Deep within my Heart von CaitLin (flows the sand of the desert) ================================================================================ Kapitel 1: Ein neues Leben -------------------------- Also... joah.. das is meine neue Story *gggg* Die Namen sind übrigens nur teilweise echte Arabische... alles andere ist erstunken und erlogen *gggggggggggg* *lach* Viel Spaß damit! *^~^* Und wenn die Dunkelheit durch deine Adern dringt, süß und schwarz, kalt und verführerisch, voller Wollust und geheimen Gelüsten, die in dir brennen, dann lässt du sie gewähren, lässt dich wickeln in ihre feuchten Schlingen die deinen nackten Körper empor kriechen, dir Liebe und Wärme vorheucheln, nur um deine Seele erbarmungslos zu vergewaltigen. Das ist der Preis der kleinen, süßen Sünden, die Gott uns da lässt um uns an ihnen zu erfreuen, in dunklen, kalten Nächten der Einsamkeit. Er gibt dir die Gelegenheit und überlässt dich deinem Urteilsvermögen. Nimmst du an, wird sich die Nacht um dich schlingen, weichst du zurück, wirst du niemals auch nur erahnen, was dich in der Dunkelheit erwartet. Deep within my Heart flows the blood of the desert. Das ferne Donnern von Hufen hallte über die Dünen und erreichte bald die kleine Oase, die im Schutze der Nacht verborgen lag. Feiner, körniger Sand, getragen vom Wind, erschwerte die Sicht. Im Dickicht lagen die Männer, jederzeit bereit die Säbel zu ziehen und aus ihrem Versteck zu stürmen. Das Donnern näherte sich Atemzug zu Atemzug. Vielleicht waren es fünf oder sechs Reiter, möglicherweise auch mehr. In der Oase rührte sich nichts, nicht einmal die Palmen wagten es, ihre Blätter zu wiegen, kein Wind wagte es sie zu bewegen. Die Reiter näherten sich und rasteten. In der Dunkelheit war kaum etwas zu erkennen, doch die Männer schienen schwach, ihre Kräfte beinahe aufgebraucht. Schwerfällig rutschte einer nach dem anderen vom Pferd und schleppte sich auf das kleine Wasserloch zu. Die Männer im Dickicht blieben noch regungslos, hofften, dass die Eindringlinge möglichst bald verschwanden, denn sie mussten weiter ziehen und hatten eine wertvolle Fracht zu beschützen, die an die Brust des Oberbefehlshabers, Kareef, gebunden war und friedlich schlief. Wie die Wüstenfüchse mussten sie sich lautlos und schnell, mit List und Tücke bewegen. Leises Gemurmel trug der schwache Wind herbei und offenbarte ihnen, dass die Fremden beabsichtigten in der Oase zu nächtigen. Kareef drückte den Säugling sanft an sich und sah sich um. Die Blicke seiner Männer waren auf ihn gerichtet. Was würden sie nun tun? Zahlenmäßig waren ihnen die Fremden ebenbürtig, doch welche Kräfte und Waffen sie besaßen, das konnten sie nicht einschätzen. Ihnen blieb keine andere Wahl, sie mussten die Oase verlassen. Früher oder später würde das Kind erwachen und vor Hunger schreien und auch wenn es schliefe, die bald heran nahende Morgendämmerung würde sie verraten. Ihr Auftrag war klar und deutlich. Niemand durfte dieses Kind je zu Gesicht bekommen und niemand durfte die Männer erkennen. Kein Mensch durfte je erfahren, dass dieser Säugling in seinen Armen als böses Omen und Unheilbringer gekennzeichnet worden war. Der Sohn des Sultans war es, den er fest und schützend umschlungen hielt. Er selbst hatte ihm aufgetragen das Kind weit fort zu bringen, fernab seiner Heimat, wo niemand dieses Zeichen an seinem Arm erkannte. Kareef streckte eine Hand aus und gab seinen Männern ein Zeichen. Plötzlich schrien die Fremden aufgebracht, als die Männer aus den Büschen schossen. Säbel zerschnitten die trockene Luft mit ihrem Klang, ehe sie durch das warme Fleisch der Männer fuhren und sie mit einem Hieb nieder streckten. Nacheinander fielen sie zu Boden und wenige Augenblicke später, herrschte die gewohnte, gespenstische Stille der Wüste. Kareef hatte sich zu Unrecht gesorgt. Es gab kaum Männer in diesem Land, die stärker waren, als die seine, die er selbst ausgebildet hatte, trotz seines noch recht jungen alters von dreiundzwanzig Jahren. "Begrabt sie!" rief er seinen Männern zu und stieg über die Leichen hinweg, ging langsam auf die Kamele zu, die unruhig schnaubten. "Wir sind Ehrenmänner und auch wenn wir eine Sünde begehen, wir begleichen unsere Schuld. Merk dir das." Flüsterte er dem schlafenden Säugling an seiner Brust zu und griff nach den Zügeln des Tieres. Vor ihnen lag ein weiter weg, dessen Ende unabsehbar war und ungeahnte Dinge mit sich bringen würde. Er saß auf und sein Blick folgte den Himmel hinauf, verfolgte den Verlauf der Sterne. In wenigen Stunden würde der Himmel durchtränkt vom tödlichen Licht der Sonne werden, die ihre Arme erbarmungslos auf die trockenen Ebenen und Dünen niederschlug. Kareef vermummte sein Gesicht und wendete das Kamel zur Seite, blickte nun Richtung Norden. Sein Blick glitt hinunter, auf das kleine Bündel und befreite es von all dem Stoff, das es vor der Sonne schützte. Zwei strahlend blaue Augen erwiderten neugierig den Blick. "Hani..." flüsterte er, ein warmes, nahezu väterliches Lächeln zierte seine Lippen. "...ich bin es, fürchte dich nicht." Sanft strich er mit dem Daumen über die rundlichen Wangen. Das Kind gab ein fast lautloses wehklagen von sich, schloss aber die Augen und legte den Kopf wieder an Kareefs Brust. Dieses Kind zerriss ihm das Herz, auch wenn es nicht das seine war. Hani war ein sehr schweigsames Kind. Er lächelte und lachte viel, weinte aber sehr selten. Gelegentlich quengelte er, doch seine Tränen flossen erst dann, wenn sein Schmerz unerträglich wurde. "Wir sind bald da, Hani." wisperte er und wickelte ihn vorsichtig wieder ein. Bald kamen seine Männer hinzu und sie ritten weiter. Ritten mit der Angst gesehen zu werden, ritten mit der Furcht enttarnt und als Ketzer verachtet zu werden. Nacht für Nacht ritten sie hinfort über das unendlich erscheinende Wüstenland. Des Tages über verbargen sie sich an einem schattigen Ort und suchten unter Felsen und kleinen Oasen Schutz. Hani gab selten Laute von sich und ließ sich ausschließlich von Kareef füttern und in den Arm nehmen. Oft empfand dieser großes Mitleid für das Kind. Welch grausames Schicksal ihm zuteil geworden war. In dieser Nacht entdeckten sie nach langem endlich eine weitere Oase und da es langsam tagte, schlugen sie dort ihr Lager auf. Kareef befahl zwei seiner Männer als Wache zu postieren, während sich die anderen zur Ruhe begaben. Er selbst begann sich langsam zu entkleiden, legte seine Gewänder ab und band sein dichtes, Schulter langes Haar zusammen, während Hani vor ihm auf dem Boden saß und zu ihm hinauf starrte. Kareef lächelte und kniete sich zu ihm nieder. "Na komm kleiner Mann, du musst dich auch ausziehen." So begann er auch den Jungen zu entkleiden und hob ihn langsam auf den Arm. Vorsichtig versank er mit seinen Schritten in dem seichten Wasser. Es war nicht sonderlich tief und reichte ihm bis zu den Oberschenkeln, wenn er sich setzte. Sanft hielt er den Jungen unter den Armen fest und ließ ihn vorsichtig ins Wasser. Hani's Augen waren auf das kalte Nass zu seinen Füßen gerichtet, das seine Zehen umspülte. Kaum kam er damit in Berührung, zuckte er zurück und riss die kleinen Beine an sich. Sein Kopf hob sich, so schien es, mühevoll und sein Blick wirkte leicht verstört und vorwurfsvoll zugleich. Kareef lachte. "Man möchte meinen, du seist nie mit Wasser in Berührung gekommen." Hani blickte wieder langsam hinunter, als Kareef ihn auf seinen Schoß setzte. Das Wasser reichte dem Kind nun bis zum Bauch und Kareef spürte deutlich, wie der Junge zu zittern begann. Sein Atem ging etwas schneller und schwerer, so als würde er gleich schreien und weinen, doch nach und nach wurde er ruhiger und etwas mutiger. Seine vorwurfsvollen Blicke, die er seinem Begleiter zuvor geschenkt hatte, zeigten in diesem Moment eine kleine Euphorie. Wild begann er zu planschen und strampelte mit den Beinen. Kareef lächelte breit, als er ihm beim spielen zusah. Vorsichtig ließ er den Jungen los, behielt die Hände aber dicht an seinem kleinen Körper. "Dass du mir ja nicht umfällst und ersäufst." murmelte er grinsend und begann sich langsam zu waschen, die Augen immerzu wachsam auf das planschende Kind gerichtet. Hani beachtete Kareef kaum noch, das Wasser schien interessanter zu sein und so wagte er gelegentliche Ausbrüche, um sich auf eine kleine Abenteuerreise zu begeben, doch sein Leibwächter, dieser Unhold, zog ihn wieder und wieder zurück und selbst die strafenden Blicke seines jungen Herren ließen ihn nicht erweichen. "Sieh mich nicht so an, Hani. Wenn du im Schlamm versinkst muss ich mit dir versinken." Wieder landete Hani auf seinem Schoß und nun war er dran. Kareef wusch ihn ordentlich und seifte ihn ein, was Hani gar nicht gefiel. Doch etwas erregte seine Aufmerksamkeit und schenkte der seltsamen Behandlung, der er unterzogen wurde, keine Beachtung mehr. Was ihn viel mehr interessierte, waren die Blätter eines Baumes, die auf die Wasseroberfläche nieder regneten. In einem sonderbaren Tanz glitten sie federleicht rotierend auf dem Wasser daher. Seine Augen waren starr auf die tänzelnden Blätter gerichtet, bis sich über seinem Kopf ein Schwall Wasser ergoss. Erschrocken fuhr er zusammen und verzog angewidert das Gesicht. "Na komm..." Kareef hielt ihn mit einem Arm umschlungen und erhob sich aus dem Wasser. Hani begann leise zu protestieren und drückte sich von Kareef weg. Gequält zogen sich seine winzigen Augenbrauen zusammen und wimmerte leise. "Du wirst noch aussehen wie ein achtzig Jahre alter Mann, wenn wir noch länger im Wasser bleiben." sagte er mit einem milden Lächeln. Aber der Junge gab nicht auf, bis Kareef nichts anderes übrig blieb, als seinem Wunsch folge zu leisten. Bis zur Mittagsstunde blieb er mit ihm im Wasser und nun hätte Hani noch so laut kreischen und schreien können, die Mittagssonne würde sie in dem Wasser kochen, wenn sie länger blieben. Doch zu Kareefs Freude war der Junge vom spielen völlig übermüdet und gab keinen weiteren Protest von sich. Kaum einen Tagesritt später erreichten sie gegen Abenddämmerung die Grenzen des Bodens, der dem Bruder des Sultans zugeteilt worden war. Naji war ein wohlhabender, herzensguter Mann, der sich mit größter Leidenschaft der Pferdezucht widmete. In seinem Hause war reichlich Platz für einen heranwachsenden Jungen und Aufgaben würde es reichlich geben. Er war einverstanden Hani in seinem Heim aufzunehmen und als seinen eigenen Sohn aufzuziehen. Dieser Mann war die Kehrseite der schwarze Medaille, die goldene Kehrseite, die eigentlich herrschen sollte. Kareef und seine Männer wurden herzlich im Hause des Naji willkommen geheißen. Der Besitzer des prunkvollen Hauses, das am Rande der Wüste zwischen den Klippen lag, eilte persönlich herbei, um seine Gäste zu empfangen. Naji war kein besonders großer Mann. Er reichte Kareef kaum bis zur Schulter und hatte zerstreutes, dunkelbraunes Haar. Sein Bart war lang und struppig und seine Gewänder schienen ihm vom Leibe zu rutschen. "Ich bitte vielmals um Vergebung, für mein rüpelhaftes Erscheinungsbild." Sagte er mit einem Lächeln und verneigte sich vor den Männern, tippte sich zum Gruß mit zwei Fingern an die Brust, dann an die Stirn und lächelte Kareef freundlich an. "Gerade haben wir die wilden Hengste zusammen getrieben. Diese Biester, wenn man nicht schneller ist, beißen sie einem den Arm ab!" Er lachte und schlug Kareef freundschaftlich auf den Rücken. "Nun kommt, meine Freunde. Sicher seid ihr völlig ermüdet. Nehmt ein Bad und ich lasse euch zu essen bringen!" Er klatschte in die Hände und rief einige Bedienstete herbei, die er sogleich wieder fort scheuchte. "Bitte.." Er verneigte sich noch einmal und deutete den Männern an ihm zu folgen. Er führte sie in ein Hamam, wo große Fässer mit Wasser bereit standen. "Wir wissen Eure Großzügigkeit sehr zu schätzen, Naji." sagte Kareef und verneigte sich, hielt den schlafenden Jungen dabei an sich gedrückt. Naji lächelte und nickte, sah dann zu Hani und streckte die Hände aus. "Gib ihn mir, Kareef. Die Mädchen sollen sich um ihn kümmern, während du in Ruhe badest." Kareef zögerte einen Augenblick, löste dann aber die Schlaufen der Tücher, mit denen er den Jungen um seine Brust gewickelt hatte. Vorsichtig löste er die Stoffe und wollte Naji den Jungen überreichen, als er die Augen öffnete. Hani sah zu Kareef auf, sah, wie er ihn von sich weg hielt, als wollte er ihn einem anderen überlassen. Da spürte er zwei Hände, die von hinten nach ihm griffen. Sofort bohrten sich seine kleinen Finger in Kareefs Gewand und versuchten sich verzweifelt an ihm zurück zu ziehen. "Naa, naa nun lass den Onkel in Ruhe baden, Hani." Naji lachte und wollte das Kind zurück ziehen, aber Kareef schüttelte den Kopf. "Ich denke, ich werde ihn mitnehmen und ihn gleich mit waschen. Er ist die Hand anderer nicht gewohnt." Sanft zog er ihn wieder an sich und streichelte Hani über das spärlich wachsende Haar. Der Kleine drückte das Gesicht sofort an seine Schulter und klammerte sich an ihn. "Nun gut." Naji winkte milde lächelnd ab. "Dann müssen wir ihn bald daran gewöhnen." Er verabschiedete sich und zog sich zurück. Kareef folgte seinen Männern, die sich bereits entkleidet hatten und sich wuschen. "Der Junge scheint sehr an Euch zu hängen, Kareef." Sagte einer seiner Männer grinsend und wusch einem anderen den Rücken. Kareef seufzte schwer. "Es wird mir schwer fallen, ihn zurück zu lassen." Langsam zog er Hani aus und setzte ihn dann vor seine Füße auf den marmornen Boden. Hier gab es nichts, was dem Jungen hätte schaden können. Bis vielleicht auf die schmutzigen Witze, die sich die Männer erzählten, aber davon verstand er, Allah sei dank, nicht mehr als von der Aufzucht von Arabern. Hani sah sich um und begann langsam über den Boden zu krabbeln, während Kareef sich ebenfalls entkleidete und auf einer Stufe niederließ. Langsam tauchte er den langen Schöpflöffel ins Wasser und goss es sich über die Schulter. Mit einem Seufzen des Wohlbehagens begann er seine müden Knochen zu massieren. Ghaith ließ sich neben Kareef nieder und ohne ein Wort begann er seinen angespannten Körper zu massieren. Er war ein wenig jünger als Kareef, hatte sein achtzehntes Lebensjahr vollendet und war sowohl sein treuester Freund, als auch sein gelegentlicher Bettgefährte. Ghaith war sein engster Vertrauter und ihm in Loyalität ergeben, seit Kareef ihn vor drei Jahren aus den Fängen eines wahnsinnigen Sklavenhändlers befreit hatte. Dieser widerwärtige Mann hatte dem Jungen die Zunge abgeschnitten, seither war er Stumm. Doch sein Lächeln hatte er nicht verloren, wofür Kareef Allah wieder und wieder dankte, denn sein Lächeln war es, das ihm Mut schenkte. In jeder noch so dunklen Stunde saß er ihm zu Füßen, legte den Kopf auf seine Knie und liebkoste seine Seele mit einem so zarten Lächeln, dass Kareef deutlich spürte, wie es ihn zurück ins Leben riss, aus der Tiefe der Dunkelheit, in die er nach all seinen Grausamkeiten versank, wieder aufatmen ließ. Seine Position hatte er sich nicht ausgesucht, man hatte ihn dazu gemacht. Niemals hatte er sich gewünscht, die Leibgarde eines Mannes zu werden, der zu seinem Vergnügen Menschen hinrichten ließ, die ihm im Weg standen. Und es war Kareefs Aufgabe, diese Menschen ohne Skrupel zu erschlagen. Jedes mal brannten sich die Blicke dieser Menschen tief in seine Seele und rissen ihn hinab in eine tiefe Schwärze. Ohne Gefühl, ohne Gnade richtete er sie hin und wenn die Leichen vor seinen Augen fortgeschafft wurden, war es ihm, als packten die leblosen Körper sein Bein und schliffen ihn mit sich. Mit Ghaith hatte er ein kleines Licht gefunden, das ihm im tiefsten Schatten die zarte Hand reichte. Kareef schloss die Augen und entspannte sich unter der liebevollen Zuneigung des anderen. Hani saß am Boden und planschte in den kleinen Pfützen, die, die schweren Dampfwolken im Raum bildeten. Doch einen Moment später verging ihm auch schon die Lust daran, denn lieber würde er wieder in einem kleinen Tümpel sitzen und mit Wasser wild um sich herum spritzen. Er wandte den Kopf zur Seite und blickte zu Kareef auf. Sein Blick trug etwas vorwurfsvolles, das Kareef innerlich amüsiert schmunzeln ließ. "Was ist?" Aber Hani hielt ihn nicht mehr für beachtenswert und seine Augen ruhten auf Ghaith, der den Jungen sanft anlächelte. Als würde Hani auf etwas warten, sah er ihn einen Moment lang an, blickte dann aber wieder zu Kareef und streckte ihm die Arme entgegen, verlangte von seinem Diener, ihn auf den Arm zu nehmen. Und man tat, wie befohlen wurde. Sanft hob er den kleinen, rundlichen Körper auf den Schoß und begann ihn mit größter Vorsicht und väterlicher Zärtlichkeit zu waschen. Hani ließ es sich gefallen und gab keinen einzigen Protestlaut von sich. Er war viel zu müde, um sich auflehnen zu können. Ghaith legte den Kopf lächelnd auf Kareefs Schulter und betrachtete den Jungen, dessen Augenlider schwerer und schwerer wurden. "Wir ziehen uns zurück, Herr." Kareefs Männer waren fertig und verneigten sich tief vor ihm, nicht ohne ihre amüsierten Blicke auf Hani zu werfen. "Wir kommen bald nach." erwiderte Kareef und ließ sie gehen. Kaum waren sie fort, spürte Kareef zu deutlich den warmen, nackten Körper des anderen an seinem Rücken. Zart und weich wie er war, schmiegte er sich an ihn. Kareef betete Hani auf seinem Schoß und machte es ihm etwas gemütlicher, doch der Junge bemerkte es nicht, er war bereits eingeschlafen. "Fühlst du dich unwohl?" wisperte Kareef und wandte den Kopf leicht zu ihm um. Das geschmeidige, braune Haar des Jungen klebte an seinen Wangen und umrahmte das sanfte Gesicht. Seine langen Wimpern bedeckten seine schönen nussbraunen Augen und verliehen ihm einen leicht weiblichen Eindruck. Ghaith schüttelte den Kopf und schmiegte sich wieder an seine Schulter. Seine Fingerspitzen glitten über Kareefs dunkle Haut, folgten jeder Furche der Narben, jeder einzelnen Kontur seiner Muskeln, bis sie sich schließlich in seinem dichten, schwarzen Haar vergruben. "Jetzt?" flüsterte Kareef als Antwort und schloss die Augen. Ghaiths Lippen tasteten sich über Körper seines Herren, benetzten die dunkle Haut mit feuchten, liebevollen Küssen. Kareef löste sich für einen Augenblick und legte Handtücher und Kleider zu einem kleinen Nest zusammen, in das er den schlafenden Säugling legte. Hani ließ sich keineswegs stören. Er rollte sich zur Seite und schlief ungerührt weiter. Nun wandte er sich vollends seinem Geliebten zu, der ihn mit brennenden Blicken erwartete. Für wenige Augenblicke würde er diese Welt verlassen und in eine andere gleiten, in der ihn diese wundervollen Augen völlig einnahmen und keinen weiteren Gedanken zuließen. Kapitel 2: Ein Schritt nur -------------------------- Leider hatte ich das erste Kapitel an der falschen Stelle beendet, darum ist das zweite etwas länger geworden ;) Viel Spaß beim Lesen Voller Sehnsucht, voller Gier erkundeten seine Hände den wundervollen jungen Körper, strichen über seine Brust. Kareef selbst beugte sich hinunter und legte seine brennenden Lippen auf die von Ghaith, um ihm einen leidenschaftlichen und innigen Kuss zu rauben. Doch der junge Mann erhob sich leicht und drückte seinen Herrn auf den Rücken, ehe er an dem feuchten, muskulösen Körper hinab glitt um dessen pulsierende Härte leicht mit der Zunge zu umspielen, ehe er ihn in den Mund nahm. Kareef keuchte schwach, dabei zeigte sich ein kleines, sanftes Lächeln auf seinen Lippen. „Das machst du gut…“, flüsterte er und leckte sich schwach über die Lippen. Was für ein wundervoller Anblick es war, zu sehen wie sein heißes Fleisch zwischen diesen süßen Lippen verschwand. Mit leichtem Druck aber umfasste Kareef seine Hüften und zog ihn auf seinen Schoß, ehe er ihn leicht umdrehte und Ghaiths Haupt sanft hinunter drückte. Der junge Mann wusste sofort, was sein Herr von ihm wollte und reckte ihm leicht das Hinterteil entgegen, während er dabei Kareefs Härte erneut zwischen seinen heißen Lippen aufnahm. Seine Zunge arbeitete sich flink über den Schaft, knabberte zärtlich an der Härte und saugte sich an ihr fest. Wie gerne hätte Kareef ihn stöhnen gehört, was hätte er nicht darum gegeben, zu hören wie er Ghaith in den Wahnsinn trieb. Alles was er vernahm, war dieses süße Wimmern, als seine Zunge zwischen den weichen Pobacken versank. Auch diese kleinen, herrlichen Töne reichten aus um Kareef innerlich knurren zu lassen. Seine Zunge umspielte die delikate Öffnung, drückte sich verspielt gegen die elastische Haut. Mit Wohlwollen betrachtete er den zitternden Körper, der stumm nach mehr verlangte. Kareef tauchte seine Finger in das Öl neben dem Becken, nur um ihn in dem schmächtigeren Körper zu versenken. Zunächst mit einem Finger begann er Ghaith mit langsam mit kleinen Stößen zu weiten, doch er wusste, der Kleine wollte mehr. Viel mehr… Immer wieder bäumte er sich auf, wand sich unter ihm und gab entzückende kleine Laute von sich. Und Kareef ließ ihn nicht lange warten. Mit festem Griff packte er Ghaith am Kinn und löste ihn von seinem Glied, nachdem er ihm seine Finger entzogen hatte. Nur widerwillig ließ der Jüngere es zu, saß jetzt aufrecht auf Kareefs Schoß und setzte sich mit dem Gesicht zu ihm herum. „Bist du bereit?“, flüsterte er und als Ghaith nur scheu nickte, lächelte Kareef erneut. Erneut beugte er sich vor und verwickelte seinen jungen Geliebten in einen sinnlichen Kuss. Kareef schmeckte seinen eigenen Saft, als seine Zunge nach Einlass verlangte und die zarten Lippen trennte. Ghaith nickte nur leicht, seine Blicke verloren sich in den Tiefen der Ekstase. Kareef raubte ihm die Sinne, ließ ihn kaum zu Atem kommen, ebenso wie dieser gierige Kuss, den Ghaith in Empfang nahm. Seine schmalen Hände glitten abwärts, er umfasste Kareefs hartes Geschlecht, das dieser ebenso gut eingeölt hatte und ließ sich ganz langsam auf ihm nieder. Keinen einzigen Augenblick ließ er von den Lippen ab, keinen einzigen Augenblick schloss er die Augen. Zu gierig war er auf diese wundervollen Blicke, zu sehr lechzte sein Körper nach diesem gequälten Gesicht, das Ghaith machte, wenn er sich Kareef ergab und von ihm genommen wurde. Kareef atmete tief aus, hielt Ghaith dabei an den Hüften fest und obwohl er ihm nicht weh tun wollte, ertrug er es nicht länger. Dafür war seine Lust zu groß, er konnte sich nicht mehr zurück halten. So umfasste er ihn noch fester und drückte ihn ein wenig hoch, ehe er selbst die Hüften anhob und sein pulsierendes Geschlecht tief in ihn hinein rammte. Ghaith riss den Mund weit auf, doch es kam kein einziger Ton über seine Lippen. Sofort versiegelte Kareef diese und umfasste zugleich das Geschlecht des Kleinen, begann seine Hand sofort auf und ab zu bewegen. Noch hielt er inne… doch nur so lange, wie es ihm möglich war. Viel Zeit konnte er Ghaith nicht schenken, um sich an die Härte zwischen seinen Beinen zu gewöhnen und bewegte sich langsam und mit zärtlichen kleinen Stößen. Mit jedem Stoß drückte er Ghaith weiter nach oben, dem Kleinen blieb die Luft weg. Sein Daumen rieb über den Schaft, spürte die ersten heißen Tropfen, die Ghaiths Glied so feucht und schlüpfrig werden ließen. Die Hände des Kleinen krallten sich in Kareefs Nacken fest, er löste sich aus dem Kuss und verbiss sich hart in den muskulösen Hals. Immer schneller stieß Ghaith seinen Atem tief aus der Nase aus und ließ sich die kräftigen Stöße zu gerne gefallen, denn Kareef wusste, dass ihm etwas Schmerz nichts ausmachte, im Gegenteil. Auch Kareef begann etwas schwerer zu atmen, Ghaiths Hände glitten abwärts und krallten sich in seinem Rücken fest, die Nägel bohrten sich tief in sein Fleisch. Es waren nicht nur Kareefs Stöße die fester, kräftiger wurden, auch seine Hand wurde schneller, bewegte sich mit Druck auf und ab, dabei störten ihn die tiefen Kratzer auf seinem Rücken nicht. Das einzige Geräusch, das den Raum erfüllte, war das laute Klatschen der aufeinander prallenden Lenden und Kareefs kleines Schnaufen. Zu lange war es her… viel zu lange, als dass Kareef Rücksicht nehmen konnte, doch Ghaith war selbst so weit. Voller Verlangen leckte Kareef ihm über das Schlüsselbein, biss ihm leicht ins Fleisch. Schließlich ergoss er sich mit einem tiefen Knurren, stieß noch mehrmals hart zu, jedoch ohne die Augen aus dem Gesicht über ihm abzuwenden. Ghaith erreichte stumm seinen Höhepunkt, seine Augenbrauen zogen sich gequält zusammen, er riss den Kopf in den Nacken und öffnete den verführerischen Mund in einem stummen, lustvollen Schrei. Für einen Augenblick war sein Leib erstarrt, ehe er leicht über Kareef zusammen brach. Sein kleines Herz schlug schnell und wild gegen Kareefs Brust, er wirkte völlig erschöpft und schmiegte sich eng an den muskulösen Körper, der ihn in kalten Nächten in innigen Umarmungen erwärmte. Kareef ließ ihn erst einmal zu Atem kommen und strich ihm liebevoll das Haar aus dem Gesicht. Vorsichtig hob Ghaith den Kopf, sah Kareef aus seinen unergründlichen hellbraunen Augen an. Ein unglaublich zärtliches Lächeln zierte seine Lippen. Und Kareef wusste, er hatte die Erlaubnis ihn ein weiteres Mal zu nehmen. Ihre Körper harmonierten auf ganz natürliche Weise, sie reagierten auf Blicke, die sie einander schenken, Berührungen und Küsse. Mehr brauchten sie auch nicht. Die Nächte und Tage zogen hinfort. Der Vollmond zeigte sich in all seiner Pracht und erschien wieder als schmale Sichel am Firmament. Es gelang ihnen nicht, Hani an sein neues Zuhause zu gewöhnen. Wenn Kareef nicht in der Nähe war, aß er nicht, schlief er nicht, rührte sich nicht. Selbst die erfahrenen Mägde des Naji verloren schnell die Hoffnung. Kareef brach es das Herz, aber er konnte nicht länger verweilen. Sein Herr erwartete ihn zurück, aber wie sollte er Hani einfach hier lassen und fort gehen? Der Junge würde das nicht überleben... "Unsinn!" sagte Naji barsch. Seine Geduld neigte sich ihrem Ende zu. "Wenn er hungrig ist, wird er etwas essen, auch wenn du nicht da sein wirst, Kareef. Kehre heim, wir werden uns um Hani kümmern." Doch Kareef bezweifelte dies. Seine Angst um Hani war groß doch gleichermaßen auch die Vorwürfe die er sich machte. Niemals hätte er dem Kind so viel Beachtung schenken dürfen, niemals diese Gefühle für ihn erblühen lassen. Wie grausam war nun der Abschied, als würde er von seinem eigenen Kind fortgerissen werden. Eines der Mädchen hob Hani auf den Arm und führte ihn durch den Raum, zeigte ihm ein paar Gegenstände, ein paar Vasen, die Vorhänge, nur damit sie Kareef den Rücken kehrten und der Junge nicht sah, wie er das Haus verließ. Ein letzter Blick, dann wandte Kareef sich ab, verneigte sich, mit der Hand auf der Brust, vor Naji und verließ den Raum. Aber Hani war nicht dumm. Sofort wandte er sich um, als er die Schritte vernahm. Sein Blick glitt verstört im Raum umher, suchte nach Kareef. "Hani.. schau her... schau hier..." versuchte das Mädchen ihn abzulenken doch Hani stieß sich mit aller Kraft von ihr ab. Sein Gesicht verzog sich gequält. Wo war Kareef?? Langsam schritt dieser auf den Hof und wandte das Gesicht ab, als er den Jungen noch hier draußen schreien und weinen vernahm. Heiße Tränen liefen Hani über das Gesicht, bis die Stimme ihm versagte. Fast hätte Kareef sich umgedreht, fast wäre er zurück gerannt... hätte Hani auf den Arm genommen und seine Stirn geküsst... aber Naji stand dort mit verschränkten Armen vor dem Haupttor. "Herr..." sagte einer seiner Männer, die bereits aufsaßen. Die Hand Kareefs umschlang die Zügel seines Pferdes so stark, dass die Knochen weiß hervor traten. Sein Hengst begann nervös mit den Hufen zu scharren und riss den Kopf leicht zurück. Hani weinte noch immer, zu deutlich hörte er die Stimme, wenn auch etwas heiser. Sein Blick begegnete dem Ghaiths, welcher ihm ein zärtliches Lächeln schenkte. Hani gehörte hierher… Kareef hatte sich einfach zu sehr an ihn gewöhnt. Langsam trieb Ghaith sein Pferd neben Kareefs, nahm ihm sanft die Zügel aus der Hand und deutete mit einem Nicken in die Ferne, ehe er leicht nickte. Nach kurzem zögern saß Kareef auf. Er wusste, was der jüngere ihm sagen wollte. Es würde alles gut werden... Hani war in guten Händen. Und dies war gewiss nicht das letzte Mal, dass sie einander sahen. So saß Kareef auf und folgte seinen Männern hinaus in die abendliche Wüste, ohne sich noch einmal umzudrehen. So oft Kareef es sich wünschte, Hani noch einmal sehen zu können, sein Herr erlaubte es ihm nicht. Hilflos sah er mit an, wie die Jahre dahin zogen. Wenn Naji zu Feierlichkeiten erschien, dann berichtete er ihm oft von dem Jungen. Glücklicherweise hatte er bald nachdem Kareef ihn verlassen hatte, wieder angefangen Nahrung zu sich zu nehmen, auch wenn er sie die ersten Male ausgespuckt hatte. Naji erzählte ihm oft, wenn sie zu zweit und abseits der Menge standen, von seinen ersten Schritten, seinen ersten Worten, den Zähnen und seinem ersten Reitunterricht. Hani schien sich wie jeder normale Junge gut zu entwickeln, doch beunruhigend waren Najis Worte, wenn er ihm vom Gemüt des Jungen erzählte. Still sei er, stiller als jeder winzige Bach, jeder kleine Tümpel. Er lachte nicht, weinte nicht und sprach nur, wenn er aufgefordert wurde. "Die längste Zeit verbringt er mit seiner jungen Stute in einer kleinen Oase." sagte Naji lächelnd. "Ich verstehe nicht, warum er das tut, aber ich bin froh, zu sehen, dass er sich frei bewegt." Doch mit der Zeit kam Naji immer seltener. Man berichtete dem Sultan, dass er furchtbar krank war und sich ohne fremde Hilfe kaum mehr bewegen konnte. Wenige Jahre darauf, erhielten sie die Nachricht vom Tod Najis. Groß war der Schmerz dieses Verlustes, doch möge der Sonnengott ihm gnädig sein, noch größer war seine Sorge um Hani. Wie es ihm wohl ging? Wie er Najis Tod verkraftete? Kareef erbat den Sultan zurück kehren zu dürfen, um sich sowohl um die Beisetzung, als auch um die Aufteilung des Erben zu kümmern und der Sultan ließ ihn gewähren. Mit nur wenigen Stunden Rast, erreichte Kareef mit ein paar Männern das Anwesen des alten Naji. Alles wirkte, als habe er diesen Ort niemals verlassen… Sechzehn lange Jahre waren nun vergangen. Sechzehn Jahre, indem er hatte Hani kein einziges Mal sehen dürfen. Eine unglaubliche Sehnsucht hatte sein Herz gefangen genommen, die sich nun ein wenig in Freude umwandelte. Mochte Gott Najis Seele gnädig sein, doch er hatte ihm verholfen Hani zu sehen. Wenn auch nur für wenige Tage... Im Hof eilte ein Bursche herbei, der die Pferde in den Stall führte. Kein einziges Wort sprach er, verbarg das Gesicht vor Kareef und seinen Leuten. Im Hause hatten sich die Frauen versammelt, trugen schwarze Gewänder und weinten, spendeten einander Trost. Die zweite Ehefrau des Naji kam Kareef mit ihren Dienerinnen entgegen. Kareef beklagte mit ihr den Tod ihres Mannes. "Mein Beileid, Sabir." sagte er sanft legte die Hand auf ihren Arm, um ihr schwachen Trost zu schenken. "Naji war ein wundervoller Mann. Doch beklagt nicht seinen Tod, preiset die Zeit, in der er unter uns war. Lobt sein Herz und seine Seele, denn er war ein großer Mann, mit einem großen Herzen.“ Mit einem Taschentuch, das ihr eines ihrer Kammermädchen reichte, tupfte sie sich die Augen trocken. „Er ist fort, Kareef… nie wieder wird er zurück kehren… nie wieder werde ich sein Gesicht sehen… seine Stimme hören…“ Ihre Anstrengungen, ein kleines Aufschluchzen zu unterdrücken, scheiterten kläglich. Auch wenn er diese Frau nicht besonders mochte, blieb er freundlich und tröstete sie mit sanften Worten. „Die Zeit wird Eure Wunden heilen.“ Er sah sich verstohlen um. Wo war Hani? Sabir nickte, die kleinen goldenen Münzen in ihren Schleiern klingelten dabei melodisch. „Hab Dank, Kareef. Für deinen Beistand in unserer dunkelsten Stunde.“ Schnelle Schritte ertönten, jemand rannte den Flur hinunter. „Herrin!“, rief ein junger Diener laut, sein Gesicht war erbleicht. „Herrin!“, rief er wieder und verneigte sich noch im schnellen Schritt vor ihr, wobei er sich fast den Hals brach. „Schreckliches… ist geschehen…!“, keuchte er aufgebracht, wobei Sabir erstarrte. „Was?! Sprich schnell!“, forderte sie ihn auf. „Der… der junge… Herr… Hani… er ist fort…“ Kareef verkrampfte sich neben der jungen Witwe, seine Hand ballte sich zur Faust. „Was sagst du da? Wo ist er?!“, fuhr sie ihn wieder an. „…Er… ist mit… seiner Stute… geflohen… eben… noch…“ Sabir’s Stimme wurde lauter, doch Kareef nahm sie kaum noch wahr. „Wieso seid ihr ihm nicht sofort gefolgt?!“ Kareef war es der als erster an ihr vorbei stürmte, noch bevor Sabir einen Schritt tat.. Noch während er rannte riss er sich den schweren Gürtel mitsamt seines Schwertes von der Hüfte, warf es achtlos beiseite und rannte aus dem Palast in den Hof. Dort, wo seine Männer unter dem Pavillon auf dem Boden saßen und versorgt wurden. Nur ein paar Meter von ihnen entfernt wurden die Pferde gestriegelt. Sofort sprangen sie auf, als ihr Herr herbei gerannt kam. „Herr?“, riefen sie, doch eine kurze Handbewegung zeigte ihnen, dass sie sitzen bleiben sollten. Er selbst sprang auf sein Pferd, es war nicht gesattelt, doch das spielte wohl kaum eine Rolle. Seine Instinkte leiteten ihn, ließen ihm kaum Gelegenheit einen klaren Gedanken zu fassen. Hani… er musste Hani einholen! So hetzte er sein Pferd mit klappernden Hufen über den Hof und jagte hinaus in die brennende Abendsonne, die so tief am Firmament lag. Da, er sah einen Umriss! Seinen Schatten, der dort voran ritt, war verzerrt und wirkte wie ein Trugbild. Weit hatte er sich bereits entfernt… Kareef gab seinem Pferd die Sporen, presste die schweren Stiefel in die Flanken des Tieres und setzte ihm nach. Vielleicht war Hani schmaler und wog weniger, doch Kareef war der erfahrenere Reiter. Sein Herz schlug schnell und wild, je näher er ihm kam. War der Schmerz über Najis Verlust so überwältigend, dass er davon rannte? Und doch war seine Neugier groß… wie sah er wohl aus? Sein Pferd stemmte die Hufe hart in den Sand und jagte schnell wie ein Falke über die Dünen hinweg. Jetzt, wo er ihn Sichtweite war, drehte Hani sich kurz um und sah seinen Verfolger… was ihn dazu anspornte sein Pferd weiter anzutreiben. Doch Kareef kam näher und näher, bis er in der Lage war, das panische Gesicht des Jungen zu erkennen. „Verschwinde, wer immer du bist!! Ich trage nichts Wertvolles bei mir!!“, schrie die noch kindliche Stimme, was Kareef innerlich belustigt lächeln ließ. Hielt er Kareef für einen Räuber? Ein Satz noch, ein einziger Sprung und sein Hengst hatte sie eingeholt. Kareef riss die Hand empor, griff nach den Zügeln und zerrte sie zurück. Die weiße Stute wieherte laut, warf den Kopf zurück und stampfte zornig mit den Hufen auf, wohingegen Kareefs Hengst nur ruhig blieb und die Ohren leicht verdrehte. Beide Tiere atmeten schwer, doch wohl kaum schwerer als Hani selbst. Das schwarze, gewellte Haar fiel unter der Kapuze in sein Gesicht, seine Augen leuchteten noch immer in diesem wundervollen Blau. Seine Wangenknochen zeichneten sich langsam ab und doch wirkte sein Gesicht weich wie das einer Porzellanpuppe. Es fiel Kareef im ersten Moment schwer etwas zu sagen… denn es war, als stünde Hani’s Zwillingsbruder Kherim vor ihm. Doch sein Haar hier war länger und seine blauen Augen leuchteten noch intensiver. Glaubte Kareef zumindest… „Wer bist du, habe ich gesagt!“, blaffte er Kareef an. Jetzt fiel ihm erst auf, dass der Junge ihn das nun mehrmals gefragt hatte und da er keine Antwort bekam, wurde er noch lauter. Erzürnt riss er seine Zügel wieder an sich, seine Wangen glühten. „Warum bist du mir gefolgt?! Verschwinde!“ „Ich war ein Freund Eures Vaters, junger Herr.“, sprach Kareef langsam und sah zu dem jungen Mann hinunter, der, anders wie sein Bruder, nicht gelernt hatte seine Emotionen hinter einer Maske zu verbergen. „Du warst bekannt mit ihm…?“, fragte er und sah Kareef mit seinen großen, schönen Augen an. „Gerade komme ich aus der Hauptstad Kandhu. Ich wollte eurem Vater die letzte Ehre erweisen. Und das stünde ebenso in Eurer Aufgabe, junger Herr.“ Aber Hani’s Wut wuchs gnadenlos. „Was weißt du schon von mir?! Sobald ich dorthin zurück kehre, wird mich die zweite Frau meines Vaters fortschicken!“ Kareef hob verblüfft die Augenbrauen. „Wie meint Ihr das? Wohin schickt sie Euch?“ Hani wollte nicht weiter sprechen sondern gab seinem Pferd die Sporen. Kareef handelte schneller, hatte die Stute wieder an den Zügeln gepackt. Die beiden Pferde tänzelten nervös umeinander herum, doch Kareef würde den Jungen nicht fort lassen. „Wer hat Euch das gesagt?“, fragte er und seine Stimme klang bedrohlich. Sabir wollte ihn wegschicken? Warum wusste er nichts davon? Sie durfte ohne die königliche Anweisung des Sultans keine so hohe Entscheidung treffen! Nicht einmal Naji besaß die Befugnis über Hani bestimmen zu können. Auch wenn er offiziell als dessen Sohn hier aufgewachsen war. „Was glaubst du wohl?!“, schrie er Kareef an und plötzlich versteifte sich der junge Körper unter den reich verzierten Gewändern. Dieser kleine Narr, seine Kleider schrien förmlich danach ausgeraubt zu werden, was hatte er geglaubt wie weit er gekommen wäre? Kareef wandte den Blick in dieselbe Richtung. Reiter… und sie kamen näher. „Lass mich los!! Lass los oder ich schlitze dir die Kehle auf!!“, schrie er und zerrte völlig unbeholfen einen Dolch aus seinem Gewand hervor, mit dem er sich auch noch in den Finger stach. „Das glaube ich gerne..“, stellte Kareef ein wenig belustigt fest, schüttelte dann aber das Haupt. „Nicht Sabir ist befugt über Euch zu richten, junger Herr. Der Sultan aus Kandhu, Euer Onkel schickt mich her. Fürchtet Euch nicht, ich werde für einige Tage an Eurer Seite sein und Euch leiten.“ Hani’s wundervolle Augen leuchteten auf. „Mein Onkel sagst du?“ Fast schien er vor Begeisterung und Stolz zu zerbersten. „Wirst du mein Leibwächter sein?“ Kareef biss sich auf die Innenseite seiner Wange, um nicht zu lächeln. Während Kherim mit der Seele eines heranreifenden Mannes im Körper eines Jugendlichen steckte, wirkte Hani so unfassbar unschuldig in all seiner Reinheit. „Ja, junger Herr.“ War das da Hoffnung, die in seinen Augen aufblitzte? Und was war das für ein Stich, den Kareef bei seinem Anblick verspürte? „Kommt mit mir zurück, ich verspreche Euch bei meiner Ehre, dass Ihr nicht fortgeschickt werdet.“ Aber Hani wirkte für einen Augenblick wieder misstrauisch. „Und wenn du mich belügst? Wenn du irgendein verwegener Strolch bist, der mir etwas antun will?“ Verblüfft hätte Kareef fast aufgelacht. Oh, er war einfach wundervoll, ganz so, wie Kareef ihn sich immer vorgestellt hatte. Für Hani hatte er sich immer ein behütetes Leben gewünscht, nicht wie das von Kherim. Ein Leben frei über sich selbst bestimmen zu dürfen, freier als des Sultans Sohn. Die Freiheit seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, ohne geleitet zu werden, ohne zum Spielball der Großmächte zu werden. „Reicht Euch dies?“, fragte Kareef. Es raschelte, als er aus seinem breiten Gürtel eine Pergamentrolle hervor holte. Auf der Schriftrolle war deutlich das breite Siegel des Sultans zu erkennen, das sich in das tiefrote Wachs gebohrt hatte. Einen Augenblick lang bestaunte Hani das Schriftstück, ehe er huldvoll nickte. „Gut.“, sagte er und sah Kareef entschlossen an. „Ich vertraue auf das Urteil meines Onkels.“ Langsam wendete er die Stute, nachdem er die Zügel wieder fest im Griff hatte. Die Reiter hatten sie erreicht, es waren Kareefs Männer, die besorgt zu dem Jungen sahen. „Herr?“, fragten sie völlig irritiert. „Wir haben gehört, der junge Herr sei geflohen…“ „Er wollte nur ein wenig ausreiten, nicht wahr, junger Herr?“ Kareef lächelte zu dem Knaben hinunter. Dieser sah ihn einen Moment lang etwas verwirrt an, nickte dann aber langsam. „Ja, so ist es…“, erwiderte er nur und trieb seine Stute gemächlich zwischen den Männern vorbei, mit erhobenem Haupt, wie es sich für einen adeligen jungen Mann gehörte. Seine Männer blickten zu Kareef, aber dieser nickte nur langsam und folgte seinem neuen jungen Herrn zurück in den kleinen Palast, in dem er als falscher Sohn aufgewachsen war. Stolz war er wohl, keine Frage. Am Palast fingen ihn seine Kammerdiener ab, noch während er vom Pferd stieg. „Junger Herr, wo seid Ihr gewesen?!“ „Wir sind fast verrückt geworden vor Sorge!“, riefen sie durcheinander, doch Hani hatte nur Augen für Kareef. Mit einem letzten Blick über die Schulter fixierte er den Mann, der um einiges älter war als er selbst. Dieser saß noch hoch zu seinem Ross und blickte ebenso hinunter. Ihre Augen begegneten sich, wobei Hani’s Blick ungewöhnlich kühl wirkte. Die Stoffe seiner Kleidung wehten umher, mit schnellen Schritten und gefolgt von seinen Dienern betrat er das Anwesen. Ohne Unterlass versuchten sie auf ihn einzureden, doch der junge Herr ignorierte sie. Kareef stieg vom Pferd hinunter, ein Stallbursche nahm die Zügel entgegen. „Naim!“ Sofort trat einer der Männer an Kareefs Seite. Er war groß, eine einzige dunkelbraune Haarsträhne lugte seitlich unter dem Turban hervor, den er sich zum Schutz vor der erbarmungslosen Sonne um den Kopf gewickelt hatte. Stattlich war er, keine Frage und auch einer seiner engsten Vertrauten. Auch wenn er seine Seele niemand anderem als Ghaith anvertraute, so würde er sein Leben ohne zu zögern in die Hände dieses Mannes legen. Er hatte Kareef seine Loyalität in all den Jahren mehrmals bewiesen. Doch so üppig Naim’s Loyalität war, ebenso groß war Kareefs Vertrauen in diesen Mann. Und Kareef wählte seine Männer mit bedacht. „Ja Herr?“ Er verneigte sich ergeben, legte dabei die rechte Hand auf sein Herz. „Sagt Sabir, dass ich sie sprechen will.“ „Jawohl Herr.“ Mit schnellen Schritten verschwand der junge Mann. Die formelle Zusammenkunft des abgesandten des Sultans und der Witwe dessen Bruders verlief zunächst recht ereignislos. Die Kammermädchen verließen schließlich auf Sabir’s Geheiß den Raum. Die Dunkelheit war längst heran gebrochen, mehrere Laternen brannten, der mächtige Kronleuchter brach das Licht der Kerzen in seinen Kristallen und warf sein verspieltes Licht zu Boden. Die Wände und Decken waren hoch und wenn auch das Anwesen, das aus drei Gebäuden bestand, von außen sehr schlicht wirkte, mit seinem Gestüt, so waren die Säulen und Decken reich gesäumt und verziert mit Ornamenten, wilden Pferden und mächtigen Männern, die dabei waren diese prachtvollen Tiere zu zähmen. Durch die hohen Fenster wehte die abendliche, angenehme Kühle der Wüste hinein. „Ich nehme an wir sitzen nicht hier um gemeinsam Tee zu trinken und uns an den Süßspeisen meiner Bäcker zu erfreuen?“, fragte Sabir schließlich und blickte über ihr Glas hinweg Kareef an, der ihr gegenüber an der langen Tafel saß. Und obwohl an diesem Platz für mindestens zwei Dutzend Menschen gewesen wäre, gab es nur zwei Stühle. „Nein.“, antwortete er. „So sehr ich auch die Speisen eurer Köche bewundere.“, fügte er der Höflichkeit halber hinzu. „Der Sultan schickt mich her.“, begann er ihr sein Anliegen zu unterbreiten, ohne weitere Schönrederei. „Das vorzeitige Ableben seines Bruders hat ihn schwer getroffen. Jetzt, da Hani seinen Vormund verloren hat, müssen Vorkehrungen getroffen werden. Dem Sultan ist es wichtig, dass der Junge weiterhin behütet hier im Anwesen aufwächst. Um die Führung der Pferdezucht weiterhin zu erhalten, werden wir aus dem Palast Männer anheuern, die sich um die Tiere kümmern werden.“ Er zog die Pergamentrolle hervor, die er eben Hani schon gezeigt hatte. „Du bist ein guter Mann, Kareef.“, sagte Sabir sanft und zerbrach das Siegel. Ihre schwarz geränderten Augen durchbohrten ihn. Ein kleines, in Sarkasmus gehülltes Lächeln zeigte sich auf ihren vollen Lippen. „Doch du weißt genauso gut wie ich, dass sich der Sultan mehr um sein Gestüt grämt, als um seinen Bruder.“ Kareefs Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Ich glaube nicht, dass Ihr in der Lage seid, dies zu beurteilen.“, entgegnete er ihr ruhig. Sabir aber entrollte das Pergament, kaum überflogen ihre Augen die schwarzen, geschnörkelten Worte, hoben sich fast sofort ihre schmalen Augenbrauen. Verwundert sah sie Kareef an. „Was hat das zu bedeuten?“ Er griff zur Karaffe und schenkte sich neuen Wein ein. „Das ist eine Warnung, falls Ihr noch nie eine gesehen habt.“ Seine Stimme war kühl. „Das sehe ich auch!“, blaffte sie ihn an, doch Kareef ignorierte es gekonnt. „Warum, frage ich Euch!“ Kareef lächelte charmant. „Falls Ihr auf abenteuerliche Gedanken kommen solltet, Sabir. Das Gestüt, bis hin zu den Grenzen des Bodens, das Naji gehört hat, fordert seine Majestät der Sultan mit sofortiger Wirkung zurück.“ Völlig fassungslos starrte sie ihn an, so als höre sie nicht recht. „Das kann er nicht!“, rief sie erbost. „Das Land hat er meinem Mann überlassen! Und das Gestüt hat Naji selbst aufgebaut!“ Wieder nahm Kareef einen Schluck. Man konnte fast meinen, dass es ihn amüsierte. „Versteht es nicht falsch, der Sultan will lediglich verhindern, dass das Eigentum seines Bruders in falsche Hände gerät.“ Während er das sagte ruhten seine Augen vielsagend in ihrem Gesicht. Ihre Gesichtszüge entgleisten völlig. „Denn eine Handvoll Menschen, darunter Ihr und Ich, wissen, dass das alles hier Hani gehört.“ Sanft stellte er das Glas ab. „Zudem werde ich ein paar Tage hier bleiben um mich um alle weiteren formellen Angelegenheiten zu kümmern.“ Er schob seinen Stuhl zurück und verneigte sich leicht. „Du bist nichts weiter als sein Hund!“ Die aufgestaute Wut der jungen Witwe schien bereits so groß zu sein, dass ihre scheinheilige Maske langsam zu Sand zerfiel. „Meine Position ist weitaus angenehmer als die Eure.“, erwiderte er kalt und wandte sich ab, ehe er den Raum verließ. Die Diener öffneten ihm von außen die Türen, kaum schlossen sich diese, war er ein lautes Klirren zu hören. Eine teure Vase war an der schweren Pforte zerschellt. Kareef ahnte schon, woran Najis erste Frau verstorben war und warum er keine weiteren gehabt hatte. Kapitel 3: Entscheidungen ------------------------- Langsam schritt Kareef durch die schwach beleuchteten Flure, vor ihm lief das Dienstmädchen, das ihm ein Gästezimmer zuweisen sollte. Die Fackeln an den Wänden spendeten nur spärliches Licht, wilde Schatten tanzten an den Decken und entfachten ein liebloses und fast beklemmendes Gefühl in seiner Brust. Kalt wirkte es, seit Naji nicht mehr durch diese Gänge schritt. Zu genau erinnerte er sich an die Tage, die er mit Hani hier verbracht hatte, erinnerte sich an dieses wunderbare kleine Geschöpf, das ihm so sehr ans Herz gewachsen war. Jetzt war dieses Geschöpf nicht mehr ganz so klein und die blauen Augen strahlten ihn zwar nicht mehr so begeistert an, doch waren sie noch immer so klar wie ein kühler Bach. Fast zufällig glitt sein Blick aus den hohen Fenstern hinaus, eine Bewegung hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Aus diesem Winkel der Gänge konnte man die kleine Terrasse des jungen Herrn erkennen. Was Kareefs Aufmerksamkeit erregt hatte, waren die wild flatternden Stoffe. „Bitte, mein Herr.“ Das Mädchen öffnete ihm die Tür, deutete hinein und verneigte sich tief. Kareef nickte nur und winkte ab, ein Zeichen, dass sie sich entfernen durfte. Ohne jedoch den Blick abzuwenden. Was tat er da…? Die zarten, fast durchsichtigen Stoffe umspielten die Umrisse des jungen Mannes. Hani war etwas stattlicher als Kherim, das hatte Kareef sofort bemerkt. Denn obwohl Kherim mit allerlei Köstlichkeiten regelrecht belagert wurde, aß er doch sehr wenig. Hani schien es hier weitaus besser zu gehen. Langsam wandte Hani das Gesicht ein wenig zur Seite, mit einem kräftigen Windstoß wirbelte sein langes, gewelltes Haar durch die Nacht, die ebenso schwarz und seidig zu sein schien. Die schönen, blauen Augen trafen die Kareefs. Beide verharrten für einen sehr langen Moment. Junge, blaue Augen bohrten sich tief in Kareefs Seele, drangen tief in ihn ein und begannen sich durch seine Venen hindurch zu nagen. Das Gefühl war nicht unangenehm, es verursachte ein seltsames Prickeln im Nacken des Älteren. Kareef und Hani musterten einander, bis Hani sich mit einem kleinen Lächeln das Haar aus dem Gesicht strich und sich abwandte. Glaubte Kareef das Geräusch nackter Füße auf kühlem Stein zu hören? Allerdings war er dafür zu weit entfernt. Kareef erwachte aus seiner Starre und blinzelte ein paar wenige Male, ehe er sein Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloss. Noch während er sich seiner Kleider entledigte, spürte er die brennenden Blicke des Jungen auf sich. Seltsam… Doch ihm blieb kaum die Gelegenheit einen klaren Gedanken zu fassen. Er würde ein, zwei Stunden schlafen und sich dann in Najis Arbeitszimmer begeben. Sein Kampf würde noch vor Morgengrauen beginnen. Vor dem alten Arbeitszimmer des Naji waren zwei Männer postiert, die niemanden hinein ließen. Erst am späten Nachmittag verließ er den Raum. „Lasst niemanden hinein. Nicht einmal Sabir“, befahl er seinen Männern. Er musste vorsichtig sein, vielleicht würde Sabir es selbst nicht wagen sich zu diesem Raum Zugang zu verschaffen, doch sie hatte genügend treue Bedienstete. Es wäre ein leichtes für sie dort Dokumente zu entwenden. Nachdem er von mehreren Urkunden Kopien angefertigt hatte, hatte er die Originalen mit dem Siegel des Sultans an sich genommen. Ein Dokument allerdings vermisste er. Die Besitzurkunde… Sie war nicht hier im Arbeitszimmer, doch wer hatte sie? „Ja, Herr.“, antwortete ihm einer der Männer. Mit langsamen Schritten begab er sich in die Hallen hinunter, hier war es schon viel belebter. Mädchen liefen umher, erledigten ihre Aufgaben. Von draußen her wehte zudem das Wiehern der Pferde herein. Kareef trat hinaus, sofort erhoben sich seine Männer, die draußen vor dem Hauptgebäude unter dem Pavillon saßen. Die Ställe waren gut sichtbar und nur ein paar Meter von ihnen entfernt. „Herr!“ Sie legten die rechte Hand auf die Brust und verneigten sich. „Hat Hani das Haus heute verlassen?“, fragte er Naim nickte. „Er ist schon seit dem frühen Morgen fort. Ich habe ihm einen Mann hinterher geschickt.“ Kareef nickte ebenfalls und ließ sich auf den weichen Polstern zwischen seinen Männern nieder. Man brachte ihnen Speisen und Getränke, doch Sabir ließ sich nicht blicken, für gewöhnlich sah sie stets nach dem Rechten und vergewisserte sich, ob ihre Gäste ausreichend versorgt wurden. Die Frau hatte scheinbar im Augenblick ganz andere Sorgen. Und auch wenn es sehr still war, fiel es Kareef schwer seine Gedanken zu zähmen. Wenn Sabir es wirklich wagen sollte den Jungen fort zu schicken, würde der Sultan sie dafür hinrichten lassen. Die Frau war allerdings verrückt genug um wirre Schritte zu gehen, denn er hatte diesen seltsamen Glanz in ihren Augen gesehen, der von Wahnsinn zeugte. Bald würde er fort müssen, doch er konnte Hani nicht einfach so zurück lassen. Mitnehmen konnte er ihn genauso wenig. Er nippte an seinem Tee und blickte mit ruhigen, gedankenverlorenen Augen auf das verschlossene Tor. Der Junge musste mit allen Mitteln beschützt werden. „Naim…“ Der junge Mann hob den Kopf. „Ja, Herr?“ Kareef wandte ihm langsam das Gesicht zu. „Wenn ich ginge, würdest du mir die Güte beweisen und an Hani’s Seite verweilen, bis ich zurück kehre?“ Sofort verneigte sich Naim tief, legte seine rechte Hand dabei wieder auf sein Herz. „Selbstverständlich, Herr.“ Er hob wieder den Kopf. Ihre Blicke begegneten sich. Und Naim schien zu ahnen, was Kareefs Beweggründe waren. „Macht Euch keine Gedanken, Herr. Ich werde ihn vor jedem Übel bewahren und mag es noch so klein erscheinen.“ Seine Worte ließen Kareef lächeln, sanft legte er die Hand auf die Schulter Naims. „Ich danke dir.“ Knarrend öffneten sich die Tore und Hani’s perlweiße Stute wieherte laut, als würde sie ihren Herrn ankündigen. Die helle Mähne wehte im trockenen Wind der Wüste, verbarg Hani fast vollständig. Sofort rannten die Knechte auf ihn zu und hielten die schöne Stute am Halfter fest, ließen ihn absteigen. Die Stoffe, die er um seinen Körper trug raschelten dabei und der Sand unter seinen Sandalen knirschte leise. Er wechselte mit den Stallknechten ein kurzes Wort, klopfte seinem Pferd dabei auf den schlanken Hals und wandte sich schließlich ab. Mit leichten Schritten bewegte er sich auf den Pavillon zu, sofort erhoben sich die Männer doch Hani hob die Hand, deutete ihnen sich wieder zu setzen. „Lasst Euch von mir nicht stören.“, sagte er mit einem sanften Blick. Die Männer ließen sich wieder auf die Kissen sinken, wenn auch ein wenig verunsichert. Immerhin war er der junge Herr, sie durften nicht respektlos erscheinen. Auch Kareef. Hani wirkte müde, wo hatte er den ganzen Tag nur verbracht? Die Tücher verbargen teils sein Gesicht und hatten ihn vor Sand und Sonne geschützt, seine Kleider waren allerdings sehr verstaubt. Seine Augen trafen die Kareefs. „Ich hoffe, dass man sich gut um euch kümmert.“, fragte er ruhig und schien sich ein wenig unwohl zu fühlen. „Verzeih mir, ich kann dir keine große Hilfe sein. Doch wenn du etwas brauchen solltest, zögere nicht mich zu fragen. Egal wie klein und unbedeutend es sein mag.“ „Ich danke Euch, junger Herr.“ Kareefs Blick wurde sanft, während er den Jungen betrachtete. Es fiel ihm noch immer schwer das Baby Hani in diesem jungen Mann zu sehen. Was hatte er um Himmels Willen erwartet, dass er noch immer der Säugling von damals war? Dabei hatte er geglaubt, es einfacher hinnehmen zu können, denn immerhin hatte er ständig Kherim um sich herum gehabt, hatte ihn aufwachsen sehen. „Auch wenn es einem jungen Mann Eures Standes nicht gerecht sein mag, so würden es uns erfreuen, wenn Ihr Euch zu uns setzen würdet. Ihr habt doch noch nichts essen können?“, fragte er vorsichtig. Aber Hani kam so sehr nach Naji… er lächelte bezaubernd, seine Wangen leuchteten in einem zarten Rot auf. „Esst ihr nur, ich werde in meinen Räumen speisen.“ Doch auch Kareefs Männer stimmten mit ein, rutschten näher beisammen und machten ihm Platz. „Setzt Euch, junger Herr.“, baten sie. Auch sie sahen die Sanftmut, sahen die Grund auf ehrliche Seele und das reine, vollendete Herz. Aus diesem Jungen hätte ein großartiger Mann werden können, an Najis Seite. Zu früh war er gegangen, zu früh hatte er Hani ihnen anvertraut. Wer würde sich um die Weiterbildung des Jungen kümmern? Würde das reine Herz verkommen, in den Händen eines falschen Menschen? Noch war er jung, er kannte nur dieses Gestüt und die Wüste um dieses herum. Wenn man es schaffen würde die Pforten der Welt für ihn zu öffnen, könnte ein großer Mann aus ihm werden. Kareef streckte die Hand nach ihm aus, duldete keine Widerworte. Er zögerte nur einen winzigen Augenblick, dann nahm Hani die große, warme Hand, die so viel kraftvoller und breiter, als seine eigene war. Sanft zog er den Stoff aus seinem Gesicht und ließ sich auf einem der riesigen Kissen nieder. Da sprang Kareef etwas ins Auge. Ein kleines, grünes Blatt, das auf seiner Schulter lag. Und erinnerte sich dabei an Najis Worte damals, dass Hani sich stets in einer kleinen Oase aufhielt. Gerade kam eine Dienerin herbei um den Männern ihren Tee aufzufüllen, denn sie waren längst fertig mit dem Essen und waren zu Tee und Gebäck über gegangen. Sie erstarrte ruckartig, fast wäre ihr das Tablett mit den heißen Kannen herunter gefallen. „Junger Herr!“, rief sie entgeistert. Sämtliche anwesenden Männerköpfe hoben sich und sahen das Mädchen an. Auch Hani. „Was gibt es?“, wollte dieser nur wissen. „Ihr… Ihr könnt doch nicht hier sitzen! Bei… bei den Männern!“ Hani hob eine Augenbraue. „Ich möchte aber. Zudem bin ich ja nicht der Sohn des Sultans, also verstehe ich nicht warum ich mich nicht hier aufhalten sollte?“ Er musste sich leicht nach vorn beugen, um sie anzusehen, denn Kareef, der neben ihm saß, versperrte ihm mit seinen breiten Schultern fast die Sicht. „Ich werde hier essen.“, verkündete er ruhig. Das Mädchen erbleichte und starrte Kareef verzweifelt an. Dieser aber blickte, sich dessen völlig bewusst, nach vorne und beobachtete den Stallknecht, der Hani’s Stute in die Ställe führte. „Ich… ich werde Euch sofort etwas bringen lassen…!“ „Gib her Mädchen, ich mache das schon.“, sagte einer der älteren Männer und klopfte neben sich auf den Boden, deutete ihr die Kannen hinzustellen. Das Mädchen kam der Aufforderung nach und verschwand schnell im Haus. „Manchmal benehmen die sich seltsamer als ich.“, meinte Hani und die Männer um ihn herum prusteten und brachen in einen kleinen Lachanfall aus, verstummten aber als Kareef ihnen einen scharfen Blick zuwarf. Er selbst konnte allerdings nicht verhindern, dass sich ein breites Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. Auch Hani lächelte ihn verlegen an, schien sich zwischen den Männern recht wohl zu fühlen. Kareef bemerkte nicht einmal wie oft er und der Junge Blicke austauschten. Es war nicht bewusst, doch der Junge hatte noch immer etwas an sich, das ihn in seinen Bann zog. „Eure Stute ist wunderschön, junger Herr.“, bemerkte einer der älteren anerkennend. In der Gruppe saßen Männer in Kareefs Alter, drei an der Zahl. Einer von ihnen hatte bereits schlohweißes Haar, das er zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte. Selbst sein Ziegenbart wies nicht eine schwarze Stoppel auf. Das war der Mann, der die Kannen entgegen genommen hatte. Der Rest der Männer bestand aus Naim und vier weiteren jungen Männern im Alter zwischen einundzwanzig und fünfundzwanzig. Hani’s Augen leuchteten bei der Erwähnung seines Pferdes auf. „Oh ja, das ist sie. Mein Vater hat sie ganz besonders liebevoll groß gezogen, bis ich so weit war um mich selbst um sie zu kümmern.“ Der junge Mann lächelte stolz und grinste Kareef so süß an. „Sie war ganz schön stur, hat niemanden auf sich reiten lassen. Aber mein Vater hat sie gebändigt. Die Stallknechte nannten sie den weißen Teufel.“ Er lachte. Kareef s große Hand legte sich auf die Schulter des Jungen. „Euer Vater war ein großartiger Mann.“ Hani’s Lächeln verblasste leicht, verwundert hatte er Kareef angesehen, doch den Blick gesenkt. „Das… war er, ja.“ Schwach nickte er und blickte auf die niedrige Tischplatte. Betretenes Schweigen trat für einen Augenblick ein, in stiller Übereinkunft und widmeten diesen Moment Naji. „Ihr werdet ein genauso großartiger Mann werden.“, brach der Mann mit dem langen weißen Haar schließlich das Schweigen und nickte Hani zu. Jetzt hob der Junge den Kopf, er hatte sich wieder unter Kontrolle. „Könnte ich nur ein Sandkorn von dem sein, was er einst war… darüber wäre ich schon froh.“, erwiderte Hani und ein kleines Lächeln zeigte sich wieder. Schnelle Schritte huschten über den Hof, Stoffe wehten umher. „Hani!“, rief Sabir’s strenge Stimme. Mit ihren Kammermädchen an ihrer Seite standen sie ein Stück vom Pavillon entfernt. Sofort erhoben sich die Männer, verneigten sich leicht. Doch Sabir beachtete sie nicht, ihr Blick war unverwandt auf Hani gerichtet, der dort neben Kareef saß. „Hinein mit dir!“, befahl sie streng. „Du hast hier nichts zwischen den Männern verloren!“ Die Männer blickten etwas betreten drein. Eigentlich hatte Sabir ja recht, ein adeliger Junge hatte nichts zwischen einfachen Boten zu suchen. Nicht einmal wenn es Kareefs Männer waren. „Ihre Gesellschaft ist angenehm, ich sitze gerne hier.“, erwiderte Hani nur ruhig. Sabir konnte kaum glauben was sie hörte. „Es geziemt sich nicht für einen jungen Mann deines Standes…“, begann sie, wurde jedoch von Hani unterbrochen. „Mein Vater hat auch immer mit ihnen gemeinsam hier gegessen und gespeist, ich wüsste nicht was dagegen spricht, wenn ich es ihm gleich tue.“ Die Frau verlor jede Fassung, ihr zornerfüllter Blick fuhr schlagartig rüber zu Kareef. Jetzt sah er sie an, mit ruhigen, neutralen Augen. Er wusste genau was sie dachte, denn ihre Blicke sprachen für sich. Sie beschuldigte ihn dafür, Hani Flausen in den Kopf gesetzt zu haben. „Wie du willst. Bringt ihm etwas zu essen!“, blaffte sie die Mädchen an. Mit wehenden Gewändern verschwand sie schließlich. Hani blickte ihr hinterher und sah dann in die Gesichter der Männer. Besonders der Mann mit dem weißen Haar grinste breit hinter seinem Tee. „Auf Euer Wohl, mein Junge.“, sagte er und hob ihm sein Glas entgegen, ehe er daraus trank. „Mein Vater war euer Freund.“ Er sah in die Runde und nickte nur. „Ich glaube nicht, dass es mir schaden könnte an eurer Seite zu sitzen. Vielmehr könnte ich von euch lernen, mehr als von diesen seltsamen Lehrern, die Sabir mir aufzwingt.“ Wie ein stolzer Hirsch saß Hani zwischen den Männern, aß als man ihm etwas brachte und lauschte ihren Unterhaltungen. Noch als es dämmerte saßen die Männer dort. Erst nach und nach verabschiedeten sie sich, bis Kareef und Hani alleine waren. „Hast du dich im Arbeitszimmer meines Vaters zurecht gefunden ?“, fragte Hani schließlich langsam und sah zum Himmel auf. Warme Pastellfarben zogen sich wie ein Traumbild über den weiten, klaren Himmel. „Ja, junger Herr.“, erwiderte Kareef sanft und sah ihn von der Seite an. Ganz langsam öffnete Hani seinen Turban. Der Stoff raschelte und glitt lautlos zu Boden. Sein kohleschwarzes, gewelltes Haar fiel ihm in die Wangen, umschmeichelte diese sanft. Da entdeckte er ein weiteres, grünes Blatt im Haar des Jungen. Eher unbewusst streckte er die Hand aus, es war ein Reflex und zog es ihm sachte aus dem Haar. Hani lächelte bei dem Anblick schwach. „Naji hat mir erzählt, dass du dich oft in einer kleinen Oase aufhältst.“ Kareef betrachtete das Blatt, ehe er es Hani in die Hand legte, der diese danach ausgestreckt hatte. Mit einem Finger strich er über das grüne Blatt. „In der Oase überkommt mich das Gefühl des Friedens.“, antwortete Hani langsam. Kareef beschwor vor seinem inneren Auge Hani’s Bild hervor, als er mit ihm in der Oase gebadet hatte. Völlig fasziniert hatte er geplanscht, hatte die Blätter betrachtet, die auf die Wasseroberfläche geglitten waren. Hani fühlte sich unwohl, deswegen entfernte er sich fast den ganzen Tag vom Anwesen. Und Kareef konnte es ihm nicht einmal verübeln. „Das mag jetzt etwas seltsam erscheinen und vielleicht geziemt es sich nicht, wie Sabir es immer ausdrückt, aber… in deiner Nähe fühle ich mich genauso wohl.“ Er blickte verlegen zum Tisch und nahm sich eine Dattel. Hani ahnte nicht einmal ansatzweise was seine Worte in Kareef auslösten. Ein warmes Gefühl erfüllte die Brust des Mannes. „Ich kann es nicht erklären, doch seit ich dich gestern das erste Mal sah habe ich eine Wärme bei dir verspürt. Eine ähnliche Wärme, die ich auch bei meinem Vater empfunden habe. Und doch gibt es einen kleinen Unterschied, den ich nicht zu erklären vermag.“ Hani betrachtete Kareef mit einem warmen Blick, der bis zu Kareefs Seele hindurch drang. „Mir ist als wärst du ein Teil meines Lebens, doch ich kenne deinen Platz noch nicht.“ Kareef legte seine Hand auf den Hinterkopf des Jungen, strich ihm kurz über das Haar. „Ich glaube, das wissen wir beide erst, wenn etwas mehr Zeit verstrichen ist.“, erwiderte er sanft und erhob sich schließlich langsam. Ob sich die Seele des Jungen erinnerte? An damals? Schon damals hatte Kareef sich ihm sehr verbunden gefühlt und eben dieses Gefühl war um keinen Tag verblasst. Doch, dass Hani ebenfalls so zu empfinden schien verblüffte ihn. Doch der Junge war zu der Zeit kaum ein Jahr alt. Also war es schier unmöglich, dass er sich erinnerte. „Wir sollten hinein gehen, junger Herr. Es wird langsam kühl.“ Kareef streckte die Hand nach ihm aus und half ihm sanft auf die Beine. Mit raschelnden Gewändern erhob sich Hani und stand dicht vor Kareef, blickte leicht zu ihm hinauf. „Wie lange wirst du bleiben?“, fragte er langsam. „Das weiß ich noch nicht. Eigentlich müsste ich so schnell wie möglich zurück und dem Sultan Bericht erstatten.“ Hani schien mit sich selbst zu ringen. „Er wird wohl nicht herkommen… zur Bestattung meines Vaters?“ Ein kleiner Stich durchfuhr ihn. „Nein, leider nicht.“ Den Sultan grämte es der Beisetzung seines Bruders nicht beiwohnen zu können, doch die Angst Hani gegenüber zu stehen, war für den Herrscher unerträglich groß. Für die Menschen war Hani noch immer ein böses Omen, doch warum er und nicht Kherim? Hatte das Schicksal bestimmt, welcher Zwilling der Unheilbringer war? „Ich verstehe…“, erwiderte er nur leise und senkte wieder den Blick. Lange betrachtete Kareef das schöne Gesicht. Wie sollte er dem Jungen Trost spenden? „Ich bin froh, dass du da bist…“, sagte Hani mit einem aufrichtigen Blick und betrat noch vor Kareef das Anwesen. Trotz einer gewissen Trostlosigkeit, die der junge Mann ausstrahlte, war sein Gang stolz. Es war ihm nicht bewusst, doch er verglich Kherim und Hani sehr oft miteinander. Jede Bewegung, jede Mimik. Jede Geste. Und dabei wirkte Hani so völlig anders. Dass Kherim krank war, war längst kein Geheimnis mehr. Sämtliche Ärzte des Landes waren nicht in der Lage die Ursache zu erkennen. Aber Hani schien, dem Himmel sei Dank, nicht davon betroffen zu sein. Er war ein gesunder Bursche mit rundlichen Wangen und einer kräftigen Statur. Insgeheim hegte Kareef einen kleinen Wunsch, den er nicht auszusprechen vermochte, doch er wünschte sich, Hani hätte Kherims Platz eingenommen. Die Tage vergingen nur sehr langsam, Kareef verbrachte sie im Arbeitszimmer und Hani außerhalb der Mauern. Erst gegen Abend, wenn es kühl wurde, kehrte der Junge heim und nachdem er gegessen hatte, begab er sich zum Leichnam seines Vaters, um der Totenwache beizuwohnen, die drei Tage dauerte. Schließlich erfolgte am vierten Tag die Trauerzeremonie, die streng bewacht vollzogen wurde. Die Frauen des Hauses trugen schwarze Gewänder, sie weinten, während der heilige Mann vor der Bahre stand, die anderen Männer dicht hinter ihm. Hani allerdings hatte seinen Platz an der Seite des heiligen Mannes eingenommen. Jede Handbewegung, jedes Gebet, das er stumm und nur mit den Lippen verfolgte, war perfekt. Er erwies seinem Vater die letzte Ehre so gut es ihm möglich war. Etwas abseits weinten die Frauen und beklagten den Tod eines gutmütigen Mannes, der ein Herz besessen hatte, das größer und mächtiger war, als der wirre Aberglaube der Menschen. Zum trotz all dieser Narren hatte er seinen Neffen als seinen eigenen Sohn aufgenommen. Die Warnungen, das Kind würde Unheil über ihn und seinesgleichen bringen, hatte Naji immer schon ignoriert. Die Stimme des Mannes hallte ihm noch immer in den Ohren wider. „Glaube ist nichts schlechtes, Kareef. Er ist mächtig, denn vielen Menschen verleiht er Mut und Kraft. Jene, die den Hintergrund der Weisheiten verstehen lässt er wachsen. Doch jene, die Blind und ohne eigenen Willen sind, dient er lediglich als Pfad, der sie blind und empfänglich für den Hass macht.“ Jene Worte hatte er ihm zugesprochen, als Kareef noch jung und unerfahren den Pfad des Soldatentums eingeschlagen hatte. Noch während der Gebete fing Kareef allerdings immer wieder kalte, hasserfüllte Blicke auf. Sie kamen mittlerweile nicht nur von Sabir, auch die anderen Frauen starrten öfter zu Hani. Kareef blickte schräg zu ihm hinunter. Der Junge schien es nicht zu merken… Und er begann sich zu fragen, was geschehen mochte, sobald er diesen Ort mit den nötigen Unterlagen verließ. Wäre Hani hier noch sicher? Würden die Menschen es wagen, ihm Leid zuzufügen, jetzt wo es niemanden mehr gab, der ich beschützte? Zum Gebet gehörte der Moment des Schweigens, die Menschen neigten ihre Häupter und blickten auf ihre Füße nieder, legten die rechte Hand auf ihre Brust, dort wo ihr Herz schlug. Dies war der Zeitpunkt des persönlichen Abschieds, des persönlichen kleinen Gebets, das man den Toten schenkte. Auch Kareef senkte sein Haupt, jedoch erregte eine Bewegung aus Hani’s Richtung seine Aufmerksamkeit. Er blickte nicht zu Boden, wie alle anderen. Seine Augen waren gen Himmel gerichtet, als würden sie etwas suchen. Der strahlend blaue Himmel blickte ebenso sanft zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde hielt Kareef den Atem an. Ein schwaches, silbriges Licht begann sich um den Körper des Jungen zu winden. Der Schein wurde intensiver, als das Sonnenlicht das Gesicht Hani’s umschmeichelte. Doch so schnell es kam, so schnell war das Licht auch schon wieder fort. Ein Trugbild…? Was um Himmels Willen war das gewesen…? Hani musste Kareefs Blicke spüren und wandte den Kopf zur Seite, schenkte ihm ein wundervolles, sanftmütiges Lächeln, das Kareef fast das Herz brach. Tränen liefen dem Jungen über das Gesicht, schnell wandte er das Gesicht zu Boden, bevor es jemand sah. Seine Tränen fielen lautlos zu Boden und wurden hungrig von ihm aufgesogen. Niemand hatte es bemerkt… doch unwillkürlich wanderte auch sein eigener Blick zum Himmel. Was hatte Hani dort im Licht der Sonne gesehen…? Und der unheimliche Schein, der ihn umgeben hatte…? Die Männer hoben den Sarg, hievten ihn auf ihre Schultern und trugen ihn langsam voran. Es war Tradition, dass das Oberhaupt des Hauses in der Nähe seines Heimes begraben wurde. So erwies man auch Naji die letzte Ehre und bettete ihn in dem eigens für ihn errichteten Mausoleum, das ein Stück hinter dem mächtigen Anwesen lag. Wieder stachen ihm die Blicke ins Auge, wieder waren es die Frauen, die Hani auf diese schreckliche Weise ansahen. Kareef blieb dicht an der Seite des Jungen, folgte ihm mit einem kleinen Abstand Richtung Mausoleum wo er der Beisetzung zusah. „Du musst mir nicht folgen…“, murmelte Hani ihm von der Seite zu, aber Kareef beachtete ihn nicht weiter. Unentwegt wanderten seine rastlosen Augen über die Menschen, über die Männer, die den Sarg trugen, versuchte eine Feindseligkeit zu erspüren, doch nachdem sie sich von den Frauen entfernt hatten, war dieses bedrückende Gefühl verschwunden. Kareef musste handeln, denn er wusste, sobald er diesen Ort verlassen würde, würde Hani dem Hass der Menschen hier ausgeliefert sein. Sein Blick begegnete dem Naims, der seinen Platz einem anderen Mann reichte, der den Sarg an seiner Stelle weiter tragen würde. Naim wurde langsamer, bis Hani an ihm vorbei lief und er dicht an Kareefs Seite herlief. „Wir müssen schnell handeln, Herr.“, bemerkte er leise. Es war ihm also auch schon aufgefallen? „Ich weiß. Ich werde noch heute Nacht aufbrechen, niemand soll davon erfahren.“ Naim nickte, sah dabei unentwegt zu der kleinen Kolonne, die das Mausoleum erreicht hatte. „Ich werde Ghaith eine Nachricht schicken, wir werden ihn hier brauchen.“ Naim schwieg einen Moment, ihre schweren Schritte und das entfernte Wehklagen der Menschen war alles, was zu hören war. Najis Bestattung war mehr als nur Unheilverkündend und der Tag, den man im Palast der Hauptstadt insgeheim befürchtet hatte, brach langsam herein. Mit Najis Tod war Hani völlig ungeschützt und es gab keinen Ort, an dem er unbemerkt weiter leben könnte. Zumindest nicht ohne enttarnt zu werden. „Dass der Wind noch still steht bedeutet nicht, dass er nicht mehr wehen wird. Und ich befürchte, dass uns ein harter Sturm treffen wird.“ Die schmalen Schultern des Jungen, der vor ihnen herlief, wirkten schmächtig, als würden sie einer solch geballten Last nicht standhalten können. „Gib auf ihn Acht, Naim. Er wird dich Tag und Nacht an seiner Seite brauchen.“ „Seit ich Euch diene, habe ich Euch kein einziges Mal enttäuscht, Herr. Ich werde es auch diesmal nicht tun.“, antwortete Naim. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)