Blind! von Shirokko (HP:DM) ================================================================================ Freiflug -------- Titel: Freiflug Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J. K. Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai und Yaoi!!! Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Kapitel 30: Freiflug Freitagfrüh am Frühstückstisch fiel es Hermione das erste Mal bewusst auf: Harry kratzte sich über die Arme, als hätte er Unmassen von Mückenstichen. Und das war um diese Jahreszeit einfach unmöglich. Es war November und draußen eisigkalt. Aber dennoch versuchte sie zunächst, es zu ignorieren, wollte es beobachten, um sich sicher sein zu können, doch im Endeffekt konnte sie es sich einfach nicht länger mit ansehen. Schon eine Viertelstunde später schob sie rigoros seinen Ärmel hoch und besah sich die Haut darunter, strich vorsichtig und besorgt mit den Fingern über die rötlichen Striemen, die sie dort fand. Irritiert wandte Harry ihr sein Gesicht zu. „Was?“ Er konnte sich wahrlich glücklich schätzen, dass sie auf seiner linken Seite saß, sonst hätte sie den Armreif mit Sicherheit gefunden. Es war sowieso ein Wunder, dass bisher außer Ron, Draco und den Lehrern keiner davon erfahren hatte… „Ich wollte sehen, ob du Ausschlag hast.“, erklärte sie und strich erneut vorsichtig über seinen Arm. Einer der Striemen blutete sogar. „Salutaris…“ Ganz leise und nachdenklich klang ihre Stimme neben ihm und die Reizung zog sich zurück, verschwand schließlich. Erst dann sah sie ihn wieder an. „Warum tust du das?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Du hast das vor einigen Tagen schon einmal gemacht.“, fuhr sie fort. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“ Flüchtig huschten Harrys Finger über seinen Unterarm, doch er brach die Bewegung ab, als sie ihm bewusst wurde. Hermione lachte nur trocken ob der Offensichtlichkeit, dass er ihr nicht sagen wollte, was war, und schob den Ärmel zurück über sein Handgelenk. „Ich hab davon mal gehört. Im Fernsehen.“, begann sie, während sie ein Stück ihres Brötchens abriss und sich in den Mund schob. Es war ihre neue Masche: trockenes Brötchen zum Frühstück mit einer Tasse Tee und Möhrensalat. Harry und Ron verstanden das nicht wirklich, aber wer verstand schon Mädchen? „Manche Menschen, die nervös werden, neigen dazu, ihre Nervosität durch unbewusste Selbstzerstörung zu kompensieren.“ Schwarze Augenbrauen zogen sich in deutlichem Missfallen zusammen und Harry legte den Löffel, mit dem er in seinem Rührei rumgematscht hatte, zur Seite. „Was bist du? Ein Arzt?“, fragte er gereizt. Warum mischte sie sich da ein und versuchte ihn zu diagnostizieren? Woher wusste sie das überhaupt? Sie war Fünf… Sechzehn! Wieso schaute sie solche Sendungen und merkte sich auch noch den Inhalt? Noch dazu im Fachlatein, das sowieso kaum jemand verstand! Hermione warf einen kurzen, Hilfe suchenden Blick zu Ron, bevor sie einzulenken versuchte: „Das meinte ich so nicht.“ Ihre Stimme klang nicht mehr so fest, eher unsicher. „Wir machen uns Sorgen um dich.“, sprang der Rotschopf ihr bei. „Du bist anders als gestern.“ Das noch nicht lange eigentlich, aber seit sie hier unten waren, war Harry wieder schweigsamer geworden. Von der gelösten Fröhlichkeit des gestrigen Tages war kaum noch etwas zu erahnen. „Ist etwas passiert?“ Harry schüttelte den Kopf und plötzlich hatten Ron und Hermione den Eindruck, er würde leuchten. Nicht so wirklich, aber ein bisschen. An seinen Haarspitzen und um die Augen und den Mund herum. Der Kopf bewegte sich leicht nach rechts, dann nach links. Harrys leerer Blick fixierte für Sekunden Snape, dann Dumbledore, die Zwillinge und Draco. Letzteren besonders lang, fast flehend. „Harry?“ Schrill und als hätte sie Angst schüttelte Hermione ihn leicht und der Junge, der lebt, lächelte ihr beruhigend zu, seine Aufmerksamkeit wieder auf sie richtend. „Alles okay.“ „Jag uns nicht so einen Schrecken ein!“ Ron piekste ihm in die Wange. „Das letzte Mal als du geleuchtet hast, hättest du fast das Schloss in Schutt und Asche gelegt!“ Das war die Theorie, die er mit Hermione ausdiskutiert hatte, denn sie war davon fest überzeugt, dass Harry außer Kontrolle geraten war, als das Schloss damals so seltsam geleuchtet hatte. „Ist ja gut!“ Harry lachte leise über den gespielten Grimm in Rons Worten. Und Hermione stellte fest, dass seine Fingernägel wieder über seinen Arm schrappten. Es war nicht gut. Irgendwas beschäftigte den Jungen. Als würde ihn etwas verfolgen… Und dann war es weg. Harry verhielt sich im Unterricht völlig normal. Während Kräuterkunde saß er auf seinem Stuhl in der Ecke, in die ihn Professor Sprout verbannt hatte, die Stöpsel in den Ohren und über den Händen fast die gesamte Zeit eine gelblich leuchtende Kugel balancierend. Als hätte er die Sonne vom Himmel geholt --- nur kleiner. Während Zaubereigeschichte das gleiche. Harry wirkte ruhig und gelassen, beinahe entspannt. Doch das änderte sich schlagartig zum Mittagessen. Oder eigentlich schon vorher. Es war nicht der Arm. Harry hatte seine Krawatte gelockert und kratzte sich am Hals. Ron hatte dafür eine ganz einfache Lösung: Er nahm Harrys Hand in seine und drückte sie sacht und ein wenig unnachgiebig, um ihn wenigstens darauf aufmerksam zu machen, während er ihn zur Großen Halle zog. Erst am Platz ließ er ihn wieder los, weil er beide Hände zum Essen brauchte. Von da an hörte es nicht mehr auf. Immer wieder schien Harry von innen heraus zu leuchten. Immer wieder biss er sich auf die Lippe und Kikuileh war kaum noch an einer Stelle zu vermuten, so schnell wechselte sie den Ort. Und als Hermione ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter legen wollte, bekam sie einen elektrischen Schlag. Aber allmählich begann das Mädchen zu ahnen, was los war. Vor ein paar Tagen hatte er ihnen einmal erzählt, dass er sich beobachtet fühlen würde, was sie und Ron einfach schulterzuckend abgetan hatten, weil sie das für Blödsinn gehalten hatten. Zu dieser Zeit hatte es angefangen, wenn sie sich jetzt im Nachhinein richtig erinnerte… woran sie nicht zweifelte, denn ihr Erinnerungsvermögen spielte ihr selten Streiche. Damals war er nervös gewesen… Was, wenn es wieder so war? Was, wenn sich Harry wieder beobachtet fühlte und von Paranoia geplagt wurde? Verfolgungswahn oder das Gefühl einer echten Verfolgung waren gute Gründe für Nervosität… Bloß wenn er wirklich beobachtet wurde… von wem? Die Schüler beachteten ihn dank des Zaubers nicht mehr. Das war gestern so, als keiner überhaupt registriert hatte, dass Harry und Draco einander vor aller Augen küssten, und es war heute so. Also, wer war Schuld daran, dass Harrys Paranoia zurückkam? Wer hatte Harry bemerkt? Sie beide. Draco. Die Zwillinge… noch jemand? Ihr fiel keiner ein. Prüfend ließ sie ihren Blick über die Gesichter streifen und blieb zuerst an Dracos hängen, dessen graue Augen eindeutig eine besorgte Frage nach dem Grund für Harrys seltsames Verhalten übermittelten. Er beobachtete ihn. Und ihm war es ebenfalls nicht entgangen, dass etwas nicht stimmte. Aber konnte er Schuld sein? Irgendwie… war das schwer vorstellbar bei dem Blick… Sie runzelte die Stirn und prüfte weiter. Pansy sah sie böse an, aber das bezog sich wahrscheinlich eher auf den Blick, den sie gerade mit Draco gewechselt hatte… Eifersucht, nichts weiter... Wer noch? Die Lehrer schieden aus. Sie unterhielten sich miteinander, niemand achtete auf die Schüler. Auch nach zehn Minuten nicht. Nur Dumbledore schickte ihr ein amüsiertes Lächeln, als wüsste er, was sie gerade im Begriff war zu tun und würde es gutheißen. Sie ging sogar davon aus, dass er es wusste. Die letzten, die ihr auffielen, waren die Weasleys. Und zwar alle. Fred, George und Ginny. Die drei saßen zusammen, sprachen leise und verschwörerisch miteinander und schielten abwechselnd ununterbrochen prüfend zu ihnen herüber. Waren sie es? Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen. „Wer beobachtet dich, Harry?“, fragte das braun gelockte Mädchen schließlich ernst, sich wieder zu de, Schwarzhaarigen wendend. Sie brauchte Gewissheit, bevor sie jemandem den Kopf waschen konnte. Harry seufzte. Er wusste, worauf sie hinauswollte, wusste, dass sie die richtigen Schlüsse zog. „Sie wollen herausfinden, wer mein Freund ist.“, gab er gequält zu. „Das macht nur diese dumme Wette!“ Also doch… Hermione zog die Augenbrauen zusammen. War doch nicht zu fassen, dass sie das taten, nur weil sie gewinnen wollten! „Entschuldigt mich bitte.“, sagte sie frostig und erhob sich entschlossen und ohne ein weiteres Wort. Schon verschwand sie, um mit den dreien zu reden. Warum hatten sie eigentlich Ginny eingebunden? War die seit Halloween nicht absolut gegen Harry, weil er ihr einen Korb gegeben hatte? Na ja, da war es eigentlich nur verständlich, dass sie wissen wollte, wer ihr den abspenstig gemacht hatte, den sie schon so lange liebte und verehrte. Und während Hermione die Weasleys leidenschaftlich zusammenstauchte, verließ Harry unbemerkt die Große Halle, wirkte einen Exvisibli und verzog sich mit Ron zusammen hinunter in die Kerker, wo sie in anderthalb Stunden wegen Zaubertränke eh erwartet wurden. Hermiones ernstes Gespräch brachte nicht wirklich etwas. Schon am Nachmittag des Freitages waren die Zwillinge wieder da und Harry konnte nicht mehr in den Unterricht fliehen, da dieser für diesen Tag offiziell beendet war. Außerdem hatten die beiden Siebtklässler offenbar beschlossen, sich aufzuteilen, um ihre Observation effektiver zu gestalten. Sie belagerten ihn - auf penetrante, aufdringliche Weise - aus der Ferne. Harry war mehrere Male kurz davor, ihnen einen Zauber auf den Hals zu hetzen, der ganz und gar nicht freundlich gewesen wäre, aber er konnte sich jedes Mal gerade so noch davon abhalten. Auch aus dem Grund heraus, dass er ihnen nicht wirklich weh tun wollte. Er wünschte sich Draco herbei, konnte spüren, wie auch er in der Nähe war und über ihn wachte, wie er an seiner Seite blieb und Zwillinge und ihn beobachtete – unbemerkt natürlich. Irgendwo hier draußen… Nervös fuhren seine Finger über seine Oberarme. In ihm herrschte ein Druck, den er kaum noch aushielt. Da half auch seine Musik nicht mehr. Er konnte nicht still sitzen, konnte die sanften, beruhigenden Töne nicht mehr hören, wollte allein sein, wollte schreien, wollte rennen, fliegen! Er wollte endlich wieder fliegen… Er wünschte es sich mit einem Mal sosehr, so verzweifelt, dass es beinahe wehtat. Er vermisste es so sehr… In seinem Kopf legte sich ein Schalter um, die Wogen in seinem Kopf glätteten sich, als sich all seine Gedanken plötzlich nur noch auf diese Sehnsucht richteten. Sein rechter Arm hob sich wie von selbst in die Wagerechte. Sanft war die Geste, beinahe liebevoll. Anmutig. Er hatte sogar aufgehört zu zittern. Im nächsten Moment schoss fauchend sein Feuerblitz heran, hielt direkt neben ihm und schmiegte sich wie ein lebendiges Wesen in seine Handfläche. Das warme, dunkle Holz schmeichelte seiner Haut, ließ ein seliges Lächeln auf seinen Lippen erscheinen. Fliegen. Flucht vor den Gesetzen dieser Erde, Wind und Kälte in seinem Gesicht und in seinen Kleidern. Flucht vor den Menschen, die ihn einengten, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgten. Flucht vor dem Druck in ihm… Er stieg auf. „Harry! Nicht!“ Fred brach aus seinem Versteck hinter einem spärlich mit alten Blättern belaubten Busch hervor. „Du wirst dich verletzen! Du kannst nicht fliegen, ohne etwas zu sehen! Das ist Selbstmord!“ Der Besen erhob sich ein Stück über den Boden, trug Harry hinauf. Er schwankte leicht. Harry hatte ihn nicht unter Kontrolle, zitterte plötzlich wieder, sich bewusst werdend, dass sie ja Recht hatten. Ohne seine Augen konnte er nicht fliegen. Nicht wirklich. Nicht so wie früher… „Komm wieder runter da!“ George erreichte ihn von der anderen Seite, doch der Junge, der lebt, war bereits zu hoch, als dass sie ihn noch ohne Hilfsmittel erreichen konnten. „Was tust du denn?“ Der Besen stieg höher, schwankte heftiger, sodass Draco hinten auf der Wiese böse zischte. „Verdammte Weasleys!“, fauchte er, drehte sich um und hastete zum Quidditchfeld. Heute hatte sein Team Training. Zum Glück, denn sonst hätte er seinen Besen am Morgen sicherlich nicht dort verwahrt und käme jetzt nicht so schnell daran. Er brauchte zu lange. Seiner Meinung nach. Viel zu lange. Zum Glück hatte er seine Quidditchuniform schon an, weil er auf seine Mannschaft hatte warten wollen. Angesichts der vielen Zuschauer wohl ein Segen, denn es würde ihm ein Alibi verschaffen, auf das er zu Harrys Wohl in anderem Fall gedankenlos verzichtet hätte. Aber trotzdem brauchte er viel zu lange, um zu ihm zu kommen… Und er konnte sehen, dass Harry massive Probleme hatte, das wohl aller erste Mal seit er auf einem Besen saß. Er hatte den Ort gewechselt, war weiter entfernt vom Wasser, wo er geschützt wäre bei einem Sturz. Und er war weiter oben in der Luft, sein Gesicht angestrengt und verunsichert. Er hatte schon Mühe damit, den Besen einfach nur gerade zu halten. Es war wirklich unfassbar, was diese Krankheit mit ihm gemacht hatte… Draco tat es in der Seele weh, ihn so zu sehen. Sein einstiger Rivale auf dem Besen, das Talent des Jahrhunderts, war hilflos. Schlichtweg hilflos! Und unten brüllten die Zwillinge Harry Anweisungen zu, weil sie sich nicht trauten, auf ihn zu zaubern, weil sie schon aus Erfahrung wussten, dass Harry diesem Zauber solange standhalten würde, bis er fiel. Jedenfalls hielten sie die Stäbe in der Hand, ohne etwas zu tun. Bis sie ihn erblickten. „Malfoy!“ Hass war aus der Stimme zu hören. „Verschwinde!“ Und es war klar, dass sie ihn notfalls auch vom Besen holen würden. War ja klar… „Rühr ihn nicht an, verstanden, du Frettchen?“ ‚Wie süß!’, dachte Draco böse und mit einem kalten Aufflackern in den Augen starrte er zu ihnen hinunter. Sie echauffierten sich wie wahnsinnig in ihrer Angst, dass er ihrem Goldjungen etwas tun könnte, aber sie brachten ihn auch zur Vernunft. Vor allem, weil plötzlich auch andere da waren und riefen. Verdammt. Was war denn los? Warum konnten sie Harry plötzlich alle sehen? Warum wirkte der Zauber nicht mehr? Warum vergaßen sie es nicht wie gestern, dass er da war? Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, kalt, unnahbar, wie eine Maske über seine Emotionen. Er verschloss sein Herz - dankbar für die Selbstbeherrschung und das schauspielerische Talent, die ihm seit Kleinkindesbeinen angelernt worden waren - um nicht selbst dabei verletzt zu werden, wenn er Harry half, sein Ziel zu finden. „Na, Potter?“ Es war erstaunlich, wie sehr er wieder Slytherin sein konnte, wenn er es wollte, dass er es noch nicht verlernt hatte. Nicht einmal Harry gegenüber… „Was willst du erreichen hier oben? Auf der Suche nach vergangenem Ruhm?“ Er sah Harry zusammenzucken und sein Herz wurde noch ein wenig härter, als er den Schmerz verdrängte und die Zähne zusammenbiss. „Du siehst jämmerlich aus.“ Jedes seiner Worte schnitt wie scharfe Messer unter seine Haut. Es war so hart, aber das musste jetzt sein. Das Schwanken endete. Ganz plötzlich. Die Schultern strafften sich, der Feuerblitz wurde ruhig und plötzlich, von einem Moment auf den anderen, wirkte Harry stark und erhaben, wie er da vor ihm schwebte. Draco nahm die sich sammelnde Menge unter sich nicht mehr wahr, nahm seine Mannschaft nicht mehr wahr, die etwas irritiert, dass das Training noch nicht anfing, gekommen war. In Grunde war das einzige, das jetzt in ihm brannte, der alte Kampf zwischen Rivalen. Es hatte nichts mit Hass zu tun. Es war Ehrgeiz. Und diesen konnte er auch in Harrys Augen erkennen. Und verdeckt darunter Unsicherheit und irrer Schalk. Was war los? Wo kam dieser Irrsinn her, dieses kranke Flackern? „So mutig heute, Malfoy? Glaubst du tatsächlich, mich diesmal endlich schlagen zu können?“ Er grinste und als er die Hand hob und öffnete, lag darauf der kleine goldene Ball, um den sie seit drei Jahren kämpften. Er spiegelte sich in seinen grünen Augen. Draco ging dieser Blick unter die Haut. Pure Herausforderung in leuchtenden Smaragden. Erregung ergriff Besitz von ihm. „Oh ja!“, antwortete er voller Überzeugung. Harry lachte. Nie hatte jemand ihn abfälliger lachen hören. „Zehn Sekunden Vorsprung für den Schnatz.“, machte er die Ansage und er wusste, dass das viel war. Doch damit war die Herausforderung größer. Und auch gerechter, denn es würde Harry den Vorteil nehmen, dass sein Besen schneller und besser war. „Wie willst du das schaffen, Potter?“, kam, verächtlich klingend, die Frage von Pansy, die mit ihrem Besen näher gekommen war. Die Worte lösten Gelächter aus. „Um den Schnatz zu fangen, musst du sehen können!“ Das Gelächter wurde lauter, Stimmen begannen zu tratschen und ihm zuzurufen, dass er aufgeben sollte, doch es wurde nicht beachtet. Die Schaulustigen vermochten es nicht, die Blicke der Kontrahenten voneinander zu lösen. Schließlich nickte Draco. „Zehn Sekunden.“ Harry betrachtete ihn noch ein paar Momente mit unergründlichen Augen, dann warf er den kleinen Ball in die Luft, doch keiner der beiden folgte ihm mit den Augen, während er um ihre Köpfe schwirrte und schließlich verschwand. Zehn Sekunden vergingen. Und noch immer bewegten sie sich nicht. Stattdessen fixierten sie sich wie zwei tollwütige Hunde, die beschlossen hatten, einander in Grund und Boden zu starren. „Was ist denn los?“, kam die verwirrte Frage von unter ihnen. „Sie rühren sich gar nicht.“ „Was soll das? Wollen die uns verarschen?“ „Draco, mach ihn fertig!“ Die Unruhe stieg, je mehr Zeit verging. Vierzig Sekunden. Sechzig. Zwei Minuten. Drei. Vier. Und dann schossen sie los. Ganz plötzlich. Beide in die gleiche Richtung. Ließen die unwilligen, anklagenden Gespräche und das enttäuschte Murren verstummen. Sie bekamen nicht mit, wie man ihnen folgte. Auch nicht, wie Kikuileh verloren ging, weil sie sich nicht länger festhalten konnte. Draco hatte einen leichten Vorsprung, aber gleichzeitig die größte Mühe, diesen zu halten. Der kleine Ball flog knapp einen Meter vor ihnen, noch für beide unerreichbar, machte Schlenker, flog Haken und Schlaufen, ohne dass sie sich abschütteln ließen. Irgendwie hielt er direkt auf den verbotenen Wald zu. Wenn er darüber hinausflog, war das Spiel vorbei. Oder? Würde Harry vor dem Wald stoppen? Draco war sich fast sicher, dass nicht. Hinter ihm holte Harry auf. Ganz allmählich. Draco war richtig beeindruckt. Da flog er zum ersten Mal seit Monaten, sah zum ersten Mal wieder klar und schaffte es trotzdem, an ihm dranzubleiben, ihn sogar zu überholen! Das konnte er nicht zulassen! Seine Ehre stand auf dem Spiel! Der Blonde lehnte sich vor, duckte sich auf den Besen und wusste trotzdem, dass er viel Glück brauchen würde. Hier oben würde sich Harrys Gewichtsverlust wirklich mal als Vorteil erweisen. Er war so leicht und schmal… sein Besen war auch besser… Hatte er überhaupt eine Chance? Ja! Draco, nicht bereit, Harry auch nur das mindestes bisschen zu schenken, spornte seinen Besen noch etwas mehr an, seine Brust berührte schon den Stiel, er streckte die Hand aus und wollte zugreifen, sich sicher, dass er es doch schaffen konnte, da schob sich Harrys Hand auf einmal vorwitzig unter seine. Schmal, weich, zart streifte ihn die weiße Haut und er wusste, dass er verloren hatte. Wieder einmal. Dann ging plötzlich ein kaum wahrnehmbares Zucken durch Harrys Körper. Ein leises Ächzen und Lufteinziehen und er schlug keuchend vor Schmerzen beide Hände vors Gesicht. Draco kam es vor, als wäre die Zeit langsamer geworden. Noch während er zugriff, dem schon an die Hand gegebenen Befehl Folge leistete, drehte sich sein Kopf und mit sich weitenden Augen sah er, wie Harrys Besen sich steil aufrichtete und der Junge rücklings von seinem Besen kippte. Er nahm am Rande wahr, wie der Feuerblitz über ihn hinwegjagte, wie der Wind an den Kleidern und den langen, schwarzen Haaren zerrte, wie die Sonne funkelnd über die silbernen Schnallen des Umhangs blitzte, sah die Silberranke aufleuchten, während der Junge, der lebt, in der Tiefe verschwand. Erst dann reagierte er. Seine Rechte ließ den Schnatz los, riss den Zauberstab aus der Hosentasche. Zur gleichen Zeit drückte er den Besenstiel herunter und jagte dem fallenden Körper hinterher. Er musste näher ran, sonst würde sein Zauber niemals wirken! Draco wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde. Er wusste es einfach. Genau wie er gewusst hatte, dass Harry den Schnatz vor ihm fangen würde, dass er gegen diese Geschicklichkeit, gegen diesen Instinkt und dieses Talent keine Chance hatte. Trotzdem weigerte er sich aufzugeben, konnte es gar nicht, denn sein Gehirn wollte sich nicht damit auseinandersetzen müssen, was war, wenn er den Boden erreichte. Er hob den Zauberstab, rief die Worte des Schwebezaubers… Er traf ihn nicht. ‚Aus.’ Ganz klar und hell zuckte das Wort durch seinen Kopf, lähmte alle anderen Gedanken, als wären sie nichts als Insekten in einem Weiher aus Eis. ‚Alles aus.’ --------------------___________---------------------- Ui, wie melodramatisch. Irgendjemand hatte ja gesagt, dass es ihm gefallen hätte, dass es ausnahmsweise mal nicht dramatisch war… tja. Ich entschuldige mich hiermit förmlich für meine übertrieben ausgeprägt dramatische Ader ^^ Es tut mir nicht im Geringsten Leid. Für den holperigen Anfang dieses Kapitels entschuldige ich mich ebenfalls… vielleicht finde ich ja bald eine Möglichkeit, wie ich diesen Schwachsinn durch weichere Worte und flüssigeren Leseersatz austauschen kann, aber so lange müsst ihr wohl oder übel damit leben. Anonsten… Danke fürs Lesen und für die kommenden Kommentare! >^-^< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)