Blind! von Shirokko (HP:DM) ================================================================================ Verzweifelte Heilungsversuche ----------------------------- Titel: Verzweifelte Heilungsversuche Autor: Shirokko Pairing: Harry Potter / Draco Malfoy Disclaimer: nicht meins, nur verwurstet, durch den Fleischwolf gedreht, zusammengemischt und neu verarbeitet. Alle Charas gehören J.K.Rowling, beschwert euch bei ihr, wenn ihr wen nicht mögt. ^^ ... ich verdiene damit also kein Geld, was wirklich schade ist! Kommentare: Diese Geschichte spielt nach dem vierten Band, die beiden zuletzt erschienenen, sowie der noch ausstehende Band werden nicht berücksichtigt. Ansonsten... Vergebt mir meine Schwafelei! Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Wem das nicht gefällt, der soll einfach umdrehen! Andererseits... Man soll immer offen sein für seine Umwelt und neue Dinge kennen lernen... Aber jetzt geht's los. Viel Spaß beim Lesen. Widmung: Für Viebie, meine kleine, süße, wenn auch verrückte Schwester! Kapitel 6: Verzweifelte Heilungsversuche Die Gedanken schlugen sich auch auf seine Laune nieder. Beim Frühstück am nächsten Morgen sprach er kaum ein Wort, aß fast nichts und wenn ihn jemand anquatschte, knurrte er nur unfreundlich und entschuldigte sich kurz darauf dafür mit der Ausrede, er habe schlecht geschlafen. Es war, als würde über seinem Kopf eine dicke, schwarze Wolke hängen. Man akzeptierte es achselzuckend und ließ ihn in Ruhe. Jedenfalls die meisten. Das galt allerdings nicht für die Slytherins. „He, Potter!“, hallte es zu ihm herüber, als er sich nach dem Frühstück mit Ron und Hermione auf den Weg zu Hagrid und damit zu Pflege magischer Geschöpfe befand. „Was wirst du heute tun? Rumsitzen und deine Umgebung in Ratten verwandeln, um nicht ganz so nutzlos zu erscheinen?“ Gelächter folgte. Harry schloss die Augen, versuchte die hämischen Stimmen auszublenden, um nicht auch noch sie in seinen Träumen hören zu müssen, bis ihm plötzlich auffiel, dass eine fehlte. Das charakteristische, hämische Lachen Malfoys konnte er nicht ausmachen. War der blonde Mistkerl etwa nicht da? „Ron?“, unterbrach er seinen Freund, der Hermione gerade von seiner glorreichen Schachpartie gegen Parvati Patil heute beim Frühstück erzählte, die sie zweifellos von Anfang an gesehen hatte. „Ist Malfoy da?“ Der Rotschopf wandte sich erstaunt zu ihm um. „Was willst du denn von dem?“ In seiner Stimme schwang ehrlicher Unglaube mit, doch Harry ignorierte es. „Ist er da?“ Die Antwort kam von Seamus, der zu ihnen aufgeschlossen hatte, weil Dean versuchte, ein ernstes Gespräch mit Parvati zu führen. Er wollte sie wegen dem verlorenen Spiel trösten. „Ist er. Er spricht mit Parkinson.“ „Warum fragst du?“, mischte sich Ron wieder ein. „Nur so.“ Malfoy war also anwesend. Und dennoch ärgerte er ihn nicht. War Parkinson ihm etwa so wichtig, dass er sein liebstes Hobby zu ihren Gunsten zurückstellte? Oder sah er ihn einfach nicht mehr als kompetenten Gegner an? Dachte er vielleicht, dass Harry ihm nicht mehr gewachsen war? ,Ich muss meinem geprügelten Rivalen doch helfen...', hallte es höhnisch durch seine Gedanken. Das musste es sein. Also hielt Malfoy ihn tatsächlich für unfähig, genau wie neun Zehntel der Schule, so sehr, dass er ihn sogar links liegen ließ dafür. Der Gedanke deprimierte ihn noch mehr, als er ohnehin schon war, verschlechterte seine Laune noch. Wie ein dunkler Schatten legte sich dieses Gefühl um ihn, ließ seine Mitmenschen auf Abstand gehen. Doch Pflege magischer Geschöpfe machte es teilweise wieder wett. Von Hagrid wurde er nicht nur auf die kalte Bank gesetzt. Er konnte tatsächlich mitmachen, da sich eine der zu untersuchenden Vampirfledermäuse zu ihm flüchtete und dann den gesamten Unterricht lang am Saum seines Umhangs klettete. Und während er Musik hörte, versuchten die anderen verzweifelt, die Tiere zu füttern, zum Schlafen zu bewegen und zu melken, denn letzteres war der eigentliche Arbeitsauftrag. Harry hatte es sich einfach gemacht und hatte mit einem Zauber dafür gesorgt, dass das Vieh schlief und später Ron gebeten, es für ihn zu melken, da er es nicht durch sein Ungeschick verletzen wollte. Der Rotschopf war regelrecht glücklich darüber gewesen, dass er nun doch noch zu seiner Milch kam, nachdem seine Fledermaus sich mit einem ärgerlichen Schrei Richtung Westturm verdrückt hatte. Im Grunde war die Stunde witzlos. Weder waren die Tiere magisch, noch sonderlich besonders, da der gesamte Westturm voll von den Viechern war. Hagrid hatte Snape lediglich einen Gefallen tun wollen und deshalb seine Schüler die Milch sammeln lassen. Und auf dem Rückweg zum Schloss war es ihm dann aufgefallen. Rons Hand an seiner Schulter war ein wenig wärmer und er war nervös geworden, hatte zu ihm rüber gesehen. Kurz darauf hatte er Hermione an seiner Seite gespürt, die sich für ihr Verhalten am Morgen entschuldigte, wo sie ihn wegen Patil ziemlich kalt behandelt hatte. Rons Finger hatte sich fast schmerzlich in seine Schulter gekrallt. Hatte er da was verpasst? Lag es etwa an Hermione? War sie es, die Ron so nervös machte? War er etwa in sie... Harry begann zu grinsen und beschloss im Stillen, mal darauf zu achten, was die beiden taten, wenn sie sich unbeobachtet glaubten. Das konnte durchaus interessant werden. Die Antwort kam schneller, als erwartet. Sie waren nach dem Mittagessen auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors und allein auf dem Gang, als Ron ihn plötzlich mit sich zog, zu ihr aufschloss und still und leise ihre Hand nahm. Sie wirkte zwar verwundert, aber nicht wirklich abgeneigt. Harrys Grinsen wurde breiter. Also doch. Wie süß... Die Frage war nur, ob er sich darüber freuen oder doch besser eifersüchtig sein sollte. Beides erschien ihm affig. Und dann fiel ihm etwas ein. Ron und Hermione waren niemals ungestört. Er, Harry, war immer dabei. Und Ron würde ihn nie freiwillig alleine lassen, sein neu aufgeflammtes Pflichtbewusstsein hinderte ihn daran! Schuldgefühle überrannten ihn, ließen den Selbsthass wieder aufkochen. Jetzt war er nicht nur unnütze, sondern auch noch ein Klotz am Bein seines besten Freundes, ein wahrer Störfaktor. Dagegen musste er unbedingt etwas tun. Er musste mit McGonagall sprechen. Jetzt gleich. Sofort! „Ron?“ Der Angesprochene zuckte leicht erschrocken zusammen, ließ Hermiones Hand los, doch Harry schob das Grinsen ob des Gedankens an sein ertapptes Gesicht beiseite, bevor es sich manifestieren konnte. „Wie komme ich von hier aus zu McGonagall?“ „Was willst du denn bei der?“, mischte sich das Mädchen neugierig ein. Es war fast so, als versuche sie, das Händchenhalten zu überspielen. Harry zuckte unbeholfen mit den Achseln. „Mit ihr reden.“ Er wusste, die beiden warfen sich einen fragenden Blick zu, aber es konnte ihm egal sein. Er konnte es ja doch nicht ändern. „Wir bringen dich hin.“, sagte Ron dann schnell entschieden und schon machten sie eine volle Kehrtwendung. Nur kurze Zeit später klopfte Harry an die massiv hölzerne Tür zu McGonagalls Büro. Hermione und Ron standen hinter ihm. Ein ,Herein' ertönte und Harry drehte sich erleichtert lächelnd zu seinen Freunden um. „Ihr müsst nicht auf mich warten. Es könnte länger dauern.“ Ron hatte sofort Einwände. „Aber Harry, du weißt, dass du den Weg zurück nie alleine finden wirst.“ Und Hermione setzte noch eins drauf. „Du wirst zu spät zu Zauberkunde kommen!“ Harrys Lächeln wurde breiter, versteckte seinen Widerwillen angesichts der übertriebenen Fürsorge seiner beiden Freunde. „Ich komme schon zurecht. Danke, euch Zweien.“ Damit drehte er sich um und betrat McGonagalls Büro, die schon ungeduldig ein zweites Mal hereingebeten hatte. „Mr Potter!“, rutschte es ihr überrascht heraus, als sie ihn erkannte, doch sie fing sich recht schnell wieder, überspielte ihre Überraschung fast ebenso gekonnt wie Harry seinen Unwillen kurz vorher. „Was kann ich für Sie tun?“ Harrys Lächeln verschwand kurz und kehrte wieder, bevor er antwortete: „Ich wollte Sie fragen, ob es wohl einen Zauber gibt, der es Blinden ermöglicht, sich selbst zurechtzufinden.“ Er machte ein paar unsichere Schritte in den Raum hinein, tastete, bis er mit den Fingern den Stuhl gefunden hatte. Professor McGonagall konnte es nicht fassen. „Wo ist Mr Weasley?“, fragte sie gerade heraus, ließ ihr Missfallen bezüglich der Situation erkennbar werden. Hatte sie nicht deutlich gemacht, dass Ron Weasley Harry Potter nicht vernachlässigen sollte? Harry wurde ernst. „Ich habe ihn weggeschickt. Ich will ihm nicht dauernd zur Last fallen!“ Professor McGonagall stutzte erst und lächelte dann leise. „Ich verstehe.“, murmelte sie. „Setzen Sie sich.“ Harry tat, wie ihm geheißen, hielt sein Gesicht dann aufmerksam auf sie gerichtet. Und auch bei ihr stellte sich schon nach kurzer Zeit dieses Unbehagen angesichts seiner Augen ein. Warum konnten sie es alle nicht ertragen? Er schloss sie halb. Die Spannung ging. „Ich habe schon darüber nachgedacht, ob es einen solchen Spruch gibt, doch ich muss Sie enttäuschen. Außer dem Auge Moodys gibt es nichts. Und ich glaube kaum, dass Sie ein solches Auge haben wollen. Es ist... wie soll ich sagen? ...nicht besonders schick.“ Sie seufzte, als sie Harrys Enttäuschung, die er wirklich angestrengt zu verstecken versuchte, bemerkte. Der Junge konnte einem aber auch Leid tun. Erst musste er ohne Eltern aufwachsen und sich auch noch dafür rühmen lassen, dann hatte er ständig Probleme mit dem Unnennbaren, weil er sich an ihm rächen wollte, und schlussendlich wurde er blind. Das, was das Schicksal Harry da aufbürdete, war wirklich nicht mehr fair. Und dann fiel ihr etwas ein. „Professor Snape könnte über das Wissen eines bestimmten Spruches verfügen. Vielleicht kann er Ihnen helfen.“ Harry erstarrte, das Gesicht zu Boden gewand. Seine Finger krallten sich hoffnungslos in das Polster des Stuhls. Snape würde ihm doch nie und nimmer freiwillig helfen! Er würde ihn eher zum Teufel jagen und Dumbledore einen Kuss geben! „Ich werde Ihnen einen Brief mitgeben, mit dem Sie diesen Nachmittag, nach Ihrem Unterricht wohlgemerkt, zu ihm gehen werden.“ Diese Aussicht begeisterte Harry nicht im Geringsten, doch um wieder sehen zu können, würde er noch viel mehr tun. Es war ein geringer Preis, sich von Snape verarschen zu lassen, und die Aussicht zu haben, lebenslang genau das von ihm unter die Nase gerieben zu kriegen. „Nun kommen Sie, ich bringe Sie zu ihrem Unterricht bei Professor Flitwick.“ Harry gehorchte, steckte den Brief, den sie ihm reichte, in seinen Umhang und folgte seiner Lehrerin, die ihn an der Schulter führte und dirigierte. Wenn ihm Snape helfen konnte, würde er sich nach Kräften bemühen, Freundschaft und Frieden mit ihm zu schließen. Er würde ihm alles vergeben! Jede Gemeinheit der letzten vier Jahre! Jede Gemeinheit, die noch kommen würde! Pünktlich vor Unterrichtsbeginn lieferte McGonagall ihn vor dem Klassenraum bei Ron und Hermione ab, verabschiedete sich mit freundlicher Strenge, da sie selbst noch Unterricht zu geben hatte. Sofort wurde Harry von seinen Freunden umzingelt. „Was hast du bei ihr gewollt?“, kam Hermiones erste Frage wie aus der Pistole geschossen. Sie ließ ihm keine Zeit, sich zu orientieren. „Und was hat sie gesagt?“, schloss sich Ron neugierig an, legte ihm einen Arm um die Schultern. Harry seufzte. Eigentlich wollte er das niemandem sagen, aber sie waren seine Freunde. Ihnen musste er es wohl mitteilen. „Ich suche eine Möglichkeit, wie ich...“, begann er drucksend, doch er verstummte, als er durch das Stimmengewirr der Schüler die hastigen Schritte Professor Flitwicks vernahm. Er wandte aufmerksam den Blick, lächelte unwillkürlich. Zum ersten Mal kam ein Lehrer genau im richtigen Augenblick. Er würde es den beiden jetzt nicht sagen müssen und vielleicht konnte er es hinausschieben, bis er eine Lösung gefunden hatte. „ Später. Der Unterricht beginnt.“, sagte er, schloss die Augen und machte ein paar zaghafte Schritte Richtung Tür, bevor Ron ihn einholte und unterhakte. Er stieß gegen niemanden. Es war für Zuschauer, als würde er sehen, wohin er ging. Und dann kam ihm eine Idee. Wenn er hören könnte wie eine Fledermaus, Echolot oder so was nutzen könnte, könnte er ohne seine Augen zu brauchen ,sehen'. Ob es einen solchen Spruch gab? Wenn Snape ihm nicht helfen konnte, dann würde er sich danach erkundigen. Irgendjemand würde schon einen Spruch kennen, der ihm half. Sie erreichten ihre Plätze und setzten sich. „Was wolltest du doch gleich sagen? Im Bezug auf McGonagall meine ich?“ Harry seufzte erneut. Gottlob ihre Neugier, aber heute war sie in ihrer Penetranz einfach nur lästig. Er lächelte. „Es ist privat.“, erklärte er. Ihren angesäuerten Blick konnte er regelrecht spüren. „Und du kannst es nicht einmal uns sagen.“, stellte Hermione bissig fest. Der Schwarzhaarige senkte traurig den Kopf angesichts der Kälte in ihrer Stimme, während sein Lächeln nur noch breiter wurde. „Wäre mir lieber so.“, flüsterte er. „Wirklich. Nimm es nicht persönlich...“ Sie erwiderte nichts. Ob es nun daran lag, dass sie beleidigt war, oder am beginnenden Unterricht wusste er nicht zu sagen, aber er hatte das ungute Gefühl, es war ersteres. Flitwick begann ohne Umschweife original da, wo er das letzte Jahr aufgehört hatte, ließ sie die ganze Zeit zaubern. Harry hielt sich zurück, spürte er doch, dass etliche Schüler immer wieder zu ihm sahen in der Hoffnung, er würde wieder so einen Fehler machen wie in McGonagalls Unterricht. Er tat gar nichts, lauschte nur den Kommentaren über die Ergebnisse, bis er plötzlich direkt von Professor Flitwick angesprochen wurde. „Mr Potter, warum versuchen Sie nicht Ihr Glück? Denken Sie, Sie hätten es nicht nötig?“ Die Spruchaufsagungen um sie herum verebbten augenblicklich und es wurde mehr als ein Spruch mittendrin unterbrochen. Alles wartete gespannt auf Harrys Antwort. Wie würde ihr neuer Chaot auf diese offensichtliche Herausforderung reagieren? Harry lächelte. „Nicht im Geringsten.“, erwiderte er höflich. „Ich wollte nur vermeiden, einen Querschläger loszulassen.“ Irritiert sah der Lehrer ihn an, konnte das verwirrende Getuschel um sie herum nicht begreifen. Harry hatte ihn mit seiner Aussage vollkommen aus der Fassung gebraucht. „Wieso sollten Sie so etwas Gefährliches und Dummes tun?“ Gleich mehrere mussten ein Kichern unterdrücken. Wie konnte der Kerl nur so etwas Dummes fragen? Hatte er etwa noch nichts von Harrys Fehlschlag in Verwandlung gehört? Das war doch beinahe unmöglich, wo es doch die Spatzen von den Dächern riefen. Kaum einer wusste nicht in allen Einzelheiten, wie Harry die Feder verfehlt hatte. Und auch Harry verdrehte genervt die Augen, was die Wirkung nicht verfehlte. Er fühlte die Spannung in der Luft zwischen sich und dem Lehrer, als er schließlich wieder den Blick hob. „Versuchen Sie es!“ Der Lehrer würgte den Satz fast heraus, öffnete unbewusst den ersten Knopf an seinem Umhang... Am Ende war es Ron, der den Anstoß gab und diese seltsame Stimmung unterbrach. Er schnippte einmal mit dem Finger gegen das Glas vor Harry und grinste verschwörerisch. „Hier ist das, was du füllen sollst. Also, worauf wartest du? Dein Publikum wartet gespannt auf dein Versagen.“ Kurz funkelte ihn Harry an, dann grinste er ebenso verschlagen zurück, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Lehrer lenkte. „Professor Flitwick, was genau wollen Sie denn, dass ich Ihnen zaubere? Es tut mir Leid, aber ich war am Anfang ein wenig abgelenkt und habe es nicht mitbekommen.“ Der kleine Mann schnaubte auf seine ganz spezielle, komische Weise empört. „Zaubern Sie, was Sie wollen! Wasser, Wein, Saft, Schnaps... Es ist mir egal, solange Sie nur endlich etwas tun!“ Harry ließ sich nicht länger bitten. Er griff nach seinem Zauberstab, richtete seinen Rücken gerade auf, wie er es des Öfteren bei Hermione gesehen hatte, wenn sie wieder einmal besserwisserisch etwas demonstrierte, tippte zweimal gegen das Glas, um sich zu vergewissern, wo es stand, dann schwang er das Zauberholz, wie Hermione es ihm gezeigt hatte --- zu diesem Zweck hatte sie seine Hand geführt. Er sagte leise: „Frigidus Implere!“ und siehe da, es funktionierte auf Anhieb. Sein Glas füllte sich langsam aber stetig mit einer goldgelben Flüssigkeit. Flitwick war sprachlos. Es hatten außer ihm bisher nur Drei geschafft. „Was ist das?“, wollte Ron neugierig wissen. Ihn wunderte es nicht wirklich, dass Harry es geschafft hatte. „Sieht aus wie Butterbier...“ Der Schwarzhaarige grinste erneut. „Möchtest du?“, fragte er und schob das Glas in seine Richtung. Rons Erstaunen war fühlbar, seine Augen wurden Tellergroß. „Du meinst, es ist welches?“ „Mr Potter, woher haben Sie es genommen?“ Professor Flitwicks Stimme war klamm und hysterisch. Der Lehrer schien sich kaum halten zu können, ob nun vor Wut oder Entsetzen. „Ich habe keine Ahnung.“, erklärte der schwarzhaarige Junge Schultern zuckend. Es war ihm auch egal. „Sie meinten, ich solle zaubern, was ich wolle... Ich wollte Butterbier.“ Die Erklärung, warum dieser Anfall, folgte auf dem Fuß. „Es gibt hier in Hogwarts kein Butterbier! Und wir hatten auch noch keinen Ausflugstag nach Hogsmead! Und selbst wenn, wie würden Sie es bezahlen, würden Sie es jemandem stehlen? Würden Sie es überhaupt bezahlen? Ich hätte mehr Verantwortungsgefühl von Ihnen erwartet, Mr Potter! Ihr Verhalten ist nicht tragbar.“ Harry zuckte wieder die Schultern, beachtete das erneute leise Kichern der Slytherin, die sich über seinen Anschiss freuten, nicht. „Die Hauselfen haben immer einen Vorrat hier.“, sagte er. Die Vorwürfe ließen ihn kalt, waren sie auch noch so gerechtfertigt. Er hatte das Butterbier nicht gestohlen, er hatte lediglich die Anweisungen des Lehrers befolgt. Doch er konnte spüren, wie Flitwick zu Hochtouren auffuhr wegen seines Widerspruchs. „Ich kann es gerne zurückschicken, wenn Sie denken, ich hätte es in Hogsmead geklaut.“, fügte er an, bevor dem Mann noch etwas einfiel, was er ihm an den Kopf werfen konnte. „Sie können...?“ Dem Lehrer blieben die Worte im Halse stecken. „Das kommt erst nächstes Semester dran!“, keifte er. Und in diesem Moment beschloss Harry, dass es besser war, aufzuhören. Er wollte nicht schon wieder Zeit in irgendeinem Lehrerbüro verbringen. Gestern hatte ihm gereicht. „Schon gut.“, lenkte er also ein. „Dann kann ich es halt nicht.“ Aber sehr überzeugend klang er dabei nicht. „Wäre eh nicht mehr möglich.“, gab Hermione plötzlich trocken von sich, lenkte die Aufmerksamkeit aller auf sich. „Er hat es ausgetrunken.“ Sie zeigte mit dem Finger auf Ron, der sich zufrieden grinsend über die Lippen leckte. „Lecker war das. Ich wusste ja gar nicht, wie sehr ich das Zeug über die Ferien vermisst habe!“ Lachen. Nicht über Ron oder Harry, sondern mit ihnen. Diesmal war die Atmosphäre richtig entspannt. Und Flitwick gab auf. Er musste hier weg, bevor ihm der Kragen wirklich platzte und er etwas tat, was er später bereuen würde. Schnellen Schrittes ging er zu seinem Schreibtisch, klappte das Buch darauf zu, packte es in seine Tasche und wandte sich dann wieder zu ihnen um. „Sie können gehen. Die Stunde ist vorbei.“, ließ er schlicht verlauten, dann war er verschwunden. In der Klasse herrschte ungläubige Stille, sekundenlang, bis urplötzlich Freudentaumel ausbrach. Sie johlten und schrieen, erfreuten sich an der neu dazu gewonnenen Freizeit. Man konnte gar nicht so schnell genug schauen, da war der Klassenraum leer. „Genial, Harry!“, rief Ron enthusiastisch, nachdem auch er seine Fassungslosigkeit überwunden hatte. „Du hast es geschafft!“ Harry antwortete nicht, sondern suchte sein Glas, welches er kurz darauf mit Wasser füllte und etwas davon trank. „Nie wieder etwas Außergewöhnliches!“, nahm er sich nuschelnd vor. „Hermione, sag mir das nächste Mal bitte, was du gezaubert hast. Das will ich nicht noch mal machen. Die halten mich doch jetzt schon alle für einen Angeber.“ „Du hattest keine Probleme mit dem Spruch, oder?“ Das Mädchen hielt gekonnt alle Emotionen aus ihrer Stimme heraus. Sie klang vollkommen sachlich. „Du etwa?“, gab Harry ebenso nichts sagend an das Mädchen zurück. „Nein, er ist einfach.“ „Einfach, ja?“, knurrte Ron dazwischen, doch sein Einwurf wurde nicht weiter beachtet. „Ich frage mich, ob die Hauselfen wirklich Butterbier da haben.“, murmelte Hermione, während sie ihre Sachen zusammenpackte. „Vielleicht sollte wir sie fragen gehen...“ Beide Jungen blicken fast geschockt zu ihr hinüber. Hermione und die Hauselfen waren eine Sache für sich und nicht unbedingt eine, mit der sie sich gerne konfrontiert sahen. „Hast du deinen BELFER-Wahn überwunden?“, wollte der Rotschopf misstrauisch wissen. Wenn sie erst mal auf diesem Trip war, brachte sie so schnell keiner mehr davon ab, und sie waren diejenigen, die das ausbaden durften, weil sie sich zu ihren Freunden zählten und ihre Gefühle nicht verletzen wollten. Das war eine unabänderliche Tatsache! Hermione lachte auf, glockenhell, warf ihre Haarpracht über die Schulter zurück und verdeckte den Mund halb mit der Hand. „Aber wo denkst du hin! Es ist doch die perfekte Gelegenheit, sie mal wieder zu treffen und mit ihnen zu sprechen. Vielleicht erkennen sie endlich, dass sie aus der Sklaverei fliehen müssen. ... Also kommt! Gehen wir hinunter in die Küche!“ Und schon lief sie, die Schultasche geschultert und voller Tatendrang, los. Harry und Ron seufzten. Das war ja so typisch Hermione! Und sie mussten das jetzt ertragen? War das denn überhaupt fair? Dann fiel Harry etwas ein. Hauselfen hatten doch Heilmagie, oder? Vielleicht konnten sie ihm helfen. Vielleicht wussten sie einen Weg, ihm sein Augenlicht wiederzugeben, dann würde er wenigstens nicht zu Snape müssen. „Ich bin dafür.“, erklärte er Ron, der ihn ansah, als hätte er sie nicht mehr alle. „Dann kann ich endlich Dobby wieder einmal besuchen und mich noch mal persönlich für den Kuchen bedanken.“ Dieses Argument überzeugte Ron und er ergab sich der Mehrheit, auch weil er wusste, dass er in der Küche mit Sicherheit einige Leckereien abstauben konnte. Sich seinen viel zu langen Pony aus dem Gesicht streichend, folgte er seinen Freunden. Zehn Minuten später standen sie vor dem Stillleben, das den Eingang zur Küche verkörperte. Ron kitzelte die Banane am Bauch, sie begann zu kichern und schon öffnete sich für sie der Durchgang zum heiligen, lukullischen Reich. Da konnte man Fred und George doch wirklich mal dankbar sein, dass sie ihnen damals das Geheimnis verraten hatten. Sie wurden genauso enthusiastisch begrüßt wie beim ersten Mal. Die Hauselfen stürmten auf sie zu, verbeugten sich bis zum Boden, nahmen sie an den Händen und zogen sie zu einem kleinen Tisch, wo sie ihnen ungefragt Plätzchen, Biskuits und heißen, süßen Tee servierten. Und sie wuselten unkontrollierbar durch die Gegend und schwatzten dabei ununterbrochen, ließen sie kaum zu Wort kommen. Ihre Freude, endlich wieder jemanden bewirten zu können, ließ sich für sie kaum in Worte fassen. Harry nahm es gelassen, freute sich über ihre Ausgelassenheit und stellte sich vor, wie überglücklich ihre großen Augen wahrscheinlich strahlten. Ron konnte eh nichts mehr sagen, da er den Mund voller Kuchen hatte und Hermione versuchte, die Elfen mit ihrem BELFER-Kram zuzutexten. Sie hatte nicht viel Erfolg. Die kleinen Kerlchen störte es überhaupt nicht, sie hörten ihr nicht einmal mehr zu. Sie lächelten nur mit ihren schmallippigen Mündern und ihre Augen blickten milde an ihr vorbei. Irgendwann gab sie resignierend auf, nahm sich ebenfalls einen Keks und schwieg frustriert, während Ron plötzlich der eigentliche Grund für ihren Besuch einfiel. „Habt ihr Butterbier da?“, fragte er den nächst besten Elfen, den er erreichte. Dieser begann sofort zu strahlen. „Wünschen Mister eins?“, quietschte er freudig, froh darüber wohl etwas gefunden zu haben, womit er seinen Gast beglücken konnte. „Mikki hat es erst gestern gefunden, hat gesehen, dass etwas da ist!“ Und schon war er weg. Hermiones Luftstoß ließ Erleichterung vermuten und Harry hatte plötzlich das Gefühl, dass sie ihm seinen Zauber übel nahm. Und wenn er es recht bedachte, war das seit dem Unterricht bei McGonagall so. Konnte es sein, dass sie sich hintergangen fühlte, weil es ihm plötzlich so leicht fiel, Dinge zu verwandeln? Dass er die Sprüche inzwischen sofort beherrschte und nicht erst nach stundenlangem Üben mit ihr? Er sollte sie vielleicht mal darauf ansprechen... oder auch erst Mal beobachten, ob er sich nicht doch irrte. Schließlich war das doch total albern und ihrer gar nicht würdig. Jetzt war Dobby erst Mal wichtiger. „Ist Dobby da?“, fragte er in den Raum hinein. Sofort schwankte die gute Stimmung. So wie es aussah, war der ehemalige Hauself der Malfoys noch immer ein Außenseiter und man sprach nicht allzu gerne über ihn. Aber die Elfen nicken immerhin, wechselten dabei unsichere Blicke. Im Grunde war er da, nur wusste keiner, wo genau. Harry, der dachte, er bekäme keine Antwort, hakte nach. „Ist er nun da oder nicht?“, wollte er wissen, seine Stimme etwas genervt. Das erschrockene Quietschen der Elfen über ihren mangelnden Respekt ertönte, machte beschämter Stille Platz. „Korry holt Dobby sofort, Mr Harry Potter, Sir.“, piepste einer, dann hörte man hastiges Fußgetrappel. Hermione war sprachlos. Noch einige Sekunden brauchte sie, um sich einigermaßen zu fassen, dann donnerte sie los, dass die Wände wackelten und die Elfen zurückwichen. „Das hätte ich nicht von dir gedacht, Harry!“, schrie sie wütend. „Ich bin wirklich maßlos enttäuscht von dir! Die Elfen derart herumzuscheuchen! Was denkst du dir eigentlich dabei? Sie sind doch auch Lebewesen mit Gefühlen und keine Sklaven! Du kannst sie nicht einfach behandeln, als wären sie...“ Die Schimpfeskapade dauerte an, aber Harry hörte ihr nicht mehr zu. Ihr Vorwurf hatte ihn getroffen. Behandelte er die Elfen wirklich so schlecht? Er hätte die Frage doch genauso auch an Ron oder Hermione gestellt, wenn sie ihm nicht geantwortet hätten. Andererseits hätte er es auch anders formulieren können... Hätte er, doch sein momentanes Problem ging ihm so auf den Geist, dass er immer wieder die Nerven verlor und überreagierte. Es war keine Entschuldigung, nur eine Erklärung. „Hört mal, Leute.“, begann er gequält, ließ damit das Mädchen verstummen, so dass sie endlich Luft holen konnte. „Es tut mir Leid wegen des Tonfalls, aber...“ Er brach ab, ließ den Kopf hängen. Was sollte er ihnen denn sagen? Dass er blind war, konnte nicht die Entschuldigung für alles sein. Dann musste er sein Temperament eben besser unter Kontrolle halten. Doch die Elfen reagierten schlimmer als zuvor. Untertänige Verbeugungen, die Versicherung, es sei alles in Ordnung, er solle sich nicht entschuldigen für etwas, für das er nichts konnte, und Anbetung, wie großherzig Mr Harry Potter Sir doch war, überfluteten den schwarzhaarigen Jungen, der daraufhin rot anlief und Händeringend versuchte, sie wieder zu beruhigen. Im Hintergrund konnte er Ron lachen hören. Hermione war endgültig verstummt. „Mr Harry Potter Sir!“, quietschte es da plötzlich schrill über den ganzen Pulk an Hauselfen hinweg. Dobby war da wieselte auf ihn zu. Beinahe empfand Harry Erleichterung, als er die kühlen Hände des Freundes an seinen spüren konnte. Durch ihn waren die anderen endlich verstummt. Außerdem, auch wenn Dobby immer etwas falsch machte, wenn er es versuchte, er war immer bereit, ihm zu helfen. Auf ihn war Verlass. Schon immer gewesen. „Guten Tag, Dobby.“, grinste er. „Wie geht es dir?“ „Dobby geht es sehr gut, Mr Harry Potter Sir.“, kam auch gleich die glückliche Antwort. „Er hat jetzt neue Kleider und ein Halstuch!“ Harry hob den Kopf, als er Ron erneut in einen Lachanfall ausbrechen hörte. Selbst Hermione kicherte leise. „Welche Farbe?“, wollte er unsicher, ob er überhaupt eine Antwort haben wollte, wissen. „Dobby hat ganz wundervolle Farben gewählt.“, schwärmte der Hauself überglücklich. „Er hat sie ganz allein gewählt!“ Jetzt wurde Harry doch neugierig. Dobby redete so was von um den heißen Brei herum, dass das Ergebnis doch einfach nur furchtbar sein konnte. Er konnte ja auch nicht ahnen, dass Dobby, passend zu seinen verschiedenfarbigen Socken, die er einst von Harry bekommen hatte, nun eine rote, viel zu weite Hose trug, darüber ein lila, weiß, blau, grün gestreiftes T-Shirt, das halb von einer geblümten Sommerbluse verdeckt war. Das Halstuch war pink. Auf seine erneute Frage diesbezüglich herrschte einige Zeit Schweigen, wobei sich sowohl Ron als auch Hermione mühsam ein böses ein Kommentar verkniffen, dann gab Harry auf. Wahrscheinlich wollte er das Ergebnis von Dobbys Geschmack auch nicht wirklich sehen. Endlich hatte es mal Vorteile, dass er nichts sah. Apropos... „Ihr habt doch Heilkräfte.“, sprach er den Freund an und dieser nickte wie ein Irrwisch, um dies zu bestätigen. „Aber natürlich! Jeder Elf hat Heilkräfte! Wir sind stolz darauf!“ Der Junge lächelte über die Wahrheit in Dobbys Stimme, was den Stolz betraf. Den konnte man heraushören. „Würdest du dir mal meine Augen ansehen?“, fragte er leise, wurde sogar rot dabei. „Vielleicht kannst du mir helfen.“ Die Hauselfen wurden noch stiller. Sie hatten natürlich schon von Harrys Schicksal gehört, die Geister trugen es in jeden Winkel des Schlosses. Und der Junge, der lebt, ihr persönlicher Held, der sie von Voldemorts Herrschaft erlöst hatte, hatte ihr vollstes Mitgefühl. Doch helfen... Das ging gegen ihre Prinzipien! Elfen halfen den Menschen, aber sie mischten sich niemals in deren Gesundheit ein, es widersprach dem Kodex. „Dobby will es versuchen.“, kam zögerlich die helle Stimme des freien Elfen, löste damit eine wahre Empörung unter Seinesgleichen aus. „Er will es gerne versuchen, aber versprechen tut Dobby nichts.“ Harry lächelte und nickte. „Mehr verlange ich ja nicht.“, sagte er, dann spürte er, wie der Hauself auf seinen Schoß kletterte, ihm die langen, dünnen Finger auf die Augen legte und er spürte Wärme. Zum ersten Mal fühlte er, dass Heilung im Spiel war. Es war nicht, wie die Versuche von Mme Pomfrey. Das hier versprach Hilfe! Doch Dobby schaffte es nicht. Nach einer knappen Viertelstunde nahm er enttäuscht die Hände runter, blickte auf Harrys Umhang hinunter. „Dobby kann nichts heilen, was nicht krank ist.“, piepste er leise. „Mr Harry Potter Sir muss es ganz alleine schaffen.“ Harry erstarrte. „Wie bitte?“, fragte er tonlos. „Ich kann das nicht. Ich kann keine Heilkräfte nutzen. Wir haben dergleichen noch nicht gelernt!“ Dobby sprang von seinen Knien. „Dobby kann Harry Potter nicht helfen.“, murmelte er bedrückt. „Es tut Dobby wirklich Leid...“ Er schwieg niedergeschlagen. Harry zwang sich zum Lächeln. Natürlich war er enttäuscht, aber der Hauself konnte ja nun wirklich nichts dafür, dass es nicht ging. „Danke, Dobby.“, sagte er leise. „Harry...“ Hermiones Stimme war leise. Sie hatte erkannt, dass es Harry schwer fiel, das alles zu akzeptieren, begriff endlich, dass er keineswegs damit zu recht kam. Und sie hatte ihm auch noch Vorwürfe gemacht, weil er offenbar trotz seines Handicaps so erfolgreich mit seiner Magie war. Doch Harry reagierte gar nicht auf sie, so tief waren seine Gedanken in seinem Problem verstrickt. Ihm war eine neue Idee gekommen. „Kannst du mich dann vielleicht zu Snape bringen, Dobby?“ Der Hauself fand augenblicklich sein glückliches Lächeln wieder. Begeistert griff er nach den Händen seines menschlichen Freundes. „Natürlich. Dobby bringt Harry Potter sofort zu ihm!“ „Harry! Das kannst du nicht machen!“, protestierte Ron empört und heimlich besorgt. „Du findest alleine nicht wieder zurück!“ „Und Snape wird sicherlich nicht so freundlich sein, dich zu deinem nächsten Unterricht zu bringen!“, schloss sich Hermione ungnädig an. Harry grinste. „Ich komme schon klar!“, sagte er, legte eine gehörige Portion Zuversicht in seine Stimme. „Außerdem haben wir heute keinen Unterricht mehr. ... Bis später!“ Und dann waren er und Dobby verschwunden. „Wie kommt es eigentlich, dass Dobby hier apparieren kann?“, wollte Ron nachdenklich wissen. Er konnte es nicht fassen, dass sich Harry gerade abgesetzt hatte. „Er appariert nicht. Das ist momentane Teleportation.“, erklärte sie beiläufig und ruppig. „Ein Hauselfenzauber.“ Das Mädchen war sauer. „Wieso geht er uns aus dem Weg?“, fragte sie und stand auf. „Er tut fast so, als seien wir ihm lästig!“ Ron sah zu Boden. „Ich glaube eher, dass er denkt, er sei uns lästig. Er will uns nicht zur Last fallen.“ Entgeistert starrte sie ihn an. „Das ist nicht sein Ernst. Wie kann er so etwas denken? Haben wir so etwas etwa angedeutet?“ Der Rotschopf schwieg. Er wusste keine Antwort. Unterdessen tauchten unten in den Kerkern Harry und Dobby wieder auf. Sie standen direkt vor dem Unterrichtsraum für Zaubertränke, jedenfalls roch es so. Der Hauself bestätigte das. „Mr Harry Potter Sir muss nur noch hineingehen. Professor Snape ist dort drin.“ Harry bedankte sich bei seinem hilfsbereiten Freund und dieser verschwand. Und jetzt? Einfach anklopfen? Zaghaft hob er die Hand und tastete nach der Tür. Sie war direkt vor seiner Nase. Er atmete noch einmal tief durch und klopfte dann. „Herein!“, tönte von drinnen die schnarrende Stimme des Slytherinhauslehrers. Harry schluckte und verbannte alles Unbehagen in den hintersten Teil seines Bewusstseins, bevor er die Tür öffnete und eintrat. Die schwere Holztüre knarrte laut in der vorherrschenden Stille. „Potter. Welch unerfreuliche Überraschung.. Was willst du? Ich habe wenig Zeit.“ Der schwarzhaarige Junge zuckte ob der kalten Stimme etwas zurück. Hatte er früher zwar gewusst, dass Snape ihn nicht mochte, so konnte er es jetzt hören. Die Stimme, die Tonlage, die Art, wie die Wörter ausgesprochen wurden, das feine, heraus hörbare, bösartige Lächeln auf den Lippen des Professors... Das alles deutete auf einen Hass hin, der seine Vorstellungen noch weit übertraf. Am liebsten wäre er wieder umgedreht und gegangen, doch der Grund für sein Kommen war zu wichtig. „Professor McGonagall sagte, ich solle Sie aufsuchen und Ihnen diesen Brief geben.“ Er griff in die Tasche und zog den versiegelten Umschlag heraus, hielt ihn ausgestreckt vor sich. Snape zog die Brauen zusammen. Was war denn mit dem Jungen los? Erwartete der tatsächlich, dass er zu ihm ging und den Brief abholte? Da hatte er sich aber geschnitten. „Bring ihn her!“, knurrte er und widmete sich wieder dem Trank in dem Kessel zu seinen Füßen, ohne weiter auf Harry zu achten. Seit Tagen arbeitete er nun an diesem Gebräu, weshalb er auch noch nicht oben gewesen war. Es erforderte sehr viel Sorgfalt diesen Trank zu brauen und er befand sich in einer kritischen Phase. Er durfte den Kessel nicht für zehn Minuten alleine lassen. Aus diesem Grund hatte er gestern sogar den Unterricht aller Klassen gestrichen. Derweil begann Harry, sich langsam vorwärts zu tasten. Er wusste, dass er nur geradeaus gehen musste, um zum Lehrertisch zu kommen, aber leider nicht wie weit genau. Es war schon zu lange her, dass er hier, in diesem Raum, gewesen war. Snape sah auf. Was brauchte der Bengel denn so lange? Das sah ihm so überhaupt nicht ähnlich! Und just in diesem Moment kollidierte Harry mit einem Stuhl, der unvorschriftsmäßig zwischen den Tischreihen stand, stolperte und fiel zusammen mit ihm krachend zu Boden. Doch kein Ton kam über seine Lippen und in seinem Gesicht stand pure Entschlossenheit geschrieben, als er sich wieder aufrappelte und den begonnenen Weg fortsetzte. Und als er ihn erreichte, war Snape sich sicher. Der Junge war blind, was wohl nicht daran lag, dass er seine Brille nicht trug, sondern tatsächlich blind! Warum hatte ihm denn keiner gesagt, dass er den Trank für Harry Potter brauen sollte, als er gestern Abend mit den Zutaten zurückgekommen war? Es wussten doch sicherlich alle, es war schließlich auffällig genug. „Bitteschön!“, riss Harry ihn aus seinen Gedanken, als er ihm den Brief entgegenhielt. Nur Millimeter vor seinem Ellbogen verharrten Hand und Brief in der Luft, sie hätten genauso gut treffen können. Ihn nicht aus den Augen lassend, nahm Snape den Umschlag entgegen und öffnete ihn, entfaltete das innen liegende Pergament, dann erst wandte er die Augen von Harry ab, um zu lesen. „So, so.“, murrte er, als er geendet hatte. „Professor McGonagall hat dich also zu mir geschickt.“ Harry nickte. „Ich soll dir einen Spruch beibringen, der dich des Sehens ohne Augen befähigt, habe ich das richtig verstanden?“ Wieder ein Nicken. Snape zuckte mit den Schultern. „Einen solchen Spruch gibt es nicht.“, erklärte er schlicht und mit kaltem Kalkül. Er machte sich nicht einmal die Mühe, es in schonende Worte zu verpacken, schließlich war die Realität ebenso grausam und man sollte es früh genug lernen, dass man bei solchen Dingen nichts durch Schönreden erreichen konnte. Harrys Augen weiteten sich, dann senkte er enttäuscht den Kopf. Und der Lehrer für Zaubertränke kam nicht umhin, eine gewisse Befriedigung darin zu finden. Harry Potter war nicht oft so hilflos. Das musste man auskosten! „Es gibt Zauber, die einen im Dunkeln besser sehen lassen.“, sagte er, ließ den bohrenden Blick nicht von dem Jungen. „Und es gibt Zauber, die einen mit den Augen Nebel durchdringen lassen. Es gibt sogar einen Spruch, der durch Wände sehen lässt. Aber dazu braucht man sehfähige Augen. Das, was Sie erreichen wollen, das gibt es nicht.“ Harry nickte lächelnd. Er hatte die Wahrhaftigkeit aus Snapes Stimme herausgehört und wusste, dass er nicht log, auch wenn es noch so sehr wehtat. „Vielen Dank, Professor.“, sagte er, wandte sich zum Gehen. „Und es tut mir Leid, dass ich Ihre kostbare Zeit in Anspruch genommen habe.“ Snapes Augenbrauen hoben sich in Erstaunen. Wo hatte der Bengel gelernt, in dermaßen höflichem Tonfall zu sprechen? Sich derart gepflegt auszudrücken? Wo war die Kaltschnäuzigkeit Harry Potters hin, die ihn James so ähnlich gemacht hatte? Und seit wann gab er einfach auf? Verwirrt sah er Harry hinterher, wie er zurück zur Tür ging. Er wirkte eigentlich ziemlich sicher. Den Stuhl umging er beinahe ohne zu zögern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)