Regenzeit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Regenzeit Während ich durch den Regen laufe, frage ich mich so langsam, was das für ein Gefühl in mir ist. Seit ich wieder mehr Zeit mit dir verbringe, wird es immer stärker. Die Nachhilfe die ich dir gebe, hat wohl nicht nur auf dich eine positive Wirkung. Obwohl ich mir extra einen Regenschirm mitgenommen habe, mache ich ihn nicht auf. Zu berauschend ist das Gefühl, das die Regentropfen auf meiner Haut in mir auslösen. So viel Regen, wirst du wahrscheinlich gerade denken. Kein Wunder, während dem letzten Jahr hast du schließlich in Amerika gewohnt. Hast du bei Regen an dein Zuhause gedacht, an mich? Wohl eher nicht, in Florida herrscht ständig Sonnenschein. Ein Regentropfen kitzelt auf meiner Stirn, ein anderer fällt mir in den Nacken und lässt mich schaudern. Wie jeder Gedanke an dich. Bin ich eigentlich verrückt? Wieso brauche ich seit neuestem dich, um nicht in der Alltagslangeweile zu versinken? Ich weiß doch nur so wenig über dich, oder? Kurz lache ich auf. Nein, wenig kann man das nicht nennen, wenn man sich neun Jahre kennt. Neun Jahre sind doch eine wahnsinnig lange Zeit! Und erst jetzt bemerke ich dich an meiner Seite? Langsam nähere ich mich deinem Haus. Noch zwei Straßen weiter und ich bin da. Den Weg zu dir würde ich auch mit geschlossenen Augen finden. Schließlich bin ich ihn schon Tausend Mal gegangen. Nicht etwa, weil ich so oft bei dir war, das weißt du doch selbst. Nein, als du in Amerika warst hatte ich Sehnsucht. Nach dir, nach deiner Nähe. Seltsam, dass der Mensch erst erkennt, wie wichtig ihm etwas ist, wenn es ihm weggenommen wird. Früher warst du einfach da, ich habe es als etwas Selbstverständliches angesehen. Und als du fortgingst ... Ich stand vor deinem Haus, und wollte, dass das Licht in deinem Zimmer anginge. Genau diesen Hoffnungsschimmer hätte ich so gerne gesehen. Aber das du jetzt wieder hier bist, ist eine noch viel größere Freude für mich. Ich habe das, was mir so sehr fehlte, wiederbekommen. Wie eine zweite Chance. Als ich bei deinem Haus ankomme, bin ich eine Viertelstunde zu früh. Unschlüssig stehe ich im Regen: Soll ich klingeln oder noch warten? Während ich noch überlege, machst du schon die Tür auf und holst mich ärgerlich herein. Du schimpfst mit mir, weil ich den Schirm nicht benutzt habe und auch noch durch die Gegend starre, anstatt gleich ins Haus zu kommen. Dann holst du mir trockene Sachen zum anziehen, und fängst an, in der Küche zu rumoren. In deinem Badezimmer merke ich, wie vertraut es mir hier vorkommt. Als würde ich genau hierher gehören. Zu dir. Draußen wird der Regen immer stärker. Ich gehe in die Küche und setze mich zu dir. Mit einer Hand den Kaffee haltend, packe ich die Mathematiksachen aus und stelle dir eine Aufgabe. Du runzelst die Stirn und schon hast du dich in sie vertieft. Ich zünde mir eine Zigarette an, und betrachte dich. Ich mag es, wie du nachdenklich auf deinen Lippen rumkaust. Wie du verträumt aus dem Fenster schaust. Ich fühle mich wohl in deiner Küche und deinem Badezimmer, eigentlich in deinem ganzen Haus. Sogar dein wütendes Gesicht wenn du, wie jetzt, eine Aufgabe mal wieder falsch löst, gefällt mir. Und als ich anfange schallend zu lachen und du mich verwirrt und ärgerlich ansiehst, kann ich dieses Gefühl in mir endlich einordnen. Ich schaue dich an und merke: Ich liebe dich. Nicht nur an Regentagen und nicht nur in dieser Kleinstadt. Auch bei Sonnenschein und in Amerika. Immer. Überall. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)