Vierter Teil: Wir leben! von abgemeldet (Fortsetzung von "Dkmnudhdm", "GiKuS" und "DLdW") ================================================================================ Kapitel 17: Stille Wasser ------------------------- „Moment…“, Kaiba hielt in den Bewegungen inne, starrte zur anderen Seite des Büros und schloss kurz darauf unter einem leisen Stöhnen die Augen. In der Leitung knisterte eine Chipstüte. Unter einem leisen Räuspern rutschte sich Kaiba zurecht und griff nach dem Headset. „Ich melde mich wieder… in fünf Minuten.“ „Is klar“, antwortete Alfons träge und knurpste in die Leitung. >Verdammt!< Kaiba zog sich das Headset vom Kopf, warf einen knappen Blick zur Uhr und schloss kurz die Augen. >Jetzt vergesse ich schon Mokuba!< Stöhnend und sich innerlich selbst ohrfeigend, griff er nach dem Telefonhörer, klemmte ihn zwischen Ohr und Schulter und wählte flink eine Nummer. Seine Zähne bekamen die Unterlippe zu fassen, als er dem Rufsignal lauschte. Es dauerte nicht lange, bis dieses endete und sich Kaiba durch das Haar fuhr. „Guten Tag, Kaiba am Apparat“, meldete er sich daraufhin. „Herr Kaiba.“ Es war Bikkys Mutter, die sich sehr über den Anruf freute. „Ich grüße Sie.“ Kaiba, dessen Augen bereits wieder an dem Monitor hafteten, nickte flüchtig. „Ich würde gerne etwas mit Ihnen besprechen.“ >Wer bist du…?<, den Blick fest auf die Kamera fixiert, regte sich Joey nicht vom Fleck. Die dunkle Linse, die sich aufmerksam in ihre Richtung reckte, bannte sein Interesse schon seit einigen Minuten. Förmlich konnte der Blonde spüren, wie das Wissen in ihm juckte. Und wirklich… letztendlich wäre es ganz offensichtlich und trotzdem wollte er nicht auf des Rätsels Lösung kommen. Neben dieser Versuchung waren ihm andere Antworten vorerst unwichtig. Wieso verhielten sich die Bankräuber ruhig, obwohl sie längst umstellt waren? Weshalb hatten sie sich soviel Zeit genommen und selbst zugelassen, dass es so weit kam? Was hatten sie vor? Für Joey war es wichtig, was sie gerade jetzt taten… und sie taten nichts, schienen beinahe so, als würden sie warten. Auf einen Zeitpunkt, auf ein Zeichen, einen Anruf… wer weiß. Die Fingernägel des Blonden bearbeiteten den rauen Boden, während die braunen Augen auf die Kamera gerichtet blieben und sich manchmal verengten. Sein Körper hatte zu alter Entspannung gefunden. Die Schmerzen hatten sich gemildert und niemand vermochte ihn von seiner Beobachtung und der gedanklichen Arbeit abzulenken. >Wer sitzt da hinter dem Bildschirm, hm?<, langsam legte Joey den Kopf schief. >Wer hat mich in sein Herz geschlossen?< „Haben du Folge gestern gesehen?!“ Begeistert starrte Bikky Mokuba an und dessen Augen weiteten sich sofort. Heiter saßen die beiden Jungs in Mokubas Zimmer auf dem Sofa und wühlten in bunten Comics. Flatternd rutschte einer von ihnen zu Boden und Mokuba schnappte nach Luft. „Ich habe gewusst, dass Mogeta diese Kräfte hat!“, stieß er euphorisch aus und Bikky wurde zappelig. „Aber dass er den bösen König so besiegt, hätte ich nie gedacht!“ „Das war so toll!“, fiebste Bikky, da erhob sich ein lustiges Klingeln und der Junge wühlte in den Taschen seiner Hose. Gefangen in den wunderbaren Erinnerungen, ließ Mokuba schwelgend die Schultern hängen, während Bikky sein Handy hervorzog und es zum Ohr hob. „Hallo? Hallo?“ Seine Augenbrauen hoben sich. „Mum?“ Plötzlich meldete sich noch ein zweites Handy und Mokuba staunte nicht schlecht, als er nach seinem Eigenen suchte. Währenddessen erhellte sich Bikkys Gesicht. Endlich wurde auch Mokuba unter einem der vielen Sofakissen fündig und als das Display ihm schon den Namen des Anrufers verriet, lachte er auf. „Seto!“, meldete er sich heiter. „Hast du…“ „Echt?“, juchzte Bikky auf, während Mokuba noch mit offenem Mund lauschte, kurz darauf jedoch auch grinste. „Sie haben 'ja' gesagt?!“ Mokuba sprang vom Sofa und Bikky kicherte. „Okay, ich sag’s ihm! Tschüssi!“ „Das ist so toll!“ Mokuba starrte Bikky mit großen Augen an, lenkte die Aufmerksamkeit dann aber wieder auf das Handy. Kurz lauschte er und plötzlich zog er ein langes Gesicht. „Ja, Seto. Ja… ja, wir gehen nicht so spät schlafen.“ Er verdrehte die Augen. „Und ich höre auf Bikkys Eltern. Hey Seto, ich nehme mir immer Schulbrote mit!“ Er blähte die Wangen auf, während Bikky sein Handy in der Hand presste und noch hibbeliger wurde. „Ja, das vergesse ich nicht. Nein, das auch nicht… Seto, du musst dir doch keine Sorgen machen.“ Mokuba seufzte und Bikky warf sich mit einem Freudenschrei in die vielen Kissen. „Und dass du mir auch zeitig schlafen gehst!“, erwiderte Mokuba plötzlich die Ermahnungen und fuchtelte mit dem Zeigefinger. „Und iss auch genug und arbeite nicht so viel. Ja, ich weiß, dass du das weißt. Ich sage es trotzdem noch einmal.“ Tollpatschig kratzte sich der Junge am Kopf. „Und wir sehen uns spätestens in einer Woche wieder? Ja, echt?“ Er erstrahlte. „Gut, ich freue mich schon drauf. Tschüssi!“ Somit ließ er das Handy sinken, fuhr zu Bikky herum und hob beschwörend die Hände. Lachend suhlte sich der blonde Junge in den Kissen. „Ich kann zu dir!“, juchzte Mokuba und Bikky warf mit einem Kissen. „Sachen packen! In zwei Stunden werden wir abgeholt!“ Jason unterdrückte ein Gähnen, streckte sich im Stuhl und betrachtete sich seine Hände, die ineinander gefaltet auf seinem Bauch ruhten. Der Blick in den Bildschirm und in die Bank zahlte sich gerade nicht aus. Dort tat sich nichts und er als Drahtzieher wusste am besten, dass es vorläufig auch so bleiben konnte. Nach wenigen Minuten blähte er die Wangen auf, kam unter einem gelangweilten Seufzen auf die Beine und schlenderte zur Tür seines Büros. Die Hände verschwanden in den Hosentaschen, während er durch sein großes und penibel gepflegtes Reich schritt. Wie unzufrieden ihn das alles stimmte… dass die Wartezeit nicht vergehen würde, hätte er nicht erwartet. Außerdem auch nicht, dass es in der Bank kaum Auseinandersetzungen zwischen den Geiseln und den Bankräubern gab. Nein, die Bank war langweilig, also gab er sich einem kleinen Spaziergang durch das Haus hin, schritt die Stufen in das große Foyer herab und bedachte das Hauspersonal mit knappen Blicken. Er war durch ihre Anwesenheit schon immer genervt gewesen. Alles betatschten sie mit ihren dreckigen Fingern… Als er das Foyer so erreichte, tat dies auch ein anderer. In säuberlicher Golfbekleidung trat Herr Bankroft durch einen Türrahmen. Gefolgt von einem jungen Angestellten, der die Schläger und anderen Zugehörigkeiten trug, schritt er über den marmornen Boden, erkannte seinen liebsten Sohn und nahm sich die dicke Zigarre aus dem Mund. Wortfaul winkte er Jason zu sich, während der junge Mann hinter ihm unter dem schweren Gewicht der etlichen Taschen stöhnte. Jason hatte seinen Vater bemerkt, sobald er erschienen war. Mit unauffälliger Heimtücke hatten seine Augen den korpulenten Körper des Geschäftsmannes gestreift, bevor er ihn offensichtlich ansah und lächelte. „Vater, ruft der Golfverein?“ „Wie du weißt“, murmelte sein Vater und starrte fasziniert auf die Zigarre, während sein Sohn ihn erreichte, „zweimal wöchentlich gebe ich anderen die Ehre.“ Jason nickte und wurde in Augenschein genommen. „Nun, wie steht es mit dir, mein Prachtkerl. Ich denke, du würdest dich in dieser Disziplin bewähren, so wie du es in allen tust.“ Mit fauler Ablehnung fuchtelte Jason mit der Hand, doch sein Vater brummte. „Von deinem nichtsnutzigen Bruder werde ich etwas Derartiges wohl nicht erwarten können. Der Taugenichts schafft es nicht einmal zu meinen Veranstaltungen.“ „Prost“, lachend griff Ace nach seiner Schultasche und erhob sich, während Charlie sich noch die Hand auf den Mund presste, entschuldigend grinste und es seinem Freund dann gleich tat. Gemütlich kamen sie auf die Beine, sammelten ihre Habseligkeiten ein und verließen das Cafe. „Und?“ Ace blinzelte heiter im Sonnenlicht, als sie nebeneinander die Straße betraten. Ein verspielter Blick traf Charlie, der sich die ordentlich gebügelte Schuljacke um die Taille knotete. „Was machen wir jetzt?“ „Den Rest unserer Hausaufgaben“, schlug er vor und zurrte die Ärmel fest. „Im Park? Auf der Wiese? Davor noch ein Eis.“ „Klingt nicht schlecht.“ Ace raffte die Tasche höher und Charlie lachte freudig. „Ich denke, wir haben noch den ganzen Tag zu Verfügung.“ „Den wir mit Astrologie und Physik zu füllen haben.“ Ace lauschte auf, als die Sirenen einer Polizeistreife in der näheren Umgebung ertönten. Auch Charlie wurde aufmerksam und gemein sahen sie dem Einsatzwagen nach, der an ihnen vorbeibrauste und sich einen Weg durch das Getümmel des Verkehrs suchte. Ace blähte die Wangen auf. „Die wollen bestimmt zu dem Überfall“, murmelte er. „Möglich.“ Charlie legte den Kopf schief. „Wer weiß, vielleicht ist er auch schon längst vorbei?“ „Vorbei?“ Amüsiert sah Ace seinen Freund ein, der in unschuldiger Naivität die Augenbrauen hob. „Hast du gesehen, wie die Polizei die Bank eingekesselt hat? Das riecht für mich nach einer endlosen Geiselnahme.“ Da erhellte sich Charlies Gesicht fasziniert und bei einem breiten Grinsen kamen seine weißen Zähne zum Vorschein. „Du meinst, wie in den Filmen?“ „Charlie.“ Ace runzelte die Stirn. „In den Filmen enden Banküberfälle immer mit vielen Toten.“ „Oh.“ Der junge Mann kratzte sich die Stirn, schöpfte tiefen Atem und wandte sich ab, um weiterzuschlendern. „Wie gut, dass wir nicht in einem Film, sondern in der Realität sind.“ Aufmerksam starrte Alfons auf den Bildschirm; in seinem Mundwinkel wippte ein erloschener Joint, als er die Unterlippe mit den Zähnen bearbeitete. Über das eigene Headset konnte er das flinke Klackern der anderen Tastatur vernehmen. „Geburtsurkunde“, murmelte er und das Klackern in der Leitung stoppte nicht. „Nicht von Interesse“, ertönte Kaibas Stimme und Alfons presste die Lippen aufeinander. Währenddessen machte sich seine Hand auf die Suche nach dem Feuerzeug. „Mm…“, gekonnt entzündete er den Stängel neu. „Gib mir zwei Minuten, dann hab ich die Kontoauszüge.“ In der Leitung ertönte abermals das Klicken eines Feuerzeuges. Seit mindestens drei Stunden waren sie nun bei der Arbeit und Alfons stieß sich samt Stuhl ab. Träge rollte er mit dem Stuhl zum Türrahmen, rollte in den Flur, stieß sich mit dem Fuß ab und näherte sich der Küche. „Also bisher…“, nuschelte er, während der Stuhl zum Stillstand kam und er versuchte, mit der Hand den Kühlschrank zu erreichen, „… Glanzleistungen in der Schule, dolle Bewertungen. Jetzt’n Job in der Schickimickifirma… wenn der was moppst, dann höchstens nen Ei im Supermarkt.“ In der Leitung rauschte ein genervter Atemzug und Alfons machte sich die Mühe, sich noch einmal abzustoßen. So erreichte er den Kühlschrank, riss ihn auf und griff zielstrebig nach einem der vielen Bierflaschen. Das Klackern in der Leitung verstummte. „Das ist das Fünfte“, bemerkte Kaiba frustriert. „Lass mich doch ma“, ningelnd presste Alfons das Bier an sich, schloss den Kühlschrank mit dem Fuß und machte sich auf den beschwerlichen Rückweg. „Bist scho im Bankrechner?“, fragte er, als er sich mit den Plastikrollen über die Türschwelle kämpfte. „Mm“, kam die laue Antwort, welche Alfons nach dreistündigem Training problemlos als ein „Ja“ identifizieren konnte. „Ah… na warte.“ Von neuem Ansporn gepackt, erreichte Alfons seinen Schreibtisch, öffnete die Flasche gekonnt an dessen Kante und nahm gleich zwei tiefe Schlucke. Anschließend folgte wieder eine Schweigensperiode. Nur das flinke Klackern war in der Leitung zu hören. Des Öfteren mischte sich auch ein müdes Stöhnen darunter, bei Kaiba klirrten Kaffeetassen aneinander, Feuerzeuge klickten und Papierberge raschelten. Klar und deutlich spiegelte sich der helle Bildschirm in rechteckiger Form in den graugrünen Augen des Hackers wider, als er ohne zu blinzeln auf die neuen Anzeigen starrte. Langsam tastete Alfons’ Hand nach dem Bier. „Woooow“, hauchte er unterdessen. „Was“, erkundigte sich Kaiba beiläufig und Alfons kicherte, während er die Flasche zu sich zog. „Soviel Kohle kriegen die Abteilungsleiter in der KC?“ „Wie ich höre, hast du die Kontodaten.“ Kaiba schien in etwas zu wühlen, leises Knistern erhob sich. „Bin schon am gucken.“ Alfons setzte die Flasche an die Lippen, leerte sie mit wenigen, großen Zügen und warf sie träge zur Seite. Als seinem Hals ein lautes Rülpsen entschlüpfte, stöhnte Kaiba abermals. „Hey, ich brauch noch nen Arbeitsvertrag.“ „Den…“, Kaiba stutzte irritiert, „… ah, natürlich. Moment.“ „Tada… dadamm…“, fließend ging Alfons die Beträge durch, quietschend rutschte sein Zeigefinger über den Monitor. „Prämien?“ „Gibt’s nicht“, antwortete Kaiba sofort und verstummte, als ein laut schreiendes Karnickel über Alfons Bildfläche rannte. „Was war das?“ „Die Ankunft des Vertrages.“ Alfons kratzte sich am Kopf, öffnete die eingegangene Datei und starrte auf die dort aufgelisteten Beträge. Träge baumelte die Flasche Rotwein an Jasons Hand, als sich dieser auf den Rückweg nach oben machte. Nach einem gezwungenen Smalltalk mit dem Vater sehnte er sich nun wieder nach seinem Büro und den Anblicken, die ihn mit Genugtuung und Sicherheit überhäuften. Befreit seufzend kehrte er so also in jenes Zimmer zurück, stellte die Flasche auf der Kante des Glastisches ab und trat an die Fenster, um eines von ihnen um ein Stück zu öffnen. Kurz konnten seine Augen noch die Limousine erkennen, die über den Schotterweg davon rollte und den Herrn des Hauses zum Golf brachte. Mit einem Anflug von höhnischer Belustigung sah Jason ihr flüchtig nach, bevor er wieder den alten Platz einnahm. Neues Interesse entflammte in ihm, als er die Bilder zum ersten Mal wieder sah. Aber… Erwartungsvoll sah er von einer Perspektive zur anderen, bevor er die Stirn runzelte. Noch immer war nichts passiert. Die Geiseln saßen an ihren Plätzen; die Bankräuber gingen in der Halle ihrer Wege, führten kurze Unterhaltungen und warfen Blicke zu den Uhren. Und sonst? Nichts. Wie lange benötigte man denn, um einen Tresor zu räumen! Unzufrieden rieb sich Jason die Lippen, atmete tief ein und fixierte den Blick auf den blonden jungen Mann, der entspannt an vorderster Spitze der Geiseln saß. Das Gesicht der Kamera zugekehrt, bewegte er sich nicht. Jasons Augenbrauen verzogen sich verdrießlich. >Du wirst dich nicht mehr lange so ruhig herumsitzen!< Schnaubend kam er auf die Beine zurück, grabschte nach dem Wein und unternahm einen Spaziergang zu den Schränken, aus denen er sich ein neues und umso schöneres Glas aussuchte. Penibel betrachtete er es sich, hielt es gegen das Licht und pustete ein Staubkorn vom Glas, bevor er dieses mit dem edlen Getränk füllte, dieses darin schwenkte und den wunderbaren würzigen Geruch in sich aufnahm. Dann schweifte auch sein Blick zu der Uhr. Von ihr zum Handy und vom Handy zurück auf den Monitor, vor welchem er sich dann wieder niederließ. Bequem rückte er sich zurecht, schwenkte den Wein weiterhin und seine Aufmerksamkeit erwachte mit einem Mal wieder zum Leben, als der Blonde auf dem Bildschirm die Hand hob und sich langsam am Kopf kratzte. Jason meinte sogar, zu erkennen, wie er knappe Blicke in beide Richtungen warf. Anschließend bewegte sich die Hand weiter. In einer fließenden Bewegung hob sie sich vor das Gesicht… und der Beobachter spürte beinahe, wie die braunen Augen zur Kamera zurückfanden und sich annähernd herausfordernd auf diese richteten. Langsam richtete sich Jason auf und Joeys Hand bewegte sich weiterhin… deutlich war zu erkennen, wie er mit dem Daumen und den anderen Fingern einen Kreis formte, als würde er etwas halten und das direkt vor sich. Jasons Augen verfolgten das Geschehen konzentriert, stockend ließ seine Hand das Glas sinken, während sich die von Joey weiterhin hob. Sie hob sich, hob sich weiter und wurde langsam gedreht. Der fiktive Gegenstand wurde auf den Kopf gedreht und die Hand bewegte sich auf und ab, als würde sie etwas aus jenem Gegenstand herausschütten… Jasons Augen weiteten sich, als er jenen Gegenstand als jene Vase identifizierte und sich diese in seine Erinnerungen zurückdrängte! Die Vase, die über seinem Kopf entleert worden war… die er eigentlich verdrängt hatte! Eine heiße Woge plötzlich aufsteigenden Zorns durchflutete den jungen Mann. Verbissen verstärkte sich der Griff um das Glas, die Zähne bissen fest aufeinander und als sich ein deutliches Grinsen auf Joeys Lippen ausbreitete und puren Hohn zeigte, entrann Jason ein leiser Schrei. Mit einer ruppigen Bewegung sprang er auf die Beine und knallte das Glas auf den Tisch, wodurch der Wein über den dünnen Rand schwappte und sich auf der glatten Oberfläche ausbreitete. „Dieser verfluchte…!!“ Jason raufte sich die Haare; seine mit Gel zurechtgemachte Frisur ging den Bach runter und mit flammenden Augen starrte er auf Joey, der sich etwas duckte und in perfekter schauspielerischer Darstellung ein weinendes Kind nachahmte. „Du…“, sein Atem raste, als sich seine Hände zu Fäusten ballten, „… du kleiner Haufen Dreck!“ Zischend und lauernd näherte er sich wieder dem Monitor, stieß den Stuhl zur Seite und baute sich vor dem Bildschirm auf. Sein Gesicht nahm allmählich eine gewisse Rottönung an und sein Herz machte durch einen kurzen, stechenden Schmerz auf sich aufmerksam, als sich der Blonde mit eitler Theatralik durch das Haar fuhr, sich arrogant Luft zufächelte und zum krönenden Abschluss Bewegungen machte, als würde er sich das Gesicht pudern. Eine deutliche Nachricht und der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Schwer atmend starrte Jason auf den einen Punkt; purer Zorn verzerrte seine Miene, als er nach Luft schnappte, sich verbissen umdrehte und dem Bildschirm den Rücken kehrte. Ungläubig schüttelte er den Kopf, blähte die Wangen auf und rückte eilig seinen säuberlichen Kragen zurecht. >Du denkst wohl, du kannst dir alles leisten!!< Ein kurzes, vor Wut zitterndes Grinsen zerrte an seinen Lippen, über die kurz darauf ein hysterisches Lachen drang. >Das glaubst du, ja?!< Jasons Lachen endete; hastig starrte er zu einem der Fenster, presste die Lippen aufeinander und verengte die Augen. >Ich habe die Macht über die Männer, die dich als Geisel haben!<, ging es ihm rasend schnell durch den Kopf. >Du hast mich genug gedemütigt und dich über mich lustig gemacht!< Zielstrebig fanden die Augen des jungen Mannes zu dem Handy. Vorerst sah er es nur flüchtig an, starrte auf den Monitor, jedoch schnell zurück. Fanatisch betrachtete er sich das Handy, blies einen zitternden Atem durch die aufeinander gebissenen Zähne und spürte ein verlockendes Kitzeln in seinen Fingerspitzen, als ihm ein Gedanke kam… Und sein Gesicht entspannte sich. Nach wenigen Momenten sah er das Handy nur noch an, atmete flacher und spreizte die Finger. „Wieso eigentlich nicht…?“ Leise kam das Hauchen über seine Lippen. „Ja…“, seine Augenbrauen hoben, sein Gesicht erhellte sich, bis er wieder lachte. „Wieso nicht? So etwas draufzusetzen, macht die Sache nicht noch schlimmer!“ Sofort griff er nach dem Handy, hielt jedoch inne, bevor er es benutzte. Eine gewisse Unentschlossenheit schien ihn nun doch zu befallen und einige Augenblicke stand er nur dort, den Blick auf jenes Gerät gerichtet, die freie Hand abermals zur Faust geballt und der Atem stockend. >Ich muss es ja nicht selbst machen… ich nicht… das machen die… und die waren es dann auch.< Langsam blickte er auf und runzelte die Stirn. „Ich habe hier die Macht.“ Und seine letzten Zweifel wurden zunichte gemacht, als er noch einmal zum Bildschirm sah und noch immer ein Grinsen auf Joeys Lippen erkannte. Da machte sich seine Hand selbstständig. Flink tippten sie die Tasten und Jason erwiderte Joeys Grinsen überlegen, als er das Handy zum Ohr hob, die Hand in die Hüfte stemmte und wieder zu spazieren begann. Und er musste nicht lange warten, bis sich anscheinend jemand in der Leitung meldete. „Ich…“, hob Jason an, als würde er jedes Wort genießen, „… verdopple den gesamten Betrag!“ Er ließ die Worte ihre Wirkung entfalten, schwieg kurz und hob genüsslich den freien Arm. „Dafür, dass ihr eine der Geiseln tötet!“ Unauffällig ließ Joey den Arm sinken, bettete ihn auf dem Schoß und lugte abermals zu den Bankräubern, die in einer kleinen Gruppe standen und ihm somit jede Möglichkeit boten, etwas Verstecktes zu tun. Eine heikle Sache… das wusste niemand besser, als er. Und nachdem er seine Darstellungen jetzt beendet hatte, war ihm eigentlich nicht nach grinsen zu Mute, doch er tat es, um die Sache abzurunden und sicherzugehen. Es war kein Hohn, keine nachträgliche Schadenfreude oder Provokation. Lediglich eine Art, einen Gedanken, eine Idee oder gar einen Verdacht zu bestätigen oder zunichte zu machen. Nicht jeder würde mit seinen Gesten etwas anzufangen wissen, aber in den letzten Minuten war sein Denken ausschließlich in die Richtung eines gewissen Menschen gedriftet und bis zu diesem Zeitpunkt hatte er es nicht mehr ausgehalten. Er fühlte eine gewisse Anspannung in seinem Körper, er das Grinsen noch aufrecht erhielt, den Kopf etwas senkte und sich leise räusperte. Es war etwas ganz Bestimmtes, auf das er jetzt wartete. Nur etwas, das all seine Grübeleien bestätigen würde… Er hielt den Atem flach und kontrolliert, brach das Grinsen bald ab und bemühte sich, auch weiterhin locker auszusehen. >Komm schon…< Lästig glühte die Neugierde in ihm. >Komm… das kannst du dir doch nicht bieten lass…< Schneller, als er es erwartet hätte. Und wirklich, es lockte ihn aus der Reserve, ließ ihn abrupt aufblicken. Der bekannte Rufton des Handys meldete sich und erschallte in der Halle. Angespannt und aufmerksam starrte Joey zu dem Chef der Gruppe, der sich nun etwas von dieser löste, jenes Handy zückte und zum Ohr hob. Aber die Distanz… Joey biss die Zähne zusammen. Über diese Distanz verstand er kein einziges Wort, das dort drüben gesprochen wurde. Er wagte es kaum zu blinzeln, unruhig falteten sich seine Hände ineinander, übten Druck aufeinander aus, als der Mann in jeder Bewegung innehielt und stehen blieb. Stumm öffnete Joey den Mund. Die Haltung des Mannes veränderte sich, als er nach einem langen Zögern antwortete und das scheinbar durchaus gereizt und unzufrieden. Lediglich das Gemurmel seiner Flüche erreichte den Blonden und es brachte auch nichts, sich noch ein paar Zentimeter in jene Richtung lehnen, wie Joey herausfand. Scheinbar schien dort drüben eine wirklich heiße Diskussion auszubrechen. Die ruppigen Handbewegungen des Chefs… bald ging er sogar einen Schritt nach vorn, zwei Schritte zurück. Joey würgte ein schweres Schlucken hinunter; nervös drifteten seine Augen zur Kamera zurück. Aber der Chef war weitaus interessanter und so beobachtete Joey diesen schnell wieder und sah ihn schweigend in das Handy lauschend. >Komm schon…<, Joey rückte sich zurecht; die pure Anspannung kribbelte in ihm… und er wusste nicht, ob er besorgt oder zufrieden sein sollte, als der Mann sich umdrehte und zielstrebig nach ihm suchte. Irritiert starrte Joey zurück und wurde kurz gemustert. >Ich glaube es nicht!< Langsam biss er die Zähne zusammen, verlor das Interesse an dem Mann und wandte sich wieder zur Kamera, um diese triumphierend anzustarren. >Schön, dich wieder zu sehen… Jason Bankroft!< „Schade, dass Joey soviel arbeiten muss“, seufzte Tea und machte es sich auf der Bank gemütlich. Träge fläzte die Gruppe im Park und genoss die Sonnenstrahlen. Yugi bewegte einen Lolli im Mund, Tristan scharrte mit den Füßen im Kies und Bakura blätterte etwas gedankenverloren in einer Zeitschrift. „Er kommt auch nicht, wenn du es zum vierten Mal sagst.“ Tristan betastete seine Frisur und Yugi nahm sich den Lolli aus dem Mund, um sich umzusehen. „Wir hätten Kaiba ja fragen können, ob er…“ Er verstummte, als Tristan wieder brummte. „Der war heute nicht einmal in der Schule. Denke kaum, dass er für so etwas Zeit hat.“ „Geschweige denn die Lust“, fügte Tea hinzu. Yugi seufzte und Bakura blickte von der Zeitschrift auf. Nach einem ziellosen Blick über die große Wiese, wurde er auf etwas aufmerksam und hob die Augenbrauen. „Duke“, raunte er und sofort streckten die anderen drei die Köpfe. Und wirklich. Wenigstens er ließ die Gruppe nicht im Stich und steuerte gemächlich auf sie zu. In nicht weiter Entfernung stolperte Evangeline durch das Gras und Tea sprang sofort auf. Vergessen war die gedämpfte Stimmung; der Anblick des kleinen Mädchens ließ sie immer wieder neu aufleben. Auch Yugi grinste sofort und Tristan hob triumphierend die Hand. „Er hat auch viel zu tun und kommt trotzdem“, gab er sich daraufhin wieder seiner Ningelei hin und Bakura starrte in die Zeitschrift zurück. >Nichts…<, verbissen starrte Kaiba auf den Monitor, hob das erste Mal seit langem die Hände von der Tastatur und bewegte die Finger, die allmählich das Gefühl für das Tippen verloren, nun schon seit mehr als vier Stunden permanent im Einsatz waren. Kurz schloss er die müden Augen, lehnte sich zurück und rieb sich das Gesicht; in der Leitung hielt das flinke Klackern an. Nun, Alfons hatte in der letzten Zeit sicher mehr Schlaf gefunden. Träge ließ Kaiba die Arme über die Lehnen hängen, spannte die Muskeln und ließ sie wieder erschlaffen. Selbst seine Schultern taten weh. Müde sah er sich in seinem Büro um. In diesem herrschte ein heilloses Durcheinander. Auf seinem Schreibtisch türmten sich Blätter mit Notizen, auf denen das halbe Leben des Abteilungsleiters Kotogawa geschrieben stand… durchstrukturiert und detailliert hatte er alles niedergeschrieben, was von Bedeutung sein könnte. Und trotzdem noch keine Ergebnisse… nicht der leiseste Hauch eines Verdachtes war ihm gekommen und dabei verdächtigte er doch gerade in diesen Stunden alles und jeden. Doch Kotogawa, der allein lebende Angestellte, hatte nichts aufzuweisen. Als sich Alfons in der Leitung an dem neunten Bier verschluckte und laut hustete, verzog Kaiba gequält das Gesicht. Der Kopfschmerz saß am meisten in den Ohren. Eine Stunde lang hatte er sämtliche Nummern der Anrufliste gewählt, die Kotogawas Handy aufzubieten hatte. Mindestens dreißig Namen hatte er gehört, als er sich dreißig Mal 'verwählt' hatte und keiner dieser Namen sagte ihm etwas oder machte ihn misstrauisch. Alles nur Studenten, auch ein paar Frauen, von denen eine völlig betrunken gewesen war. Kaiba schöpfte tiefen Atem und als Alfons auch noch einen Rülpser zum Besten gab, schüttelte er erschöpft den Kopf. „Ich melde mich wieder“, murmelte er nur, bevor er sich das Headset vom Kopf zog und die Verbindung beendete. Nachlässig warf er das Headset auf den Tisch, stemmte sich gegen die Armlehnen des Stuhls und kam unsicher auf die Beine. Ein leichter Schwindel brach in seinem Kopf aus, als er aufrecht stand und in die schweren Nebelschwaden seines Büros hineinblinzelte. Die Zigaretten türmten sich im Aschenbecher; im Büro war dicke Luft und ihm wurde schlecht, als er in etwas unbeholfenen Schritten den Schreibtisch verließ und auf die großen Fenster zusteuerte. Eines von ihnen öffnete er weit, stützte sich auf das Fensterbrett und atmete die frische Luft ein. Er hatte heute noch viel vor sich… Er stieß einen leisen Fluch aus, rieb sich das Gesicht abermals und tastete nach dem Hebel, mit welchem sich der ebenso gläserne Ausgang auf den schmalen Balkon öffnen ließ. Schlürfend trat er so ins Freie hinaus, blickte kurz in die Tiefe hinab und auf die Straßen Dominos und lehnte sich kurz darauf mit dem Rücken gegen die Außenwand der Fenster. Einen weiteren Atemzug nahm er in sich auf, bevor er die Augen schloss, den Hinterkopf zurücksinken ließ und ihn anlehnte. >Ein paar Tage ohne Schlaf, viel Arbeit, viele Sorgen und jetzt der Tag, den ich fast durcharbeite…<, ging es ihm schleppend durch den Kopf. Und all das war mit einem Gedanken verbunden, der ihm nicht gefiel. Matt öffnete er die Augen und blinzelte zum Himmel auf. >Früher… habe ich das problemlos geschafft.< Er zog die Nase hoch und ließ die Hände in den Hosentaschen verschwinden. >Dass ich nachgelassen habe, das wusste ich… aber so sehr?< „Eva!“ Tea ruderte mit den Armen und die Kleine wurde sofort auf sie aufmerksam, kicherte laut und lief tollpatschig auf sie zu. Der vielbeschäftigte Bruder hatte es sich neben Tristan gemütlich gemacht und war dabei, einen Lolli aus dem Papier zu befreien. „Also, was machen wir denn heute?“ Der Junge, der Duke diesen angedreht hatte, erhob sich von der Bank, blieb vor den drei stehen und sah diese erwartungsvoll an. Bakura blickte nur kurz von der Zeitschrift auf, Duke piepelte an dem Papier und Tristan rümpfte die Nase. „Bakura?“ Yugi starrte den jungen Mann gespannt an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Also sah sich Yugi dazu gezwungen, Vorschläge zu machen. „Wollen wir spazieren gehen?“ „Ah… ne.“ Tristan schüttelte den Kopf und Bakura blätterte um. „Wollen wir in die Schwimmhalle gehen?“, fuhr Yugi also fort und Tristan blähte die Wangen auf. „Das ist immer so teuer.“ „Stimmt.“ Yugi seufzte und Duke gelang es endlich, den Lolli zu befreien. Gemächlich warf er das Papier nach dem Mülleimer, traf daneben und steckte sich den Lolli in den Mund. „Dann gehen wir eben etwas trinken“, nuschelte er, während sich Evangeline quiekend an Teas Bein klammerte. „Das ist gut“, stimmte Tristan zu und Bakura piepelte an einer Seitenkante. „Hey!“ Plötzlich kam Tristan ein Gedanke und Bakura zuckte zusammen, als er auf einmal auf die Beine sprang. „Ich habe die Idee!“ „Lass hören.“ Duke lehnte sich bequem zurück. „Wenn Joey nicht zu uns kommt, dann kommen wir eben zu ihm!“ „Mm?“ Duke verzog die Miene. „Du meinst in’s Lawell?“ „Richtig!“ Mit großen Augen sah Tristan von einem zum anderen. „Na? Na?? Da freut er sich doch!“ „Glaubst du?“ Duke runzelte die Stirn, doch Tristan war sich sicher. „Natürlich freut er sich!“ „Na, dann, gehen wir.“ Der Schwarzhaarige kam auf die Beine und Bakura ließ die Zeitschrift sinken, um sich irritiert umzusehen. „Häh? Wohin?“ „In’s Lawell“, lachend griff Tristan den jungen Mann am Arm und verwirrt kam Bakura zum Stehen, rümpfte die Nase und machte sich daran, die Zeitung in seiner Tasche zu verstauen. „Na gut…“ „Hallooo…“, heißhungrig betrachtete sich Alfons den Joint, den er soeben drehte. Er schnurrte genüsslich, zog die Kante des Papiers kurz über die Zunge und klebte es fest. Sofort fand der Glimmstängel seinen Platz zwischen seinen Lippen und die eine Hand zum Feuerzeug. Flink wurde das Kraut entzündet und als eine weiße Wolke über ihm aufstieg, ertönte ein leises Signal, welches sofort seine Aufmerksamkeit weckte. Augenblicklich wendete er sich dem Computer zu, öffnete ein neues Fenster und starrte auf die Anzeige. Er tastete sich immer weiter in das Leben von Mosune Soriama vor, betrachtete sich weitere Kontodaten und presste grüblerisch die Lippen aufeinander. „Sooo“, murmelte er, „du willst’s mir also nich verraten, wa? Mm…“, er kratzte sich das Kinn, holte tief Luft und begann abermals zu tippen, bis er grobe Informationen über die Bank fand, bei der Mosune Soriama Kunde war. „Dann machen wir’s halt ganz langweilig.“ Ohne zu zögern grabschte er nach dem Headset, rückte es zurecht und neigte sich zum Telefon, auf welchem er eine Nummer eingab, die er von dem Bildschirm ablas. Sofort ertönte der Rufton und Alfons nahm noch einen tiefen Zug, klemmte die Knie hinter die Kante des Schreibtisches und nahm sich den Joint aus dem Mund, als sich eine Dame von der Informationsstelle der Bank meldete. „Ja, hi“, Alfons kratzte sich am Kopf, „mein Name ist Mosune Soriama. Ich hatte nen Zweitkonto bei Ihnen eröffnet und bräuchte ma kurz den Stand. Hab die Karte verloren.“ „Einen Moment, bitte“, meinte die nette Dame und in der Leitung war langsames, unbeholfenes Tippen zu hören, welchem Alfons gelangweilt lauschte. Kurz darauf kam die Antwort. „Es tut mir leid, Herr Soriama, aber um Einsicht in Ihr Zweitkonto zu erhalten, müssten Sie persönlich vorbeikommen. Wie ich hier sehe, ist das persönliche Erscheinen mit Ausweis und Code nötig.“ „Ah.“ Alfons Gesicht erhellte sich triumphal. „Ich darf Ihnen leider nicht einmal telefonische Auskunft geben.“ „Ah richtig“, Alfons grinste. „Is ja nen geheimes Konto.“ Die Dame in der Leitung räusperte sich. „Herr Soriama, wenn Sie Ihre Karte verloren haben, sollten Sie aber schnell vorbeikommen und…“ „Ach, die liegt sicher nur unter nem Klamotten- oder Müllberg.“ Alfons fuchtelte mit der Hand und die Frau räusperte sich erneut. „Wenn ich wieder ma aufräume, find ich die schon wieder.“ „Ja, das hoffe ich für Sie.“ „Na, Danke auch für de Hilfe.“ Alfons nahm einen lässigen Zug. „Wiedersehn.“ „Auf Wied… tut tut…“ „Yes!“ Lachend lehnte sich Alfons vom Telefon zum PC. „Wer is gut, ja, wer isses? Ja wer isses denn? Der Fri-Fra-Frosch!“ Eilig tippte er. „Hat der Mosune doch echt nen geheimes Nebenkonto. Ma schaun, ob ich da reinkomm.“ „Vorsichtig.“ Behutsam gab Duke Evangeline das Glas in die Hand und verfolgte aufmerksam, wie sie sich den Apfelsaft schmecken ließ. Das Ziel namens ‚Lawell’ hatten sie seit zehn Minuten erreicht. Gemütlich reihte sich die Clique um einen der Tische. Aufmerksam suchten ihre Augen das Café ab, erfassten jeden, der die Küche verließ… und zogen lange Gesicht, als kein Joey darunter war. Nur einen dicken und äußerst unzufriedenen Chef hatten sie gesehen, der leise fluchend durch das Café gestampft war. „Ich dachte, er wollte heute arbeiten gehen?“ Tea rührte in ihrem Kakao und Duke nahm seiner Schwester das Glas ab. Tristan meckerte wieder. „Warum zur Hölle ist er nicht da?“ „Wenn wir das wüssten.“ Duke zuckte mit den Schultern, beugte sich zu Evangeline und versuchte einen ihrer Stiefel zu erreichen, von dem lose der Schnürsenkel hing. Kichernd begann das Mädchen zu zappeln und Bakura starrte etwas verloren auf seinen Cappuccino. „Jetzt reicht es aber.“ Unter einem leisen Stöhnen zückte Tristan sein Handy. „Ich kriege schon raus, wo er gerade faul herumliegt.“ „Viel Spaß“, ertönte Dukes gedämpfte Stimme unter dem Tisch; Evangeline zog unterdessen an seinen Haaren. Tristan blähte die Wangen auf, wählte Joeys Nummer und hob das Handy zum Ohr. Neugierig lugte Tea zu ihm und Bakura griff nach seinem Löffel, um unentschlossen in seinem Getränk zu rühren. Eine kurze Zeit verging, in der Tristan zuerst aufmerksam, dann mürrisch in das Handy lauschte. Bald ließ er es sinken und zog eine düstre Grimasse. Duke war bereits wieder aufgetaucht. Seufzend zog er Evangeline zu sich auf den Schoß. „Was ist denn los?“, erkundigte er sich, als er auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches die lange Fratze erkannte. „Der Idiot hat das Handy ausgemacht!“ „Na herrlich.“ Verzweifelte schüttelte Tea den Kopf, Bakura rührte weiter und Duke zuckte mit den Schultern. Äußerlich blieb er recht ruhig, aber in ihm lebten einige Gedanken auf. >Kaiba verlangt Alfons Nummer und plant wieder irgendetwas. Am selben Tag verschwindet Joey.< Er hielt in den Bewegungen inne, starrte ziellos um sich und schüttelte letztendlich den Kopf. >Da denke ich jetzt gar nicht erst drüber nach!< „Pass ma auf.“ Alfons leckte sich die Lippen, während seine Finger permanent die Tastatur bearbeiteten. „Was?“, ertönte Kaibas müde Stimme und ein kurzes Grinsen zog an den Lippen des Hackers. „Ich schicke dir was.“ Kaiba unterdrückte ein Gähnen, griff nach dem neuen Kaffee und starrte trübe auf den Monitor, auf dem sich kurz darauf ein Fenster öffnete. Ein leises Lachen ertönte in der Leitung, doch er nahm es kaum noch wahr, öffnete das Fenster und nippte an der Tasse. „Der werte Herr Soriama hat nen Zweitkonto“, erklärte Alfons, während Kaiba sich die Daten durchsah. „Ist nichts Ungewöhnliches.“ „Stimmt ja auch“, erwiderte Alfons und Kaiba stellte träge die Tasse ab. „Aber isses auch gewöhnlich, dass dieses Konto durch zwei achtstellige Codes gesichert is und selbst von mir nich gehackt werden konnte?“ Kaiba hielt in den Bewegungen inne, in seinen Augen zuckte ein Funken Schärfe auf, als er auf den Bildschirm starrte. Alfons belustigte das Schweigen. „Is ne legale Sache so ein Konto, aber man kann schon irgendwie misstrauisch werdn.“ Kaiba schluckte, in der Leitung setzte das Klackern der Tastatur kurz aus. „Solche Konten eignen sich super für Sparbeträge oder andre hohe Summen, wenn du weißt, was ich meine.“ „Mm-mm.“ Kaiba nickte stockend; seine Hände begannen in den Unterlagen zu wühlen. Eilig suchte er nach gewissen Blättern, wischte dabei aus Versehen einen Stapel Akten vom Tisch und unterdrückte einen leisen Fluch, als er einen Haufen Papier zur Seite schob, eine Mappe öffnete und in ihr endlich fündig wurde. Ungeduldig erfassten seine Augen die Angestelltenunterlagen Soriamas, suchten nach der Angabe des Zweitkontos und wurde nicht fündig. „Wann wurde es eröffnet?“, raunte er angespannt und sofort lebte das flinke Klackern wieder auf. „Vor zwei Monaten.“ Kaibas Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Atemzug, als er die Zettel sinken ließ, sich auf die Unterlippe biss und zur anderen Seite seines Büros starrte. „Is das gut?“, erkundigte sich Alfons. Kaiba befeuchtete die Lippen flüchtig mit der Zunge, senkte die Lider und lugte verstohlen zu den Unterlagen zurück. Ein Anflug von Hohn streifte sein Gesicht. „Gut“, hauchte er leise, beinahe stimmlos. „Sehr gut.“ Etwas energischer legte er die Unterlagen ab, rieb sich mit beiden Händen das Gesicht und weitete müde die Augen. „Alfons?“ „Anwesend.“ „Wir lassen Kotogawa fallen und konzentrieren uns beide auf Soriama.“ „Hui.“ Alfons lachte und Kaiba versuchte mit einem weiteren Atemzug einen Teil seiner Konzentration zurückzubekommen. „Dann ma her mit der Aufgabeneinteilung.“ „Die Überprüfung seiner Anrufliste übernehme ich“, antwortete Kaiba ohne lange zu grübeln. „Besteht die Chance, dass du doch noch in das Konto kommst, wenn du mehr Zeit zur Verfügung hast?“ „Mm.“ Alfons raunte nachdenklich auf. „Kann nich schaden, wenn ichs nochma versuch. Gibt nochn andren Weg, aber das dauert.“ „Du hast soviel Zeit, wie du brauchst.“ „Das wird teuer“, erinnerte Alfons ihn triumphierend und Kaiba griff wieder nach dem Kaffee. „Der Preis ist nichts gegen den, den ich bezahlen werde, wenn wir versagen.“ „Na, dann.“ „Schick mir die Anruferliste.“ Kaiba trank in zügigen Schlucken, rückte sich im Stuhl zurecht und rückte näher an den Schreibtisch heran. „Ich melde mich, sobald ich sie durchtelefoniert habe.“ „Okey dokey!“ Somit unterbrachen sie die Verbindung erneut. Ungewohnte Stille folgte in der Leitung, hielt aber nicht lange an. Entschlossen starrte Kaiba auf die Liste, die sich auf seinem Monitor öffnete. Eine große Anzahl von Nummern reihte sich auf dieser untereinander und Kaiba hatte sie alle vor sich. Mit wenigen Griffen setzte sich der Drucker in Bewegung und die Liste glitt fein säuberlich in’s Freie und wurde eilig gegriffen. Ein letztes Mal rückte Kaiba auf den Polstern herum, rieb die Hände aneinander und wählte ohne zu zögern die Erste. Er wirkte wirklich etwas wacher, als er sich auf die Suche nach neuen Zigaretten machte und nebenbei dem Rufton lauschte. „Ja, hallo?“, wurde unvermittelt früh abgenommen und Kaiba richtete sich auf, griff nach der Liste und nach einem Kuli. Eine Frauenstimme… „Mit wem spreche ich?“, erwiderte er entspannt und mit einem ‚klick’ fuhr sich die Miene des Kulis aus. „Sie sind in Kokos Schreibwarenladen“, antwortete die freundliche Dame und Kaiba machte sich eine rasche Notiz neben die entsprechende Nummer. „Dann habe ich mich verwählt.“ Wieder der gewohnte Spruch und die Frau lachte. „Kein Problem, das passiert… tut tut…“ Naserümpfend strich Kaiba die Nummer durch und wählte die Nächste. Wieder der Rufton, wieder eine gewisse Anspannung und dann… „Guten Tag, hier bei Pizzaworld. Was möchten Sie bestellen?“ Beinahe rutschte Kaiba ein verwirrtes Murmeln heraus, dann hielt er jedoch inne, hob die Augenbrauen, schöpfte tiefen Atem und linste zur Uhr. „Hallo?“ Der Mann in der Leitung wurde ungeduldig. „Ja.“ Kaiba rieb sich den Nacken und grübelte eilig. „Eine Pizza-Salami, normale Größe, wenig Käse…“ „Einen Moment, bitte.“ In der Leitung raschelte ein Notizblock. „Mit Zwiebeln?“ „Ohne. Und noch einen Salat“, fuhr Kaiba fort. „Ohne Zwiebel und Knoblauch.“ „Was für eine Soße?“ „Egal.“ Kaiba ließ sich in den Polstern tiefer rutschen. „Haben Sie Latte Macciato?“ „Natürlich.“ „Dann noch drei davon.“ „Okay.“ „Und zwei starke, schwarze Kaffee.“ „Ja.“ Der Mann in der Leitung grinste; Kaiba hörte es an seiner Stimme. „Haben Sie noch etwas, das sich als Beilage macht?“ „Muffins, Eiscreme…“ „Kuchen?“ Müde zwinkerte Kaiba der Zimmerdecke entgegen. „Heute leider nicht.“ „Dann…“, Kaiba blähte faul die Wangen auf, „… drei Muffins… Schoko.“ „Notiert.“ Der Mann räusperte sich verschmitzt. „Darf es noch etwas sein?“ „Haben sie Croques?“ „Natürlich. Mit Salami, Hähnchenbru…“ „Salami.“ „In Ordnung.“ „Haben Sie Alkohol?“ Der Mann unterdrückte offensichtlich ein Lachen, bevor er antwortete. „Was hätten Sie denn gerne?“ „Wein.“ Lustlos zuckte Kaiba mit den Schultern und streckte beide Arme von sich. „Oder Champagner, Likör…“ „Bier?“ „Nicht unbedingt.“ Kaiba gähnte. „Wie wäre es mit einer Flasche Pinot Grigio?“ „Hm.“ Kaiba schürzte die Lippen. „Meinetwegen. Warten Sie, die Pizza doch lieber groß.“ „Natürlich.“ „Ich glaube…“, Kaiba kratzte sich die Stirn. „Ja?“ „… das war’s.“ „In Ordnung.“ Der Mann räusperte sich wieder. „An welche Adresse geht die Lieferung?“ „Kaiba-Corporation, 42. Stock, schnurstracks in mein Büro.“ Eine kurze Stille in der Leitung. „Und… Ihr Name?“ „Kaiba.“ „Oh.“ Der Mann suchte kurz nach Worten und Kaiba piepelte an der Kante seines Schreibtisches. „In Ordnung, Herr Kaiba… ähm… die Lieferung wird spätestens in vierzig Minuten bei Ihnen sein.“ „Okay.“ Faul rappelte sich Kaiba im Stuhl auf. „Ehm… Wiedersehen.“ Kaiba drückte den Anruf weg, rieb sich den Nacken und strich auch diese Telefonnummer durch. Seine Spontanität bereute er nicht. Der Gedanke, von herzhaftem Essen umgeben zu sein, gefiel ihm, zumal es doch schon etwas her war, seit er etwas Ordentliches zu sich genommen hatte. Er leerte noch seine Tasse, wählte die nächste Nummer und wendete den Kuli zwischen den Fingern, während er wartete. Es dauerte nicht lange. „Guten Tag“, meldete er sich. „Mit wem spreche ich?“ Daraufhin lauschte er, verzog das Gesicht und brummte leise. „Tut mir leid, verwählt.“ Und wieder legte er auf, strich die Nummer durch und tat dasselbe auch bei den nächsten fünf. Fast-Food-Restaurants, die jeder seiner Angestellten in der Mittagspause gerne hatte. Dann noch eine Schneiderin und ein Mann, der sich sehr alt anhörte. Eine Frau mit einer Überdosis Humor, eine Wäscherei… mit finsterer Miene strich Kaiba auch die zwanzigste Telefonnummer durch und in dem Moment klopfte es an seiner Tür. „Ja.“ Kaiba zog sich das Headset vom Kopf und warf es träge auf den Schreibtisch. Und nachdem sich die Tür langsam und stockend geöffnet hatte, quälte sich ein Mann in sein Büro, der mit furchtbar vielen Verpackungen, Pappbechern und Pappbehältern beladen war. Gelangweilt sah Kaiba ihn hereinstolpern. „Guten Tag, Herr Kaiba… Ihre Bestellung.“ „Mm.“ Zufrieden besah sich Kaiba die Ladung, hob die Hand und wies auf die Sesselecke. „Dahin.“ „Gut.“ Unter Umständen und Stöhnen bahnte sich der Mann den Weg durch das blanke Chaos, lud alles auf dem gläsernen Tisch an und richtete sich deutlich erleichtert auf. „Mm.“ Faul lehnte sich Kaiba aus dem Sessel, öffnete eines der Schubfächer und begann in ihm zu wühlen. >Irgendwo muss ich doch noch etwas Geld herumliegen haben…< Beschäftigt wühlte er weiter und der Pizzabote stieg durch die am Boden liegenden Zettel auf seinen Schreibtisch zu. >Ah.< Kaiba zerrte eine Mappe zur Seite, warf sie auf einen naheliegenden Schrank und griff nach einigen Scheinen, die etwas zerknittert in einer Ecke des Schubfaches lagen. Gähnend richtete er sich auf, sah die Scheine kurz durch und reichte sie dem Boten. „Stimmt so.“ Noch während sich der Bote bedankte, sich verabschiedete und sich auf den Rückweg zur Tür machte, kam Kaiba auf die Beine. Das Headset mit sich ziehend, schlenderte er um den Schreibtisch herum, näherte sich dem Haufen von Bestellungen und ließ das dünne Gestell vom Zeigefinger baumeln. Spontan griff er nach einem Kaffee und einem Latte Macciato, klemmte die Becher zwischen den Arm und wühlte in den Verpackungen, bis er die Pizza fand. Auf dem Behälter der Pizza landeten auch der Salat und zwei der Muffins. Mit diesen Muntermachern kehrte er zum Schreibtisch zurück, stellte sie irgendwie auf den Papierbergen ab und suchte nach der Liste, die irgendwo hingerutscht sein musste. Er fand sie, zog sie wieder zu sich und griff nebenbei nach dem Kaffee. Mit einem geübten Griff schnippte er den Plastikdeckel von dem Rand, trank zwei Schlucke und machte sich anschließend daran, die nächste Nummer zu wählen. Er schöpfte tiefen Atem, nippte noch einmal an dem Becher und rümpfte die Nase, als er zur Abwechslung mal ein Besetztzeichen hörte. „Was willst du?“ Charlie hatte Schwierigkeiten, seine Geduld zu zügeln, als er das Handy gegen das Ohr legte und den Kopf zur Seite drehte, um Ace nachzusehen, der soeben die Decke verlassen hatte und bequem zu einem Mülleimer schlenderte. In der Leitung ertönte ein leises Lachen, unter welchem Charlie die Zähne zusammenbiss. „Unterlass das hirnlose Gekicher“, unterbrach er seinen Gesprächspartner scharf und presste den Füller etwas in der Hand. „Sag mir, was du willst und hör auf, meine kostbare Zeit zu verschwenden.“ Wieder ein Blick zu Ace, der auf halber Strecke zum Ziel stehen blieb, den linken Fuß hob und die Schuhsohle anstarrte. „Nicht gleich so aggressiv, lieber Bruder“, säuselte Jason und klang dabei recht entspannt und glücklich. „Ich wollte dich lediglich darüber unterrichten, dass es bei meinem Plan wohl leider einen Toten zu betrauern geben wird.“ Charlies Miene zeigte keine Regung. „Und weshalb sollte mir diese Tatsache nicht gleichgültig sein?“, gab er etwas spitz zurück. „Tja“, Jason lachte und Charlie ließ den Füller gelangweilt auf den Block fallen. „Weil es sich um ein gewisses blondes Arschloch handelt, das sich neben der Frechheit, auf das alljährliche Treffen zu kommen, auch noch gewagt hat, mich zu verspotten.“ Charlies Miene entspannte sich etwas… mit einem mal verblasste der Hohn in den Gesichtszügen des jungen Mannes. Stimmlos öffnete er die Lippen einen Spalt weit und abermals sah er Ace nach, der nun weitertrottete. „Da bist du sprachlos, nicht wahr?“ Jason amüsierte sich prächtig. „Wie es der Zufall so will, ist er unter den Geiseln, die meine Männer in der Bank genommen haben. Somit auch unter meiner Kontrolle. Und sein Leben… in meiner Hand. Ich dachte nur, ich sage Bescheid, bevor du…“ Er verstummte augenblicklich, als Charlie leise auflachte. „Jason, allmählich weckt deine Dummheit keine Verwunderung mehr in mir“, grinste er, während er den Blick von Ace abwandte und an der Decke zupfte. „Was soll das bedeuten!“ „Du bist zu leicht zu verärgern, wie man gerade wieder sieht. Wut schaltet das Gehirn aus, lieber Bruder.“ Charlie seufzte, rappelte sich etwas auf und biss sich auf die Unterlippe. „Da steckt dir das Schicksal ein Ass in den Ärmel und du willst es einfach wegschmeißen?“ „Wie meinst du das?“ Jason schien es nicht zu gefallen, dass Charlie ihm auf die Sprünge helfen musste. Dieser lugte erneut zu Ace, sah, wie er sein Ziel erreichte und presste die Lippen aufeinander, bevor er seine Haltung festigte. „Hör zu, ich habe nicht viel Zeit.“ Seine Stimme senkte sich zu einem angespannten Flüstern. „Ich sage es dir einmal und hoffe, du kapierst es. Das blonde Arschloch, wie du es nennst, heißt Joey und ist das Beste, was dir passieren kann.“ „Das kann doch wohl nicht dein Er…“ „Halt deine dumme Klappe!“, unterbrach Charlie ihn scharf und kehrte dem zurückkommenden Ace wie zufällig den Rücken zu. „Er ist das verdammte Ass, dem du kein Haar krümmen solltest. Kaiba scheint aufzurüsten und auch, wenn ich es nicht denke, wäre es möglich, dass er etwas herausfindet. Joey ist das perfekte Druckmittel, sollte etwas schief gehen.“ „Wieso sollte er ein gutes Druckmittel sein!“ Auch Jason wurde wütend, da er es nicht begriff und Charlie lugte kurz über die Schulter. „Dreimal darfst du raten, wie die beiden zueinander stehen. Er ist kein verdammter Sekretär Kaibas! Sieht er etwa danach aus?“ „Du meinst…“ „Ja, verdammt.“ Charlie musste immer leiser sprechen und Jason lachte laut und verächtlich auf. „Er und Kaiba... interessant! Ein kleiner Homo, also!“ Charlie hob an, etwas zu erwidern. Letztendlich jedoch senkte er nur die Lider, presste die Lippen aufeinander und kämpfte nach wenigen Sekunden des Schweigens wieder um Haltung. „Lass dir das nicht entgehen.“ Sofort wurde das Handy sinken gelassen. „Hey.“ Heiter warf sich Ace neben ihm auf die Decke, legte einen Arm um die schmalen Schultern seines Freundes und küsste ihn beinahe beiläufig auf die Wange. „Ich habe das Gefühl, das Handy bedeutet dir mehr, als ich.“ „Mm.“ Ein flüchtiges Lächeln formte Charlies Lippen, bevor er nach seinem Füller tastete. „Lass uns weitermachen.“ „Okay“, unter einem Seufzen warf sich Ace wieder auf seine Seite, rollte sich auf den Bauch und suchte unter den Heftern nach seinem Kuli. „Lass uns die Ergebnisse vergleichen.“ „In Ordnung.“ Charlie nickte, atmete tief durch und zog die Hülle von seinem Füller, als sich sein Handy erneut meldete. Der junge Mann hielt in der Bewegung inne und Ace verdrehte mit größter Hingabe die Augen, ließ die Stirn auf die gekreuzten Arme hinabsinken und schüttelte verzweifelt den Kopf, während Charlie ihm ein entschuldigendes Lächeln schickte und das Handy abermals hervor zog. „Ich halte es kurz“, meinte er noch, bevor er den Anruf entgegennahm und das Handy ans Ohr legte. „Hallo?“ Er erhielt nicht sofort eine Antwort und schickte Ace erneut ein knappes Grinsen. Dieser hatte den Kopf auf die Seite gedreht und sah ihn mürbe an. „Guten Tag“, meldete sich endlich jemand in der Leitung. „Spreche ich mit Herrn Kobuta?“ „Nein.“ Langsam wandte Charlie das Gesicht von Ace ab, um mit plötzlicher Anspannung auf die weite Wiese zu starren. „Wer ist denn da?“ „Chaaaarlie“, murrte Ace da mit genervtem Tonfall und dieser war versucht, die Hand auf die Sprachschlitze zu pressen, stoppte jedoch in der hastigen Bewegung, da es so oder so zu spät war. „Ich habe mich wohl verwählt“, meldete sich die Stimme wieder in der Leitung. „Auf Wiedersehen.“ Charlie öffnete den Mund… bekam jedoch keinen Ton über die Lippen und regte sich nicht, als das leise ‚Tut Tut’ in seinen Ohren hallte. ~*to be continued*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)