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Jura Tripper II

Rückkehr nach Noah
von

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15. Gedanken

15. GEDANKEN
 

Bis vor kurzem hätte sie es nie für möglich gehalten. Vor zwanzig Minuten hätte sie ihm eine gescheuert, für das, was er jetzt tat. Oder waren es schon dreißig? Oder doch erst fünfzehn? Sie wußte es nicht. Sie konnte nicht sagen, wie lange sie hier schon saß, und einfach nur in das Feuer starrte, ohne sich zu regen oder ihre Umgebung wahrzunehmen. Starrte in das Feuer und fragte sich, wie das Leben weiter gehen sollte, wenn er nicht mehr da war.

Und dann war der gekommen, von dem sie gedacht hätte, daß er der Letzte wäre, dessen Anwesenheit sie beruhigen könnte. Aber, so merkwürdig es war, genau das war geschehen. Er saß einfach nur neben ihr, hatte ihr eine Decke um die Schultern gelegt und hielt ihre Hand. Und spendete ihr Trost. Einfach durch seine Anwesenheit... Das gab ihr dann doch etwas zu grübeln, aber sie wollte es nicht jetzt tun, das wäre zu anstrengend.

So saßen sie einfach nur schweigend da und hingen ihren Gedanken nach. Und die anderen bestaunten sie, denn von ihnen hätte auch niemand für möglich gehalten, die Beiden einmal in einer solchen Eintracht nebeneinander sitzen zu sehen. Weder auf ihrer ersten Reise, und nachdem die Verlobung der Beiden gelöst worden war, schon gar nicht auf dieser. Aber, es geschehen eben doch noch Zeiten und Wunder, oder wie sollte man das nennen?!?

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Er konnte nicht sagen, wie lange es jetzt schon her war, aber er hatte das Gefühl, seit einer halben Ewigkeit hier zu sitzen nichts anderes machen zu können als abwarten. Seine Handgelenke taten ihm weh, von den Fesseln, die leider Gottes ziemlich stramm waren und ihn, wenn er sich bewegte, in's Fleisch schnitten. Das hatte er schon ziemlich bald festgestellt, und so hatte er seine Bewegungen sehr eingeschränkt. Er wußte immer noch nicht, wo er war, warum er hier in dieser Höhle war und wer diese drei Menschen waren, die ihn gefangen genommen hatten und ihn seitdem in dieser Höhle festhielten. Das hieß, er hatte sie sehr wohl erkannt, aber er konnte sich nicht vorstellen, daß es wirklich dieselben waren. Dann seufzte er, er hatte schon oft festgestellt, daß Menschen voller Überraschungen steckten. Leider war dies eine unangenehme, eine sehr unangenehme. Was ihn noch mehr ärgerte als die Tatsache, daß er hier nun festsaß, war der Fakt, daß Manua sich große Sorgen um ihn machen mußte. Sie hatten sich vor zwei Tagen getrennt, sie wollte noch mal zum Flußufer gehen und nachsehen, ob von Mosar und den Kindern schon etwas zu entdecken war, und er selber war weiter in die Berge gegangen und dann auf diese neuen Spuren gestoßen, die ihn direkt hier in diese Falle geführt hatten. Und sie war dann, vermutlich irgendwann am späten Nachmittag in ihre Höhle, die sie als Lagerplatz ausgesucht hatten, zurückgekehrt, hatte etwas zu Essen zubereitet und auf ihn gewartet. Und er war nicht gekommen.

Er hoffte bloß, sie würde weiterhin nach Mosar Ausschau halten und nicht auf die Idee kommen, nach ihm zu suchen. So konnte er zumindest hoffen, daß seine Entdeckung nicht völlig umsonst gewesen war.

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Als sie ein Motorgeräusch hörte, sprang sie auf und achtete weder darauf, daß die Decke von ihren Schulter rutschte, noch, daß sie beinahe den Kochtopf umgestoßen hätte. Es war ihr egal. Sie war sogar sosehr darauf fixiert, ihn wieder zu sehen, daß sie die Slugi erst bemerkte, als sie vor ihr stand und Tiger eine Notbremse einlegte.

"Bist du völlig verrückt?!?" schrie Prof sie an, die in der Tür erschien.

Sie starrte sie nur an, erst jetzt begriff sie, daß sie einen riesen Fehler gemacht hatte.

"'Tschuldigung!" murmelte sie.

Aber dann grinste Prof.

"Komm rein, wo du schon hier bist..."

"Danke!"

Sie kletterte die Stufen hoch und trat in den Hauptraum. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie ihn reglos auf einer der Bänke liegen saß.

"Keine Sorge, er ist nur eingeschlafen, es war ziemlich anstrengend für ihn!"

"Gut!"

Jetzt bemerkte sie, daß Timmet auf der gegenüberliegenden Bank lag und ebenfalls schlief. Sie ging zu Boss, kniete sich neben ihn hin und nahm seine Hand. Sie war warm und spendete ihr Trost. Und am Handgelenk fühlte sie seinen Puls. Stark und regelmäßig. Insgeheim seufzte sie auf vor Erleichterung.

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"Mein Gott! Das wir noch mal zwei Minuten Ruhe kriegen!"

"Stimmt, kaum zu glauben!" stimmte President ihr zu.

"Und was machen wir jetzt?"

"Och, mir würde schon was einfallen..." fing er an, aber sie schüttelte den Kopf.

"Ich hoffe, du bist mir nicht böse, aber ich fürchte, ich bin zu müde dazu!"

Er nickte.

"Außerdem, es ist mir etwas zu kalt hier!"

Eine Weile gingen sie schweigend am Flußufer entlang.

"Weißt du, in dem Moment, in dem Timmet aufgeschrien hat, dachte ich, mir würde das Herz stehen bleiben! Ich habe ernsthaft gedacht, er würde ertrinken! Und dann ist mir klar geworden, wie verantwortungslos wir waren. Wir hätten sie niemals mitnehmen dürfen! Ich habe mir ernsthaft vorgestellt, was ich zu seiner Mutter sagen müßte! Ich glaube, ich hätte das nicht gekonnt! Aber dann ist mir klar geworden, daß das alles absoluter Schwachsinn war, wir sitzen hier mitten in der Urzeit, und wir haben keine Ahnung, wie wir wieder in unsere Zeit zurückkehren sollen. Und ich mache mir Gedanken darüber, was ich seiner Mutter sagen soll!"

Er legte einen Arm um sie.

"Ich verstehe, was du meinst, mir ging es auch schon mehrfach so. Aber, dann habe ich mir immer wieder gesagt, daß dies vielleicht eine Art Schicksal ist, wir müssen hier ihn. Beim ersten Mal war es, um Noah vom Hohepriester zu befreien. Wer weiß, was es diesmal sein könnte. Ich meine, es könnte doch sein, daß alles, was hier mit uns geschieht, so richtig ist, oder?"?

Sie kicherte.

"Du meinst also, wir sind so was wie der Superman und die Superwoman der Steinzeit?"

"Du nimmst mich nicht ernst!" protestierte er.

"Doch, natürlich! Nur interpretiere ich vermutlich anders!"

"Das kommt auf's gleich raus!"

"Überhaupt nicht!"

"Na klar! Du verdrehst die Tatsachen so, daß sie in's lächerlicher geraten!"

Sie starrte ihn an, dann kicherte sie wieder.

"Wenn wir so weiter machen, hat Prof doch noch recht!"

"Inwiefern?"

"Wenn sie sagt, wir würden uns wie ein altes Ehepaar anhören!"

Da mußte er auch lachen.

"Stimmt!"

Sie kuschelte sich an ihn.

"Und was machen wir jetzt?"

"Zurückgehen und uns schlafen legen, ich falle sonst gleich um."

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Als er erwachte, spürte er als erstes, daß etwas schweres auf seinem Bauch lag. Dann roch er einen leichten Geruch nach Erde und Rauch, der einen feinen Duft überlagerte, der ihn an Schnee erinnerte. Als er dann die Augen aufschlug und an sich hinunter blickte, erblickte er Wirrwarr aus gelockten, hellbraunen Haaren. Er grinste etwas, beschloß aber, sich nicht zu rühren. Es wäre unfair. Er drehte aber doch leicht den Kopf und entdeckte, daß Timmet nicht mehr auf der anderen Bank lag, vermutlich hatte President ihn nach draußen in eines der Zelte getragen, als sie angekommen waren. Er blickte drehte den Kopf erneut und blickte jetzt gerade nach oben. Und wie immer in der letzten Zeit, fingen seine Gedanken an, sich um das Problem ihrer Heimkehr zu kreisen.

Wenn es wirklich so war, wie Prof vermutete, und diese drei Fremden, denen sie ihre jetzige Lage verdankten, wirklich aus der Zukunft kamen, dann mußte es einen Grund für ihr Handeln geben. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß sie es aus purer Bosheit oder aus einer Laune heraus getan hatten. Dann fiel ihm ein, wie er empfunden hatte, als er zum ersten Mal begriffen hatte, wie wunderbar diese Welt wirklich war. Und wenn die Verschmutzung der Erde weiter anstieg, dann mußte dies für die Fremden (er entschloß, sie vorläufig so zu nennen, der Einfachheit halber) noch extremer gewesen sein. Vielleicht hatten sie einfach in dem Glauben gehandelt, diese Welt zu beschützen. Vielleicht sahen sie in ihm und den Kinder wirklich die Bedrohung, von der sie gegenüber Mosar gesprochen hatten. Und somit wollten sie um jeden Preis verhindern, daß ihre bedrohlichen Vorstellungen Wirklichkeit wurden. Für ihn war das die logischste Erklärung, er hätte vermutlich genauso, oder zumindest so ähnlich gehandelt.

Dann konnte man aber nur hoffen, daß die Fremden mit sich reden ließen und einsahen, wie wichtig es für die Kinder war, zurückkehren zu können.

Plötzlich roch er den Geruch nach Suppe, und er spürte, wie hungrig er war. Bevor er einen weiteren Gedanken fassten konnte, knurrte sein Magen laut. Princess schreckte hoch.

Als er ihr verwirrtes Gesicht war, mußte er leise lachen.

"Was issch denn?" murmelte sie, dann wurden ihre Augen klar und sie wurde rot.

"Entschuldige, das wollte ich nicht!"

"Was denn?" fragte er.

"Einschlafen!" erwiderte sie und wurde noch röter.

Er lachte erneut.

"Das macht doch nichts! Obwohl, du warst ganz schön schwer!"

"Wie bitte?" Ihr Augen blitzen, und er mußte sich zusammen nehmen, um nicht sofort loszuplatzen.

"Was hast du gesagt?" zischte sie erneut.

"Das mein Bauch bestimmt eine Kuhle von deinem Kopf behalten wird!"

Sie starrte ihn noch zwei Sekunden an, dann drehte sie sich um und ging zur Tür.

"In manchen Dingen hast du dich überhaupt nicht verändert!" sagte er.

Sie blieb stehen.

"Wie meinst du das?"

"Man kann dich immer noch genauso schön ärgern wie früher!"

"Du Mistkerl!"

Sie stürzte sich auf ihn und fing an, ihn zu kitzeln.

"Gnade!" rief er.

Sie hielt kurz inne.

"Nein, für deine Gemeinheit mußt du bestraft werden!" damit beugte sie sich vor und küßte ihn.

Er entspannte sich und legte die Arme um sie.

"So eine Strafe mag ich...!" murmelte er nachdem sie sich getrennt hatten.

Sie lachte.

Eine Weile lagen sie einfach nur still da und rührten sich nicht.

"Was meintest du eben, daß ich mich in manchen Dingen nicht geändert hätte?" fragte sie schließlich.

"Naja, weißt du, wir alle verändern uns auf dieser Reise, wenn wir nach hause kommen, sind wir nicht mehr die, die losgefahren sind. Verstehst du, was ich meine? Timmet z.B. wird nie wieder den Uferbereich eines Flusses mit starker Strömung verlassen. God wird seine ewigen Nörgeleien einschränken, und vielleicht eines Tages völlig damit aufhören. Wir werden alle erwachsener hier!"

Sie nickte, kicherte dann leise und kuschelte sich an ihn.

"Du glaubst mir nicht!" protestierte er.

"Doch, schon allein die Tatsache, daß ausgerechnet Du dieses philosophische Zeug von dir gibst zeigt mir, wie recht du hast!"

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Sie stand am Eingang der Höhle und beobachtet den Gefangenen. Sie hatte gewußt, daß es falsch gewesen war, was sie getan hatten. Das erste, das konnte sie noch mit ihrem Gewissen vereinbaren, sie hatten es zum Schutz dieser Welt getan. Aber daß sie einen Mann gefangen genommen hatten und hier auf so grausam Art und Weise festhielten, daß konnte sie akzeptieren.

Sie wußte, daß die beiden anderen ihn Vorwürfe machen würden, aber das war ihr egal. Sie handelte aus einer Intuition heraus, wie sie es immer getan hatte.

Sie trat aus dem Schatten, glitt hinter ihn und schnitt die Seile durch, noch bevor er richtig begriff, was sie tat.

Kaum war er frei, sprang er auf, taumelte einmal leicht und stützte sich an der Wand der Höhle ab. Er starrte sie an und versuchte, zu begreifen.

"Warum?" Seine Stimme war rau, vermutlich hatte er seit einer ganzen Weile nichts mehr getrunken.

Sie hätte mit dieser Frage rechnen müssen, aber sie hatte es nicht, und so starrte sie zurück und suchte nach einer Antwort.

"Ich weiß es nicht!"

Er nickte, drehte sich um und ging langsam aus der Höhle. Als er am Eingang war, rief sie ihm hinterher:

"Erzähl' niemandem, wo wir sind!"

Er drehte noch mal den Kopf, nickte leicht und trat in das Sonnenlicht.

Auch wieder eine Frage, um das Gewissen zu beruhigen. Sie wußte, daß er sein Versprechen nicht einhalten würde.

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