Giftseide von Hotepneith (Lord Sesshoumaru ermittelt) ================================================================================ Kapitel 3: Das Bankett ---------------------- Vielen Dank für euer Interesse. Ja, der Haushofmeister nutzt seine Stellung ziemlich aus. Er ist alles andere als ein netter Zeitgenosse und ich merke schon, dass ihr ihm gern was anhängen würdet. Aber im Schloss lebt ja nicht nur er. Sakura muss ihr Temperament ziemlich zügeln. Aber das gilt auch für einen gewissen Dämonenprinzen.... 3. Das Bankett Sakura kniete noch immer wartend neben der Tür. Sie wunderte das Benehmen ihres derzeitigen Herrn. Aber er war ja auch ein Dämon. Menschen hätten sich ins Bett gelegt, sich etwas zu trinken bringen lassen, ihr befohlen ein Bad anzurichten. Lord Sesshoumaru lehnte nur an der Wand und blickte zum Fenster hinaus. Nach seinen seltsamen Fragen hatte er nicht mehr gesprochen. Tatsächlich dachte der Dämonenprinz nach. Er wollte bei diesem Bankett dem Fürsten einige Fragen zum Ablauf stellen, wie die Spinnenfäden herkamen und wie sie weiterverarbeitet wurden. Und er wusste, er durfte sich keinen Fehler leisten, wollte er zum einen nicht seinen Vater enttäuschen, zum anderen bald hier weg. Er musste den geheimnisvollen Giftmörder finden. Allerdings gab er sich zu, ein wenig aufgeregt zu sein. Nie zuvor war er allein bei einem solchen Besuch gewesen, nie zuvor hatte er einen Mordfall aufklären sollen. Vertraute ihm sein Vater schon so sehr? Nun ja, ein Abend unter Menschen würde ein wenig verdrießlich werden, aber das war eben notwendig. Er drehte sich um, als er aus dem Schloss Anzeichen vernahm, dass das Bankett kurz bevorstand. Eine Fingergeste bewog dieses Menschenmädchen aufzustehen. Sie schien recht anstellig zu sein. Vielleicht könnte sie morgen einige Dinge erledigen, die er heute Abend herausfand. In der großen Halle war ein Rechteck an Matten ausgelegt worden, mit Kissen, auf denen sich die Gäste niederknien konnten. Nur auf einer Seite befanden sich zwei Stühle, für den Fürsten und den Ehrengast. Fürst Takaeda erwartete seinen jungen Besucher bereits in kostbarem Kimono. Sesshoumaru trug keinen, sondern haori und hakama. Er fühlte sich mehr als Krieger. Aber die Seide war dieselbe, hergestellt aus den Fäden der Spinnendämonen des Waldgebirges, gewebt hier im Schloss. Sesshoumaru strich in diesem Moment die Familie Takaeda endgültig von der Liste der Verdächtigen, als er merkte, dass auch der Sohn des Hauses diese Seide trug. Das wäre selbst für Menschen ein äußerst dummes Verhalten gewesen. Er neigte den Kopf. Jetzt musste er seinem Vater Ehre machen. Wie sprach der immer zu Gastgebern: "Ich danke für die Einladung, Fürst Takaeda und freue mich heute Abend bei Euch sein zu dürfen." Das war glatt gelogen, dachte er. Aber er hatte einen Auftrag. Der Fürst lächelte erleichtert. Immerhin war sein Gast ein zwar junger, aber doch sicher starker Dämon. Bei dem Vater? Und auch er hatte inzwischen schon mitbekommen, dass in seinem Haus die wildesten Gerüchte über den Besucher umliefen. Automatisch sah er zu Sakura, die sich bereits hinter den Sitz des Gastes gekauert hatte, wie es üblich war, da sie sich um ihn kümmern sollte. Sie lebte noch und hatte offenbar keine Verletzungen. Sie wirkte nicht einmal besonders ängstlich. Dieses Gerede der Dienstboten war sicher vollkommen übertrieben. So meinte er höflich: "Soweit ich weiß, nehmen Wesen Eures Rangs und Eurer Art keine Menschennahrung zu sich. Darf ich Euch dennoch irgendetwas anderes anbieten?" Sesshoumaru ertappte sich bei dem sinnfreien Gedanken, wie der Saal hier reagieren würde, würde er vier Gäste verlangen. Aber solch ein Scherz wäre sicher unpassend. So sagte er nur: "Nein. Aber das soll Euch und Eure Gäste nicht abhalten." Sie nahmen Platz und auf einen Wink des Fürsten begannen Diener die Platten aufzutragen. Da er nichts aß, blickte der Dämonenprinz zum Hausherren: "Darf ich Euch einige Fragen zu Eurer Seide stellen? Das interessiert mich." Und wie, dachte er: ich will hier schließlich wieder weg. "Nun, gewiss." Immerhin war der Fürst sehr stolz darauf. "Die Spinnendämonen des Waldgebirges spinnen diese besonderen Fäden. Und dann bringen sie sie zu Euch?" "Ja. Seit Jahrhunderten ist das so. Einmal im Jahr, im Frühling, erscheinen hier Spinnendämonen und bringen ihre Waren." Also konnte die Vergiftung unmöglich in diesem Zeitraum passieren. Die Spinnendämonen würden mit Sicherheit jeden töten, der ihre Fäden unbrauchbar machen wollte. "Und dann gelangt die Ware in Euer Lagerhaus und Eure Weberinnen übernehmen sie." "Ja. Wie Ihr vielleicht schon wisst, sind diese Weberinnen Mädchen im Alter von neun bis zwölf Jahren. Nur in diesem Alter haben sie die Fingerfertigkeit, die kleinen Finger und den scharfen Blick um diese Seide weben zu können. Wie der Herr der Hunde, Euer ehrenwerter Herr Vater, es wünschte, erhalten die Mädchen nach dieser Zeit eine Mitgift ausbezahlt, die sie zu begehrten Heiratkandidatinnen macht. Sie werden so versorgt." Typisch Vater, dachte Sesshoumaru: Er kümmert sich um alles und jeden. Aber so konnte man auch die Weberinnen von der Liste streichen. Ein Menschenmädchen in diesem Alter wäre sicher kaum in der Lage ein derartiges Gift herzustellen, geschweige denn, hätte ein Interesse daran. "Hättet Ihr die Güte, morgen mit mir die Weberei zu besichtigen?" erkundigte sich der Fürst fast begierig. Er hätte nicht gedacht, dass dieser halbwüchsige Dämon, denn er sah ja höchstens wie sechzehn aus, solch ein Interesse an der Wirtschaft hatte. Das mochte für seinen Sohn oder Enkel gut sein, wenn der alte Hundedämon starb und der hier der Erbe wurde. "Gern." Er würde sich mit eigenen Augen überzeugen müssen, was da lief. "Und die gewebten Stoffe lagern wieder in einem Lagerhaus, bewacht?" "Ja. Natürlich. Sehr gründlich. Diese Fäden und diese Seide sind zu kostbar. Niemand darf diese Lagerhäuser betreten. Darauf stehen strenge Strafen." Interessant, dachte der Dämonenprinz: Dieses Menschenmädchen hat mir gehorcht. Also fürchtet sie meine Strafe mehr als die ihres eigentlichen Herrn. Gut. Aber wenn die Seide dann auch bewacht wird - wann wird sie vergiftet? Wer würde es wagen? Und warum nur? Falsch, begriff er plötzlich, ich muss andersherum denken. Wer hat die Gelegenheit. Und nur der kann es dann auch sein, warum er das tut, steht wohl erst an zweiter Stelle. Habe ich das "wie" habe ich den "wer". "Und im Winter lasst Ihr die Seide dann zu meiner Familie - oder anderen - bringen." "So ist es. Danke, Yakuma." Denn der Haushofmeister hatte eine neue Platte vor ihn hingestellt: "Ich bin froh, dass du von deiner Reise in dein heimatliches Kerogebirge wieder zurück bist. Niemand außer dir könne solch ein Fest vorbereiten." "Vielen Dank, mein Fürst." Yakuma warf einen Blick auf Sakura, der Sesshoumaru nicht entging. Dieses Mädchen hatte vermutet, dass der Haushofmeister hoffte, sie würde den Dienst bei ihm nicht überleben. Und tatsächlich schien er überrascht, sie ohne Verletzungen zu sehen. Für was für ein Monster hielt ihn dieser unverschämte Kerl eigentlich? Dass er wahllos mordete? Blutgier ihn antrieb? Andere niedere Beweggründe? Er sollte ihn....Aber da war Vaters Befehl. Fürst Takaeda fuhr leutselig fort: "Deine Rezeptsammlung und die Kunst, die du unseren Köchen beigebracht hast, ist ja fast legendär. Hast du dies von deiner Mutter gelernt?" Der feinen Nase des Hundedämons entging die plötzliche Gefühlsaufwallung des Haushofmeisters nicht. Aber er sagte nur neutral mit einer Verneigung: "Weniger, edler Herr. Sie war ja keine Köchin, sondern eine bescheidene Kräuterhexe, die einsam im Wald lebte." Und zog sich zurück. Dem Dämonenprinzen fiel leicht amüsiert ein, dass auch die Mutter ihres Haushofmeisters, Yuki, zwar eine Dämonin, aber ebenfalls eine Kräuterkundige gewesen war. War das wohl notwendig, um Haushofmeister zu werden? Kein Mensch hatte gesehen, wie es passiert war, aber Sesshoumaru stand plötzlich hinter seinem Stuhl. Sakura, die dort kniete, erhaschte gerade noch einen Blick auf etwas Silbriges, das neben ihr zu Boden fiel, ehe sie erkannte, dass neben, über ihr ein Mann stand, dessen rechtes Handgelenk nun der Hundedämon in seltsamem Winkel hielt. "Lord Sesshoumaru!" keuchte der erschrockene Fürst auf. "Ihr.. Heißt Gastfreund bei Dämonen denn, dass man andere Gäste umbringt?" "Heißt Gastfreundschaft bei Menschen, dass man den Gast mit dem Messer attackiert?" gab der Dämonenprinz kalt zurück: "Und noch lebt er ja." Er blickte zu dem jungen Mann, der ihn wütend anstarrte: "Bestie", knirschte der. Im Saal herrschte plötzlich entsetzte Stille. Fürst Takaeda starrte den Neuankömmling fassungslos an: "Aber...aber Tamahato, du greifst unseren Gast an??" Er blickte auf das Messer, das nun neben Sakura lag. "Bestie?" Sesshoumaru verspürte gute Lust, diesem Idioten nicht nur das Handgelenk zu brechen. Der bettelte ja förmlich darum. "Wie nennst du jemanden, der rücklings mit einem Messer einen Unbewaffneten angreift?" "Dämonen gehören ausgerottet." "Bitte!" Fürst Takaeda schwitzte in der Angst, was geschehen würde, würde der Dämonenprinz die Selbstbeherrschung verlieren. Oder was der ehrenwerte Inu no Taishou zu diesem Zwischenfall sagen würde: "Tamahato, nimm dich zusammen. Ich wusste schon, warum ich dich heute Abend nicht hier haben wollte. - Verzeiht, Lord Sesshoumaru...Es...es tut mir aufrichtig leid, ich wollte..." Ein Dämonenhasser? Dachte Sesshoumaru plötzlich. Das wäre doch ein Motiv. "Ich habe jemandem versprochen, dich nicht zu töten. Nur darum lebst du noch." Das kam kalt: "Menschliche Körper sind schwach und äußerst begrenzt. Aber du beweist mir, dass es auch der Verstand ist." Tamahato spürte, wie sein Unterarm freigegeben wurde. Er holte zischend Luft. Der Schmerz des gebrochenen Arms war heftig. "Bist du ein Heiler?" erkundigte sich der Dämonenprinz. "Nein..." Der junge Mann war völlig aus dem Konzept gebracht. Dann ist er es vielleicht doch nicht, dachte Sesshoumaru. Er zog einen einfachen Schluss: wer auch immer hinter der Giftattacke steckte, war nicht dumm. Dieser Mensch hier war dumm. Folglich konnte er nicht der Täter sein. Aber das war wohl menschliche Logik. Er würde besser vorsichtig sein, mit gesundem Youkaiverstand vorgehen. "Sakura." Sie sah sofort auf: "Bring ihn in sein Zimmer." Nicht nur sie guckte ihn verwirrt an, stand aber auf und sagte höflich: "Tamahato-san...?" "Geh", sagte der Fürst hastig: "Lord Sesshoumaru, ich danke für die Nachsicht, die Ihr mit meinem armen Neffen hattet..." Neffe? Ein Takaeda und ein Dämonenhasser? Interessant. Der Hundedämon nahm wieder Platz und beendete mit einer Handbewegung die Beteuerungen und Entschuldigungen des Fürsten. Sakura ging aufmerksam neben Tamahato, bereit, ihn zu stützen. "Dieser Mistkerl war zu schnell..." murmelte dieser. Sie schüttelte leicht den Kopf: "Wenn ich das so sagen darf: das war kein guter Einfall." "Das darfst du nicht!" fuhr er sie an: "Den Kronprinzen der westlichen Länder zu erledigen...die Chance kommt nicht mehr so schnell." "Tamahato-san, bei allem Respekt, habt Ihr nicht an die Menschen hier im Schloss gedacht?" "Sie wären endlich von diesen Bestien befreit." "Äh", machte Sakura, ehe es ihr rausrutschte: "Sie wären dank Eurer Dummheit jetzt schon vermutlich tot." "Was soll das?!" Der Neffe des Fürsten glaubte nicht recht zu hören. Dieses kleine Nichts wagte so mit ihm zu reden? "Denkt Ihr im Ernst, Inu no Taishou würde die hinterlistige Ermordung seines Sohnes nicht rächen wollen?" Tamahato biss sich nicht nur vor Schmerzen auf die Lippen: "Ich werde sie töten, eines Tages werde ich sie alle getötet haben. Diese Bestien haben meine gesamte Familie gemordet, ein komplettes Dorf ausgelöscht. Dämonen. Und Onkel Takaeda sitzt gemütlich mit einem als Ehrengast da." "Nun, es gibt Dämonen und Dämonen, denke ich." Sakura wusste, dass sie wieder einmal zuviel redete, dass sie das nicht nur vielleicht büssen würde, aber sie wollte den Neffen des Fürsten beruhigen, davon abhalten, noch solch eine Irrsinnstat zu begehen. Sie hatte für einen Moment in den Augen Lord Sesshoumarus etwas Dunkelrotes aufblitzen sehen und schloss daraus, dass Tamahato-san nur um Haaresbreite dem Tod entkommen war. Und womöglich einige andere Leute auch. "Ich denke, das ist wie bei Menschen und Tieren. Es gibt Dämonen, die blindlings morden. Und es gibt Dämonen, die mehr wie Menschen sind. Aber anders." "Große Worte für eine kleine Dienerin", höhnte Tamahato: "Für gewöhnlich lässt dich Yakuma doch die Latrinen und Badewannen schrubben, oder? Kommen dir da solche dämlichen Gedanken? Und jetzt darfst du einem Dämon Händchen halten. Was für hochtrabende Tätigkeiten." "Ich befolge meine Befehle", sagte sie. Yakuma-san würde ihr nie andere Tätigkeiten geben, als schmutzige oder gefährliche, nicht, ehe sie nicht sein Lager teilte. Das wusste sie nur zu gut. Aber sie hatte keine Wahl, als hier zu bleiben. Sie gehörte dem Takaeda_Clan und ohne dessen Schutz mochte es in der weiten Welt genug geben, was viel gefährlicher war, als Yakuma-san. "Ich bitte Euch, Tamahato-san, denkt noch einmal in Ruhe nach. Ihr gefährdet das Leben aller Menschen hier. - Und Ihr lebt noch, das müsst Ihr zugeben. Selbst menschliche Fürsten hätten Euch für diesen Mordanschlag getötet." Tamahato schüttelte etwas den Kopf, sagte aber: "Schick mir den Priester. Er soll mein Handgelenk schienen. - Und dann darfst du wieder Hundehüten gehen...Wer weiß, vielleicht darfst du ihn ja nach Flöhen absuchen." Er ging in sein Zimmer. Sakura biss sich ein wenig auf die Lippen, sah sich dann aber um, und bat einen vorbeikommenden Diener für den Neffen des Fürsten den Priester als Heilkundigen zu holen. "Warum gehst du nicht selbst?" fragte der zurück. Unter der Dienerschaft gab es niemanden, der sich ihr nicht überlegen fühlte. "Mein Befehl lautete, ihn in sein Zimmer zu bringen. Nicht, mehr für ihn zu tun. - Aber ich kann ja gern Lord Sesshoumaru sagen, dass du mich an der Erfüllung seiner Anweisung gehindert hast, " fügte sie in einer plötzlichen Eingabe hinzu: "Dann bin ich nicht die einzige, die bestraft wird." "Lord..." Dem Diener fiel jetzt ein, welche Arbeit sie im Augenblick ausführen musste: "Ich gehe." Er verschwand hastig im Dunkel des Ganges und Sakura lächelte unwillkürlich. Zum ersten Mal stand sie, wenn auch wohl eher unabsichtlich, unter einer Art Schutz. Sie drehte sich um, um zurück in den Saal zu gehen. Niemand sollte sagen können, dass sie ihre Pflicht vernachlässige. ********************************* Einige Neuigkeiten, oder? Das nächste Kapitel heisst: Missverständnisse. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, das das nächste Kapitel on ist. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)