Two Souls Destiny von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: 4. Ich bin, wie ich bin (Ravan) ------------------------------------------ Am Abend war Ravan mit ein paar Freunden am Strand unterwegs. Es wurde merklich kühler und die Sonne war bereits im Meer versunken. Kleine Laternen erhellten den Strandabschnitt, und es lag eine mystische Stimmung in der Luft. Die Gruppe kam gerade von einer Privatparty und war dementsprechend gut gelaunt. Ein Mädchen hatte sich bei Ravan untergeharkt und ihr langes, blond gefärbtes Haar wurde von einer Briese sanft hin und her geworfen. Dieses Mädchen war Ayako, welche Mamori erst vor kurzem auf dem Weg zu Ravans Wohnung begegnet war. Ravan schien dieser Annäherungsversuch allerdings kalt zu lassen, denn mit einem Bier im Anschlag, warf er ihr nur einen genervten Blick zu. Einer der Kumpels machte eine Bemerkung: "Jetzt kümmere dich doch mal um die Süße. Du bist doch sonst auch der Weiberheld." "Ja sicher", murmelte Ravan auf Deutsch und nahm noch einen Schluck. Ayako ließ von ihm ab. Mürrisch ging sie eine Weile neben ihm her, bis sie plötzlich scharf nach links abbog. Ravan sah ihr nach, doch im Schein der Laternen konnte er nicht viel erkennen. "Aya-san!", rief er ihr hinterher und alle blieben stehen. Auf ein Versteckspiel hatte Ravan jetzt gar keinen Bock, aber er konnte ein junges Mädchen ja nachts nicht allein herum laufen lassen. Also ging er ihr nach. Es dauerte einen Moment ehe er sie gefunden hatte. Sie saß im Sand und unterhielt sich anscheinend mit irgendjemandem. Sauer und genervt ging Ravan auf die beiden zu. "Aya-san!", machte er seinem Ärger Luft, "Was ging mit dir denn eben? Kannst du nicht antworten wenn man dich ruft." Erschrocken sah Ayako auf. "Was blaffst du denn hier rum?", fragte sie mit ruhiger, etwas spöttischer Stimme. Ravan konnte es nicht fassen: "Geht's noch?" Ravan konnte auf Ayakos Lippen ein Lächeln erkennen. Was war denn hier los? "Willst du deinen Freund gar nicht begrüßen?", fragte sie plötzlich und nickte in mit dem Kopf in Richtung zu demjenigen, der neben ihr im Sand saß. Ihr Nebenmann zuckte zusammen. "Was denn für nen Freund?", fragte Ravan irritiert, "Davon hab ich nur ne Hand voll und von denen ist niemand in dieser Stadt." Außerdem konnte er nicht erkennen wer da neben ihr saß. Ayako wirkte überrascht und wie selbstverständlich bemerkte sie: "Und ich dachte ihr seit Freunde, weil er doch deinen Ausweis hatte." Und tatsächlich... als Ravan genauer hinsah, erkannte er Mamori, der seine Knie an den Körper gezogen hatte und diese mit den Armen umschlang. "Ta-kun?", fragte Ravan ungläubig, "Bist du das? Ach du Schande." Was hatte das denn zu bedeuten? Mamori antwortete leise mit einem "Ja", wagte aber nicht ihn anzusehen. Ravan stellte sch unmittelbar vor ihn. "Warum hast du denn nicht gleich gesagt, dass du das bist?", fragte er mit einem irgendwie strengen Unterton in der Stimme, "Statt dessen mach ich mich hier zum Idioten." Nun sah ihn Ayako böse an: "Warum machst du ihn denn so an? Du siehst doch das er deprimiert ist." Ravan atmete tief durch, dann antwortete er: "Der sieht immer so aus. Ich begegne ihm heute zum dritten Mal. So langsam glaube ich, ich hab Zucker in den Taschen. Außerdem... was gehen mich die Probleme von fremden Kerlen, oder vielmehr Kerlchen an?" Das hatte gesessen. Mamori brodelte innerlich. Was war das eben? Das war mit abstand das Arrogantes, was er jemals zu hören bekommen hatte. Mamori bereute, dass er tiefer gehende Gefühle für Ravan hegte. Das sollte er wohl besser überdenken. Was war bloß passiert? Ravan war völlig verändert. Hatte er etwa einen Zwillingsbruder? Nein, es war der Selbe! Heute war echt nicht Mamoris Tag. Eigentlich war er zum Strand gekommen um Ruhe zu finden und jetzt das! Mamori hatte noch immer nichts erwidert. Aber musste er das überhaupt? Egal was er sagte, nach so einer Aussage währe sicher alles falsch gewesen. "Na du sprühst ja vor Charme", bemerkte Ayako etwas erschrocken, "Du hast ihn ja ganz verschreckt." Ravan zuckte mit den Schultern. Aber... "Wieso bist du überhaupt bei ihm", wollte Ravan wissen, "Es ist doch sonst nicht deine Art zu fremden Jungen zu gehen." Ayako stand auf als sie antwortete: "Er saß hier so verlassen rum. Ich hab ihn erkannt. Wir haben uns heute Nachmittag schon mal getroffen." Der Rest der Gruppe rief nach den beiden. Ayako verabschiedete sich lächelnd und lief zurück. Es herrschte vollkommende Stille. Mamori zitterte vor Wut und am liebsten wäre er aufgestanden und hätte Ravan Eine rein gehauen, doch als der Mond hinter ein paar Wolken hervor kroch, war Ravans Gesicht unmittelbar vor dem Mamoris. Ravan hatte sich zu ihm herunter gebeugt und saß nun in der Hocke vor Mamori, dessen angezogene Beine zwischen denen von Ravans angehockten standen. Die Hände hatte er auf Mamoris Knie gelegt und seinen Kopf etwas schräg darauf gelehnt. Und er lächelte. Ravans blaue Augen blitzten im Mondschein und in ihnen lag so viel Freundlichkeit und Verständnis. Mamori verstand nicht. Er merkte nur, wie sein Herz anfing zu rasen und sein Gesicht vor Aufregung glühte. Was war das jetzt wieder für ein Trick? Ravans Augen wechselten den Blick zwischen den Augen Mamoris, als wolle er jedes Einzelne genau erkunden und keine Bewegung verpassen. Dann streifte sein Blick langsam über Mamoris Gesicht. Die langen Wimpern, die hohen Wangen, die kindliche Nase und schließlich über die wohlgeformten Lippen, die sich nicht zu bewegen trauten, um dann wieder zu den Augen zurückzukehren. "Dunkel wie die Nacht", flüsterte Ravan wie ein Hauch. Mamori wagte kaum zu atmen. Er verstand das alles nicht. Von einer Sekunde zur anderen war Ravan wieder der, in den sich Mamori so Hals über Kopf verliebt hatte. Und auf irgendeine Weise genoss er diesen Moment, auch wenn ihm die Bedeutung nicht ganz klar war. Ravan lachte kurz auf. Mamori sah so erschrocken aus, als hätte einen Geist gesehen. "Was hast du denn Ta-kun?", fragte Ravan mit sanfter Stimme, aber die Betonung hatte er wie ein unwissendes Kind. "Ich... äh... ich...", mehr brachte Mamori nicht über die Lippen. Ravan lachte wieder: "Hab ich dich erschreckt?" Mamori schüttelte leicht den Kopf. "Nein, also... etwas vielleicht." Ravan schaute ihn wieder mit verständnisvollen Augen an. "Ich kann mir vorstellen was du jetzt denkst, aber keine Panik, der Schein trügt oft." "Ich verstehe nicht, was du meinst", und Mamori verstand wirklich nichts, "Du bist so anders. Ich weiß nicht, woran ich bei dir bin." Ravan atmete tief durch: "Man, für jemanden der mich erst fünf Minuten kennt, bist du aber ganz schön tiefgründig. Ich weiß nicht, was du von mir erwartest." Oh... das war der Knackpunkt. Was sollte Mamori darauf antworten? Er schwieg. "Bist du jetzt sauer?", Ravan war etwas besorgt, aber er wollte dringend noch etwas loswerden, "Hör zu... ich finde es reichlich merkwürdig, dass wir uns so oft über den Weg laufen. Und du findest mich bestimmt reichlich merkwürdig, aber ich möchte klarstellen, dass du von mir in keinster Hinsicht etwas erwarten solltest." Mamori sah ihn entgeistert an. Warum sagte er so etwas? Ravan hätte das wahrscheinlich auch gern gewusst, denn er konnte selbst nicht glauben, dass er diese Sätze zu einem Kerl gesagt hatte. Er richtete sich auf. "Jedenfalls solltest du dich nicht wundern, wenn ich irgendwann mal nicht so nett bin.... So wie jetzt meine ich", fuhr er fort. "Aha...", Mamori stimmten diese Worte traurig. Ravan hätte gern noch etwas gesagt, aber seine Kumpel riefen nach ihm. "Ich muss... Also dann", Ravan hob grüßend die Hand, aber Mamori sah deprimierter aus als vorher. "Wir reden ein andern Mal, okey?", fragte Ravan und es klang wie ein Versprechen. Mamori nickte. Dann ging Ravan, aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich schuldig und verantwortlich. Die Tage vergingen, ohne dass sich die beiden wiedersahen. Bei Mamori hatte sich die Lage noch nicht beruhigt. Seine Großeltern drängten noch immer darauf, dass er die Pension seiner Mutter übernehmen sollte. Fast jeden Tag besuchten sie ihn zu Hause und Mamori hatte das Gefühl, als würde alles über ihm zusammenbrechen. Er konnte nicht verstehen, warum ausgerechnet er die Pension übernehmen sollte. Aber er konnte die Bitte der Großeltern auch nicht einfach ignorieren, dazu hatte er ihnen zu viel zu verdanken und so beschloss er, sich die Pension und das ganze drum herum wenigstens mal anzusehen. In zwei Tagen wollten seine Großeltern ihn abholen und bis dahin sollte er das mit der Schule und dem Job im Come-In geregelt haben. Dort war man gar nicht begeistert von seiner Idee. Zwei Wochen sollte er fehlen, und dann so kurzfristig. Der Chef wollte zwar eine Lösung finden, aber er konnte nicht dafür garantieren, dass die Stelle nach Mamoris Rückkehr noch für ihn freistand. Mamori musste wohl oder übel einwilligen. Am Morgen des zweiten Augusts ging Mamori schländernd durch die Straßen. Morgen wollten seine Großeltern ihn abholen und er hatte sich damit abgefunden. Mamori kam gerade vom Bäcker und hatte etwas Kuchen für sich und Joshua gekauft. Die Sonne blendete so früh am Morgen und er hatte Schwierigkeiten, den Weg zu erkennen. Und dann... rums! Mamori war mit jemandem zusammengestoßen und landete unsanft auf dem Hinterteil, wobei er auch noch den Kuchen unter sich begrub. "Shit!", fluchte er und zog die Kuchentüte wieder hervor. "Oje... Ta-kun", hörte er eine Stimme und Mamori wusste genau wem sie gehörte. Er sah auf und Ravan grinste ihm breit ns Gesicht, doch anstatt Mamori aufzuhelfen, machte er sich lustig: "Immer wenn wir uns sehen, sitzt du irgendwo rum." Mamori stand auf. Er wollte gerade etwas erwidern, als ihm auffiel, dass Ravan irgendwie verändert aussah. "Sag mal... hast du was mit deinen Haaren gemacht?" Ravan war erstaunt: "Mensch Ta-kun. Du bist ja ein richtiger... hmm, auf Deutsch würde es "Blitzmerker" heißen... hast du gut erkannt." Mamori verzog das Gesicht. "Hmmm... was auch immer "Blitzmerker" heißen mag, ich hoffe es ist was Gutes." Plötzlich fing Ravan lauthals an zu lachen. Das Wort "Blitzmerker" hatte einfach zu komisch geklungen. Mamori hatte Probleme das Wort nachzusprechen und bei ihm klang es irgendwie wie "Blischmeker". "Das mit dem Deutschkurs halten wir mal für die Zukunft fest", beschloss Ravan schmunzelnd und dann bestätigte er Mamoris Anmerkung von vorhin, "Aber du hast recht. Ich hab blaue Strähnchen drin. Die halten allerdings nur eine Nacht, war für nen Gig. Ravan fuhr sich durchs Haar und klimperte mit den Wimpern. "Aber sie passen toll zu meinen Augen, oder?" Ravan hatte das eigentlich nur zum Spaß gesagt, aber Mamori sah ihn mit leuchtenden Augen an. "Ja...", sagte er leise, "wunderschön." Ravan stutzte: "Hmmm?" "Ähhh...", wie peinlich, Mamori hatte sich hinreißen lassen. "Das war nur ein Scherz... hihi." Gerettet. "Aha", Ravans Blick viel auf die Kuchentüte, "Was hast du da?" Er nahm Mamori die Tüte aus der Hand und sah hinein. Dann verzog er das Gesicht: "Ihh... Matschekuchen." Er nahm dann aber ein Stück abgebröckelten Kuchen heraus und probierte es. "Aber lecker", stellte er fest, "Kirsche." Mamori traute seinen Augen nicht. Wieder eine neuentdeckte Seite an Ravan und dann noch so eine niedliche. Mamori freute sich. Wie ein kleines Kind naschte Ravan aus der Tüte und Mamori ließ ihn gewähren. Einige Augenblicke später war der Kuchen verschwunden. Erst jetzt fiel Ravan auf, dass er ihn einfach gegessen hatte ohne zu fragen. Sein braungebranntes Gesicht errötete leicht. "Ups. Äh... sorry", sagte er schnell. Mamori musste schmunzeln. Ravan sah ihn mit großen Augen an. Das war das erste Mal, dass auf diesem fast kindlich wirkenden Gesicht ein Lächeln zu sehen war und Ravan ertappte sich bei dem Wunsch, dieses süße und natürliche Lächeln öfters sehen zu wollen. Dann blickten ihn Mamoris dunkle Augen freundlich an. "Schon okey", winkte er ab, "Ich hätte sowieso neuen holen müssen." Plötzlich klingelte Ravans Handy und als er abnahm wurde sein Gesichtsausdruck auf einmal ernst. Er sah genauso aus wie damals am Strand, als er so arrogant gewirkt hatte. Ayako war am anderen Ende. Mamori wollte nur schnell bescheid sagen, dass er fix neuen Kuchen holen ginge, aber Ravan wirkte ihm mit bösen Augen und einer herrischen Handbewegung den Satz schon im Ansatz ab. Mamori war irritiert und er konnte ein paar Gesprächsfetzen aufschnappen. "...Nein, ich bin allein. Mit wem sollte ich schon unterwegs sein? In dieser Stadt gibt's doch eh fast nur Idioten... ja, der Gig lief gut... bis dann Aya-san." Als Ravan das Handy wegpackte und Mamori wieder anlächelte, sah dieser ihn nur mit Verachtung an. Ravan verstand schon, aber er tat so, als wäre nichts gewesen. Schließlich hatte er Mamori klar gemacht, dass dieser nichts zu erwarten brauchte. Aber was erwartete Ravan denn jetzt? Das Mamori einfach hinnahm, wie Ravan mit ihm umsprang? Ravan atmete tief durch. "Jetzt guck nicht so grimmig", sagte er versöhnlich, "Das steht dir nicht." Doch dieses Mal ließ Mamori sich nicht so einfach um den Finger wickeln. Er riss Ravan die Kuchentüte aus der Hand und wollte gehen, doch dieser hielt hm am Handgelenk fest. "Warte Ta-kun", bat er energisch, "Warum bist du so sauer? Ich dachte ich hätte dir erklärt, dass dich meine Privatsachen nichts angehen. Lass uns demnächst mal in Ruhe reden, okey?" Hatte Mamori das nicht schon mal gehört? Er sah sein Gegenüber mit wütenden Augen an. "Das wird wohl nicht klappen, ich werde wohl nicht mehr da sein. Und jetzt lass mich los!", forderte er forsch. Mamori riss sich los und Ravan sah ihn erschrocken an. "Was meinst du denn damit... du bist nicht mehr da?", irgendwie beunruhigte Ravan das. "Tut mir leid", und aus Mamoris Gesicht sprach der pure Zynismus, "Aber das geht dich leider nichts an." Ravan war sprachlos. Er konnte nicht glauben, dass Mamori so energisch sein konnte. "Ta-kun", bat Ravan leise, doch Mamori beruhigte sich nicht. "Mamori, verdammt!", schrie Mamori ihm entgegen, "Mein Name ist Mamori!" Dann stürmte er davon. Ravan sah im fassungslos hinterher, doch als er sich umschaute bemerkte er, wie er von den umherstehenden Leuten angestarrt wurde. Es wurde getuschelt und einige Satzfetzen konnte er verstehen. "Das war ja wie in einer Beziehungs- kriese", "wie die sich benommen haben... das waren doch zwei Jungs". Ravan schnürte sich die Brust zu. Was sollte das heißen? Wie meinten diese Leute das? Doch ohne eine Antwort auf seine stummen Fragen machte er sich wie ein geprügelter Hund auf den Weg nach Hause. To be continued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)