Destiny von Shiru-sama (Wenn Zwei Schicksale auf einander treffen) ================================================================================ Kapitel 2: Angst ---------------- Ich weiß einfach nicht was los ist mit mir. Normaler Weise würde ich mich nie einschüchtern lassen. Schon gar nicht von so einem inkompetentem Drohschreiben. Natürlich wissen sie nicht wo mein Bruder ist. Und Wheeler? Der kann mit Gott weiß gestohlen bleiben. Also warum dann? Vielleicht weil ich weiß WER dahinter steckt? Ja, ich hatte schon immer viele Feinde und viele dieser Feinde haben auch das Interesse, dass ich eine Partnerschaft eingehe. Pah... darauf können die lange warten. Seto Kaiba lässt sich nicht so unter Druck setzen. Ich werde meinen Bruder, meine Firma und mein Hündchen beschützen. Moment... mein Hündchen? Für den Köter mach ich doch keinen Finger krumm... na ja vielleicht, aber auch nur, weil ich es hasse, wenn man mittellose, nichts könnende, kleine Hunde so bedroht. Es geht mir also mehr oder weniger ums Prinzip. Aber wenn wir schon mal beim Thema sind. Was ist mit dem Köter los? In den letzten Tagen beobachtet er mich. Verfolgt mich. Auf Schritt und Tritt. Es pisst mich an. Total sogar. Es ist ja nicht so, als hätte er mit seinem Mikro-Hunde-Hirn mir etwas entgegen zu setzen, aber es macht mich dennoch nervös. Wer weiß, ob nicht sogar er dahinter steckt? Will er mich ärgern, terrorisieren und zu einem Nervenzusammenbruch bringen? Kann er so was? Ich kann mir nicht helfen, aber das trau ich ihm nicht zu. Weder ethisch, noch technisch. Als hätte Mister "Ich bin ein kleiner dummer Hund und fasele den ganzen Tag etwas von Freundschaft und treibe dich damit in den Vorruhestand" das technische Vermögen, oder gar die Mittel und die moralischen Werte so was zu tun. Ok, das mit der Moral sei mal so dahingestellt, aber ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Nicht Wheeler, nein nicht er. Nicht mein Hund. Denk ich da schon wieder MEIN Hund? Na ja... ich muss zugeben, etwas hat diese kleine Dreckstöle an sich. Ich versuche zwar schon seit 4 Jahren herauszufinden was es ist, aber etwas ist da. Entweder das oder seine seltsame Paranoia färbt bedenklich stark auf mich ab und ich bilde mir das alles nur ein. Es ist, glaube ich, schon fünf Wochen her, seit das mit den Drohungen angefangen hat. Erst gelegentliche Anrufe und dann artete es zu einem Dauerangriff aus. Und ehrlich gesagt, es nervt, mehr noch als Wheeler. In der letzten Zeit fühle ich mich in der Schule auch so beobachtet. Natürlich ahne ich, wer mich beobachtet, aber sicher kann ich es nicht sagen. Kurz vor Ende des Unterrichts bekam ich wieder eine Droh-Mail. In der stand: >>Roland wird dich nicht mehr beschützen können<<. Was hat das zu bedeuten? Haben sie nun auch ihm etwas getan? Nur weil er für mich arbeitet? Er weiß doch nicht mal etwas von den Drohungen und schützt mich dementsprechend nicht. Schnell schickte ich eine Nachricht mit meinem Handy und bekomme Antwort, also haben sie nur geblufft, Roland geht es gut. Gott sei dank. Er ist schließlich ein sehr treuer Mitarbeiter und in gewissem Maße auch noch fähig, das ist selten und man muss gut drauf aufpassen. Es klingelt. Endlich. Ich kann nach Hause. Raus aus dieser Irrenanstalt namens Schule. Weg von allem, weg von den seltsamen Blicken, die mir alle zuwarfen, weg von dem Gefühl beobachtet zu werden. Grade denke ich, das Schlimmste, was mir heute passieren kann ist überstanden, aber weit gefehlt. Von hinten stößt mich eine heiß gehasste Person an. "Ey, Kaiba, was ist denn los mit dir?", fragt mich die wohl nervigste Stimme der Welt, die in meinem Kopf hämmert. "Was willst du, Wheeler?", murre ich als Antwort und sehe ihn an. Fehler Seto, großer Fehler! Und schon wird mein Blick von zwei großen braunen Hundeaugen erwidert. Ein Blick, den ich mehr hasse als jeden anderen. Vielleicht geht es ihm andersrum auch so, aber das kann mir egal sein. ER soll MICH nicht so anschauen, was ich tue ist gerechtfertigt. "Ich mach mir Sorgen, Alter. Darf ich das nicht?" "Nein!" "Und warum nicht?" "Weil ich es dir gesagt habe, weil ich dein Herrchen bin, weil ich einen höheren IQ habe und weil du ganz einfach zu gehorchen hast!" Jetzt hör endlich mit dem Scheiß auf, ich bin KEIN Hund!!", knurrt er und ich kann geistig richtig sehn, wie er seinen Schwanz aufstellt und die Zähne wetzt, jeder Zeit bereit mir an den Hals zu springen und mich zu zerfleischen. Er hat so viel Elan... zwar nervt es, pisst mich richtig an, aber es ist auch bewundernswert, dass ihm echt nie die Puste ausgeht und er so verzweifelt versucht gegen mich anzukommen. Aber was noch viel besser ist, mit dieser Beleidigung kann ich ihn immer ablenken. Auch wenn Joseph Jay Wheeler, die wohl unberechenbarste Person der Welt ist, DA ist er es. Zu 100% war er dadurch ablenkbar. Er fuchtelt hastig mit den Armen und versucht mir auf eine absurde und lächerliche Art zu beweisen, dass er kein Hund sondern ein Mensch ist. Es ist echt schwer ihn nicht lauthals auszulachen, aber noch schwerer ist es, ein lieb gemeintes Lächeln zu unterbinden, dennoch schaffte ich es. Perfekt, verborgen unter meiner Maske aus Eis ist es gut aufgehoben. Sein Blick ist wieder auf mich gerichtet und spricht tausend Worte. Da hat wohl grade heute sein Gehirn den von den meisten Menschen erwarteten Gedankenprozess begonnen und er erkennt, dass ich seiner Frage ausgewichen bin. "Warum weichst du mir denn aus? Na? hast du Dreck am Stecken?", lächelt er vorschulfrech. Ich hasse es, dieses Lächeln, es ist warm und einladend und es hat, glaube ich, nur eine einzige Aufgabe, das Eis schmelzen. "Ich weich dir nicht aus. Ich habe nur im Gegensatz zu dir viel zu tun und keine Zeit für dämliche Fragen. Besonders nicht für DEINE dämlichen Fragen, Köter." Ich versuche wieder ihn abzulenken. Allerdings ist auch er nicht so blöd in so kurzer Zeit zwei mal darauf reinzufallen. Leider. "Ach, und was macht der große Seto Kaiba so alles? Lass mich raten, er löscht den ganzen Tag diese Drohungen, richtig?" Mein Blick erstarrt. Ich starre ihn an. Entsetzt, fassungslos, ohne die Möglichkeit, mich zu kontrollieren. Woher weiß er das? Wie kommt dieser Trottel an solche Informationen. Steckt er etwa am Ende doch dahinter? "Wheeler...", knurre ich böse und funkle in bedrohlich an, sodass er etwas zurückweicht , "was weißt du?" "Ich...", er gerät ins Stocken, mache ich ihm solche Angst? Gut! Die soll er nur haben. Wehe, etwas dringt an die Öffentlichkeit. "...ich weiß nur... das du diese Mails bekommst... und sie dich mit Mokuba erpressen und... und sonst weiß ich gar nichts, echt." Sein reumütiger Blick ist zwar seltsam, aber ich belasse es dabei. Zum Glück scheint er es nicht zu wissen. Ja, zum Glück weiß er nicht, dass ich auch mit ihm erpresst werde. Vielleicht würde er mir dann in den Ohren liegen, dass ich doch so ein Arschloch bin und alles meine Schuld ist. Oder er würde Panikattacken bekommen und sich an mich klammern. Oder er würde wirklich Angst um sich und sein erbärmliches Leben haben. Und das Letztere will ich am wenigsten. In meinem Universum gibt es keinen Joey Wheeler der Angst hatte. Es gibt nur Joey Wheeler, die Nervensäge mit großer Klappe, großem Herz, furchtlos und unerschrocken. Na ja, seine angeblich geheime Höhenangst und seine Phobie gegen alles das nur etwas gruselig sein soll, mal ausgeschlossen. Aber schließlich hat jeder Mensch seine Schwächen und wenn ich es vor niemandem zugebe, auch ich hatte welche; zwei um genau zu sein, meinen Bruder und... leider Wheeler. Er stellt grade meine größte Schwäche dar, weil ich ihn nicht beschützen kann. Daher bleibt mir nur ihn zu ignorieren und zu hoffen, dass man das Interesse an ihm verliert. Aber wie ich diesen Köter kenne, würde er immer schön auf sich aufmerksam machen. "Vergiss einfach, Wheeler!", sage ich ruhig zu ihm und drehe ihm den Rücken zu. Wag es nicht, mich jetzt noch mal anzusprechen, dann bist du tot. Aber ich fühle, wie etwas meinen Arm festhält. Ok Seto, wir sind noch in der Schule, es gibt zu viele Zeugen hier. Einfach cool bleiben und bis Hundert zählen. Eins... Zwei... Drei... Vier... Fünf... Sechs... Sieben... Acht... Neun... Zehn... Elf... Es bringt nichts, weder der Druck an meinem Arm, noch der Drang ihn zu töten wird schwächer. Ich werfe meinen Kopf wieder zu ihm "Was denn noch?", murre ich genervt. Alles was ich will ist weg von ihm, er pisst mich dermaßen an... "Kaiba, ich mache mir echt Sorgen...", kommt es in einem halb leisen Ton. Was denn? Willst du etwas verstecken, dass du dir Sorgen um MICH machst? Sprichst du leise, damit deine Freunde es nicht hören? Ich kann auf dein geheucheltes Mitleid gut verzichten. "Ich hab gesagt es ist in Ordnung Wheeler, also lass mich verdammt noch mal los!" Ich werde aggressiv, scheiße. Wenn er merkt, wie nervös ich werde, dann ist es aus. Ja verdammt, Wheeler, mach dir ruhig Sorgen. Ich bin nervös und man könnte fast so weit gehen zu sagen, dass ich Angst habe. Wie würde es dir gehen, wenn du wochenlang terrorisiert wirst, ohne etwas dagegen tun zu können. Langsam aber sicher entgleitet mir die Kontrolle über diese Situation. Und das hasse ich wie die Pest. Keine Ahnung ob der Blödmann was gemerkt hat, aber er lässt meinen Arm los. Schnell erkaltet die Stelle, die bis eben noch durch seine Hand gewärmt wurde. Bitte, lass nicht los... Sein Griff war so fest und gab mir für Sekunden solche... Sicherheit. Klar, man kann sagen, Seto Kaiba bekommt Sicherheit durch Joey Wheeler? Unmöglich. Aber was soll man tun, wenn man langsam aber sicher am Ende ist und ach jedem Strohhalm greift. Ich gebe es zu, dass alles belastet mich mehr als ich zugebe und bricht mich Stück für Stück. "Ok...", meint er leise und schaut mich weiter besorgt an. Irgendwie beruhigend, dass wenigstens ein Mensch, neben Mokuba, bemerkt, wie es mir geht. "Aber wenn was ist, sag's mir klar, Kaiba?" Ich nicke leicht und für Sekunden huscht mir ein Lächeln über die Lippen. Er hat es gesehen, dass weiß ich genau. Denn er lächelt auch. Zwar gequält und besorgt, aber er lächelt. Ich ziehe den Griff um meinen silbernen Aktenkoffer fester und wende mich ab. Ich verlasse dieses ganze Szenario. Ohne ihn, oder sonst wen noch mal anzuschauen, gehe ich weg. Ca. eine Stunde später bin ich Zuhause. Ich fahre mittlerweile nicht mehr mit der Limousine, dass ist zu gefährlich. Ich gehe zu Fuß, einen Schleichweg um genau zu sein, einen den nur Mokuba und ich kenne, hoffe ich. Zuhause ist es leer. Kann man sich das vorstellen? Eine Villa wie meine, leergefegt? Ich habe alle Angestellten beurlaubt, um sie nicht in Gefahr zu bringen. Die Sicherheitssysteme sind auf volle Leistung, sodass sogar ich nur mit Mühe und Not rein komme. Drinnen suche ich gleich den Sicherheitsraum auf. Ich mag ihn nicht mehr seit ich den Film "Panik Room" gesehen habe, aber dort ist es nun mal am sichersten. Ein Blick auf die Monitore nach draußen verrät, dass es schon dunkel ist. Schließlich ist Winter. Und es regnet, wie aus Kübeln. Nur gut, dass ich eh nicht vor hab raus zu gehen. Ich lehne mich gelassen zurück in meinen großen Bürostuhl und schließe die Augen. Blende alles um mich herum aus. Jedes Licht. Jedes Geräusch. Jeden Gedanken, der sich um Mokuba oder Wheeler dreht. Einfach alles... So bemerke ich auch das schrille Piepen im ersten Moment nicht. Ich schrecke auf, was ist das? Schnell blicke ich auf zu den Monitoren, ein Schatten. Dort. Und da auch. Was ist nur los? Ich schaue auf einen weiteren Monitor, der einen kleinen grünen Punkt zeigt, das bin ich. Umringt von 20 roten Punkten. Wer oder was ist da? Ein Klirren. Ich erstarre. mein Puls schießt hoch. Ja, ich habe Angst. Panische Angst. Begründete Angst. Nach und nach fielen alle Monitore aus. (Anmerkung der Autorin: Nein, ich habe Panik Room nicht gesehen, wenn es hier Ähnlichkeiten gibt... da könnt ihr mal sein wie gut ich bin^^) Es wird dunkel um mich herum. Ich muss hier raus. Schnell. Oder ich bin tot. Schnell suche ich meinen Weg durch die langen, dunklen Flure. Ich weiß ja, dass ich eine große Villa habe, aber so groß? Endlos lange, riesige Flure. Alle sehen sie gleich aus. Hier und da mal ein Gemälde, eine Vase, Wandteppiche oder irgendwelcher anderer unnützer Dekoscheiß. Hinter mit höre ich Schritte. Bedrohlich nah. Und immer näher kommend. Ich beschleunige meinen Schritt. Beschleunige? Ich fange an zu rennen. Leider gehört ein Marathonrennen nicht zu meinen Stärken. Ich bin mehr... ein Bürohengst. An diesem Tage beschließe ich, Seto Kaiba, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und unter Todesängsten, mehr Sport zu machen. Aber nur wenn ich überlebe, versteht sich. Die Schritte hinter mir, nein, um mich herum, vermischen sich mit Rufen und Schreien. "Da hinten ist er!!", höre ich wen schreien und gleich vermehrt sich die Anzahl der Schritte hinter mir. Sie haben mich entdeck. Scheiße. Ich renne einfach weiter. Immer weiter und weiter. Mein Herz rast und dürfte sich nur noch wie ein Vibrieren anhören, nicht mehr wie ein Klopfen. Mein Puls ist so hoch, dass er in meinem Gehörgang pocht und ich ihn hören kann. Meine Lunge verabschiedete sich schon auf einem der letzten fünf Fluren. Wie groß ist diese Villa, verdammt. Und ich hab schon überlegt anzubauen. Ich Idiot. Ich höre wie sie mir näher kommen. Grade biege ich um, schon höre ich einen lauten Knall. Diese Schweine schießen!!, stelle ich entsetzt fest. Keine Zeit sich darüber zu ärgern. Oder sich zu fragen wie sie es hier rein schafften. Wieder ein Schuss. Noch knapper als der Letzte. Und noch einer, noch knapper. Ich biege auf den letzten und zugleich längsten Flur. Die Chance hier getroffen zu werden ist am höchsten. Keine Abzweigung, die ich im letzten Moment noch abbiegen kann. Ein grader, gut gezielter Schuss und ich bin tot. Als hätte ich ein Omen heraufbeschworen höre ich einen neues Schuss. So knapp vor der Eingangshalle, die seltsamer weise unbewacht ist. Man zweifele anscheinend nicht an meinem Verstand und denkt ich würde den Geheimgang nehmen. Doch ich selbst bin so in Panik, dass ich nicht mal an diesen Gang denke. Gott sei Dank. Falscher Gang hin oder her. Ich hatte ein ernsteres Problem. Meine Schulter schmerzte. Sie schmerzte höllisch. Ich bin getroffen. Die warme Flüssigkeit, die sich Blut schimpfte, bahnt sich seinen Weg an meinem Arm und Oberkörper runter und hinterlässt eine Spur. Endlich bin ich an der Eingangstür angekommen. Schnell drücke ich den Schalter, der das Haupttor zu meinem Anwesen für 3 Minuten öffnen würde. Kurz lehne ich an der Tür. Und warte. Nun heißt es gut schätzen. Wenn ich es schaffen würde, diese verdammten 3 Minuten richtig abzuschätzen, dann würde ich das Anwesen verlassen können und die wären hier eingesperrt. Wenn auch nur kurz, aber es wäre vielleicht genug Zeit gewesen um zu entkommen. Aber wo soll ich hin? Wo wird man mich nie vermuten? Die Schritte nähern sich erneut und ich verlasse mein Zuhause durch die Eingangstür. Niemand kommt mir nach. Jedenfalls eine Minuten lang, bis ich wieder Schreie, rennende Schritte und Schüsse hörte. Mein Arm hört nicht auf zu bluten und der Schmerz brennt sich immer mehr ein, nagt an mir und macht mich langsamer. Noch ca. eine Minute, dann würde das Tor zugehen. Ich werde langsamer. Verdammt. Immer langsamer. Nicht weil mir die Puste ausgeht, nein, dafür ist mein Adrenalinspiegel grade viel zu hoch. Aber mein Arm fühlt sich an wie Blei und zieht mich gen Erde. Bremst mich ab. Noch 30 Sekunden. Ich renne weiter, so gut ich es eben kann. Noch 20 Sekunden. Ich bin viel zu weit weg. Das schaffe ich nie. Mein Arm zieht mich immer tiefer, macht mich immer langsamer. Ich halte mit der freien Hand die angeschossene Schulter fest. Mittlerweile ist diese Hand auch ganz rot. Noch 10 Sekunden. Das Tor beginnt sich zu schließen. Ich schaffe es nicht. Ich werde genau wenn es zu ist dort sein. Und sie werden mich töten. Noch 5 Sekunden. Ok... vielleicht... wenn ich einen Hechtsprung mache. Das Schlimmste, das passieren kann ist, dass ich entweder zwischen den Torhälften stecken bleibe und zerquetsch werde oder das ich mit dem Kopf vor das Tor knalle und mir den Schädel breche. Und sollte ich wie durch ein Wunder eine der beiden Möglichkeiten doch überleben, würden die mich töten. Mit anderen Worten, es ist scheißegal ob ich nun springe oder nicht. Nur hatte ich bei Ersterem, also Springen die Möglichkeit, doch noch durch zu kommen. 4. Ich sprinte los. 3. Langsam setze ich zum Sprung an. 2. Ich fühle wie sich meine Füße vom Boden erheben. Und ich fliege. Die Augen fest zugekniffen. 1. Nichts, kein Widerstand. Nichts, was mich an den Seiten festhält. Ich höre wie etwas mit einem dumpfen metallisch klingenden Ton zuknallt. Sekunden später pralle ich auf den harten Asphalt auf, der die Straße vor meinem Anwesen darstellt. Ich hab es geschafft. Kaum zu glauben. Ich bin durch, aber... ich lande genau auf meinem Arm. Jedenfalls glaube ich das, da ich nicht mehr in der Lage bin mich zu bewegen. Na toll, Seto. Du hast es geschafft und wirst doch sterben. Entweder, weil sie bis zum Tor kommen und mich durch die Stäbe hindurch erschießen. Oder weil mich das Auto, das ich dort hinten erkennen kann, mich nicht sehen wird und mich überfährt. Schließlich liege ich hier mitten auf der Straße. Und es wird mich mit Sicherheit nicht sehn, da es nur einen Scheinwerfer hat und verdächtig hin und her schwankt. Na ja, wenigstens wird es dann heißen "Seto Kaiba umgekommen durch Autounfall" und nicht "Seto Kaiba von krimineller Organisation erschossen". Ein geringer Trost, aber immerhin ein Trost. Der letzte Strohhalm nachdem ich greifen kann. Denn das der Kerl mich sieht, feststellt das ich verletzt bin und mich rettet, kann ich mir nicht vorstellen. Irgendwas stimmt mit diesem Wagen nicht, er hört sich seltsam an, sehr seltsam... Moment, das ist kein Auto, das... das ist... ...ein Motorrad. Deswegen nur ein Scheinwerfer. Deswegen schwankte es so. Aber warte, wenn das da ein Motorrad ist und kein Auto mit defektem Scheinwerfer und volltrunkenem Fahrer, dann besteht vielleicht Hoffnung. Schon seltsam welcher Gedankengang sich in mir aufgebaut hat innerhalb der 5 Sekunden zwischen Aufprall und Erkenntnis. Das Motorrad kommt näher. Immer näher. Und es wird... langsamer!! Bitte sieh mich, bitte nimm mich mit, egal wohin nur weg von hier, ich muss sie doch beschützen, Mokuba und... Wheeler. Es hält an. Ca. 7 Meter vor mir hält es an. Den Scheinwerfer direkt auf mich gerichtet, als wäre ich in einer billigen Show. Der Regen ist durch das Licht genau zu erkennen. Er tropfte mir ins Gesicht, ließ mich blinzeln. Meine Pupillen schrumpften zusammen, aber ich werde dennoch geblendet. Wer ist da? Alles was ich erkennen kann ist eine wage Gestalt, leicht von hinten beleuchtet durch die Straßenlaterne, die nur Umrisse zulässt. Wer auch immer da ist, er, ich bin mir sicher es ist ein Mann, schaut mich an. Schaut mir mitten ins Gesicht. Aber ich kann ihn nicht erkennen. Er sitzt noch immer auf seinem Motorrad, mit einem Bein auf den Boden abgestützt, schräg vor mir, einen Helm tragend, mit einer Hand am Lenkrad und der anderen auf seinem Oberschenkel. Den Blick nicht von mir abwendend. Sekunden lang. Im Hintergrund höre ich schon wieder Schreie, Schritte und Schüsse. Kurz schaue ich, soweit es mir möglich ist dort hin, wo sie herkommen. Dann wieder zu dem Mann. Der Regen und mein Blut haben sich zu einer kleinen Fütze gesammelt und ich merke, wie ich schwächer werde. Etwas vor mir tut sich. Der Kerl bewegt sich. Wandert mit den Händen zum Helm. Und nimmt ihn ab. Jetzt kann ich ihn vielleicht erkennen, aber der Regen tropft mir in die Augen. Ich blinzle. Als ich in der Lage bin wieder die Augen aufzuhalten ist er schon vor seinem Motorrad, steht 3 Meter vor mir und wird von hinten beleuchtet. Es ist nur noch eine harte Lichtkante zu erkennen, seine Silhouette. Er ist sehr schlank, trägt enge Kleidung und ist... irgendwie zierlich. Nicht größer als ich, im Gegenteil, wohl eher einen Kopf kleiner. Ich versuche so weit wie ich kann an ihm hoch zu schauen. Seine Haare sind blond, hell und aufmunternd und leuchten durch das Rücklicht wie ein Heiligenschein. Werde ich grade von einem Engel gerettet? "Kaiba...", höre ich ihn flüstern. Seine Stimme kommt mir bekannt vor, so warm und beruhigend und doch klingelte sie nervig in meinem Ohr, wie ein Presslufthammer. "Hilf...", meine Stimme geht hoch, quietscht als sei ich wieder im Stimmbruch und erstick sich dann selbst. Er streckt die Arme nach mir aus, hebt mich hoch, in Ruhe und mit Sorgfalt. Wer bist du? Er zieht mich höher und ich versuche wieder sein Gesicht zu erkennen, aber mir wird schwarz vor Augen. Ich werde bewusstlos, alles um mich herum ist in tiefe Dunkelheit getaucht, aber ich habe keine Angst. Ich fühle mich sicher und spüre, wie etwas warmes mich einschließt. Bist du das? Du, der mich rettet? Oder hast du mich liegen lassen, und das ist nur mein Blut, wie es mich immer weiter verlässt und mich umhüllt? Achtung: Ab Kapitel 3 wird es einen fliegenden Wechsel der sichtweisen geben, soll heißen, es wird nicht immer nur einer, also nur Joey oder nur Seto, das geschehn aus seiner sicht schildern, sondern beide gemischt, ich werde versuchen aber immer gut zu kenzeichnen wann wer was sagt^^) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)