaum Tiere. James hat mir erzählt, dass er gar nicht lange über mögliche Verluste nachdenken konnte, während er Hirsch war. Und auch ich erinnere mich nie an Gedanken über den Tod.“ „Du meinst, ich würde als Tier auf jeden Fall wieder sehen können?“ „Ich weiß es nicht genau, aber ich denke, es liegt nahe.“ „Kann ich als Tier überhaupt noch klar denken?“ Lachen erklang, als Sirius sich auf die Seite rollte und Harry in die Wange piekte. „Natürlich. Rita Skeeter konnte selbst als Käfer noch denken.“ Das stimmte. Die hatte er schon vergessen. Wobei ihm einfiel, dass auch Käfer fliegen konnten. Wie fühlte man sich als Käfer? Oder als Fliege? Wie ein Zwerg auf jeden Fall, aber diese Tiere hatten gar keine Hände. Sie hatten auch keinen Mund. Und wo war ihre Nase? Atmeten Käfer überhaupt? Wo lebten Käfer? Wie hörten sie und… Es war zu schwer. Sich das vorzustellen, bedurfte es eingehender Studien mit einem Tierlexikon und lebenden Exemplaren. Dazu hatte er keine Zeit. Wie war das mit der Fledermaus gewesen? Sie schliefen mit dem Kopf nach unten. Sie hielten sich mit den Füßen fest… Und dann? Wie kamen sie da hoch? Klettern? Oder Punktlandung? Fledermäuse waren echt erstaunliche Wesen, wenn man es recht bedachte. An diesem Abend ließ ihn der Gedanke an diese Tiere nicht mehr los, doch er kam auch nicht weiter. Er fragte Sirius über die Tiere aus und erfuhr, dass sie Winterschlaf hielten und trockene Orte benötigten. Er lernte, dass sie ohne weitere Fledermäuse sehr schnell zugrunde gingen, da sie sich gegenseitig fütterten, wenn ein Tier der Gruppe erfolglos bei der Jagd war. Und er hatte ja schon bei Hagrid im Unterricht gelernt, dass sie ihre Jungen aufzogen, indem sie sie an ihrem Bauch hielten und säugten. Niedlich waren sie gewesen. Und ganz weich. Und ihre Krallen an den Flügeln waren richtig scharf gewesen. Außerdem lernte er, dass bei weitem nicht alle Eigenschaften der Fledermäuse auf Animagi zutrafen. Er würde zwar lichtempfindliche Augen haben, aber im Winter fliegen können, da er ja nicht auf die Mottennahrung angewiesen war. Trotzdem würde er nicht ohne Hilfe vom Boden starten können, weil die Schwerkraft nicht ohne das vorherige Fallen überwunden werden konnte. Er ging erst sehr spät ins Bett, aber es wurde auch höchste Zeit. Er war todmüde, kuschelte sich in seine Decke und drückte den Teddy an sich. Er war leicht enttäuscht. Irgendwie hatte er gehofft, es schneller zu lernen. Sirius hatte versucht, ihn zu beruhigen, indem er ihm mitteilte, dass sogar James sechs elendig lange Wochen gebraucht hatte, weil er eben unbedingt ein Adler hatte werden wollen. Es hatte nicht funktioniert. Harry war regelrecht frustriert und ließ sich auch nicht einreden, dass er sich Zeit lassen sollte. Er konnte sich keine Zeit lassen. Je eher er Animagus war, desto eher würde er andere Dinge wie das Apparieren lernen, und umso schneller würde er Draco wieder sehen! Er wollte sich keine Zeit lassen! Doch das half ihm nicht weiter. Er versuchte weiterhin sich in die Fledermaus hineinzuversetzen, doch er kam nicht weiter. Es passierte nichts. Nicht das Geringste. Er blieb der plumpe Mensch, der er war. Vielleicht war eine Fledermaus einfach zu klein. Oder es war nicht sein Animagus, wie Sirius gesagt hatte. Jeden Tag von da an saß er nach dem Kampftraining in seinem Zimmer und starrte an die Wand, die er manchmal sah und manchmal nicht. Es klappte inzwischen schon ganz gut, dass er willentlich sehen konnte, und er machte weiter Fortschritte, aber das heiterte ihn kaum auf. Er bekam es nicht auf die Reihe zu denken wie ein Tier! War er etwa auch unfähig? Wie so viele andere Zauberer? War er zu arrogant? Das Resultat aus seiner Unzufriedenheit mit sich selbst bestand darin, dass er gereizt war, und seine Konzentration während des Trainings war im Folgenden lächerlich gering. Remus begann sich ernsthaft Sorgen zu machen, auch weil Harry wieder weniger aß. Sirius erzählte ihm, dass Harry abends weinte, dass er Draco vermisste, und er sah diese Theorie bestätigt, als er Harry einmal während einer Pause dabei beobachtete, wie er Dracos Ring gedankenverloren in den Fingern drehte und sehnsüchtig aus dem Fenster in den Himmel starrte, während er Musik aus dem MP3-Player hörte. Der Junge vermisste Draco nicht nur, er verzehrte sich nach ihm. Das musste dringend aufhören, doch das war wahrscheinlich nur möglich, wenn er Harry erlaubte, Draco zu sehen. Was würde Dumbledore dazu sagen, wenn er mit solch einer Bitte zu ihm kam? Zwei Tage später bekam Harry Grippe. Erst hatte er nur gehustet, doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte der ihm verabreichte Heiltrank nicht gewirkt und am Abend war Fieber dazugekommen. Remus hatte daraufhin von Mme Pomfrey einen neuen Trank geholt, doch auch dieser hatte keine Wirkung gezeigt. Letztendlich war die resolute Frau selbst gekommen, um ihn zu behandeln, und hatte nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen schlicht bestimmt, dass er Ruhe bekommen sollte und Grippe nichts war, weswegen man sich Sorgen machen musste. Muggel hatten schließlich auch jedes Jahr Erkältungen. Sie lächelte Harry an, der sie aus fiebrigen Augen ansah. Der Junge war so schrecklich blass… „Sie sollten mehr essen, Harry.“, riet sie sanft. „Ohne Energie werden Sie nicht gesund werden.“ Er nickte nur, bevor er zum ersten Mal seit ihrer Ankunft sprach. Seine Stimme klang schmerzhaft kratzig und man konnte ihm ansehen, dass es ihm weh tat zu sprechen. „Wie geht es… Dray?“ Es war klar gewesen, dass er das wissen wollte. Beinahe hatte sie schon früher damit gerechnet. „Hervorragend.“, antwortete sie milde, zwinkerte ihm zu. „Draco war, seitdem du weg bist, nicht ein einziges Mal bei mir. Dafür scheint er Severus und Albus in den Wahnsinn zu treiben. Beide beschweren sich darüber, dass er immerzu mit den Augen fragt, ob es Neuigkeiten gibt.“ Das Lächeln auf Harrys Gesicht bestätigte sie darin, dass es gut war, wenn er von Draco hörte, dass es ihm fast sofort besser ging. Da war es vielleicht an der Zeit, ihm zu sagen, was Dumbledore versprochen hatte. „Ich verrate Ihnen ein Geheimnis“, sagte sie leise mit einem kurzen Blick zu Sirius, der am Fenster lehnte, dann beugte sie sich vor und flüsterte Harry ins Ohr: „Remus wird es heute ebenfalls erfahren. Albus lädt euch vier ein, Weihnachten in Hogwarts zu verbringen.“ Die grünen Augen weiteten sich noch ein wenig mehr, dann begann Harry zu strahlen. „Wir…“ „Schön liegen bleiben, Harry.“, schmunzelte sie, bevor sie sich an Sirius wandte. „Wärmflasche, viel Tee trinken, genug und warmes Essen, warm halten. Kriegst du das hin?“ Der Mann nickte, dann grinste er. „Kurz gesagt, er soll im Bett bleiben.“ „Und das die nächste Woche. Haben Sie verstanden, Harry? Wenn Sie nicht auf Ihren Paten hören und krank sind, fällt Ihr Besuch in Hogwarts aus.“ Der schwarzhaarige Junge nickte eifrig und sie schüttelte den Kopf. „Ich kann es immer noch nicht fassen. Da können Sie wieder sehen, weil Sie es wollen, aber meine Medizin hilft nicht. Sie sind eine medizinische Katastrophe.“ Sirius kicherte, was sie nur die Augen rollen ließ. „Na dann werde ich mich wieder auf den Weg machen. Ach, Sirius…“ Sie hielt ihm einen Brief hin. „Von Albus.“ Der Mann nahm ihn entgegen und nickte. „Also dann. Ich empfehle mich.“ Sirius geleitete die Medihexe noch zur Tür und Harry blieb allein zurück. Er strahlte über das ganze Gesicht und fühlte, dass sein Herz überlief vor Glück. Er würde zu Draco gehen! In einer Woche. Zu Weihnachten! Er würde Weihnachten mit seiner ganzen neuen Familie verbringen können! Zum ersten Mal in seinem Leben! Er schloss die Augen. Sein Atem rasselte, aber er konnte fühlen, wie das Atmen leichter wurde. Die Anspannung war verschwunden, der Drang, den Zauber zu meistern, damit er Draco wieder sehen konnte, nicht mehr da. Er fühlte sich so unglaublich leicht und beschwingt, dass er schreien könnte, um seine Energie loszuwerden. Im nächsten Moment schüttelte ihn ein erneuter Hustenanfall und seine Sicht verschwamm. Es war ihm völlig egal. Er würde Draco wieder sehen! ---------------______------------------- Ich mag Poppy irgendwie. Und natürlich musste sie mir wieder dazwischenfunken. Da will ich Harry ganz allein zu Dray schicken und sie macht mir einen Strich durch die Rechnung… *murr* Aber das machen sie alle. Sie sind alle gegen mich! Bis bald! ^^ Ausflug nach Muggellondon ------------------------- Titel: Ausflug nach Muggellondon Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe auf viele Kommentare! Sie helfen mir, meine Fehler und Macken auszubügeln! Und sie machen mich glücklich. ^^ Kapitel 44: Ausflug nach Muggellondon Doch bis Weihnachten ins Haus stand, wurde es eine lange Zeit. Er durfte nicht aufstehen und nicht fliegen, er musste Tee über Tee trinken und Sirius und Remus probierten alle nur erdenklichen Arten von Suppe aus, als sie erkannt hatten, dass ihm das weniger Probleme beim Schlucken bereitete. Zaubern durfte er gar nicht, weil es angeblich zu anstrengend war, doch das stellte sich schon bald als ein wirklich großes Problem heraus, denn seit er bettlägerig war, schien seine Magie überzulaufen. Die zauberstablose Magie machte, was sie wollte. Sie entzündete das Feuer, löschte es wieder, wenn es Harry zu warm wurde, öffnete die Vorhänge oder die Fenster, zumal sich Harry auch nicht daran halten wollte. Er suchte Ablenkung und so nutzte er jede unbeaufsichtigte Minute, bis Remus einsichtig wurde und das Training wieder einführte – eingeschränkt natürlich. Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass jene Zauber zwar noch immer kraft- und machtvoll waren, doch dass sie kontrollierter waren. Irgendwie hatte Harry begonnen, die Auswirkungen seiner Zauber räumlich zu begrenzen. Nach vier Tagen allerdings konnten sie ihn nicht mehr im Bett halten. Tonks, die Aufsicht hatte und ihn beschäftigen sollte, damit er sich nicht langweilte, war außer sich, als er nach mehrfachem Bitten einfach aufstand, um hinunterzugehen. „Du, ich hex dir Elefantenohren, wenn du nicht gleich zurückgehst!“, rief sie ärgerlich, als sie die große Halle betraten, tippte ihm immer wieder auf die Schulter, ohne dass er reagierte. „Ich warne dich! Treib es nicht zu weit, oder…“ Im nächsten Moment rasselte es laut und durchdringend und die schwarzen Vorhänge vor dem Bild von Sirius’ Mutter schlugen zur Seite. Tonks zuckte zusammen, verstummte und duckte sich instinktiv weg, aber es kam keine der erwarteten Schimpfpredigten. Kikuileh beachtete die gestikulierende alte Frau nicht einmal. Harry lachte leise. „Vergiss sie, Tonks. Sie tut dir nichts mehr.“ Sanft strich er Kikuileh über das weiche Köpfchen, weil sie glücklich zustimmte. „Ich habe ihr die Stimme genommen.“ Das giftgrün gefärbte Fräulein starrte ihn entgeistert an. „Stimme… genommen?“ „Sie ist stumm.“ Mit einer Handbewegung verschloss er die zerrissenen Vorhänge, so dass auch das Bild nicht mehr zu sehen war. „Ich war der Meinung, sie würde zu viel Mist reden. Das tut Sirius nicht gut.“ Tonks brauchte noch einige Zeit, bis sie sich wieder gefangen und die Nachricht verdaut hatte, doch dann begann sie zu strahlen. Sie fiel Harry von hinten um den Hals und knuddelte ihn überglücklich. „Danke!“, rief sie. „Danke, danke, danke, danke! Du bist toll!“ Leichte Röte überzog Harrys Wangen wegen des Kompliments, doch das beachtete sie gar nicht. Sie ließ ihn los und rannte ihm voran die Treppe hinunter in die Küche, in der Sirius und Remus miteinander sprachen. Die beiden Köpfe schossen sofort alarmiert in die Höhe, doch ihr Strahlen passte nicht zu der Nachricht, die sie irgendwie erwarteten. Stattdessen jubelte sie und drückte Remus fast die Luft ab, als sie ihn umarmte. „Er hat sie zum Schweigen gebracht!“, wiederholte sie unentwegt und hopste zu Sirius, um auch ihm die obligatorische Umarmung angedeihen zu lassen. Kikuileh hatte sich ihr spontan angeschlossen und ditschte nun durch die Küche, so dass Harry stehen bleiben musste, weil er die Orientierung verlor. Er lächelte über die Freude der beiden weiblichen Wesen. Sirius verlor letztendlich die Geduld. „Harry, was ist mit ihr los? Hat sie irgendwas genommen? Und was zum Teufel tust du hier? Du solltest im Bett liegen!“ Das Lächeln verschwand. „Keine Lust. Es reicht mir. Ich bin kein Invalide.“ „Du bist krank!“ „Und ich werde auch nicht mehr gesund, wenn das so weiter geht!“ Der schwarzhaarige Mann setzte dazu an, noch etwas dazu zu sagen, doch Remus würgte ihn ab. Der Mann stand auf und führte Harry zum Tisch, damit er sich setzen konnte. „Wie geht es dir?“ „Gut soweit. Der Husten ist fast weg.“ „Das ist gut zu hören. Möchtest du einen Tee?“ Harry runzelte die Stirn, nickte allerdings. Tee war gut, auch wenn er nicht schmeckte. „Ich werde welchen aufsetzen.“, erklärte sich der Werwolf bereit. „Und inzwischen kannst du uns sagen, was es damit auf sich hat.“ Reichlich amüsiert deutete er auf seine mit Kikuileh tanzende Freundin. Harry würde ohne es zu sehen wissen, was gemeint war. „Ich habe dem Bild von Mrs Black den Ton abgestellt. Sie ist jetzt stumm und das freut sie eben.“ „Sie ist stumm? Wie denn das?“ „Ist das wahr?“ Sirius klang nicht annähernd so rational wie sein Freund. „Sie hält wirklich die Klappe?“ „Ja. Es ist für jeden hier besser so.“ Sirius lachte. Erst fassungslos, dann unendlich glücklich. „Das ist genial! Harry, ist dir klar, dass dir das gelungen ist, was schon zwei Dutzend Zauberer versucht haben, ohne es zu schaffen?“ „Das erklärt auch, warum Kreacher in letzter Zeit so schlecht gelaunt ist und warum er so verloren aussieht. Seine Bezugsperson ist stumm.“ Remus stellte klirrend eine Tasse vor Harry auf den Tisch. „Vorsicht, heiß.“ Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. „Warum ist Kreacher denn nicht da?“, fragte er. „Ich hab ihn noch gar nicht gesehen.“ „Das liegt in erster Linie daran, dass er sich weigert, dir zu begegnen.“ Remus verteilte nun auch Tassen an Sirius und Tonks und stellte schlussendlich eine vor sich selbst auf den Tisch, bevor er das bunte Fräulein einfing und neben sich auf einen Stuhl setzte, womit es gleich viel leiser wurde. „Er sagt, das hätte er nicht nötig.“ Nickend tastete Harry nach seinem Tee. „Warum mag er mich denn nicht? Ich habe ihm doch nichts getan.“ Noch dazu hatte er bisher keine Erfahrung mit Hauselfen gemacht, die ihn nicht als Helden und Befreier ihrer Rasse ansahen. „Seine Herrin redet ihm ein, dass du ein Halbblut und Verräter an ihrem Meister bist, Wen wundert es da?“ „Ich hätte es lieber gesehen, er würde keine Vorurteile gegen mich haben.“ Remus und Sirius lachten. „Hast du so jemanden schon mal getroffen? Du bist berühmt. Jeder kennt dich, jeder weiß, was du getan hast. Keiner wird ohne irgendetwas zu erwarten an dich herantreten, ob es nun gut oder schlecht ist.“ „Aber sie…“ „Es braucht Zeit, bis man hinter das sehen kann, was einem eingeredet wird.“, machte Remus sachte deutlich. „Hab ein wenig Geduld damit.“ Geduld haben klang nicht besonders ermutigend, fand Harry, aber er nickte. Es blieb ihm auch kaum etwas anderes übrig. „Bei dem ist eh Hopfen und Malz verloren.“, ließ sich Sirius abfällig vernehmen und kam damit wieder auf Kreacher zu sprechen. „Der ist schon immer so.“ „Sei still, du Miesmacher!“ Remus knurrte böse. „Nur weil du es nicht schaffst, Frieden mit ihm zu schließen, heißt das nicht, dass keiner das kann.“ Sirius murmelte daraufhin nur etwas Unverständliches, doch Remus beachtete ihn gar nicht. „Da du jetzt schon mal da bist, was möchtest du essen, Harry?“, fragte er und wiederholte seine Worte geduldig, als der Junge aufgrund eines Hustenanfalls nicht hatte hören können. Der Schwarzhaarige begann zu strahlen. Er durfte wählen? „Schokopudding!“, antwortete er überzeugt, was Tonks, die immer noch mit Kikuileh spielte, aufsehen ließ. „Es gibt Schokopudding?“ „Aber sicherlich nicht zur Hauptmahlzeit.“, schmetterte Remus diesen Vorschlag ab. „Zum Nachtisch gerne.“ Harry seufzte. Und er hatte schon gedacht… Von den Erwachsenen bemerkte letztendlich keiner, dass Harry nach dem Essen eine Schüssel Pudding entführte. Der Raum mit dem riesigen Wassertank war dunkel, aber für Kikuileh war das kein Problem. Sicher führte sie ihn zu der Nische, in der Kreacher lebte und die gerade leer war. Kreacher war wieder einmal nicht am selben Ort wie er. Aber das machte nichts. Harry stellte die Schüssel auf den Boden vor den Schrank, in dem der Hauself schlief, und ging anschließend wieder. Wollte er doch mal sehen, was Freundlichkeit in diesem Fall brachte. Am nächsten Tag ging es Harry so gut, dass keiner der Erwachsenen noch verlangen konnte, dass er im Bett blieb. Stattdessen überredete Harry Remus dazu, ihn beim Einkaufen begleiten zu dürfen, um mal wieder etwas anderes zu sehen als die langweilige Wohnung, wie er es ausdrückte. Als Remus leicht verwundert nachfragte, wie um Himmelswillen man das Black-Haus langweilig finden konnte, lachte Harry nur und erklärte, dass er das nur so gesagt hätte. Die Untermieter und magische Ausstattung des Hauses hätten ihren ganz eigenen Charme. Er wurde eingepackt, bildlich gesprochen. Da es draußen schneite und kalt war, bekam er einen dicken Wintermantel von Sirius und einen roten Schal von Tonks. Dazu passend eine Mütze, die seine Stirn verdeckte, und Handschuhe. Den Zauberstab sollte er vorsorglich in Reichweite dabei haben. Letztendlich zogen sie zu viert los. Harry war aufgeregt. Seine Augen hinter den Brillengläsern flackerten und er klammerte sich beinahe an Sirius’ Arm fest, um nicht plötzlich orientierungslos zu sein, denn Kikuileh musste bis zu einem ganz akuten Notfall in seiner Brusttasche bleiben und durfte sich nicht zeigen. Feen waren nicht so häufig in London und sie würde zu schnell auffallen. Die Straße war tief verscheit und jeder Schritt machte ein knirschendes Geräusch. Harry war begeistert und freute sich wie ein kleiner Junge, als er gegen den Schnee trat und dieser aufflog. Er hatte das Gefühl seit Ewigkeiten keinen Schnee mehr gesehen zu haben. Die Helligkeit ließ ihn in Verzückung geraten. Weihnachten sollte es auch weiß werden, damit er mit Draco eine Schneeballschlacht machen konnte! Doch schon an der nächsten Ecke änderte sich das Bild des Wintermärchens. Der frisch über Nacht gefallene Schnee wurde grau und matschig und stellenweise war er rötlich oder schwarz. Unwillkürlich verkrampften sich Harrys Hände in Sirius’ Ärmel, denn das Bild, das sich ihm bot, war grauenhaft. Menschen zogen die Straße entlang, schleppten sich vorwärts, sahen sich immer wieder gehetzt und versichernd um. Manchmal beeilten sie sich, einem Menschen in schwarzer Kutte und Kapuze Platz zu machen, schlugen dann einen großen Bogen um den Ort, an dem dieser wandelte. Angst und Grauen stand in den Gesichtern geschrieben. Den Grund dafür erlebte Harry nur eine halbe Stunde später, als sie gerade aus dem Supermarkt kamen, in dem sie einkaufen waren. Es gab Geschrei, erschrockene Rufe und eine empörte Stimme wurde laut, dann schoss ein gleißendes Licht auf einen Muggel zu. Im nächsten Augenblick krümmte sich der Mann unter Höllenqualen auf dem Boden und Gelächter hallte durch die Straße. Um sie herum war erschrockenes Gemurmel zu hören, aber keiner half. Die Menschen sahen beiseite und hasteten an der schrecklichen Szene vorbei. Nur ein kleines Mädchen kniete zitternd neben dem Mann im Matsch und weinte vor Angst. Ihre Stimme, die leise und verängstigt nach ihrem Vater rief, klang gellend in Harrys Ohren. Er wollte das nicht. Er konnte… Er wollte das nicht erleben! Er konnte nicht verstehen, warum das geschah. Der Muggel konnte sich doch nicht wehren! Was hatte er dem Todesser denn getan? Seine Sicht verdunkelte sich, flackerte wieder auf. Er wollte nicht sehen, wie dieser Mann starb. Er würde es nicht ertragen können. Er könnte damit niemals leben! Wie konnte man nur so grausam sein? „So ist es schon lange.“ Remus’ leise Stimme drang durch das verzweifelte Weinen. Seine kräftige Hand landete auf Harrys schmaler Schulter und drückte sie beruhigend. „Sie üben Selbstjustiz, aber meistens ist es nur Spaß.“ Harry erzitterte bei diesen Worten. Die Erinnerung an die Lust, die er in seinen Tagträumen immer wieder gespürt hatte, kehrte wieder, ließ sein Innerstes sich zusammenziehen. Grüne Blitze, Chaos, Tod… „Du solltest besser nicht mehr hinsehen.“, murmelte Tonks unwohl, doch das brachte kein Einsehen. Nicht Hinsehen bedeutete Wegsehen, bedeutete Ignoranz. Er konnte nicht einfach wegsehen! Der Mann litt Höllenqualen! Das Mädchen fürchtete sich zu Tode! „Wenn wir uns einmischen, sind beide tot. Darauf wartet er nur. Dass einer kommt, um ihnen beizustehen.“, ließ sich Remus wieder vernehmen. „Und selbst wenn… Sobald wir angreifen, kommen mehr von ihnen. Wir hätten keine Chance.“ „Damit haben wir schon genügend Erfahrung gemacht. Wir können ihnen nicht helfen. Wir können nur hoffen, dass sie Glück haben und es überleben.“ Doch Harry hörte gar nicht richtig zu. Seine Fingerkuppen schmerzten inzwischen, wo sie auf das feste Leder drückten, das Knirschen seiner Zähne würde man hören, wäre da nicht der Straßenlärm. Er kämpfte mit seinem Augenlicht, wollte den Blick nicht abwenden, nicht zulassen, dass er sich diesem Bild verschloss. Er musste helfen! Er musste doch wenigstens versuchen, diesem Mann zu helfen! Er konnte das doch nicht einfach zulassen! Er fühlte sich so hilflos, spürte Magie fließen, fühlte, wie sie um sich griff und wirkte, aber die Schmerzensschreie verebbten nicht. Es war noch immer zu hören, das Flehen nach dem Tod. Er wurde weiter geschoben, die Szene geriet aus seinem Blickfeld. Es hatte wieder begonnen zu schneien. Dicht fielen die Flocken, deckten alles zu mit einer dicken Schicht aus unbeflecktem Schnee. Die Kälte nahm noch zu und die fallenden Flocken wurden immer mehr, bis man kaum noch etwas sah oder hörte. „Harry. Hör auf!“ Sirius’ klang rau und beherrscht. „Das bringt doch nichts!“ „Es funktioniert nicht mehr.“ Harry weinte. Man konnte es hören. „Ich kann die Magie nicht mehr abschalten. Ich kann die Zauber nicht mehr blockieren…“ Sirius blieb stehen. Seine Tüten fielen zu Boden und er zog den Jungen in die Arme, drückte ihn an sich. Er wusste nichts darauf zu sagen. Es gab keine Worte, die Trost oder Zuversicht spenden konnten. Es gab nichts, was Harrys Tränen trockenen konnte oder auch nur einen kleinen Teil der unsäglichen Hilflosigkeit aus seiner Brust zu löschen vermochte. „Es ist okay. Ich verstehe dich.“, murmelte er nur. „Ich kann es so gut verstehen…“ Er ließ Harry weinen. Remus und Tonks verschwanden in der weißen Wand des Schneesturms, so dass nur noch sie auf der Straße waren, allein in ihrer kleinen Welt. Es war egal. Selbst als der Wind stärker wurde, war es egal. Er zerrte an ihren Kleinern und Haaren und Sirius versuchte, Harry vor dem Schlimmsten zu schützen. Kälte, Schnee und Wind… Das alles wurde zu einem schrecklichen Strudel aus Angst, Gewalt und bodenloser Hilflosigkeit. Selbst in seinem Herzen wurde es kalt. „Harry, es ist besser, wenn wir reingehen.“ Sirius klopfte seinem Schützling sachte auf den Rücken, als dieser wieder zu husten begann. „Du musst ins Warme.“ „Niemand ist in Sicherheit. Niemand.“ „Was nicht bedeutet, dass du es nicht sein darfst. Harry, du änderst nichts, wenn du hier draußen an einer Lungenentzündung stirbst.“ Zaghaftes Nicken war die einzige Antwort, die er bekam. Harry rührte sich nicht, stand einfach unbeweglich gegen ihn gelehnt da, bis Sirius ihn von sich schob. „Stell den Schnee ab. Du erfrierst.“ „Es ist leise…“ „Zweifelsohne. Der Schnee erstickt alle Geräusche. Aber was bringt dir das? Es ist genauso sinnlos wie deine Erblindung. Sie sterben trotzdem. Das wird sich nicht ändern, nur weil du es nicht hörst.“ „Ich weiß.“ Und trotzdem hatte er offenbar das Bedürfnis danach, zu glauben, es wäre doch so. Sirius drückte Harry erneut fest an sich. Diese komplette Niedergeschlagenheit tat ihm in der Seele weh. Und das Schlimmste war, dass er nichts dagegen tun konnte. Letztendlich schob er den Jungen vor sich her durch den immer lichter werdenden Schneefall nach Hause, wo Remus ihn erstmal in die Badewanne schickte, nachdem Sirius Harry den Trank gegeben hatte, den Poppy ihm für Magie-Overruns dagelassen hatte. Als Harry endlich schlief, war Sirius mit den Nerven fertig. „Wir hätten ihn nie rauslassen dürfen.“, murmelte er, als er den von Remus angebotenen Feuerwhiskey runterstürzte. „Er verzweifelt daran, dass er machtlos ist.“ „Er wird es überstehen.“ Remus setzte sich neben ihn und stützte den Kopf in die Hände. Es klang, als wolle er sich selbst Mut machen. „Es zerstört ihn.“ „Ich weiß.“ Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, bis Remus wieder das Wort ergriff. Diesmal wirkte seine ganze Haltung düster. „Wir haben uns in Albus geirrt.“, erklärte er. „Wir dachten, er würde nie zulassen, dass Harry sich diesem Monster stellt, allerdings… Er war es, der mich darum bat, Harry zu zeigen, was in der Welt vor sich geht.“ Seine Hände krallten sich um die Flasche, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. „Er sagte, es würde ihn stärker machen…“ Er brauchte nicht aufsehen, um von Sirius’ fassungslosem Blick zu wissen. Er brannte sich auf seine Haut und fraß sich schnell tiefer. Sein Freund war ehrlich entsetzt über diese Eröffnung. „Alles, was passiert ist, alles war von Anfang an geplant. Er glaubt, dass Harry gehen wird, um all das zu beenden.“ „Er weiß, dass es so ist. Von glauben kann keine Rede sein!“ Sirius klang bitter. Er hatte wirklich geglaubt, Harry wäre bei ihnen, damit er eben nicht die Chance bekam, sich Voldemort zu stellen. Stattdessen schien Dumbledore davon auszugehen, dass sie am besten dafür geeignet wären, ihn für diese Begegnung vorzubereiten. Das war hart. „Harry hat es oft genug bewiesen. Er scheut keine Gefahr…“ „Albus drängt auf den Apparationsunterricht.“, erwiderte Remus leise. „Er will ihm alle Möglichkeiten geben, seinen Weg zu gehen.“ „Und wenn wir es ihm nicht zeigen?“ „Harry wird darauf bestehen…“ Es war eine Tatsache, die sie beide wussten. Harry hatte oft genug nachgefragt. Sirius biss die Zähne zusammen. „Ich lasse ihn nicht alleine. Niemals! Ich könnte es nicht ertragen, wenn er…“ „Das ist mir klar. Das werde ich auch nicht tun. Wir werden ihn beschützen…“ „Glaubst du… Glaubst du denn auch, dass er der einzige ist, der den Unnennbaren besiegen kann?“ Remus sah ernst aus, als er ihn endlich ansah, dann nickte er. „Keiner sonst. Sonst hätte Albus längst gehandelt.“ Sirius nickte nur und starrte auf sein Glas. Drei Minuten später schob er es Remus auffordernd zu, damit dieser es nachfüllen konnte. Harry war wirklich um nichts zu beneiden. Als Harry am nächsten Tag in die Küche kam, waren sie alle schon wach. Tonks blickte abwartend zu ihm, versuchte seine Augen einzufangen, doch was sie hoffte, blieb aus: Der Junge konnte nichts sehen. Er verließ sich wieder auf seine Fee. Ein wenig unsicher richtete er sich auf Remus aus, der genau wie sie nichts gesagt hatte. Nur Sirius hatte seinen Patensohn begrüßt und umarmte ihn jetzt, als er ihm seine üblichen Cornflakes hinstellte. Und Harrys dankendes Lächeln überraschte sie wirklich. „Hast du gut geschlafen?“ Die Frage war impertinent, denn keiner von ihnen erwartete, dass Harry nach diesem Grauen wirklich geschlafen hatte. Noch unerwarteter jedoch kam Harrys Antwort: „Nicht viel, aber traumlos.“ „Harry?“ Der Junge lächelte Remus an, dessen Stimme in seinen Ohren reichlich verwirrt klang. „Ich wusste es schon vorher. Ich konnte es sehen. Lange… Den Tag, bevor ihr mich holen kamt… Ich träume davon. Oft. Gestern…“ Das Lächeln wurde dunkler, verschwand schließlich ganz, als er tief Luft holte. „Es hat mich daran erinnert, dass die Zeit davonläuft. Ich habe mich auf Unwesentliches konzentriert. Das wird mir nicht noch einmal passieren. Von jetzt an werde ich mich mehr anstrengen und das eigentliche Ziel nicht mehr aus den Augen verlieren.“ „Harry, das ist nicht…“ „Doch es ist notwendig. Ich habe es satt. Sie spielen sich auf wie die Herrscher dieser Welt. Sie verbreiten Terror, weil es ihnen Spaß macht, und tausende leiden darunter. So viele Menschen sterben und ich vernachlässige meine Aufgabe.“ „Harry, es ist nicht deine Aufgabe, den Unnennbaren zu besiegen. Deine Aufgabe ist es, zu überleben.“ Harrys mitleidvolles Gesicht, sein Lächeln und das Flackern in den grünen Augen ließen Sirius verstummen. Er wollte es nicht, aber es ging nicht anders. Harrys Haltung verschlug ihm die Sprache. „Du hast keine Ahnung.“ Der Schwarzhaarige tauchte den Löffel in die Cornflakes. „Dieser Kampf ist längst Geschichte. Es ist, als hätte das Schicksal beschlossen, mich und Voldemort so lange aufeinandertreffen zu lassen, bis es einen von uns endgültig erwischt. Es mag vielleicht nicht meine Aufgabe sein, aber wenn es nicht ich bin, der sich ihm entgegenstellt, wer dann? Wenn nicht einmal Dumbledore es schafft, ihn in Schach zu halten, dann gibt es einfach keinen anderen Weg.“ Als er aufsah, leuchteten seine Augen voller Entschlossenheit. „Remus, du hast gesagt, wenn ich sehen kann, dann darf ich das Apparieren lernen. Wie du sehen kannst, habe ich es geschafft, bringst du es mir also bei?“ Der Werwolf starrte den Jungen vollkommen perplex an. Was war das? Warum reagierte Harry genauso wie Albus es vorausgesagt hatte? Warum war er so entschlossen? Wieso wollt er nach dem gestrigen Tag noch kämpfen? Nachdem er so hilflos gewesen war, warum war er jetzt so stark? Wieso hatte Albus Recht behalten? Kannte er Harry wirklich um soviel besser als Sirius und er? „Ich…“ „Wirst du es mir beibringen?“ „Ja.“ Remus nickte entschlossen. Wenn es so war, dass Harry kämpfen wollte, dann würde er es unterstützen. Wenn Harry seine Verzweiflung damit überwand zu lernen, dann sollte er lernen, wie er die Ursache dieser Verzweiflung überwand. Außerdem… Wenn Albus in dieser Sache Recht behalten hatte, vielleicht war auch seine Einschätzung richtig, dass nur Harry es schaffen konnte, und wenn das so war, dann brauchte Harry jeden Strohhalm, den er kriegen konnte. ---------------______------------------- Was meint ihr? Schaffe ich es langsam? Ich bemühe mich wirklich, das alles endlich zu dem eigentlichen Sinn zu bringen. Harry wird stärker, die beiden Marauders haben es nicht leicht, weil sie zwischen Hoffnung und Beschützerinstinkt gefangen sind und Dumbi… ich weiß nicht. Irgendwie kann ich ihn nicht einschätzen. Freut euch auf das nächste Kap. Zwar kommt Draco noch immer nicht vor, aber es kommt etwas, was mir eine diebische Freude bereitet hat, es zu schreiben! ^^ Chu Shi Rettungsaktion -------------- Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe auf viele Kommentare! Sie helfen mir, meine Fehler und Macken auszubügeln! Und sie machen mich glücklich. ^^ Kapitel 45: Rettungsaktion „Du weißt, dass es seine Art ist, oder?“ Sirius stellte sich neben Remus ans Geländer der Balustrade, betrachtete den Jungen unten in der großen Halle, mit dem Tonks beschäftigt war. „Er kämpft für andere – damit sie glücklich werden können. Damit ihnen erspart bleibt, was er erleben musste.“ Schwerfällig und nachdenklich blickte Remus seinen Freund an, nickte letztendlich jedoch. Sirius’ Auffassung war in jeder Hinsicht richtig. Harry war so. Ganz genau so. „Er zieht seine Kraft daraus, anderen zu helfen und sie zu beschützen. Der Gedanke gibt ihm Kraft.“ „Der Gedanke, etwas ändern zu können, ja.“ Remus legte das Kinn auf seine auf dem Treppengeländer verschränkten Arme. „Ich hatte früher schon den Eindruck, dass er stärker wird, wenn er anderen hilft. Ron oder Hermione... dir... Er tut das alles nur für andere. Nicht einmal seine Augen heilt er für sich.“ „Du meinst…“ „Er tut es für Draco Malfoy.“ Sirius runzelte die Stirn. „Du hast es also auch gemerkt?“ Seufzend nickte der Werwolf, schloss für Sekunden die Augen. „Er trägt den Ring ständig und in jeder freien Sekunde sieht er ihn an, spielt damit... Und dann wird sein Lächeln traurig und irgendwie verloren…“ „Die Art Trauer, bei der man vom Hinsehen Herzschmerz bekommt. Ich weiß.“ Man konnte hören, dass es Sirius weh tat, dass es ihm genau so ging, wie er es beschrieb. Remus konnte es nachvollziehen. Ihm ging es nicht anders. „Er vermisst ihn.“, stellte er die Tatsache in den Raum. „Er hat es nie wieder gesagt. Nur dieses eine Mal.“ Es klang nicht wie eine Bestätigung, aber sie wussten beide, dass es trotzdem eine war. Wieder seufzte Remus. „Du meinst, er hält seine Gefühle wegen uns zurück, nicht wahr?“ Sirius nickte und drehte sich um. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt lehnte er sich gegen das Geländer. „Er stellt sich selbst zurück. Und jetzt erst recht. Er weiß genau, was passiert, sollten die Todesser Hogwarts erreichen.“ „Das lass ich niemals zu!“, rief Remus entrüstet, richtete sich ruckartig ein wenig auf. Er war empört. Beschwichtigend schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. „Er auch nicht. So wie Albus und die anderen. Wie ich. Aber trotzdem… Das gestern, das hat ihm die Augen geöffnet. Er hat gesehen, wie akut die Bedrohung wirklich geworden ist. Er sieht die Gefahr, sieht den Schmerz und das Leid und er weiß, dass all das dem Unnennbaren niemals genug ist. Er weiß es am allerbesten…“ „Weil er Träume hat. Ich weiß.“ Remus legte das Kinn zurück auf seine Arme, blickte wieder zu Tonks und Harry hinunter, die ganz still waren. Nur Tonks sagte ab und zu ein paar Worte, die kaum zu ihnen drangen. Langsam legte Sirius den Kopf in den Nacken und entließ die Luft aus seiner Kehle. „Weil er ihm persönlich begegnet ist.“ „Das auch.“ „Es tut weh.“ „Hm?“ „Er entfernt sich von mir…“ Remus richtete sich wieder auf, um seinen Freund endlich wieder ansehen zu können. Sirius hatte den Kopf gesenkt und die Arme halb vor der Brust verschränkt. Er sah tatsächlich traurig aus. Erneut seufzend lehnte er sich gegen ihn. „Ich verstehe dich. Im Vergleich zum letzten Jahr ist es schon schrecklich, wie schnell er wächst, aber seit er hier ist… Er wird zu schnell erwachsen. Dabei will er das gar nicht. Er ist noch längst nicht so weit, dass er es von sich aus tun würde.“ „Er hat keine Wahl. Er hatte sie nie.“, presste Sirius erstickt hervor. In diesem Fall stimmte Remus seinem Freund zu. Vielleicht war es ja das, was am meisten weh tat: Dass sie ihn vor dieser Entwicklung nicht schützen konnten. „Das ist wahr.“, flüsterte er rau. Für einen Moment kam keine Antwort, doch dann ließ sich Sirius gegen ihn fallen, versteckte das Gesicht an seiner Schulter. Er war ruhig, vollkommen, sein Körper zitterte nicht einmal, doch Remus wusste auch so, dass sein Freund weinte. Nicht offensichtlich, aber innerlich, da schrie seine Seele. Wenn er ganz leise war, dann konnte er sie hören, als Widerhall in seinem Inneren. Ganz sachte erwiderte er die Geste, lehnte sich gegen ihn und legte den Kopf auf die schwarze, lockige Mähne. „Wir werden dafür sorgen, dass er wenigstens ein bisschen ein Kind bleibt, okay?“ „Ja.“ Sirius’ Stimme war trocken und hohl, aber das Lächeln auf den Lippen war dennoch nicht zu überhören. Es sprach wenigstens ein bisschen Mut aus ihm. „Hey, was ist mit euch? Fangen wir an?“ Die helle, fröhliche Stimme zerbrach das schwere Band aus Melancholie, das sie beide umgab. Tonks winkte wild zu ihnen herauf. Heute war sie fast noch aufgedrehter also sonst. Ihre Haare wechselten immerzu die Farbe, was Kikuileh in helle Freude versetzte. „Er hat die halbe Stunde geschafft!“ Es war Remus’ Bedingung gewesen: Um apparieren zu dürfen, musste Harry eine halbe Stunde die Augen sehend bewahren. Lächelnd lösten die beiden Männer die vertraute Geste und kamen zu ihnen hinunter. „Na, dann wollen wir mal. Harry, weißt du, wie das geht?“ „Woher denn?“, kam die leicht vorwurfsvolle Antwort mit einem Blick, der aussah, als zweifle er an seiner Intelligenz, und Sirius lachte. „Weil du und deine Freunde alles tun, wozu ihr Lust habt, würde es mich zumindest nicht wundern, wenn du es von Hermione gelernt hättest.“ „Unmöglich.“ Harry zog eine Grimasse. „In Hogwarts kann man nicht apparieren und außerhalb war das Zaubern verboten. Außerdem würde ich sonst nicht fragen, ob ihr es mir beibringen könnt.“ Grinsend zwinkerte sein Pate Harry zu. „Stimmt schon. Aber du bist in den Fuchsbau appariert, nicht wahr?“ Harry schoss die Röte ins Gesicht. „Äh… ja, irgendwie…“ „Lass mich raten. Du erinnerst dich nicht?“ Remus legte Sirius die Hand auf die Schulter und grinste fast noch breiter als er. „Nicht im Geringsten.“ Es war ihm sichtlich peinlich. „Hey, das macht doch nichts. Fangen wir halt von vorne an. Sirius, darf ich bitten?“ „Klar.“ „Und während er den Kreis malt, erkläre ich die Regeln. Also aufgepasst.“ Harry nickte entschlossen und Remus fuhr fort. „Du musst dir mit jeder Faser deines Körpers vorstellen, dass du an dem Ort bist, an dem du sein willst. Das wäre heute dieser Kreis da.“ Er deutete auf die weiße Linie, die Sirius gerade vollendete. „Du musst es wollen. Dir ganz fest vorstellen. Und wenn du glaubst, dass es klappen könnte, drehst du dich ganz schnell um die eigene Achse und stellst dir vor, dass du zu diesem Ort kommst. Einfach so.“ „Und das funktioniert? Drehen?“ „Später ist das Drehen kaum noch nötig. Man braucht bloß den Ansatz, sozusagen den Schwung zum Sprung.“ „Ich springe?“ „Nein, nein.“ Sirius lachte. Remus ist der einzige, der es als Sprung bezeichnet, aber er hat nicht ganz Unrecht. Im Grunde springst du wirklich, nur dass du die Flugphase auslässt.“ Jetzt schien die Verwirrung komplett und zeichnete sich herrlich in dem schmalen Gesicht ab, was beide erneut zum Lachen brachte. „Mach dir keine Gedanken. Versuch es einfach, okay?“ „Daran denken, wo du bist und wo du lieber sein würdest, drehen und schon geht es ganz von allein.“ „Aber pass auf, dass du dich nicht zersplinterst.“, rief Tonks freudig dazwischen und drückte ihn hibbelig an sich. „Das ist schmerzhaft.“ Harry drehte den Kopf zu ihr. „Zersplintern?“, kam die verständnislose Frage. „Wenn du ein Körperteil vergisst. Aber macht dir keine Sorgen. Das passiert nur bei Menschen, die sich nicht richtig konzentrieren. Außerdem können wir das rückgängig machen.“ „Na dann…“, erklang die reichlich skeptische Antwort. „Hauptsache, ihr biegt das wieder hin.“ „Klar. Na los, fang an!“ „In den Kreis, Harry. Stell dir vor, du wärst dort.“ „Dann drehen und…“ Harry tat, was sie verlangten. Vorstellen, er wäre in dem Kreis, sich denken, man wäre dort. Es war gar nicht so einfach. Wie sollte man sich vorstellen, dass man an einem Ort war, obwohl man ganz eindeutig an einem anderen stand? Aber dieses Problem würde er in den Griff bekommen. Das wäre doch gelacht, wenn nicht. Sich zu seiner vollen Größe aufrichtend und tief einatmend entspannte er sich Seine Augen schlossen sich und es sah aus, als würde er schlafen, so friedlich und ruhig war sein Gesicht. Vor seinem geistigen Auge erschien der Ort, an den er gehen sollte. Die Halle um ihn herum, das Muster auf dem Boden, der Kreis aus Kreidestaub um ihn herum. Sirius, der näher an ihm stehen würde, Remus dann an der anderen Seite, Tonks weiter weg, der Kronleuchter über ihm an der Decke ein Stück weiter rechts. Es war ein eigenartiges Gefühl. Er glaubte den Ort schon fast selbst. Es war, als wäre er schon dort! Schnell öffnete er die Augen und stellte mit einem Anflug von Enttäuschung fest, dass er noch immer an der gleichen Stelle stand wie zuvor. „Du musst dich drehen.“, wies ihn Remus freundlich auf das hin, was er vergessen hatte. „Ganz ohne geht es dann doch nicht.“ Es ging mit Sicherheit. Harry war im Knien zum Fuchsbau appariert, da drehte es sich wahrlich nur schwer, aber wenn es mit Drehung leichter ging, dann sollte es ihm recht sein. Erneut richtete er seine Konzentration nach innen und auf den Ort, zu dem er wollte, blendete den alten Standpunkt aus, diesmal brauchte er nicht ganz so lange dafür. Dann holte er Schwung und drehte sich im Kreis, so schnell er konnte. Schmerz durchzuckte ihn, als er zu Boden ging. Aus dem Gleichgewicht, aber noch immer am gleichen Fleck. Das war doch… „Verflucht!“, murrte er. „Aller Anfang ist schwer. Versuch es noch einmal!“, rief ihm Sirius zu und Harry stand wortlos auf. Übersah er etwas? Es konnte doch nicht so schwer sein, zu diesem Kreis zu gelangen, ohne zu laufen! Ein drittes Mal konzentrierte er sich, schloss die Augen, stellte sich vor an jenem Ort zu stehen, als ihm etwas kam. Dumbledore hatte es einmal gesagt: Man durfte eine Sache nicht als selbstverständlich hinnehmen. Der Wunsch musste rein sein. Rein von der Gewissheit, was kam. Als er diesmal seinen Geist auf den Kreis fixierte, suchte er in sich den Wunsch, der ihm die Apparation ermöglichen konnte. Ein Wunsch, der tief in ihm wohnte. Ein Wunsch, der plötzlich in seinem Innern aufleuchtete, als wäre es der Stern von Bethlehem. Er spürte einen Druck, bekannt und dennoch auf seine Art neu, dann verlor er den Boden unter den Füßen und bekam ihn im nächsten Moment zurück. Jubelschreie und Glückwunschbekundungen waren das erste, das ihm sagte, dass er es geschafft hatte, das zweite war der Anblick, den er vor sich hatte, der dem aus seinem Kopf so unglaublich ähnlich sah. Dann fiel ihm Tonks stürmisch um den Hals und knuddelte ihn durch, Sirius beglückwünschte ihn mit einem breiten Lächeln erneut und Remus sah zufrieden aus. Harry lächelte ebenfalls. Es war ein berauschendes Gefühl zu wissen, dass er jetzt an jeden beliebigen Ort kommen konnte, wenn er es nur wollte. In seinen Adern kribbelte es. „Versuch es gleich noch einmal!“, drängte Sirius aufgeregt und pfiff im nächsten Moment durch die Zähne, als Harry mitsamt Tonks im Anhang zur Treppe apparierte und zurück. „Du bist ein Naturtalent, oder?“ „Es ist lustig.“ „Ja, das sagten Fred und George auch, als ich sie getroffen habe. Sie treiben Molly damit in den Wahnsinn.“ Sirius seufzte leise. „Mann, ich wäre auch gern ein Magus. Dir fällt das alles so leicht.“ „Du willst meine Magie?“ Harry klang skeptisch. „Kannst du gerne haben. Mich nervt sie nur.“ „Hey, so war das nicht gemeint.“ Das schlechte Gewissen sprach aus seiner Stimme. „Es ist nur…“ „Ich weiß, was du meinst.“ Der Körper des schwarzhaarigen Jungen entspannte sich wieder, als er auf ihn zutrat und ihn spontan umarmte. „Die positiven Seiten sind angenehm. Schneller lernen und so.“ Sirius nickte halbwegs erleichtert, und erwiderte die Umarmung fest. Jetzt hatte er für einen Moment das dumme Gefühl gehabt, etwas Falsches gesagt zu haben. Es war stockdunkel, als Sirius die Augen öffnete. Selbst Mond und Sterne waren durch Wolken daran gehindert durch sein Fenster zu scheinen. Es war alles ruhig. Aber was hatte ihn dann geweckt? Er war doch sonst nicht von einer Sekunde zur anderen hellwach. War vielleicht jemand ins Haus gekommen? Hatten sie sie etwa gefunden? Waren sie gekommen, ihn zu holen? Sein Herz klopfte wie verrückt gegen seine Brust und seine Nackenhaare stellten sich auf. Verdammt, was war hier los? Er brauchte noch fast drei Minuten, bis er es schaffte, die Lähmung abzuschütteln, die ihn erfasst hatte, aber dann sprang er förmlich aus dem Bett. Seinen Zauberstab greifend schlich er zur Tür. Wenn da jemand gekommen war, dann würde dieser Jemand sein blaues Wunder erleben! Und dann war plötzlich klar, was ihn geweckt hatte, als ein gellender Schrei durch das ansonsten vollkommen stille Haus jagte. Kurz, markant und sofort verhallt elektrisierte er die Luft. Harry? Diesmal reagierte er sofort. Mit Schwung riss er die Tür auf und hastete zu dem Zimmer seines Patensohnes. Die Türe war angelehnt, alles war still. Doch ein Einbrecher? Nein. Nein, niemals könnte jemand Harry überraschen, solange die Fee bei ihm war. Er schob die Tür weiter auf. Hier drin war es fast noch dunkler als auf dem Flur. Er brauchte Licht! Sekunden später loderte das Feuer im Kamin hoch und beleuchtete ein in Horror verzerrtes Gesicht und bleiche, in das Laken verkrampfte Hände. Harry hatte einen Alptraum, schlimmer als sonst. Sirius eilte zu ihm, ließ sich neben ihm auf der Bettkante nieder und zog den Jungen in seine Arme, drückte ihn beruhigend an sich. „Ist gut, Harry, aufwachen. Wach auf! Es ist nur ein Traum! Es ist doch alles gut.“ Aber seine Worte wirkten nicht. Ein Ächzen drang durch den Stoff, der vor Harrys Mund war und er wimmerte. Sirius schüttelte ihn sanft. „Bitte wach auf, Harry!“ „Was ist denn hier los?“ Hilflos blickte Sirius zu seinem Freund hinüber. Hatte Remus die veränderte Stimmung im Haus etwa auch bemerkt? „Er träumt und…“ In dem Moment riss Harry die Augen auf, keuchte erschrocken und blickte wild um sich, obwohl er mit Sicherheit nichts sah. Sachte landete Kikuileh auf seiner Schulter und streichelte mitleidig sein Ohr. Ihr leises Singen machte die angespannte Atmosphäre ein wenig freundlicher. „Harry!“ Sirius war vollkommen erleichtert, schob ihn noch ein Stückchen von sich, um ihn besser ansehen zu können. „Harry, endlich bist du wach. Du bist in Sicherheit, Harry. Der Traum ist vorbei.“ Er lächelte schwach. „Traum?“ Remus kam näher, während sich Harry schutzsuchend an Sirius kuschelte, sein Gesicht im Stoff des alten Schlafanzuges versteckte. „Was hast du geträumt? Etwa von ihm?“ Harry nickte, ohne seine Position aufzugeben. „Er hat Moody.“, wisperte er kläglich. „Und das Auge.“ „Alastor?“ Entsetzt starrte Sirius auf Harrys schwarzen Haarschopf hinab. „Das kann doch nicht wahr sein!“ „Wie hat er das geschafft? Alastor ist der misstrauischste Mensch der Welt. Wie konnte er ihn in die Finger bekommen?“, fragte Remus fassungslos. „Wir müssen…“ „Wir haben keine Chance, Sirius!“, unterbrach der Werwolf erregt die doch zu leicht zu erratenden Worte. „Wir wissen doch nicht mal, wo er zur Zeit ist!“ „Aber…“, begann Sirius verzweifelt, da meldete sich plötzlich Harry zu Wort. „Ich weiß es.“ Seine leise Stimme ließ beide Männer verstummen. Noch immer rührte er sich nicht, kauerte einfach in Sirius’ Armen. „Ich bringe euch zu ihm.“ „Das kommt gar nicht in Frage!“, begehrte Remus auf, hatte er doch Dumbledore und Sirius versprochen, Harry unter gar keinen Umständen in die Nähe einer Gefahr zu bringen, zumal es ihm selbst ganz und gar nicht gefallen wollte, den Sohn seines besten Freundes in den Tod laufen zu lassen. Sirius zog die Augenbrauen zusammen. „Aber wir können Alastor dort nicht lassen!“, fuhr er den Braunhaarigen an. „Wir müssen ihm helfen!“ „Halt mal die Luft an! Wir können doch da niemals rein! Glaubst du im Ernst, der Unnennbare hat keine Wachen oder Banne?“ „Doch, aber das ist doch kein…“ „Harry!“ Entsetzt beobachtete der Werwolf, wie Harrys ganze Gestalt flackerte. Es sah aus, als würde er durchsichtig. „Was…?“ „Ich will ihm helfen. Er leidet…“ Flehend blickte der Junge Remus an. Jetzt flackerten auch seine Pupillen. „Das geht nicht, das ist viel zu…“ Harry schlug die Augen nieder, bevor Remus zu Ende gesprochen hatte. Als er wieder aufsah, glommen sie vor Entschlossenheit. Auffordernd streckte er ihm die Hand entgegen. Seine ganze Haltung strotzte vor Selbstbewusstsein, während er sich aufrichtete und nach Sirius’ Hand griff. Erst einmal in seinem ganzen Leben hatte es jemand geschafft, Remus ohne ein einziges Wort zu etwas zu überreden, von dem er ganz und gar überzeugt war, dass es keine gute Idee war. Damals war es James gewesen, der ihm bedingungslose Freundschaft angeboten hatte. Und was bot Harry? Was bot dieser Junge, dass er die Hand ausstreckte und nach seiner griff? Sicherheit? Entschlossenheit? Anleitung? Ein weiches, dankbares Lächeln breitete sich auf Harrys Lippen aus, als er seinerseits den Griff verstärkte, dann wurde er todernst. Seine Augen schlossen sich. Remus spürte den Boden unter seinen Füßen verloren gehen, fühlte sich zusammengedrückt und ein Gefühl auf seiner Haut, als würde er durch Götterspeise gezogen, dann landete er und es wurde wieder hell um ihn herum. Sie standen in einem langen Gang, grau, schwarz, verrußt und spärlich beleuchtet, Wasser sammelte sich in Lachen auf dem Boden, doch die Decke… Die Decke war unter all dem Schmutz von außerordentlich gestalteter Schönheit. Er kannte diese Ornamente. Er war schon einmal hier gewesen. „Das Ministerium?“ Sirius neben ihm nickte beklommen. Auch er war schon hier gewesen. Vor sehr langer Zeit. „Der Gerichtstrakt.“ „Wir müssen da lang.“ Harry in seinem braungrauen Schlafanzug machte einen Schritt in die Richtung, ungeachtet der Tatsache, dass er in eine der schwarz schimmernden Pfützen trat. Jetzt erkannte Remus auch, dass es nicht nur Wasser war. Der rote Schimmer auf Harrys heller Haut zeugte von Blut. „Es ist von hier aus die dritte Tür links.“ Wie im Traum folgte Remus dem Jungen. Irgendwo in seinem Hinterkopf war er froh, dass er seine Hausschuhe angezogen hatte. Es war kalt hier, doch weder Harry noch Sirius, die vor ihm barfuss liefen, schienen das zu bemerken. Von fern hörte er Stimmen, die aufgebracht miteinander diskutierten, er hörte Gelächter und das Tropfen von Wasser auf Stein. Wer war um diese Zeit noch wach? Warum war es hier so nass? Und seit wann hatten diese Zimmer Gittertüren? Er fühlte sich unangenehm an ein Gefängnis erinnert und seine Werwolfsinne sagten ihm, dass Sirius nicht angespannter sein könnte. Ging es ihm genauso? Er sah Menschen in den Zellen. Einzeln, zu mehreren… Keiner bewegte sich oder sah sich nach ihnen um. Hatte Harry den Vergessenszauber aktiviert oder hatten sie aufgegeben, auf Hilfe zu hoffen? Der Weg war zu Ende. Harry war stehen geblieben und hatte sich einer Gittertür zugewandt. Er tat es ihm gleich. Eine dunkle Zelle, der Boden abgesenkt und mit Wasser überflutet. An den Wänden Ketten mit Eisen, Instrumente aus Muggelmuseen, gedacht um Wunden und Schmerzen zuzufügen. Dazwischen ein Häuflein Elend aufrecht an die Wand gekettet. Ein Mann. Kannte er ihn? Zumindest kam er ihm bekannt vor. Wenn er es recht bedachte, dann sah er Alastor Moody ähnlich… Eine Bewegung rechts von ihm ließ ihn den Kopf wenden. Harry zauberte Alohomora, beleuchtete Metall, Wasser, sein Gesicht und den Körper der bläulichen Fee, die in seiner Halskuhle kauerte. Woher hatte er den Stab? Wahrscheinlich mitgenommen… Wann? Sirius öffnete die Tür, es platschte, als er in das Wasser sprang. Es reichte ihm knapp bis zu den Knöcheln. „Los, Remus, hilf mir!“, zischte der Mann und weckte damit seinen Freund aus seiner Trance. Es war als hätte jemand das Licht angeschaltet. Plötzlich wusste Remus in voller Bedeutungsschwere, dass er im Feindeslager war. Er wusste, dass Harry sie ins Ministerium appariert hatte, wusste, dass sie in Gefahr waren, entdeckt zu werden, wusste, dass Moody n dieser Zelle war und Hilfe brauchte, und handelte endlich. Während Sirius die Ketten per Magie öffnete, sorgte er dafür, dass der Auror weich landete, fing den Sturz ab und sorgte für eine einigermaßen bequeme Sitzposition. Ein leises Stöhnen war die einzige Reaktion des Zusammensinkenden. „Meine Güte. Was haben die mit ihm gemacht?“ Sirius ging neben Remus und Moody in die Knie. „Hey, Alastor. Bist du klar?“ Es kam keine befriedigende Antwort. „Nicht so wirklich, wie es scheint. Wir müssen…“ Sirius unterbrach Remus’ Worte, als er einen Analysezauber aussprach. Die Werte waren beängstigend. Beide Männer wurden blass. „Ist es so schlimm?“, fragte Harry, der leicht hilflos daneben stand, weil ihm die Zahlen nichts sagten. „Sehr. Er braucht dringend medizinische Hilfe!“ „Könnt ihr keinen Heilzauber wirken?“ „Das wird nicht reichen! Er muss zu Poppy!“ Remus griff nach Sirius’ Zauberstab und begann Heilzauber zu wirken. „Harry, kannst du uns nach Hogsmeade apparieren?“ „Wohin genau?“ „Zur Heulenden Hütte.“ Ein leichtes Nicken war die Antwort. Harry lächelte, trat dann vor. „Ich schicke euch hin, direkt vor die Klappe.“ „Was? Schicken?“ „Harry, das kannst du nicht…“ Sirius packte Harrys Arm. „Du wirst nicht allein hier bleiben! Allein die Tatsache, dass du hier bist, ist schon unmöglich genug, wo keiner erfahren soll, dass du nicht mehr in Hogwarts bist!“ „Ich muss hier noch etwas erledigen.“ Harrys Lächeln war aufrichtig und ruhig. „Es ist unglaublich wichtig für mich.“ „Aber…“ „Dann bleibe ich bei dir.“, entschied Sirius und stand auf, verursachte ein plätscherndes Geräusch. „Ich lass dich hier nicht allein! Was, wenn dir etwas passiert?“ „Dann bist du auch verloren.“, erwiderte Harry traurig. „Du kannst hier nicht mehr raus.“ „Unterschätz mich mal nicht, Kleiner!“ Sirius verschränkte provozierend die Arme vor der Brust. „Ich bin auch aus Askaban geflohen.“ „Es kommt überhaupt nicht in Fra…“ Remus wurde von einem Stöhnen unterbrochen und sofort war seine ganze Aufmerksamkeit bei dem Patienten. „Es wird schlimmer.“ Kikuileh bestätigte Harry diese Worte. Sie stand auf der Schulter des Verletzten Mannes und zwitscherte ängstlich in den höchsten Tönen. „Dann solltest du dich beeilen.“ Harry hob die Hand und bevor Remus widersprechen konnte, war er auch schon weg, mitsamt Moody und Kikuileh. „Du hast…“ „…ihn apparieren lassen.“ „Und wo kommt er jetzt an?“ „In der Heulenden Hütte. Lass uns gehen.“ Harry wandte sich um und watete durch das Wasser zurück in den Gang. Seine Schlafanzughose klebte an seinen Beinen und er tropfte. Sirius folgte ihm, nickte anerkennend für seine Leistung. Leises Plätschern begleitete sie, doch es störte Harry offenbar nicht. Der Junge blickte nicht nach rechts oder links, wanderte einfach den Gang entlang und schwieg die ganze Zeit. Zeitweise hatte der schwarzhaarige Mann das Gefühl, dass sein Patensohn schwankte, aber als er einmal nachfragte, schüttelte Harry nur den Kopf. Eine Viertelstunde später hatte Sirius die Orientierung verloren. Harry schien den Weg zu kennen und bog ohne zu zögern in Seitengänge ein, die er nicht einmal bemerkt hatte. Es war ein eigenartiges Gefühl mit Harry unterwegs zu sein. Sie begegneten Menschen, die sie nicht wahrnahmen, die ohne einen Kommentar an ihnen vorbeigingen, sogar auswichen, wenn Harry einen Zusammenstoß provozierte. Keiner schenkte ihnen auch nur einen Blick. Der Vergessenszauber wirkte sogar gegen die Schlafanzüge und die nackten Füße, die in ihrer Absonderlichkeit selbst in einer Muggelstadt aufgefallen wären. Irgendwann war ihm aufgefallen, dass Remus noch immer seinen Zauberstab hatte und er damit unbewaffnet war. Harrys Antwort auf diesen Hinweis war, dass sie eh nicht zum Kämpfen gekommen waren. Er griff lediglich nach Sirius’ Hand und wanderte weiter, während dieser sich fragte, ob er das tat, weil er das Gefühl hatte, ihn beruhigen zu müssen. Sie passierten Türen und Todesser und ganz plötzlich war die Atmosphäre anders. Harrys Fingernägel bohrten sich in seine Hand, als er sich immer weiter verkrampfte. Sie hatten einen sehr breiten Gang erreicht. Unruhe machte sich in ihm breit, genährt von der Besorgnis der Unwissenheit. „Harry?“ „Hm?“ „Wo sind wir hier?“ „Er nennt es Akademie.“ „Aka…“ Harry antwortete nicht mehr, aber Sirius begriff, als sie um eine Biegung des Ganges traten. Selbst um diese Uhrzeit waren noch Menschen da. Junge Menschen. Sie lachten miteinander, redeten ausgelassen, scherzten. Es sah aus wie in einer Schule während der Pause. Dennoch, etwas war anders. Die Art, wie diese Menschen ihre ‚Pause’ verbrachten. Sirius stockte der Atem, als sie an einer kleinen, lustig anmutenden Gruppe vorbeigingen. Was zuvor nicht aufgefallen war, war der Mann, der in einer halbrunden Nische den Mittelpunkt bildete. Ein Mann, der blutete. Und sich nicht rührte. Und an Ketten gebunden an der Wand hing. Gerade wollte Sirius über die Schulter blickend fragen, was sie um Merlins Willen da taten, da traf den Mann ein weiterer Fluch, der ihm einen Schrei tiefster Pein und Qual entlockte. Cruciatus. „Himmel hilf!“, wisperte Sirius bis in die Grundfesten entsetzt und erschüttert. Übten diese Zauberer wirklich an lebenden Unschuldigen solche Zauber? „Muggel.“, kam es von Harry und Sirius konnte hören, dass er sich sehr zusammenriss, die Worte im Grunde nur herauspresste. „Die anderen sind Anwärter. Es gibt Auflagen. Nur Klassenbeste dürfen hinaus.“ Er musste nicht sagen, wonach sich die Noten entschieden oder wohin sie mit den Noten durften, Sirius wusste es auch so. Und er wusste auch, dass dadurch ein Wettstreit unter den Anwärtern bestand, der in seiner Grausamkeit kaum noch zu überbieten war. Es war das pure Grauen. Ein leises Weinen erklang und daraufhin schallendes Gelächter. Es war das erste Mal seit geraumer Zeit, dass Harry sein Tempo drosselte. Erstaunt blieb auch Sirius stehen. Harrys Augen waren auf eine der halbrunden Nischen gerichtet, sein Gesicht erstarrt und leichenblass. In der Nische war das Mädchen vom Vortag. Ihr Vater war neben ihr angekettet und definitiv tot. Sein Herz fehlte, in seiner Brust ein klaffendes Loch. Und vor ihr, die im Grunde nichts tun wollte, als zu ihrem Vater zu gelangen, standen zwei Anwärter und lachten sie aus, beschimpften und demütigten sie. In Sirius erwachte eine blendend kalte Wut. Soviel Unmenschlichkeit gab es nicht einmal in Askaban! Soviel Niedertracht und Grausamkeit… Hätte er jetzt seinen Zauberstab, er würde… Er zuckte förmlich zusammen, als Harry sich plötzlich wieder bewegte. Nur einen kurzen Blick erhaschte er auf das feine Gesicht, aber entgegen aller Erwartungen war es ausdruckslos, weiß wie die buchstäbliche Wand, aber vollkommen ohne Emotionen. Nur noch zwei Schritte trennten den Jungen von den Folterknechten, da drehten sie sich um, noch immer lachend und ihre Arbeit stolz präsentieren wollend, doch mitten im Ansatz blieb ihnen das Wort im Halse stecken, als sie bemerkten, dass der Besuch nicht schwarz trug und noch nicht einmal Schuhe anhatte. Sirius fragte sich, warum sie Harry überhaupt sehen konnten, aber der Gedanke verging genauso schnell, wie er gekommen war, als Harry die Hand hob und die beiden in Angriffshaltung gingen. Er wünschte sich seinen Zauberstab herbei, Furcht kroch in seine Eingeweide, wuchs zu massiver Angst heran, dann spürte er die Spannung. Rufe der Verwunderung hallten den Gang herauf, lauter ausgesprochene Zaubersprüche, doch anscheinend hatte Harry das getan, was er auch bei ihm in der Heulenden Hütte bewirkt hatte, um Draco zu schützen. Offenbar hatte er den Magiefluss im Raum gestoppt. Wieder machte der Schwarzhaarige einen Schritt auf die Männer zu, die jetzt leicht verunsichert zurückwichen. Weiter unten im Gang waren erste Anzeichen von Panik wahrzunehmen. Harrys Hand streckte sich, seine Fingerspitzen strichen hauchfein über das Gesicht des einen, vor Angst an die Wand neben ihren Opfern gepressten Männern, dann legte er ihm die Hand auf die Brust. Sekunden verweilte er dort, dann ging er zu dem anderen, wiederholte dort den Prozess, ließ den ersten mit kaltem Schrecken und roher Verwunderung zurück. Dem zweiten jagte die Geste soviel Grauen ein, dass er sich entleerte, so dass Sirius selbst in seiner menschlichen Form den beißenden Ammoniak noch riechen konnte. Harry blieb davon völlig unbeeindruckt. Er wandte sich an das Mädchen an der Wand. „Es ist schrecklich, was du gesehen hast.“, sagte er sanft, regelrecht freundlich. Sirius hätte nie erwartet, dass Harry so sprechen könnte, nachdem er kurz zuvor noch jedwede Emotion unterdrückt hatte. „Ich verlange nicht von dir, dass du es vergisst oder dass du aufhörst zu weinen. Es ist gut, wenn du weinst, das hilft dir auch. Aber sag mir bitte, wo du zu Hause bist.“ Wasserblaue, Tränen überschwemmte Augen trafen auf grüne. Das Mädchen schluchzte noch einmal und schluckte dann. „Bei Mama.“, wimmerte sie. „Bei Mama.“ „Und wo wohnt deine Mama?“ „In einem Haus, wo der Bahnhof ist.“ Sirius konnte es kaum glauben, dass diese verheulte Stimme wirklich stärker wurde. Es war kaum wahrnehmbar, aber er bildete es sich ein. „Sie… sie wartet bestimmt und ist…“ „Sie macht sich sicher Sorgen. Du solltest jetzt besser nach Hause gehen.“ Harry strich ihr über die Wange, was sie wieder schlucken ließ. Kurz leuchteten seine Finger bläulich auf und Sirius fragte sich, was er da tat, als sich die Ketten plötzlich lösten. „Findest du den Weg vom Bahnhof aus alleine?“ Sie nickte tapfer, aber dennoch war sie wohl noch nicht bereit. Ein schneller Blick an Harry vorbei, dann brach die für sie wohl essentielle Frage aus ihr heraus „Was ist mit Daddy?“ Es tat dem Jungen weh, Sirius konnte es sehen. „Er kommt nicht wieder. Sei stark und sag deiner Mutter, dass ihr das Land verlassen müsst. Dein Daddy hätte sicher gewollt, dass ihr beide lebt, also musst du dafür alles geben, was du kannst. Versprichst du mir das?“ Lautes Geschrei aus dem Gang ertönte und kam beständig näher, doch Harry rührte sich nicht. Er wartete geduldig auf eine Antwort. Zauberer kamen, riefen etwas von Eindringlingen und es war klar, dass sie entdeckt worden waren. Und noch immer tat Harry nichts. „Harry?“ „Versprichst du mir, dass du deiner Mama erzählst, was ich gesagt habe?“ Die Kleine schniefte und zog die Nase hoch, dann nickte sie. Harrys Lächeln schien erleichtert und glücklich und ein wenig zufrieden. „Komm gut heim. Gib alles. Und viel Glück!“ Und schon war sie fort, wie Remus und Moody zuvor. „Wird auch Zeit, Harry. Sie kommen!“ „Komm weiter.“ Harry griff nach der Hand seines Paten und zog ihn mit sich, genau auf die Männer zu. In seinem Blick war pure Entschlossenheit und Hass, der eine Gänsehaut über Sirius’ Rücken laufen ließ. Niemals hatte er einen solchen Ausdruck auf Harrys Gesicht sehen wollen. Aber noch viel gruseliger war die Tatsache, dass Männer und Frauen einfach an ihnen vorbeiliefen, obwohl sie zweifellos nach ihnen suchten. Hatte Harry den Vergessenszauber erneuert? Sirius blieb keine Zeit zu fragen. Sie waren durch den Pulk durch, der den panischen Anwärtern zu Hilfe kam, und dann standen sie vor einer Tür. „Was…?“ „Voldemort.“, war Harrys Antwort, als er auch schon die Tür aufdrückte. „Das ist sein Raum.“ -------------------- *breitundevilgrinst* Cliff. Bis in zwei Wochen. *wink* Schrecken --------- Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe auf viele Kommentare! Sie helfen mir, meine Fehler und Macken auszubügeln! Und sie machen mich glücklich. ^^ Kapitel 46: Schrecken Sirius war unfähig noch etwas zu sagen, denn die Tür gab den Blick frei auf eine riesige halbdunkle Halle. Ein mächtiger Tisch stand vor der Tür, viele mit edlem Stoff bespannte Polsterstühle waren um die Tafel arrangiert, auf der wider Erwarten kein Porzellan oder Kristall zu finden war, sondern metallene Ketten. Dahinter war ein großer, freier Raum, der in breiten Stufen mündete, die zu einem gigantischen schwarzen Thron führten. Eine silbern blitzende Vorrichtung an der Spitze der Lehne hielt das magische Auge von Moody an Ort und Stelle. Und unter diesem Auge, hoch aufgerichtet und in feinen, schwarzen Stoff gehüllt, saß gebieterisch jener Mann, den alle fürchteten, und schaute mit kalten, roten Augen auf sie herab. Schaudern erfasste Sirius. Die weiße Haut, die Adern darauf, die spinnenartigen Finger, der kahle Schädel und die schmalen Lippen, über denen nur dünne Nasenschlitze lagen, waren schon Grund genug, um jedwede Furcht zu rechtfertigen, aber die Augen überstiegen alles. Blutrot in weißen Schlitzen durchdrangen sie ihn, als würde er alles über ihn wissen, strahlten Überlegenheit und Hohn aus. „Sieh an…“, erklang eine hohe, durchdringende Stimme, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Ich wusste, dass jemand meine Schilde durchbrochen hat, aber dass du das warst, hatte ich nicht erwartet. Wie kommt es, dass der alte Zausel erlaubt hat, dass du das sichere Nest verlässt?“ Eine grüne Schlange wand sich um die schwere, mit Schnitzereien verzierte Lehne des Throns und Voldemort streichelte ihr geistesabwesend den dreieckigen Kopf. Interessiert lehnte er sich vor, machte damit seine Präsenz noch zwingender. „Wie hast du es geschafft, herzukommen? Welchen magischen Trick hast du verwendet? Oder gibt es hier einen Verräter?“ Auch bei dieser zweiten Frage bekam der Anarchist keine Antwort und Sirius riss sich unsicher von diesem grauenhaften Anblick los, um zu Harry zu sehen. Es erschütterte seine Grundfesten. Der schwarzhaarige, zuvor selbstbewusste, zielstrebige Junge, die Hoffnung gegen dieses Monster vor ihnen, zitterte am ganzen Körper, sein Gesicht hatte letztlich auch den Rest seiner Farbe eingebüßt, feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Auch ohne es zu sehen, wusste Sirius, dass Harry blind war. Er hatte panische Angst. „Harry Potter.“ Voldemorts Lippen verzogen sich zu einem bösen Lächeln. „Du hast mir auf meine Frage noch nicht geantwortet. Das ist nicht höflich.“ Sein Blick flatterte zu Sirius. „Hat er dich vielleicht dich hergebracht? Oder war es der andere? Es war ja noch ein anderer da und das Schild wurde dreimal durchbrochen.“ Sirius’ Hand legte sich auf Harrys Schulter, drückte sie fest. Die Aggression in der hohen, bedrohlichen Stimme hatte zugenommen und er würde Harry in jedem Fall beschützen und wenn es sein Leben kosten würde! „Wie habt ihr das gemacht? Ihr wollt es mir doch sicherlich sagen.“ Das süffisante Grinsen nahm noch zu, als er seinen Zeigefinger gegen seinen rechten Unterarm drückte. Das war der Moment, in dem wieder Bewegung in Harry kam. Mit einem ächzenden, rasselnden Geräusch taumelte er einen Schritt zurück, schlug die Hände gegen die Stirn und wimmerte schmerzerfüllt auf. Sirius verlor keine Zeit. Er schlug die Tür vor sich zu, gerade rechtzeitig, um den Fluch abzuwehren, der die Tür schlichtweg sprengte. Ein wütendes Kreischen war zu hören und er konnte durch den schwarzen Qualm sehen, wie der Diktator mit wehendem Umhang auf sie zueilte. Den halb betäubten Harry am Handgelenk packend, drehte er sich um und ergriff die Flucht, als auch schon Schritte vor ihm zu hören waren. Und er hatte keinen Zauberstab! Verdammt! „Harry!“, schrie er, als die Todesser vor ihnen auftauchten, ihre Zauberstäbe zogen und ganz offensichtlich jederzeit zum Angriff bereit waren. Schweiß brach ihm aus. Sie würden da nicht durchkommen! Keine Sekunde später fühlte er sich zusammengedrückt, die Sicht verschwamm, Hitze wallte in ihm auf und verschwand wieder. Sie waren zurück in der Halle im Black-Haus. Harry hatte sie zurückgebracht. Erleichtert aufatmend wandte sich Sirius seinem Patensohn zu, gerade als dieser zu Boden sank. Der Junge presste noch immer die Hände gegen die Stirn und der Körper zitterte sichtbar. Ganz klein kauerte er sich zusammen und dem Animagus wurde das Herz eng. Diese tiefe Furcht war körperlich schon fast schmerzhaft. Schweigend ging er in die Knie und zog ihn in die Arme. Gern hätte er etwas Beruhigendes gesagt, aber sein Gefühl sagte ihm, dass jegliches Wort fehl am Platz gewesen wäre. Das einzige, das er jetzt tun konnte, war bei ihm sein und ihm vermitteln, dass er da war, dass er sich diesen Dämonen nicht allein stellen musste. Leise Schritte erklangen hinter ihm und verstummten wieder. Als er aufsah, stand Tonks dort. Sorge lag in ihrem Gesicht. „Wo seid ihr gewesen?“, fragte sie unsicher. „Kikuileh hat mich geweckt und es war keiner mehr da.“ Das kleine, bläuliche Wesen löste sich erst jetzt von ihrer Schulter, um zu Harry zu fliegen. Irgendwie waren sie beide beklommen, aber das konnte Sirius nachvollziehen. Bei diesem Anblick... „Und ihr seid ganz nass.“, hängte sie lahm an, verkniff es sich, das Blut an ihren Füßen zu erwähnen. „Ihr müsst euch umziehen… baden…“ Sirius lächelte. Er nahm Harry den Zauberstab aus den verkrampften Fingern und hexte sie trocken. Sie hatte ja Recht. Harry hatte gerade erst eine Erkältung hinter sich, da konnte er so etwas gar nicht gebrauchen. Und als würde es etwas bewirken, brach bei Harry die Spannung. Die Hände sanken herab, seine Schultern wurden schlaff und er begann zu weinen. Lautlos rollten die Tränen, fingen sich in dunkelblauem Stoff. Es war gut so, aber es verlangte Sirius jedes Fitzelchen Selbstbeherrschung ab, diesen Krampf nicht mit Hilflosigkeit zu beantworten. „Vielleicht sollten wir in die Küche gehen.“ Tonks’ Stimme wollte aufmuntern, wollte Zuversicht vermitteln, auch wenn es fehlschlug. „Ich mach euch einen heißen Kakao, damit ihr warm werdet.“ Auffordernd nickte sie Sirius zu, bevor sie in die Küche floh. Ihr war eiskalt. Sie hatte Remus nicht bei ihnen gesehen, dabei war auch er fort. War ihm etwa etwas passiert? Weinte Harry deswegen? Hatten sie deshalb nasse Schlafanzüge? Aber wenn es so wäre, dann wäre Sirius doch niemals so ruhig, so besonnen. Er würde toben und heulen… Oder? Sie bemerkte erst, dass die Tasse am Boden zersprungen war, als Blut ihr Bein hinablief. Ohnmächtig zu reagieren starrte sie auf die rote Spur, wie sie sich in ihren Schlafsocken fraß. Was sollte sie tun, wenn Remus nicht wieder kam? Wenn er tot war? „Tonks?“ Sie sah auf und direkt in Sirius’ blasses Gesicht. Er lächelte und strich ihr durch die Haare. Wann war er denn gekommen? „Es ist okay. Ich werde das machen.“ Er senkte die Stimme ein wenig. „Kümmerst du dich ein bisschen um Harry? Ich glaube, er hat einen ernsthaften Schock erlitten. Gib ihm Schokolade.“ Tonks nickte nur und wandte sich wie mechanisch dem Tisch zu, an dem Harry inzwischen saß und noch immer reglos vor sich hinstarrte, während von seinem Kinn Tränen tropften. Um ihn kümmern… „Und Tonks...“ „Hm?“ „Mach dir keine Sorgen. Moony geht es gut. Er ist in Hogwarts.“, lächelte Sirius weich. Ihre Haare waren grau vor Sorge und der erleichterte Blick, den sie ihm schickte, bestätigte seinen Verdacht, dass es um Remus ging. Mit einem Nicken, das plötzlich wieder voller Elan war, wirbelte sie herum, um Harry aufzumuntern. Es war ein Schlag ins Wasser. Zwar zwang sich der Junge einmal zum Lächeln und die Tränen versiegten auch, als sie sich einen Schnabel wachsen ließ und wie eine Ente quakte, aber es war nicht das, was sie eigentlich hatte erreichen wollen. Er tat es, um ihr einen Gefallen zu tun, aber es zeigte nicht die gewünschte Wirkung, ihn aufzumuntern. Letztendlich wurde es Morgen und Sirius verschwand mit einer Entschuldigung nach oben. Es tat ihm sichtlich leid, Harry allein lassen zu müssen, aber er hatte keine Wahl. Er musste mit jemandem, der mehr Überblick hatte, besprechen, wie es weitergehen sollte. Dumbledore musste unbedingt erfahren, was passiert war. Er hoffte bloß, dass das Bild auch besetzt war. An diesem Tag herrschte Hochbetrieb im Black-Haus. Tonks hatte Harry gerade dazu überredet, mit ihr zu backen, da tauchte Remus wieder auf. Tonks flog ihm in die Arme und schmiegte sich überglücklich an ihn. Im nächsten Moment trat Dumbledore durch die zaubersichere Tür, gefolgt von McGonagall und Snape. Alle drei sahen mehr als ernst aus. Remus und Sirius reflektierten diese Ernsthaftigkeit. Kurz besprachen sie sich, dann betraten sie die Küche, in der Harry noch immer mit Mehl und Zucker beschäftigt war. „Harry?“ Sanft zog Tonks die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich. „Kommst du mal bitte? Wir haben Gäste.“ „Ich weiß. Kikuileh hat es mir gesagt.“, antwortete er nur und stellte die Mehltüte auf die Anrichte zurück. Er war frontseitig vollkommen gepudert, weil die Feenflügel beim Abmessen mit jedem Schlag eine Wolke verursacht hatten. „Na komm. Wir machen später weiter.“, versuchte sie ihn zu ermuntern und nahm seine Hand. Unter den Augen der drei Lehrer und der beiden Rumtreiber führte sie ihn ins Esszimmer, wo er sich setzte. Tonks ließ sich neben ihm nieder, Sirius auf seiner anderen Seite, die Lehrer nahmen ihm gegenüber Platz, während Remus an der Stirnseite des Tisches saß. „Du weißt, warum wir hier sind?“, eröffnete Dumbledore das Gespräch. Seine Stimme verriet, dass er lächelte, aber einen Blinden konnte er über die vorherrschende unterschwellige Spannung nicht hinwegtäuschen. Harry konnte es fühlen, tief in sich drin. Die Sorge, den Vorwurf, die Angst… „Weil ich zu Voldemort gegangen bin?“ „Ja.“ Die Spannung ließ ein wenig nach, wurde durch eine absurde Art von Erleichterung ergänzt. „Das ist wohl der Grund.“ „Ich hatte einen Traum…“ Sinnierend strich Harry über Kikuilehs Köpfchen. „Voldemort hat versucht mit Legilimentik die Geheimnisse des Ordens zu erfahren, aber er kam nicht an sie ran. Er drohte mit Folter und wandte den Cruciatus an. Wenn der Körper geschwächt ist, wird es der Geist auch irgendwann… Und dann hat er seinen Todessern gesagt, sie dürften sich an ihm austoben, und da sah er schon schlimm aus.“ Er verstummte. Es sollte eine Erklärung sein und eine Entschuldigung. Allein, dass er das Zittern in seiner Stimme nicht unterdrücken konnte, war dafür schon ein Anhaltspunkt. „Aber dir ist klar, dass Alastor niemals etwas verraten hätte?“, fragte der weißhaarige Schulleiter nach. Harry fuhr auf. „Darum ging es doch gar nicht! Er hatte Schmerzen! Es ging ihm nicht gut!“ Es klirrte, als die von Tonks gebrachte Tasse von seiner Hand getroffen umkippte. Unwirsch stellte er sie wieder her, ließ den Inhalt zurück an seinen Platz schweben. Keiner ging darauf ein, obwohl sie es alle bemerkten. „Und glaubst du, er hätte sich gefreut, wenn du erwischt worden wärst und sein Schicksal hättest teilen müssen?“, fragte Dumbledore stattdessen. Der Schwarzhaarige schüttelte zerknirscht den Kopf. Dieser Gedanke erschütterte ihn tatsächlich. „Aber irgendwer musste ihm doch helfen…“, murmelte er leise, traurig. „Schließlich hätten sie ihn umbringen können.“ „Alsastor Moody ist vor einer Stunde von uns gegangen.“ Die Worte schnitten wie Messer durch die Stille im Raum und Harrys Herz. „Er ist den Verletzungen erlegen gewesen. Poppy konnte nichts mehr für ihn tun.“ Grüne Augen weiteten sich, Harrys ganzer Körper drückte pures Entsetzen aus. „Nein…“, wisperte er atemlos. Es schnürte ihm die Kehle zu, auch wenn er den echten Moody kaum gekannt hatte, erschütterte ihn diese Nachricht. Er hatte wieder einmal nicht helfen können, war wieder einmal zu langsam gewesen. Wieder versagt… „Niemand, der sterben will, kann gerettet werden. Für ihn kam die Hilfe zu spät.“ „Albus.“, murmelte McGonagall leise und legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. „Bitte, seien Sie doch nicht so hart…“ Ihr tat das Häuflein Elend vor ihnen leid. Es traf sie nur ein schmales, trauriges Lächeln. Es musste hart sein, damit er verstand. „Das einzige, das deine Aktion gebracht hat, ist, dass Er jetzt weiß, dass bei uns ein Zauberer ist, der stärker ist als er. Im schlimmsten Fall weiß er, dass du das bist.“ Snapes Stimme klang kalt und verächtlich. „Das war eine echt selten dämliche Aktion. Damit hast du deinen einzigen Trumpf verspielt!“ Zerknirscht senkte Harry den Kopf. Sein Zaubertränkeprofessor hatte Recht. Total und absolut. Er hatte wirklich alles verdorben. „Diese Möglichkeit müssen wir tatsächlich in Betracht ziehen.“ Dumbledore lächelte leicht amüsiert. „Aber bei Voldemort ist es wahrscheinlicher, dass er arrogant und ignorant genug ist, davon auszugehen, dass eine solch mächtige Person hier nicht existiert. Viel eher wird er nach einem Verräter suchen, der es Harry, Sirius und Remus ermöglicht hat, per Portschlüssel hinein und hinaus zu kommen.“ Er lachte leise. „Immerhin hat er im Sommer gegen Harry gekämpft und gesehen, dass der Junge nicht stärker ist als er.“ Snape murrte leise und auch die anderen zeigten Zweifel, immerhin kannte Voldemort den Teil der Prophezeiung, den Snape ihm damals übermittelt hatte, und wusste damit, dass Harry ihm irgendwann ebenbürtig sein würde. Und er wusste, dass Harry außerhalb von Hogwarts gelangt war und verbunden damit, dass die Schule nicht so vollständig von der Welt abgeschnitten war, wie Dumbledore alle glauben machen wollte. „Er wird bald prüfen, was Wahrheit ist.“, ließ McGonagall sich vernehmen. „Wenn wir Pech haben, wird er bald erneut vor Hogwarts Toren stehen.“ „Er wird auch dann nicht reinkommen.“, beruhigte Dumbledore seine Stellvertreterin. „Ist ja nicht so, als hätten wir nur einen Bann aufgestellt, so wie er es getan hat.“ „Fünf.“ „Wie bitte?“, fragte Dumbledore, hatte die leise Bemerkung des Jungen, der lebt, kaum gehört. „Es waren fünf.“, wiederholte Harry leise. „Fünf Barrieren.“ Es brachte selbst Dumbledore zum Schweigen. Er schien absolut fassungslos. Sirius bekam den Mund nicht mehr zu und Tonks begann zu strahlen. „Das ist ja so genial! Ich bin sicher, du könntest selbst nach Hogwa…“ „Nein.“, unterbrachen sie Harry und Dumbledore gleichzeitig. „Warum nicht?“ „Weil der siebte Bann von Professor Dumbledore gemacht ist.“, erklärte Harry und lächelte schwach und humorlos. „Aber…“ Dumbledore bedachte sie mit einem freundlichen Blick. „Es sind mehr Banne und vier davon wurden von Magiern aufgestellt.“ „So viele Magier gibt es?“, fragte Tonks staunend. „Das ist… Wir sollten…“ Ihre Augen leuchteten vor Hoffnung. „Das wird nicht gehen.“, wurde sie wieder von dem weißhaarigen Mann unterbrochen. „Sie sind bereits tot, deswegen wird es schwer, sie für unsere Sache zu begeistern.“ „Waren Slytherin und Gryffindor Magier?“, wollte Harry wissen, hoffte insgeheim, dass sie vielleicht doch noch einen Trumpf im Ärmel hatten. „In Ansätzen sicher. Slytherin mehr als Gryffindor.“ Leichtes Amüsement lag in Dumbledores Ton. „Rowina Ravenclaw war wohl eine echte Magierin.“ „Ach deshalb…“, murmelte Harry gedankenverloren. Deshalb hatte sie einen solchen Fluch über Gryffindor legen können. „Wie bitte?“ „Nichts. Ist schon okay.“ Harrys Hand glitt über die Tischkante. „Wer waren denn die anderen?“ „Humphrey Bogart und Nymphadora Alexandra Leandros, eine Spanierin des vierzehnten Jahrhunderts.“ „Nympha…“ „Sprich bloß nicht weiter!“, giftete Tonks Sirius, der breit grinste und dessen Augen entgegen der gedrückten Stimmung am Tisch unverhohlen frech glitzerten. „Das würdest du bereuen!“ „Oh ja, das bezweifle ich nicht.“, seufzte der schwarzhaarige Mann theatralisch. „Können wir vielleicht zum Thema zurück kommen?“, meldete sich McGonagall pikiert zu Wort. „Es ist zweifellos wichtiger, zu besprechen, wie es weitergehen soll, als hier über die Vergangenheit zu philosophieren.“ „Ja, Minerva. Du hast wie immer Recht.“, lenkte Dumbledore ein, wurde schlagartig wieder ernst und wandte sich den vier Bewohnern des Hauses zu. „Der wichtigste Punkt ist, dass Harry das Haus nicht mehr verlassen sollte. Voldemort ist nicht dumm. Er wird sich nach den Beschreibungen seiner Leute denken können, dass ihr einen Zauber gewirkt habt, um von allen vergessen zu werden. Er wird Gegenmaßnahmen ergreifen, um dich zu kriegen, Harry.“ „Können wir dann nicht einfach zurück nach Hogwarts? Immerhin wäre er da sicher.“, schlug Sirius fürsorglich vor. „Das wäre mit Sicherheit die beste Möglichkeit, aber es wäre unklug, das Training jetzt zu vernachlässigen. In Hogwarts habt ihr keine so große Bewegungsfreiheit. Ich denke, ihr kommt am fünfundzwanzigsten Dezember nach, das sollte genügen.“ Remus, Tonks und Sirius nickten, während Harry geknickt wirkte. Noch drei Tage. Es würde wirklich noch drei Tage dauern, bis er Draco wieder sehen konnte. Dabei brauchte er ihn gerade jetzt! Er wollte sich von ihm in den Arm nehmen lassen und von ihm hören, dass alles gut werden würde. Er wollte sich fallen lassen können und das allse vergessen. Er war kurz vor dem Verzweifeln. Er wollte doch nur zu ihm! „Na ja. Wir sollten dann wohl aufbrechen.“, murmelte McGonagall leise. Die Stimmung behagte ihr nicht so richtig, ließ ihre Nackenhaare sich aufstellen. „Sonst vermisst man uns doch noch.“ Dumbledore nickte halbwegs glücklich, die Strenge vom Anfang war verflogen. „Übe fleißig, Harry.“ „Natürlich, Professor.“, stimmte der Junge leidenschaftslos zu. Die Erwachsenen erhoben sich und auch Harry stand auf. „Wie kommt es eigentlich, dass die Eingangshalle heute so sauber ist? Habt ihr geputzt?“, fragte McGonagall, um dieses unangenehme Gefühl zu durchbrechen, das um sie herumwaberte. „Die Halle?“ Sirius klang verwirrt. „Nein, wir…“ „Vielleicht war es ja die überschäumende Magie von Potter.“, schlug Snape ironisch vor, was Harry nur still lächeln ließ. Er hatte da eine andere These. Viel wahrscheinlicher, fand er, war es, dass Kreacher sich für sein Geschenk bedankt hatte. Er würde ihn heute mal besuchen gehen. Eine willkommene Beschäftigung, um den kreisenden Gedanken zu entkommen. Der Besuch bei dem alten Hauselfen verlief auf gewisse Weise erfreulich. Harry, dessen Augenlicht auch nach zweistündiger Konzentration nicht zurückkommen wollte, betrat mit Kikuilehs Hilfe den kleinen Raum hinter der Küche. Kreacher war da, das konnte er fühlen, aber auch als Kikuileh ihm sagte, dass der Elf hinter einer er Schranktüren stand, lächelte Harry bloß und stellte unsicher die Schüssel mit Götterspeise auf den Boden vor die Nische. Es war Kreachers Wahl, ob er sich zeigte oder nicht. Nun, er tat es nicht, aber kurz bevor Harry den Raum wieder verließ, knarrte die Schranktür ein wenig, was Harry absichtlich überhörte. Offenbar war auch dieser Elf gegenüber Freundlichkeit nicht immun, also würde er früher oder später von selbst kommen. Die drei Tage bis zum Stichtag des ersten Weihnachtsfeiertages wurden in Harrys Augen lang. Das Training war eine willkommene Abwechslung und wurde von ihm bis an die Grenze der Belastbarkeit betrieben. Wenn Remus eine Pause einlegte, machte er heimlich mit dem Animaguszauber weiter oder übte apparieren. Er tat alles, um nicht nachdenken zu müssen, selbst Kochen und Seidenschnabel Striegeln war besser als ausruhen. Seine Blässe war seit jenem Tag nicht mehr gewichen und er erwachte immer wieder aus Alpträumen, schlief nur noch so selten wie möglich. Dracos Ring ließ er kaum noch los, spielte mit ihm herum. Die altbekannte Nervosität kehrte wider und wirkte sich negativ auf seine Konzentration aus. Am zweiten Tag zeichneten sich deutlich dunkle Ringe unter seinen Augen ab. Auch Siriuss Geschichten brachten ihn nicht mehr zum Schlafen und der Mann machte sich ernsthafte Sorgen. Besonders als Harry mit einem Angriff das komplette Zimmer in Schutt und Asche legte und mit einer unwirschen Handbewegung und einem ungehaltenen Knurren nur eine Sekunde später wieder komplett herstellte. „Wut.“, erklärte Remus später in der Küche, als Sirius fragte, was mit Harry los war. „Er ist wütend auf sich. Wahrscheinlich wegen seinem Fehler.“ „Wenn er wirklich wütend auf sich ist, dann weil er sich selbst dafür verachtet, den Menschen nicht helfen zu können, obwohl er soviel Kraft hat.“ „Vielleicht auch das…“, gab Remus zu. „Wahrscheinlich hast du Recht.“ Er stützte die Stirn in die Hände und seufzte tief. „Harry ist für mich nicht verständlich. Er ist wie James. Er tut, was er für richtig hält, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber wo selbst James aufgehört hat, macht er weiter, überschreitet die Grenze. Er nimmt alle Schuld auf sich, wo James jegliche Schuld auf andere abgewälzt hat und unbeschwert war.“ Erneut entrang sich seiner Brust ein tiefes Seufzen. „Ich verstehe ihn nicht. Ich komme nicht zu ihm durch.“ „Überfordert er dich?“, fragte Sirius leise. Seine Stimme war ruhig, aber ebenso schwer wie die von Remus. „Er überfordert sich selbst. Und ich kann ihn nicht daran hindern.“ „Und das macht dich alle. Das kann ich verstehen. Mir geht es ähnlich.“ „Hast du eine Idee?“ „Draco.“ „Was?“ „Er vermisst ihn, denkt nur noch an ihn, spricht nur noch von ihm… Ist dir nicht aufgefallen, was er tut, wenn er unbeschäftigt ist?“ „Er spielt mit diesem Ring…“ „Genau. Mit Dracos Ring. Er hat ihm den geschenkt.“ „Ach deshalb.“ Remus lächelte. „Dann könnte es sein, dass sich morgen alles von selbst ergibt?“ „Ich hoffe es sehr. Sonst richtet er sich noch zu Grunde.“ Im nächsten Moment gellte ein Schrei durch das gesamte Haus. Tonks. Beide Männer sprangen auf wie von der Tarantel gestochen und hasteten hinauf ins obere Stockwerk, die Zauberstäbe gezogen, dem Rufen ihrer Namen folgend. Sie stießen die Tür auf und fanden Tonks aufgeregt herumhopsend und nach ihnen rufend in Harrys Zimmer vor. Sie bemerkte sie, als sie nach der Türklinke greifen wollte, und fiel Remus nach einer Schrecksekunde um den Hals. „Er hat es geschafft!“, kam sie jeder Fragestellung zuvor. „Harry hat es wirklich geschafft!“ Remus schob sie an den Schultern von sich, fing ihre strahlenden Augen mit seinen ein. „Was hat er geschafft?“ Er konnte gar nicht sagen, wie erleichtert er war, dass augenscheinlich nichts Schlimmes passiert war. „Er ist ein Animagus!“, platzte sie heraus. „Da! Seht doch!“ Und sie deutete ins Zimmer Richtung Bett. Die beiden Männer folgten dem Finger mit den Augen, aber da war nichts. Das Zimmer war bis auf sie drei leer. „Äh… Tonks, sicher, dass…“ „Nein, warte, Moony.“ Sirius deutete hinauf zum Dach des Himmelbettes, wo sich der grüne Stoff bewegte und wild wackelte. „Da oben!“ Im nächsten Augenblick gab eine Falte einen kleinen Vogel frei und es sah aus, als würde er fallen, doch knapp bevor er den Boden erreichte, fing er sich mit den Flügeln ab und schoss wieder hinauf in die Lüfte, drehte ein paar Runden um sie herum und landete geschickt auf Sirius’ reflexartig ausgestreckten Fingerspitzen und tschilpte ihn an. Schwarze Kappe mit weißem Blitz, schwarzes Gefieder, helle Brust, roter Kragen und schwarze Augen, der gegabelte Schwanz wippte aufgeregt auf und ab. Und um ihn herum schwirrte eine vollkommen begeisterte Kikuileh. „Eine Schwalbe.“, brachte Remus letztendlich fassungslos hervor. „Ja.“, stimmte Sirius kaum eloquenter zu. „Und dazu eine mit struppigem Kopf.“ „Und Blitzzeichen.“ „Seine Füße sind ganz klein. Sie fühlen sich ganz kalt und komisch an.“ Remus lachte über Sirius faszinierten, glücklichen, stolzen Blick. „Ich habe daneben gelegen.“, erklärte er plötzlich und stupste Harry gegen den Schnabel. „Ich dachte, du würdest ein Spatz werden.“ Wieder zwitscherte Harry und hopste Sirius’ Finger entlang. „So klein…“ Sirius konnte es anscheinend noch immer nicht fassen. „Nichts mit majestätischem Raubtier.“ Es klang wie eine Mischung aus Feixen und Bedauern. „Ich hatte gehofft, du würdest wirklich ein Falke.“ Harry zwickte ihm in den Finger, dann flatterte er wieder los, umschwirrte elegant mit Kikuileh die Köpfe der anderen. „Aber es passt zu ihm. Kann fliegen und ist vollkommen unberechenbar.“ „Und geht in den Städten vollkommen unter. Wer achtet schon auf einen Vogel?“ „Wirklich unauffällig.“ Sie begannen zu lachen und wieder war das helle Zwitschern zu hören. „Kannst du denn etwas sehen?“, wollte Remus erfahren und bekam von Tonks einen Rippenstüber. „Meinst du echt, er könnte so fliegen, wenn er es nicht könnte?“ „Stimmt schon…“ Offenbar war es gar kein Problem. „Tiere kennen eben keine Probleme oder Ängste. Oder sie sind sich ihrer nicht bewusst.“, gab die bunte Frau altklug von sich. „Aber damit sind wir einen Schritt weiter.“ „Ach ja? Was soll uns dass bringen? Er kann dir nicht mal helfen, wenn du in den Werwolfzustand wechselst. Du würdest ihn mit einem Happs verschlingen!“ „Aber wer erwartet denn schon, dass ein fünfzehnjähriger Junge ein Animagus ist? Er wird so niemals gesucht werden.“ In dem Moment verwandelte sich Harry zurück. „Fliegend erreicht man so manchen Ort, andere nur, wenn man klein genug ist. Eine Schwalbe ist ein tolles Tier, selbst wenn es nicht ruhmreich und edel ist.“ Er warf Sirius einen herausfordernden Blick zu, aber auf seinen Lippen lag ein strahlendes Lächeln, beinahe stolz. „Das bestreitet hier niemand.“ Sirius zog seinen Patensohn in die Arme. „Vergiss aber bitte nicht, dass es möglichst wenig Menschen wissen sollten, außer du willst öffentlich als Animagus gemeldet sein.“ „Besser nicht.“, gab der Schwarzhaarige zu bedenken. „Es wäre nicht sehr schön, wenn man meinetwegen jeden kleinen Vogel in London vernichtet.“ „Nein, das wäre es wirklich nicht.“ Remus wuschelte ihm durch die Haare. „Dann sagen wir lieber nichts.“ Am nächsten Morgen erwachte Harry sehr früh. Nachdem er erst kurz nach ein Uhr eingeschlafen war, weckte ihn ein Alptraum schon drei Stunden später. Schweißgebadet fuhr er hoch, sein Puls raste, seine Hände zitterten und sein Atem ging flach und hektisch. Ein Traum über das, was er gesehen hatte. Ein Traum von Tod, Mord und abartigem Vergnügen. Kikuileh fragte besorgt nach seinem Wohlbefinden und Harry beruhigte sie mit wenigen Worten, dass es wieder gut sei. Angst und Wut stritten in seinem Herzen, ließen Gedanken Einzug halten, die ihm immer wiederkehrende Teufelskreise zeigten. Letztendlich beschloss er, duschen zu gehen, konnte Unsicherheit und Selbstzweifel nicht länger ertragen. Gegen fünf Uhr wanderte er in die Küche hinunter, wach genug, um sich einen Tee zu kochen. Die heiße Tasse zwischen den Händen setzte er sich an den Tisch. Er würde warten müssen, bis Sirius, Remus und Tonks aufwachten, damit sie endlich nach Hogwarts gehen konnten, denn heute war es soweit. Der lang erwartete Tag war endlich gekommen. Heute würde er Draco wieder sehen! Ein seliges Lächeln ließ seine Wangen vor Vorfreude einen rötlichen Schimmer bekommen. „Harry Potter?“ Die krächzende, dunkle Stimme ließ Harry zusammenzucken. Er hatte nicht erwartet, angesprochen zu werden. Kreacher hatte ihn erschreckt. „Darf Kreacher Harry Potter eine Frage stellen?“, fuhr der Elf ungerührt fort. Harry nickte, freundlich lächelnd. Er richtete sein Gesicht nach der Stimme aus, ließ sich von Kikuileh beschreiben, wie der Elf wirkte, und stellte erfreut fest, dass er nicht böse wirkte. Eher meinte der Junge so etwas wie Verwirrung in der Luft wahrzunehmen. „Warum schenkt Harry Potter mir Süßigkeiten, wo er selbst kaum etwas isst?“, lautete die Frage. „Ich schenke es dir nicht, weil ich es nicht esse.“, erklärte Harry. „Dass beides zusammenfällt, ist Zufall.“ Ein Lächeln schlich sich in die Stimme des Elfen. „Kreacher weiß das. Er möchte wissen, warum Sie ihm etwas schenken.“ „Weil ich es möchte. Du bist immer allein, aber ohne Freundlichkeit kann eine Familie nicht zusammenleben.“ „Was meint Harry Potter mit Familie? Er ist mit niemandem hier verwandt.“ „Sirius ist mein Pate.“, erklärte Harry ruhig. „Er ist meine neue Familie. Ich werde bei ihm bleiben. Das hat er mir versprochen.“ „Aber Kreacher gehört nicht dazu.“, wandte der Elf ein. „Er ist kein Teil der Familie, er ist nicht einmal ein Mensch.“ „Du wohnst doch hier, oder?“, fragte Harry geduldig. „Ja…“ „Dann gehörst du doch irgendwie zur Familie.“ Es herrschte Schweigen. Kreacher schien ernsthaft über diese Worte nachzudenken. Als letztendlich seine Antwort kam, war sie melancholisch. „Der letzte, der so etwas zu Kreacher gesagt hat, war Master Regulus. Nur er war freundlich zu Kreacher.“ „Sirius’ Bruder?“ „Master Regulus war immer nett zu Kreacher. Er hat ihn nie bestraft und ihn Freund genannt. Master Regulus hat Kreacher gerettet, als der Meister Kreacher verstoßen wollte.“ „Dann war Regulus wohl ein sehr netter Mann.“ Harry lächelte. „Setz dich, erzähl mir von ihm.“ Es würde die Zeit bis zu dem Wiedersehen mit Draco verkürzen. Doch Kreacher schien ernsthaft in Verlegenheit zu geraten. Eine solche Aufforderung zu erhalten… Sich zu einem Meister an den Tisch setzen… „Nicht so schüchtern. Ich beiße nicht.“, ermunterte ihn Harry amüsiert und schließlich tat Kreacher, was Harry ihm anbot. Leise war seine Stimme, als er begann, und wesentlich angenehmer zu ertragen als üblich, seine Hände spielten nervös mit dem Fetzen, den er trug. „Master Regulus war ein großer Mann. Er hatte immer ein gutes Herz und ein offenes Ohr für Kreacher. Er hat Kreacher geholfen und ihn vor seinem bösen Meister gerettet. Auch gegen die Herrin hat er Kreacher verteidigt, gegen jeden. Aber dann hatte Master Regulus Angst. Er ist gekommen und hat ganz weiß ausgesehen. Master Regulus hat sich versteckt und Kreacher zu sich gerufen, hat gesagt, Kreacher darf nichts verraten und muss zur Herrin halten, damit ihm nichts passiert. Ein paar Tage später haben sie Master Regulus umgebracht.“ Er verstummte, sah vorsichtig zu Harry auf, als wollte er sich versichern, jetzt nichts Falsches gesagt zu haben. „Er sei ein Verräter gewesen, sagten sie, ein Verräter an dem, dem die Herrin gedient hat. Deshalb musste Master Regulus sterben.“ Das war doch mal eine Neuigkeit. Regulus, Sirius’ Bruder, der angeblich für Voldemort gestorben war, war eigentlich gegen ihn gewesen? Interessant. „Das muss schrecklich für dich gewesen sein.“, murmelte Harry mitleidig. Trotz der positiven Entwicklung der Vergangenheit war ihm sein Herz schwer, denn wieder hatte jemand sterben müssen, weil er gegen Voldemort gewesen war. Der Elf nickte nur, seine großen Augen waren unverwandt auf Harry gerichtet. „Harry Potter ist ihm ähnlich.“, sagte er schließlich. „Harry Potters Worte sind ähnlich denen, die Master Regulus gebraucht hat, seine Taten sind freundlich.“ „Die anderen wären wohl auch freundlicher zu dir, wenn du nicht immer so griesgrämig gucken würdest.“ „Die Herren und die Dame des Hauses sind nicht freundlich. Sie befehlen und schreien herum und beleidigen Kreacher und die Herrin.“ „Deine Herrin mag ich auch nicht.“, meinte der Junge und nippte an seinem Tee. „Kreacher weiß das.“ „War sie freundlich?“ Kreacher schüttelte den Kopf, was Harry nur durch Kikuileh erfuhr. Die kleine blaue Fee verhielt sich absolut still, merkte nur etwas an, wenn sie es für notwendig hielt. „Und wie soll es jetzt weitergehen?“ Leise drang Harrys Stimme durch die stille Küche. „Du bist einsam. Willst du keine Freunde finden?“ „Kreacher braucht keine Freunde.“, erklärte der Elf lahm, aber Harry bemerkte, dass er sich da selbst belog. „Kreacher hat die Herrin.“ „Die jetzt stumm ist.“ „Das hat Harry Potter gemacht.“ Ein Vorwurf? „Ich denke, dass das richtig war, so. Sie hat dieses Haus lange genug tyrannisiert.“ Harry seufzte. „Du brauchst Freunde, die real sind, die du berühren kannst.“ „Die kann Kreacher nicht finden.“ „Und wenn ich dein Freund sein will?“ Kreacher war sprachlos, ihm fehlten einfach die Worte. „Freund von Kreacher?“, wisperte er nach schier endloser Zeit fassungslos. „Ja, warum denn nicht?“ „Harry Potter ist ein Feind der Herrin und des Dunklen Lords!“ „Und bin ich auch dein Feind?“ „Aber… Kreacher muss gehorchen!“ „Wem denn?“, wollte Harry nachdrücklich wissen. „Wer ist denn noch da? Sirius, ich, Remus, Tonks... Sonst gibt es doch keinen.“ „Die Herrin befiehlt noch.“ „Aber sie kann nicht mehr sprechen. Sie ist nur ein Bild.“ Daraufhin kam keine Antwort. Harry musste schmunzeln. „Soll ich Sirius mal einen Tipp geben, dass er lieber sein soll?“ Kreacher rührte sich nicht. Dieser Vorschlag war wohl zu viel für ihn. „Ich meine, du hast dich bei mir für den Pudding bedankt und hast die Vorhalle gesäubert. Jetzt gerade denken sie, es wäre meine Magie gewesen, aber das könnten wir doch richtig stellen. Sirius wäre dankbar und wäre freundlicher, weil der Ärger abflauen würde.“ Noch immer kam keine Antwort und Harry lächelte. „Es hat Zeit. Überleg es dir, bis wir wieder da sind. Wir fahren über Weihnachten nach Hogwarts.“ Ein glückseliges Lächeln ließ sein Gesicht leuchten. „Du wirst hier also alleine sein.“ Kreacher nickte nur. „Kreacher war lange Zeit allein.“ Harry war nicht umhin gekommen, den Vorwurf in den Worten zu hören. „Weißt du auch, warum?“ „Nein. Kreacher war nur sehr lange allein.“ „Sirius war in Askaban. Unrechtmäßig. Weil jemand behauptet hat, er hätte jemanden getötet. Deswegen konnte er nicht zu dir zurückkommen.“ Kreacher schwieg. „Sag, Kreacher, willst du einen Tee? Ich mach dir einen, wenn du willst.“ Sofort sprang der Elf auf. „Nein, nein! Das ist nicht Recht! Das geht nicht, das…“ Und schon wuselte er in die Küche, während Harry schmunzelnd zurückblieb und den Geräuschen lauschte, die Kreacher verursachte, als er Tee kochte. Nur kurze Zeit später hielt er eine neue, heiße Tasse Pfefferminztee in der Hand. „Kreacher, würdest du mir einen Gefallen tun?“ „Was möchte Harry Potter von Kreacher?“ „Würdest du dich um Seidenschnabel kümmern? Ihn füttern und ihm Wasser geben?“ Der Elf nickte. „Kreacher verspricht es.“ Es war ohnehin seine Aufgabe. „Und wenn du zu einsam bist, dann komm nach. Du kennst den Weg nach Hogwarts, oder?“ „Elfen können überall hin, wo ihre Herren sind.“, lieferte der Hausgeist die Erklärung dafür, dass es stimmte. „Am liebsten würde ich Seidenschnabel mit nach Hogwarts nehmen.“ „Dann sollte Harry Potter das tun.“ „Das geht nicht, Kreacher. Er wird gesucht und man bringt ihn um, wenn man ihn sieht.“ Plötzlich war Kreacher Feuer und Flamme. „Kreacher wird sich bemühen, eine Lösung zu finden!“, versprach er enthusiastisch, was Harry wieder zum Lachen brachte. „Danke, Kreacher. Vielen Dank. Sag mir, wenn ich mich irgendwie revanchieren kann, ja?“ Der Elf nickte strahlend, aber viel zu schnell wurde er wieder unsicher. „Also ist Harry Potter jetzt Kreachers Freund?“ „Gerne.“, erwiderte der schwarzhaarige Junge und streckte dem Hauselfen die Hand entgegen. „Wenn du das willst.“ Als Kreacher die ausgestreckte Hand ergriff, begann Harry zu strahlen. „Dann lass uns gemeinsam die Missstände in diesem Haus beseitigen, okay? Damit dir das Leben wieder mehr Spaß macht.“ „Master Harry Potter hat ein gutes Herz.“, erklärte Kreacher gerührt. „Nenn mich Harry, ja? Das Master ist nicht nötig.“ „Wie Harry Potter wünschen.“ Es wurde unruhig im Black-Haus, als Harry gerade damit fertig war, seine Sachen zu packen. Kleingehext und in seiner Umhangtasche verstaut war alles dabei bis auf den Eulenkäfig von Hedwig. Er hatte Kreacher noch darum gebeten, Hedwig aufzunehmen und zu pflegen, falls sie hier auftauchen sollte. Und damit sie einen Schlafplatz hatte, ließ er den Käfig da. In Hogwarts hatte sie immerhin die Eulerei. Remus und Sirius drängten dann zur Eile, zum Mittagessen wollten sie schon in Hogwarts sein, was besonders Tonks zu gefallen schien. Sie war es auch, die als erste Weihnachtsgeschenke verteilte. Harry bekam von ihr eine große Tüte Muggelbonbons, was ihn freute, weil er sie mochte. Und von Sirius und Remus bekam er einen neuen Umhang mit Silberschnallen, den er gleich gegen seinen alten austauschte. Er selbst hatte mit Hilfe von Kikuileh und letztendlich auch Kreacher für sie alle Frühstück gemacht, weil er keine Geschenke hatte kaufen können. Sie freuten sich sichtlich, einfach der Geste wegen. Und direkt nach dem Frühstück ging es los. Sie apparierten zur Heulenden Hütte und machten sich zu Fuß auf den Weg nach Hogwarts. Harry konnte es kaum erwarten, Draco endlich wieder zu sehen und ihn in die Arme schließen zu können. ----------------- Ui, fertg. Monsterkapitel. Irgendwie hab ich Ewigkeiten keinen Punkt gefunden, den ich als Kapitelende nehmen könnte. Aber so konntet ihr mehr lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Und jetzt kann ich sogar versprechen, dass Draco im nächsten Kapitel wieder auftaucht! ^^ Weihnachtsfestessen ------------------- Titel: Weihnachtsfestessen Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Ich hoffe auf viele Kommentare! Sie helfen mir, meine Fehler und Macken auszubügeln! Und sie machen mich glücklich. ^^ Kapitel 47: Weihnachtsfestessen Es war Weihnachten, Geschenketag, jedoch bekam kaum einer wirklich ein Geschenk, dann dank der Barriere zur Außenwelt kamen eventuelle Päckchen nicht bei ihren Adressaten an. Draco allerdings wurde überrascht. Für ihn lag eine schwarze Tasche aus Leder mit Zaubertrankutensilien am Fußende seines Bettes, selbstverständlich anonym abgegeben, denn Snape verschenkte offiziell nichts. Es würde seinem schlechten Ruf schaden und Draco sicherlich in Verlegenheit bringen, so von einem Lehrer bevorzugt zu werden. Aber irgendwie kam es ihm eher wie eine Ermahnung vor, dass er seine Talente nicht so sehr vernachlässigen sollte. Goyle und Crabbe gingen leer aus, was beide erwartet hatten. Es war das erste Weihnachtsfest seit Jahrzehnten, an dem Hogwarts voll war. Die Schüler hatten nicht die Wahl gehabt, ob sie nach Hause fahren wollten oder nicht, und dementsprechend war auch die Stimmung unter ihnen. Gerade die Slytherins blieben davon nicht unbetroffen. Sie machten Dumbledore Vorwürfe, dass er sie nicht hinaus und zu ihren Eltern ließ, während andere den Unnennbaren und seine Anhänger dafür verantwortlich machten. Die Differenzen waren spannungsgeladener denn je. Dazu kamen diverse Heimlichkeiten. Man tuschelte versteckt, ein Geheimniszauber war unterwegs, den schon einige trugen, es herrschte eine unterschwellige Aufregung, ein verstecktes Treiben, das unter anderem Misstrauen weckte. „Geh zu Hermione!“, hieß es unter der Hand. „Sie kennt Hilfe.“ Jedes Mal, wenn Draco darüber nachdachte, musste er sich ein wissendes, stolzes Lächeln verkneifen. Die männlichen Fünftklässler verließen den Schlafraum und der blonde Junge ließ Pansys allmorgendliche Umarmung im Aufenthaltsraum stillschweigend über sich ergehen. Sie war ja süß, wie sie sich um ihn bemühte, ihn umgarnte, aber er vermisste Harry, seine weiche Haut, seine Arme, seinen Geruch… Darüber half auch wahre Liebe von ihr nicht hinweg. Zumal er sich auch nicht darauf einlassen wollte. Sie seufzte wie immer, als sie ihn schließlich losließ, und lächelte schwach. Sie wusste wohl schon, dass er sie nicht lieben konnte, weil da schon jemand anderes existierte. Es tat ihm zwar leid für sie, war aber nicht zu ändern. „Lass uns essen gehen. Frühstück wartet.“, überspielte sie die Schatten in ihrem Blick und hakte sich bei ihm unter. Draco nickte und gemeinsam mit einem Pulk an Slytherins gingen sie hinauf. Kaum einer der anderen wusste um das Geheimnis, das sie beide umfing, kaum einer ahnte, dass sie längst nicht mehr dazugehörten, jetzt einem anderen Masterplan folgten, als der Ruf des Hauses vorgab. Dracos Campagne funktionierte. Besser sogar, als er gedacht hatte. Als Harry gegangen war, hatte er damit begonnen, um die Einsamkeit besser verarbeiten zu können, um die Zeit bis zu seiner Wiederkehr schneller verstreichen zu lassen. Er hatte sich ganz in seine Aufgabe hineingehängt und zusammen mit Hermione und Ron ein Konzept ausgearbeitet, wie man umsetzen konnte, was sie planten, ohne dass Dracos Ruf darunter litt, denn noch immer hielten sie es für wichtig, dass keiner davon erfuhr, dass Draco ein Überläufer war. Sie wollten Harry helfen, ihm keine Steine in den Weg legen, seinen Gegnern keine Angriffspunkte liefern, die seinen Plan gefährden könnten. Pansy wusste nichts von Harry, aber sie hatte Dracos Verbindung zu Hermione und Ron entdeckt, nachdem sie sich für den Widerstand entschieden hatte. Eine weitere Komponente förderte die Unruhe dieser Tage: Als Harry noch da gewesen war, war keinem aufgefallen, dass er nicht bemerkt wurde, aber seit er nicht mehr da war, wussten alle, dass er gegangen war. Zuerst hatte Verwirrung geherrscht, doch jetzt kursierten Gerüchte. Man hätte ihn der Schule verwiesen – aber Dumbledore hatte das verneint. Er habe die Schule gewechselt, sei jetzt in Beauxbatons. Er sei geflohen, habe die Schule aus Angst verlassen. Und einige beharrten der Vorstellung wegen darauf, er habe sich im Schloss verirrt, blind wie er war, und sei dort verhungert. Es war alles lächerlich, aber zumindest hatten einige schlaue Schüler durchschaut, dass man eben doch die Banne durchdringen und Hogwarts verlassen konnte. Besonders bei den Slytherins hatte diese Idee die Runde gemacht. Gefährlich, sollten sie es wirklich schaffen, den Ausgang zu finden, aber es hatte Dracos Vorhaben erleichtert. Er hatte sich diejenigen herausgesucht, bei denen er Angst gespürt hatte, als man sie darauf angesprochen hatte, dass sie diesen Ausgang suchen mussten, um Voldemort bei seinem Kampf beizustehen. Er hatte mit Hermione weitere öffentliche, sehr hitzige Streitgespräche geführt, die er allesamt mit gespielter Wut verloren hatte, hatte mit ihrer Hilfe die Schüler um sich herum provoziert, sich für eine Seite zu entscheiden. Um es so richtig überzeugend zu gestalten, hatte er ihr einmal sogar einen Zauber auf den Hals gehetzt, für den er von Flitwick eine Strafarbeit bekommen hatte. Das war der Grund gewesen, warum Pansy sich an Hermione gewandt hatte. Dracos Argumente waren zu Handgreiflichkeiten geworden, als er nicht mehr weiterwusste, während Hermiones Worte überzeugend logisch geblieben waren. So hatte sie sie heimlich nach dem Unterricht aufgesucht und gefragt, was sie tun könnte, um dieser Gewalt zu entgehen. Sie war es gewesen, die Hermione und Ron zum Geheimtipp werden ließ. Doch diejenigen, die der Verschwörung angehörten, waren sehr vorsichtig, wenn sie den Tipp gaben, denn eine Enttarnung hätte mit Sicherheit große Probleme zur Folge. Zusätzlich verhinderte ein von Hermione gewirkter Geheimniszauber, dass jemand davon sprechen konnte, was sie planten und taten. Es hatte sie zwei Wochen gekostet, den Zauber zu erlernen. Inzwischen lernten die Angehörigen der Verschwörung, wie man sich in einem Kampf verhielt, und planten Schritte, die sie im Falle eines Überfalles tun würden. Zu letzterem trugen besonders die Zwillinge und Lee Jordan bei, die mit ihrem Schabernack vollkommen in dieser Aufgabe aufgingen, indem sie fleißig eventuelle Maßnahmen probten und damit Filch in den Wahnsinn trieben. Draco und sein Gefolge erreichten die Große Halle und Pansy winkte sofort aufgeregt ihren Freundinnen zu, bevor sie Draco einen Kuss auf die Wange gab und zu ihnen lief. Der Blonde ließ auch das geschehen. Zu oft hatte er versucht, sie davon abzuhalten. Inzwischen war es ihm egal. Seine Schritte führten ihn zu seinem Platz und sofort wurde er von Smith angesprochen, einem vollkommen von sich und Voldemort überzeugten Todesseranwärter, der sich den Malfoysprössling als Vorbild auserkoren hatte. Draco machte gute Miene zum bösen Spiel. Smith war nicht blöd, aber auch nicht so intelligent zu bemerken, wenn er unerwünscht war. Zwei Brötchen später wurde das Weihnachtsfestessen verkündet und Draco verzog sich zu Salazar und Godric, sobald die Aufmerksamkeit der anderen nicht mehr auf ihn fixiert war. Oft war er bei ihnen, spielte Schach oder durchsprach Ideen und Pläne mit ihnen. Die beiden Alten halfen Draco, Hermione und Ron, indem sie ihre Erfahrungen einbrachten und die kleinen Feen die Lage in Hogwarts ausspionieren ließen. Sie lieferten viele Namen, deren Träger absolut gegen die Unterdrückung durch Voldemort waren. Im Gegenzug hielt Draco sie bei Laune, versorgte sie mit Zauberersüßigkeiten und brachte ihnen neuartige Spiele wie zum Beispiel Snape-Explodiert bei. Es machte ihm Vergnügen und bescherte Ablenkung, denn wenn er nichts mehr zu tun hatte, kam die Sehnsucht. Seine Gedanken waren immer bei Harry. Immer. Wenn er Quidditchtraining hatte, wenn er Zauber trainierte, beim Unterricht, wenn es keine Probleme zu bewältigen gab, immer dachte er an Harry, wünschte sich, dass er wiederkam. Oft war er in letzter Zeit den Tränen nahe, deshalb versuchte er seinen Geist beschäftigt zu halten. Als er ankam, wurde er wie immer klingelnd und singend von einem Schwarm Feen begrüßt und in das Turmzimmer geleitet und dort warmherzig von seinen beiden Freunden empfangen. Heute war hier alles ein wenig hübscher. Obwohl Weihnachten zu ihrer Zeit noch nicht existierte, schienen sie durch die Erzählungen Dracos und der Feen Gefallen daran gefunden zu haben, und so war an diesem Tag gold und rot und grün dominierend und alles duftete nach Zimt und Plätzchen. Die Kerzen leuchteten zur Feier des Tages auch ein wenig heller. „Fröhliche Weihnachten, Draco!“, strahlte Salazar ihn an und schloss ihn herzlich in die Arme. „Wie geht es dir? Neuigkeiten vom verlorenen Kind?“ Lächelnd erwiderte der Blonde die Umarmung und drückte ihm dann eine Schachtel Tee in die Hand, auf deren Deckel eine silberne Schleife prangte. Er wusste, dass sie einen guten Schwarztee zu schätzen wussten. „Nein. Leider nicht.“, antwortete er auf die Frage nach Harry. „Wahrscheinlich wird er nicht kommen…“ Irgendwie hatte er es gehofft, aber er würde seine Enttäuschung unter Kontrolle halten, das hatte er sich vorgenommen. Mitleidig umarmte auch Godric den Jungen, sich von der Fassade nicht täuschen lassend. „Hab Geduld. Er hat versprochen, dass er kommt. Und apparieren lernt man nicht so einfach. Das dauert seine Zeit.“ „Ich weiß.“ Draco setzte sich zusammen mit den Gründervätern an den Tisch, auf dem ein großer Kuchen mit Marzipan und Mandeln appetitanregend aufgebaut war. Dazu gab es Tee und für Draco Bananenmilch. „Es ist nur…“ Ein schiefes Lächeln erklärte es von selbst. Es war nicht so einfach, immerzu allein zu sein, so weit weg von dem, den man liebte. „Du vermisst ihn, das wissen wir.“ „Ist ja auch richtig so.“ Godric wechselte gnädig das Thema: „Und, wie läuft es sonst so?“ „Wir hatten Zuwachs.“, erzählte Draco, froh über die neue Richtung, die er seinen Gedanken geben konnte, und in gewisser Weise stolz. „Jetzt sind es zehn aus dem Schlangennest.“ „Und insgesamt?“ „Siebenundvierzig. Wenn man es recht bedenkt, sind wir gut.“ „Und wie läuft es mit dem Geheimtraining?“ Godric schnitt mit feierlich anmutender Geste den Kuchen an. „Die Kleinen sagen, ihr macht Fortschritte.“ „Einige sind richtig gut geworden. Besonders Neville. Er hat inzwischen Dinge gelernt, die ihm keiner zugetraut hat. Oder Pansy. Sie hat einen fast undurchdringbaren Schild, sagt Ron.“ „Das ist gut zu hören. Es kann nicht mehr lange dauern, bis ihr gebraucht werdet. Tom wird allmählich aktiv. Irgendwas hat ihn aufgeschreckt.“ Draco war sofort mit allen Sinnen bei der Sache. „Wisst ihr Genaueres?“ Solche Informationen waren wichtig! Godric seufzte. „Nicht wirklich. Die Todesser streifen vermehrt durch London, scheinen Harry zu suchen… Sie fragen nach einem Jungen mit Narbe auf der Stirn und grünen Augen.“ „Sie wissen, dass Harry da draußen ist?“, fragte Draco entsetzt. „Sie suchen ihn?“ „Wir können uns das auch nicht erklären, aber so ist es seit ein paar Tagen schon.“ „Und es kursiert ein Gerücht, dass jemand Zauberern die Magie entzieht.“, fügte Salazar noch an, akribisch Godric mit seinem Tortenheber beobachtend. Er liebte Torte. Der sollte sich endlich beeilen! „Die Todesser scheinen Angst zu haben.“ Draco wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Konnte es so was überhaupt geben? Dass man Zauberer zu Squibs machte? Das klang reichlich seltsam und ziemlich unglaubwürdig. „Davon hab ich noch nie was gehört…“, murmelte er zweifelnd und nahm seinen Teller entgegen. „Ja, es klingt fast so, als ob es ein Gerücht wäre, um die Todesser zu verunsichern.“, bestätigte Godric. „Damit sie sich auf ihrer Suche nach Harry mehr anstrengen.“ Ein weiteres großes Stück Torte landete auf einem Teller und wanderte in die Hände eines ungeduldigen Salazars, der daraufhin zu strahlen begann. „Wieso? Wenn sie Angst haben…“ „Sie glauben dran. Und sie suchen nach Harry, um Tom die Zeit zu verschaffen, nach dem Ausschau zu halten, der die Magie auslöscht. Wie gesagt, wir glauben, dass es eine Finte ist.“ Salazar schob sich ein Stück Torte in den Mund und seufzte selig. „Dein Kuchen ist eine Wucht, Godric, wirklich. Einsame Spitze!“, schwärmte er mit verklärtem Blick. „Vielen Dank, mein Lieber. Aber ich finde auch, dass die Komposition gelungen ist.“ Dracos Gedanken schweiften ab, überließen die beiden Alten ihrem Geturtel. Jemand, der Menschen die Magie entzog? Sie wussten, dass Harry draußen war und suchten ihn? Verdammt, was war nur los in der Welt? Es schien irgendwie alles schief zu laufen. Was, wenn sie Harry erwischten? Dann war er tot! Niemals würde Voldemort darauf verzichten, Harry umzubringen! Viel zu groß war sein Hass auf ihn, das hatte ihm sein Vater oft genug gepredigt. Er musste ihn vor den Todessern warnen. So schnell wie möglich! Damit kein Unglück geschah! Aber wie? Er konnte ja nicht hinaus und ihm folgen. Er wusste ja nicht, wohin er musste. Das wusste nur Dumbledore und der würde ihn nicht hinauslassen. Aber vielleicht wusste er ja einen Rat. Vielleicht konnte er helfen. Gleich heute Nachmittag vor dem Festmahl würde er es ihm sagen, je schneller, desto besser! „Draco, was hast du?“ Durch den Klang seines Namens aus den Gedanken gerissen blickte der Blonde hoch. Sorge verschleierte seine Augen. „Was hast du gesagt?“ „Geht es dir nicht gut?“ Beruhigend schüttelte Draco den Kopf. „Doch, doch, aber ich sollte langsam gehen. Ich muss Dumbledore sagen, dass er Harry warnen…“ Er unterbrach sich plötzlich, sein Kopf fuhr herum, seine Augen geweitet. „Draco?“ „Ich…“ Wieder brach der Junge ab. Da war etwas. Ein Gefühl. Ein leises, unbedeutendes Kribbeln in den Fingerspitzen. Sein Nackenhaar sträubte sich, aber nicht unangenehm. Aufregung. Freude? Er kannte dieses Gefühl. Woher? Eine Erinnerung… Das Kribbeln breitete sich aus, überschwemmte seinen Magen und ließ sein Herz schneller schlagen. Dieses Gefühl… „Harry ist zurück.“, wisperte er wie in Trance, noch nicht ganz überzeugt, dass es nicht einfach nur sein Wunschdenken war, das ihm dieses Gefühl vorgaukelte. „Er ist wieder hier. Irgendwo hier… Er ist im Schloss!“ Langsam stellte er den unberührten Kuchen ab, erhob sich, tastete wie hypnotisiert über den Tisch, um das Ende zu finden, ohne den Blick aus der Richtung zu nehmen, in der er glaubte, seinen Freund zu spüren, aus Angst das Gefühl dann wieder zu verlieren. „Was meinst du?“ Salazar war verwirrt. „Harry ist wieder hier? Woher willst du das wissen?“ Auch er stand auf, doch Godric hielt ihn zurück und schüttelte sachte den Kopf, während er Draco beobachtete, wie er zu der Luke wanderte. Doch Salazar wollte nicht, dass er einfach ging. Er verstand es nicht und sie feierten doch gerade Weihnachten! „Draco, was ist los?“ Der Junge blieb stehen, wandte sich um und blickte seine beiden Freunde an, ein Strahlen in den Augen, das sie beide bei ihm noch nie gesehen hatten. „Harry ist zurück!“, wiederholte er glücklich, seine Wangen färbten sich rot vor Aufregung. „Ich kann fühlen, dass er angekommen ist!“ Er lachte und Erleichterung flutete durch seinen Körper. „Ihr müsst mich entschuldigen, ja?“ Godric lächelte nur und nickte. „Geh nur. Grüß ihn schön.“ Und während Salazar noch sprachlos war, verschwand Draco in der Luke. „Was war denn das?“, fragte der weißhaarige Slytheringründer, als er die Sprache endlich wieder gefunden hatte. „Er hat die Gabe, den zu fühlen, an dem seine Gefühle hängen, wenn dieser in seiner Nähe ist.“, erklärte Gryffindor geduldig. „Hat er das?“ Salazar blinzelte. „Ja. Seine Hand zeigt genau das.“ „Ach, deine Linien…“ Godric lächelte fröhlich. „Genau.“ Währenddessen rannte Draco die Treppe hinunter. Er hatte es so eilig, dass er beinahe stürzte und sich nur mit einem beim Quidditch antrainierten Reflex vor einem Sturz in die Tiefe retten konnte. Schon vollkommen außer Atem erreichte er das Bild mit dem Löwen und der Schlange, tauchte hindurch und eilte durch die Gänge, immer dem Gefühl in sich folgend, dass Harry nach ihm rief. Doch als er in gerade die Treppe zur Eingangshalle hinaufsprintete, wusste er plötzlich nicht mehr weiter. Das Gefühl war weg. Einfach so. Wo war Harry hin? Gerade eben hatte er ihn noch gespürt. Warum jetzt nicht mehr? „Draco!“ Pansy und Blaise kamen ihm entgegengestürmt und das braunhaarige Mädchen fiel ihm um den Hals. „Wo bist du gewesen?“ Sie und ihre Frage gar nicht richtig wahrnehmend drückte er sie zurück auf den Boden, blickte sich in der völlig überlaufenen Halle um. „Ich suche jemanden.“ „Ja? Wen denn?“ Pansy folgte seinem schweifenden Blick, dann wurde es Blaise zu bunt. Es interessierte sie im Moment nicht im Geringsten. Sie hatte eigene Probleme, Existenz bedrohende, wenn man es so wollte! „Draco, würdest du beim Festessen bei uns am Tisch sitzen wollen?“, fragte sie freundlich. „Wo doch Sechsertische gebildet werden sollen, meine ich.“ „Ja, genau!“ Pansy ließ ihn los und klatschte in die Hände, als wäre es ihr kurzzeitig entfallen. „Smitty sitzt auch bei uns und Dexter und Jay.“ Damit hatten sie Dracos Aufmerksamkeit. Er hob die Augenbraue und blickte die beiden Mädchen an. Diese drei Jungen waren Musterslytherins. Warum wollten sie, die die Seiten gewechselt hatten, mit denen an einem Tisch sitzen? Tarnung? „Bitte sag Ja!“, bettelten sie unisono mit sicherlich einstudiertem Hundeblick und Draco begann zu ahnen, dass sie gefragt worden waren, ob sie mit am Tisch sitzen wollten und Pansy seinen Schutz suchte. Aber wenn Harry wieder da war, dann wollte er bei ihm sein! Wieder ließ er den Blick durch die Eingangshalle schweifen. Das Gefühl war wirklich verschwunden, nur das Herzklopfen geblieben, das allerdings allmählich von bodenloser Enttäuschung ersetzt wurde. Lahm nickte er, was die Mädchen in Jubelrufe ausbrechen ließ. Sie nahmen ihn bei den Händen und zogen ihn durch die Menge an Schülern mit sich in eine festlich geschmückte Große Halle. Es würde noch dauern, bis das Fest begann, aber bereits jetzt war die Halle schon halb gefüllt und etliche Tische mit Taschen oder anderen Dingen besetzt. Doch Blaise und Pansy steuerten zielsicher auf einen der Tische zu, an dem sie von Dracos Bewunderern begrüßt wurden. Goldene Gedecke standen blank poliert auf jedem Platz, große Karaffen mit Kürbissaft und Butterbier waren bereits aufgetragen und Draco wurde sofort etwas eingeschenkt. Crabbe und Goyle blickten leicht säuerlich zu ihm hinüber, weil er nicht bei ihnen mit am Tisch saß, aber das war ihm egal. Diese beiden waren auch nur Schleimer, genau wie Smith, Dexter und Jay. Sie gehörten nicht zu seinen Freunden. Kurz huschten seine Augen zu Ron und Hermione hinüber, die sich herzlich mit Ginny, Neville, einer Ravenclaw namens Luna und einer Hufflepuff amüsierten. Diese sechs brachen als einzige das ungeschriebene Gesetz der Häusertische. Langsam füllte sich die Halle, während er mehr oder weniger von seinen Tischgenossen zugetextet wurde, ohne die Themen wirklich mitzubekommen. Ab und zu mal ein Nicken reichte ihnen offenbar, so dass sich Draco auch nicht zu mehr aufraffen wollte. Die kurze Hoffnung vorhin hatte ihn ein tiefes Loch der Enttäuschung fallen lassen. Im Grunde wollte er nichts lieber als gehen und sich in seinem Bett verkriechen, die Vorhänge schließen und das Licht aussperren, das ihn so zu verhöhnen schien. Und dann spürte er plötzlich wieder jenes intensive Gefühl des Wohlbefindens, der Aufregung und der Freude, spürte es in sich aufsteigen, seinen Körper überfluten und die Traurigkeit hinwegspülen. Harry. Harry war doch wieder da! Er war da! Und er war in der Eingangshalle! Ganz sicher! Er war nur ein paar Meter von ihm entfernt! Gerade wollte er aufspringen und ihm entgegenlaufen, ihn draußen abfangen, um ihn zu begrüßen, da öffneten sich die Torflügel und Dumbledore rauschte herein. Ihm folgten McGonagall, ein missgelaunter Snape, eine lachende Tonks, Sirius Black, Remus Lupin und Harry. Der Junge, der lebt, lief zwischen Sirius und Remus und beiden hatten je eine Hand auf seinen Schultern platziert, machten so deutlich, wie die Dinge hier standen. Die Große Halle versank in Schweigen. Münder öffneten sich, man begann nach ein paar Schrecksekunden zu tuscheln und zu wispern, man zeigte mit den Fingern auf die Gäste, die zu einem großen Tisch ganz hinten in der Halle geführt wurden, an dem schon die anderen Lehrer saßen. Draco hatte gar nicht mitbekommen, wie die Zeit vergangen war. Das Fest stand kurz bevor, alle waren inzwischen da und keiner konnte so recht glauben, was hier geschah. Allein Lupins Erscheinen war ein Schock für die Schüler. Der Werwolf, der sich ein ganzes Jahr unter ihnen aufgehalten hatte, ohne dass sie etwas davon gewusst hatten, war nach Hogwarts zurückgekehrt. Sirius Black, der kaltblütige Mörder und Verräter an den Potters aus Askaban, übertraf diese Überraschung allerdings noch, doch das war noch immer nichts gegen das Auftauchen Harry Potters in Begleitung dieses Mannes. Es warf einen wahren Fragenkatalog auf. „Was macht Potter denn mit Black und dem Werwolf?“, zischte Blaise neben Pansy. „Warum hat Dumbledore sie eingeladen? Das sind doch alles Verbrecher.“, erklang es von anderswo. „Erkennen sie sie etwa nicht?“ „Was denkt sich Dumbledore dabei, den Werwolf wieder in die Schule zu lassen? Wenn er nun jemanden beißt!“ „Wo ist Potter gewesen? Und warum ist er bei Black? Wurde er entführt?“ „Warum darf er mit an den Lehrertisch?“ Tatsächlich ließ sich Harry neben Sirius und Poppy Pomfrey nieder, starrte blicklos und freudlos auf den Tisch vor sich. Er wirkte, als würde er am liebsten gleich wieder flüchten. Die kleine Fee Kikuileh winkte aufgeregt in Dracos Richtung, vollkommen glücklich. Es brachte Draco zum Lächeln, selbst wenn er Gefahr lief, entdeckt zu werden, doch dass Harry so gar keine Reaktion zeigte, ließ das Lächeln sofort wieder verblassen. Was war los? Er bekam kaum mit, wie Dumbledore die Gäste vorstellte, dass er mit kurzen Worten das Festmahl eröffnete und dass im nächsten Moment Berge der köstlichsten Speisen vor ihm standen, ignorierte Ron und Hermione, die zu Harry, Sirius, Tonks und Remus liefen, um sie zu begrüßen. Mit großer Anstrengung riss er sich von Harrys Antlitz los, starrte auf seinen Teller hinunter und biss sich auf die Lippe. Harry war leichenblass! Er sah aus, als ob er gleich zusammenbrechen würde! Was war mit ihm los? Warum konnten ihn überhaupt alle sehen? Warum ließ er zu, dass alle ihn angafften, wo es ihm doch immer so unangenehm war, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen? In seinem Bauch bildete sich ein Knoten aus Freude und Sorge. Harry war wieder da! Bei ihm! In seiner Nähe! Aber was war mit ihm los? Die Gespräche drehten sich nur noch um Harry und Sirius Black, der vor zwei Jahren ja eigentlich hinter ihm her gewesen sein sollte, um ihn zu töten. Aber jetzt saßen sie da wie die besten Freunde. Wie ein Vater sorgte Black dafür, dass Harry etwas trank und aß, er lachte mit dem Werwolf und Dumbledore und der bunten Frau, die aussah wie ein überdimensionaler Wichtel. Selbst Snape sagte nichts dagegen, gab sich lediglich die größte Mühe, sie alle zu ignorieren. „Sehen die Lehrer etwa die Gefahr nicht?“ Draco konnte über diese Frage innerlich nur lachen. Von den Menschen, die da vorne saßen, war Raindoom mit Sicherheit der gefährlichste, obwohl ihn keiner beachtete. Es war noch keine halbe Stunde vergangen, als Harry sich plötzlich erhob, und damit die Aufmerksamkeit aller im Saal auf sich zog. Er lächelte den Leuten am Tisch zu, sagte etwas, dann drehte er sich um. Draco blieb fast das Herz stehen, als er für einen Augenblick direkt von den blinden Augen fixiert wurde. Er spürte tiefe Sehnsucht in sich aufsteigen, bis es ihm fast das Herz zerriss, doch bevor er realisieren konnte, dass es Harrys Art war, ihm zu sagen, dass er ihn vermisste, ihn bei sich haben wollte, war der Schwarzhaarige schon verschwunden. Einem Impuls folgend, wollte er aufspringen und Harrys Bitte erfüllen, als er einen zweiten, lähmenden Blick auf sich spürte. Scharf und unnachgiebig schwarz. Snape schien wütend über seine unüberlegte Handlung, schickte ihm eine eindeutige Warnung, die auch von Remus und Sirius unterstützt wurde, wie er feststellte, als er zu ihnen sah. Selbst Dumbledore hob fragend eine Augenbraue. Sie kannten ihn. Und sie riefen ihn zur Vernunft. Seine Tarnung durfte nicht auffliegen! Resignierend wandte er sich wieder seinem Teller zu. „Wow. Was Potter wohl gebissen hat, dass er so schnell abgedampft ist?“, wunderte sich Pansy abschätzig.. Blaise zuckte nur mit den Schultern, während die Jungen zu lachen begannen. „Wahrscheinlich hatte er Angst vor uns, weil er weiß, dass er selbst mit Black keine Chance gegen uns hat!“, höhnte einer. „Warum sonst hätte er die ganze Zeit über verschwunden sein sollen?“ Draco rollte mit den Augen, während die Jungen ihre These immer weiter ins Lächerliche zogen. Immerhin ließen sie ihn in Ruhe, nachdem er sie anfuhr, dass er Kopfschmerzen hätte, die durch ihre Blödheit nur noch verstärkt wurden. Das Festessen zog sich hin und mit der Zeit wandten sich die Gesprächsthemen anderen Dingen zu. Nur noch ein paar ganz Hartnäckige hielten an dem Harry Potter - Sirius Black – Thema fest. Nach und nach beendeten die Schüler ihr Mahl und die Stimmung wurde lebhafter und eine freudige Spannung hielt Einzug in der Großen Halle. Für den Abend war ein Fest mit Tanz und Musik geplant, um die Schüler auf andere Gedanken zu bringen, und dieses wurde sehnsüchtig erwartet. Draco verabschiedete sich, sobald die Teller verschwanden. Kaum dass es unter seinen Kameraden unübersichtlich wurde, weil die Tische an den Rand geschoben wurden, huschte er hinaus in die Eingangshalle. Wohin? Hinab. Ganz sicher! Hermione und Ron kamen ihm entgegen. „Hast du ihn gesehen?“, fragte das braun gelockte Mädchen unglücklich, ein wenig sehr unumsichtig, nachdem jeder problemlos zuhören konnte. Zum Glück waren sie hier allein, weil keiner freiwillig die Große Halle verließ. „Wir haben überall gesucht, aber er ist nicht da.“ „Weißt du vielleicht, wohin er gegangen sein könnte?“, wollte Ron wissen, doch Draco schüttelte den Kopf. „Ich bin gerade erst losgekommen.“ Ein kurzes, leidvolles Augenrollen, dann begann er zu lächeln. „Macht euch keine Sorgen. Ich finde ihn.“ „Wie du ihn immer findest. Ich weiß.“ Ron seufzte. „Er sah so furchtbar blass aus. Hast du Mme Pomfreys Gesicht gesehen? Sie hätte ihn mit Sicherheit lieber ins Bett gesteckt.“, murmelte das Gryffindormädchen. „Ich mache mir Sorgen.“ „Schon klar. Ich sage euch, wenn ich ihn nicht finde, okay?“ Es brachte Ron zum Grinsen. „War ja klar, dass du ihn erstmal für dich haben willst. Geh ihn suchen. Er braucht jetzt Beistand. Sirius hat gesagt, er wäre am Ende!“ Er klopfte ihm auf die Schulter und schob seine Freundin in die Große Halle, bevor sie noch widersprechen konnte. Draco nutzte die Chance, um endlich zu verschwinden und die Treppe in die Kellergewölbe zu nehmen. Er hatte eine Ahnung, wo er Harry finden würde. Bevor er gegangen war, in dem Zimmer, in dem sie sich getroffen hatten, da hatte Harry ihm versprochen, dass er dorthin zurückkehren und auf ihn warten würde. Sicherlich war er dorthin verschwunden. Peeves begegnete ihm, doch der Geist ignorierte ihn, schien irgendwie auf der Flucht zu sein. Vielleicht war ja der Blutige Baron in der Nähe. Wäre ja nicht verwunderlich. Wenig später erreichte er die Tür in dem verkommenen Gang, öffnete sie mit einer undurchdachten Hast. Am Fenster zuckte Harry zusammen. Ganz klein zusammengekauert hockte er dort auf dem Sims, die Arme um die Knie geschlungen und den Kopf möglichst versteckt. Jetzt blickte er hoch. „Harry…“, wisperte Draco leise und trat näher. Die Miene änderte sich zu einem Lächeln und wie zur Belohnung für das Wort gab Harry seine Haltung auf. Stattdessen breitete er einladend die Arme aus, wortlos und dennoch eindeutig vermittelnd, was er wollte. Draco kam der Bitte nur allzu gern nach, durchquerte den Raum mit wenigen, ausgreifenden Schritten und nahm ihn stürmisch in die Arme, spürte, wie sich Harry sofort an ihn schmiegte, ihn fest drückte. Glück, Freude und Erleichterung überschwemmte ihn. Er hatte ihn zurück. Endlich! „Ich hab dich so vermisst.“, drang es aus den Tiefen seines schwarzen Umhangs, in dem Harry sein Gesicht versteckte. „Ich hab so lange… Ich habe so gehofft… Ich… ich…“ „Shhh.“ Beruhigend strich Draco über schwarzes Haar. Es war wieder kurz und strubbelig. Harry hatte es schneiden lassen, aber wenn er ehrlich war, passte diese Frisur eh besser zu ihm. „Jetzt bist du da. Jetzt hab ich dich endlich wieder.“ „Ich hab nichts kaufen können.“, setzte Harry noch leiser erneut an. „Dabei hätte ich dir doch so gerne etwas geschenkt…“ Es brachte Draco tatsächlich zum Lachen. „Du bist hier! Was könnte ich mir Schöneres wünschen?“ Er suchte mit den Händen vorsichtig nach Harrys Schultern und schob ihn ein Stück fort, um ihn ansehen zu können. „Du bist einfach hier.“ Auf Harrys Lippen legte sich ein Lächeln. Seine Hände hoben sich, tasteten über den Hals zum Gesicht und darüber. Genießend schloss Draco die Augen, spürte jeder noch so kleinen Bewegung nach. Harrys Hände waren so unendlich weich und sanft, nicht zu vergleichen mit Pansys. Schwer zogen die Finger durch die Haare, strichen sie ihm aus dem Gesicht und verursachten ein Prickeln, wo sie Haut berührten. „Du hast abgenommen, Dray.“ Der Blonde öffnete die Augen. Das hatte er gefühlt? Der Gedanke wurde von strahlendem Grün verdrängt. Große Pupillen fixierten ihn, dunkel, weil von draußen kein Licht hereinfiel. Sprachlos machte Draco den Mund auf und schloss ihn wieder. Freude ließ sein Herz höher schlagen, als er diese Augen sah, wie sie verwundert weiter wurden, als er auf die Feststellung hin so glücklich reagierte. Letztendlich fand er doch noch Worte, um sich zu erklären. „Du kannst ja sehen.“, flüsterte er ergriffen. „Wann…?“ „Es hatte mit dem Herzen zu tun.“, gab Harry zur Antwort. „Solange ich mich bemühe, die schleichende Angst in mir zu ignorieren, es zu akzeptieren, dass es Dinge gibt, die ich vielleicht nicht sehen will…“ Wieder strich er durch das weiche helle Haar, zuckte mit den Schultern, als wäre es nichts. „Remus ist dahinter gekommen. Es hing mit der Magie zusammen und dem Wunsch, niemanden mehr sterben zu sehen.“ „Und du hast es jetzt unter Kontrolle?“ Draco konnte es kaum fassen, was er da hörte. Der Magus in Harry hatte das zu verantworten? Harry war selbst Schuld an der Blindheit? „Häufig. In letzter Zeit weniger.“ Sanft zog der Slytherin Harry vom Fenstersims. Seiner Meinung nach war das kein sehr bequemer Ort. Es war hart und er musste stehen und durch das Fenster zog die Kälte der Nacht und des Winters herein. Die kleine Couch vor dem Kamin war da die bessere Wahl. Erst als sie saßen und das Feuer im Kamin prasselte, ging er wieder auf Harrys Worte ein. „Was ist da draußen passiert? Was hast du nur erlebt, dass du keine Farbe mehr im Gesicht hast?“ Gegen Draco gelehnt und fast gedankenverloren mit seinen Fingern spielend, erzählte Harry, was bei Voldemort passiert war, was er erlebt hatte. Er erzählte wie damals, nutzte keine starken Worte oder die Stimme, um es interessanter zu machen oder aufzubauschen. Die Grausamkeit der Sache genügte ohnehin, um Draco eine Gänsehaut zu bereiten. Immer fester schlossen sich seine Arme um den Jungen, der lebt, gaben Trost und die Versicherung, dass er jetzt in Sicherheit und bei ihm und nicht mehr alleine war. „Und das allerschlimmste ist, dass ich immer noch nicht stark genug bin, um Voldemort zu besiegen.“, schloss Harry leise. Draco seufzte. „Was hast du denn erwartet? Dass du ein paar Wochen intensiver lernst und dann alles schaffst?“ Ein wehmütiges Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Du bist letztendlich nur ein Kind, Harry. Du solltest dir nicht einmal Gedanken darüber machen, dass du es versuchen musst.“ „Ich bin der einzige, der es schaffen kann.“, erklärte Harry erstickt. „Ich muss.“ Es war genug. Ohne ein weiteres Wort zuzulassen, beugte sich Draco zu ihm hinunter und küsste ihn, verschloss die Lippen, die soviel Unsinn erzählten, mit einem weichen Kuss. Nicht lange allerdings. „Wenn du es unbedingt machen musst, dann lass dir die Zeit, die du brauchst.“ „Es sterben Menschen.“ „Wenn du stirbst, weil du noch nicht bereit bist, wird das auch nicht aufhören, Harry. Lass dir Zeit, bist dein Plan funktioniert.“ Der Schwarzhaarige nickte, lächelte vorsichtig. „Okay.“, stimmte er zu und es klang fast wie ein Versprechen. „Wo ist Kikuileh?“ „Nach Hause geflogen.“ „Dann sind wir ja allein…“, lächelte Draco und strich mit dem Daumen über Harrys Unterlippe. „Frohe Weihnachten, Harry.“ Und dann küsste er ihn richtig. ------------- Ui, was sagt ihr? Wiedervereinigung geglückt? *smile* Ich hätte es zu gerne gesehen, wie meine Knuffis in die Große Halle gekommen sind, und wie Draco mit offenem Mund dastand und ihnen hinterher geblickt hat. Die Aufregung der Schüler und Dumbledores Amüsement ob der Situation… Japp, das hätte mir sehr gefallen. ^^ Der Titel... hm... Im Endeffekt haben weder Harry noch Draco viel gegessen... *drop* Bis in zwei Wochen. Shi Ps: Man hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es schon über 180 Seiten bei Mexx sind. Ganz ehrlich: bei Word sind es 400, aber das wirkt nicht halb so niederschmetternd wie diese Kästchen bei Mexx ^^ Respekt, dass ihr das alles gelesen habt! Dämpfer ------- Titel: Dämpfer Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 48: Dämpfer Es wurde dunkel draußen. Draco lag auf dem Rücken, Harry in seinem Arm und starrte zur Decke hinauf. Harry war wirklich kaum noch vorhanden. Der einst so starke, selbstbewusste Junge war in den letzten Stunden nirgends mehr zu finden gewesen. Der Kuss hatte eine Lawine an Gefühlen bei ihm losgetreten. Zuerst hatte er sich an ihn geklammert, als würde er ertrinken, dann hatte er zu weinen begonnen. Es war nicht mehr aufzuhalten gewesen und Draco hatte verstanden, was Harry wirklich durchgemacht hatte, was er in sich aufgestaut hatte. Das alles war längst zu viel für ihn geworden. Seine Kraft, das Leid der Welt, für das er trotz allem immer noch die Schuld auf sich nahm, Schlafdefizit in den letzten Tagen, Sehnsucht nach ihm, rollende Gedanken, die ihn nicht ruhen ließen. Und er hatte nichts weiter tun können, als ihn halten, ihm Schutz und Trost zu geben, Nähe zu spenden, während Harry bruchstückhaft seine Emotionen mit ihm teilte. Es zerriss ihm fast das Herz. Dagegen war seine Einsamkeit nur ein Tropfen auf den heißen Stein, mehr nicht. Er war so schwach im Vergleich mit Harry. Und selbst Harry war am Ende. Es war wirklich erschreckend, was Voldemort mit ihm machte, ohne überhaupt anwesend zu sein. Weich glitten seine Finger durch das schwarze Haar, berührten die warme Stirn. Es war gut, dass er jetzt schlief, denn viel Schlaf hatte er mit Sicherheit nicht abbekommen in den letzten Tagen. Wenn er tatsächlich ununterbrochen von Träumen heimgesucht worden war. Die Frage war nur, ob ein Erschöpfungsschlaf so sinnvoll war. Vielleicht brauchte er ja medizinische Hilfe… Ein leises Seufzen erklang und Harry kuschelte sich noch ein wenig näher an ihn. Liebe überkam ihn, überschwemmte ihn gnadenlos bis von der Sorge in seinem Herzen kaum noch etwas übrig blieb. War es sein Verdienst, dass Harry so süß lächelte im Schlaf? Er zauberte die Decke vom Bett über Harry und fuhr damit fort, ihn zu betrachten und über ihn zu wachen. Es machte ihn glücklich, dass er für Harry einen solchen Stellenwert einnahm, dass er ihm Ruhe verschaffen konnte in Zeiten, wo das Schlafen ein reiner Alptraum war. Im nächsten Moment schrak er zusammen, als es klopfte. Wer bitte…? Den Atem anhaltend lauschte er angestrengt in die Stille hinein. Sein Herz klopfte bis zum Hals. War da draußen jemand, der ihn enttarnen würde, wenn er ihn hier bemerkte? Wieder klopfte es und Draco richtete sich ein wenig auf, was bei Harry ein missbilligendes Gemurmel auslöste. Er murrte, im Schlaf gestört, seine Hände krallten sich fester in den Stoff seines Hemdes. Wenn er Farbe bekennen musste, dann würde er das tun. Er würde zu Harry stehen, wenn es sein musste, vor der ganzen Schule. Harry brauchte ihn! „Ich komme gleich wieder.“, flüsterte er sanft, als es das dritte Mal klopfte. „Lass mich los.“ Widerwillig tat Harry das sogar und rollte sich sofort zusammen, als Draco ihn nicht mehr berührte. ‚Wie eine verlassene Katze’, dachte der Blonde amüsiert, bis ein viertes Klopfen ihn sich seufzend abwenden ließ. Dem da draußen würde er etwas erzählen! Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er den Besucher erkannte. „Professor Dumbledore?“ Der weißhaarige Schulleiter nickte lächelnd und zwinkerte ihm über die Ränder seiner Halbmondgläser zu. „Guten Abend, Draco.“, grüßte er. „Wie geht es dir?“ „Äh… gut.“ Der Blonde begriff gar nichts mehr. Wie hatte Dumbledore sie gefunden? Diesen Ort kannte doch keiner. Und warum war er hier? Was wollte er hier? „Und ihm?“ Ach, das war der springende Punkt. Er wusste, dass Harry auch hier war. Hörte er da Sorge aus der Stimme? „Harry schläft. Dass es ihm gut ginge, wäre eine Lüge.“ „Ich sehe schon.“ Dumbledore nickte ernst, auch wenn das Lächeln noch immer weich und gütig auf seinem Gesicht stand. „Das war schon abzusehen. Immerhin schläft er. Sirius macht sich Sorgen. Und Mme Pomfrey ebenfalls.“ Das war klar gewesen. Betrübt blickte Draco zur Couch, auf der Harry lag. Von hier aus konnte man ihn nicht sehen, aber er wusste genau, wie er liegen musste. Ganz klein, unter der Decke verborgen, die Hände vor der Brust zu Fäusten geballt. „Ich komme, um ihn abzuholen.“, erklärte Dumbledore. Draco presste die Lippen aufeinander. „Muss das wirklich sein?“, fragte er bittend. „Kann er nicht…?“ „Es ist notwendig, dass jemand in seiner Nähe ist, der ihm notfalls helfen kann, solange er so schwach ist. Natürlich darfst du weiterhin bei ihm bleiben. Ich will gar nicht wissen, was er tut, wenn du nicht mehr da bist, wenn er aufwacht.“ „Sir?“, hakte Draco verständnislos nach. „Er… Nun ja, Sirius sagt, dass er nur von dir gesprochen hat. Die ganze Zeit über. Selbst im Schlaf hat er wohl nur nach dir gerufen.“ Wieder dieses verschwörerische Zwinkern. „Deswegen bin ich der Meinung, dass ich es nicht verantworten kann, ihm deine Anwesenheit zu versagen.“ Auf Dracos Gesicht legte sich Glück. War das wirklich so? Bedeutete er Harry wirklich so viel? Das war… Das ging ihm ins Herz, ließ es erneut von Liebe überschwemmt werden. „Trotzdem sollten wir ihn in medizinische Hände geben.“, beharrte Dumbledore. „Er war bis vor kurzem noch krank.“ Der Blonde stimmte zu. Solange er bei ihm bleiben durfte, war es doch egal, wo sie sich befanden. „Dann schlage ich vor, ich nehme ihn mit und du kommst nach. Dein kleines Geheimnis sollte noch ein wenig länger geheim bleiben.“ Auch das klang bestechend logisch und so sah Draco schweren Herzens dabei zu, wie der Schulleiter Harry mitnahm. Er würde in ein paar Minuten nachkommen, doch bevor er das tun konnte, sollte er unbedingt Hermione treffen und dieser von der Lage außerhalb der Schule berichten. Vielleicht half es ihr bei der Ausarbeitung von Schlachtplänen. Kaum hörte er, dass Dumbledore die Kellergewölbe verlassen hatte, rannte er los zur Großen Halle. Ron fing zwischen den tanzenden Schülern seinen Blick auf und inzwischen konnte er die Verabredung darin lesen. Er nickte und Draco verschwand, bevor ihn noch jemand in Beschlag nehmen konnte. Zwei Minuten später pfiff er, um den beiden Gryffindors ein Signal zu geben, damit sie nicht an seinem Versteck vorbeiliefen. „Wie geht es ihm?“, platzte Hermione heraus, bevor er noch etwas sagen konnte. „Du hast ihn doch gefunden?“ Nickend beruhigte er das braun gelockte Mädchen. „Es geht ihm gut, weil er wieder hier ist.“, erwiderte er und schob die beiden in einen leeren Raum. „Aber er hat Schreckliches erlebt.“ Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss, dann erzählte er, was er von Harry gehört hatte. Der Terror, die Grausamkeit, das Leid, die Erlebnisse im ehemaligen Zaubereiministerium, Voldemorts Stärke - nichts ließ er aus. Hermione und Ron lauschten angespannt und mit zunehmend ernsten Gesichtern. Es war mit Sicherheit nichts, was sie erwartet hatten. Schrecken und Angst hielten Einzug in ihren Herzen und zum ersten Mal konnte Draco sehen, was es bedeutete, Hilflosigkeit in Augen lesen zu können. Die Frage war klar: ‚Was können wir denn schon gegen eine solche Organisation tun?’ „Wir sind noch immer viel zu wenige.“, wisperte Ron nach langer Stille. „Das können wir niemals schaffen.“ Es kam keine Antwort. Hermione blickte reichlich ratlos. Ihre Vorstellungen, ihre Pläne, alles, was sie in den letzten Wochen getan hatte, war auf ein solches Ausmaß nicht ausgelegt. Es war lächerlich, dass sie sich so abstrampelten gegen diese Übermacht. „Und Harry will gegen dieses Monster kämpfen?“ Ron ertrug die Stille nicht. Er sprang von dem Tisch, auf dem er gesessen hatte, und wanderte hektisch im Kreis, seine Hände rangen hilflos nach etwas, das er greifen konnte, etwas das er mit seinem Geist noch nicht fassen konnte. „Er will wirklich gegen ihn antreten? Das schafft er nie!“ Draco folgte ihm mit den Augen. „Er hat aber Recht, wenn er sagt, dass nur er es schaffen kann. Ihr habt mir die Prophezeiung doch vorgelesen, oder?“ Er stützte sich hinterrücks mit den Händen ab und beobachtete den Rotschopf genau. „Und wenn wir nicht an ihn glauben, wer tut es dann?“ Blaue Augen trafen auf graue. Ernst und verletzt blickten sie, trugen stummen Vorwurf. „Was?“, schnappte Draco und saß wieder senkrecht. Dieser Blick nach diesen Worten war doch wohl nicht ernst gemeint, oder? „Natürlich glauben wir an ihn!“, rief Ron. „Aber… Er sollte das nicht tun! Es ist viel zu gefährlich für ihn! Er wird sterben!“ „Wird er nicht!“ Dracos heftig hervorgestoßener Widerspruch ließ Ron zusammenzucken. „Er wird auf keinen Fall sterben.“, sagte der Blonde ruhiger, nur seine Augen zwangen dazu, ihm diese Worte zu glauben. „Das lasse ich nicht zu. Ich werde ihn beschützen!“ „Das werden wir auch.“ Hermione legte ihm eine Hand auf den Arm. „Aber wir werden unsere Pläne ändern müssen. Mit nur fünfzig Leuten haben wir gegen die Todesser selbst mit Harry keine Chance.“ Draco blickte das Mädchen nachdenklich an. Nein. Nach Harrys Erzählungen hatten sie mit den paar Leuten tatsächlich keine Chance. Sie würden umgebracht und vernichtet werden. Ohne großes Federlesen, ohne etwas erreicht zu haben. Es wäre völlig sinnlos, wenn sie versuchen würden, Harry zu folgen, der ja selbst sagte, dass er es noch nicht schaffen konnte. „Wir brauchen mehr Leute.“, überlegte das Mädchen weiter. „Wenn die ganze Schule mitmachen würde…“ „Auch dann hättet ihr keine Chance.“, wurde sie mit dem Öffnen der Tür unterbrochen. „Sirius!“ Ron schüttelte den Schrecken so schnell ab wie sonst keiner in dem Zimmer. Er grinste den Mann an, der jedoch ernst blieb. „Ich habe gehört, was ihr plant.“, sagte er. „Und ich sage euch, dass das vollkommen bescheuert ist.“ „Aber…“ „Hermione, du bist doch ein kluges Mädchen.“, unterbrach Sirius sie erneut. „Was wäre, wenn ihr gegen die Todesser in den Kampf zieht?“ „Wir würden Harry helfen!“, meldete sich Ron augenblicklich. „Sicher?“ Die Frage löste Schweigen aus. Die drei sahen aus, als hätte er sie gerade geohrfeigt. „Versteht mich nicht falsch.“ Sirius seufzte, lächelte dann ermutigend. „Ihr seid bisher immer mit dabei gewesen und habt Harry geholfen. Ich bin mir sicher, ohne euch wäre er niemals so weit gekommen, aber… Stellt euch vor, was er plant. Versetzt euch in seine Lage. Überlegt euch einmal, was er tut.“ Erwartungsvoll blickte er in die Runde. „Er will die Welt retten.“, sagte Ron letztendlich salopp, weil sie alle drei ratlos waren. „Allein.“ „Und warum will er das alleine tun?“ „Damit er niemanden mehr sterben sehen muss.“, antwortete Draco dunkel. Ihm wurde gerade kalt. Er wollte das, was in Sirius’ Kopf war, nicht wissen. Er wollte Harry ohne schlechtes Gewissen zur Seite stehen! „Er hat dir das erzählt?“ Draco zuckte mit den Schultern. „Er hat wirklich Vertrauen zu dir.“, stellte Sirius erfreut und erleichtert fest. „Aber wir werden nicht sterben.“, knurrte Ron. „Warum auch? Wir kämpfen, um zu überleben!“ „Ron.“ Sirius seufzte schwer. „Verstehst du nicht? Oder willst du es nicht verstehen?“ „Was soll ich verstehen?“, fauchte der Rotschopf aggressiv. „Dass wir zu schwach sind? Wir sind stark! Und selbst wenn wir sterben, ist es das wert!“ Betrübt blickte Sirius ihn an. „Ron. Ihr seid der einzige Schwachpunkt, den er noch hat.“ „Was?“ Der Schock war deutlich in den blauen Augen zu sehen, die Stimme nur ein Schatten ihrer selbst. „Ihr seid sein Schwachpunkt.“ „Wie meinst du…? Wir helfen doch!“ Draco biss sich auf die Lippe. Er wusste, wovon Sirius sprach. Er wusste es, hatte es schon lange gesehen, das Problem, das sich ergab, wenn sie alle gemeinsam kämpften. „Wir behindern ihn, Ron. Wir schränken ihn in seinen Bewegungen ein.“ Er holte tief Luft. „Seine Magie wirkt zu gut, bietet keine Lücken und am Ende trifft er auch uns.“ Bedeutungsvoll blickte er zu Sirius. „So ist es doch, oder? Er kann es noch nicht kontrollieren.“ Wieder nickte Sirius ernst. „Aber warum ihr euch nicht einmischen dürft, hat einen anderen Grund. Habt ihr euch mal überlegt, was passiert, wenn der Unnennbare erkennt, dass Harry unantastbar ist?“ Braune Augen weiteten sich in Erkenntnis. „Er würde Harrys Schwäche ausnutzen. Seine Liebe. Er würde uns angreifen, um ihn kontrollieren zu können.“, hauchte Hermione entsetzt. „Wir würden keine Chance haben, wenn er Harry an diesem Punkt angreift.“ „Der gleiche Grund, warum ihr die Beziehung zwischen Harry und dir, Draco, geheim haltet.“, stimmte Sirius zu. „Es wäre eine Katastrophe.“ Ron war käsebleich geworden. „Er würde sich opfern und dann wären alle verloren.“ „Ja.“, erwiderte Sirius düster. „Woher weißt du eigentlich von unserem Plan?“, wollte Draco plötzlich misstrauisch wissen und brachte damit Harrys Paten zum Lachen. „Ich wusste es nicht, aber ich kenne Ron und Hermione. Die beiden sind so. Sie helfen Harry immer. Was ihr genau vorhabt, habe ich erst gewusst, als ihr so unvorsichtig darüber gesprochen habt, dass man es draußen hören konnte.“ Der Blonde presste die Zähne zusammen. Das war ja ganz toll. „Sag es nicht weiter!“, drohte er halb. „Ich glaube, das brauche ich nicht. Zumindest Albus weiß davon, aber auch Snape ahnt, glaube ich, etwas. Er lässt dich nicht aus den Augen, Draco.“ „Ist das so?“ Den säuerlichen Ton ignorierend nickte Sirius und fuhr fort: „Wir werden vorerst bleiben.“, sagte er. „Wenn ich euch helfen kann, sagt das, okay?“ Die beiden Gryffindors waren ziemlich still geworden, sagten aber zu. Die Aussicht Harrys Untergang zu sein, hatte sie geschockt, Dracos Erzählungen entmutigten sie. Draco antwortete gar nicht, schaute nur mehr als finster Sirius an. „Was hast du?“ „Nichts.“ „Ist es, weil ich euch sage, dass ihr Harry nicht stören sollt? Oder ist es wegen Snivellus?“ „Vielleicht ist es ja beides.“, schnappte Draco böse. Sirius seufzte. „Hör mal, ich weiß, dass es hart ist, aber du musst das alles im Gesamtumfang sehen.“ „Warum bist du so scharf drauf, dass er kämpft?“, wollte Draco bissig wissen. „Ich hatte gedacht, du liebst ihn! Stattdessen sieht es so aus, als wolltest du ihn für diesen beschissenen Sieg opfern!“ „Ich liebe ihn.“, erwiderte Sirius und seine schwarzen Augen waren mit einem Mal äußerst undurchschaubar. Dracos Worte verletzten ihn, auch wenn er sie verstand. „Ich habe gesehen, wie er handelt. Unbeirrt, stark, zielstrebig. Ich war dabei, als er beim Unnennbaren war und habe gesehen, was er kann, habe seine Schwäche gesehen, wie auch der Unnennbare sie gesehen hat. Er hat sich vor mich geschoben. Unmerkbar, aber für jemanden wie Ihn deutlich sichtbar.“ Sein Blick fing Dracos ein, beschwor ihn förmlich, zu verstehen. „Ich glaube, wäre ich nicht da gewesen, hätte er…“ „Nein!“ Draco richtete sich auf. „Das ist nicht wahr! Er hat mir gesagt, dass er noch nicht stark genug ist. Es lag nicht an dir! Er kann diesen Kampf nicht kämpfen!“ Es war Hermione, die diesen ausbrechenden Zwist unterbrach. „Ihr solltet nicht vermuten, wie Harry sich fühlt.“, sagte sie leise. „Ich bin sicher, ihr habt beide Recht und Unrecht. Wenn ihr wirklich das Beste für Harry wollt, dann fragt ihn lieber. Aber ganz egal, was ihr sagt, er wird sich kaum aufhalten lassen. Jedem anderen hättet ihr das ausreden können, aber nicht ihm.“ Drei Paar Augen richteten sich auf sie, dann schnaubte Sirius resignierend. „Das ist das Problem. Er wird sich nicht aufhalten lassen. Irgendwann wird er gehen. Aber bis dahin… Draco, Snape sucht dich. Er möchte etwas mit dir besprechen. In seinem Büro.“ Wortlos, aber mit einem Blick, der genau sagte, dass zwischen ihm und Sirius das letzte Wort noch nicht gesprochen war, verzog sich der Blonde. „Er kann mich nicht leiden.“, jammerte Sirius kläglich, als die Tür zugefallen war. „Das braucht wohl auch noch eine Weile.“, murmelte Hermione gedankenverloren. „Schließlich hast du versucht, ihm einen Cruciatus auf den Hals zu zaubern, und jetzt…“ Sie rieb sich über das Gesicht. „Jetzt sagt der einzige, der immer nur Harrys Wohl im Sinn hatte, dass er ihn nicht aufhalten will, sondern ihn dabei unterstützt, wenn er in den Tod rennt.“ „Wer sagt denn so was. Ich werde nicht zulassen, dass er stirbt.“ Hermiones Augenbraue hob sich und stellte genau diese Aussage ganz eindeutig in Frage. „Bedenke bitte, dass du ihm Harry für einige Wochen weggenommen hast und das jederzeit wiederholen könntest, wenn du das möchtest.“ Remus blickte seinen Freund ernst an. Sirius hatte ihm gerade von seiner Begegnung mit den Aufstandsführern erzählt und war an Dracos Unleidigkeit hängen geblieben. „Er sieht in dir Konkurrenz. Zusätzlich hast du dich mit deinem altklugen Gerede von wegen ‚Ihr seid sein Schwachpunkt’ auch nicht sehr durchdacht verhalten. Wie ein Kind, das anderen Kindern Unfähigkeit vorwirft.“ Der Werwolf atmete tief durch. „Wenn du uns damit mal keine Probleme eingehandelt hast.“ „Moony, so ist das nicht. Ich denke, sie haben es verstanden.“ „Sicher haben sie es verstanden. Aber weißt du, wie sie dieses Verständnis umsetzen? Wenn sie sich vor Angst verstecken, ist keinem geholfen. Wenn sie an das Thema in Zukunft mit dem Motto ‚Wir sterben für Harry Potter’ herangehen, ebenfalls nicht. Warum schwingst du überhaupt solche Reden?“ Sirius ließ den Kopf hängen. „Ich wollte Harry helfen.“ „Indem du ihn vor seinen Freunden als arrogant hinstellst?“ „Wieso arrogant?“ „‚Er ist stärker als ihr, also lasst ihn in Ruhe. Er braucht eure Hilfe nicht.’ Findest du das nicht arrogant?“ „Aber das habe doch ich gesagt, nicht er.“ „Wissen sie das?“ Sirius schwieg betreten. Er hatte doch nur allen helfen wollen. „Du hast nicht nachgedacht, Tatze.“ Remus legte die Feder beiseite und betrachtete das soeben beendete Schriftstück, das er Arthur Weasley schicken wollte. Er war sehr zufrieden damit. „Du solltest dich bei ihnen dafür entschuldigen.“ „Jetzt?“ „Sobald wie möglich.“, erwiderte Remus ernst, dann rollte er das Pergament zusammen und versiegelte es. „Es hilft dem Klima der Widerstreiter.“ „Ich verstehe.“ „Tu nicht so zerknirscht. Ein bisschen echte Demut kann dir gar nicht schaden.“ „Du bist hartherzig.“ „Nein, ich bin konsequent. Na los, lass uns schlafen gehen. Morgen ist dann deine große Stunde.“ Murrend tat Sirius, was Remus verlangte, löschte das Licht und schlüpfte ins Bett. Es raschelte leise, als sich Remus zu Tonks unter die Decke legte. Bis die Hauselfen morgen ein zweites Zimmer hergerichtet hatten, schliefen sie noch zusammen. „Sag mal, Remus… Bin ich es, der hartherzig ist?“ „Wie kommst du darauf?“ „Dass ich Harry auf diesen Kampf vorbereite, obwohl es vielleicht seinen Tod bedeutet...“ „Das ist hart, ich weiß.“ In der Dunkelheit klang Remus schwermütig. „Aber er würde gehen. Ob wir das wollen oder nicht. Es ist besser, wenn wir ihn vorbereiten, so dass er auch eine Chance hat. Das weißt du doch.“ „Ja.“ „Haben die Kinder so was gesagt?“ „Hmhm… Draco hat mich so hasserfüllt angesehen, hat mich gefragt, ob ich Harry wirklich lieben würde.“ „Draco hat Angst.“, beruhigte Remus seinen Freund. „Er will Harry nicht mehr verlieren. Ich kann verstehen, dass er da jedem die Schuld gibt und einen Vorwurf macht, der an diesem Wunsch etwas ändern könnte.“ „Ich habe auch Angst…“, murmelte Sirius kaum hörbar, rollte sich zusammen und verkroch sich unter der Bettdecke. „Aber welche Wahl habe ich denn?“ Remus lächelte mitleidig. Jeden Abend setzte sich Sirius mit diesen Gefühlen auseinander. Da hatte Draco wirklich fruchtbaren Boden getroffen, nur konnte Sirius vor ihm natürlich keine Zweifel an seinem Tun zeigen, sonst würde dieses mühsam aufrecht erhaltene Wissen um den Nutzen seiner Taten wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Der Ruf von Snape stellte sich als Farce heraus. Es sollte so aussehen, als würde Draco eine Strafarbeit bekommen, um dumme Fragen aus Slytherin zu vermeiden. Langsam begriff Draco auch, warum Snape ihn beobachtete. Er wollte eingreifen können, wenn etwas schief ging, immerhin hatte er Draco gern, auch wenn er das niemals verbal ausdrücken würde. Unter diesen besonderen Umständen beschloss der Blonde, dass es für ihn in Ordnung war, und sagte nichts. Er bedankte sich lediglich für die Hilfe und beeilte sich, zu Harry zurückzukommen. Schon als er eintrat, bemerkte er die drückende Atmosphäre. Mme Pomfrey saß an ihrem Tisch und starrte trübsinnig vor sich hin, ein Patient im Hauptraum stocherte lustlos in seinem Abendbrot herum, ein anderer sah aus, als müsste er gleich weinen. Er kannte dieses Phänomen. Wie selbstverständlich öffnete er die Tür zu dem Zimmer, in dem Harry das letzte Mal gelegen hatte. Der Schwarzhaarige hockte am Fenster und starrte in die Nacht hinaus. Auch er hatte mit Sicherheit ein tonnenschweres Gewicht auf dem Herzen. „Harry, stell das ab, bitte. Es ist Weihnachten. Sie haben diese Stimmung nicht verdient.“ Der Schwarzhaarige hob den Kopf und blickte zu ihm hin. Er sah aus, als müsse das Verstehen erstmal in seinen Kopf sickern. Dann, ganz langsam kam Bewegung in ihn. Er entfaltete Arme und Beine, rutschte vom Fenstersims und tappte auf ihn zu, blind, wie Draco feststellte, aber trotzdem zielsicher. „Du bist wieder da.“ Weich schlangen sich Arme um seinen Hals, schmiegte sich Harrys Körper gegen seinen. „Wo bist du gewesen?“ „Bei Ron und Mione.“ „Seid ihr jetzt Freunde?“ „Hast du deine Magie wieder unter Kontrolle?“ Er hätte nicht fragen brauchen. Die Trübsal, die an ihm nagte, war vorbei. „Ja. Entschuldige.“ „Ist schon okay.“ Draco erwiderte die Umarmung, drückte Harry sacht. „Entschuldige, dass ich weg war. Es war wichtig.“ „Glaube ich dir. Danke, dass du dich mit ihnen verstehst.“ Harrys Nase drückte sich weich gegen seinen Hals, seine Finger liebkosten den Ansatz der Haare im Nacken. „Wir sind Verbündete.“, schmunzelte Draco. Es fiel ein bisschen schwer, bei dieser offensichtlichen Einladung beim Thema zu bleiben. „Wir leiten den Widerstand in Hogwarts.“ „Echt?“ Er konnte das Lächeln hören. „Wissen sie jetzt, dass wir zusammen sind?“ „Nein. Ich bin der Köder. Meine Aufgabe ist es, in Slytherin nach Widerständlern zu suchen.“ „Du bist wirklich stark.“ Es klang ein wenig enttäuscht. „Nicht wirklich, sonst könnte ich offen zu dir stehen.“ Draco fiel es schwer, das zu beichten, aber er wollte ehrlich sein. „Offiziell hab ich heute Strafarbeit.“ „Ich habe dich vermisst.“ Der Themenwechsel war wirklich drastisch. Offenbar machte es ihm doch nicht so viel aus, oder er wollte darüber nicht nachdenken. „Warum bist du überhaupt wach?“ „Er sucht nach mir.“, wisperte Harry kaum hörbar. „Überall. Ich sehe ihn, wie er Leute tötet, wie er rast in seiner Wut, kann den Zorn spüren…“ „Du hast von Voldemort geträumt?“ Harry nickte. Das erklärte die Stimmung. Wieder wurden wegen ihm Menschen getötet. Weil er nicht zu finden war. Aber was sollte er dazu sagen? Welche Worte des Trostes konnte er sagen, ohne ihn auf falsche Gedanken zu bringen, weil er ihm einen Floh ins Ohr setzte? „Liefere dich ihm auf keinen Fall aus, hörst du?“ „Tu ich nicht.“ Der Schwarzhaarige lächelte traurig. „Ich will nicht sterben. Auch wenn das egoistisch klingt.“ „Das ist nicht egoistisch, das ist selbstverständlich!“ Draco freute sich wirklich. Er konnte gar nicht sagen, wie sehr es ihn beruhigte zu hören, dass sein Freund nicht sterben wollte. Es versicherte ihm auf angenehm unauffällige Art, dass Harry bei ihm bleiben würde. „Ich wäre auch furchtbar traurig, wenn dir etwas passieren würde oder du aufgibst.“ „Liebst du mich?“ „Was für eine Frage.“ Die Augenbrauen hebend blickte Draco ihn an. „Natürlich. Über alles!“ Aber warum fragte er das jetzt? Harrys Lächeln allerdings ließ den Grund für die Frage in den Hintergrund treten. Es war einfach wunderschön, überglücklich und es zeigte eindeutig, wie viel es ihm bedeutete, diese Worte zu hören. „Ich dich auch.“, flüsterte der Schwarzhaarige, dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Weich, vorsichtig, keusch. Im Grunde war es bloß ein Auflegen der Lippen mit ein bisschen variierendem Druck, aber die Zärtlichkeit dahinter ließ Dracos Augenlider zuflattern. Genauso keusch erwiderte er den Kuss, presste Harry dabei an sich. Als dieser den Kuss beendete, lächelte er breiter. „Nur für dich werde ich überleben, Draco. Nur für dich. Ich verspreche es dir. Ich bleibe auf jeden Fall am Leben.“ Draco nickte zustimmend, strich liebevoll und froh über dieses Zugeständnis die schwarzen Haare aus der Stirn. „Danke.“, sagte er ergriffen. Eine solche Liebeserklärung war wirklich das Allerschönste. Es zeigte ihm, wie tief Harrys Liebe ging, wie genau er in ihm lesen konnte, wie viel er diesem Jungen bedeutete, dass er seine Angst sofort erkannt hatte. „Der Ring. Ich hatte versprochen, dass ich ihn dir zurückbringe.“ Harry zog beide Hände zwischen sie und wollte den silbernen Ring abziehen, doch der Blonde verhinderte es. „Lass das. Ich will, dass du ihn behältst.“ Sekunden verharrte Harry, dann erschien wieder das Lächeln auf seinem Gesicht. „Okay, dann hab ich immer etwas, was mich an dich erinnert, wenn du nicht bei mir bist.“ „Aber fürs erste bin ich da.“ Harry nickte glücklich. „Endlich wieder.“ Seine Hände tasteten nach Dracos Gesicht, umfingen es und zogen ihn soweit herunter, dass er ihn küssen konnte, ohne sich allzu sehr strecken zu müssen. Wieder war es keusch, doch Draco sah das nicht ein. Er öffnete den Mund, tastete mit der Zungenspitze über Harrys Lippen und erbat Einlass, der ihm augenblicklich gewährt wurde. Süße Wärme empfing ihn, ließ Neugier entstehen und Lust auf mehr. Die glatten Zähne, die weiche, leicht raue Zunge, Harrys Nachgiebigkeit, seine Anschmiegsamkeit ließen sein zuvor gedankenloses Handeln einen Sinn bekommen. Er wollte mehr. Bereits atemlos löste er den Kuss. „Kannst… kannst du die Tür verriegeln?“, fragte er keuchend und er brauchte eine ganze Menge Selbstbeherrschung, um dem Jungen vor sich Zeit zu lassen, seinen Zauberstab aus dem Ärmel zu holen und den Zauber zu wirken. Sie hielt auch nur genau solange an, dass Harry sich wieder zu ihm drehen konnte, dann küsste er ihn erneut leidenschaftlich, verstrickte sich in einem Spiel, das Feuer durch seine Adern und Glut in seine Lenden schießen ließ. -------------___----------------- Sorry, Leute, dass ich an dieser Stelle abbreche. Ich hatte es ausgeschrieben sogar vorgeschrieben, aber irgendwie bin ich momentan nicht in der Stimmung, überhaupt etwas in Richtung Intimitäten zu schreiben. Ich hoffe, ihr habt Verständnis. Zusätzlich möchte ich mich entschuldigen, falls das nächste Kapitel nicht schon in zwei Wochen hochgeladen wird. Ich bin in Berlin und weiß nicht, wie ich mit Abschreiben vorankomme. Dennoch: Danke fürs Lesen! *Verbeugs* Wettergebnis ------------ Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 49: Wettergebnis Es klopfte. Das hatte es mit Sicherheit schon einmal getan, aber erst jetzt bewirkte es etwas. Harry tauchte aus den Tiefen des Schlafes auf und öffnete die Augen, doch seine Sicht verschwamm, ehe er realisiert hatte, dass sie tatsächlich vorhanden war. Neben sich spürte er das gleichmäßige Atmen Dracos, der seine Hand in eisernem Klammergriff hielt. So konnte es getrost bleiben. Das hier war angenehm. Draußen wurde es laut. Stimmen redeten durcheinander, eine davon empört, die andere ruhiger, wieder wurde geklopft, diesmal nachdrücklicher, und jemand versuchte die Tür zu öffnen. Da waren Leute, die herein wollten. Aber er hatte die Tür verriegelt, weshalb das nicht funktionierte. Gut, dass Draco immer so umsichtig war. Dummerweise würden die da draußen wohl nicht aufhören, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Inzwischen konnte er die Stimmen von Sirius, Mme Pomfrey und Remus ausmachen. Die waren alle stur, auch wenn Remus sich für sie einsetzte und schlichtende Worte von sich gab. Er sollte ihn erlösen. „Draco?“ Harry drehte sich vorsichtig um. „Aufwachen.“ Seine freie Hand tastete über das feine Gesicht, bevor er dieses küsste. „Da sind Leute, die rein wollen, und wir haben immer noch nichts an.“ Der Blonde rührte sich, war fast augenblicklich wach, als die Worte Harrys in seinen Verstand sickerten. „Was?“ Er verharrte, starrte auf Harrys Gesicht hinab und lächelte. Dann erst begann er ausgiebig zu gähnen, das Geboller an der Tür ignorierend. „Guten Morgen, Harry.“, wünschte er, küsste ihn sanft. „Gut geschlafen?“ „Dank dir.“, antwortete der Junge, dann grinste er. „Zieh dich an, damit die da draußen rein können. Die kriegen sonst noch einen Anfall und sprengen die Tür weg.“ „Das geht nicht. Ich hab das mal versucht.“ Wieder gähnend setzte Draco sich auf. Die Spuren der letzten Nacht waren noch immer deutlich zu sehen. Sie hatten sie nicht beseitigt. Einen Zauber später waren sie sauber und nach weiteren zehn Minuten standen sie beide angezogen im Zimmer und Harry entriegelte die Tür, vor der es inzwischen still geworden war. Gemessen traten sie hinaus, Harry von Draco geführt. Es erwartete sie ein ganzes Aufgebot an Menschen. Poppy, Sirius, Remus waren klar, schon vorher hatte Harry sie gehört, aber Tonks, Hermione und Ron hatte der Schwarzhaarige nicht erwartet. Als er beim allgemeinen Morgengruß ihre Stimmen heraushörte, war er schon reichlich verwundert. Dass Snape da war, bekam er nur mit, weil Draco ihn separat begrüßte. „Was habt ihr mit der Tür gemacht?“, fuhr Mme Pomfrey zwischen die Begrüßung. „Das ist ein Krankenzimmer, es hat offen zu bleiben!“ Draco hob eine Augenbraue. „Für manche Dinge ziehen wir es vor, auf Nummer sicher ungestört zu sein.“, gab er bissig zur Antwort, was bei Ron rote Ohren verursachte und Harry nur still vor sich hinlächeln ließ. „Außerdem ist nichts passiert.“ „Das ist ein Grundregelsatz!“, fauchte ihn die Blaulichthexe an. „Und ich erwarte, dass Sie sich daran halten, Mr Malfoy!“ Sie gab ihm keine Zeit zum Antworten, sondern wandte sich sofort Harry zu. „Haben Sie irgendwelche Probleme gehabt?“ Harry zog es vor, diese Frage mit einem Kopfschütteln zu beantworten. So konnte er wenigstens nichts Falsches sagen. Mit einem unwirschen Schnauben zauberte sie ihren Analysezauber, betrachtete die Daten kritisch und wandte sich dann ab, um leise vor sich hinmurmelnd ein paar Phiolen zusammenzusuchen. „Diesen Trank nehmen Sie nach dem Frühstück.“, erklärte sie Harry ruhiger, aber noch immer sichtlich verärgert über diesen Eingriff in ihre Behandlungsabläufe. „Diesen um exakt vier Uhr dreiunddreißig und diesen jetzt gleich!“ Gehorsam schluckte Harry den Inhalt der Phiole, die sie ihm reichte, und gab sie leer wieder zurück. Mme Pomfrey blickte abschätzend zu Sirius, dann zu Draco und zu Remus, doch auch von ihm wandte sie sich demonstrativ wieder ab. „Miss Granger, ich zähle auf Sie, dass Sie darauf achten, dass er die Tränke pünktlich einnimmt.“ Hinter ihr verdrehte Sirius auf unerhört freche Weise die Augen und streckte ihr die Zunge heraus. Dafür bekam er von Remus einen Rippenstüber, so dass sowohl Sirius als auch Ron lachen mussten. Mme Pomfrey fuhr herum, doch sie konnte die Ursache für das Gekicher nicht ausmachen, so wandte sie sich wieder an Harry. „Ihre Aufgabe, Harry, ist es, sich genügend zu schonen und zu essen. Ich möchte nicht erleben, dass Sie einen neuen Zusammenbruch oder eine Erkältung bekommen.“ Sie wartete, bis Harry brav nickte, und sprach dann weiter. „Des Weiteren erwarte ich von allen anderen jegliche Überforderung sofort zu melden.“ Ein scharfer Blick machte die Runde. „Ich werde schon kommen.“, murmelte Harry. „Ja, das kennen wir ja schon.“, stimmte die Medihexe zu, als hielte sie Harry für leicht beschränkt. „Aber jetzt gehen Sie alle zum Essen. Die Tränke nicht vergessen und raus hier. Ich habe zu tun!“ Und mit eindeutigen wedelnden Handbewegungen scheuchte sie alle hinaus. Die Tür fiel ins Schloss und sie alle standen sprachlos auf dem Gang. „Wow, das habt ihr beiden aber gut hinbekommen.“ Sirius schüttelte grinsend seine Hand aus. „So kenne ich sie gar nicht.“ Remus hob eine Augenbraue. „Ja, bei dir und James hatte sie immer eine unendliche Geduld.“ „Genau das meine ich. Wie habt ihr das geschafft?“ „Wir haben nichts gemacht!“, begehrte Draco auf. „Na ja, nichts nenne ich das Ausschließen der Betreuungsperson eines Patienten nicht.“, pikierte sich Hermione mit ihrer gewissen Stimme, die keinen Widerspruch duldete. „Vielleicht hat sie ja auch einfach der Grund des Ausschlusses geärgert. „Dann kann ich ihr nicht helfen.“, erwiderte Draco böse, so dass Remus sich genötigt fühlte, dazwischen zu gehen. „Wir gehen jetzt erstmal essen.“, erklärte er und schob Ron und Draco vorwärts. „Streit bringt in dieser Situation niemanden weiter.“ Er lächelte bestechend und brachte den aufbegehrenden Draco mit einem scharfen Blick zum Schweigen, während sich Hermione um Harry kümmerte, der nun doch leicht rot war. Solche Gespräche waren ihm peinlich. Als sie die große Halle betreten wollten, blieb Draco zurück. Seine Hand streifte Harrys noch kurz, dann wartete er, bis die anderen verschwunden waren. Er durfte den Plan nicht gefährden, durfte Harry nicht in Gefahr bringen, selbst wenn er ihn dafür allein lassen musste. Dumbledore hatte das doch letzte Nacht bestätigt. Zehn Minuten später betrat er die halb gefüllte Halle und wurde sofort von Pansy heran gewunken. Sie strahlte ihn an, hatte im Gegensatz zu vielen Slytherins gute Laune. Sein Blick huschte zum Gryffindortisch, an dem jetzt auch Harry saß, während Sirius, Remus und Tonks sich zum Lehrertisch begeben hatten. Wo war eigentlich Snape abgeblieben? Der war doch vorher auch im Krankenflügel gewesen. Aber das war wohl nicht so wichtig. Snape würde noch früh genug mit ihnen in Kontakt treten. Tatsächlich kam er nur wenig später wie üblich in den Saal gerauscht, setzte sich an seinen Platz und begann schweigend zu essen, doch Dracos Aufmerksamkeit war von den Geschehnissen am Gryffindortisch gefesselt, denn dort waren die Zwillinge angekommen. „Hallo Harry.“ „Ja, guten Morgen!“ „Frohe Weihnachten!“ Synchron wie immer und wie ein Uhrwerk aufeinander abgestimmt verbreiteten sie gute Laune mit ihrer offenkundigen Fröhlichkeit. „Wie geht es dir?“ „Gut.“, gab der Schwarzhaarige locker zurück. Auf Sirius’ Anraten hin hatte er den Zauber des Vergessens heute nicht aktiviert. Er sollte lernen, damit umzugehen, wenn ihn Menschen als Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit auserkoren. „Euch?“ „Sehr gut. Wir kennen die Antwort auf unsere Frage!“ Fred strahlte. „Die Wette, du erinnerst dich?“, hakte George nicht minder munter nach. Harrys Hand zog den Kreis um sich, die Zwillinge, Ron und Hermione, um die anderen vom Inhalt dieses Gesprächs auszuschließen. Warum auch immer, aber dieser Zauber funktionierte auch ohne Zauberstab hervorragend. „Wirklich?“, fragte er desinteressiert. Die zwei wirkten leicht pikiert über diesen Tonfall, aber es schreckte sie nicht wirklich. „Ja!“ „Wir haben es herausgefunden, obwohl du nicht da warst!“ „Liegt ihr denn richtig?“ Harrys Lächeln war ein Pokerface, das seine Neugierde versteckte. „Immerhin ist Weihnachten fast vorbei. Ist euer Tipp der richtige?“ „Davon gehen wir aus. „Fred setzte sich auf Harrys rechte Seite neben Hermione, die das ganze schweigend beobachtete. Ron hielt die Klappe jedoch nicht: „Irgendwie wirkt ihr zu gelassen.“, merkte er an, was ihm ein Stirnrunzeln von Harry einbrachte, aber George quetschte sich zwischen ihn und Harry und unterbrach den Blickkontakt. „Glaube ich gerne, dass du das denkst, Ronnie-Schatz.“, meinte er grinsend, wandte sich dann jedoch an Harry. „Wir haben es versprochen.“ „Ende Weihnachten…“, führte Fred die Einleitung fort. „Name, Haus, schulische Leistungen…“ „Alles, was es zu wissen gibt.“ „Es war nicht sonderlich schwer, nachdem wir wussten, wer es ist.“ „Aber bis dahin…“ „Vielleicht solltet ihr einfach sagen, was ihr glaubt, wer es ist.“, unterbrach Harry den nervenaufreibenden Wechselsingsang. Die Weasley-Zwillinge wechselten einen versichernden Blick. „Okay…“ Gedehnt leitete George die Auflösung ein. „Groß.“ „Blond.“ „Graue Augen.“ „Slytherin.“ „Fünfter Jahrgang.“ „Siebtbester seines Jahrgangs.“ „Spross der Rechten Hand des Unnennbaren.“ „Einzelkind.“ „Geheimes Mitglied des Widerstandes in Hogwarts.“ „Seines Zeichens Lieblingsschüler der Fledermaus.“ „Draco…“ „…Malfoy.“ Daraufhin herrschte Stille zwischen den fünfen. Ron starrte entgeistert, Hermione ernst und besorgt, Harry rührte sich gar nicht. „Was ist? Haben wir Recht?“ „Wir sind uns eigentlich ziemlich sicher.“ Fred runzelte die Stirn, da nach ein paar Sekunden noch immer keine Reaktion von dem Jungen, der lebt, kam. „Immerhin hat Ron mit ihm gesprochen und er scheint auch sonst über den inneren Kreis des Widerstandes Bescheid zu wissen.“ „Und das macht euch Glauben, er wäre Harrys Freund?“ Hermione war sprachlos. Das war doch kein Grund. Wieder wechselten die beiden Brüder einen Blick. „Eigentlich… nicht.“, gaben sie zu. „Auch wenn die Tatsache, dass Ron mit Malfoy spricht, ohne ihn verhexen zu wollen, schon als Hinweis gelten kann.“ Fred legte den Finger ans Kinn. „Warum sollte er das auch tun, wenn Malfoy nicht irgendwie überzeugend als ‚gut’ rüber kommt?“ „Und warum sollte Malfoy ‚gut’ werden?“ „Immerhin hat er eine glänzende Karriere als Todesser vor sich.“ „Das sind alles keine Begründungen.“, warf Hermione ein. „Immerhin darf er denken, was er…“ „Würde er aber nicht!“, schoss Fred überzeugt dazwischen. „Dafür ist Ronnie viel zu engstirnig!“ „Der einzige, der es je geschafft hat, seine Meinung zu ändern, ist Harry.“ George blickte zu seinem jüngeren Bruder. „Nichts für Ungut, aber das musst du zugeben.“ Ron antwortete nichts, so wandte er sich wieder Harry zu. „Jetzt sag du doch auch mal was dazu.“ Harry lächelte breit. „Ihr habt Recht.“, gab er unspektakulär zu und verursachte damit einen bewegungsreichen Jubelausbruch, der von den Umsitzenden nicht unbemerkt blieb. Neugierig sahen sie alle auf, fragten, was los sei, doch keiner beachtete sie und Harry löste den Stillzauber auch nicht auf. Es ging einfach keinen etwas an. Letztendlich beruhigten sich die beiden und Harry konnte wieder sprechen. „Wie seid ihr wirklich drauf gekommen?“, wollte er wissen. Er schien nicht einmal böse, dass sie es herausgefunden hatten, eher erleichtert, dass sie ihn dafür nicht verurteilten. Fred kratzte sich verlegen am Kopf. „Na ja, ganz zu Anfang war es wirklich nur Ronnie, der uns auf die Idee brachte.“ „Wir konnten es ja auch nicht so recht glauben.“ „Dann haben wir ihn immer häufiger bei Ron und Hermione gesehen.“ „Wir wussten, dass sie über den Widerstand sprachen.“ „Wir haben nachgedacht, wie das sein konnte, nachdem Malfoy dich so geärgert hat.“ „Wir waren fast überzeugt, dass gerade er es nicht sein konnte, weil es einfach zu abstrus war.“ „Immerhin war er dein Feind.“ „Wir glaubten nicht, dass Menschen sich so schnell verändern konnten.“ „Aber dann fiel uns auf, dass Malfoy weg gewesen war, als du im Krankenzimmer warst. Wir dachten, es sei…“ „…eine Strafarbeit, aber eine Strafarbeit über zwei Tage?“ „Und dann deine Aussage, dass wir es besser nicht wüssten…“ „Es musste ja jemand sein, der nicht so offensichtlich in Frage kam.“ „Und wer kommt am wenigsten in Frage als Malfoy?“ „Sein Name ist Draco.“, gab Harry leise zurück. Ihm gefiel die Argumentation, sehr sogar. Sie bewies, dass es sie nicht störte. „Nennt ihn nicht Malfoy. Er ist nicht wie sein Vater.“ Wieder ein Blickwechsel, ernst diesmal, traurig irgendwie. „Dir ist es ernst.“ „Aber das wussten wir ja schon vorher…“ George seufzte, das Lachen war aus seinem Gesicht verschwunden. „Nimm es uns nicht übel, aber es wird dauern, bis wir das schaffen.“ „Es ist nicht so leicht für uns.“ Also doch nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn sie es ohne Wenn und Aber akzeptiert hätten. „Ich weiß.“ Harry senkte den Kopf. Das schlechte Gewissen ihnen gegenüber kehrte wieder, da er nicht auch für sie da sein konnte, dass er sie enttäuschte, ihnen nicht geben konnte, was sie sich wünschten. Es war nicht leicht. Fred seufzte ebenfalls, dann lächelte er aufmunternd. „Hey, schau nicht so.“ „Genau.“ Sofort wirkte auch George nicht mehr traurig. „Dauern heißt ja nicht nie.“ „Wir kommen darüber hinweg.“ „Also mach dir keine Gedanken, okay?“ Harry nickte nur, dann sprangen sie beide auf. „Wir müssen noch zu Lee!“ „Er passt ganz alleine auf den Trank auf!“ „Welcher Trank?“, merkte Hermione auf, doch da waren sie schon beinahe fort. In dem Moment sprang Harry auf. „Hey, wartet! Was wollt ihr für euren Gewinn?“, rief er hinter ihnen her. „Ich möchte es wissen!“ Fred und George blieben stehen und sahen sich an, dann grinsten sie. „Wir wollen an deinem großen Tag dabei sein!“, gaben sie unisono zurück. „Wir wollen dabei sein, wenn du dem Unnennbaren in den Arsch trittst!“ Harrys Augen weiteten sich halb vor Erstaunen, halb vor Entsetzen und er sank zurück auf seinen Platz. Das ging nicht. Das ging ganz und gar nicht! Ihnen konnte sonst was passieren. Und Molly Weasley sollte nicht noch einen Sohn verlieren müssen. Einer reichte doch! „Harry?“ Ron legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ist alles okay?“ „Man könnte meinen, so wie sie gerade reagiert haben…“ Nachdenklich rührte Hermione in ihrem Karottensalat. „Sie waren so… seltsam.“ „Nicht wahr?“ Ron nickte zustimmend. „Als hätten sie gar nicht gewonnen.“ „Genau. Als hätten sie trotz allem verloren.“, murmelte das braun gelockte Mädchen. „Genau so haben sie gewirkt. Als hätten sie… dich verloren.“ Fragend blickte sie Harry an. Harry schwieg. Er wollte sie nicht auch noch bloßstellen und sie als Verlierer dastehen lassen. Als diejenigen, die in der Liebe gegen Draco verloren hatten. „Harry, kann es sein, dass sie dich…“ Sie verstummte, wusste die Antwort auch so. Sie stellte die Frage nicht zu Ende, um Harry nicht in Erklärungsnot zu bringen. Es war so offensichtlich gewesen, dass sie selbst in Rons Gesicht sah, dass er das gleiche dachte. Der Junge war entsetzt, hatte er das vorher nicht einmal geahnt. Harrys Hände krallten sich in seinen Umhang, der Schweigezauber fiel, als er aufstand und ging. Weder Hermione noch Ron waren dazu in der Lage ihm zu folgen, selbst nicht, als Harry gegen eine Ravenclaw prallte, weil er sie nicht sehen konnte. Er fand seinen Weg, langsam aber sicher, kaum war er draußen, begann er zu laufen, zu rennen. Er bemühte sich darum, seine Augen zum Sehen zu bringen, doch er scheiterte, stolperte und fiel die Stufen hinunter in den Schnee, der so nahe am Schloss matschig und nass war. Ohne nachzudenken rappelte er sich wieder auf, wollte weiter, da fing ihn Sirius ein, schloss ihn in die Arme, drückte ihn an sich und ließ damit den emotionalen Damm brechen. Harry begann zu weinen, klammerte sich an ihm fest. Mitleid füllte den schwarzhaarigen Jungen aus und er konnte nicht anders, als Sirius zu erzählen, was vorgefallen war. Er redete sich von der Seele, dass er seinen Freunden nicht das geben konnte, was sie sich erhofften, dass er ihnen Schmerzen bereitete, weil er Draco liebte, und dass er nicht wollte, dass sie mitkamen zu Voldemort, damit sie nicht auch starben wie Cedric oder Percy. Und Sirius lauschte still und strich ihm beruhigend über den Rücken, wartete, bis Harry sich langsam wieder beruhigte. „Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen.“, sagte er schließlich, Harry sanft durch das struppige Haar streichelnd. „Du kannst nichts für ihre Gefühle und sie werden es verkraften.“ „Ich könnte das auch nicht verkraften.“, wisperte Harry tonlos. „Wie soll man Liebe vergessen können?“ Sirius lächelte leicht. Die Frage war gut, aber gemein. „Die Zeit hilft dabei, das Herz zu stärken und den Schmerz zu verkraften. Außerdem haben sie noch einander. Sie werden es schaffen.“ Harry schluchzte auf. Er war nicht wirklich überzeugt. „Du muss dich jetzt auf etwas anderes konzentrieren.“, sagte er leise. „Dir steht ein Kampf bevor, da musst du schon mehr als stark sein.“ Der Gryffindor nickte nur. Er wusste das auch. „Sie stehen dir bei, auch wenn du ihre Gefühle nicht erwidern kannst. Dafür musst du es schaffen und mit Draco glücklich werden. Alles andre wäre ihnen gegenüber nicht fair.“ Diese Worte brachten Harry zum Aufsehen. Nicht fair… Er würde ihre Gefühle verhöhnen, da hatte Sirius Recht. Er musste siegen und zu Draco zurückkehren, bei ihm glücklich werden, damit sie ihr selbstloses Opfer nicht umsonst brachten. Seine Schultern straffend und tief durchatmend tat Harry einen Schritt von Sirius zurück. „Danke.“, sagte er leise. Solche Worte hatte er gebraucht. Sirius lachte. „Dafür nicht. Dafür bin ich ja da.“ Er wuschelte durch die schwarzen Haare und grinste breit. „Jetzt machen wir dich ein bisschen frisch, dann nimmst du den Trank, damit Poppy nicht schimpft, und danach treffen wir die anderen. Ich brauche deine Hilfe.“ Und der letzte Satz ließ seine Stimme hilflos werden. Oh ja, er hatte wirklich keine Ahnung, wie er sich entschuldigen sollte. Sirius erzählte Harry von dem Widerstandskorps, den Hermione, Ron und Draco gebildet hatten, und von deren Plan, ihm bei dem Kampf gegen Voldemort unterstützend zur Seite zu stehen, und Harry war ganz und gar seines Paten Meinung. Diese Idee war nicht gut. Wenn er wirklich all diese Leute an seiner Seite hatte, dann würde er überhaupt nicht mehr vorankommen. Er würde ständig auf sie aufpassen, weil er Angst um sie hatte. Niemals würde er sie mitnehmen. Dann erzählte Sirius ihm, dass er den drei Anführern bereits klar zu machen versucht hatte, dass es risikobehaftet war und dass sie im schlimmsten Fall sein Schwachpunkt sein würden, und Harry sagte daraufhin kein Wort mehr. Er wusste, dass Sirius Recht hatte, aber das Problem war, dass wenn Sirius es erkannt hatte, Voldemort das mit Sicherheit auch schon wusste, und dieser Gedanke behagte ihm gar nicht. Dieser Mensch kannte keine Skrupel. Sie erreichten einen Raum und traten ein. Außer ihnen waren noch Remus, Tonks, Hermione, Ron, Draco und Snape anwesend, der wieder keinen Ton sagte, selbst als sie alle begrüßten und sich setzten. Ron hatte sich von dem Schock seine Brüder betreffend anscheinend wieder erholt, denn anstatt Verwirrung zu vermitteln bedachte er Sirius mit bösen Blicken, die dieser schuldbewusst auffing. Der schwarzhaarige Mann war es schließlich auch, der das Schweigen brach. „Also, ich möchte mich wegen gestern entschuldigen.“, leitete er das Gespräch ein, nicht weil er es wollte, sondern, weil Remus so streng schaute. „Das war unbedacht von mir und so sicherlich nich…“ „Doch, es stimmt.“, sagte Hermione ruhig. „Ich bin alles noch einmal durchgegangen und habe festgestellt, dass es stimmt.“ Sie sah auf. „Aber trotzdem bin ich der Meinung, dass wir Harry nicht alleine gehen lassen können. Was, wenn er einen Magie-Overrun hat?“ Remus lächelte. „Deswegen wird der Orden ihn begleiten.“, sagte er. „Ich, Sirius…“ „Und ich auch.“, erklang Snapes dunkle Stimme. „Potter wird nicht alleine sein. Ihr kindischen Schüler macht immer so einen Aufstand um nichts und wieder nichts.“ Harry runzelte die Stirn. Er wusste zwar, dass diese drei stark waren, aber trotzdem hieß das nicht, dass sie stark genug waren, um der Übermacht aus seinen Träumen entgegenzutreten. „Mit Sicherheit wird auch Albus mitkommen.“, ergänzte Remus. „Mit ihm an unserer Seite werden wir nicht verlieren.“ „Das ist längst nicht gesagt.“, erwiderte Snape kalt. „Was willst du eigentlich, du Pessimist?“, schnappte Sirius und funkelte seinen Erzfeind böse an. „Schwarzseherei ist hier nicht erwünscht, klar, Sniv…“ „Sirius!“, ging Remus scharf dazwischen. „Halt dich zurück!“ Ein nicht minder scharfer Blick auf Snape und er seufzte. „Streit bringt uns nicht weiter.“, erklärte er. „Es steht jedem frei, zu denken, was er will, okay?“ „Ich habe einen Vorschlag.“ Harry hob die Hand, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und weder Sirius noch Snape Zeit zum Argumentieren zu geben. „Ich weiß, dass Voldemort versuchen wird, Hogwarts zu übernehmen, wenn Professor Dumbledore nicht mehr hier ist, um es zu beschützen.“ Er deutete in die Richtung, in der Hermione, Ron und Draco saßen. „Wie wäre es, wenn ihr das Schloss bewachen und verteidigen würdet?“ Schwer hing dieser Vorschlag in der Luft. „Es wird sicher nicht einfach, aber… ihr könnt es doch schaffen, oder?“ Die letzte Frage war leise gestellt, unsicher. „Wenn Hogwarts fällt, wird das ein Blutbad sondergleichen. Das will ich nicht erleben müssen.“ Wieder verfiel er in Schweigen, wartete ab. Er hoffte wirklich, dass sie zusagten. Er hoffte es ganz stark, denn dann konnte er kämpfen, ohne seine Konzentration teilen zu müssen. Remus lächelte breit. Harrys Vorschlag entsprach genau seinen Plänen. Den Widerstandskämpfern ein Ziel zu geben, bedeutete, sie für den Hauptkampf aus dem Weg zu haben. „Was sagt ihr dazu?“, fragte er nun auch. „Das würden wir schon schaffen.“, erklärte Ron schließlich überlegend. „Wenn die anderen Schüler sich uns anschließen…“ „Das Problem sind die Slytherins.“, gab Draco zu bedenken, auf dieses neue Ziel voll einsteigend. „Wenn die mitkriegen, was hier läuft, dann sabotieren sie uns von innen heraus.“ Ron nickte. „Das wäre echt oberblöd, aber dann müssen wir sie doch nur ausschalten, um sie aus dem Weg zu kriegen.“ „So einfach ist das aber nicht.“, gab Draco zu bedenken. „Wir können sie ja schlecht alle umbringen.“ „Dann sollten wir dieses Problem vielleicht den Zwillingen überlassen.“, schlug Hermione vor. Ihr Gesicht zeigte, dass sie mit ihren Überlegungen schon viel weiter war. „Sie und Lee finden eine Möglichkeit.“ „Fragen wir sie mal.“, stimmte Ron zu. „Dann haben sie eine wirklich gute Aufgabe und nerven nicht, weil Harry sie nicht mitnimmt.“ „Oh doch, sie werden nerven.“, schmetterte Sirius diese Hoffnung ab. „Ihr redet von den Weasley-Zwillingen.“ „Das kriegen wir hin.“ Hermione war überzeugt. „Und den Rest… Lasst uns das einmal genau durchsprechen.“ ------…------- Ohayo, meine Lieben. Es tut mir wirklich leid, dass ich euch letzte Woche nicht mit einem neuen Kapitel erfreuen konnte, aber jetzt hab ich es ja geschafft. Ich mag die Zwillinge wirklich. Sie sind süß und so unkompliziert. Und es macht Spaß, diesen Wechselsingsang zu schreiben, auch wenn man ihn beim Vorlesen wahrscheinlich kaum raushören können wird. Also dann: bis in zwei Wochen. Und danke fürs Lesen! Der Ruf ------- Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 50: Der Ruf Es war der siebenundzwanzigste Dezember, als ein Gerücht durch die Reihen der Häuser ging. Am Frühstückstisch fing es an, beim Mittagessen wusste es jeder: Eine Gruppe von Unerschrockenen wagte dem drohenden Bösen die Stirn zu bieten, indem sie sich für den Kampf wappneten. Jene, die zu diesen Kämpfern gehörten, waren verwirrt. Man hatte ihnen einen Geheimniszauber auferlegt, damit sie nichts sagen konnten, um die Gruppe vor denen zu beschützen, die sie für ihre Aktivitäten verurteilten. Wer hatte es geschafft, diesen Zauber zu umgehen? Aber sie konnten ja auch nicht ahnen, dass dieses Gerücht ganz gezielt in die Welt gesetzt worden war. Hermione, Draco und Remus waren übereingekommen, dass die Rekrutierung neuer Helfer schneller gehen musste, weswegen man einen ausgeklügelten Plan entworfen hatte. Dabei vertrauten sie hundertprozentig auf die Wirkung des Geheimniszaubers, denn ohne diesen kam es höchstwahrscheinlich zu Problemen und Unterwanderung durch Anhänger des Dunklen Lords. Die Eingeweihten konnten nichts sagen oder tun, was sie verraten würde, und mussten die anderen im Dunkeln tappen lassen. Nach und nach wurde ihnen von Hermione oder Ron in unauffälligen Momenten gesagt, dass sie dafür sorgen sollten, dass die Gespräche nicht abrissen. Es funktionierte besser, als sie es sich ausgemalt hatten. Schon am Nachmittag standen Gruppen zusammen, die überlegten, ob auch sie so eine Organisation bilden wollten, die stark und vereint gegen das Böse kämpfte, wie es die Helden taten. Die Zwillinge hatten ihre wahre Freude daran, entwarfen immer mehr Fallen und Hindernisse, die an Komplexität und Genialität kaum noch übertroffen werden konnten, und streuten sie unter die Leute, die sie begeistert aufnahmen und durch eigene Euphorie noch weiterentwickelten oder bereits in Schlachtpläne einflochten. Die einzigen, die diesen Gesprächen nicht beiwohnten, waren die Slytherins. Diejenigen, die bereits in der Verteidigung waren, durften nicht auffallen, diejenigen, die es nicht waren, machten Pläne, um die Verschwörung der anderen Häuser zu boykottieren. Tatsächlich waren es am Ende fünf Gruppen: Hufflepuffs, Ravenclaws, Gryffindors, Slytherins und das goldene Trio um Harry, der sich weigerte zu solchen Themen etwas zu sagen. Dennoch war das Ergebnis dieses Tages recht zufrieden stellend. Der allergrößte Teil wollte etwas gegen die Invasion von außen unternehmen, falls sie wirklich kommen sollte. Ron war begeistert. Er wollte loslegen, die Schüler organisieren, wie er es schon mit den letzten auf Hermiones Anweisungen hin getan hatte, doch das Mädchen erlaubte es nicht. Sie wollte noch abwarten. Tatsächlich tat sich schon am nächsten Tag etwas. In die Gruppen kam Bewegung. Es kristallisierten sich Unschlüssige heraus, deren leise Stimmen erklärten, dass eine Verteidigung doch keinen Sinn mache, nicht etwa aus Gründen, der von Dumbledore gewährten Sicherheit, sondern weil es nichts brachte, sich gegen Erneuerungen oder Verbesserungen zu stellen. Im Laufe des Tages zeigte sich, dass etwa ein Viertel aller Schüler auf Seiten des Dunklen Lords standen oder mit ihm sympathisierten. Eine Welle von Meinungsbekundungen brach los, ausgelöst von Draco, der in seinem Haus eine Art Hetzrede hielt, breitete sich aus und fand selbst in Gryffindor noch Widerhall. Es waren nur zwei Schüler, aber auch zwei zuviel in Rons Augen, der es gar nicht fassen konnte. Gryffindors auf Seiten Voldemorts! Unglaublich. Zum Glück war es niemand aus seinem direkten Freundesskreis, sonst hätte ihm das wohl den Rest gegeben. Ein weiterer Tag ging ins Land und jetzt teilten sich die Fronten klar und deutlich. Am Vormittag, kurz nach dem Frühstück des vierten Tages, standen plötzlich einige Slytherins auf, unter ihnen Pansy, Blaise und viele der Älteren. Sie waren ernst, ein wenig nervös und mieden die Gesichter ihrer Hausgenossen. Geschlossen und unter den ungläubigen Blicken aller wanderten sie durch die Große Halle und blieben schließlich vor Harrys Platz stehen, der mit der Fee spielte, die am vorherigen Abend endlich zurückgekehrt war. Es war ein Junge namens Theodore, der sprach: „Wir möchten bei eurer Sache mitmachen.“, erklärte er und Pansy warf Hermione einen bedeutungsvollen Blick zu. Sie hatte bei dieser Entscheidung nicht mitgeholfen. Harry unterdessen hob den Kopf. „Und warum sagst du das mir?“, fragte er. „Weil Er dich hasst. Du bist sein Feind Nummer eins. Du kämpfst gegen ihn.“, erläuterte der Junge und einige zustimmende Stimmen wurden laut. Die übrig gebliebenen Slytherins schauten mit dunklen Blicken zu ihnen herüber, Verachtung und Hass in ihren Augen. „Ihr tut mir leid.“, sagte Harry leise, der die Gefühle und die Spannung auf seiner Haut spüren konnte. „Ihr werdet es jetzt so richtig schwer haben.“ „Das ist uns egal!“, begehrte ein dunkelhaariges Mädchen auf und unterstrich ihre Worte mit einer wütenden Geste. „Alles ist besser, als immerzu Konstruktivität und Verehrung heucheln zu müssen!“ Sie verschränkte die Arme provokativ vor der Brust. „Oder willst du uns nicht, weil wir Slytherins sind?“ Es brachte Harry zum Lachen. Weil sie Slytherins waren? Wenn das ein Kriterium wäre, hätte das mit Draco niemals klappen können, aber davon wussten sie ja nichts. Draco war selbst jetzt noch in den Reihen der Gegner, um herauszufinden, was sie planten. „Es macht mir nichts aus, aus welchem Haus ihr seid.“, sagte er freundlich. „Aber ich bin hier nicht der Ansprechpartner. Mein Name mag euch geläufig sein, weil Voldemort mich hasst, aber das heißt nicht, dass ich Schüler in einen Kampf führe.“ Die Nennung des gefürchteten Namens hatte die ganze Große Halle den Atem anhalten lassen und es dauerte ein paare Momente, bis einer der Slytherins den Schrecken weit genug überwunden hatte, um zu sprechen. „Soll das heißen, Harry Potter kneift vor dem Unnennbaren?“, wollte der Siebtklässler wissen. Seine Augen ruhten abschätzig auf dem wilden schwarzen Haarschopf, der inzwischen von einer wütenden Fee verbal verteidig wurde, die keiner beachtete. Harrys Finger strichen weich über das samtene Köpfchen, um Kikuileh zu beruhigen. Die Unterstellung gefiel ihr gar nicht. „Meine Aufgabe ist eine andere als die deine.“, gab er nur zurück. „Wende dich an Mione oder Ron. Die beiden haben mehr Erfahrung darin, Gruppen zu organisieren.“ Der Junge öffnete den Mund, um etwas Bissiges zu erwidern, da meldete sich Hermione ruhig zu Wort. „Keiner hier sollte Harrys Rolle in diesem Kampf in Frage stellen.“, sagte sie, dann erhob sie sich selbstbewusst, wirkte allein durch ihre Bewegungen und Haltung beinahe bedrohlich. Sie fand genau das richtige Maß, um die Umstehenden angemessen zu beeindrucken. „Er weiß am besten, was er tun muss. Genauso, wie jeder von euch die Wahl hat, ob er uns helfen will. Siebenundvierzig Schüler haben bereits begonnen, sich selbst weiterzubilden, um im Kampf gewappnet zu sein und nicht hilflos dazustehen.“ Um sie herum erhoben sich Schüler jedes Tisches, doch die meisten kamen wohl aus Gryffindor. „Wir haben bereits Pläne erstellt, die uns helfen, das Schloss zu verteidigen, wenn die Todesser kommen. Jeder weitere, der uns helfen will, der kann sich bei mir oder einem dieser Schüler melden.“ Raunen brach aus und Draco zwischen den Slytherins konnte kaum die Augen von diesem Schauspiel nehmen. Hermione stand dort, um sie herum wie Fixsterne die Leute aus ihrem Widerstand und alle anderen himmelten sie an. Alle bis auf die paar, die jetzt noch um ihn standen. Die paar, die sich gerade umdrehten und vollkommen desinteressiert gingen. Draco starrte ihnen nach. Was war denn nun kaputt? Auch von den anderen Tischen gingen ein paar Schüler, verließen einfach die Große Halle, selbst aus dem Pulk Slytherins, die vor dem Gryffindortisch standen. Was sollte das? Wollten sie nicht wissen, was hier geschah? Widerstrebend folgte er den Leuten, blickte sich aber immer wieder unsicher um. Er hätte das gern alles miterlebt, doch er gehörte offiziell zu den Gegnern und das sollte auch so bleiben. Über mehrere Stunden blieben die Hogwartsschüler in der Großen Halle versammelt und sprachen über Dinge, die man tun könnte oder planen musste, bis Ron sich letztlich Gehör verschaffte. Es ging ihm schlichtweg auf den Geist, dass alles so unkoordiniert war. Sie hatten längst Pläne und die sollte man auch nutzen! Der Umschwung in Hogwarts führte zu Veränderungen, denen die Lehrer kritisch gegenüberstanden. Die Slytherins, die dem Dunklen Lord entsagten, teilten sich auf die anderen Häuser auf, um vor nächtlichen Anschlägen geschützt zu sein. Dafür wurden die Sympathisanten dieser Häuser ausquartiert oder bekamen einen der Schlafsäle komplett überlassen, weil die Slytherins mögliche Spione in ihren Räumlichkeiten nicht dulden wollten. Aber die Schüler hielten sich eh weniger in den Schlafräumen auf. Es gab eine Menge zu tun und mit Hilfe seiner Kameraden teilte Ron sie in Gruppen auf, um das breite Feld der Aufgaben abdecken zu können. Es wurde dabei auf Talent geachtet. Flinke Zauberer wurden Ron und Katie Bell zugeordnet, die ihnen Reflexe vorführten, von denen viele nur träumen konnten. Verteidigungsspezialisten wurden Hermione und Pansy zur Seite gestellt, die versuchen würden, ihnen Zauber beizubringen, mit denen man auch größere Gruppen beschützen konnte. Es gab eine Fliegerstaffel, die mit Zauberstäben und Klatschern ausgerüstet wurden und deren Leitung die gestrenge Angelina übernahm. Schüler mit dem Talent der Geduld und der Fähigkeit und dem Wunsch zu heilen, kamen zu Mme Pomfrey, die sich bereiterklärt hatte, diese Entschlossenheit, nicht alles einfach hinzunehmen, zu unterstützen. Und dann gab es die wirklich große Gruppe derer, die für Ablenkungen aller Art zuständig waren. Sie standen unter der Leitung von Fred, George und Lee. Es war ein wesentlicher Bestandteil der Abwehrstrategie, denn wenn die Gänge von Fallen jeglicher Art nur so wimmelten, war ein Durchkommen für unwissende Angreifer beinahe ausgeschlossen. Und die Zwillinge nutzten wirklich jedes sich bietende Medium. Angefangen bei Zaubern, die Spinnennetze verstärkten, über Pflanzen, bei denen sie fachmännische Hilfe von Professor Sprout und Neville Longbottom bekamen, über Verwandlungszauber bis hin zu ausgetüftelten Muggelkonstruktionen war alles dabei und noch vieles mehr. Und um ihren Plan wirklich lückenlos bearbeiten zu können, schlossen die drei Rabauken der Schule Waffenstillstand mit ihrem Erzfeind Filch, der sichtlich seine Freude daran hatte, Fallen aufzustellen und auch selbst zu entwickeln. Er, Lee und die Zwillinge stellten auf einmal fest, dass sie eine Menge gemeinsam hatten. Auch die anderen Lehrer fügten sich in die Organisation mit ein. Snape hatte ein paar begabte Schüler ausgewählt und braute mit ihnen diverse Tränke für den Vorrat, McGonagall erweckte die Ritterrüstungen und Statuen des Schlosses zum Leben, Vektor und Trelawney schlossen sich den Abwehrstrategen an und unterstützten sie auf ihrem Fachgebiet. Letztere war keine große Hilfe, bis Lee auf die Idee kam, die Utensilien aus ihrem Raum ebenfalls zur Abwehr zu nutzen, so dass Kristallkugeln zu tödlichen Schleudergeschossen wurden. Hogwarts summte wie ein Bienenstock. Unterdessen hatte Draco mit den Slytherins zu kämpfen - oder zumindest mit ihrem seltsamen Verhalten. Irgendetwas wirklich Seltsames ging in seinem Haus vor, denn sie schienen gar nicht mitzubekommen, was um sie herum geschah. Sie gingen zum Essen, spazieren oder zurück in ihre Räume, ohne je etwas von den Aktivitäten draußen zu erwähnen oder sich auch nur zu wundern. Selbst die Aktivitäten, den Ausgang aus Hogwarts zu finden, waren erloschen. Es war ein Verhalten, als wüssten sie gar nicht, dass überhaupt etwas passierte. Und an dem Punkt begriff er endlich. Er hatte so etwas schon einmal erlebt. In kleinerem Ausmaß. Bei Harry! Wie vom Hafer gebissen sprang er auf und rannte aus dem Slytheringemeinschaftsraum, in dem er vor sich hingebrütet hatte. Harry war es sicherlich auch gewesen, der ihre Gegner aus der Großen Halle abgezogen hatte. Er war es, der dafür sorgte, dass sie einfach vergaßen! Er sorgte dafür, dass sie alle ungestört arbeiten konnten! Dass er so eine große Manipulation überhaupt schaffte! Harry war wirklich unglaublich! Draco fand seinen Freund draußen am See. Er stand zusammen mit Sirius dort und ließ das Eis tauen, brannte ohne Zauberstab Löcher ins Eis, die von Enten und Gänsen gern angenommen wurde. Sogar ein Schwan glitt über das eisige Wasser dahin. „Hallo, Draco.“, grüßte Sirius den Blonden, der ihm zunickte, sich dann aber an Harry wandte, der seine Tätigkeit nicht unterbrochen hatte. „Du bist genial, weißt du das?“, fragte er mit vor Begeisterung und Kälte geröteten Wangen. Harry zuckte mit den Schultern. „Wie kommst du darauf?“ Eine genau bemessene Bewegung des Handgelenkes ließ eine andere Kante der Eisplatte schmelzen. Sirius lachte. „Er ist wohl hinter deinen Zauber gekommen.“ Kikuileh löste sich aus einer Falte des dicken, rot-goldenen Schals und begrüßte Draco überglücklich und drückte sich gegen dessen Ohr. „Wie schaffst du es, sie alle aus dem Verkehr zu räumen?“, fragte dieser, während er die kleine Fee kitzelte. Harry machte eine weitere ausladende Geste. „Es ist der Vergessenszauber.“, erklärte er, nachdem er sie beendet hatte. „Er wirkt auf alle, die Voldemort nicht hassen.“ „So was geht?“ Draco hatte schon gedacht, er hätte den Zauber auf jeden einzelnen gewirkt, aber damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Im gleichen Moment brach Harry den Zauber ab und deutete strahlend auf den See. „Schau, Sirius, ein Stern!“ „Spielkind.“ Der Mann strubbelte seinem Patensohn väterlich durch die Haare, so dass dieser ausgelassen kicherte. „Bleib mal ernst.“ Es war kaum zu überhören, dass er das nicht im Mindesten so meinte. Der Junge, der lebt, rümpfte die Nase. „Ernst ist doof. Draco hat gesagt, ich soll mich mehr amüsieren, damit ich besser werden kann.“ „Hat er das?“ Verwundert sah Sirius seinen Neffen an, der stolz grinste. „Da hat er wohl Recht… Solch eine Weisheit hab ich ihm gar nicht zugetraut.“, stänkerte er, doch das kurze Blitzen in den grauen Augen wurde schnell durch jahrelang trainierte Überheblichkeit abgelöst. „Natürlich habe ich Recht!“, erklärte ihm der Blonde großspurig. „Immerhin weiß ich das aus Erfahrung.“ Sirius’ Grinsen wurde breiter. „Zweifellos.“, stimmte er zu. „Und bei Harry wirkt es offensichtlich ja auch.“ „Draco, wenn ich gehe, dann wird der Zauber innerhalb einer Stunde verfliegen. Ich kann ihn dann auch nicht mehr erneuern.“ Der Themenwechsel war hart. Nicht, weil Draco sich dann wieder mit den Slytherins rumschlagen musste, sondern weil es ihn daran erinnerte, dass Harry ging. Es gefiel ihm nach wie vor nicht, denn je weiter die Vorbereitungen voranschritten, desto stärker wurde sein Gefühl, dass er seinen Freund nicht wieder sehen würde. Einem Impuls der Angst folgend trat er vor und umarmte seinen Freund fest. Er brauchte diese Nähe jetzt, um sich selbst einzureden, dass seine Befürchtungen unbegründet waren, sich zu beweisen, dass er doch nicht so hilflos war, wie es ihm vorkam, und wenn es noch so sehr eine Lüge war. Es funktionierte jedoch erst, als Harry die Umarmung erwiderte. Da fühlte sich plötzlich alles wieder so an, wie es sein sollte. An diesem Tag wohnte Draco dem Training Harrys bei und versuchte sich selbst an den Zaubern, die dieser wirkte. Selbst Sirius war erstaunt und stolz, dass es einigermaßen funktionierte, galten die meisten doch als schwer. Die Nacht zum ersten Januar wurde gefeiert. Sie feierten das Jahr der Befreiung im Voraus, denn euphorisch wie sie waren, waren sie sich sicher zu siegen. Harry und Draco feierten alleine auf dem Dach der Schule, beobachteten die Fliegerstaffel, zu der sich Fred und George gesellt hatten, wie sie Feuerwerkskörper zündeten. Es war ein herrlicher Anblick und Draco stellte fest, dass Harry tatsächlich seine alte Brille trug. „Du kannst wieder häufiger sehen, oder?“, fragte er, dabei hatte er Harrys Fortschritte hautnah miterlebt. Der Junge nickte, was an Dracos Schulter gelehnt nur schwer zu erkennen war. „Warum trägst du dann deine Brille? Sehen die Augen nicht scharf?“ Dabei hatte Harry die ganze Zeit keine Brille getragen. „Nein.“, antwortete der Junge leichthin. „Sie sind so wie früher. Ohne Brille sehe ich immer alles verschwommen, was weiter weg ist.“ „Kannst du das denn nicht heilen?“ Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Ich kann gar nichts heilen.“, erklärte er die Tatsache, die sowohl Remus als auch Mme Pomfrey und Professor Vektor festgestellt hatten. „Die Kunst zu heilen ist anscheinend der Preis für die Macht, die in mir ist.“ Draco nahm diese Information schweigend und mit mulmigem Gefühl hin. Wenn Harry wirklich nicht heilen konnte, dann durfte er im Kampf auf keinen Fall verletzt werden. Das wäre wirklich fatal. Im neuen Jahr schloss sich Draco Ron und seiner Gruppe von Angriffsstrategen an. Der Rotschopf stellte ihn als Begründer des Widerstandes vor und erklärte, dass es ihm zu verdanken war, dass die Slytherins sie in Ruhe ließen und einige von ihnen sogar die Seiten gewechselt hatten. Remus und Pansy bestätigten das noch, damit war Draco unter Vorbehalt integriert. Es stellte sich heraus, dass der blonde Junge sowohl geschickt als auch stark war. In den Gruppenübungen stand er stets mit Ron, Remus und Katie Bell auf der Seite derjenigen, die die anderen bis zum Äußersten forderten, und half ansonsten schwächeren Schülern, die Zauber zu meistern, indem er ihnen nützliche Tipps gab. Recht bald wurde bekannt, dass Draco Malfoy einen unglaublichen Wandel durchgemacht hatte. Und so kamen sie nicht umhin zu erklären, dass diese Tatsache vor den Slytherins auf keinen Fall publik werden durfte, weil es sonst sein könnte, dass sie ihnen unbemerkt in den Rücken fallen konnten. Sie verabredeten im gleichen Zuge, dass ein paar Leute mit ihm zusammen in den Slytheringemeinschaftsraum eindringen und die Verräter ausschalten würden, sobald es zum Kampf kam, um eine Invasion von innen heraus von vornherein zu unterbinden. Zwei Wochen nach diesen Ereignissen erwachte Harry schweißgebadet aus einem Alptraum. Kikuileh war nicht da, war aus Rücksicht auf ihn und Draco am Abend gegangen, um ihre Freunde zu besuchen, aber auch sein Freund war nicht mehr an seiner Seite. Das Bett neben ihm war verwaist, keiner da, an den er sich anschmiegen und von dem sich trösten lassen konnte. Der Traum war wirklich schrecklich gewesen. Londons Straßen waren so gut wie leer. Schmutz, Schutt und Leichen lagen auf den Gehwegen und Straßen, das Grüne Mal prangte an jeder Hauswand und neben jedem dritten Zeichen lag ein Muggel, die Gliedmaßen grotesk verdreht und die Augen aus den Höhlen entfernt. Und daneben stand in Blut geschrieben: „Du müsstest mich doch finden, denn du bist ja so wie ich. Drei Tage noch, dann ist London Asche.“ Er hatte Voldemort dabei beobachten können, wie er eine dieser Nachrichten schrieb, wie Mordlust und Blutgier durch seine Adern rannen, wie Erregung mit Vorfreude und kaltem Hass gemischt wurde und an die Grenzen des Wahnsinns stießen, hatte es in seinem eigenen Körper spüren können. Drei Tage nur noch. Drei Tage. Das war eine so verdammt kurze Zeit! Harry stand auf und zog sich an. Er nahm seinen Zauberstab und machte sich langsam auf den Weg in den Gryffindorfünftklässlerschlafraum, in dem seine Sachen wie immer in dem Koffer unter seinem Bett lagen. Bedächtig und mit viel Mühe, die Sehfähigkeit zu bewahren, suchte er heraus, was er brauchen würde. Den Tarnumhang, seinen Zauberstab, den Trank, den Poppy ihm für den Notfall gegeben hatte, Dracos Ring. Es war alles, was er brauchen würde. „Du müsstest mich doch finden, denn du bist ja so wie ich…“, murmelte er leise und verstaute alles. „Das ist nicht wahr. Ich bin niemals so wie du.“ Langsam schloss er die Schnallen seines Umhangs, ging dann hinunter in die Küche, wo er sich von Dobby Äpfel und Brote geben ließ. Verpflegung war nicht schlecht, falls er ihn nicht gleich fand. Vor Tagen schon hatte er sich alles zurechtgelegt, um seinen Aufbruch möglichst schnell und unauffällig zu gestalten. Als nächstes führte ihn sein Weg in die Eulerei. Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass Hedwig noch immer verschwunden war und er schon lange nicht mehr an sie gedacht hatte, aber für Trauer war jetzt keine Zeit. Ein paar Zeilen auf ein Pergament kritzelnd rief er Pigwidgeon zu sich und schickte ihn mit der Nachricht zu Ron. Es war eine Anleitung für die nächsten Tage und der Hinweise, wo er die Karte des Rumtreibers finden konnte. Er hatte überlegt, ob er Ron endlich beichten sollte, dass sein Bruder Percy tot war, aber er entschied sich dagegen. Ron würde es noch früh genug erfahren und eigentlich wollte er auch nicht derjenige sein, der ihm das mitteilte. Anschließend warf er sich den Tarnumhang über die Schultern und machte sich auf zur Peitschenden Weide. Er würde niemanden mitnehmen. Er würde niemanden gefährden. Draco war allein auf dem Gang und auf dem Rückweg zu ihrem Zimmer, als Harry ihn unsichtbar von hinten umarmte. Er konnte ihm nicht ins Gesicht schauen, wollte nicht weinen, wollte ihn nicht zurücklassen, ihm nicht schon wieder so weh tun. Und er wusste gleichzeitig, dass er keine andere Wahl hatte. Er würde ihn nicht der Gefahr aussetzen, ihn für immer zu verlieren. Hier war es sicherer für ihn. Ohne ein Wort gesagt zu haben, ließ er den Blonden wieder los und drehte sich um. Er musste auf der Stelle hier weg! Doch schon nach drei Schritten wurde seine Hand von Draco festgehalten. Er hatte sie nicht sehen können, aber er hatte sie zielsicher erwischt. „Du wirst gehen, nicht wahr?“ Die Stimme klang rau vor unterdrückter Angst. „Ohne die anderen.“ Harry nickte, obwohl Draco das nicht sehen konnte, dann wurde ihm die Kapuze vom Kopf gezogen. Draco blickte ihn an und Harry konnte den Blick nicht erwidern. „Bitte, Harry.“ „Ich muss gehen.“, wisperte der Junge erstickt. „Er bringt alle um.“ Draco sah ihn an, eine ganze Zeit lang, dann zog er ihn an sich und umarmte ihn fest. „Bitte lass mich mitgehen.“, flehte er. „Ich könnte es nicht ertragen, wenn du stirbst!“ „Ich habe versprochen, dass ich zurückkomme.“, gab Harry leise zurück. „Ich halte mein Versprechen.“ „Bitte nimm mich mit!“ Es war eine schreckliche Situation. Harry konnte nicht Ja sagen. Aber Nein konnte er auch nicht sagen. Nicht bei dem Blick. Bei der Stimme. Bei dem Flehen. Was sollte er denn tun? Er musste sich beeilen. Mit Sicherheit hatte Ron seinen Brief längst und würde Sirius alarmieren. „Draco, ich kann nicht…“ Letztendlich verblasste seine Sicht. Es war eine Schutzreaktion, das erste Mal, dass er die Angst ganz bewusst zuließ, um Dracos bittende Augen nicht mehr sehen zu müssen. Gleichzeitig senkte er den Kopf. „Du verstehst nicht, Draco. Voldemort ist niemand, der irgendjemanden ungeschoren davonkommen lässt. Er würde dich zerstören. Mit Worte, mit Taten… Ich will nicht erleben müssen, wie er dich zerbricht.“ „Aber ich soll zulassen, dass du ihm begeg…“ „Bei mir ist es längst zu spät! Er hat längst alles, was mir etwas bedeutet, zerstört. Meine Eltern, Sirius’ Leben, meine Selbstachtung… Nur dich noch nicht. Bitte lass das auch so bleiben!“ Harrys Stimme hatte nun auch etwas Flehendes. „Lass nicht zu, dass er alles kriegt!“ Dracos Griff um Harrys Schultern wurde schwächer, machte es dem Jungen möglich, einen Schritt zurück zu tun. „Ich komme bestimmt wieder.“, versprach Harry ein weiteres Mal, dann war er appariert. Auf dem Gelände von Hogwarts, obwohl er selbst gesagt hatte, dass es für ihn unmöglich wäre. ------------- Ja, Leute, jetzt geht’s los, die letzte Phase der Geschichte! *leuchteaugenhat* Macht euch gefasst auf alles, was ihr erwartet, und besonders auf das, was ihr nicht erwartet! Ich bemühe mich, jede Erwartung so gut es geht durch unerwartete Aspekte zu ersetzen! *grins* Bis zum nächsten Mal! Hoffentlich pünktlicher ^^° Jagd auf den Jäger ------------------ Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 51: Jagd auf den Jäger Draco konnte sich nicht rühren. Seine Augen hafteten auf dem Fleck, an dem eben noch sein Freund gestanden hatte, an der sein rabenschwarzer Schopf in der Luft geschwebt hatte. Er war fort. Und er hatte ihn einfach zurückgelassen. Was glaubte er denn? Dass er jetzt ruhig hier warten würde, bis er zurückkam? Dass er jetzt Däumchen drehen würde? Dass er dazu in der Lage war? Wusste er denn nicht, wie schlimm es war, zum Nichtstun verdammt zu sein, wenn der Geliebte sich in Gefahr begab? Er legte den Kopf in den Nacken und ließ einen gellenden Schrei los, der all die Frustration und Wut ausdrückte, die er gerade empfand. Wie konnte Harry es wagen, ihn alleine zurückzulassen? Wie konnte er?! Und was konnte er dagegen tun? Er wusste nicht, wohin Harry unterwegs war, wusste nicht, wo Voldemort sich aufhielt, wusste gar nichts. Es war so frustrierend! Ein weiterer Schrei brach aus ihm heraus, dann stapfte er los. Salazar und Godric mussten ihm helfen. Die beiden mussten ihre Feen losschicken und Harry suchen lassen! Wo war überhaupt Kikuileh geblieben? Bei Harry war sie nicht gewesen. Hatte der sie etwa auch abgestreift? Die Antwort bekam er, als er den Gang erreichte, der zu dem geheimen Turm führte. Sie war dort, starrte ihn aus ihren tiefschwarzen Augen traurig an. Draco nahm sie in die Hand. Harry war wirklich ein mieser Kerl, gerade jetzt all jene zurückzulassen, denen er etwas bedeutete. „So ein Idiot!“, fluchte er und hatte dann alle Hände voll zu tun, als die kleine Fee zu weinen begann. Eine Viertelstunde später platzte er in das Turmzimmer mit den uralten Möbeln. Krachend fiel die Holzluke auf den Boden, schreckte die schlafenden Bewohner auf. Jeder mit einer Zipfelmütze saßen sie senkrecht im Bett und blinzelten Draco entgegen ins Licht des Lumos. „Was…?“ „Harry ist weg.“, kam Draco der Frage zuvor direkt auf den Punkt. „Könnt ihr herausfinden, wo er ist?“ Seine Stimme drückte eine unbestimmte Dringlichkeit aus. Die beiden sahen sich an. Das klang vielversprechend nach Schwierigkeiten. „Sicher können wir.“, antwortete Salazar zögerlich. „Aber das kann dauern. Die Feen sind nicht so viele.“ Nicht gut. Draco rieb sich über die Nasenwurzel. „Wo genau ist Voldemort jetzt?“ Dracos Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Wenn er das wusste, dann konnte er vielleicht noch vor Harry dort sein und ihn aufhalten, bis Verstärkung kam. Seine Hand schlug gegen seine Stirn. Verstärkung! Natürlich! Er musste den anderen Bescheid geben, damit sie helfen konnten! Und er musste einen Weg finden, wie er zu Voldemorts Basis kam. Er konnte nicht apparieren, wie Harry es tat, er brauchte ein Hilfsmittel. Das einzige, das ihm da einfiel, war sein Besen. Verdammt. Er würde viel zu lange brauchen! Plötzliche Kälte riss ihn brutal aus seiner Planung. Godric Gryffindor stand vor ihm, sein Blick dunkel auf ihn gerichtet. „Du willst ihm also folgen?“, fragte der Alte drohend und Draco zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen. Wollte er ihn etwa daran hindern? „Ja, natürlich!“, rief er. „Harry hat keine Heilmagie! Er wird sterben, wenn er verletzt wird!“ „Aber du weißt, dass er seine Gründe hatte, dich zurückzulassen?“ „Ja, verdammt!“ Draco wollte das nicht hören. Ja, er wusste es. Ja, er verstand es. Nein, er wollte es nicht akzeptieren. „Und du willst…“ „Was, wenn er nicht mehr zurückkommt?“, gab Draco ungeduldig und schrill zurück. „Wenn er nicht zurückkommt, obwohl er es versprochen hat, weil es nicht geht?“ Die beiden alten Männer wechselten einen Blick. Godrics schien düster, beschwörend, Salazars dagegen besorgt. Letztendlich hob zweiter die Hand vor die Augen und strich sich abwenden durch das Haar. Er schien sagen zu wollen, dass sie machen sollten, was sie wollten. Doch bevor Draco diese Bedeutung erfassen konnte, zog etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. Godric sah ihn so seltsam finster an. Seine Augen waren wie Feuer, entschlossen und unbarmherzig. Er kannte diese Art Blick. Harry hatte ihn auf dem Besen gehabt, als er das erste Mal gegen ihn geflogen war, als er das Erinnerdich entführt hatte. Aber dieser Blick war bei weitem nicht so beunruhigend gewesen. „So gehe deinen Weg bis zur letzten Stund, solange deine Seele sich rührt, folge ich dir, wohin auch immer er dich führt.“ Die Worte waren noch nicht verklungen, da machte der Mann den letzten Schritt auf Draco zu, trat einfach in ihn hinein, als wäre er gar nicht da. Er drehte sich um, schloss die Augen, während er die gleiche Haltung annahm wie Draco, dann war er verschwunden. Und Draco spürte plötzlich einen seltsamen Druck im Kopf, hinter den Augen, fühlte dort eine zweite Präsens. „Was…?“ Seine grauen Augen weiteten sich in Schrecken, als er begriff. „Was soll das? Was tut er da? Will er meinen Körper übernehmen? Das lasse ich niemals zu!“ Er schüttelte sich, um den fremden Geist aus seinem Kopf zu kriegen, doch das funktionierte nicht. „Salazar, hol ihn da raus! Ich will ihn da nicht haben!“, schrie er panisch. Der Gründer zuckte nur mit den Schultern. „Wenn ich es könnte…“ Plötzlich sah er um Jahre gealtert aus, war grau im Gesicht, als würde das Leben aus ihm schwinden. Helle Stimmen fragten nach seinem Wohlbefinden und Draco stellte fest, dass er die Feen plötzlich verstand. „Er wird deinen Körper nicht übernehmen, solange du es nicht willst.“, gab der Mann Auskunft, ohne die kleinen Wesen zu beachten. „Aber er hat beschlossen, dich zu schützen, wenn du Harry folgst, um ihm wenigstens diesen Schmerz zu ersparen.“ Schwach war sein Lächeln, traurig irgendwie, doch Draco sah es nicht. „Und er glaubt, dass ich das will?“ „Er wusste, dass du damit nie einverstanden sein würdest, deshalb hat er nicht gefragt.“ „Na klasse! Sag mir, wie ich ihn wieder loswerden kann!“ „Hast du wirklich die Zeit, dir darüber Gedanken zu machen?“, unterbrach ihn Salazar. „Tom ist in Durmstrang, weit im Osten.“ Draco knurrte unzufrieden, aber er wusste, dass Salazar Recht hatte. Er hatte keine Zeit zu verlieren. „Durmstrang wird stark bewacht, doch es sollte für dich kein Problem darstellen, dort hineinzukommen. Du bist ein guter Schachspieler.“ „Was hat das damit zu tun?“, wollte Draco wissen, doch Salazar lächelte nur undurchsichtig und Draco verlor endgültig die Geduld. Was war denn plötzlich los mit den beiden? Verdammt! Er hatte Hilfe von ihnen gewollt, nicht, dass sie ihn boykottierten. Mit einem wütenden Schnauben drehte er sich um und sprang durch die Luke, ohne die Leiter zu benutzen. Er konnte es sich jetzt nicht leisten, sich Gedanken um sie zu machen. Er musste zu Harry, so schnell wie möglich. Er war noch nicht ganz bei den Kerkern angelangt, als Snape plötzlich aus einer Tür kam und ihm den Weg verstellte. Seine Mimik drückte deutliches Missfallen aus, weil er nach der Sperrstunde noch unterwegs war, doch irgendwie änderte sich diese Haltung ohne ersichtlichen Grund. Nie zuvor hatte Draco Sorge im Gesicht seines Hauslehrers so offensichtlich leuchten sehen. „Also ist er weg.“, stellte der Mann dennoch ruhig fest. „Wie lange?“ „Eine Stunde?“, schätzte Draco. Unsicher trat er von einem Fuß auf den anderen. Was würde Snape tun? Würde er ihn hier festhalten? Würde er den anderen Bescheid geben, und Draco wieder zurücklassen? „Sir, ich…“ „Wo ist er hin?“, unterbrach ihn der Lehrer „Ich weiß es nicht. Bitte, Sir, wenn ich mich nicht beeile, stirbt er vielleicht!“ Snapes Augenbraue hob sich, ließ das steife Gesicht fragend wirken. „Und wo willst du hin, wenn du nicht weißt, wo Potter ist?“ „Zu Voldemort! Nach Durmstrang! Harry wird auf jeden Fall dorthin gehen!“ „Potter weiß, wo der Unnennbare ist?“ Snape klang erstaunt, aber noch immer machte er keine Anstalten, den Weg freizugeben. „Ich habe keine Ahnung!“ Draco war kurz vorm Verzweifeln. „Aber ich will nicht, dass er stirbt! Was, wenn er verletzt wird?“ Snape schüttelte entschieden den Kopf. „Du wirst nicht unvorbereitet losziehen. Wie willst du überhaupt nach Durmstrang kommen? Fliegen?“ Hilflos zuckte der Blonde mit den Achseln, nickte. Und Snape schien aufzugeben. „Du hast also keinen Plan.“, stellte er fest. „Stürmst einfach los, weil du hoffst, Potter zu finden. Ich hatte echt gedacht, du hättest in Slytherin etwas gelernt.“ Er kam zu ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter und drängte ihn in sein Büro. Dort ließ er ihn sich setzen und nahm selbst hinter seinem Schreibtisch Platz, zog Pergament und Feder hervor und begann zu schreiben. Draco rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Was sollte das? Er musste sich doch beeilen. Harry war in Gefahr! Er konnte doch hier nicht einfach herumsitzen! Doch als er den Mund aufmachen wollte, unterbrach ihn Snape schon wieder. „Der Dunkle Lord hat seine Schergen zusammengerufen. Irgendwas plant er und ich fürchte, er tut das, um Harry in die Finger zu kriegen und danach die letzte Bastion Englands zu stürzen.“ Er legte die Feder beiseite, rollte das Pergament zusammen und versiegelte es. Viel stand nicht drauf. Die Worte machten Draco unruhig. Es waren ihm soeben ein paar Dinge klar geworden. Voldemort verlor die Geduld, wie sie offensichtlich auch Harry verloren hatte. Hogwarts war in Gefahr, weil Dumbledore es geschafft hatte, die Schule zu einem Verteidigungswall zu machen. Und Harry bedeutete Snape inzwischen viel mehr, als er eigentlich zugab. Gerade, zuerst nicht einmal auffällig, hatte er ihn beim Vornamen genannt. Zwei Mal. Was genau war dieses Band, das seinen Hauslehrer und Harry verband? Aber ganz egal was, er wusste nun mit absoluter Sicherheit, dass Snape nicht zulassen würde, dass Harry etwas passierte. Und das wiederum beruhigte ihn ungemein. „Sir, was wird denn jetzt passieren?“, fragte er, während Snape den Kamin entfachte, etwas hineinwarf und den Brief fortschickte. Der Lehrer drehte sich wieder um und ging an seinen Schrank, wo er sorgfältig begann, Fläschchen und Phiolen in eine Tasche zu legen. „Wir werden ihn zurückholen.“, erklärte er knapp. „Dumbledore wird schon wissen, was zu tun ist, um Hogwarts notfalls zu schützen, aber er kann sich nicht um zwei Sachen gleichzeitig kümmern. Ich halte es für unklug, Black oder Lupin mitzunehmen, da sie mir nur im Weg stehen würden und ich nicht weiß, wie ich sie in Voldemorts Reihen schleusen soll, aber du kannst mir helfen. Und wegen deines Malfoy-Blutes fällst du auch nicht auf.“ Draco nickte. „Kann ich etwas helfen?“, fragte er letztendlich? „Nein. Bleib, wo du bist und steh nicht im Weg.“, kam die unbeirrte Antwort zurück. Im nächsten Moment stellte Snape die Tasche auf den Tisch und verschwand im Hinterzimmer. Draco schrak förmlich zusammen, als das Feuer plötzlich hoch loderte. „Severus?“ Dumbledores Gesicht erschien in den Flammen, flackerte verzerrt, aber nichts desto trotz konnte er die Sorge darin erkennen. „Oh, Draco. Was machst du denn um die Uhrzeit bei Professor Snape?“ Der Junge biss sich auf die Lippe. Dumbledore würde ihn sicherlich aufhalten, wenn er wüsste, was er vorhatte. „Halt, nein, sag nichts.“ Dumbledore schien auf einmal reichlich amüsiert. „Da Harry weg ist und Professor Snape ihn zurückholen will, bevor ich diesbezüglich etwas sagen konnte, wird er es wohl von dir gehört haben. Wo ist Severus jetzt?“ „Nebenan.“, gab der Slytherin leise Auskunft. Diese unbeirrbare Fröhlichkeit passte so überhaupt nicht zur Situation. Was war daran bitte zum Lachen? „Würdest du ihn bitte holen? Es ist dringend.“ Draco nickte und stand auf, um zu der Tür zu gehen, hinter der Snape rumorte. Vorsichtig klopfte er an. „Was ist?“, kam die genervte Antwort und Draco richtete ihm aus, dass Dumbledore mit ihm sprechen wollte. Daraufhin wurde Draco Zeuge einer Blitzplanung. Den Inhalt bekam er nicht wirklich mit, genauso wenig den Ausgang, aber er wusste noch bevor Dumbledore aus den Flammen verschwand, dass sie die Erlaubnis hatten, zu gehen. Snape nahm seine Tasche auf und einen kleinen Beutel, den er seinem Schüler kurz darauf entgegenhielt. „Für den Notfall. Einmal der Trank gegen den Overrun, dann verschiedene Heiltränke. Ich gehe davon aus, du weißt, welcher wie wirkt?“ Entschlossen bestätigte Draco, dann machten sie sich auf den Weg. „Was wird mit Sirius und Remus? Werden sie uns folgen?“ Snape murrte unhörbar und fast war sich Draco sicher, etwas von nervigen Deppen zu hören, doch der Mann riss sich schnell wieder am Riemen. „Sie werden kaum noch die Chance dazu haben.“ Der Weg führte sie durch eine Seitentür hinaus und zur Peitschenden Weide, die Snape mit einem Stupor erstarren ließ. Er trieb Draco zur Eile, was diesem nur Recht war. Der Gedanke an Harry ließ ihn selbst seine Müdigkeit vergessen. Die Heulende Hütte war geisterhaft still und es war vollkommen düster, da draußen kein Mond schien. Der Schnee machte die Luft eiskalt und Draco zog die Schultern hoch. Er hatte nur seinen einfachen Schulumhang an und selbst wenn es die warme Ausgabe war, war sie immer noch zu dünn für diese Wetterlage, wenn man draußen herumtobte. Doch Snape schien das nicht zu bemerken und Draco wollte wegen einer solchen Lappalie nicht noch mehr Zeit einbüßen. Er würde es schon überstehen, meinte er. „Wo ist Potter jetzt?“, riss ihn Snape aus seinen Gedanken. „Sir?“ „Du weißt es sonst auch immer, also versuche ihn zu finden.“ Draco brauchte einen Moment, bis er sich gefasst hatte. Eine solche Aufforderung hatte er nicht erwartet. Aber immerhin wurde ihm jetzt klar, warum Snape gesagt hatte, dass er ihm nützlich sein konnte. Aber wenn er ihn selbst in London nicht mehr hatte spüren können, wie sollte er es können, wenn er nicht wusste, wo er sich jetzt befand, wo er sich wirklich überall aufhalten konnte? Snapes schwarze Augen brachten ihn zur Besinnung. Sie hatten keine Wahl, als nach jedem Strohhalm zu greifen, den sie auftreiben konnten. Langsam schloss er die Augen, suchte in sich das Kribbeln, das Harrys Gegenwart in ihm auslöste. Er fand nichts, nicht einmal das schwächste Zeichen, dass Harry in seiner Nähe war. Einsamkeit überkam ihn, das gleiche Gefühl, das ihm in den Wochen beherrscht hatte, in denen Harry nicht da gewesen war. Er hatte ihn allein gelassen… „Und?“ Er schüttelte den Kopf. „Nichts. Weit weg.“ „Weißt du, wie weit es funktioniert?“ „In ganz Hogwarts. Es war dort nie ein Problem.“ „Unser vorrangiges Ziel ist es, Potter zu finden. Wir gehen also kein unnötiges Risiko ein.“ Daraufhin packte Snape seinen Oberarm und sie apparierten. Es war eine Küste, an der sie ankamen, eine steile Küste mit hohen Klippen und stürmischer, salziger See. Das Meer war grau und hatte selbst weit draußen noch Gischt auf den Wellen, der Strand tief unter ihnen war von einer dicken Eisschicht bedeckt, so kalt war es, und die Kälte schnitt Draco in die Haut. Gegen seinen Willen schlangen sich seine Arme um seinen Oberkörper, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Weit draußen, versunken in unnatürlichem Nebel, ragte eine Insel aus dem Meer. „Da ist Durmstrang.“, erklärte Snape knapp. „Versuch noch einmal, Potter zu finden.“ Draco tat, wie ihm geheißen, versuchte zwanghaft das Zähneklappern zu unterbinden, doch alles, was er feststellte, war, dass das Gefühl jetzt irgendwie noch weniger geworden war. Nicht einmal die leiseste Ahnung, dass Harry auf dieser Welt war, war noch vorhanden. „Er ist nicht hier.“, rief er gegen den Sturm an, was Snape die Stirn runzeln ließ. „Wo genau ist Durmstrang?“ „Am nördlichen Rand Russlands. Polarmeer.“ „Und hier müssen die Schüler jahrelang leben?“ Draco behagte dieser Gedanke überhaupt nicht. Was für ein Glück, dass er so nahe an Hogwarts wohnte, so dass sein Vater ihn nicht hatte hierher schicken können. Ihm hätte der Gedanke sicherlich gefallen. „Wenn Potter noch nicht hier ist, dann weiß er womöglich gar nicht, wo der Dunkle Lord sich aufhält.“, überlegte Snape, ohne die Frage zu beachten. Seine schwarzen Haare wurden vom Wind zerzaust und sein Umhang schlug ebenso aggressiv wie Dracos. „Komm.“ Als sie dieses Mal apparierten, befanden sie sich in einer kleinen Nebenstraße mit grauen Häusern. Draco erkannte es nicht gleich, doch er ahnte, wo er sich befand. Auf dem Boden lag matschiger Schnee, teilweise rosafarben oder dunkel. Es war vollkommen still in der Stadt. „London.“, sagte Snape kurz angebunden, dann strebte er der Hauptstraße zu, die ebenso leer war wie die Seitenstraße. Einen Unterschied gab es allerdings: Die Ursache für den blutigen Schnee war noch vorhanden. Da lagen tote Menschen. Und so viele! Draco wurde schlecht. Was war hier nur passiert? Er richtete seine Augen auf Snapes Fersen, folgte diesem stur, schloss die Augen sogar, wenn ein Leichnam in sein Blickfeld geriet. Was hatte Harry die ganze Zeit über nur ertragen müssen, wenn er diese Bilder in Träumen sah? Wie hatte er das ertragen können? Er war so sehr in diesen schrecklichen Gedanken vertieft, dass er fast in Snape hineinrannte, als dieser abrupt stehen blieb. Gerade noch rechtzeitig hielt Draco an, machte schnell einen Schritt rückwärts, um Snape nicht zu nahe zu sein. Das düstere Gesicht galt jedoch nicht ihm. Snape hatte Voldemorts Botschaft an Harry gefunden. Eine der vielen. „Jetzt wundert mich gar nicht mehr, dass er gegangen ist.“, murmelte er dunkel. Die Frau lag da mit verdrehten Gliedern, blutbefleckt und man hatte ihr die Augen entfernt. Das Blut an der Wand dahinter gehörte definitiv ihr. „Du müsstest mich doch finden, denn du bist ja so wie ich. Drei Tage noch, dann ist London Asche.“, las Draco mit Grauen in der Stimme. Und daneben prangte das Grüne Mal, der Totenkopf, durch dessen hohle Augen sich die Schlange wand, die Augen schwarz mit spitzen Zähnen. Ein Schauder rann über seinen Rücken. „Sie meinen, er hat das gesehen?“, fragte er leise. Er wollte, dass Snape das verneinte, ihm sagte, dass diese Herausforderung nicht Harry galt, doch der schwarzhaarige Lehrer tat ihm diesen Gefallen nicht. Er nickte nur. „Die Frage ist, wann die Frist der drei Tage gestartet hat.“, machte er auf die wichtige Frage aufmerksam. „Bevor er ging oder danach.“ Draco wusste darauf keine Antwort. Er war wie erstarrt, konnte seine Augen nicht von dem abartigen Anblick abwenden, der sich ihm bot. Und dennoch keimten Worte in ihm. „Vielleicht war das der Plan.“, begann er hoffnungsvoll. „Dass Harry Panik bekommt und schnellstmöglich zu ihm…“ „Der Dunkle Lord macht keine leeren Drohungen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er London niederbrennt.“, stellte Snape kalt die Fakten klar. „Aber meinten Sie nicht, er würde Truppen in Durmstrang zusammenziehen?“, fragte Draco zittrig. „Offensichtlich habe ich mich geirrt. Er weiß, dass es einfacher ist, London anzugreifen als Hogwarts, aber beides ist effektiv, um Potter herauszulocken. Mit seinem Helfersyndrom ist der Bengel wirklich eine Gefahr für die Allgemeinheit. Außerdem wird es Albus auf den Plan rufen. Damit sind alle seine Gegner versammelt. Offenbar will er die Entscheidung.“ Darauf erwiderte Draco nichts. Was auch? Dass er Angst hatte? Damit behelligte er seinen Hauslehrer besser nicht. Das war sicher nicht förderlich für ihr Zusammenarbeiten. „Such ihn.“, kam letztendlich der unmissverständliche Befehl und Draco tat ohne große Überlegung, was er konnte. Er schloss die Augen, konzentrierte sich und spürte Erleichterung über sich hinwegfluten, als er in sich das sanfte Summen wahrnahm, das Harry in ihm auslöste. Kurz huschte ein weiches Lächeln über seine Lippen, dann öffnete er die Augen wieder. „Links.“, sagte er und ging voraus. Snape folgte. Der Lehrer war regelrecht froh, dass Harry noch in London war und nicht längst in Durmstrang. Jetzt hieß es bloß noch, ihn zu finden, bis er es herausfand und wieder verschwinden konnte. Dracos Weg war zielsicher. Er eilte durch die Hauptstraße, den Blick immer geradeaus. Hätte er nicht das klare Ziel Harrys vor Augen gehabt, wäre er wohl geflüchtet, denn sie kamen immer wieder an ähnlichen Botschaftsschlachtfeldern vorbei. Hass und Ekel brannten in seinem Magen, ließen bittere Galle seine Speiseröhre verätzen. Verdammt, es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er dazugehören wollen! Und seine Eltern gehörten sogar real dazu! Wie konnten sie nur? Selbst für die Bereinigung der Rasse waren solche Mittel doch inakzeptabel! Ein bisschen Muggelärgern hin oder her, aber das überstieg doch jede Menschlichkeit! Und wenn Reinblüter zu sein hieß, dass man ein grausames Monster wurde, dann wollte er lieber keiner mehr sein. Abrupt blieb er stehen und schaute nach rechts. Dort erhob sich ein roter Klinkerbau aus einer grauen Umgebung, ein komischer Kasten mit Namen Telefon stand davor, ansonsten war dort nichts. Nicht einmal ein Eingang. „Harry ist in dem Haus da.“, übermittelte er Snape verwirrt aber überzeugt sein Gefühl. „Was tut er da drin?“ „Das ist das ehemalige Zaubereiministerium.“, gab Snape Auskunft und verfluchte sich innerlich, dass er daran nicht gedacht hatte. Harry war Voldemort dort doch schon einmal begegnet, also war es doch gar nicht so weit hergeholt, dass er auch jetzt dort war, um ihn zu suchen. „Komm mit.“, befahl er und drehte sich auf dem Absatz um. Draco würde schon folgen. Minuten später traten sie aus einem Kamin in eine große Halle, in der eine riesenhafte, komplett zerstörte Skulptur stand. Einst war sie aus Gold gewesen und mit ihren vier Statuen sicherlich beeindruckend gewesen, jetzt existierten noch zwei und beide verkohlt und lädiert. Von den anderen beiden Figuren zeugten nur noch die Beine. Es hatte Snape nicht wirklich viel Mühe gekostet, einen Kamin in London zu finden, durch den man ins Ministerium gelangen konnte. Viel eher hatte es ihm Sorge bereitet, dass sie dort drin womöglich nicht sonderlich freundlich empfangen wurden, wenn sie da so unangemeldet reinplatzten, aber es war gar keiner dort. Die Eingangshalle war vollkommen verlassen. „Hier lang.“, ließ sich Draco vernehmen und zeigte auf einen der goldenen Fahrstühle. „Wir müssen nach unten.“ Wie war das gewesen? Ehemaliger Gerichtstrakt? Oder doch woanders? Verdammter Black. Warum hatte er ihnen den Weg nicht besser beschrieben, als er ihnen von seinem Besuch hier unten berichtet hatte? „Weißt du, wie weit?“ Doch Draco zuckte nur mit den Schultern. Er würde es wissen, wenn sich die Richtung änderte, in die Harry ihn rief. Noch bevor Draco sagen konnte, dass sie richtig waren, wusste es Snape. Durch die goldenen Gitter ihres Fahrstuhls konnten sie panische Menschen auf dem Flur sehen. Sie rannten schreien durcheinander und es herrschte ein schier ohrenbetäubender Lärm. „Was zum…“, begann der blonde Junge entgeistert, doch da hatte man sie schon entdeckt. „Verflucht!“, schimpfte Snape ärgerlich. „Rekruten!“ „Was?“ „Die kennen mich noch nicht. Sie hatten ja keine Zeit, mich kennen zu lernen!“ Er schob Draco halb hinter sich und trat ihnen entgegen. „Was ist denn hier los?“, fragte er laut in die Runde und seine Stimme zeugte davon, dass er es gewohnt war, dass man auf ihn hörte. Er durchbrach die Panik mit Leichtigkeit und nutzte die Chance, sie kaltzustellen – oder wollte das zumindest. Doch sein Schlafzauber wirkte nicht. Stattdessen wurden die Männer, die sich von ihm Hilfe erhofft hatten, wütend. Snapes Reaktionen waren außergewöhnlich. Ein Schritt zurück und sie standen erneut im Fahrstuhl. Eine Sekunde später fuhren sie weiter abwärts. Der Mann atmete tief ein. „Ein Zauberbann.“, murmelte er, sich sichtlich wieder fassen müssend. „Dass der Dunkle Lord das kann!“ „Das war nicht Voldemort.“, widersprach ihm Draco überzeugt. „Das ist Harrys Zauber, wenn der Wunsch nach Frieden zu groß ist.“ „Potter war das?“ Draco nickte. „Na, da hat er uns ja was eingebrockt. Wir können ihn durch diese Meute an Rekruten schlecht zur Vernunft bringen.“ „Hätten sie zaubern können, hätten sie uns den Cruciatus an den Hals gezaubert. Einer von ihnen hat es versucht.“ Draco lehnte sich gegen das Gestänge des goldenen Käfigs und sah bekümmert zu Boden. „Können Sie ihnen denn nicht Ihr Zeichen zeigen?“, fragte er. „Das müssten sie doch erkennen, wenn sie angehende Todesser sind, oder?“ Snape seufzte erneut leise. Ja, Draco hatte Recht. Diese Möglichkeit bestand tatsächlich und er hatte sie auch für einen Moment in Betracht gezogen, aber das Risiko, dass einer entkam und ihn dem Dunklen Lord als Verräter meldete, war zu groß. In diesem Fall könnte er weder Draco noch Harry schützen und Hogwarts wäre ebenfalls verloren, denn obwohl er Okklumentik gegen Legilimentik beherrschte, war der Wille des Unnennbaren stark genug, um jede Information aus seinem Kopf zu holen. Hogwarts würde schneller fallen, als irgendjemand schauen konnte. „Wir müssen es anders schaffen.“, schmetterte er den Vorschlag seines Begleiters ab, ohne diesem den Grund zu nennen. Dann zog er den Zauberstab und probierte, ob das Zaubern hier unten wieder funktionierte. Er hatte Glück. „Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass man auch apparieren kann.“, murmelte er gedankenverloren. „Das geht nicht. Das Ministerium ist ähnlich geschützt wie Hogwarts.“, warf Draco ein, irritiert, dass Snape das nicht wusste. „War. War!“ Snape ließ sich nicht beirren. Wer wusste schon, ob Harry die Banne nicht gesprengt hatte oder sie von Voldemort selbst aufgehoben worden waren. „Kannst du genau orten, wo Harry ist?“, wollte er ungeduldig wissen. Draco schüttelte den Kopf. „Nur die Richtung.“ „Merlin, warum muss das so kompliziert sein, diesen Bastard wieder einzufangen?“ Ärgerlich spähte Snape in den nächsten Gang hinein. Er war leer. „Ich glaube, er ist längst am Ende.“, murmelte der blonde Junge hinter ihm. „Er hält sich nur noch durch den Gedanken aufrecht, dass wenn er aufgibt, wirklich alles verloren ist.“ „Wie meinst du das?“ Snape drehte sich um und fixierte seinen Schüler. „Die Männer da oben hatten Angst. Aber Harry tut solchen Menschen nichts. Er würde sie nicht beachten…“ „Du meinst also, Potter ist längst durchgedreht?“ Draco zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, aber es könnte doch sein, oder?“ „Er hat zuviel Tod gesehen, um damit noch rational fertig zu werden.“ Das leuchtete Snape ein. Längst hatte er vermutet, dass der Held nicht so stark war, wie ihn alle erscheinen ließen. Allein das Ende des Trimagischen Turniers im Sommer hatte bewiesen, dass er eigentlich ziemlich labil war, besonders, wenn es um den Tod anderer Menschen ging. „Deswegen versucht er, seine Umgebung so hinzubiegen, dass es wieder passt.“ So hatte zumindest Dumbledore Harrys Overruns erklärt. Deshalb die Blindheit und der Schnee in London, deshalb die Magiesperre und die Stille im Krankenzimmer. Um alles auszusperren. Deshalb der Zauber, der ihn für alle unauffindbar macht, die die ihn nicht mochten. Er schaltete einfach das aus, das ihm nicht gefiel. „Wir müssen uns beeilen.“ Apparieren würde nicht funktionieren, das hatte ihm ein Analysezauber verraten. „Hier, trink das! Ich brauche keine Magie, um irgendwohin zu kommen.“ Er gab Draco eine kleine Phiole mit violett durchscheinendem Inhalt. „Es macht dich für fünfzehn Minuten unsichtbar. Bis dahin müssen wir ihn gefunden haben.“ Und damit drückte er die Taste, um den Fahrstuhl in das betreffende Stockwerk zu befördern. Sie hielten und bekamen einen Heidenschreck, als plötzlich alle Todesser auf den Fahrstuhl zustürmten, da er vermeintlich leer und damit ein Weg in die Freiheit war. Draco rettete sich mit einem Sprung über das Geländer nach außen, hielt sich dort krampfhaft fest, um nicht in den Schacht zu fallen. Und wusste plötzlich nicht mehr, wo Snape war. Er hatte ihn aus den Augen verloren. „Weiter!“, zischte es da neben ihm und er wurde angestoßen. „Die Zeit läuft.“ „Wie finde ich Sie wieder?“, rief Draco und unterdrückte seine Stimme dabei, obwohl ihn die Todesser in ihrem Tohuwabohu nicht würden hören können. „Der erste Gang links! Los jetzt!“ Draco reagierte einfach. Vor ihm herrschte so ein Gedränge und Geschrei, dass er nach einem abschätzenden Moment davon ausging, dass sie ihn nicht bemerken würden. Er sprang mitten in die Menge, schlug und boxte sich durch, bekam häufig genug selbst einen Schlag ab, weil keiner mehr Skrupel kannte. Die Rekruten wollten in den Fahrstuhl, alle auf einmal. Vollkommen außer Atem erreichte er den ersten Gang und wurde beinahe von der Menge wieder zurückgedrängt, bevor er mit einem Wutschrei den schupsenden Mann zur Seite stieß und sich in Sicherheit brachte. Der Gang war vollkommen leer. „Professor Snape?“ „Wo warst du so lange?“, kam es von rechts. „Es bleiben nur acht Minuten!“ So lange hatte er gebraucht? Für die kurze Strecke? Himmel. „Wo lang?“ Snapes Stimme ließ die Dringlichkeit hören. Selten hatte Draco ihn so unbeherrscht erlebt. „Dahin, wo die Leute herkommen.“ War doch logisch. „Dann halt dich diesmal hinter mir.“ Ihm wurde ein Stück Stoff gegen den Körper gedrückt, das er fast wieder fallen gelassen hätte, weil er es nur fühlte und nicht sah. Und er hielt es noch nicht richtig, da wurde er schon vorwärts gezogen. Snapes Art durch die drängende Menge zu kommen, war faszinierend. Er verströmte anscheinend selbst unsichtbar eine solche zwingende Autorität, dass man ihm unbewusst Platz machte. Jetzt war klar, wie er es so schnell hatte schaffen können. Langsam nahmen die ihnen entgegenkommenden Menschenmassen ab. Und ganz allmählich wurde Snape vor ihm wieder sichtbar. Es hatte den einfachen Effekt, dass die letzten Flüchtenden auswichen, um nicht mit ihnen zusammenzustoßen Draco konnte Angst und Unsicherheit in ihren Augen erkennen, Angst vor dem Unbekannten, und Hoffnung auf Hilfe, die sich auf seinen Lehrer und ihn projizierte. „Links.“ Draco blieb wie angewurzelt stehen, wunderte sich nicht weiter, warum die Menschen noch aus dem Hauptgang rannten. Es waren schließlich Mitläufer, da war Herdentrieb in den Genen verankert. Nein, er wusste, dass Harry in diesem Gang da vorne sein musste. Freude durchströmte ihn und er begann wieder zu laufen, hatte es jetzt beinahe noch eiliger. Snape war dicht hinter ihm. Und da stand er. Mitten in einem kleinen Raum. Ganz allein, der Kopf war gesenkt, schwebte halb in der Luft, weil ihm der Tarnumhang vom Kopf gerutscht war. Draco zog es das Herz zusammen. Er sah müde aus. „Harry?“ Der Junge fuhr herum, den Zauberstab schon gehoben, doch bevor er etwas tat, begann er zu lächeln und ließ ihn wieder sinken. „Dray.“ Seine Miene verharrte, dann runzelte er die Stirn. „Was machst du hier?“ Kurz flackerte sein Blick zu Snape, der hinter Draco in den Raum trat, und seine Verwirrung war komplett. Hatte der Schwarzhaarige den Zauber nicht gelöst, der ihn dazu befähigte, ihn zu finden? Oder war es Draco gewesen? Und was wollten sie hier? „Wir lassen dich nicht allein.“, erklärte der Blonde entschlossen. „Ich will, dass du ganz gewiss wieder zurückkommst, und dazu brauchst du Hilfe!“ Snape unterband eine Antwort, indem er an Draco vorbei zu Harry trat und den Blickkontakt trennte. Seine Hand zwang Harrys Kopf in den Nacken, dann bog er ihn nach rechts und nach links. Seine kalten schwarzen Augen schienen jedes noch so kleine Detail aufzunehmen und zu kategorisieren. Letztendlich griff er nach Harrys Hand. „Wie viel Kraft hast du noch?“, wollte er daraufhin wissen. Harrys Gegenfrage machte ihm klar, dass er dem Jungen nichts mehr würde vormachen können. „Was wollen Sie, dass ich tue?“ „Bring uns ins Black-Haus.“ „Aber das geht nicht.“ Harry schüttelte den Kopf. „Hier sind noch so viele Menschen, die Hilfe brauchen!“ „Darum solltest du dich nicht kümmern.“, erwiderte Snape kalt. „Es ist nicht die Aufgabe eines Fünfzehnjährigen, Opfer zu retten.“ Harry verzog den Mund. „Und wer soll es sonst tun?“, fragte er. „All die Menschen, die draußen Schlange stehen?“ Tiefe Ironie war es, die seine ruhige Frage aggressiv klingen ließ. Snape nickte bedächtig. Irgendwie hatte Harry Recht, doch auch er sagte die Wahrheit. Es sollte nicht Harrys Aufgabe sein, den Menschen zu helfen. „Was hast du bisher mit ihnen gemacht?“, forderte Snape zu wissen. Es war klar, dass dieser Raum nicht leer gewesen war, bevor Harry angekommen war. „In ein Muggelkrankenhaus geschickt, in dem ich mal war.“, kam die Antwort, schon wieder abwesend. Seine Stirn zog sich in Falten und seine Pupillen verengten und weiteten sich stetig. Offenbar hatte er nicht mehr viel Kraft. Vielleicht nicht einmal genug, um sie hier wieder hinauszubringen. Das war der Ausschlag, dass Snape beschloss, dass es genug war. „Bring uns ins Black-Haus.“, befahl er, so dass Harry nicht widersprechen würde. Er winkte Draco heran, der unsicher dabeigestanden hatte. „Jetzt gleich. Dann verspreche ich dir, dass ich jemanden finden werde, der hier weitermacht.“ Ein weiches Lächeln voller Erleichterung und Dankbarkeit erhellte das blasse Gesicht, dann wurden die Augen endgültig blind. Harry griff nach den beiden Zauberern vor sich, dann disapparierte er. Es war das Letzte, das er tun konnte, soviel war sicher. Kaum war er in der großen Eingangshalle gelandet, sank er zu Boden, zu erschöpft, um noch zu stehen. -..-------…------ Yeah, jetzt sind sie wieder zusammen. *grins* Und so nimmt die Geschichte eine wirklich erfreuliche Wendung. Ich sag’s euch. Ich werde meinen Spaß haben. Pause ----- Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 52: Pause Erschrocken ging Draco mit ihm in die Knie, um ihm zu helfen, um zu fragen, was los war, da ertönte ein leises Plobb neben ihnen und ein wirklich verwahrloster Elf stand neben ihnen, seine Augen waren geweitet, seine Hände schwebten untätig in der Luft. „Master Harry Potter?“ Kreacher war regelrecht entsetzt. „Was ist mit Ihnen passiert?“ Ein kurzer Blick auf die beiden Begleiter seines einzigen noch lebenden Freundes und er ging fauchend auf Draco los. „Ein Malfoy! Das sind die Schlimmsten! Weg! Weg von Master Harry Potter!“ Er schlug nach ihm, doch Harry hob beschwichtigend die Hand. „Lass ihn, Kreacher. Dray ist mein Freund. Er gehört zu mir.“ Er seufzte schwer und versuchte aufzustehen, was schlichtweg an seinen weichen Knien scheiterte. Snape zog ihn auf die Beine. „Wo ist dein Zimmer?“, fragte er unfreundlich. „Du brauchst dringend Ruhe.“ „Ich kann nicht…“ „Du wirst schlafen!“, beschloss Snape unbarmherzig und Harry stellte die Gegenwehr ein. Widerstandslos ließ er sich von seinem Lehrer die Treppe hinaufziehen und gab kooperativ die Tür preis, die zu seinem Zimmer führte. Er setzte sich sogar auf das Bett, ohne zu mosern. „Professor, kann ich helfen?“, fragte Draco ein wenig kleinlaut, während Snape in seiner Tasche wühlte, Phiolen herauszog und wieder hineinlegte oder neben die Tasche aufs Bett stellte. „Such etwas zu essen und zu trinken für uns, das ist das, was wir jetzt brauchen.“ Im nächsten Moment wirkte er knurrig einen Analysezauber und kümmerte sich nicht weiter um den Slytherin und Draco zog gehorsam los, ohne überhaupt zu wissen, wo die Küche war. Aber angesichts von Snapes Laune traute er sich auch nicht mehr, zu fragen. Kreacher unterdessen beobachtete von einer unauffälligen Stelle aus den schwarzhaarigen Mann, der Harry jetzt eine Phiole mit rotem Inhalt unter die Nase hielt und sie ihm schließlich entnervt in die Hand drückte, als er bemerkte, dass Harry noch immer nicht wieder sehen konnte. Er konnte kaum glauben, dass Harry den Inhalt einfach schluckte. Sein eigentlicher Meister hasste diesen Menschen abgrundtief und soweit er wusste, mochte Harry Sirius sehr gerne. Warum mochte er dann Severus Snape? Ein leises Seufzen lenkte alle Aufmerksamkeit auf den Jungen, dem es gelungen war, sein Herz zu erobern. „Professor?“ „Ja?“ „Werden Sie jetzt den Leuten helfen?“, kam die schwache Frage. Die schwarzen Augen verzogen sich zu abfälligen Schlitzen. „Schlaf einfach und vergiss für einen Moment dein seltendämliches Helfersyndrom.“ „Professor, werden Sie…“ „Ja!“ Harry begann beruhigt zu lächeln, dann ließ er sich einfach zurückfallen, sofort in tiefen Schlaf fallend. Snape murrte. Mann, der Kerl konnte einem aber auch den letzten Nerv rauben. Erwartete er denn wirklich, dass er sich um diese nutzlosen Muggel kümmerte? Die würden sowieso nicht überleben, dafür hatten die Todesser mit Sicherheit gesorgt. Auch wenn man ihnen die Qualen sicherlich mit einem schnellen Tod ersparen könnte. Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Es gab Wichtigeres. Kopfschüttelnd wandte er sich ab. Der Junge war einfach eine Spur zu sehr Held. Aber nun sollte er erstmal nachsehen, was sein zweiter Schützling gerade tat. Als er das Zimmer verlassen hatte, kam Kreacher aus seinem Versteck, kletterte auf das Bett und berührte mit langen, kalten Fingern das bleiche Gesicht Harrys. Er runzelte das ohnehin faltige Gesicht. Ja, er hatte während Harrys Aufenthalt hier so etwas von dem Werwolf und seinem Meister gehört, aber dass es einem Magier wirklich gelingen konnte, all seine Magie aufzubrauchen, hatte er nicht glauben wollen. Und nun hatte er das zweifelhafte Vergnügen, den Beweis vor sich liegen zu haben. Wenigstens schien das zu helfen, was ihm die Fledermaus verabreicht hatte. Letztendlich ließ er Harry mittels Magie ganz auf das Bett schweben, zog ihm seinen Umhang, die Brille und die Schuhe aus und deckte ihn dann fürsorglich zu. Er würde auf diesen Menschen aufpassen. Nette Menschen musste man beschützen, damit ihnen nicht das gleiche passierte wie Regulus Black, den er nicht hatte schützen können. In der Küche erwartete Snape inzwischen eine Art von Chaos, die er das letzte Mal bei Neville Longbottom in seiner ersten Zaubertränkeübung gesehen hatte. Hatte er erwartet, dass Draco kompetent genug war, um ein einfaches Mahl zuzubereiten, musste er erkennen, dass seine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Trotz seiner Kenntnisse auf dem Gebiet der Zaubertrankkunst, schien er mit dieser Umgebung vollkommen überfordert. „Draco?“ Der Junge hielt in seiner Suche in einem der Schränke inne und blickte zu ihm. „Ja?“ „Was tust du hier?“ „Ich…“ Seine Augen wanderten über zerbrochene Eier, Büchsen, die explodiert waren, weil er sie nicht ohne Magie aufbekommen hatte, eine Tüte Mehl war geplatzt und hatte den Herd eingepudert, ein Bündel Spaghetti war über den ganzen Boden verteilt und zertreten.. Draco zuckte mit den Schultern. „Ich suche etwas, das man essen kann.“, erklärte er letztendlich. „Aber ich habe keine Ahnung, wo man das findet. Er war ja so ahnungslos. Das war eindeutig ein Nachteil der Reinblüterfamilien, in denen die Kinder die Küche nie von innen sahen oder wenn dann, wenn dort bereits alles fertig war, um die Arbeit zu überprüfen. Es war ja so erbärmlich. „Du wirst hier nichts finden. In solchen Häusern musst du es selbst kochen.“, ließ er verlauten und begann mit Hilfe eines Zaubers aufzuräumen. „Aber war da nicht ein Hauself. Der kann doch kochen.“ Dracos naives Unverständnis war einfach nur süß. Armer, ahnungsloser Junge. „Dieser Hauself ist zu nichts zu gebrauchen.“, stellte er klar. „Also hilf mir, damit wir fertig werden und du auch ein bisschen Schlaf bekommst.“ Sie hatten schließlich trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit keine Ruhe gehabt in dieser Nacht. Eifrig nickte Draco, doch schon nach den ersten Handgriffen, die er nach Snapes Anweisungen ausführte, verharrte er wieder. „Wie geht es ihm?“ Tiefe Sorge sprach aus seiner Stimme. Snape seufzte. „Vollkommen überanstrengt, aber gut soweit. Mein Analysezauber hat keine Verletzungen gemeldet.“ Erleichtert sanken Dracos angespannte Schultern ein wenig in sich zusammen, dann arbeitete er mit einem stillen Lächeln schweigend weiter, mischte Salz in Joghurt, wie sein Lehrer es ihm vorschrieb. Harrys Verhalten vorhin war für ihn nur allzu gut nachvollziehbar. Er hatte London ja gesehen und auch die Muggel, die bereits gestorben waren. Sie hatten mit Sicherheit keinen schönen Tod gehabt. Verdammt, wieso kümmerte sich keiner darum? Warum musste erst Harry kommen, damit sich jemand dafür verantwortlich fühlte? Warum war die Welt so blind? Oder verschlossen sie die Augen vor der Wahrheit? Er wusste, dass gegen die Macht der Todesser nicht viel Widerstand bestand. Harry hatte ihm davon erzählt, was die Mitglieder des Ordens des Phönix besprochen hatten, dass es ein sinnloses Unterfangen war ohne genügend Unterstützung. Warum zum Teufel half keiner mit? Sahen die Zauberer denn nicht, dass Verstecken auf Dauer keinen Sinn machte? Dass sie damit ihren eigenen Untergang herbeiführten? Seine Hände stellten die Arbeit ein, waren fertig, doch seine Gedanken arbeiteten unaufhörlich weiter. Was war im ehemaligen Ministerium passiert? Was hatte Harry getan, dass die Todesser so voller Panik flohen? Hatte er sie etwa angegriffen? Wenn er versuchte, sich zurückzuerinnern, konnte er nicht einmal mit Gewissheit sagen, dass er keine toten Todesser gesehen hatte. Er wusste es schlichtweg nicht, hatte nicht darauf geachtet. Aber würde Harry wirklich zu solchen Mitteln greifen? „Draco, träum nicht, sondern setz dich. Und bring den Salat mit.“, riss ihn Snape aus seinen Überlegungen und Draco folgte brav, setzte sich und bekam etwas zu essen vor die Nase gesetzt. Nudeln mit Tomatensoße, dazu Salat. Einfaches Essen, schnell gemacht wie es schien. „Iss schnell und dann geh schlafen.“, lautete die Anweisung und Draco nickte schwach. Was blieb ihm anderes übrig? Aber sie waren noch nicht fertig, als ein kurzer, erschrockener Schrei Harrys Erwachen verkündete. Snape ließ die Gabel sinken, sah zur Tür und stand schließlich auf. Besorgt sah er aus und Draco kam wieder nicht umhin sich zu fragen, was sein Lehrer Harry gegenüber empfand, wo er ihn früher doch schier gehasst hatte. Schnell folgte er Snape die Treppe hinauf. Das Zimmer war hell erleuchtet. Der Kamin brannte, die Kerzen waren an und selbst die Vorhänge waren offen, um das frühe Tageslicht hereinzulassen. Harry saß im Bett, die Arme um die Knie geschlungen, Entsetzen im Gesicht. Pures Grauen war zu erahnen. Und neben ihm saß dieser nutzlose Elf, der versuchte, ihn zu trösten. Draco lief zu Harry, setzte sich ebenfalls neben ihn und zog ihn in die Arme. Der schmale Körper zitterte wie Espenlaub und Draco ahnte, dass er wieder einmal geträumt hatte. Der Elf war nicht schuld, auch wenn das sein erster Gedanke gewesen war. „Alles okay.“, versuchte er seinen Freund zu beruhigen, der sein Gesicht schluchzend an seiner Schulter versteckte. Im nächsten Moment schlugen die Flammen im Kamin in die Höhe. „Potter, halt dich unter Kontrolle!“, schnitt Snapes Stimme barsch durch die Ruhe. „Wenn du etwas geträumt hast, dann erzähle und fackel uns nicht ab!“ Draco rollte mit den Augen. Das war ja sehr diplomatisch. Und so sensibel! Wow! Aber so war Snape immer gewesen. Man musste ihn nur zu nehmen wissen und verstehen, dann konnte man die Sorge sehen. Harrys Antwort war leise. „Er hat es angezündet. Das Ministerium. Mit allem, was darin war. All die Menschen…“, würgte er hervor, sichtlich um Fassung ringend. „Er hat es abgebrannt?“, fragte Snape versichernd. „Das ist unmöglich. Die Banne…“ „Für einen Magus sind diese Banne nichts.“, stoppte Harry seine Argumentation schwach. „Und Voldemort kann das auch. Zauber überwinden und außer Kraft setzen.“ Er seufzte zittrig. „Und diesmal hat es bei ihm funktioniert.“ Snape erinnerte sich an den Tag in Dumbledores Büro, an dem er die Offenbarung von Voldemorts Talent gehört hatte. Damals hieß es, dass er das Potential besaß, aber es für zu selbstverständlich hielt, es zu beherrschen, so dass es nicht immer funktionierte. „Alles ist Asche. Wie er es versprochen hat.“ Der schwarzhaarige Junge drückte sich von Draco fort. „Ich muss ihn finden, bevor alle tot sind!“ Snape reagierte schnell und voraussichtig. „Du wirst mit deiner Verfassung nirgends hingehen.“, erstickte er den Versuch des Jungen, aufzustehen, streng. „Ruh dich aus und sorg dafür, dass du ihn auch besiegen kannst, wenn du die Chance dazu erhältst.“ Dieser letzte Satz war der Grund, warum Harry überhaupt gehorchte. Dass Snape ihn offenbar nicht aufhalten wollte, ließ ihn aufatmen, brauchte er sich doch keine Gedanken mehr darum zu machen, wie er ihn gegebenenfalls loswerden könnte. „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte er, anstatt dagegen zu argumentieren. „Etwa eine Stunde.“, gab Snape zurück, schon wieder in seiner Tasche wühlend. „Wann hat er das Ultimatum gestellt?“ „Gestern Nacht.“ Müde lehnte der Junge, der lebt, an Draco, hatte die Augen erschöpft wieder geschlossen. „Also bleiben uns noch zweieinhalb Tage, bis er seine Drohung wahr macht. Deine Aufgabe besteht darin, Kräfte zu sammeln, ich werde versuchen, herauszufinden, wo er ist.“ Harry nickte nur, runzelte dann aber die Stirn. „Ich habe das Gefühl, dass ich es wissen müsste.“, teilte er den drei Anwesenden mit. „Ich müsste es wissen, wie er es gesagt hat.“ „Solltest du glauben, du wärst auch nur annähernd so wie er, dann bist du noch dümmer, als ich gedacht habe.“, zischte Snape, seine Schultern waren unnatürlich angespannt. Ein falsches Wort und Draco war sicher, er würde an die Decke gehen. Einmal hatte er das bisher erlebt, aber das hatte ihm auch fürs Leben gereicht. Snape konnte dem Wort Furcht erregend eine ganz neue Bedeutung zuteil werden lassen. Doch Harry schüttelte den Kopf. „Nein. Nein, ich bin nicht wie er. Ich bin ihm ähnlich, aber doch irgendwie nicht.“ Draco drückte ihn an sich. War das so? War Harry dem, den er aus Erzählungen kannte, ähnlich? Gut, sie waren beide Magier, waren beide auf Hogwarts gewesen, beide Waisen, beide Halbblüter, aber ansonsten? Eigentlich nicht. „Ich müsste es doch wissen…“, murmelte Harry wieder und Draco strich ihm beruhigend über den Rücken. „Mach dir keinen Kopf. Professor Snape wird ihn schon finden. Versprochen.“ Snape nickte nur bestätigend, dann reichte er Harry eine zweite Phiole, die schließlich Draco dem Jungen in die Hand gab. Wieder trank er, ohne nachzuhaken. Keine Minute später war er eingeschlafen. Der blonde Junge seufzte und legte ihn auf sein Kissen. Ich bleibe bei ihm.“, erklärte er leise. „Wenn noch mal was ist, bin ich schneller bei ihm.“ Nickend deutete Snape nach draußen. „Ich bin in der Küche. Später werde ich dann gehen, aber abends bin ich wieder da.“ Damit drehte er sich um und verließ den Raum. Erneut seufzend wandte sich Draco zu Kreacher um, der unauffällig im Schatten stand und aus großen, argwöhnischen Augen zu ihm herübersah. Er musste lächeln. „Machst du dir Sorgen um ihn?“, fragte er leise. „Ich auch. Ich hoffe, er übersteht das alles…“ „Was macht ein Malfoy mit Harry Potter?“, wollte der Hauself mit zusammengekniffenen Augen wissen. Noch immer war er misstrauisch und irgendwie wirkte er, als würde er ihn gleich beißen wollen. Nie hatte Draco so einen Hauselfen gesehen. Niemals war ein Elf ihm gegenüber so frech gewesen. Aber er hatte auch keine Kraft, um mit ihm über dieses Benehmen zu streiten. „Ich will verhindern, dass er in diesem Kampf stirbt.“, erklärte er seine Beweggründe. „Ich könnte es nicht ertragen, wenn er nicht mehr da wäre.“ Er verstummte, ließ seine Augen auf dem runzeligen Gesicht ruhen und unwillkürlich stellte sich ihm die Frage, seit wann er so freizügig mit seinen Gefühlen war? Besser, er sagte jetzt erstmal nichts mehr. Es ging diesen Elfen auch nichts an und nur weil er gerade eine unsichere Phase hatte, sollte er nicht redselig werden. Aber Kreacher hatte genug gehört. Er betrachtete ernst Dracos Gesicht, seine Gestalt, beobachtete ihn, wie er zärtlich durch das schwarze Haar Harrys strich und ihn schließlich sanft küsste. Das war es also, warum sein Freund immer so traurig ausgesehen hatte. Er hatte diesen Jungen vermisst. Er liebte diesen Jungen, wie dieser ihn liebte. Interessant. Mit einem leisen Plobb verschwand Kreacher aus dem Zimmer. Stören würde er nicht, aber ab und zu mal sehen, wie es ihnen ging. Es war sechs Uhr früh und mit der Ruhe im Haus war es vorbei. Der Trank, den Snape Harry gegeben hatte, hatte diesen fast zwanzig Stunden aus dem Verkehr gezogen, aber jetzt war er wach. Und er war sauer. „Ich habe einen ganzen Tag verloren, gestern!“, fauchte er Snape an und man konnte sehen und hören, dass er seine Kraft wieder hatte. „Wegen Ihnen wurden Menschen umgebracht, die man hätte retten können! Warum haben Sie mir einen Schlaftrank geben müssen, der so lange anhält? Hätten acht Stunden nicht gereicht?“ Er stand in der Küche vor dem schwarzhaarigen Mann und blitzte ihn aus vollkommen wütenden Augen an. Diese Augen, die sonst so sehr denen seiner Mutter geähnelt hatten, waren jetzt so völlig anders, dass sie nicht einmal James’ ähnlich waren. Stoisch ertrug Snape die Vorwürfe, lauschte ihnen sorgfältig und konnte doch nicht finden, dass er irgendetwas falsch gemacht hatte. Die Pause hatte der Junge gebraucht, zweifelsohne. Der beste Beweis war, dass er jetzt wieder aus eigener Kraft stehen konnte. Aber wenn er das nicht sehen wollte… „Und was willst du jetzt noch dagegen tun?“, erwiderte er geringschätzig. „Willst du mich dafür bestrafen?“ Harry gab ein unterdrücktes Schreien von sich, das an verzweifelter Ohnmacht grenzte. Er drehte sich um und stapfte von dannen, den Lehrer zurücklassend, um seinen Tarnumhang zu suchen. Er würde gehen. Jetzt gleich. Er musste Voldemort finden. Unbedingt! Als er das Zimmer betrat, war Draco wach. Er saß auf dem Bett und blickte ihm entgegen. „Guten Morgen.“, wünschte er leise. „Morgen.“ So ganz konnte Harry seine Wut nicht unterdrücken. „Hat er dir gesagt, wo du Voldemort finden kannst?“, fragte Draco weiter, die schlechte Stimmung seines Freundes ignorierend. „Wie kommst du auf die Idee?“, knurrte der Schwarzhaarige übellaunig. „Der tut doch alles nur, solange es ihm in den Kram passt!“ „Darin seid ihr euch gleich.“ Der Slytherin stützte sich nach hinten auf seine Hände und blickte Harry ganz offen an, beobachtete fasziniert, wie diesem alle Gesichtszüge entgleisten. „Wie bitte? Ich soll mit der Fledermaus eine Gemeinsamkeit haben? Aber nie im Leben!“ Er begann im Kreis zu laufen, nicht wissend, wohin mit all der Energie und der Wut in sich. „Ausgerechnet mit ihm! Voldemort reicht wohl nicht mehr, nein, es muss auch noch Snape sein! Gibt es vielleicht noch jemandem, dem ich irgendwie ähnlich bin?“ Herausfordernd sah er Draco an, der jetzt still vor sich hin grinste. „Also, auf Anhieb fällt mir erstmal keiner ein aber ich werde dich wissen lassen, sollte es sich ändern, okay?“ Harry murrte nur, dann zog er den Umhang von dem Nachttischchen, auf den Kreacher ihn ordentlich zusammengefaltet gelegt hatte. „Du willst gehen?“ „Ich muss, Dray, verstehst du das nicht? Ich kann nicht zulassen, dass Voldemort meinetwegen Menschen tötet!“ „Er würde sie auch ohne dich töten.“, gab Draco zu bedenken. „Das macht keinen Unterschied. Er tötet sie und man muss ihn stoppen. Wie viele Schüler aus Hogwarts leben in London? Was wird aus ihnen, wenn ihre Eltern alle tot sind, ihre Geschwister und Großeltern? Hermiones Eltern sind auch dort. Ich will sie nicht unglücklich sehen, Draco. Ich will nicht, dass sie so wie ich zu Waisen werden.“ Draco war aufgestanden und zog ihn nun in die Arme. „Es liegt aber nicht in deinen Händen, sie zu beschützen. Dafür sind die Auroren da.“ „Ich bin der einzige, der das beenden kann.“, erwiderte Harry leise, klang schon wieder erschöpft. „Versteh mich nicht falsch. Ich will mich nicht opfern, aber es muss endlich vorbei sein.“ Seufzend nickte Draco. Er war die Prophezeiung, die er von seinen neuen Gryffindorfreunden gehört hatte, dutzendweise durchgegangen, hatte aber keinen Ausweg gefunden. „Dann konzentrier dich wenigstens auf das Wesentliche. Es ist fatal, wenn du wie gestern all deine Kraft aufbrauchst und ihnen dann schutz- und wehrlos ausgeliefert bist. Tu, was du tun musst, danach kannst du immer noch tun, was du willst, okay?“ Harry nickte, hatte aufmerksam gelauscht. Draco hatte Recht. Er hielt sich auf und verlor unnötig viel Zeit. Er musste Voldemort finden, dann konnte er London beim Wiederaufbau helfen. „Und wenn du fertig bist, dann gehen wir zurück nach Hogwarts.“, fügte der blonde Slytherin lächelnd an. „Du willst immer noch mitkommen?“ Harry drehte sich in seinen Armen halb, um ihn ansehen zu können. „Dray, das geht nicht.“ Zwei Finger fanden ihren Weg auf seine Lippen. „Und ob das geht. Und Snape wird auch mitkommen. Ganz klar. Wir retten dir den Arsch, falls die Prophezeiung eher deinen Tod gemeint hat als den seinen.“ Er sagte es spaßhaft, doch Harry konnte den Ernst dahinter spüren. In der Tat klangen die Worte nicht eindeutig, das war ihm auch bereits aufgefallen. Beides konnte möglich sein. Wenn er wirklich Pech hatte, dann würde er keines seiner Versprechen halten können. Er würde nicht zurückkehren, nicht mit Sirius leben, nicht bei Draco sein… „Ich werde siegen.“, knurrte er entschlossen. „Lass uns Snape holen und dann gehen.“ Draco grinste. „Aye, Sir! Ich ziehe mich nur schnell an!“ Wenig später standen sie in der Küche. „Hast du dich eingekriegt, Potter?“, fragte der Lehrer zur Begrüßung, doch er ließ Harry nicht zu Wort kommen. „Wir müssen bald hier weg. In Hogwarts haben sie herausgefunden, dass wir weg sind, und Black wird sicher bald hier nachsehen.“ Harry nickte zustimmend, trat zu ihm und hielt ihm seine Hand hin, Draco noch immer festhaltend. „Wohin?“ „Zum Bahnhof. Wir brauchen etwas zu essen.“, kam die simple Antwort. „Vor allem du.“ Uh. Harry schüttelte sich unmerklich. Essen. Nicht wirklich, aber als Snape seine Hand griff, wurde er einfach mitgerissen. Er hatte sich gar nicht von Kreacher verabschieden können. Und Seidenschnabel hatte er gar nicht gesehen. Alles war viel zu überstürzt gegangen. -------------- Ich mag Snape. Und seine unverbesserliche Art, die Wahrheit nicht allzu ernst zu nehmen. Im wahren Leben würde ich ihm dafür den Hals umdrehen, aber hier gefällt es mir ^^ Falle ----- Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 53: Falle Sie landeten hinter einer eingefallenen Mauer in der Nähe von Kings Cross. Snape nahm Harry den Tarnumhang aus der Hand und warf ihm diesen über. Mit der Narbe auf der Stirn sollte er hier nicht so öffentlich herumlaufen. Es waren viel zu viele Menschen unterwegs, selbst zu dieser Uhrzeit. Und wegen des Vergessenszaubers sollte er noch warten, um sich die Energie aufzusparen, die er vielleicht im Kampf benötigte. Bei seinen Erkundungen hatte der schwarzhaarige Mann tatsächlich noch ein offenes Geschäft gefunden, das nach wie vor Lebensmittel verkaufte, wenngleich zu völlig überteuerten Preisen. Offenbar ließen die Todesser Nahrungsmittellieferanten weitestgehend zufrieden, um selbst jederzeit Zugang zu Lebensmitteln zu haben. Die Reaktion des Mannes hinter der Theke auf seinen schwarzen Umhang ließ zumindest darauf schließen, dass er Besucher dieser Art kannte und fürchtete. Snape war es egal. Er schickte Draco durch die Regale, der letztlich Zwieback, Kuchen, Obst und Saft brachte. Der Lehrer war zufrieden. Damit konnte sich etwas anfangen lassen, wenngleich er weniger süßes Essen bevorzugt hätte, aber alles war schnell und komplikationslos zu verspeisen. Das war im Moment viel wert. „Wie viel macht das?“, wollte er von dem Mann wissen, der sofort erbleichte. „Nichts! Ich schenke es Ihnen! Nehmen Sie es ruhig!“ Er war so panisch, dass die Worte hektisch und abgehackt aus seinem Mund kamen. Snape rollte mit den Augen, legte schließlich einen Muggel-Schein auf die Theke und sie gingen wieder. Kaum waren sie an der zerstörten Wand, rief er Harry heran, von dem er nicht genau wusste, wo er war, griff nach je einem Arm der Jungen und sie apparierten wieder. Diesmal erschienen sie unter einer Brücke, die vollkommen vereist war. Hier war niemand, deswegen war es der perfekte Platz, um schnell etwas zu essen, ohne sich dabei die Todesser auf den Leib rücken zu lassen. „Wir benötigen einen Plan.“, leitete Snape das Gespräch ein, während Draco Kuchen, Zwieback und Saft verteilte und Harry den Umhang vom Haupt schob, so dass jetzt lediglich sein Kopf zu sehen war. Snape räusperte sich. „Potter, zieh das Ding wenn dann ganz aus. So erregst du Aufmerksamkeit.“ Harry blickte ihn kläglich an. „Aber es ist eiskalt.“, jammerte er und fröstelte allein bei dem Gedanken. Eine schwarze Augenbraue hob sich. Wer war denn schuld daran, wenn er hirnlos einfach drauflos rannte, ohne sich den Wetterverhältnissen passend anzuziehen? „Bist du ein Zauberer oder nicht?“ Der Junge blinzelte, dann hob er den Zauberstab. Kurz überlegte er, dann zauberte er, stumm aber effektiv. Snape spürte Wärme an seinen Fingern und sah, wie auch Draco die Schultern entspannte. Harry hatte eine Wärmeglocke über sie gelegt. Magie, die er eigentlich noch nicht können dürfte. Er hätte jetzt damit gerechnet, dass er sich eine Jacke zauberte, doch was wunderte es ihn? Harry war schon lange nicht mehr greifbar für ihn. „Also, sobald wir auf der Burg sind, gibt es kein Zurück mehr.“, griff der Slytherinhauslehrer den Faden wieder auf. „Ich kenne den Weg zum Dunklen Lord, wenn er sich da aufhält, wo ich ihn vermute.“ „Was für eine Burg?“, fragte Harry neugierig, aufgeregt, den Tarnumhang über seine Knie legend. Er drehte seinen Zwieback in den Fingern und schien nicht wirklich vorzuhaben, ihn zu essen. Draco wurde es zu bunt, dieses Verhalten mit anzusehen. Er brach ein Stück seines Kuchens ab und schob es Harry zwischen die Lippen, der ihn daraufhin leicht verdutzt ansah. „Essen.“, lautete der Befehl. „Vorher gehen wir nicht los.“ Snape nickte. Draco war gut. Gute Entscheidung, ihn mitgenommen zu haben. „Außerdem solltest du mich nicht unterbrechen.“, fügte er noch an, beantwortete aber dann die Frage. „Der Ort, an dem der Unnennbare sich aufhält, ist Durmstrang, die Zaubererschule in Russland.“ „Die, in die Viktor Kru…“ Weiter kam er nicht, denn Draco nutzte die Chance eines leeren Mundes, um Kuchen nachzuschieben. Böse blitzte Harry ihn an, den Mund zu voll, um etwas zu sagen, doch Draco grinste nur. „Essen, nicht fragen. Professor Snape wird schon alles Wichtige sagen.“ „Aber fragen ist wichtig!“, empörte sich Harry, nachdem er geschluckt hatte. „Ich brauche Details!“ „Du hattest nie Details, schon gar keine so Unwichtigen, und du hast es immer geschafft.“, erinnerte der blonde Junge ihn an die Abenteuer, von denen er erzählt hatte. „Aber damals war es nicht so geplant! Ich habe…“ „Du hast es trotzdem geschafft.“ Draco hielt ihm ein neues Stück Kuchen unter die Nase. „Wenn man zu viel plant, dann verliert man seine Flexibilität. Du kannst mit solchen Informationen deine Handlungen einschränken.“ Besonders wenn es darum ging, dass ihm vielleicht eine Art Freund im Kampf entgegentrat. „Und wenn es doch noch etwas gibt, das du wissen musst, frag am Ende.“ „Seid ihr fertig?“, wollte Snape ungeduldig wissen. Harry nickte ergeben, griff nach dem Kuchen und begann zu essen. Würde er halt zuhören und später Fragen stellen. Snape fuhr fort: „Die Große Halle dort wird von allen immer als Konferenzsaal genutzt, da dort so eine Art Richtertisch für die drei Hohen Eminenzen des Lehrkörpers steht. Ich denke also, der Dunkle Lord wird sich dort aufhalten, wenn er wirklich in Durmstrang ist.“ Er blickte ernst erst zu Harry, dann zu Draco und deutete dann auf Harry. „Du wirst ihm da entgegentreten können. Es ist genügend Platz und auch sonst ein idealer Ort, weil er im günstigsten Fall niemanden sonst dort akzeptiert.“ Das war der Punkt, an dem Harry den Kopf schüttelte. „Er wird nicht dort sein.“, sagte er leise, starrte mit blinden Augen in die Ferne, den Kuchen mitsamt Zwieback wieder nur in den Händen haltend. „Durmstrang ist nicht der Ort, an dem er sein will. Es zieht ihn nach Hause, nach Hogwarts!“ Es war ihm gerade gekommen. Tom Riddle hatte es ihm selbst gesagt. Hogwarts war das einzige Zuhause, das er hatte. Er hatte damals doch extra den Basilisken weggesperrt, weil man ihn ansonsten ins Waisenhaus zurückgeschickt hätte, weil die Schule geschlossen werden sollte. Voldemort würde nach Hogwarts gehen, denn so wie er selbst war er auf diese Schule fixiert. „Er will Hogwarts erobern.“, drang die logische Schlussfolgerung in seinen Kopf. „Der Countdown an den Wänden in London sollte nur eine Ablenkung sein.“ Entsetzt ließ er den Kuchen fallen und sprang schwungvoll auf. „Ich muss los. Dringend! Wer weiß schon, ob er nicht schon dort ist! Und wenn… Sie werden alle sterben!“ Panik machte sich in ihm breit. Finster fixierte Snape ihn. Hatte er nicht selbst auch vermutet, dass es vielleicht eine Falle für Harry und Dumbledore sein könnte? Aber da war nichts. Kein Anzeichen dafür, dass Hogwarts ein neuer Kampf bevorstand. „Hör zu, Potter, ich sage es nur einmal.“ Seine Stimme war betont ruhig und sein Körper angespannt. „Ich habe gestern nach Todessern gesucht. Um Hogwarts, in London und bei Durmstrang. Und ganz egal, was du sagst, er versammelt sie alle in Durmstrang. Alle Mann. Kaum einer ist jetzt noch unterwegs.“ Harry hatte sich nach dem Lehrer ausgerichtet. „Aber das ergibt keinen Sinn. Durmstrang hat mit London nichts zu tun und ich wüsste auch nicht, warum ich ihn dort finden sollte. Ich war doch noch nie dort!“ Draco fand, dass es Zeit wurde, auch mal etwas dazu zu sagen. „Salazar und Godric haben das auch gesagt, Harry.“, gab er zu bedenken. Mit Groll erinnerte er sich an Godrics feigen Übergriff, doch wie es aussah, war es ihm nicht geglückt, seinen Körper zu übernehmen. Wenn er Glück hatte, war die Seele des Alten einfach Schall und Rauch geworden. Draco zog Harry wieder zu sich auf die kleine Mauer, auf der er hockte, hob den Tarnumhang wieder vom Boden auf und drückte ihn seinem Freund in die Hand. „Beruhige dich, ja? Du musst Voldemort nicht verstehen. Er hat Unrecht mit dem, was er sagt. Du bist nicht wie er. Okay?“ Nickend lehnte sich der Schwarzhaarige gegen Draco. „Ich habe Angst.“, gab er zu und Draco musste lächeln. „Ich auch. Aber wir können immer noch zurück nach Hogwarts gehen.“ „Können wir nicht. Du weißt, wieso.“ „Ja.“ Das Lächeln auf den blassen Lippen schwand und die Hand, die um Harrys Schultern lag, verkrampfte sich. „Ich weiß. Können wir nicht.“ Aber er hatte es irgendwie gehofft. Snapes Gesicht wirkte fragend, als er Dracos Augen einfing, doch der Blonde schüttelte den Kopf und er ließ es auf sich beruhen. Still aßen sie, während Harry schweigend an Draco lehnte, beschützt von Dracos Arm, und sich noch einem Moment der Schwäche erlaubte, bevor Snape seinen Plan erläuterte und schließlich zum Aufbruch blies. Der Mann erhob sich, ließ die Verpackungen in einen nahen Mülleimer schweben und sah den beiden Jungen auffordernd entgegen. Harry hatte sich wieder soweit unter Kontrolle, dass er sehen konnte. Snape brachte sie direkt wieder an den Punkt, an dem Draco und er schon einmal gestanden hatten. Es stürmte unvermindert, doch diesmal verwehrte heftiger Schneefall den Blick auf die Burg im Eismeer. „Professor?“ Harry schlang die Arme um den Körper und zitterte. Verdammte Kälte. „Durmstrang ist da vorne, aber man kommt nur von einem bestimmten Punkt aus dorthin. Wir werden es nicht anders machen können, oder warst du schon mal dort und hast genug Kraft, um uns alle durch die Schilde zu bringen?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Da waren Träume, aber ich weiß nicht, ob sie da in Durmstrang waren.“ „Also auf dem gefährlichen Weg. Potter, Tarnzauber!“ Ohne eine Erwiderung zu geben, wirkte Harry den Zauber über sie alle und er modifizierte ihn so, dass sie einander sehen konnten. „Potter?“ „Ich bin fertig. Uns kann nichts mehr passieren.“ „Du meinst, ich bin ebenfalls unter dem Bann?“ „Und Dray.“, bestätigte Harry selbstbewusst. „Lassen Sie uns gehen. Mir ist eiskalt.“ Dracos Zähneklappern überzeugte Snape. Er wusste eh, dass er sich da auf Dinge einließ, die er kaum beeinflussen konnte, wenn sie erst einmal angelaufen waren. Und wenn sie unsichtbar waren, konnte es nur vorteilhaft für sie sein. Er führte die beiden Jungen über die Klippen zu einer versteckten Schneise, in der normalerweise das Schiff anlegte, das die Schüler übersetzte. Heute war es nicht da, aber das war auch nicht weiter verwunderlich. Das Schiff ermöglichte es auch denen noch Durmstrang zu erreichen, die die geheime Apparationsschneise nicht kannten. „Professor?“ „Hm?“ Snape blieb stehen. Sie waren raus aus dem schneidenden Wind. „Warum helfen Sie mir?“ Der schwarzhaarige Junge strich sich das wirre Haar aus der Stirn, so dass seine Narbe für einen kurzen Moment offen lag, bevor es wieder darüber geweht wurde. Snapes Augen hatten sie dennoch erspäht. „Du meinst, ich könnte euch verraten?“ „Ich verstehe es nur nicht.“ Der Junge, der lebt, sah sich in der Höhle um. „Sirius, Remus und Dumbledore, sie wollen auch, dass es vorbei ist, aber sie haben mich nicht hinausgelassen. Sie schon.“ Nein, es lag sicher nicht in Dumbledores Ermessen, Harry in diesen Kampf zu schicken, aber Snape vertraute dem Jungen. Mehr als er wollte. Er glaubte daran, dass er es schaffen konnte. Und er wollte, dass es endlich vorbei war. „Ich bin nicht so zimperlich mit dem, was meiner Meinung nach getan werden muss.“, war die einzige Erklärung, die er ihm lieferte. „Sie sind bereit, mich zu opfern?“ „Dann wäre ich nicht mitgekommen. Dann hätte ich dir nur gesagt, wo du ihn findest.“ „Deswegen verstehe ich es nicht.“, erwiderte Harry und rieb sich die Oberarme. „Ich bin nicht hier, um dich an den Dunklen Lord auszuliefern, wenn du das meinst.“ Snape wurde ärgerlich. Was sollte der Quatsch? Was laberte der Kerl hier rum? „Das hab ich auch nicht gemeint.“ Harry runzelte die Stirn und blickte Draco an, der ihn musterte. Er schien sein Problem ebenfalls nicht zu verstehen. Aber er konnte es irgendwie auch nicht in Worte fassen. Es war zum Verrückt werden. Er wollte die beiden nicht mitnehmen, aber sie wollten sich nicht hindern lassen, ihn zu begleiten. „Ich…“ Wieder zögerte er. Die Worte wollten nicht kommen. Sie wollten sich nicht zeigen. Vielleicht sollte er das Angebot einfach annehmen. „Danke.“ Snape starrte ihn noch ein paar Momente an, dann nickte er und deutete auf eine besonders unbegehbar aussehende Stalagmitenformation. „Kommt.“ Er wanderte halb darum herum und griff jeden der Jungen an einem Arm, bevor er apparierte. Sie mussten vorsichtig sein. Man konnte sie vielleicht nicht sehen, hören aber schon, zumindest den Knall, wenn sie ankamen. Der Aufprall war härter, als er es gewohnt war. Snape konnte spüren, dass man sie bemerkt hatte, sah Augen auf sich ruhen, doch Harry zog ihn weiter, sobald sie gelandet waren. „Sie werden uns vergessen, sobald sie uns gesehen haben, außer sie lieben Sie in irgendeiner Form oder erachten sie anderweitig als interessant.“ Im Großen und Ganzen waren sie eigentlich schon interessant. Ein Mann, der nicht da sein dürfte, weil er offiziell in Hogwarts festsaß, ein Junge, der schon allein durch sein Aussehen herausschrie ‚Malfoy, fürchte mich!’, und ein Junge, den jeder Todesser hassen sollte wie die Pest, wenn er dem Dunklen Lord treu ergeben war. An ihnen war nichts Uninteressantes. Und dennoch schienen die Wachen kein besonderes Interesse an ihnen zu haben. „Wir müssen hier entlang.“ Harry deutete auf einen der Seitengänge. Snape zog die Augenbrauen zusammen. Seiner Erfahrung nach reichte es, wenn sie den geraden Weg nahmen. „Woher willst du das wissen?“ Verdammt, er kannte diesen Gang nicht einmal. Warum wollte Harry dort hinein? „Ich war schon einmal hier… Im Traum war ich schon einmal hier.“ Harry griff nach Dracos Hand. Der blonde Junge hatte schon lange keinen Ton mehr gesagt und jetzt wusste Snape auch warum. Er war schneeweiß im Gesicht. Draco hatte panische Angst. Und Harry hatte das erkannt und versuchte auf seine Art, ihm Mut zuzusprechen. Dabei könnte der Lehrer schwören, dass es ihm keinen Deut besser ging. Er folgte den beiden Jungen, langsam, vorsichtig, wachsam. Harrys Weg war unbeirrt und zielstrebig. Durch ein halbes Dutzend dieser Seitengänge mussten sie schon gegangen sein, als er auf einen etwas breiteren Gang wechselte. Snape spürte, wie sie durch die Zaubersperre traten, und wusste im nächsten Moment, dass Snapes Vergessenszauber aufgehoben worden war. Alle anwesenden Todesser drehten sich um, starrten sie an, als sie sie bemerkten. Harrys und Dracos Schritte wurden langsamer. Sie hatten es auch bemerkt. Aus den Augenwinkeln nahm Snape die Bewegung von Harrys Hand wahr, die den Zauber zurückbringen sollte, doch es geschah nichts. Und der einzige Weg, den sie gefahrlos nehmen konnten, war der, den sie gekommen waren. Harry und Draco kamen schon jetzt beständig näher, wichen vor der Übermacht zurück. „Professor, was jetzt?“ Draco klang zittrig. In etwa das, was Snape selbst fühlte. Zu schade, dass sie jetzt nicht mehr behaupten konnten, dass er die beiden Verräter aus Hogwarts geschmuggelt hatte und sie Voldemort bringen wollte. Das wäre mit Sicherheit der schnellste und sicherste Weg gewesen. Pech gehabt. „Der Weg hier ist eine Sackgasse. Zurück ist keine Option.“, zischte der schwarzhaarige Lehrer und Harrys Kopf flog herum. Zurück ging nicht? „Dann also vorwärts!“ „Ohne Magie ist das Selbstmord!“, rief Draco panisch. Die Todesser hatten wohl begriffen, was genau gerade vor sich ging. Viele hatten zu grinsen begonnen und ihre Zauberstäbe gegriffen. Langsam kamen sie näher. „Es sind Tarnzauber, die er blockiert.“ Und das hatte Harry wann herausbekommen? Snape hatte seine freie Hand auf Dracos Schulter gelegt, um ihn daran zu hindern, weiter zurückzuweichen. Sein zweiter Schützling schien das nicht zu brauchen. Er wirkte sicher. Selbstbewusst. „Wir können uns also durchkämpfen.“, stellte er fest. „Wir machen es anders. Dray, Professor, bleibt auf jeden Fall bei mir!“ Die beiden Slytherins bekamen nicht mehr die Möglichkeit zu fragen, was der Junge vorhatte. Harrys Hände hoben sich und während sich der Zauberstab bewegte, strich seine Linke durch die Luft, verwischte den Zauber, den er kreierte. So wirkte es zumindest. Farbige Schlieren zogen sich auseinander, zerliefen und formten Bilder, Farbflecken und Schemen. Snape erkannte Verwirrung auf den Gesichtern ihrer Gegner und verstand im nächsten Moment warum. Harry hatte Spiegel gezaubert. Spiegelbilder von ihnen dreien. Aber das würde ihnen nichts bringen, solange nur sie drei sich bewegten. Er hatte den Gedanken noch nicht beendet, da rannte das erste Bildertrio los, jeder in eine andere Richtung. Kurz darauf folgen das zweite und dritte, dann der echte Harry. Erste Zauber flogen, Schockzauber und Angriffe, darauf ausgerichtet, sie aufzuhalten. Draco zog im Laufen einen Schild hoch, während Snape auswich. Ein Zauber streifte seinen Arm und lenkte ihn ab, brachte ihn in die Bedrängnis, dass auch er einen Schild wirken musste. Dann wurde Harry frontal getroffen - und löste sich in Nichts auf... Es war nur eines der Abbilder gewesen. Snape konnte gar nicht sagen, wie erleichtert er war. Bis ihm aufging, dass er seine Schützlinge soeben verloren hatte. „Mist!“, fluchte er verärgert, aber er konnte sich auch nicht wirklich darum kümmern. Im Moment hatte er andere Sorgen. Welche sich verdoppelten, als er zwar den Todessern entkommen war, dafür aber einem äußerst bekannten Gesicht gegenübertrat. Bellatrix Lestrange. Niemand sonst. Nur sie. Wieso waren sie alleine? Er wollte mit dieser Frau nicht alleine sein! „Hallo, Severus.“ Sie lächelte zuckersüß und ihre Stimme war weich, doch ihre Augen leuchteten kalt. Überlegen lehnte sie dort an der Wand, tippte mit ihrem Zauberstab nachdenklich gegen ihr Kinn. „Vielleicht erklärst du es mir. Du bist in seiner Achtung am höchsten, genießt sein vollstes Vertrauen. Warum wirfst du das weg und stellst dich gegen ihn?“ Was sollte er darauf antworten? Ganz egal, was er versuchen würde, durch den Wahnsinn in ihren Augen würde sie es mit Sicherheit nicht verstehen. Und durch ihre ungebrochene Liebe zu ihrem Meister würde sie ihm schon gar nicht glauben, was er inzwischen wusste. Und weil sie immer eifersüchtig auf seinen Status gewesen war, würde sie ihn auch nicht in Ruhe lassen, ohne eine für sie zufrieden stellende Antwort bekommen zu haben. Zwickmühle. Angespannt hob er den Zauberstab. Er wusste es genau. Dieser Kampf lief bis zum bitteren Ende, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Und er hatte nicht vor, zu verlieren. Harry und Draco unterdessen rannten noch immer vor den Todessern davon. Es waren zu viele, um gegen sie zu kämpfen, und der Junge, der lebt, versuchte beständig einen Zauber zu finden, der sie ablenken würde, damit sie sich verstecken und neu formieren konnten. Draco deckte ihnen den Rücken. Harrys Spiegelgestalten waren zu schnell durchschaut worden, als dass sie viel gebracht hätten und jetzt hatte er zu wenig Zeit, einen neuen Wunsch zu entwickeln und zu formulieren. Vor ihnen tauchten weitere Jäger auf und Harry reagierte blitzschnell. Nur aus den Augenwinkeln sah er den kleinen Gang, wusste nicht einmal, wohin er führte, doch es war die einzige Möglichkeit, sich zu schützen. Er packte Draco am Ärmel und zog ihn hinter sich her. Siegesgeschrei erfüllte die Luft und den beiden Jungen wurde bewusst, dass sie in einer Sackgasse gelandet waren. Sie hatten verloren. „Verflucht!“, schimpfte Draco und wirbelte herum. Er war bereit sich dem Kampf zu stellen. Wenn die glaubten, Flucht wäre das einzige, das sie drauf hatten, dann hatten sie sich aber gewaltig geschnitten! Die ersten Todesser hatten den Gang gerade betreten, da schickte er ihnen eine Feuerwand entgegen, die erschrockene Schreie verschluckte. Die Luft wurde heiß und schwer zum Atmen. Draco hustete und Rauch erfüllte die Luft, als die Wandteppiche Feuer fingen. „Harry, du musst uns hier wegbringen!“ Sein Ruf erstickte ihn fast, da der Qualm nun ungehindert Zugang zu seiner Lunge hatte. „Apparieren, irgendwas!“ Der Schwarzhaarige reagierte. Apparieren war eine grandiose Idee. Damit rechnete doch niemand! Er schlang seine Arme von hinten um Dracos Mitte, kniff die Augen zusammen, um das Bild vor seinem inneren Augen besser rufen zu können, dann initiierte er die Magie. Es gab einen lauten Knall und zurück blieben nur Rauch und orientierungslose Zauberer. Harry keuchte, als sie landeten. Verdammt, wie viele Schilde hatten die hier in Durmstrang? Es war unglaublich anstrengend, auch nur einen davon auszuhebeln, aber so viele… „Da sind sie!“ Sie waren also entdeckt. Harrys Griff um Draco wurde wieder fester und er apparierte erneut. Diesmal landeten sie in einer großen Halle, ganz am Rand in einer versteckten Nische zwar, aber die Halle war voll. Es herrschte lautes Stimmengewirr und Gelächter, dann drang wieder der Ruf an ihre Ohren: „Da! Sie sind da drüben!“ Harry begriff, als er einen Analysezauber auf die Suche schickte. Voldemort hatte vorgesorgt und zu den Apparationsblockern auch einen Warnzauber mit Ortungssignatur gewirkt. Der Diktator hatte aus seinem Besuch im Ministerium gelernt. Apparieren war zwecklos. Und es verbrauchte zu viel Energie. „Harry, wir müssen…“ „Versteck dich.“ Der Tarnumhang landete über Draco, bisher gut verborgten in einer Tasche unter Harrys Umhang. Schwer schmiegte sich der Stoff um seine Beine und Arme, dann bekam er von Harry einen Stoß. „Ich finde dich!“ Dann wandte sich der Junge, der lebt, ihren Gegnern zu. Schwer schluckend schätzte er ihre Zahl. Dreißig, vierzig. Viel zu viele, um sie alle zu besiegen. Und er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Gegen so viele hatte er noch nie kämpfen müssen. Am einfachsten wäre sicher aufgeben. Man würde ihn überwältigen und zu Voldemort bringen und wenn er Glück hatte, bekam er die Chance zu kämpfen. Wenn er Pech hatte, lauteten die Pläne inzwischen anders und er starb einfach so, ohne seine Chance bekommen zu haben. Das wollte er nicht riskieren und das hieß, er musste es anders schaffen. Ein schneller Wink mit dem Zauberstab brachte eine Welle aus eisigem Wind, die die Todesser mitsamt ihren Schilden zurückdrängte. Sie schmeckte nach Schnee und Salz und belebte seinen Geist durch die Kälte. Noch ein paar Meter… „Rechts!“, rief er und rannte los. Er hoffte wirklich, dass Draco ihm folgte. Er wollte ihn bei sich in Sicherheit wissen. Der Wind erstarb auch nicht, als Harry durch die großen Tore lief. Im Gegenteil breitete er sich immer weiter aus, ließ den Ursprung mit Harry wandern, der wieder Schleichwege benutzte, die wie eine längst vergangene Erinnerung in seinem Kopf existierten. Es war eine großartige Idee gewesen. Die Todesser kamen so nicht an ihn heran. „Draco?“ Es kam keine Antwort. „Dray? Wo bist du?“ Noch immer blieb alles still und Begreifen senkte sich in Harrys Bewusstsein. Sie waren jetzt alle getrennt und jeder auf sich allein gestellt. Und er hatte keine Ahnung, was sie machten und wie es ihnen ging. Was sollte er tun, wenn Draco seinem Vater begegnete? Wenn Lucius Malfoy ihn umbrachte? Wenn er Draco verlor? Angst ergriff von ihm Besitz, ließ seine Sicht verschwimmen und dunkler werden. Gedanken rasten durch seinen Kopf, Fantasien über schreckliche Bilder, Gefühle, die der Erinnerung an Cedric entsprangen. Er musste sich zusammenreißen. Wenn er Draco nicht verlieren wollte, durfte er sich nicht gehen lassen! Leicht zitternd lehnte er sich gegen die Wand in seiner Nische und schloss die Augen, versuchte sich auf die Art und Weise zu beruhigen, die ihm Remus beigebracht hatte. Es brauchte Zeit, aber als er die Augen wieder öffnete, war die Angst zurückgedrängt und sein Kopf arbeitete auf Hochtouren. Er musste Draco finden. Das war zuerst einmal das Wichtigste. Erneut schloss er die Augen und wirkte den Sensibilis auf sein Unterbewusstsein, wie er es schon zuvor getan hatte, um herauszufinden, wer ihn suchte und beobachtete doch das blendete er jetzt aus. Mit seinem ganzen Bewusstsein konzentrierte er sich auf Dracos Präsens, rief nach ihm und lauschte in sich hinein auf eine Antwort, die letztendlich ganz schwach aus seiner Richtung kam. Es war nicht die Richtung, aus der er gekommen war, mehr westlich, weiter oben in diesem vermaledeiten Schloss. Wie kam Draco dorthin? Erst als er sicher war, dass er Draco jederzeit wieder würde orten können, ließ er seinem Bewusstsein mehr Raum, um die Lage zu erfahren, in der er sich selbst befand. In seiner kleinen Nische, verdeckt durch die Statue eines Eisdrachens war er allein, doch der Gang davor war voll von Menschen, die aufgeregt durcheinander rannten und ihn suchten. Seit der Wind zum Stillstand gekommen war, konnten sie sich alle wieder frei bewegen. Natürlich konnte er den Wind erneut rufen, aber es war anstrengend und er spürte bereits jetzt eine bekannte Müdigkeit und Kälte in seinen Gliedern. Am besten wäre es, wenn er sich irgendwo ausruhen und schlafen würde, aber das ging noch nicht. Heute war sein Tag. Heute war die einzige Möglichkeit, um Voldemort endlich zu besiegen. Sonst würden Hogwarts und London zerstört und das durfte er auf gar keinen Fall zulassen. Niemals wollte er das erleben müssen! Seine Hand legte sich auf den Trank, den er von Hermione für den Notfall bekommen hatte. Ein Stärkungstrank, der ihm verbrauchte Energie schnell zurückbringen würde. Vielleicht sollte er ihn jetzt nehmen. Bloß wenn er ihn später dringend brauchte, dann war er nicht mehr zu seiner Verfügung… Vielleicht sollte er doch lieber noch etwas warten. Außerdem kam ihm gerade ein Gedanke, der ihm wahrlich brillant erschien. Am Rande seines magisch verstärkten Verstandes hörte er es leise rascheln und er wusste, dass es Vögel waren, Mäuse und Ratten, all das Getier, das heimlich dieses Gemäuer bewohnte. Und er hatte doch eine Möglichkeit, völlig unauffällig und unbeachtet von einem Ort zum anderen zu kommen… Noch einmal suchte er Draco in seinem Zauber, fand ihn und merkte sich die Richtung, denn als Animagus war er zu einem Ortungszauber nicht mehr ihn der Lage. ----------- War das jetzt zu flüssig? Oder ist genug schief gegangen? Darf ich einen von ihnen sterben lassen? *neugierig ist* Opfer ----- Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 54: Opfer Was Harry nicht wusste, war, dass Draco in Schwierigkeiten steckte. Da waren vielleicht nicht viele Leute, die ihm gerade gegenüberstanden, aber dafür war sein Vater dabei. Und Lucius Malfoy wirkte regelrecht zufrieden. Das breite Grinsen auf seinem schmalen Gesicht verhieß definitiv nichts Gutes. Zu dumm, dass ihm bei dem Wind die Kapuze des Tarnumhangs vom Kopf geweht worden war, sonst hätte sein Vater ihn niemals gesehen. „Draco.“ Malfoy Seniors Stimme war beinahe ungewohnt weich und der Knoten in Dracos Bauch wurde noch ein wenig enger. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du tatsächlich hier bist.“ Eine unbestimmte Kälte schlich sich unter die Worte. „Dass du dich tatsächlich aus Dumbledores Schutz herausgewagt hast…“ Hohn glomm in den hellen Augen, vermischte sich mit Verachtung und griff augenblicklich auf seine Stimme und seine Haltung über. „Du bist mit Potter und dem Verräter Snape hier. Warum?“ Draco atmete bebend einmal tief ein. Es stimmte. Sein Vater wusste noch nicht, dass er die Seiten gewechselt hatte, er hatte es ihm nicht gesagt und seine Mitschüler aus Hogwarts konnten nichts nach außen gelangen lassen. Was glaubte er wohl jetzt? Was konnte er ihm erzählen, so dass es glaubhaft klang? Dass er sich Potters Vertrauen erschlichen hatte? Sein Vater würde ihn fragen, warum er ihm von diesem Plan nichts erzählt hatte. Vielleicht könnte er erzählen, dass er sich Snape angeschlossen hatte, der Harry ausliefern wollte, weil er es nicht abwarten konnte, den Dunklen Lord zu treffen und weil er sich dafür eine Belohnung erhoffte. Aber auch das war etwas zu unglaublich und Lucius hatte doch schon gesagt, dass er Snape für einen Verräter hielt. Vielleicht könnte er sagen, dass er gezwungen worden war, Harry zu begleiten, doch das würde Harrys Wesen verleugnen und das wollte er unter keinen Umständen. Ein weiteres Mal holte er tief Luft, hatte sie zwischenzeitlich unwillkürlich angehalten. Und langsam wurde ihm bewusst, dass er schon wieder vor seinem Vater zu kuschen begann, der Angst nachgab, die er vor ihm hatte, dabei wollte er das doch nicht mehr. Verdammt, er hasste diesen Mann, der da vor ihm stand. Er hasste ihn wie die Pest! Er war es gewesen, der geholfen hatte, Harry zu verletzten. Er war es, der ihn beinahe durch dieses vermaledeite Tagebuch umgebracht hatte. Und er würde es jederzeit wieder tun. Solange dieser Mann lebte, waren weder Harry noch er selbst je in Sicherheit. - Außerdem hatte der Moment der Stille für eine Ausrede längst zu lang gedauert. Der Ausdruck in seinem Gesicht änderte sich, Hass bleichte die Wangen, ließ die Augen blitzen, als er sich einen Ruck gab, seinen ganzen Mut zusammenkratzte. „Willst du raten?“, gab er verspätet eine Antwort, dann riss er den Zauberstab hoch und jagte den ersten Zauber auf den Mann, er sich sein Erzeuger nannte. Schwarze Magie, die er bis dato gut unter Verschluss gehalten hatte. Keiner hatte gewusst, dass er sie übte, nicht einmal sein Vater. Dementsprechend erstaunt war dieser auch, als er abwehrte. „Du stehst also auf der Seite, die gegen den Dunklen Lord ist.“, stellte Malfoy unsinnigerweise fest, eine Haltung einnehmend, die einem wütenden Raubtier glich, angespannt und wachsam. „Du hast ihn verraten. Du hast mich verraten! Verräter müssen sterben!“ Der Angriff, der diesen Worten folgte, war stark und brachte Draco schon nach den ersten paar Augenblicken völlig aus dem Konzept. Niemals hatte er seinen Vater so mit Magie umgehen sehen und nur mit Mühe und sehr viel Glück konnte er die Zauber abwehren. Immer weiter wurde er zurückgedrängt. Er hörte Gelächter und Anfeuerungsrufe, die seinem Vater galten, wehrte Zauber um Zauber ab, nutzte die stärksten Schilde, die er kannte. Vielleicht war es ein Segen, dass sein Vater ihn nicht gleich umbringen wollte, sondern darauf aus war, ihm größtmögliche Schmerzen zuzufügen, sonst wäre ihm das wahrscheinlich nicht so lange geglückt. Dann streifte ihn ein Zauber am Arm und ließ seinen Schild zusammenbrechen. Der nächste Fluchtreffer schleuderte ihn gegen die Wand. Und genau das war es, was Snape sah, als er den Gang betrat, der zur Großen Halle führte, wo er nach seinen Schützlingen hatte sehen wollen. Schreck durchzuckte seine Glieder als er das dumpfe Krachen hörte und den blonden Jungen an der Wand herabrutschen sah, gefolgt von eisiger Wut, die durch seine Eingeweide jagte. Nicht das! Nicht dieser Junge! Gerade er hatte zu viel durchgemacht, um das zu verdienen! Verdammt, er hatte sich gegen die dunkle Seite entschieden, hatte eine Stärke bewiesen, die weit jenseits seines Alters lag! Gerade er hatte ein viel zu seltenes Talent, als dass er hier sterben durfte. Er hatte ihn doch als seinen Nachfolger auserkoren! Dracos leeren Blick im Sinn und die Blutspur, die ihm aus der Nase übers Kinn lief, vor Augen griff Snape an. Präzise und schnell waren fünf Todesser ausgeschaltet, bevor einer von ihnen registrierte, dass dort ein zweiter Gegner war, doch dann hatte er sie alle gegen sich. Geübt errichtete er den Schild, ließ alle Angriffe daran abprallen und wartete auf eine Angriffslücke, die er nutzen konnte. Seine Chance kam, ein weiterer Mann ging zu Boden. Er konnte von Glück sagen, dass es sich hier offenbar um Anhänger Malfoys handelte und dieser nur wenige auserwählte an seiner Seite duldete, so dass jetzt nur noch drei zusätzlich zu dem blonden Mann vor ihm standen. Wieder ein Schild, wieder ein Angriff, dann stand er Lucius Malfoy gegenüber, der von seinem Sohn abgelassen hatte. Einst waren sie so etwas wie Freunde gewesen, dann Rivalen um die Gunst des Dunklen Lords, nun waren sie Gegner. „Severus…“ „Malfoy.“ Ein kurzer Austausch, ein Anklingen der Duellregeln, dann flogen die ersten Zauber. Snape stellte fest, dass sie etwa gleich stark waren, aber er selbst war nicht so festgefahren in seinen Handlungsweisen. Er hatte noch ein Ass im Ärmel, mit dem keiner rechnete. Doch in dem Moment, in dem er sein letztes Explosionselixier auf den Mann vor sich werfen wollte, traf diesen unerwartet ein Fluch in die Seite, der ihn gegen seine Leute taumeln ließ. „Accio Zauberstab!“ Es war Dracos Stimme und irgendwie auch wieder nicht. Vielleicht war es ein anderer Klang, eine andere Melodie in den Worten, doch das störte die Magie nicht. Die Stäbe gehorchten dem zwingenden Ruf. Jeder einzelne. Seiner auch. „Ich kann nicht zulassen, dass ihr den tötet, der das Glück der Welt bedeutet. Ohne ihn - was würde da geschehen? Der Untergang der Insel? Der Sturz des Gefüges? Ihr Ahnungslosen tut, was euch beliebt, ohne an die Konsequenzen zu denken!“ Ein leises Klappern zeigte, dass die Zauberstäbe zu Boden fielen. Gerade glitt der silbrige Tarnumhang von Dracos Schultern. Snape war wie erstarrt. Die Präsenz, die dort um den Jungen herumschwebte, war mächtig und alt. Viel älter als die Dumbledores. Die Bewegungen waren selbstsicher und selbstbewusst, wie von jemandem der sich seiner Überlegenheit gewiss war, der Blick entschlossen und erhaben, die Haltung autoritär. Schwarze Augen. Snape hatte davon gelesen, dass Geister Menschen besetzten, sie steuerten und zu ihren Gunsten lenkten, aber erlebt hatte er das nie. Bis jetzt. Merlin, was sollte er denn jetzt tun? War der Geist bösartig? Und was hatte er mit Draco vor? Wollte er ihm schaden? „Dieser Junge ist die Versicherung für euch, dass ihr leben werdet. Tötet ihn und euer Untergang ist besiegelt.“ Worte, die über das Begreifen hinausgingen, Worte, deren Sinn sich nur ergab, wenn man die Gedanken dahinter kannte. Malfoy kannte sie nicht. „Severus versichert niemanden.“, widersprach er abfällig. „Wer bist du und was tust du mit meinem Sohn?“ Auch er hatte erkannt, dass es nicht Draco selbst war, der da sprach. Eine abfällige, wegwischende Handbewegung folgte dieser Frage, ein stahlharter Blick ließ Malfoys Selbstbewusstsein schwanken, ließ ihn zurückweichen. „Ein Vater verletzt seinen Sohn nicht!“, knirschte es wie zermalmendes Eis durch den Gang. Ein krasser Gegensatz zu der weichen Bewegung, mit der sich der Kopf plötzlich zu Snape wandte. Der schwarzhaarige Mann schauderte. Auch das blutige Gesicht passte nicht so recht zu der Erhabenheit in dieser Bewegung. „Severus Snape.“ Erschrocken fuhr dieser zusammen, als er angesprochen wurde. „Komm her.“ Unsicher tat er, was verlangt wurde. Warum auch immer, er hatte nicht das Gefühl, dass ihm akut Gefahr drohte, eher versprach das Wesen Schutz. Oder irrte er sich da? „Ich werde ihnen das geben, was sie verdienen. Schütze du Draco.“ Also ging es um den Jungen. Um Draco. Jetzt ergab auch die Rede zuvor einen Sinn. Wenn Draco starb, würde Harry wohl durchdrehen. Und wenn er seine ganze Macht auf einmal entfesselte… Das war ein äußerst beunruhigender Gedanke. Schnell bückte sich Snape und hob seinen Zauberstab auf. Sein Schild flammte bläulich vor ihnen auf, dann legte der Geist los. Die wehrlosen, teilweise noch immer bewusstlosen Zauberer hatten nicht den Hauch einer Chance. Ein gewaltiger Feuerwirbel brach aus dem schwarzen, schlanken Holz, breitete sich in allen Richtungen aus und schlug mit verzehrenden Flammen nach den Menschen. Snape konnte die Augen nicht abwenden, so sehr faszinierte ihn die Macht, so sehr widerte es ihn an. Zu seinem Glück verschluckte das tosende Brüllen jeden Schrei. Dann erreichte das Feuer seinen Schild und Snape musste sich darauf konzentrieren, Draco und sich zu schützen. Er drückte den Jungen an sich und versuchte den Kopf zusätzlich mit seinem freien Arm vor der durchstrahlenden Hitze abzuschirmen, die die von ihm errichtete Barriere nicht aufhalten konnte. Als das Inferno verklang und Snape sich wieder traute, die Augen zu öffnen, blieb ihm der Mund offen stehen. Vor ihnen stand ein Mann. Seine Haare waren schlohweiß, seine Statur schmächtig und hager, doch die Haltung verriet große Kraft. Und dieser Mann blickte auf einen Punkt jenseits der jetzt kahlen, rußgeschwärzten Wände. In einem abzweigenden, unscheinbaren Treppenaufgang stand Harry. „Godric?“ Seine Stimme klang verunsichert, seine Wangen waren schmutzig, seine Kleider waren angesengt. „Was… Wie kommst du hier her?“ Auf dem faltigen Gesicht des Geistes erschien ein weiches Lächeln und auch die aggressive Haltung entspannte sich. „Ich habe das beschützt, was dir so wichtig ist.“ Harrys Blick flackerte auf der Suche nach diesem Wichtigen durch den Raum und verharrte erschrocken auf Draco, der jetzt schlaff in Snapes Armen hing und von ihm zu Boden gelassen wurde. In den grünen Iriden blitzte Angst auf und Sorge. Seine Hände hoben sich, er wollte etwas sagen und Snape dachte schon, er würde gleich anfangen zu heulen oder gleich zusammenbrechen, als er seine Beine offenbar doch noch unter Kontrolle bekam und auf ihn und Draco zu rannte. Neben ihnen fiel er auf die Knie, tastete über die Brust des Slytherins und sein Gesicht. Der Analysezauber, den er wirkte, schlug fehl. Wie immer. „Professor…“ Bittend sahen grüne Augen in schwarze und Snape machte es Harry nach. Dracos Zustand war erschreckend. „Und?“ Harrys Stimme zitterte vor Angst, ebenso die Hände, die auf Dracos Brust lagen. Was sollte er ihm sagen? Ihm mitteilen, dass Draco tödlich verletzt war? Er begann in seinen Taschen zu wühlen, suchte einen Trank, der Draco helfen konnte und noch nicht von Bellatrix während ihres Kampfes zerstört worden war, doch darauf konnte Harry nicht warten. Snapes besorgtes, plötzlich noch verschlosseneres Gesicht hatte ihm genug gesagt. Er angelte die Phiole von Hermione aus seiner Tasche, setzte sie Draco an die Lippen und ließ die Flüssigkeit in seinen Mund laufen. Widerwillig schluckte der Blonde, wehrte sich halb, doch Harrys Stimme und eine sanfte Berührung an der Schläfe beruhigte ihn. „Was ist…“, kam es schwach aus seinem Mund. Erleichtert, dass der Trank wirkte, küsste Harry ihn. „Alles okay. Siehst du? Wir leben alle drei noch.“ Er strich ihm wieder über die Stirn und streichelte seine Wangen. Snape beobachtete das mit gemischten Gefühlen. Er verstand jetzt die Worte des Geistes in ihrer vollen Bedeutung. Harrys gesamte Ausstrahlung hatte sich gerade verändert. Jetzt, wo die Anspannung der Angst von ihm abfiel, machte sich in ihm eine nahezu selige Ruhe breit. Von der Unsicherheit war kaum noch etwas zu spüren, an ihren Platz war nun ein liebevoller Ausdruck getreten, der eigentlich alles sagte. Harrys Liebe zu Draco überstieg seine Einschätzung der Dinge bei weitem. Ein kurzer Blick zu dem Geist bestätigte ihm, dass dieser das gewusst hatte. Seine Augen ruhten mit deutlichem Wohlwollen auf dem jungen, so ungewöhnlichen Paar. Draco rührte sich schwach, konnte sich kaum aufsetzten und Snape verhinderte es mit einem unnachgiebigen Kopfschütteln. Resignierend blieb er liegen. „Wieso lebe ich noch? Wo ist mein Vater?“ Rau war seine Stimme, irgendwo im Hintergrund gurgelnd. „Dein Vater?“ Harry war irritiert und Snape runzelte die Stirn. Hatte er das etwa gar nicht mitbekommen? Wann genau war er denn angekommen? „Dein seltsamer Freund hat ihn vernichtet.“, übernahm der Zaubertränkelehrer schließlich die Antwort und deutete mit dem Kinn auf Godric Gryffindor, der nun entschuldigend lächelte. „Verzeih die Einmischung. Ich fand es angebracht.“ Ernst blitzte in den dunklen Augen und Draco starrte ihn ungläubig an. Gryffindor war noch da gewesen? Immer noch in ihm? Er hatte seinen Vater getötet? Er hatte ihn gerettet? Irgendwo in sich fühlte er Wut über die Übernahme, irgendwo war Erleichterung darüber, gerettet worden zu sein und ganz winzig, irgendwo ganz hinten in seinem Herzen spürte er einen kleinen Stich der Trauer. Klar, auch er hatte seinen Vater töten wollen, aber es jetzt so zu hören, dass er einfach so unwiederbringlich fort war… Draco senkte den Kopf. „Ist okay. Danke.“ Und als er wieder aufsah, lag ein ehrliches Lächeln auf seinen Lippen, ein wenig traurig, schmerzverzerrt und müde. „Keine Ursache.“, grinste der Mann und seine Züge hellten sich merklich auf, wirkten jünger und frischer. „Wie kommst du hierher?“, wiederholte Harry seine Frage von vorhin. „Ich meine… der Fluch!“ „Man kann beinahe jeden Fluch mit Selbstlosigkeit brechen.“ Der Mann lächelte noch ein wenig breiter, sah nun auch zu Draco hinab. Eine unerwartete Liebe schwebte über das Gesicht. „Es geht ihm nicht gut. Er hat sich lange gegen meine Hilfe gewehrt. Ich wünschte, ich könnte irgendwas für euch tun, aber ich schätze, das ist unmöglich.“ Ein heiseres Seufzen kam über seine Lippen, als sein Schemen flackerte. „Danke für alles, meine Freunde. Es war lustig mit euch.“ Und sein Bild verfloss in einem Lufthauch warm leuchtender Farben. „Weg.“, wisperte Harry. „Er ist einfach weg.“ „Ist er tot?“ Draco versuchte erneut sich aufzurichten und sank stöhnend zurück in Snapes Arme. Seine Lunge brannte und sein Brustkorb tat weh. „Das war wohl nicht der richtige Trank.“, murmelte Snape. Und er fügte mit einem kurzen Blick auf Harry hinzu: „Er muss behandelt werden. Dringend!“ Harry nickte. „Mme Pomfrey?“ „Ja.“ „Ist okay. Ich schicke euch direkt zu ihr.“ „Nein!“, fuhr Draco auf. „Ich lass dich nicht allein!“ Er begann zu zappeln, zog Harrys Arm zu sich. Panik lag in seiner kratzigen Stimme. Er wollte nicht weg von hier, wollte Harry nicht alleine lassen. „Du hast gesehen, wie stark die s…“ Der Rest seines Satzes ging in einem Husten unter, das die Dringlichkeit der Situation deutlich machte. Draco spuckte Blut. „Ich komme zurück. Glaube mir, Draco. Ich finde dich. Immer.“ Wieder küsste Harry ihn, während sein Zauberstab sachte Dracos Schläfe berührte. Die Glieder erschlafften und mit einem kläglichen Wimmern sank der Blonde in tiefen Schlaf. Harry richtete sich auf, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, um das Blut von Dracos Lippen zu entfernen, und verwischte es damit nur noch mehr. „Professor Snape.“ Er fixierte den Mann. „Ich vertraue Ihnen Draco an. Passen Sie auf ihn auf, bis ich wieder da bin!“ Snape konnte gar nicht anders, als zu nicken. Harry verströmte in diesem Moment eine Autorität, die der des Geistes von gerade eben nicht unähnlich war. Himmel, der Junge war fünfzehn! Wie kam er dazu, hier herumzukommandieren? Aber das war erstmal nebensächlich. „Komm mit. Draco hat Recht. Die Todesser sind stark. Und viel zu viele.“ Der schwarzhaarige Lehrer hatte tatsächlich Bedenken. „Und du bist am Ende mit deinen Kräften.“ Harry konnte sein Erstaunen nicht verhehlen. Wie hatte Snape das merken können? Hatte er sich seine Erschöpfung anmerken lassen? „Du hast nicht mitbekommen, dass ich dich analysiert habe, oder?“ Die feinen Züge wurden widerwillig, während zwischen ihnen Dracos Atmen gurgelnd ging. „Es ist Selbstmord!“, versuchte Snape es noch einmal, doch es erzeugte nur ein weiches Lächeln. „Wissen Sie, inzwischen mag ich Sie richtig gerne.“, erklärte Harry. „Aber ich bin hier noch nicht fertig. Ich komme nach, sobald ich kann. Sorgen Sie dafür, dass er überlebt.“, damit legte er seine Hand an Snapes Schulter und initiierte die Apparation. Es gab einen leisen Knall und die beiden Slytherins waren verschwunden. Harry griff nach dem Tarnumhang, der noch immer an der Wand lag, und erhob sich noch im gleichen Moment. Entschlossen und die Müdigkeit aus seinen Gedanken verbannend straffte er die Schultern. Jetzt kam es drauf an. Er wusste, wo Voldemort war. Er konnte es spüren, konnte ihn rufen fühlen. Und er war sich sicher, dass er es schaffen würde. Ganz tief in ihm wuchs diese Gewissheit als ruhiger, Kraft spendender Pol. Snape schnappte nach Luft, als die Luft um ihn herum zusammengepresst wurde und es kalt wurde. War es schon schrecklich, selbst zu apparieren, war das hier die Hölle. Er hatte das schreckliche Gefühl, als greife Harry direkt in sein Innerstes und risse an seiner Seele. Er war froh, als es vorbei war, zumal er wirklich direkt in Mme Pomfreys Krankenflügel landete. Draco in seinen Armen atmete schwer und gurgelnd. „Poppy! Wo sind Sie?“, rief er und verfrachtete seinen Schützling auf eines der Betten. Sie kam sofort aus ihrem kleinen, privaten Raum. „Severus?“ Erstaunen lag in ihrer Stimme und sie schien es nicht richtig fassen zu können, dass er da war. „Was… Wie…?“ „Kümmern Sie sich um Draco! Ich muss dringend zu Albus!“ Und damit rauschte er davon. Ungern ließ er Draco allein und wäre es nicht Poppy Pomfrey, die ihn behandelte, wäre er auch nicht von seiner Seite gewichen, aber jetzt zählte etwas anderes, das seiner Handlung bedurfte. Harry war noch in Durmstrang und das ganz alleine zwischen dutzenden von Todessern. Und dieser Gedanke war ganz und gar nicht erbaulich. Albus Dumbledore schien ihn sogar zu erwarten, als er in sein Büro platzte, hatte ernst die Hände vor seiner Brust zusammengelegt. „Erzähl.“, forderte er unumwunden, nachdem er sich kurz nach seinem Befinden erkundigt hatte. „Aber kurz.“ Und Snape erzählte, was passiert war, soweit er es mitbekommen hatte. Er machte sich Vorwürfe, selbst wenn er wusste, dass es irgendwo richtig gewesen war, was er getan hatte. Dennoch fiel es ihm schwer zu akzeptieren, dass er Harry im Stich gelassen hatte. „Du kennst den Zugang?“, fragte Dumbledore schließlich und der schwarzhaarige Giftmischer nickte. Natürlich, sonst wären sie vorhin nicht nach Durmstrang gekommen. „Dann gehen wir. Es darf keine Zeit verloren werden! Sirius!“ Snape konnte sich ein ergebenes Seufzen nicht verkneifen, als der Animagus durch die Tür aus dem Nebenraum kam. Woher hatte er nur gewusst, dass dieser Mann auch anwesend war? Und der finstere, zornige Blick sprach Bände. Er gab ihm die Schuld. Berechtigterweise. Immerhin hatte er ihn nicht aufgehalten. „Wir brechen auf.“ Dumbledore hatte Sirius nur die Kurzfassung von Snapes kurz gefasstem Bericht gegeben und nun eilte er voran, Snape und Sirius auf den Fersen, zur Peitschenden Weide. Der Gang war lang wie sonst nie und sie benötigten eine gefühlte Ewigkeit, um ihn zu durchqueren. Bezeichnenderweise fanden sie an seinem Ende in der Heulenden Hütte Remus Lupin, der Wache stand und die Stadt beobachtete, die wie ausgestorben da lag. Auch er erhielt einen Lagebericht in drei Sätzen und so apparierten sie alle vier an den Punkt, an dem die Reise nach Durmstrang möglich war. Der eisige Wind hatte sich gelegt, war längst nicht mehr so schneidend, und der Schneefall hatte komplett aufgehört, so dass das Schloss auf der Insel deutlich zu sehen war. Und was sie dort sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Die Mauern der Schule waren dabei einzustürzen. Der komplette Südflügel war bereits in sich zusammengebrochen und wie bei einer Welle in Zeitlupe setzte sich diese Tendenz nach Norden fort. Gerade stürzte einer der Türme in sich zusammen und fiel mit Getöse ins Meer, türmte hohe Wellen auf, eisige Gischt spritzte und verschlang die Steinbrocken ohne Erbarmen, während sich der Verfall unaufhörlich fortsetzte. „Oh Merlin…“, wisperte Sirius fassungslos, trat einen Schritt vor und verharrte wieder, die Augen nicht von jenem Schauspiel lösen könnend. „Das… Da ist… Harry ist doch noch da drin!“ Der Gedanke brachte ihn auf Touren. Er fuhr zu Snape herum, blaffte ihn an, den Eingang zu öffnen und sie hinüberzulassen. Eile war geboten und beinahe war Snape dazu bereit. Schon hatte er Sirius die Richtung gewiesen, sich in Bewegung gesetzt, um Harry herauszuholen, als Dumbledores Stimme sie beide aufhielt. „Irgendwas stimmt da nicht.“ Der Weißhaarige war bleich wie selten zuvor. „Sie springen ins Wasser. Warum zaubern sie nicht? Warum halten sie die Mauern nicht davon ab, einzustürzen?“ Er hatte seine Augen verzaubert, um die Situation einschätzen zu können, doch das machte ihn fassungslos. „Und Harry?“ „Vielleicht ist er längst draußen.“ Remus klammerte sich sichtlich verzweifelt an diese Hoffnung. „Vielleicht steht er hier irgendwo an diesen Klippen und lässt das Schloss einstürzen…“ Snape schüttelte den Kopf, die Augenbrauen tief zusammengezogen. Warum sollte Harry so etwas tun? Wo lag der Sinn, einfach etwas zu zerstören? Das war nicht seine Art. Viel eher wäre er ihnen dann nach Hogwarts gefolgt, um zu Draco zurück zu kommen. „Verdammt, Severus, bitte!“ Sirius hielt es nicht mehr aus, seine Stimme grenzte an purer Verzweiflung. Er wurde fast verrückt vor Sorge. Nickend wandte sich Snape zu dem Felsen, warf einen letzten Blick auf das Schloss, das sie gleich betreten würden und sammelte sich. Zum zweiten Mal in kürzester Zeit bereute er, dass er den Zauber, der Harry mit ihm verband, nicht erneuert hatte, aber das musste er jetzt wieder gut machen. Sie würden ihn finden! Er stellte sich auf den Felsen und reichte Sirius die Hand, die dieser zum erstem Mal ohne zu zögern ergriff. Doch bevor sie apparieren konnten, war auch Remus da, legte seine Hand auf die von Sirius. Sein Blick war ernst. Er würde helfen. Dumbledore lächelte, als er beobachtete, wie die drei einstigen Feinde plötzlich wegen Harry zusammenarbeiteten. Selbst Severus Snape stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Und als sie appariert waren, folgte er ihnen unverzüglich. In Durmstrang sah es chaotisch aus. Um den Disapparationspunkt drängten sich Menschen, die nicht begreifen konnten, dass ihre Magie nicht funktionieren wollte. Sie kümmerten sich nicht um die Eindringlinge, sondern wollten einfach nur noch fort, wollten aus dieser Mausefalle entkommen. Geschrei und Flüche dröhnten von den Wänden wider. „Hier entlang!“, knurrte Snape und machte sich auf den Weg. „Er wollte zum Unnennbaren, ganz sicher wird er dort sein!“ Ob dieses Areal noch stand, würde sich zeigen. Er voraus eilten die drei Männer durch die Gänge. Snape machte sich radikal Platz, wenn ihm die Todesser den Weg versperrten, so dass sie schnell vorwärts kamen. Auch wählte der Schwarzhaarige nicht die Nebengassen, die Harry beschritten hatte, sondern den direkten Weg. Zehn Minuten später hasteten sie an einem Punkt vorbei, an dem die rechte Wand bereits fehlte und Trümmer den Weg versperrten, dann erreichten sie die Tür zur Großen Halle der Russischen Schule. Snape stieß sie auf. Der große Saal war verwüstet und verbrannt, Tische, Stühle und Schränke zerstört und teilweise unkenntlich, selbst die Wände und die Fensterscheiben waren zerbrochen und bröselig. Wind pfiff durch die Fensteröffnungen, wirbelte Staub und Asche auf. Was allerdings wirklich bemerkenswert war, war der einzelne, unversehrte Thron in der hinteren Mitte des Saales, über dem Moodys Auge in einer silbernen Fassung befestigt war. Davor, in Schmerz und Schrecken des Todes erstarrt, lag Voldemort. Geschlagen. Besiegt. „Das ist…“, setzte Remus an, doch er wurde von Dumbledore beiseite geschoben, der sie endlich eingeholt hatte. Der alte Mann schickte aus der Entfernung einen Analysezauber auf den Reglosen, bevor er mit ernstem Gesicht durch die Asche zu ihm schritt. „Avada Kedavra.“, stellte er fest und löste damit Schock aus. Sirius konnte es nicht fassen, Remus war entsetzt und Snape fragte sich, ob Harrys Wut wirklich groß genug gewesen war, um solch einen Spruch zu erzeugen. Er hatte doch gelächelt, als er sie nach Hogwarts geschickt hatte. „Was ist mit Harry?“ Wieder merkte er nicht, dass er den Vornamen gebrauchte, als er die sorgenschwere Frage stellte. Seine Augen strichen eilig suchend über das Chaos. „Genau! Wo ist Harry? Er müsste doch…“ Sirius begann zu suchen, lief durch den Raum, um seinen Patensohn vielleicht irgendwo zu entdecken. „Wenn er wirklich gekämpft hat, dann müsste er doch hier sein!“ „Vielleicht hat er mitbekommen, dass das Schloss zusammenbricht und hat es verlassen.“ Remus hatte es mit einem Aufspürzauber versucht, hatte Harry aber nicht entdeckt. „Das sollten wir viellei…“ Doch Sirius unterbrach ihn wütend. „Ich gehe nicht ohne Harry!“, schrie er, seine Stimme kippte vor Wut und Angst. Dumbledore nickte. Er hob den Zauberstab und wirkte einen Zauber, der die Mauern und die Decke dieses Saales stabil halten würde, bevor er ebenfalls magisch nach Harrys Signatur im weltlichen Gefüge suchte. Ein hellblau schimmerndes Band zog sich durch den Raum, begann hinter Remus an der Tür und wurde schließlich verwirbelt und verwaschen, bevor es mitten im Raum plötzlich endete. Sirius war sofort an der Stelle, doch dort war nichts außer Staub, Asche, dem blauen Schimmer und, fast vollständig verdeckt, Harrys Zauberstab. Langsam hob er ihn auf, fassungslos. Dumbledore trat näher. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“, sagte er bedächtig. „Vielleicht ist er tot, vielleicht appariert… Ich hoffe wirklich auf letzteres.“ „Wie können wir ihn finden?“ „Wenn er noch lebt, nur mit sehr viel Glück.“ „Aber vielleicht ist er verletzt!“ Remus legte seinem Jugendfreund die Hand auf die Schulter und zog ihn in die Arme. Er konnte die Sorge nachvollziehen, die Angst im Bauch ebenfalls fühlen. „Was ist hier nur passiert?“, murmelte er gedankenverloren. Dumbledore holte tief Luft. „Es gibt einen Zauber, der uns das zeigen kann. Allerdings kenne ich nur einen einzigen Menschen, der ihn beherrscht, und ob der noch lebt, weiß ich nicht.“ Hoffnungsvoll leuchtende Augen trafen ihn und er musste lächeln. „Ich werde nach ihm suchen lasen, doch das wird Zeit brauchen.“ Sirius nickte wie erschlagen. Er sah verstört aus, drückte Harrys Zauberstab an seinen Hals und klammerte sich an Remus’ Arm fest, der ihm beruhigend über den Rücken strich, ohne seine eigene Sorge zu deutlich zu zeigen. Snape stand still etwas abseits und verfolgte die Spuren Harrys durch den Raum. So wie es aussah, war es ein heftiges Duell gewesen. Dicht neben der Tür am Boden, ebenfalls unter Asche begraben, konnte er den Tarnumhang sehen und hob ihn auf. Er war an einer Stelle verbrannt und hatte einen langen Riss über der Schulter. Draußen verebbte der Lärm der zusammenfallenden Mauern und nach wenigen Sekunden hatte der eisige Wind, der durch die Halle wehte, den Staub aus der Luft fort geblasen. Stille blieb zurück, unterbrochen durch die Geräusche des wütenden Meeres. „Die Apparationsblockaden wurden aufgehoben. Wir sollten uns beeilen. Die Auroren müssen benachrichtigt werden und ich muss Jasper erreichen.“ Er lächelte Sirius tröstend zu. „Und vielleicht ist Harry längst in Hogwarts zurück. Wenn nicht, dürfen wir keine Zeit verlieren, und müssen die Suche nach ihm einleiten.“ Das brachte sie alle auf Touren und innerhalb von zwanzig Sekunden waren sie disappariert, nachdem Dumbledore vorsorglich noch einen Bewahrerzauber über den Ort gelegt hatte, der eine Veränderung jedweder Art nicht zulassen würde. Harry war nicht in Hogwarts und Sirius’ kurzzeitig entflammte Hoffnung erlosch. Doch die Unruhe nagte an ihm, ließ Ausruhen unmöglich werden. Während Remus und Dumbledore alle Hebel in Bewegung setzten, Auroren und Dumbledores Freund Jasper zu benachrichtigen, um eine Rettung der in Durmstrang gefangenen Menschen einzuleiten, machte er sich auf den Weg nach London, um Harry dort zu finden und an Orten zu suchen, von denen er wusste, dass Harry sie kannte. ------------- - Harry ist also weg. Geht es ihm gut? Was ist in der Halle passiert? Und wie geht es Draco? Wird er es überleben? Was denkt ihr? *grins* Ich liebe es, an solchen Stellen aufzuhören und Leser zu quälen ^^ Kampf ----- Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 55: Kampf Draco erwachte, als die Sonne gerade versank und die Decke des Zimmers in ein blutig-goldenes Licht tauchte. Dunkelheit und Nebel war in seinen Gedanken, doch als sie nach und nach aus der Ohnmacht auftauchten, galt sein erster Gedanke Harry. Wo war sein Freund? Er konnte ihn nicht um sich spüren! Wo war er selbst? Am Rande seines Bewusstseins nahm er die Umgebung als zu Hogwarts zugehörig wahr und fragte sich einen langen Moment, ob das, woran er sich zu erinnern glaubte, doch nur ein böser Traum gewesen war. Dann bemerkte er, dass der Raum die Krankenstation war und fuhr hoch. Es war still. Außer ihm war keiner im Raum. Wo war Harry? „Draco, wie fühlen Sie sich?“ Mme Pomfrey trat durch eine Tür herein, griff auf ihrem Weg nach Phiolen und Fläschchen. „Wo ist Harry?“, ignorierte der Blonde ihre Nachfrage. Verdammt, er konnte ihn nicht spüren, fühlte sich so allein wie in den Monaten, in denen Harry in London gewesen war! Und war er nicht zurückgeblieben, weil er noch etwas erledigen wollte? Hatte er ihn und Snape nicht vorschicken wollen? „Ist er etwa noch in Durmstrang? Geht es ihm gut?“ Die Krankenhexe lächelte schwach. Was sollte sie darauf antworten? Seit drei Tagen suchten mehr als hundert Menschen nach diesem einen Jungen, doch bisher hatte keiner auch nur eine Spur von ihm gefunden und selbst Dumbledore hatte keine Ahnung, was passiert sein konnte. Er hatte den Mann, der jenen Zauber kannte, noch nicht erreicht. Ihr Schweigen war Draco Antwort genug. Entsetzen ergriff von ihm Besitz, spiegelte sich in seinem Gesicht und in den Augen wider, bevor er plötzlich aus dem Bett sprang. Er musste ihn suchen! Oder war es vielleicht schon zu spät? Poppy war sofort zur Stelle. „Draco, legen Sie sich wieder hin! Sie sind noch nicht wieder gesund!“ Entrüstet griff sie nach seinen Schultern und versuchte ihn wieder aufs Bett zu drücken, doch konnte sie der Gegenwehr kaum standhalten. „Lassen Sie mich los!“, schrie Draco verzweifelt, streifte ihre Arme ab und stieß sie letztlich von sich. „Ich muss zu ihm! Er braucht meine Hilfe!“ Schon war er auf halbem Weg durch das Zimmer, als ein Zauber ihn mitten in der Bewegung erstarren ließ, so dass die aufgeregte Fee Kikuileh erleichtert auf seiner Schulter landete und ihm tröstend ins Ohr klingelte. Dracos Aufmerksamkeit wurde jedoch von Snape beansprucht, der inzwischen ebenfalls im Zimmer stand. „Beruhige dich! Dein Toben ist fehl am Platz und der Situation unangemessen!“, rügte er und Dracos Augen verengten sich zornig, doch darauf achtete der schwarzhaarige Mann nicht. Emotionslos kalkulierend wie immer wandte er sich an Mme Pomfrey. „Wie geht es ihm?“, wollte er sachlich wissen, während sie sich wieder aufrappelte und ihren Ärmel trocken zauberte, der durch den Inhalt eines zerbrochenen Fläschchens langsam lila wurde. Ein zweiter Zauber aus ihrem Stab wusch über Draco hinweg. „Soweit alles in Ordnung. Ein paar Tage Ruhe noch, dann müsste er wieder vollkommen gesund sein.“, lautete ihre fachliche Meinung. Snape nickte nachdenklich, schien im Geiste etwas abzuwägen, dann strafften sich seine Schultern. „Ich komme, um ihn abzuholen. Albus erwartet ihn.“ „Aber das…“ „Wir werden auf die Suche nach Potter gehen und Draco soll dabei sein, weil er die unersetzliche Gabe hat, ihn aufzuspüren, sobald er in seiner Nähe ist. Er wird sich nicht überanstrengen dabei.“, hielt er ihrem aufkeimenden Protest entgegen. Sie funkelte ihn an, zweifelsfrei bereits etwas Bissiges auf den Lippen, doch dann fiel ihr Blick auf Draco, der noch immer erstarrt im Raum stand, und nickte plötzlich ergeben. Sie hatte seine Angst und seine Sorge gesehen und wusste schon jetzt, dass sie ihn niemals hier würde halten können. „Nehmen Sie ihn mit, Severus. Aber ich werde Sie ebenfalls begleiten. Vielleicht werden meine Künste gebraucht. Geben Sie mir zwei Minuten.“ Diesem Vorschlag war nichts entgegenzusetzen. Draco wurde freigelassen und durfte sich anziehen, während die beiden Männer auf die Medihexe warteten. Als sie fünf Minuten später in die Eingangshalle kamen, warteten dort außer Dumbledore, Sirius und Remus auch noch drei Männer, die ihren Roben nach Auroren sein mussten, ein alter Mann, der Dumbledore in Thema bunter Vogel in nichts nachstand, und Ron und Hermione. Letztere waren durch Zufall zu der Gruppe gestoßen, als sie versucht hatten, Dumbledore abermals wegen Harry auf den Zahn zu fühlen. Still standen sie neben einem übernächtigten Sirius, definitiv eingeschüchtert durch das Aufgebot an wichtigen Menschen. Dracos Auftauchen änderte die erwartungsvolle Unruhe in Erleichterung. „Draco!“ Hermione war richtiggehend froh, ihn zu sehen. „Wie geht es dir? Was macht deine Lunge?“ Ihre Hände griffen nach seinen und drückten sie sachte zur Begrüßung, danach begrüßte sie auch Kikuileh, die sich ihr an den Hals warf. „Bin wieder gesund.“, gab der Blonde unwillig zurück. Er hatte keine Lust auf Smalltalk, er wollte wissen, wo Harry war. Seine Augen huschten zu Dumbledore, der jetzt leise mit Mme Pomfrey sprach. „Sie wollen uns nicht sagen, was mit Harry ist!“, beschwerte sich Ron, während er ihn mit einem freundschaftlichen Handschlag begrüßte. „Frag du sie, vielleicht antworten sie ja dir.“ „Sie wissen es nicht.“ Draco musste sich sehr zusammenreißen, um den Rotschopf nicht anzuschreien, soviel Überwindung kostete es ihn, das auszusprechen. Es löste so etwas wie Schock aus. „Sie wissen es nicht?“, fragte Ron zittrig. Seine Augen weiteten sich zunehmend und im gleichen Maß nahm die Färbung seiner Wangen ab. „Warum nicht?“ „Wir haben ihn noch nicht gefunden.“, sprang Remus Draco bei. Er sah sehr wohl, dass dieses Gespräch den Jungen übermäßig schmerzte und an seiner nicht vorhandenen Kondition zu zerren begann. Schwer legte er die Hände auf jeweils eine Schulter der beiden Jungen. „Wir wollen gerade das herausfinden. Also verlieren wir keine Zeit.“ Mehr als ein schwaches Nicken bekam er nicht. Hermione sah aus, als wolle sie noch etwas sagen, aber selbst sie brachte dank ihrer zugeschnürten Kehle keinen Ton heraus. „Jetzt, wo wir alle beisammen sind, können wir ja gehen.“, verkündete Dumbledore und die Gruppe setzte sich in Bewegung. Draco hielt sich dicht bei Snape, während Remus die beiden Gryffindors über das aufklärte, was er wusste. Viel war es nicht. Eigentlich konnte er ihnen nur erzählen, dass Harry mit Draco und Snape nach Durmstrang gegangen und dort verschwunden war, nachdem er den Unnennbaren besiegt hatte. Ebenfalls eine Information, die die beiden schockte und auch Draco aus seiner Lethargie riss. „Voldemort ist tot?“ Snape neben ihm nickte. „Habt noch ein paar Momente Geduld. Ihr werdet es gleich sehen.“ Draco konnte nicht beschreiben, was diese Information in ihm auslöste. Schrecken vielleicht, weil er Harry falsch eingeschätzt hatte. Entsetzen, dass sein unschuldiger Freund doch dazu in der Lage war, zu töten. Und Freude, dass es endlich vorbei war. Aber war es das wirklich? Konnte man sich darauf verlassen? Warum war Dumbledore noch nicht vor die Schülerschaft getreten und hatte diese frohe Botschaft verbreitet? Gab es Probleme? Das zweite, das ihn verwirrte, war Snape. Der Mann war noch stiller als sonst. Oder vielleicht auch anders still. Draco hatte das Gefühl, dass die gewohnt aggressive Präsens fehlte. Snape war ruhiger, mehr in sich gekehrt. Oder so ähnlich. Es war schwer zu erklären. Sie erreichten Hogwarts’ Grenze und Dumbledore öffnete einen Durchgang durch die magische Barriere. Noch immer lag das Schloss unter dem Bann, der es vor Zutritt schützte. Kaum waren sie draußen griffen alle nach dem Haarband, das der Schulleiter ihnen hinhielt und der Portschlüssel entfaltete seine Wirkung. Sie landeten direkt in der Großen Halle von Durmstrang, die bis auf ein paar klägliche Mauerreste tatsächlich das einzige Überbleibsel der einstmals stolzen Burg war. Das Bild hatte sich seit Snapes letztem Besuch hier nicht verändert. Dumbledores Bewahrerzauber hatte ganze Arbeit geleistet. Noch immer lagen Trümmer von Stühlen und Tischen herum, verbrannt und verkohlt, noch immer glitzerten Glassplitter zwischen der Asche, noch immer lag unverändert Voldemorts Leiche vor seinem Thron. Hermione keuchte bei dem Anblick auf, schlug die Hand vor den Mund und klammerte sich mit der anderen an Ron fest, der die Lippen zusammenpresste und die Hände zu Fäusten ballte. Draco war still geworden. Das sich bietende Bild berührte ihn nicht, ließ stattdessen eine bekannte Kälte in ihm aufsteigen: Angst. Was war hier nur passiert, dass es solch zerstörerische Ausmaße annahm? Und wo war Harry? Unsicher tat er zwei Schritte in den Raum, drehte sich leicht um die eigene Achse. An der Wand sah er den Schemen eines zweiten toten Körpers und wollte schon hinlaufen, das Herz plötzlich bis zum Hals schlagend, da hielt ihn Sirius auf. „Wurmschwanz.“, war die Erklärung und Draco blieb stehen, beinahe erleichtert, suchte noch immer nach Harry. „Der Zauber beginnt.“, verkündete Dumbledore und Draco wirbelte herum. Der grauhaarige alte Mann namens Jasper hatte den Zauberstab gerade wieder sinken lassen, da breitete sich konzentrisch von ihm ausgehend eine Welle von Farben aus, die den Raum wie in einer Illusionsprojektion wieder herstellte. Sie legte sich über die Realität wie ein halb durchscheinendes Abziehbild. Stühle, Tische, Bilder, Wandteppiche, selbst Gefühle und die Atmosphäre, alles in dem Raum befindliche wirkte wie von Wind gemalt und fern und doch konnte man alles klar erkennen. Deutlich genug zumindest, um die Mordswut zu spüren, die der Mann auf dem Thron in der Mitte des Raumes versprühte. Hermione öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen, aber Draco verzog abschätzig das Gesicht. „Mein Vater muss verrückt gewesen sein, um so einem Kerl zu dienen. Der ist abstoßend!“, verlieh er der Abscheu in sich Ausdruck. Zumal der Anblick Voldemorts im Tode keinen großen Unterschied zum Leben bot. Genauso bleich und hässlich. Er konnte das beurteilen. Der Vergleich lag noch immer darunter. Voldemorts Finger trommelten unruhig auf der Armlehne herum. Man konnte das klappernde Geräusch seiner bleichen Nägel im ganzen Saal hören. Hinter ihm kauerte tatsächlich Peter Pettigrew, zu seinen Füßen ringelte sich die giftgrüne Schlange Nagini. Es war ein seltsames Bild. Furcht erregend und lähmend. „Warum passiert denn nichts?“, wollte Sirius ungeduldig wissen. Der alte Zauberer neben Dumbledore lächelte schwach. „Ich kannte den genauen Zeitpunkt seines Eintreffens nicht, deshalb musste ich schätzen.“ Eine vollkommen logische Erklärung, aber deshalb nicht unbedingt befriedigender. In dem Moment flog die Tür hinter ihnen auf und Voldemort sprang beinahe erfreut aus seinem Thron, so dass die Besucher der Vergangenheit erschrocken zusammenzuckten. „Sieh an, du hast den Weg zu mir tatsächlich gefunden!“ Zwischen den Torbalken stand Harry, den Zauberstab in der Hand, sein Gesicht vollkommen ruhig und entschlossen, die Wangen waren rußgeschwärzt, seine Lippen noch immer blutverschmiert von dem Kuss, den er mit Draco geteilt hatte. Seine Augen glommen und gerade streifte er den Tarnumhang von seinen Schultern, der wie formgebundenes Wasser zu Boden glitt, genau an der Stelle, an der Snape ihn gefunden hatte. „Harry…“, hauchte Draco. So hatte er den Gryffindor noch nie gesehen. Und so hatte er ihn niemals sehen wollen. Kikuileh jauchzte auf und schwirrte ihrem Freund entgegen - und durchdrang zum Schaudern aller seinen Hals an der Stelle, an der sie ihn zu umarmen pflegte. „Du hast reichlich lange gebraucht.“, kam wieder Voldemorts dünne, unangenehm fistelnde Stimme von rechts. Harry lächelte kalt. „Sei froh um den Aufschub.“ „Du bist stark geworden, lässt dich nicht mehr einschüchtern. Du hast meine Schilde durchdrungen und meine Leute ausgeschaltet.“ Der hagere Diktator machte ein paar Schritte auf Harry zu, seine Augen fixierten den Jungen wie ein Stück Beute. „Was hältst du davon, wenn wir…“ „Nichts.“, unterbrach der Schwarzhaarige den blassen Zauberer. „Es gibt kein Wir und es wird nie eines geben. Eher sterbe ich, als mich mit einem wie dir auf die gleiche Stufe zu stellen!“ Voldemorts Lächeln wurde verkniffen, während Kikuileh mit hellem, aufgeregtem Gesinge um Harry kreiste. Offenbar hatte er mit dieser Absage nicht so wirklich gerechnet. „Damit hast du ja alle Möglichkeiten genannt… Stirb!“ Ein heller Fluch raste auf Harry zu, hasserfüllt ausgesprochen. Entsetzt keuchte die kleine Gruppe von Zuschauern auf, als der Zauber frontal traf und der Junge mit einem Schmerzlaut in die Knie ging. „Harry!“, schrie Hermione, um ihn dazu zu bewegen, aufzustehen, doch wie sollte ihr Ruf Harry in der Vergangenheit erreichen? Voldemort begann zu lachen und schritt auf Harry zu, der sichtlich mit sich kämpfte. Warum hatte er nur nicht geblockt? Er musste so etwas doch erwartet haben! „Wo ist sein Trank?“, flüsterte Hermione, konnte vor Angst und Untätigkeit nicht still sein. „Der war doch für solche Situationen da!“ Unbewusst malträtierte sie Rons Arm. „Den hat er Draco gegeben, um ihn zu retten.“, konstatierte Snape ruhig. „Und ich konnte ihm keinen Ersatz geben, weil Bellatrix sie alle zerstört hat.“ Draco biss sich auf die Lippe. Es war also seine Schuld, dass auch Harrys letzte Hilfe nicht mehr Bestand hatte. Verdammt! Warum hatte er sich auch von seinem Vater erwischen lassen müssen? Plötzlich kam wieder Bewegung in Harry. Schwankend kam er hoch, sein Gesicht vollkommen verschlossen. „Ah, wieder fit?“ Purer Hohn troff aus der Frage und schon jagte Voldemort seinem Kontrahenten den nächsten Fluch an den Hals. Diesmal blockte Harry. Mühelos. Der Zauber verpuffte an der Wand. Es brachte Voldemort aus dem Konzept und machte ihn sichtlich wütend. Er griff erneut an und musste feststellen, dass keiner seiner Zauber Wirkung zeigte. Voller Zorn schickte er eine ganze Kombination an Zaubern gegen Harry ins Gefecht, der auch diese blockte und immer näher kam. Der Mann wich zurück. So etwas hatte er noch nie erlebt. Wie konnte das sein? Das da war ein Kind! „Crucio!“ „Nein!“, keuchte Draco, als Harry getroffen und sich vor Schmerzen windend auf dem Boden krümmte. Sein Schreien gellte durch die Halle, fing sich in den Ecken und wurde zurückgeworfen, brachte den blonden Jungen fast zum Weinen vor Hilflosigkeit. Beruhigend legte Snape ihm eine Hand auf die Schulter, erinnerte ihn daran, dass es vergangen war, nicht mehr real. Voldemorts Lachen übertönte den Schrei, seine Augen drückten Mordlust und Spaß an der Situation aus, während er mit seinem Stab den Schmerz in Harry kontrollierte. Mit gemessenen Schritten wanderte er um sein Opfer herum, das mit beiden Händen auf die Narbe an seiner Stirn drückte. „Er stirbt…“, murmelte Ron entsetzt. „Tu doch jemand was!“ Wieder lachte Voldemort. „Gib auf, sonst stirbst du wirklich!“ Er hatte für kurze Zeit den Bann von Harry genommen, wollte die Unterlegenheit des Gegners auskosten und ihn flehen hören, bevor er ihn umbrachte. Es war ein Fehler. Harry brauchte einige Sekunden, um sich bewusst zu werden, dass der Schmerz verschwunden war, dann lag er ganz still da, zitterte nicht einmal mehr. „Oder bist du schon tot?“ Ein Fuß stieß gegen seine Schulter, da antwortete er doch noch. „Das ist nicht möglich.“ Ein kurzes Flackern, ein leiser Knall und Harry stand ein paar Meter von Voldemort entfernt im Raum. Sein Atem ging schwer, in seinen Augen ruhte Schmerz und dichtauf Wahnsinn. „Ich habe ein Versprechen gegeben.“, presste er hervor und provozierte damit ein Wutgeheul. Doch diesmal traf der Cruciatus nicht. Harry apparierte aus dem Weg, zauberte nun selbst Angriffe. Solche jener Art, die keinerlei Kontrolle seiner Magie innehatten. Die Macht dahinter war verheerend. Voldemorts Schilde konnten ihn kaum blocken, ungerichtete Querschläger ließen Stühle und Tische explodieren. Das Duell ging in die nächste Phase. Sie bekämpften sich erbittert, schickten Zauber auf Zauber gegeneinander. Harry wich viel aus, verschwendete selten Energie auf Blocken, als hätte er vergessen, dass das möglich war. Er war flink genug, aber da war mit Sicherheit auch ein Zauber im Spiel. Um seine Füße und Hände schimmerte es bläulich und Snape fragte sich halb, ob man den Sensibilis auch für solcherlei Verstärkungen nutzen konnte. „Was macht er denn da?“, rief Sirius entsetzt, als ein Zauber den Arm des Jungen traf und man sehen konnte, dass er brach. Remus biss sich auf die Lippe. Für ihn sah es so aus, als hätte Harry sich aufgegeben. „Er hat seine Grenzen hinter sich gelassen.“, merkte Dumbledore an. Sorge sprach aus seiner Stimme und sein Gesicht war von einer Ernsthaftigkeit gezeichnet, die in ihrem Ausmaß nur Mme Pomfrey erfassen konnte. Auch sie hatte schon gehört, was passierte, wenn man die Energie seines magischen Zentrums aufbrauchte und einen tiefer liegenden Quell anzapfte. Man wurde stärker, aber die Auswirkungen auf Körper und Geist waren verheerend. Und bei Harry konnte es noch dazu sein, dass diese tiefe Quelle der Energie Voldemort selbst war, so wie er schon seit dem Sommer Magie von ihm gezogen hatte. Zumindest würde es erklären, warum seine Angriffe so unkontrolliert verliefen, denn die dunkle Energie würde ihm niemals wirklich gehorchen. Und dann herrschte mit einem Mal Ruhe. Harry stand da, ihm gegenüber Voldemort, beide vollkommen reglos. Die Atmosphäre hatte sich geändert, war von spannungsgeladen auf bedrängend gewechselt. Selbst in der Gegenwart spürten die Zauberer eine Kraft, die an den Grundfesten ihrer Existenz rüttelte und tief in ihnen etwas zu suchen schien, den zentralen Pol ihres Innersten umschlich wie ein Wolf, der Beute witterte. Dann brüllte Voldemort plötzlich los. Wut, Enttäuschung und Frustration waren der Auslöser für die initiierte Magie, die die ganze Halle in eine Feuerhölle verwandelte. Sie übertraf sogar noch die Godric Gryffindors. Schreiend versuchten sich die drei Kinder in Sicherheit zu bringen, rissen schützend die Arme hoch und auch einige Erwachsene zogen Schilde hoch. Ein wenig der ungebändigten Hitze war bis in die Gegenwart zu spüren. Was für eine ungeheure Kraft. Und ganz am Rande und nur ganz kurz nahm man die kläglichen Schreie von Wurmschwanz wahr, der dieser Macht nichts entgegenzusetzen hatte. Sirius biss die Zähne zusammen. So ein Ende hatte nicht einmal dieser Verräter verdient. Als das Feuer wieder verschwand, stand Harry in der Mitte des Raumes. Sein Zauberstab lag nutzlos am Boden. Die Brillengläser spiegelten den Rest des Feuers wider. Seine Haare und Kleider bewegten sich in der flimmernden Hitze der Luft. Er sah fast traurig aus, schien aber nicht mehr angreifen zu wollen. Er war erschöpft und müde, man konnte es in seiner Haltung sehen. Sein gebrochener Arm hing nutzlos herab. „Du gibst also auf.“, stellte Voldemort fest und schritt gemächlich zu seinem Thron. „Das wird auch Zeit. Du hättest mich sowieso niemals besiegen können.“ Harry rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Es liegt bei dir. Das Baby wollte leben, wollte deinen Tod nicht, aber jetzt ist es anders. Ich weiß jetzt, dass es niemals vorbei wäre, wenn du nicht stirbst.“ Voldemort lachte. Laut, überheblich und böse, verachtend. „Du spuckst große Töne. Bist du jetzt verrückt geworden? Aber mach dir keine Sorgen. Es wird dich nicht beeinträchtigen in Zukunft. Avada Kedavra!“ Der grüne Blitz verließ den Zauberstab und schoss auf Harry zu, der nur schmerzlich die Augen schloss. Danach konnten die Zuschauer nichts mehr erkennen. Das helle Licht des Zaubers blendete, erfüllte den ganzen Raum mit einem Ton, der jenseits des hörbaren lag und zwischen den Ohren zog, und als es abklang, lag Voldemort da, wo auch sein echter Körper lag, rührte sich nicht. Harrys Gesicht war verzweifelt und schmerzerfüllt. Tränen zogen helle Bahnen im Ruß auf seinen Wangen. „Er weint.“, sagte Hermione zittrig. „Würde ich auch. Das muss wirklich weh tun.“, antwortete Ron voller Grauen. Sie waren die einzigen, die etwas sagen konnten. Die Erwachsenen waren still. Dann ertönte Getöse und Gepolter, Geschrei und Staub kam durch die offenen Tore herein. „Jetzt stützen die Mauern ein.“, erklärte Remus für die, die das nicht wissen konnten. „Wir sind wirklich nur Sekunden zu spät gekommen.“ Harry schien das ebenfalls aufzugehen. Schwankend riss er sich von dem grausigen Bild los, seine gesunde Hand rieb über seine Augen, verschmierte den Ruß noch mehr, dann gab es einen leisen Knall und er war fort. Draco starrte auf den Punkt. Er hatte Harrys Lippen gesehen, die seinen Namen gesprochen hatten. Harry wollte zu ihm! Und wo war er? Nicht da, wo Harry ihn erwartete! „Sagt mal, hat er wirklich während der Apparation den Animagus initiiert?“, wollte Remus flüsternd von Sirius erfahren, der nur nickte. Auf dem blassen Gesicht stand pures Grauen geschrieben. Der Animagus stand unter Schock. „Sagt das nicht zu laut.“, mischte sich Snape düster ein. „Nicht bevor Albus zusagt, dass die das wissen dürfen.“ Er deutete auf die Auroren. Remus und Sirius stimmten dem schweigend zu. „Wo ist er hinappariert?“, wollte Ron wissen, doch damit stieß er auf Ratlosigkeit. „In seinem Zustand ist er sicherlich nicht weit gekommen.“, wimmerte Hermione. Inzwischen hielt der Rotschopf sie im Arm, denn sie weinte. „Hoffentlich geht es ihm gut.“ Mme Pomfrey sah so richtig düster aus. „Harrys Zustand ist kritisch.“, sagte sie ernst. „Er braucht schnellstmöglich Hilfe.“ „Aber wie finden wir ihn?“ Damit standen sie wieder am Anfang des Problems. Niedergeschlagen ließ Sirius die Schultern hängen. Draco seinerseits starrte unentwegt den Punkt an, an dem Harry gerade noch gestanden hatte. Die Auroren hatten jedenfalls genug gesehen. Sie besprachen mit Dumbledore kurz die weitere Vorgehensweise, die Bergung der Leiche und den Suchtrupp, den man jetzt mit den neusten Erkenntnissen nach dem Jungen, der hoffentlich wieder überlebt hatte, aussenden wollte. Es schien Stunden zu dauern, bis der Schulleiter endlich zu den Freunden kam. „Sie werden alles tun, um ihn zu finden.“, leitete er das Gespräch ein. „Gebt die Hoffnung nicht auf.“ Remus lächelte schwach. „Nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass diese Sache schon vier Tage her ist.“ Damit sprach er etwas an. Jeder wusste, dass wenn sie Harry finden würden, damit nicht gesagt war, dass er noch am Leben war. ------------.------------ Hihi. Und, wie hat es euch gefallen? Harrys Kampf, Voldemorts Ende, die Hilflosigkeit der Retter. Schon blöd, wenn man in so ne Situation gerät, nicht wahr? Aber hey, das ist halt so ^^. Zumindest, wenn ich der Autor bin. Okay. Jetzt kommen nur noch zwei Kapitel. Bleibt mir treu bis zum Ende, ok? Unauffindbar ------------ Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 56: Unauffindbar Als sie zurück nach Hogwarts kamen, war Draco nahezu apathisch. Sein Blick ging ins Leere, er versuchte mit aller Konzentration Harry zu spüren, aber da war nichts. Nur Leere, nur Einsamkeit. Er ließ sich von Snape widerstandslos zur Krankenstation zurückbringen und dort aufs Bett setzen, ließ sich von Mme Pomfrey untersuchen, bekam das alles gar nicht mit. Der Kampf, Harrys verzweifeltes Gesicht und der Schmerz in seinem Körper und Geist, sein müdes, hoffnungsvolles Lächeln am Ende, das Flüstern seines Namens, bevor er unauffindbar verschwand - all diese Gedanken wirbelten in seinem Kopf durcheinander, ließen eine klare Struktur kaum zu. Noch dazu saß in seiner Magengegend ein schmerzhaftes Gefühl von lähmender Angst und Verlust. Irgendwann am nächsten Tag kamen Hermione und Ron zu Besuch. Draco saß am Fenster und starrte hinaus in den kalten Regen. Es hatte einen Wärmeschub gegeben und der Schnee draußen war nur noch grauer Matsch. Es passte irgendwie zu seiner Laune. „Draco?“ Er blinzelte zu ihnen, flehende Hoffnung in den grauen Augen. Hermione wurde das Herz schwer. Wortlos hielt sie ihm den Tagespropheten hin - die Banne um Hogwarts waren also letztlich doch noch aufgehoben worden. Noch interessanter war der Titel, der ungewöhnlich still und starr und leblos aussah - offenbar hatte sich die Redaktion noch nicht von ihrer Zerstörung durch die Todesser erholt. Schmerzhaft zog sich sein Herz zusammen. ‚Junge, der lebt, vermisst’, stand dort, darunter ein Bild von Harry. Schwach lächelte Ron, wollte ihn ein wenig aufmuntern. „Es ist ein Aufruf, dass sie nach ihm suchen sollen.“, erklärte er ihm. „In London ist deswegen die Hölle los. Jeder hofft, ihn zu finden. So schaffen wir es bestimmt.“ „Es stehen noch mehr interessante Dinge drin.“, übernahm Hermione mit mulmigem Gefühl. „Sie sagen, dass es sein könnte, dass Harry ein Animagus in Schwalbenform sei. Sie sollen auch nach Vögeln mit gebrochenem Flügel Ausschau halten. Und du, Snape und Harry werden als die Helden in dieser letzten Schlacht gehandelt. Euch soll eine Ehrung zuteil werden und…“ Sie verstummte. Draco hörte ihr nicht zu, starrte teilnahmslos wieder in den Regen. Der Hinweis auf eine Ehrung war ihm derartig gleichgültig, dass es deutlich zeigte, wie hart es ihn getroffen hatte. Früher hatte er immer wie Harry alle Aufmerksamkeit für sich haben wollen, aber nun verkroch er sich in sich selbst. „Ach, Draco!“ Sie handelte im Affekt, als sie den letzten Schritt auf ihn zumachte und ihn in die Arme nahm. „Das wird alles wieder. Harry kommt sicher zurück. Sie finden ihn!“ Draco zog die Mauer aus Gefühlsleere um sich höher. Er wollte kein Mitleid, wollte nur seine Ruhe haben. Mitleid ließ seine Augen brennen, er wollte sich einer Trauer ergeben, die noch nicht fällig war. Harry würde mit Sicherheit zu ihm zurückkommen! Die Stille zog sich und schließlich ließ Hermione ihn los. „Ich lass dir die Zeitung da.“, sagte sie. „Bitte verkriech dich nicht ewig hier. Mme Pomfrey sagt, dass du wieder gesund bist. Komm raus zu uns und lenk dich ein wenig ab. Das verkürzt die Wartezeit.“ Der Blonde nickte nur und Ron zog seine Freundin mit sich. Er konnte Draco verstehen. Wenn er den ihm wichtigsten Menschen verloren hätte und nicht wüsste, was mit ihr war, dann wäre er auch lieber allein - glaubte er. Sie ließen den Slytherin allein, der lange brauchte, um sich dazu durchzuringen, die Zeitung in die Hand zu nehmen und zu lesen. Viel stand da nicht, nur dass ein Dutzend der stärksten Auroren nach Harry suchte und ihn noch nicht gefunden hatte, dass er irgendwo zwischen Durmstrang und London sein sollte und dass sie um Hilfe baten, da der Junge, der lebt, verletzt war und dass ihn zu finden dringend war. In Dracos Augen war allein anhand dieser Tatsache schon alles verloren. Fünf Tage in Harrys Verfassung waren wohl kaum zu überstehen. Emotionskalt überflog er die anderen Artikel. Die Front war mit der Nachricht des Tages bedruckt: ‚Der, dessen Name nicht genannt werden darf, tot!’ Noch immer fürchteten sie sich davor, den Namen auszusprechen oder zu schreiben, als würde ihn das allein wieder zurückrufen. Aber Voldemort war tot. Das war eine Tatsache. Er hatte sich selbst vernichtet und Harry hatte nachgeholfen, indem er seinen Angriff zurückgeschleudert hatte. So hatte es Snape ihm erklärt, als er am Morgen zu ihm gekommen war. Harry war der einzige, von dem er überzeugt gewesen war, dass er nicht töten konnte. Und gleichzeitig hatte da ein Schmerz, eine Trauer in dem grünen Blick gelegen, dass Draco wusste, dass es wirklich sein letzter Ausweg gewesen war. Die zweite Seite und die dritte enthielten einen detaillierten Bericht darüber, was passiert war. Es war alles furchtbar aufgebauscht und überdramatisiert. Wer zum Teufel hatte das geschrieben? Ihm war der Name bekannt. Rita Skeeta hatte den Krieg dummerweise überlebt. Dann kam Harrys Vermisstenaufruf, einige Seiten mit Allgemeinheiten, wie die Planung und der Wiederaufbau des Ministeriums und Askabans und noch mehr nutzlose Informationen. Und schließlich der Aufruf für eine öffentliche Ehrung, bei der einige Dinge klar gestellt werden sollten. Draco legte die Zeitung beiseite. Er hatte keine Lust auf so einen Terz. Ganz und gar nicht. Nicht ohne Harry. Als Mme Pomfrey kam, um ihm etwas zu Essen zu bringen, starrte er wieder aus dem Fenster, als hätte er sich nie bewegt. Zwei Tage später wurde er der Krankenstation verwiesen. Die Medihexe war der Meinung, dass er auf andere Gedanken kommen sollte, und zwang ihn zum Frühstück in die Große Halle. Nie hätte Draco gedacht, dass es so nervig war, Aufmerksamkeit zu bekommen. Er hatte die Halle noch nicht ganz betreten, da brandete Jubel hoch, es wurde geklatscht und geflüstert und mit dem Finger auf ihn gezeigt und am liebsten wäre Draco einfach umgedreht und wieder gegangen, doch Poppy schob ihn vorwärts. Sofort waren Pansy und Blaise bei ihm, fielen ihm um den Hals und lachten. „Du bist wieder gesund!“ Pansy drückte ihn fest, während Blaise seine Hand nahm und strahlte. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“ „Los, komm, du musst dich zu uns setzen!“ Und schon zogen die beiden Mädchen ihn mit sich. Es wäre besser gewesen, hätte er sich losgerissen und wäre weggelaufen, denn die Stimmung am Slytherintisch war die Hölle. Zwei Fraktionen saßen sich mehr oder minder gegenüber, die eine begrüßte ihn wie einen Helden, die andere maß ihn mit bösen, hasserfüllten Blicken. „Der Verräter ist wieder da.“, begrüßte ihn Smith und es war deutlich, dass er ihn am liebsten umbringen würde. „Hat es Spaß gemacht, unsere Eltern anzugreifen? Ihre Schreie zu hören, als das Schloss zusammengebrochen ist?“ Draco wandte sich ab. Er hasste Rita Skeeter. Sie war es gewesen, die diesen Artikel am zweiten Tag des neuen Tagespropheten verfasst hatte. Auch hatte dort gestanden, dass die überlebenden Todesser mysteriöserweise keine Magie mehr in sich hatten, dass sie unerklärlicherweise zu Squibs geworden waren, was ihre Flucht mit Sicherheit erschwert hatte. „Draco war verletzt!“, empörte sich Blaise wütend, doch Draco zog sie weiter. Sie waren egal, nicht wichtig. Kikuileh auf seiner Schulter wetterte zwar auch gegen den Jungen und seine Freunde, doch er konnte nicht verstehen, was sie sagte und hatte auch nicht die Kraft, sie zu beruhigen. Sein Quidditch-Kapitän begrüßte ihn mit einem mitleidigen Lächeln. „Mach dir nichts draus. Sie wissen nicht, wovon sie reden.“ Wortlos nickend begann Draco zu essen, während Fragen auf ihn niederprasselten, die er nicht beantworten wollte. Sie hatten sich doch eh längst eine Meinung gebildet. „Du warst doch mit Potter drüben, oder?“, kam irgendwann die Frage, die wohl viele interessierte. „Hast du gesehen, wie er gekämpft hat? Weißt du, was mit ihm passiert ist?“ „Der Dunkle Lord hat ihn umgebracht!“, kam die überzeugte Antwort von einem Slytherin. Das war zuviel. Draco schlug mit den Händen auf den Tisch und stand auf. „Harry ist nicht tot.“, deklarierte er bissig, dann stieg er über die Bank und rauschte aus der Großen Halle. Ihm war der Appetit vergangen. Langsam verstand er, was Harry die letzten Jahre durchgemacht hatte. Aus dem Neid über seine Berühmtheit war Mitleid geworden. Es war einfach nervenaufreibend. Er konnte darauf verzichten. Als er merkte, dass er gar nicht wusste, wohin er lief, blieb er ratlos stehen. Er fühlte sich hilflos und missverstanden, spürte die Einsamkeit stärker denn je an sich zerren. Ihm war zum Heulen zumute. Er wollte mit jemandem sprechen, der verstand, was in ihm tobte. Aber da war niemand. Keiner hatte wie er erleben müssen, dass sich der Geliebte für einen opferte. Harry hätte mit Sicherheit überlebt, hätte er jenen Trank nicht ihm gegeben. Aber er war ja eigentlich gar nicht tot, nicht wahr? Er hatte versprochen, dass er zu ihm zurückkam. Zurück zu dem Ort, an dem sie sich das erste Mal wirklich getroffen hatten. Das Zimmer in den Kerkern. Dort musste er hin. Dort würde Harry ihn suchen, also musste er dort auf ihn warten! Aber noch bevor er das Zimmer in dem schmalen, schmuddeligen Flur erreichte, wusste er, dass Harry noch nicht dort war. Er spürte es ganz deutlich. Hoffnungslos blieb er stehen, blickte in das Halbdunkel, an dessen Ende die hölzerne Tür war. Er hatte Angst davor, in diesem Raum zu sein und Harry dort nicht vorzufinden, alleine dort zu sein. Das würde er jetzt einfach nicht ertragen. Vielleicht ging er besser zu Salazar. Der war auch allein, nachdem Godric gestorben war. Und er musste es ja auch noch erfahren. Kikuileh freute sich, dass er diesen Weg einschlug. Mit schweren Schritten stieg er die Wendeltreppe hinauf. Wie immer dauerte es lange und heute zehrte es besonders an seinen Kräften. Nicht körperlich, sondern mental. Als er letztendlich oben ankam, war der größte Teil der schützenden Mauer um ihn herum weggebröckelt. Er fühlte sich elend und zum Heulen zumute. Langsam kletterte er die Leiter hinauf und drückte die Luke auf. Salazar erwartete ihn und er wurde von einem ganzen Schwarm der kleinen Feen begrüßt, stürmisch wie immer. „Ich hab es schon gehört.“, begann Salazar und zog ihn aus der Öffnung. Fest nahm er ihn in die Arme, ließ damit noch einen großen Teil der mentalen Mauern Dracos zusammenbrechen. „Ihr habt gewonnen, aber Harry ist weg.“ Draco nickte, blinzelte und ging auf Distanz. „Aber er ist noch am Leben!“, erklärte er nachdrücklich, wenngleich seine Stimme nicht mehr ganz fest war. Lächelnd erwiderte Salazar: „Ich habe den Feen aufgetragen, nach ihm Ausschau zu halten.“ Wieder nickte Draco, dann blickte er zu Boden. Er wünschte, er müsste Salazar nicht sagen, was passiert war, aber es war doch nur fair, oder? „Godric ist weg.“, murmelte er und presste sekundenlang die Lippen aufeinander und die Augen zu, um sich innerlich auf seine nächsten Worte vorzubereiten. „Er hat sich für mich geopfert.“ Salazars Lächeln wurde breiter, richtiggehend froh. „Er hat es also tatsächlich geschafft.“ Sachte hob er die Hand und legte sie dem Jungen auf die Schulter. „Er hatte dich sehr gern. Und du hast ihm die Möglichkeit gegeben, den Fluch zu brechen, den Rowina über ihn gelegt hat.“ Die tröstenden Worte halfen nicht. Draco hatte das Gefühl, Schuld zu sein, dass Salazar jetzt so allein war wie er. „Und was wird jetzt aus dir?“ In seiner Kehle saß ein dicker Klos. „Ich war nie Teil des Fluches. Ich bin frei und kann ihm folgen.“ Seine Hand strich über Dracos Wange. „Es war schön, dich kennen gelernt zu haben. Du bist ein Prachtexemplar von wahrem Slytheringeist. Immer treu und aufrecht.“ Und mit diesen Worten verschwamm er genau wie Godric in einem Nebel von zarten Farben. Im gleichen Moment und von dem Punkt ausgehend, an dem der Mann eben noch gestanden hatte, breitete sich die Zeit in dem Raum aus und griff in die ihr vorbestimmten Fugen. Farben verblassten, Staub legte sich zentimeterdick über die Möbel und den Boden, Bettzeug, Vorhänge und Polster bekamen Risse und hingen in Fetzen, sachte im Wind wehend, der durch kaputte Fensterscheiben zog, bis selbst sie zu Staub zerfallen waren. Es gab Draco den Rest. Er brach in die Knie, schrie auf und kauerte sich ganz klein zusammen. Es war zuviel. Es war einfach längst zu viel. Warum verschwanden sie alle? Warum ließen sie ihn alleine? Er wollte nicht alleine sein! Er wollte nicht ständig jeden verlieren, der ihm Hilfe versprach, den er mochte! Er wollte nicht ständig schuld daran sein, dass jemand starb! Die Mauer brach. Die Welle an Gefühlen, die sich in ihm aufgestaut hatte und von dieser Mauer aus seinem Bewusstsein ferngehalten worden war, stürzte erbarmungslos auf ihn ein. Sie ließ die Trauer seinen Körper überfluten, floss in Form von Tränen aus seinen Augen. Er ließ sich gehen, schrie aus sich heraus, was in ihm brodelte, und rief nach Harry. Er rief ihn aus ganzem Herzen, mit all der Verzweiflung, die ihn zu ertränken drohte. Er wartete, hoffte mit jeder Faser seines Körpers auf eine Antwort, die nicht kam. Danach weinte er still, lag im Staub, die Knie an den Körper gezogen, bis selbst die Tränen versiegten und sich vollkommene Leere in ihm ausbreitete. Und die ganze Zeit über wichen die Feen nicht von seiner Seite. Stunden später wanderte er die Wendeltreppe wieder hinunter. Langsam und Schritt für Schritt. An seinem Zauberstab leuchtete der Lumos, denn mit dem Fluch waren auch die Kerzen und die Silberranken gegangen. Der Turm war tot. Selbst die kleinen Feen waren nach und nach verschwunden, nur noch drei klammerten sich jetzt an ihn. Eine von ihnen war Kikuileh, die anderen beiden hatten sich wie sie geweigert, ihn allein zu lassen. Rot, lila und blau boten sie ein hübsches Bild und zauberten ein schwaches Lächeln auf Dracos Lippen. Es tat gut zu wissen, dass sie da waren. Er musste ihnen nichts erklären oder sein Gesicht vor ihnen wahren. Sie waren einfach nur da und spendeten Trost. Die Treppe endete und vor ihm erschien die Mauer mit dem Bild der Schlange und des Löwen. Es war verblasst und stellenweise unkenntlich, aber just in diesem Moment, im Licht des Lumos’, wirkten sie, als würden sie tanzen, friedlich und vollkommen harmonisch. Es brachte ihn wieder zum Lächeln, denn es erinnerte ihn an die Frage Harrys, die er ihm gestellt hatte, als er ihm das Bild beschrieben hatte: „Bist du sicher, dass sie kämpfen?“ Harry hatte von Anfang an nicht glauben wollen, dass sie gegeneinander waren, jetzt gab Draco ihm Recht. Eine der Feen sachte kraulend trat er durch die Wand, vorsichtig fühlend, ob es überhaupt noch ging. Er war regelrecht erleichtert, als er hindurch war. Und verharrte plötzlich im Schritt, als direkt vor ihm Snape aus den Schatten einer Wand trat. Der Giftmischer maß ihn mit dunklen, unlesbaren Augen. Draco wollte gar nicht wissen, wie er ihn gefunden hatte oder wie lange er dort schon wartete. Dann richteten sich die schwarzen Augen auf die Backsteinwand, er trat vor und drückte mit einer Hand dagegen. „Der Turm, den es nicht gibt. Ist das richtig?“, fragte er und seine Stimme klang in der Stille des Ganges unangenehm laut. Draco zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich schon.“ „Wie kommt es, dass du die Mauer durchtreten kannst?“ „Das Siegel lässt nur Slytherins oder Gryffindors hindurch, die aufrichtige Liebe für das andere Haus oder einen Menschen daraus empfinden.“ Obwohl es sie auch schon durchgelassen hatte, bevor sie sich ineinander verliebt hatten. Oder hatte es schon damals ein tieferes Band zwischen ihnen gegeben und sie hatten es nur nicht bemerkt? Snape nickte nachdenklich. „Aber es bringt auch nichts mehr, hineinzuwollen. Der Turm ist leer.“ Dracos Stimme schwankte und wurde flach. „Seine Bewohner sind alle tot oder fort gegangen.“ „Tot?“ Draco senkte den Kopf, blickte zur Seite. Und Snape fragte nicht weiter. „Du hast heute den Unterricht geschwänzt.“, erklärte er ihm stattdessen den Sachverhalt, wegen dem er eigentlich gekommen war. Ein Schulterzucken zeigte ihm, wie egal es Draco war, ob er eine Strafe erhalten würde oder nicht. „Gibt es Neuigkeiten?“ Der graue Blick maß ihn wieder, doch Snape verneinte. „Gibt es nicht.“, dann seufzte er. „Es ist Schlafenszeit, Draco. Du solltest ins Bett gehen.“ Vielleicht sollte er das. Er hatte Kopfschmerzen, seine Augen brannten und wahrscheinlich sah er furchtbar aus. Aber er hatte Angst davor, die Augen zu schließen, denn dann kamen Träume, die er nicht haben wollte. „Aber so kannst du dich nicht zeigen.“ Ein Zauber traf ihn und Draco ahnte, dass Snape zumindest die Spuren der Heulerei entfernt hatte. Dass er nicht selbst daran gedacht hatte, dieses Problem mit Magie zu lösen… „Mit deinem Statement heute beim Frühstück hast du heftige Debatten ausgelöst. Du hast deinen Standpunkt klar gemacht und deinen Schwachpunkt preisgegeben. Rechne mit Schwierigkeiten, wenn du auf deine Hauskameraden triffst.“ Eine Warnung, aber das war klar gewesen. So etwas sagte man nicht ohne Konsequenzen, solange man ein Slytherin war. Man stellte sich nicht auf die Seite der Feinde und man verriet den Freunden nicht die eigenen Schwächen. Er hatte diese Regeln gebrochen. „Es ist mir egal.“, sagte er leise. „Sie interessieren mich nicht.“ Snape nickte, dann wies er ihm den Weg. Er hatte Dracos hoffnungsvollen Blick in Richtung des einsamen Ganges sehr wohl gesehen, aber noch würde er es nicht zulassen, dass der Blonde sich absonderte. Kurz bevor sie den Gemeinschaftsraum erreichten, merkte der schwarzhaarige Lehrer beiläufig an: „Wenn du Ablenkung brauchst, komm zu mir. Dein Talent kann man sinnvoll fördern.“ Draco lächelte schwach. „Danke.“, antwortete er, das Angebot wirklich schätzend. Vielleicht würde er es annehmen. „Gute Nacht.“ Und damit trat er durch die nasse Wand in den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Doch anstatt die freie Zeit in den nächsten Tagen bei Snape zu verbringen, nutzte er sie für genau zwei Dinge: Er versteckte sich vor den Slytherins und suchte in der Bibliothek nach Aufspürzaubern. Von Sirius hatte er erfahren, dass Harry den Ring, den er ihm geschenkt hatte, niemals abnahm, so müsste er doch eigentlich zu finden sein. Doch seine bisherigen Aufspürzauber waren nutzlos und so fahndete er nach stärkeren. Den Rest der Zeit verbrachte er in seinem kleinen Raum. Dort saß er am Fenster und starrte hinaus, wartete, Harrys Tarnumhang, den er dank Sirius’ Einverständnis von Snape bekommen hatte, um sich gelegt. Bis Ron und Hermione ihn dort aufstöberten und ihm dann immer mal wieder Gesellschaft leisteten. Hermione pochte darauf, dass sie begannen, für die Prüfungen im Sommer zu lernen und Draco willigte dankbar ein. Er schätzte ihre Ernsthaftigkeit, mit der sie schulische Angelegenheiten zu erledigen pflegte, auch wenn er das so nie zugeben würde. Und mit der Zeit schätzte er auch die stille Art der beiden, einfach nur bei ihm zu sein, ohne ihn ständig trösten oder in ihre Gespräche mit einbinden zu wollen. Wie Kikuileh und ihre Freunde waren sie einfach nur da, während Blaise und Pansy und auch einige andere immerzu auf ihn einredeten und ihn zwingend ablenken wollten. Draco zog sich von seinen Leuten zurück. Als er die Bibliothek erfolglos durchforstet hatte, suchte er Snape auf, um Ablenkung zu finden, weil kaum ein anderer ihn freiwillig aufsuchte. Snape war ein guter Schutzschild gegen Schüler. Zwei Wochen später wurde er gebeten, wieder am Quidditch-Training teilzunehmen, da einige Spiele noch ausstanden. Er hatte vor, abzulehnen, aber da schob Ron einen Riegel vor, der ihn, als er das hörte, auslachte und meinte, dass er dann sicherlich nicht mehr gegen Harry gewinnen würde, wenn dieser wieder auftauchte. So erklärte er sich bereit zu spielen und nahm zweimal die Woche an den Trainingseinheiten teil, doch Slytherins Chancen standen schlecht. Die Diskrepanzen zwischen den Spielern waren nicht gerade förderlich für ein harmonisches Spiel. Und dann kam der Tag der Ehrung. Es war, in Dracos Augen, eine Farce. Viel zu viele Menschen, die jubelnd und lachend mit bunten Girlanden und Konfetti ein Straßenfest daraus machten, viel zu viel Gerede über uninteressante Themen. Das Ministerium stellte seine neuen Abgeordneten vor, Askaban suchte noch immer Leute, die beim Aufbau halfen, eine neue Verwaltung magischer Angelegenheiten, die nach und nach geordnet werden sollte, laber hier, Rhabarber dort. Und die ganze Zeit über saß er stoisch neben Snape, Sirius und Dumbledore in der Kälte des Februars und wünschte sich weit fort. Dann wurde Sirius nach vorne gebeten und laut verkündet, dass eindeutige Befunde beweisen würden, dass er nicht Pettigrews Mörder sei, da man dessen Leiche jüngst an der Seite des Unnennbaren gefunden hatte. Dumbledore bestätigte dann noch einmal, dass Pettigrew der Geheimnishüter der Potters gewesen war, damit wurde Sirius Black wieder in der Zaubererwelt akzeptiert, obwohl es nicht so aussah, als würde er sich darüber freuen. Die dunklen Ringe unter seinen Augen ließen ihn einfach nur müde erscheinen. Wieder wurde von den Ereignissen berichtet, die sich in Durmstrang zugetragen hatten, ein Auror, dessen Name Draco gleich wieder entfiel, erzählte von dem, was sich in der Halle der russischen Schule abgespielt hatte, und der blonde Junge schaltete ab. Das brauchte er nun wirklich nicht noch einmal hören. Schon gar nicht in dieser übertreibenden Art. Letztlich stand der neue Minister Rufus Scrimgeour auf und stellte sich wieder ans Mikrofon. Es war auf diese Weise gelöst worden, damit nicht jeder der zahlreichen Sprecher, seine Stimme verzaubern musste. „So kommen wir nun an den Punkt, da die Helden dieses letzten Kampfes geehrt werden sollen. Doch zunächst muss ich Ihnen allen eine traurige Mitteilung machen. Es ist nun fünfzig Tage her, dass Harry Potter nach seinem großen Kampf gegen den Unnennbaren unauffindbar verschwand. Tausende von Menschen haben nach ihm gesucht, doch den entmutigenden Umständen entsprechend haben wir uns dazu entschlossen, seiner Seele Frieden zu gönnen. Von mehrfacher Seite wurde uns bestätigt, dass in seinem Zustand ein Überleben ohne medizinische Hilfe über so einen langen Zeitraum nicht möglich ist.“ Unten in der Masse wurde es laut. Protest wurde geschrieen, man wollte den Jungen, der lebt, nicht aufgeben. Aufgeben käme Lähmung gleich und wäre Verrat an Harry Potter! Doch der Minister wartete nur geduldig, bis der Lärm abebbte, bevor er weiter sprach. „Auch ich bin betrübt über diesen Sachverhalt, doch bin ich der Meinung, dass man Harry Potter die ihm gebührende Ehre zuteil werden lassen sollte. Lasst uns seiner gedenken!“ Und während die Zuschauer ihre Augen schlossen und in Schweigen verfielen, saß Draco nur starr auf seinem Stuhl und starrte geschockt ins Leere. Harry war offiziell für tot erklärt worden? Warum? Warum gaben sie die Hoffnung auf? Immerhin war es doch Harry Potter! Der Junge, der den Avada überlebt hatte. Ein Magus mit erstaunlichen Kräften, auch wenn Heilkräfte da ausgespart waren. Er war ihr Retter, der fünfzehn Jahre seines Lebens nur für sie geopfert hatte, und da gaben sie ihn schon nach sieben Wochen auf? Ihm wurde eine Hand auf den Arm gelegt und er sah auf. Snape. Seine schwarzen Augen waren mahnend, warnten ihn davor, jetzt durchzudrehen, und Draco merkte, dass er vor Wut zitterte. Hinter sich konnte er erkennen, dass auch Sirius bleich geworden war. Vor Wut oder vor Schrecken? Er könnte beides verstehen. Der Mann vor der Menschenmasse redete weiter, nachdem die Schweigeminuten zum Gedenken Harry Potters geendet hatten. Schließlich rief er Draco und Snape zu sich nach vorne. Wie in Trance erhob sich der blonde Junge, blickte ihn an, dann die Menge, die irgendwo zwischen freudiger Ausgelassenheit, Empörung und Trauer stecken geblieben war. Dann straffte er die Schultern, wandte sich ab und stieg die Stufen des Podests hinunter. Ihm war nicht nach feiern. Ihm war auch nicht nach Frohsinn oder dieser Ehrung. „Mr Malfoy, Ihr Or…“ „Behalten Sie’s!“, zischte er, schoss einen bitterbösen Blick zu ihm, dann sah er Snape auf sich zukommen, der offen und ohne irgendwelche Vorbehalte stolz auf ihn herabsah. Er sah Sirius’ Dankbarkeit, während er noch immer mit sich kämpfte, um die Nachricht zu verdauen. Dumbledore schmunzelte sichtlich amüsiert, als hätte er das schon geahnt, und McGonagall und die anderen Lehrer klatschten Applaus. Es machte es Draco leichter. Dann fiel ihm Hermione um den Hals, wisperte Worte des Dankes, bis er sie sachte von sich schob und sie mit zu Ron nahm, der bei den Weasleys stand. Molly weinte. „Das hast du gut gemacht.“, lobte ihn Remus grimmig. „Diese Orks haben echt keinen Anstand!“ Er hatte den Arm um Tonks gelegt, die auch weinte. „Ich will hier weg.“, murmelte Draco leise und Sirius nickte zustimmend. „Lasst uns gehen. Albus wird das schon richten.“, gab er zurück und im nächsten Moment wurde Draco an der Schulter gepackt und Snape disapparierte mit ihm, gefolgt von all jenen, die mit dieser Entscheidung so gar nicht einverstanden waren. Sie ließen einen sprachlosen Minister und jubelnde Zuschauer zurück, die diesen Protest unterstützten. Dumbledore grinste fröhlich. „Sie haben es gehört. Wer die Hoffnung aufgibt, wird letztlich der Verlierer sein.“, sagte er freundlich und mit einem kurzen Nicken verabschiedete auch er sich. Warum sollte er das klären? Sie hatten es verdient, etwas zum Nachdenken vorgeworfen zu bekommen und sich schuldig zu fühlen. „Warum haben Sie den Orden nicht angenommen?“, fragte Draco leise, als sie in dem zerstörten und wieder im Aufbau begriffenen Hogsmeade ankamen. „Sie hätten Respekt erhalten. Von der ganzen Welt.“ Snape starrte auf ihn herab. „Ich mache mir nichts draus.“, sagte er freimütig. „Und Stärke muss unterstützt werden.“ Eine typische Antwort, klar kalkuliert. „Außerdem waren ihre Gesichter einfach nur sehenswert.“ Ein kleines, böses Lächeln umspielte die schmalen Lippen und ließ Draco grinsen. „Danke.“ „Keine Ursache.“ „Glauben Sie auch, dass Harry tot ist?“ „Ich glaube, dass Harry Potter eine Kraft hat, die Unmögliches möglich macht. Ich würde ihn noch nicht abschreiben.“ Draco seufzte leicht. „Danke.“ „Dafür nicht.“, wiederholte Snape. Nach und nach trafen nun auch die anderen Lehrer und die Weasleys ein. „Professor?“ „Was ist, Draco?“ „Haben Sie heute Zeit, mich in den Kerkern zu beaufsichtigen?“ Er wollte sich ablenken, wollte nicht mehr daran denken. „Sicher.“, gab der Zaubertränkelehrer zurück. „Ich hätte sogar eine sehr interessante Aufgabe für dich. Sehr anspruchsvoll.“ Sie verstanden sich. Von Tag zu Tag besser. Die Verweigerung der Ehrenmedaille schlug hohe Wellen. Das Volk der Zauberer war mit Harrys Ableben nicht einverstanden, sie wollten die Hoffnung noch nicht aufgeben und so wurde das Ehrenbegräbnis, das man zu Harrys Ehren plante, verschoben. Doch als der Frühling mit hellen Farben Einzug hielt, begann sich die Stimmung zu ändern. Die Hoffnung schwand und das spiegelte sich auch in Hogwarts wider. Die Themen wandten sich mehr und mehr dem Unterricht und den Quidditch-Meisterschaften zu, Harrys Name wurde in der Vergangenheitsform verwendet. Selbst Ron schien nicht mehr so ganz davon auszugehen, dass er wiederkam, was in einem heftigen, öffentlichen Streit mit Hermione ausartete, bis er sich reumütig entschuldigte. Draco vergrub sich in Hausaufgaben und Prüfungsvorbereitungen, floh inzwischen regelrecht vor Pansy und Blaise, die ihn aus seiner Abgeschiedenheit retten wollten, sich dabei einen Wettstreit lieferten. Es war ihm lästig. Irgendwann rief ihn Dumbledore zu sich und fragte ihn, ob er mit der Vormundschaft von Snape für ihn einverstanden war, damit er in den Ferien nicht irgendein Heim besuchen musste. Seine Mutter war also ebenfalls gestorben. Es tat weh, das zu hören. Aber Draco nickte nur, unterschrieb ein Formular und war ganz froh, dass Snape jetzt nicht auf herzlichen Vater machte. Die Vorstellung war selbst für ihn zu gruselig. Stattdessen blieb ihr Verhältnis wie es war, entspannt und auf Vertrauen basierend. „Draco?“ Der blonde Junge blickte von seinem Buch auf, sah Fred und George auf sich zukommen. „Wir wollen dir etwas geben.“ Kurz wechselten sie einen Blick. „Weil du doch…“ „Wir meinen…“ „Äh… du weißt schon.“ „Ich weiß nicht. Sagt, was ihr zu sagen habt!“ Ungeduld stieg in ihm auf. Er wollte seine Ruhe haben. Und mit diesen beiden wollte er gar nichts zu tun haben. Sie waren ihm nicht geheuer, nicht einschätzbar. Außerdem, das hatte ihm Ron gesagt, wollten sie auch etwas von Harry. „Äh…“ Fred kratzte sich am Kopf. „Weil du doch…“ Hilflos blickte er zu seinem Zwillingsbruder. „Weil du Harrys Freund bist.“, bekam dieser mit einigen Schwierigkeiten über die Lippen, lächelte schwach. „Wir haben es nicht verstanden.“, erklärte er reumütig. „Haben ihn am Anfang nicht verstanden, aber jetzt…“ Ein Achselzucken. „Jetzt hat sich das geändert. Du bist immer so traurig.“ „Und glaubst immer noch an ihn.“ „Dass er zurückkommt.“ „Du hast ihn nicht verraten, obwohl er vielleicht nie wieder kommt.“ „Das hat uns beruhigt.“ Wieder lächelten sie, dann ergriff George wieder das Wort. „Wir waren eifersüchtig.“ Draco nickte langsam. Das wusste er. „Aber wir sind der Meinung, dass du ihn verdient hast.“ „Weil er dir wichtiger ist als Ruhm.“ „Deshalb haben wir gesammelt.“ Fred hielt ihm ein Buch hin. „Es ist einzigartig und es sind alles Originale.“ „Nimm es bitte an.“ „Wir haben uns viel Mühe gegeben, auch wenn gegen Ende kaum noch jemand welche gemacht hat. Davor…“ „Bitte.“ Fred machte noch einen Schritt auf ihn zu und streckte den Arm aus, so dass das Buch jetzt beinahe schon Dracos Hand berührte und dieser nahm es entgegen. Roter Einband aus Stoff, glatt und weich. „Was ist das?“ „Mach es auf.“ Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet. Draco tat, wie ihm geheißen, klappte den Buchdeckel auf. Ein Foto. Von Harry. Wie er auf dem Stuhl saß und den Sprechenden Hut auf dem Kopf hatte. Sein Gesicht war kaum zu sehen und er hielt ganz still, trotz der Zauberermontage, als wäre er vollkommen eingeschüchtert. Die nächste Seite zeigte ihn in der großen Halle, lachend mit Ron und Hermione redend, wild und aufgeregt gestikulierend. „Fotos von Harry…“, wisperte er ergriffen, konnte den Klos nicht aus seiner Stimme verbannen. „Woher…?“ George lächelte, erleichtert. „Wir haben gesammelt. Alle haben geholfen, selbst die Lehrer.“ „Für mich?“ „Du hast viel für uns getan.“, erwiderte Fred. Er freute sich sichtlich, dass die Überraschung gelungen war. „Du hast Harry aufgebaut und ihn begleitet, als er…“ „Ich habe ihm bloß Unglück gebracht.“, unterbrach ihn Draco bitter. „Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte er den Trank für sich gehabt!“ „Das ist nicht wahr!“, intervenierte Fred entrüstet. „Wenn du nicht gewesen wärst, hätte er von Anfang an keine Überlebenschancen gehabt. Du hast es vielleicht nicht gemerkt, aber Harry hatte sich schon aufgegeben! Wegen der Blindheit und weil…“ „…ihm niemand geglaubt hat. Nur wegen dir wollte er überhaupt überleben!“ Draco blickte auf das Buch hinab, wo Harry neben Hagrid herlief. Winzig erschien er neben dem Halbriesen. Kikuileh zeigte mit dem Finger auf das Bild, lief über die Seite und gestikulierte freudig. Die anderen beiden Feen musterten die Zwillinge, doch Draco beachtete sie alle nicht. Er wusste, dass sie Recht hatten. Harry hatte es ihm gesagt. Und er hatte es Voldemort gesagt. Er wollte zu ihm zurückkommen, wollte sein Versprechen einlösen. Das Versprechen, das er ihm gegeben hatte, niemandem sonst. „Danke.“, sagte er ergriffen und sah sich im nächsten Moment von den Zwillingen umarmt. „Du bist in Ordnung.“, stellte Fred fest. „Und wenn du Kummer hast, kannst du jederzeit zu uns kommen. Wir verstehen dich.“ „Besser als jeder andere.“ Davon war auszugehen, schließlich liebten sie den gleichen Jungen. „Ich werde es mir überlegen.“, stimmte Draco zu. Er war gerührt von ihrer Großherzigkeit. Man konnte wirklich viel über die Weasleys sagen, aber in einem glichen sie sich alle: in ihrer unglaublich offnen Freundlichkeit. „Hoffentlich.“, zwinkerte Fred und ließ ihn los. „Lass dich von den Affen in deinem Haus nicht unterkriegen.“, hängte George noch an, dann waren sie beide verschwunden. Draco blickte auf das Album in seinen Händen und lächelte, dann blätterte er es langsam durch. Er hatte längst vergessen, dass er noch immer mitten im Gang stand und die Schüler um ihn herumschwirrten. -----------------..---------------------- Sodala. Jetzt ist es nur noch ein Kapitel, dann ist dieses Monsterprojekt endgültig abgeschlossen. Hat meiner Meinung nach auch lange genug gedauert. Egal, ^^. Hat es euch gefallen? Ich mag die Zwillis. Die sind einfach toll. *sieknuddelt* Frühling -------- Autor: Shirokko Disclaimer: Nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die drei zuletzt erschienen Bände werden nicht berücksichtigt. Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll es nicht lesen oder solcherlei Stellen einfach auslassen! Kapitel 57: Frühling Draco saß still auf seinem Platz im Unterricht für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Inzwischen war es April und draußen regnete es unvermindert. Schon seit Wochen bedeckten graue Wolken den Himmel, weichten mit ihrem ewigen Nieseln den Boden der Ländereien Hogwarts’ auf. Aber das war okay so. Der blonde Junge genoss es den Tropfen zuzusehen, wie sie an den Scheiben herab liefen, sich immer neue Wege suchten. Sie verursachten eine angenehme Leere in seinem Inneren, töteten den dumpfen Schmerz ab, der in ihm schwelte, betäubten seine müden Gedanken. Gestern waren sie endlich damit fertig geworden, die Fallen der Zwillinge und ihrer Helfer abzubauen. Es waren gewitzte gewesen und es hatte viele Opfer gegeben, bevor man mit System vorgegangen war, um dem zweifelhaften Genie der Scherzmeister zu begegnen. Unwillig musste Draco lächeln, als Erinnerungen in ihm aufstiegen, wie Ron plötzlich unter der Decke klebte und dort nicht mehr herunterkam, weil das Zauberkaugummi ungewohnt resistent gewesen war. Oh ja, das war lustig gewesen. Genauso lustig wie der Moment, als der stille Neville schreiend geflohen war, weil die Kristallkugeln der Gruselfliege wie hyperaktive Klatscher ausgerechnet ihn als Ziel auserkoren hatten. Nur war diese angenehme Art der Ablenkung jetzt leider vorbei. „Mr Malfoy!“ Eine Bambusrute knallte vor ihm auf den Tisch und Draco schreckte zusammen, starrte mit aufgerissenen Augen auf den Stock vor seinen Händen. „Ich habe Ihnen schon ein paar Mal gesagt, dass Ihre neu gewonnene Popularität Ihnen keine Sonderrechte einräumt! Hören Sie auf zu träumen und beantworten Sie die Frage!“ Seufzend entspannte sich der Slytherin wieder und blickte den erbosten Professor widerwillig an. Er konnte Raindoom immer noch nicht leiden. Sein Gesicht erinnerte ihn immer daran, wie feige er seine Schüler auf den blinden Harry gehetzt hatte, um ihn bloßzustellen. Außerdem war er für seinen Geschmack immer noch viel zu selbstgefällig. „Wenn ich die Frage gehört hätte, könnte ich es versuchen, aber so…“ Draco zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Fünf Punkte von Slytherin!“, wurde ihm entgegengebellt und Draco konnte ein erneutes Seufzen nicht unterdrücken. „Also wirklich, Mr Malfoy. Sie sind sich Ihrer Position als Vorbild nicht bewusst. Und ich hoffe, Sie erinnern sich, dass ich die Anwesenheit von denen da missbillige!“ Er zeigte pikiert auf Kikuileh und ihre beiden Freunde, die es sich in Dracos Umhangkapuze bequem gemacht hatten. Der Junge hatte sie liebevoll Zick und Zack genannt, weil sie mit Schriftzeichen überfordert waren und er sie einfach nicht verstand, um ihre Namen zu erfahren. „Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass Sie sie aus dem Raum entfernen sollen?“ Eine Augenbraue hebend erwiderte Draco den strengen Blick. „Haben Sie schon mal versucht, einer Fliege zu sagen, sie soll sich vom Essen fernhalten?“ Die drei kleinen Feen begannen zu lachen, dass sie sich die Bäuche halten mussten, und Raindoom verzog missbilligend den Mund. „Der Vergleich war unpassend. Diese Wesen sind ihrem Intellekt entsprechend weit über normalen Stubenfliegen platziert. Ich möchte, dass sie… Mr Malfoy? Was ist mit Ihnen? Geht es Ihnen nicht gut?“ Dracos urplötzlich glasige Augen und sein entgleistes, blasses Gesicht ließen Sorge in seine Eingeweide kriechen. Was war mit dem Jungen? So verhielt er sich doch sonst nicht, wenn er ihn mal wieder zusammenfaltete. Doch der Slytherin zeigte keine Reaktion auf die Verunsicherung des Lehrers. Seine Augen waren groß, er wirkte angespannt und ungläubig, als würde er auf irgendetwas lauschen. Dann durchbrach ein helles, kurzes Klopfen das leise, respektlose Gekicher der Schüler, die sich über den erneuten Disput zwischen Musterschüler und Hasslehrer amüsierten, zog die Aufmerksamkeit vieler auf das Fenster, das jetzt auch von Draco angestarrt wurde. Dort saß, verzerrt durch die Tropfen an der Scheibe erkennbar, ein kleiner Vogel und klopfte erneut. Hell und klar klang es über jegliches Geräusch hinweg. „Wie süß!“, quietschte Lavender Brown entzückt und klatschte in die Hände, um ihre Aussage zu unterstreichen. „Seht doch, er ist ganz nass!“, fügte ihre Freundin mitleidig mit an. „Der Arme.“ „Und er ist völlig struppig.“, lachte Pansy, die neben Draco saß und sich ein wenig vorlehnte, um ihn überhaupt sehen zu können. Weitere Worte blieben ihr im Hals stecken, da Draco auf einmal wieder zum Leben erwachte. Zittrig und hastig, die Augen nicht von dem kleinen Vögelchen lassend, tastete er sich durch die Bankreihe, ignorierte das empörte Luftholen des Lehrers, als er sein Tintenfass vom Tisch wischte und es zu Bruch ging, und fand seinen Weg zum Fenster, hinter dem die Schwalbe aufgehört hatte zu klopfen. Aufmerksam, das Köpfchen schief gelegt und immer wieder hin und her ruckend, wartete sie auf ihn. Die Zeit schien sich zu dehnen, Dracos Zauberstab bewegte sich, ein Alohomora öffnete den Riegel des Fensters und Draco zog es auf. Wasser spritzte, als der Vogel sich schüttelte und auf ihn zuhüpfte, kleine Flügel breiteten sich aus, dann war der Vogel in der Luft. Wie ein Blitz schoss er auf den blonden Jungen zu, umflog seinen Kopf, so schnell, dass dieser ihm mit den Augen kaum nachkam, und landete schließlich mit einem schrillen Ruf auf Dracos reflexartig gehobenen Fingerspitzen. Auf den blassen Lippen erschien ein breites Lächeln, die grauen Augen glänzten verdächtig. „Du bist wieder da.“, hauchte Draco ergriffen, überwältigt von der zuvor nicht bemerkten Präsens. Im nächsten Augenblick lag Harry in seinen Armen, tropfend vom Regen, die Arme um seinen Hals geschlungen, ihn fest an sich pressend, sprachlos vor lauter Glück im Herzen. Noch immer trug der Schwarzhaarige die abgerissenen, verkohlten Kleider, die er bei seinem Kampf gegen Voldemort getragen hatte. An Unterricht war nicht mehr zu denken. Harrys Erscheinen löste eine Welle an Aufregung aus. Erstaunen, Freude, Sprachlosigkeit, die Umarmung der beiden einstigen Feinde gab den meisten den Rest, ließ Verwirrung und Diskussionen aufbranden, dann übertönte ein befreites, helles Lachen den Tumult und Hermione und Ron schlossen sich jubelnd der Umarmung an. Die Starre der Schüler war damit gebrochen und während alle durcheinander rannten und schrieen, ging Raindooms um Ruhe bittende Stimme in dem Chaos unter. Letztendlich gab er sich geschlagen. Harry Potter war zurück, war augenscheinlich unverletzt und tatsächlich ein Animagus, wie man es schon behauptet hatte, Draco Malfoy umarmte seinen Feind und wollte ihn offenbar auch nicht mehr loslassen, Harry Potter war freiwillig und zuallererst zu Draco Malfoy geflogen - das alles war doch ein wenig zu viel für ihn allein. Zum zweiten Mal in seiner doch recht kurzen Hogwarts-Lehrer-Laufbahn flüchtete Professor Raindoom aus dem Klassenraum, um sich Hilfe zu suchen. Zu seinem Erstaunen kam ihm diese schon auf dem Flur in Form Dumbledores entgegen. Der alte Schulleiter lächelte dem aufgelösten Mann amüsiert entgegen. „Also ist Harry tatsächlich wieder da.“, nahm er ihm fröhlich jegliche Erklärungsnot. Raindoom nickte nur und blieb stehen, während Dumbledore eilig an ihm vorbei schritt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sein Unverständnis und die Verwirrung, warum der weißhaarige Mann von Harrys Ankunft wusste, zu verbergen und ihm zu folgen. Vielleicht erfuhr er dann auch endlich, was hier vor sich ging. Die beiden Lehrer hatten die Klassentür gerade erreicht, da sprang diese auf und eine aufgeregte Parvati Patil stolperte gegen Dumbledore. Leicht verwirrt sah sie auf und errötete. „Professor, es tut mir leid, ich… Ich wollte…“ „Ich denke, sie wollen die frohe Kunde an Ihre Schwester weiterleiten, nicht wahr?“, half er ihr mit einem Augenzwinkern auf die Sprünge, dann wurde sein Lächeln milder. „Ich denke, es ist nicht zu viel verlang, damit bis zur Pause zu warten, damit wenigstens die anderen Klassen ihren Unterricht in Ruhe beenden können.“, beschloss er und schob sie wieder in den Raum zurück. Es würde am Nachmittag wohl sowieso keiner mehr stattfinden. In der Klasse herrschte ein heilloses Tohuwabohu. Ein paar der Schüler sangen eines der Lieder, die sie über Harry Potter gedichtet hatten, um ihm ihre Bewunderung zu zeigen, jeder wollte ihn anfassen und beglückwünschen, jeder wollte ihn sehen und alle stellten sie Fragen, schrieen, um die anderen zu übertönen, während halbherzig missmutige Einwürfe von einigen Slytherins eine lasche Gegenstimme bildeten. Und irgendwo dazwischen blitzten ein blonder, ein schwarzer und ein roter Haarschopf auf und verschwanden dann wieder im Chaos. Dumbledore lachte leise, dann zwinkerte er Hermione zu, die etwas abseits an der Wand lehnte und sich Freudentränen aus dem Gesicht wischte, zog seinen Zauberstab und wirkte einen Verstärkungszauber auf seine Kehle. Ein kurzes Räuspern, ein Luftholen, dann: „Halt!“ Der Ruf zerriss den Lärm und alles versank tatsächlich in erschrockener Reglosigkeit. „Was ist hier los?“, fragte der weißhaarige Mann gespielt streng. Geistesgegenwärtig hatte er seine Stimme wieder auf Normalmaß heruntergeregelt. Eine leise, schüchterne Stimme meldete sich zu Wort, hörbar um Ernsthaftigkeit bemüht. „Ich bin wieder da, Professor.“ Und aus der Masse an Leibern reckte sich eine weiße, schmale Hand und winkte. Lächelnd schritt Dumbledore auf Harry zu, die Schüler machten eilig Platz. „Ich weiß.“, gab er freundlich und ganz und gar nicht mehr streng zurück. „Ich habe es gespürt, als du die Banne durchflogen hast. Willkommen zurück. Es ist wirklich schön zu sehen, dass du wohlauf bist. Was macht dein Arm?“ „Verheilt.“, war Harrys Antwort und er bewies es, indem er Dumbledores ausgestreckte Hand ergriff und schüttelte. Mit der Linken hielt er stur Draco fest, deutlich machend, wohin er gehört und dass er dort zu bleiben gedachte. „Das ist wirklich erfreulich.“, lächelte der Schulleiter, mit Freuden bemerkend, dass selbst die grünen Augen klar und die Pupillen vorhanden waren. „Dann brauchst du eigentlich nur noch deinen Zauberstab zurück, um wieder ein kompletter Schüler dieser Schule zu sein, nicht wahr?“ „Sie haben ihn gefunden?“, fragte Harry hoffnungsvoll. „Ich war mir wirklich nicht sicher, wo ich ihn verloren habe.“ Er strahlte. Wann hatte dieser Junge das letzte Mal so glücklich ausgesehen? „Dann schlage ich vor, du folgst mir und ich gebe ihn dir zurück. Merlin, Junge, wo bist du nur gewesen?“ Schon setzte Harry zu einer Antwort an, da hob Dumbledore lachend die Hand. „Warte, noch nicht. Zuerst wirst du die Krankenstation besuchen. Nein, keine Widerrede, du bist klatschnass und du brauchst neue Kleider. Ich bin sicher, da kann Mr Malfoy kurzfristig aushelfen. Danach kannst du zu mir kommen und wir reden. Einverstanden?“ Harry konnte nur nicken, denn das Protestgeschrei der Schüler war ohrenbetäubend. Ihr Held war wieder da und war bereit, die Geschichte seiner Heldentat zu erzählen, da konnte Dumbledore ihn doch nicht einfach entführen! Aber sie hatten keine Chance, denn niemand wollte sich wirklich mit dem Schulleiter anlegen und niemand konnte Dracos eisigem Blick etwas entgegensetzen, als dieser Harry hinausschob. „Ron, Mione, kommt ihr?“ Harry war an der Türschwelle stehen geblieben und blickte zu ihnen zurück. Er ahnte schon, dass er die Geschichte würde erzählen müssen, und seine Freunde hatten es verdient, sie aus erster Hand zu erfahren. Die Dankbarkeit auf ihren Gesichtern, als die beiden Gryffindors ihnen folgten, brachte ihn zum Grinsen. „Was ist? Dachtet ihr, ich lass euch da?“ „Wir wollten nicht stören.“, gab Hermione mit einem schüchternen Blick zu und brachte Draco damit zum Lachen. „Ihr glaubt, dass wir jetzt Zeit für uns haben?“, wollte er trocken wissen. „Wohl nicht vor heute Abend.“, führte Harry den Gedanken kichernd zu Ende. Ein kurzer Blick zu Draco besiegelte das Versprechen. Eine Stunde später saßen die vier Schüler in Dumbledores Büro und mit ihnen Remus, Sirius, Tonks, Mme Pomfrey, Snape und McGonagall. Für Harrys Geschmack waren es ein wenig zu viele Leute, aber andererseits standen sie in seinem Ermessen alle auf der Stufe der Freundschaft und hatten damit eine Berechtigung da zu sein. Das Wiedersehen mit seinem Paten, Remus und Tonks war so herzergreifend gewesen, dass Tonks sogar geweint hatte. Dobby hatte auch geweint und ein großes kariertes Taschentuch komplett nass geschnupft und Sirius hatte ihn kaum loslassen wollen. Harry konnte es verstehen. Er hatte James verloren. Der Gedanke, dass er glauben musste, dessen Sohn sei jetzt ebenfalls tot und er hätte in seiner Beschützerfunktion erneut versagt, musste unerträglich gewesen sein. Und dann sollte er erzählen, was passiert war und warum er erst jetzt kam. Er lächelte, wurde sogar rot vor Verlegenheit. „Ist nicht so spektakulär.“, begann er einleitend, klammerte sich schüchtern an seine von Dumbledore spendierte Kakaotasse. Wie lange hatte er nicht mehr so etwas Gutes getrunken? „Ich war ohnmächtig, habe das Apparieren offenbar nicht geschafft. Und als ich wieder aufgewacht bin, war ich in einem Käfig.“ „Käfig?“, hakte Remus ungläubig nach, erleichtert darüber, dass Harry sich bei der Missglückten Apparation nicht zersplintert hatte. Jedem anderen wäre das mit Sicherheit passiert. „Ja, so ein Vogelkäfig. Ein Mädchen hat mich gefunden und mich zu einer Frau gebracht, die verletzte Vögel aufpäppelt.“ Er grinste. „Die hat meinen Flügel richten lassen und hatte Geduld mit mir, als ich getobt habe, um aus dem Käfig zu kommen. Bah, ich kann das Insektenzeug nicht mehr sehen!“ „Warum hast du dich nicht zurückverwandelt?“, warf Sirius ein. Er musste bei der Vorstellung von einem tobenden Harry, der keine Fliege essen wollte, ein Grinsen unterdrücken. „Du hättest ihr erklären können, dass du nach Hause musst. Wir haben auf dich gewartet!“ „Das habe ich ja versucht, aber zuerst ging es nicht. Es war, als wäre meine Magie komplett blockiert, ich weiß auch nicht… Und später hat der Verband gestört, hat weh getan, sobald ich es versucht habe... Außerdem war der Käfig zu klein.“ „Du musstest also warten, bis dein Flügel wieder verheilt war. Hat ziemlich lange gedauert.“, stellte Hermione fest. „Du warst über drei Monate weg.“ „So lange?“ Harry war betroffen. „Warum? So lange kam es mir gar nicht vor.“ „Vielleicht lag es daran, dass man als Tier kein Gefühl für Zeit hat.“, schlug Remus freundlich vor. „Oder es lag daran, dass er seine überstrapazierte Energie ohne einen helfenden Trank wieder regenerieren musste.“, warf Poppy Pomfrey ernst ein. Sie hatte Harry untersucht und Narben in seiner magischen Signatur gefunden, die von der schwarzen Energie seines Kontrahenten verursacht worden waren und ihr Sorgen bereiteten. In wie weit sich das auf seine Zauberkünste auswirkte, würde sich zeigen. Sirius winkte ab. „Mach dir jetzt keine Gedanken. Du bist schließlich zurück und wieder gesund. Also hat die Frau gut für dich gesorgt?“ „Das Mädchen, Mary heißt sie, auch. Sie ist jeden Tag gekommen.“ Er lächelte. „Sie hat gesagt, dass sie sich für mich verantwortlich fühlt, und sie hatte eine Menge Spaß dabei, mich zu füttern.“, fügte er naserümpfend hinzu. „Und dann bist du her geflogen?“ „So gut wie, aber…“ Und er begann zu strahlen. „Stellt euch vor: In dem Käfig neben meinem war Hedwig! Und ich konnte sie doch nicht da lassen, also bin ich als Mensch noch einmal hin und habe sie abgeholt. Die Frau wollte sie mir gar nicht geben und ich musste ihr erst beweisen, dass sie mir gehört…“ Wieder lachte er, klang fröhlich, ausgelassen. „Hedwig war ganz böse, weil sie die ganze Zeit eingesperrt war, aber die Frau meinte, sie wäre verletzt gewesen und dann wäre der Winter gekommen und dann hätte sie wegen einer Schwalbe so rumgesponnen.“ „Und wo ist sie jetzt?“, unterbrach ihn Hermione. „Tja, sie wollte unbedingt selbst fliegen, also wird sie wohl später kommen.“ Er rollte mit den Augen und Ron und das braun gelockte Mädchen lachten. „Stures Vieh.“ „Aber sie lebt!“, freute sich Ron, strahlte ebenfalls bis über beide Ohren. „Und du auch. Ganz ehrlich, Mann, du hast mehr Glück als Verstand!“ „Da spricht er wahre Worte.“ Mme Pomfrey rümpfte die Nase. „Sie hätten gar nicht…“ „Es ist alles gut geworden.“, unterbrach Harry sie ernst. „Ich bin gesund und Glück gehört zum Leben.“ Es verschlug ihr die Sprache und brachte alle anderen zum Lachen. Tonks knuddelte Ron durch, der neben ihr saß und küsste Remus auf die Wange und Snape machte ein Gesicht, dass eindeutig zeigte, dass er sich der Logik dieses Jungen geschlagen gab. „Was ist mit deiner Magie geworden?“, wechselte schließlich Dumbledore das Thema. Er hatte Mme Pomfreys Diagnose gehört und wollte wissen, was Harry davon bemerkte. Zum Glück hatte sich seine Befürchtung, dass aufgrund ihrer Verbindung mit Voldemorts Tod auch der Harrys einherging, nicht bewahrheitet. Harry zuckte nur mit den Schultern. Darüber hatte er sich keine Gedanken gemacht. Seine Hand hob sich, er bewegte die Finger und Teekanne und Tassen begannen zu schweben und selbstständig nachzugießen. Der Kuchen teilte sich, verteilte sich auf die Teller und jede kleine Fee bekam noch einen Keks. Dumbledore stieß die Luft aus. Tja, Magus blieb er wohl, aber… „Du hast es jetzt offenbar unter Kontrolle.“ „Es passt jetzt besser ins Gefühl. Der Druck ist weg.“ „Ich verstehe.“ Der Mann nickte. Jetzt, da Voldemorts Magie nicht mehr die Bahnen seiner eigenen beeinflussten, musste es ihm tatsächlich so vorkommen, als wäre ihm eine Last von den Schultern genommen worden. „Eine letzte Frage noch. Was hast du mit den Todessern gemacht, dass sie keine Magie mehr wirken können?“ Grüne Augen blickten ihn an, wirkten unsicher. Fast schien es, dass er nicht antworten wollte, da begann Harry zu sprechen. „Ich wollte Voldemort stoppen.“ Er kniff die Augen ein wenig zusammen, es schien ihm schwer zu fallen, sich zu erinnern. „Ich… wollte ihm seine Magie nehmen, aber er hat meinen Zauber abgewehrt, also habe ich die Kraft verstärkt, wollte seine Magie überwältigen. Wenn er nicht mehr zaubern könnte, dachte ich, wäre alles wieder gut. Ich hätte ihn nicht töten müssen… Es… es geriet irgendwie außer Kontrolle. Alles… Er hat den Zauber zurückgeworfen und ich konnte ihn nicht mehr zurücknehmen… Vielleicht haben deshalb alle anderen jetzt keine Magie mehr.“ Er senkte den Kopf, klammerte sich an seine Tasse. Wie ein Häuflein Elend sah er aus. „Ich habe gespürt, wie alle Magie um mich herum gestorben ist, aber ich konnte es nicht aufhalten…“ Er verstummte und Sirius zog ihn in die Arme. „Mach dir keine Gedanken. Es war nicht deine Schuld.“ Remus presste die Lippen zusammen. Sirius hatte Recht und auch die Lehrer hatten mit ihrer Sorge Harry bezüglich Recht behalten. Wenn dieser Zauber in Hogwarts entfesselt worden wäre… „Sie sind alle tot, nicht wahr?“ Dumbledore schüttelte den Kopf. „Das russische Zaubereiministerium hat viele aus dem Meer geholt und viele der Schüler waren unten in den Kellerkerkern und haben sich dort versteckt, um nicht von Voldemorts Leuten getötet zu werden. Die Todesser unter ihnen sitzen jetzt im dortigen Gefängnis ein, bis Askaban wieder steht. Allerdings überlegt man, ob ein normales Muggelgefängnis nicht vielleicht ausreichen würde, nachdem sie jetzt alle Squibs sind.“ Er lächelte verschmitzt. „Alles in allem hast du die Erwartungen übertroffen. Meinen Glückwunsch zu deinem großartigen Sieg.“ Harrys Lächeln trug eine Mischung aus Freude, Zurückhaltung und Schuldbewusstsein. „Fast wäre es mir lieber, es würde keiner davon wissen.“, murmelte er schließlich leise und Draco konnte es verstehen. Harry kannte diesen Trubel um seine Person ja schon und wusste in etwa, was auf ihn zukam, aber von dieser Bürde konnte ihn wohl keiner befreien. „Noch dazu, wo sie jetzt wissen, dass du ein Animagus bist.“, merkte Snape an. Er hatte bis jetzt nichts gesagt, aber als Harry seinem Blick begegnete, las er Stolz darin. Freude erfasste ihn. In diesem Raum befanden sich tatsächlich nur Leute, die auf seiner Seite waren. Nur Freunde. „Ich bin sicher, Harry, wir können uns auf eine Geschichte einigen, die deine Kraft stark herunterspielt, wenn du bereit bist, das Spiel mitzuspielen.“ Harry nahm Dumbledores Vorschlag dankbar an, dann ließ er sich erzählen, was seit seinem Verschwinden passiert war. An diesem Abend riss die Wolkendecke für einen Moment auf und ließ Mond und Sterne sehen, unterbrach den Regen für kurze Zeit. Harry und Draco hatten sich beim Abendbrot abgesetzt, magisch, denn insbesondere Harry blieb keine Sekunde alleine. Da kam ihm sein alter Vergessenszauber gerade recht. „Die spinnen total.“, lachte Harry, als sie den Weg zum See einschlugen. „Was bin ich? Merlin?“ „Für sie schon. Du hast Voldemort besiegt.“ „Sie nennen noch immer nicht seinen Namen.“, warf der Schwarzhaarige nachdenklich ein. „Das braucht wohl noch Zeit.“ Draco zuckte mit den Achseln. „Er hat schlimme Dinge getan.“ „Der Geheimniszauber ist wirklich nützlich.“, wechselte Harry abrupt das Thema, denn es gefiel ihm nicht wirklich. Er hatte die in seinen Augen unspektakuläre Geschichte immer und immer wieder erzählen müssen und hätte sich ohne Geheimniszauber sicher mehr als einmal verquatscht. Außerdem würde er den Schülern Durmstrangs, denen er versuchen wollte, ihre Magie wieder zugänglich zu machen, nicht erzählen müssen, dass es seine Schuld war, dass sie keine mehr hatten. Aber das hatte Zeit. Viel Zeit. Jetzt zählte nur Draco. Sanft zog er die Hand Hand seines Freundes zu seinen Lippen und platzierte einen weichen Kuss darauf. „Sie haben gesagt, du wärst böse gewesen, als sie mich für tot erklärt haben.“ Ein trockenes Lachen war die Antwort auf diese Feststellung. „Böse… Ja, so kann man das auch sagen.“ Widerwillig knurrte Draco. „Sie haben nicht an dich geglaubt. Außer denen oben in Dumbledores Büro haben sie dich alle aufgegeben.“ „Aber du nicht.“ „Du hast es mir versprochen. Und ich… ich habe es einfach gewusst. Und konnte nichts tun. Das war so schrecklich. Ich wusste, dass du da draußen warst, verletzt, vielleicht im Sterben liegend und ganz alleine. Und ich konnte dir nicht helfen. Das ist ein so schreckliches Gefühl.“ Seine Arme schlangen sich ganz eng um Harry und drückten ihn an sich, als hätte er Angst, dass er ihn wieder verlieren würde. Lächelnd erwiderte Harry die Geste. „Ist doch vorbei, jetzt.“, beruhigte er ihn. „Ich bin wieder da und jetzt bleibe ich auch bei dir. Okay?“ „Versprochen?“ „Ja. Für immer, wenn du das willst.“ Draco zog sich bei so viel Liebe das Herz zusammen. Harry war einfach zu süß, viel zu lieb und einfach das Beste, das ihm hatte passieren können. Und dennoch musste er lachen. „Das wird Snape aber freuen. Er ist jetzt mein Vormund.“ Harry lachte auch. Snapes Gesicht, wenn sie ihm erklärten, dass er Draco besuchen kommen wollte in den Ferien, wollte er zu gerne sehen. Besonders wenn Sirius ihn begleitete. Oder besser: er würde es sehen, denn das würde er sich nicht entgehen lassen. Dann lächelte er wieder, strich Draco durch die Haare und zog ihn zu sich herunter. „Du bist gewachsen, Dray.“, stellte er fest, bevor er ihn küsste. „Ein ganzes Stück.“ Und dann küssten sie sich richtig. Ende -------… … Ich bin tatsächlich fertig. Meine Monstergeschichte hat ein Ende gefunden. Wow, ich bin platt. Ergriffen und glücklich. Und gleichzeitig traurig, weil sie mich eben wirklich schon seit dreieinhalb Jahren begleitet hat. Also, ich hoffe, meine Geschichte hat euch gefallen. ^^ Ich wünsche mir, dass ihr meine späteren Geschichten auch lest, auch wenn ich momentan noch keine in Aussicht habe. *wink* Ihr ward ein tolles Publikum. *umarmt* Vielen Dank für die vielen schönen Kommentare. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)