Magenta I von Maginisha (Willkommen in der World of Warcraft) ================================================================================ Kapitel 13: Auf feindlichem Gebiet ---------------------------------- Über dem Brachland lag jene Art von Mittagshitze, die Mensch und Tier veranlasste, sich um die besten Schattenplätze unter den wenigen Bäumen zu streiten. Dort warteten sie mit halb geschlossenen Augen dösend darauf, dass die Sonne ihren Zenit soweit überschritten hatte, dass ihr Licht nicht mehr sämtliche, vom Meer heranwehende Kühle in einen schwülwarmen Hauch verwandelte. Die Luft über der braungelben Steppe flimmerte und eine Herde wilder Kodos schob sich behäbig durch die Landschaft. Ihr stampfendes Getrampel scheuchte ein paar Gazellen auf, die bis dahin mit nervös zuckenden Ohren an einem Wasserloch getrunken hatten. In hüpfendem Galopp stoben die Tiere davon und wirbelten eine Staubwolke auf. Ein wenig orientierungslos schwebte die Wolke zuerst nach links, dann nach rechts und steuerte dann zielstrebig auf ein lohnendes Ziel zu. „Hatschi!“, machte Magenta und kniff hustend die Augen zusammen. „Schönheit!“, wünschte Pizkol grinsend. „Sehr liebenswürdig.“, brummte die Hexenmeisterin und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Fast bereute sie es schon, den Wichtel wieder beschworen zu haben. Aber ihr Leerwandler war, so ungern sie es zugab, mit seiner leuchtend blauen Farbe und der voluminösen Statur einfach zu auffällig gewesen. Denn wer wusste schon, was sie das nächste Mal fand, wenn sie sich plötzlich vor einer Patrouille der Horde in einer Felsspalte verstecken musste. Möglicherweise Schlimmeres als eine Großfamilie hyperaktiver Präriehunde, die ihre gesamten Vorräte fraßen und im Austausch dafür Trillionen kleiner, schwarzer, unappetitlicher Bröckchen hinterließen. Magenta blieb stehen und legte die Hand über die Augen. So weit ihr Blick reichte, sah sie nur gelbes Gras, das, wie sie inzwischen wusste, von Schlangen, Skorpionen und anderem Getier nur so wimmelte. Was es allerdings nicht zu geben schien, war jemand mit dem Namen Takar, der Seher. Den Blick auf den Boden gerichtet, um nicht auf eine Schlange oder die Hinterlassenschaft eines größeren Tieres zu treten, ging Magenta in der festen Überzeugung weiter, den völlig falschen Weg einzuschlagen. Allerdings fehlte es ihr an Alternativen und außerdem war sie einfach zu stur um aufzugeben. Irgendwann würde dieser Takar schon auftauchen. So abgelenkt bemerkte die junge Hexenmeisterin die Veränderung der Landschaft erst, als sie beinahe mit dem Kopf gegen einen Baum gelaufen war. Völlig verdutzt starrte sie auf das Gras zu ihren Füßen, das aus heiterem Himmel eine satte Grünfärbung aufwies. Um Magenta herum erhob sich eine Insel aus üppiger Vegetation. Schwer duftende Blüten öffneten sich über saftigen Blättern, pralle Knospen schoben unablässig Schösslinge hervor und ein feiner Wasserdunst schwebte zwischen den meterhohen Palmen. Sie war auf eine Oase gestoßen. Ein lautes, wieherndes Geräusch schreckte Magenta aus ihren Naturbetrachtungen auf. Alarmiert lauschte sie, wie ein zweites Wiehern dem ersten antwortete. Hufgetrappel kam näher; dazwischen das Hecheln und Schnüffeln von Hunden. Jäger, schoss es Magenta durch den Kopf. Und sie kommen in meine Richtung. Gehetzt sah sie sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Hinter ihr öffnete sich die weite, flache Graslandschaft, auf der ein Mensch zu Fuß eine leichte Beute für einen Berittenen war. Somit blieben ihr nur die Flucht nach vorne und die Hoffnung, dass die Hunde nicht Alarm schlagen würden. Mit einem Satz verschwand sie hinter einem besonders üppigen Busch. Sie landete unerwartet weich, jemand gab einen unterdrückten Schmerzensschrei von sich und erheblich mehr Arme und Beine, als Magenta sonst so ihr Eigentum nannte, bildeten ein wirres Knäuel auf dem Boden. Bevor die Hexenmeisterin jedoch einen Laut von sich geben konnte, legte sich eine kühle Hand mit langen, schmalen Fingern über ihren Mund. „Still!“, wisperte eine weibliche Stimme direkt an ihrem Ohr und Magenta tat, wie ihr geheißen war. Massige Schatten fielen auf den Busch und ein strenger Geruch nach Pferdeschweiß füllte die Luft. Hufe trampelten das grüne Gras nieder und raue Stimmen brüllten aufgeregt in einer fremden Sprache durcheinander. Ganz offensichtlich hatten die Jäger die Spur ihrer Beute verloren. Zu Magentas Erstaunen begannen sie jetzt, ihre Reittiere durch das dichte Unterholz zu treiben, anstatt abzusitzen und zu Fuß weiter zu suchen. Da sie so nicht besonders gut vorankamen, machte sich eine kleine Hoffnung in Magenta breit. Vielleicht würden die Reiter aufgeben, wenn sie sahen, mit wie viel Mühe die Suche verbunden war. Doch ein Befehl, dem ein Kläffen und Jaulen folgte, ließ die Hoffnung zerplatzen wie eine Seifenblase: Die Jäger ließen die Hunde los! Schnüffelnde Nasen dicht auf den Boden gepresst und gieriges Hecheln näherten sich dem Versteck, in dem Magenta zum Schweigen verdammt war. Innerlich schwor sie sich, dass sie nicht kampflos aufgeben würde. Immer näher kamen die Geräusche, bis schließlich eine der Bestien ihren Kopf durch die Blätterwand steckte. Es war ein hässliches Vieh mit einem sabbernden Maul, das breite Hundegesicht von Pocken und Pusteln übersäht. Kleine, gelbe Augen starrten seine Beute blutrüstig an. Das Tier knurrte und setzte an, mit einem triumphierenden Heulen seine Herren herbeizurufen, als Bewegung in die Person hinter Magenta kam. Eindringlich gemurmelte Worte streichelten das gesträubte Nackenfell des Tieres, liebkosten seine Sinne und ließen den verräterischen Klang in seiner Kehle zu einem leisen Winseln werden. Die angelegten Ohren stellten sich auf und es hätte wohl nicht viel gefehlt, bis der Hund angefangen hätte, mit dem Schwanz zu wedeln. Zunächst beschränkte sich seine Begeisterung jedoch darauf, Magentas Schuhe vollzusabbern. Instinktiv zog sie ihre Füße zurück und brach damit den Zauber, der das Tier gebannt hatte. Mit einem kehligen Knurren wollte es sich auf sie stürzen, als die Magentas Begleiterin blitzschnell zu stieß. Als sie ihre Hand zurückzog, steckte ein Pfeil im Unterkiefer des Hundes und bohrte sich von dort direkt in sein Hirn. Das Tier fiel, ohne noch einen Ton von sich zu geben, und Magenta sah nun zum ersten Mal richtig, über wen sie eigentlich gefallen war: Vor ihr auf dem Boden kauerte eine Nachtelfe. Die Nachtelfe schüttelte warnend den Kopf und legte ihren Zeigefinger auf den Mund. Dann schob sie die schützenden Blätter auseinander und spähte hindurch. Über ihre Schulter hinweg konnte Magenta die Beine von etwa fünf oder sechs Pferden erkennen. Neugierig ließ sie ihren Blick nach oben wandern und konnte nur mit Mühe einen Laut der Überraschung unterdrücken. Die Wesen, die dort auf der Lichtung emsig auf und ab trabten, hatten zwar den Leib eines Pferdes, doch dort, wo normalerweise der Hals eine solchen Tieres angesetzt hätte, ging ihr Rumpf in einen menschlichen Oberkörper über. Die meisten von ihnen waren muskelbepackte Männer, in deren Händen schwere Äxte oder Knüppel lagen. Es war aber auch eine Frau dabei, deren Gesicht mit einem Schleier verhüllt war. Als die Frau in ihre Richtung sah, stieß die Nachtelfe einen kurzen Fluch aus und ließ die Blätter wieder an ihren Platz gleiten. Sie bedeutete Magenta noch einmal still zu sein und winkte ihr dann, ihr zu folgen. Möglichst ohne ein verräterisches Geräusch zu machen, kroch Magenta hinter der Elfe durch das Gebüsch. Allerdings blieb es nach Magentas Empfinden bei einem Versuch, denn jeder Ast schien unter ihr mit ohrenbetäubendem Krachen zu zerbrechen und der Inhalt ihres Rucksacks erwies sich als geeignet, es in Punkto Lautsstärke mit einem ganzen Spielmannszug aus Tommeln und Schellen aufzunehmen. Trotzdem folgte ihnen niemand, so dass Magenta und die Nachtelfe schließlich unbehelligt am Rand der Oase ankamen. Ihre Begleiterin blieb kurz stehen und lauschte so angestrengt, dass die Spitzen ihrer langen Ohren zu zittern schienen. Sie wirkte dabei wie ein zum Sprung bereites Raubtier und einen Moment lang fragte Magenta sich, ob sie es mit diesen Pferdemenschen nicht doch besser getroffen hätte. Doch irgendetwas an der langen Gestalt mit der blassblauen Haut und den eigenartig leuchtenden Augen erschien ihr seltsam vertraut, so dass sie beschloss, erst einmal abzuwarten, was weiter geschah. „Wir haben Glück gehabt, sie sind weg.“, sagte die Nachtelfe schließlich und maß Magenta mit einem abschätzigen Blick. „Es hätte nicht viel gefehlt und bei den Zentauren hätte es heute Mensch am Spieß gegeben.“ „Oder Elfenragout.“, konterte Magenta eisig. Die Nachtelfe machte ein unflätiges Geräusch. „Mich hätten sie schon nicht gefunden, aber auf Eure Spur war bereits eine Sturmruferin angesetzt. Magier finden andere Magier.“ „Ich bin keine…“, begann Magenta zu protestieren, biss sich dann aber auf die Zunge. Es war sicher nicht der richtige Zeitpunkt darauf zu beharren, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen Magiern und Hexenmeistern gab. Aus den groben Erinnerungen, die sie an ihren Geschichtsunterricht hatte, stieg undeutlich das Wissen hervor, dass es nicht besonders klug war, Nachtelfen gegenüber Dämonen oder irgendwelche Beziehungen zu ihnen zu erwähnen. Leise wisperte Magenta Pizkols Entlassungsformel und wünschte sich, sie hätte diese Unterrichtsstunden nicht mit Käsekästchen-Spielen verbracht. „Wie dem auch sei.“, schnappte die Elfe und pustete sich eine weiße Haarsträhne aus dem Gesicht. „Seid in Zukunft vorsichtiger bei der Wahl eures Pfades…und Eurer Verstecke.“ Damit drehte sie sich auf dem Absatz ihres hohen Lederstiefels herum und machte sich mit langen Schritten auf den Weg hinaus in die ebene Landschaft. Als sie schon einige hundert Meter hinter sich gebracht hatte, erwachte Magenta endlich aus ihrem andächtigen Staunen. Eilig sprang sie auf und lief der Nachtelfe nach. „Halt!“, rief sie eben so laut, wie sie es sich mit den Zentauren im Rücken gerade noch traute. „So wartet doch. Ich muss Euch etwas fragen.“ Einen Moment lang schien es, als hätte die Elfe sie nicht gehört, doch dann blieb sie abrupt stehen und fuhr wütend zu Magenta herum. „Wenn Ihr nicht sofort aufhört, so zu schreien, erwischen uns diesmal die Stacheleber. Oder Ihr scheucht gleich ein Paar Donnerechsen auf. Oder wie wäre es mit einem Rudel Fleischreißerhyänen? Kennt Ihr Euch denn hier gar nicht aus?“ „Nein.“, antwortete Magenta etwas kleinlaut. „Deswegen brauche ich ja Eure Hilfe. Ich suche jemanden. Sein Name ist Takar.“ Die Nachtelfe sah Magenta an, als hätte sie sie nach dem Aufenthaltsort des verschwundenen Königs gefragt. „Ihr seid wirklich ein Ausbund an Dreistigkeit, Mensch.“, schnaubte sie dann. „Wie kommt Ihr auf die Idee, dass ich Euch helfen würde?“ „I-ich weiß nicht.“, stotterte Magenta. Wenn man es echt betrachtete, hatte die Nachtelfe wirklich nicht allzu viele Gründe, einer Wildfremden zu helfen. „Ich könnte Euch bezahlen?“ Wirklich sehr schlau, fauchte Pizkol in ihrem Kopf. Und womit, wenn ich fragen darf? Das weiß ich auch noch nicht, dachte Magenta zurück. Aber mir wird schon noch was einfallen. „Bezahlen?“ Die Nachelfe schien nicht mehr ganz so uninteressiert. „Aber was könntet ihr mir schon bieten?“ „Ich glaube, Gold ist in Eurem Teil der Welt genauso viel wert wie in meinem.“, brachte Magenta hervor und wunderte sich fast über sich selbst. „Führt mich, und ich werde Euch belohnen.“ Man sah deutlich, dass die Nachtelfe mit sich rang. Schließlich nickte sie. „Einverstanden. Ich führe Euch zu Takar. Aber ich verlange ein Goldstück dafür.“ „Ein ganzes?“, rief Magenta entsetzt, besann sich dann aber ihrer Situation. „Also schön, ich folge Euch. Aber versucht nicht, mich über´s Ohr zu hausen.“ Die Nachtelfe lächelte dünn. „Genau dasselbe würde ich Euch auch raten. Also schön, gehen wir.“ Unsicher folgte Magenta der Nachtelfe und hoffte inständig, dass sie mit dieser Entscheidung keinen Fehler begangen hatte. Aber schließlich war es wenig wahrscheinlich, dass sich diese Nachtelfe genauso wenig hier auskannte wie sie selbst. Und wenn doch, so hatte sie immerhin ein ganzes Goldstück gespart. Drohend ragten die schroffen Gipfel des Blackrocks über der Sengenden Schlucht auf. Je näher man ihm kam, desto größer schien der Berg zu werden und dies hatte nicht allein etwas mit dem Wechsel der Perspektive zu tun. Aus dem Gestein schien Schwärze und Düsternis hervorzuquellen, die wie eine eisige Hand nach dem Gemüt eines jeden griffen, der sich dem ruhenden Vulkan zu nähern wagte. Allerdings schien das nicht für alle Mitglieder des eigenartigen Quartetts zu gelten, das in diesen Augenblicken die monumentalen, steinernen Tore zum Berginneren erreichte. „Es ist wirklich kein weiter Weg.“, plapperte der Gnom, der sich selbst als Xârdas vorgestellt hatte, munter vor sich hin. „Aber es ist durchaus möglich, dass wir hier auf Truppen der einen oder anderen Fraktion treffen, weswegen wir so leise wie möglich sein sollten und jede unnötige Unterhaltung vermeiden sollten.“ „Warum fangen wir dann nicht langsam mal damit an?“, grollte Easygoing dumpf. „Womit?“, fragte der Gnom interessiert nach. „Ach vergesst es.“, knurrte der Druide und ließ seinen Blick an den gewaltigen Gesichtern emporwandern, die die beiden Torflügel verzierten. „Sehen aus wie Zwerge. Mit komischen Hüten.“ Abbefaria unterdrückte ein Grinsen und sah sich dann neugierig in den steinernen Gängen um, die sich vor ihnen auftaten. Ein unangenehm warmer Wind wehte aus den Tiefen hervor und er meinte zu spüren, wie sich die Erde unter im bewegte. Es war, als würde der Berg selbst atmen und nur darauf warten, sie zu verschlingen. Mir einem mulmigen Gefühl im Magen folgte der den anderen. Sie gingen einen breiten Gang mit hohen Decken entlang, der ohne Mühen ein zweistöckiges Haus hätten aufnehmen können. Er setzte sich einige hundert Schritte weit fort und mündete dann in einer gigantischen, steinernen Höhle. Sobald die vier Wanderer die breite Plattform betraten, die die Höhle in einem Halbbogen umspannte, stieg die Temperatur schlagartig an und Abbefaria musste an sich halten, um nicht wieder in die scheinbare Kühle des Ganges zurück zu flüchten. Zögernd trat er an den Rand der Brüstung und spähte hinunter. Lava strömte von allen Seiten in einem riesigen See am Fuß der Höhle und heizte die Luft um sie herum bis an den Rand des Erträglichen auf. Ein rotes Glühen ging davon aus und erhellte nur spärlich die Ausmaße der gewaltigen Höhle, deren Decke sich irgendwo im Dunkeln verlief. An den Wänden starrten drei direkt aus dem Fels gehauene Zwergenstatuen finster auf sie herab. Ein jeder von ihnen hatte eine Kette in Händen, deren einzelne Glieder so breit waren, dass man auf ihnen bequem hätte spazieren gehen können. Ihre Enden trafen sich in einem riesigen Felsbrocken, der in freier Natur schon das Anrecht gehabt hätte, selbst „Berg“ genannt zu werden. Die Ketten hielten den Felsen über der kochenden Lava und wenn man genau hinsah, konnte man Öffnungen und Gänge erkennen, die in sein Inneres führten. Eine letzte Kette führte auf der Rückseite des Konstrukts zu einer versteckten Öffnung im Felsen, die von so weit oben nicht mehr als ein kleines, schwarzes Loch in der Höhlenwand war. „Ein wahres Stück meisterlicher, zwergischer Baukunst.“, erklärte Xârdas, der die Nachtelfen auf die letzte der Ketten erst aufmerksam machen musste. „So stellen diese Bastarde einerseits sicher, dass kein Drache in ihr Reich vordringt - die Öffnung wären viel zu klein, um ein solches Biest aufzunehmen- sie schützen sich aber auch vor der Invasion durch die Orks. Es gibt keinen anderen Weg in die Blackrocktiefen als über die Ketten und durch die verzweigten Gänge innerhalb des Felsen. Daher kann immer nur eine begrenzte Anzahl an Kriegern in ihre Festung vordringen. Andererseits würden die Orcs jeden Zwerg zerfetzten, der seine Nase in die höheren Regionen des Blackrocks stecken würde…und nebenbei bemerkt auch jeden anderen. Das macht diese Höhle zu einer Art Niemandsland, das weder die Zwerge, noch die Orks besonders häufig betreten. Sie fürchte beide, eine der anderen Parteien könnte ihnen hier auflauern.“ Der Gnom kicherte, warf noch einen bewundernden Blick auf die stählernen Ketten und winkte dann seinen Begleitern ihm zu folgen. Schweigend und nach allen Seiten Ausschau haltend wanderten sie weiter ganz am Rand der großen Plattform entlang. Immer wieder hielten sie an und versteckten sich, wenn der Schatten eines schwarzen Drachen hoch oben im Halbdunkel der Höhle vorbei flog. Die Hitze wurde mit jedem Schritt unerträglicher, doch bei jedem der auftauchenden Gänge schüttelte Xârdas nur stumm den Kopf. Aus einem von ihnen drangen Geräusche zu ihnen hervor. Orcs und Zwerge brüllten voller Wut durcheinander und zwischen das Klirren von Waffen und Rüstungen mischten sich schon bald gurgelnde Todesschreie. „Sollten wir uns da nicht einmischen?“, flüsterte Easygoing Abbefaria zu. „Nur tatenlos in den Schatten herum zu schleichen schmeckt mir gar nicht.“ Xârdas, der diesen Einwurf wohl gehört hatte, drehte sich mit einem abfälligen Grinsen zu dem ihm herum. „Tut, was Ihr nicht lassen könnt, Elf. Aber erwartete nicht, dass Euch die Sieger um den Hals fallen vor Dankbarkeit. Viel eher würden Sie aus Euch einen Kaminvorleger machen.“ Easygoings Antwort ging in einem Brüllen unter, dss die Wände der Höhle zum Beben brachte. Felsbrocken lösten sich von der Decke und fielen mit großem Getöse in die glühende Lava, die als Antwort Feuerfontänen und Geysire aus flüssigem Gestein ausspie. „Wir sollten uns vielleicht ein wenig beeilen.“, murmelte Ceredrian. „Irgendetwas sagt mir, dass wir Schwierigkeiten zu erwarten haben.“ „Gehört Hellsehen neuerdings auch zur Priesterausbildung oder wie?“, knurrte Easygoing, der die Sache mit dem Bettvorleger immer noch nicht verdaut hatte. „Hört auf zu streiten.“, warf Abbefaria ein. „Ich glaube nicht, dass dies der richtige Zeitpunkt dafür ist.“ Die Blicke, die ihn auf diesen Einwand hin trafen machten ziemlich deutlich, wie einig sich die beiden anderen darin waren, dass er seine Nase gefälligst nicht in ihre Angelegenheiten stecken sollte. Um ihnen zu entgehen blickte Abbefaria schnell zu der gegenüberliegenden Wand der Höhle. Sie hatten den gewaltigen Lavasee inzwischen fast vollständig umrundet und aus dieser Richtung konnte der junge Druide nun erkennen, dass die Höhlenwände nicht an allen Stellen naturbelassen waren. Balkone und Wehrgängen waren aus dem Fels gehauen worden. Auf einem dieser Balkone meinte Abbefaria eine Bewegung erkennen zu können. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Obwohl es unmöglich war, hatte er das Gefühl, dass die Person dort oben ihn genau an sah. Auf diese Entfernung konnte er nicht mehr sein, als ein Schatten im flackernden Licht der Lava. Trotzdem fühlte er einen Blick auf sich ruhen, der ihn bis in sein Innerstes zu durchleuchten schien. Unfähig sich zu bewegen wartete Abbefaria ab, was als Nächstes geschehen würde. Doch das Gefühl verging und der junge Druide fühlte sich, als hätte er eine Prüfung nicht bestanden, als wären seine Kräfte als zu gering geschätzt worden, um eine wichtige Aufgabe zu übernehmen. Unruhig suchten seine Augen die Brüstung ab, aber wer immer dort gestanden hatte, war verschwunden. Etwas enttäuscht wandte Abbefaria sich wieder seinen Freunden zu, die ihn schon wieder ein kleines Stück hinter sich gelassen hatten, als er am Boden etwas aufblitzen sah. Verwundert bückte er sich danach und als er es aufhob, hielt er eine kleine, runde Goldmünze in Händen. Sie hatte ein viereckiges Loch in der Mitte, um das sich fremdartige Schriftzeichen rankten. Verblüfft betrachtete er seinen Fund und wie von selbst glitt sein Blick noch einmal zu dem immer noch leeren Balkon. „Kommst du jetzt, oder versuchst du hier Wurzeln zu schlagen?“, holte Easygoing ihn schließlich wieder in die Realität zurück. „Dem smaragdgrünen Traum kannst du an anderer Stelle besser nachhängen, mein Freund.“ Zunächst war Abbefaria versucht, von seinem Fund zu erzählen, doch dann ließ er die Goldmünze schweigend in seine Tasche gleiten. Vielleicht würde sich ein anderes Mal Gelegenheit finden, ihr Rätsel zu entschlüsseln. Wenig später gelangten die vier Wanderer an ein Tor, das dem, aus dem sie anfangs die Höhle betreten hatten, aufs Haar genau glich. Einzig die Tatsache, dass sie der Lava hier sehr viel näher waren, gab einen Aufschluss darüber, dass sie sich tatsächlich vom Fleck bewegt hatten. „Hier ist es.“, erklärte Xârdas. „Dieser Weg führt hinaus in die Brennende Steppe. „Dann sollten wir diesen ungastlichen Ort so schnell als möglich verlassen.“, antwortete Ceredrian. „Solange Ihr nicht erwartet, dass Euch dort draußen etwas viel Besseres erwartet.“, grinste der Gnom. „Aber bitte nach Euch.“ Mit gemischten Gefühlen traten die Nachtelfen aus dem hiesigen Eingang zum Blackrock heraus. Unter ihnen erstreckte sich eine breite, steinerne Rampe, die in ein ebenso trostloses Gebiet hinabführte, wie das, das sie auf der anderen Seite des Berges zurückgelassen hatten. Auch hier war die Erde von einer Ascheschicht bedeckt, Lavaströme traten überall aus dem Boden hervor und die Luft schmeckte nach Rauch und Schwefel. „Wir sollten hier rasten.“, brummte Easygoing mit einem Blick auf die schwelende Ebene. „Mir scheint, wir werden alle Kräfte brauchen, um noch so einen Marsch zu überstehen.“ Sie kamen überein, die Nacht verstreichen zu lassen und erst am nächsten Morgen weiter zu reisen, damit sich nicht womöglich jemand im Schutz der aufkommenden Dunkelheit an sie heranschlich. Die Hände um die Knie geschlungen ließ Abbefaria sich auf einen erhöhten Felsen sinken, um dort die erste Wache zu übernehmen. Langsam kaute er auf seiner zugeteilten Ration der spärlichen Vorräte herum und wünschte sich, er hätte nicht schon vor Stunden den letzten Tropfen aus seiner Wasserflasche getrunken. Ein roter Käfer krabbelte über seinen Fuß und hinterließ auf dem abgewetzten Leder seiner Schuhe eine versengte Spur. Ärgerlich schnippte der Druide ihn davon und verfiel dann in ein abwartendes Brüten, bis es Zeit war, den Nächsten zu seiner Ablösung zu wecken. Die Südspitze Stranglethorn war unter Seefahrern berüchtigt und nicht wenige Schiffe hatten bereits an den steilen Küsten ihr nasses Grab gefunden. Nur an einer schmalen Stelle öffnete sich das Kliff zu einer flachen Lagune, in der eine kleine Hafenstadt namens Booty Bay einer Seepocke gleich festgewachsen war. Auf dicken Holzpfählen, die sie gegen das Hochwasser schützen sollte, drängten sich unzählige Hütten in allen möglichen und unmöglichen Winkeln an- und übereinander. Zwischen ihnen verliefen schwankende Stege aus grob gezimmerten Planken, die einem selbst an Land einen Hauch von Seekrankheit bereiteten. Die einzigen befestigten Gebäude waren die alte Hafenbehörde, über deren Tisch sämtliche Frachtpapiere, Steuern und Schmiergelder liefen, und die Bank, die mehr als alles andere schwer bewacht wurde. Ein riesiges, ausgeblichenes Haifischgebiss bildete das einzige, landseitige Eingangstor nach Booty Bay. Wenn man wagte, es zu passieren, folgte ein kurzer, muffiger Gang, der mit grober Sprenggewalt in den Berg getrieben worden war, und dann gab der Fels die Sicht auf die quicklebendige Piratenstadt frei. Salzige Seeluft wehte einem um die Nase und mischte sich mit dem untrüglichen Aroma von nicht mehr ganz frischem Fisch und nassem Holz. Schiffsglocken bimmelten, Planken knarrten, Seeleute riefen sich für Landratten unverständliche, raue Befehle zu und die Musik der Taverne plärrte in einem fort um die immer durstigen Kunden zu unterhalten. Es gab nichts, was man in Booty Bay nicht kaufen oder verkaufen konnte, wenn man es verstand, mit den wahren Herren von Booty Bay umzugehen: den Goblins. „Nja, was wollt Ihr von mir?“ Die Stimme hatte einen unangenehmen, quietschig-näselnden Klang, der an ein schlecht geöltes Türscharnier erinnerte. Der ungeduldige Unterton verriet zudem, dass, wer auch immer seit geschlagenen zehn Minuten die kleine Glocke auf dem Bedientresen der Hafenbehörde misshandelte, dafür besser einen guten Grund hatte. Vergnügt strahlte Abumoaham den Goblin an. „Wir wollen buchen Überfahrt.“ Die fledermausohrige Gestalt hinter dem Tresen starrte den Magier ungläubig an. Sein Blick huschte zu den im Hintergrund wartenden Personen, sein Gehirn stellte einige Gewinnberechnungen an und meldete dann an die Gesichtsmuskeln, sie sollten sofort ein geschäftsmäßiges Lächeln aufsetzen. Der Goblin entblößte eine Reihe spitzer, gelber Zähne. „Ich glaube, ich habe ein Geschäft für Euch, Mensch.“ Missmutig blickte Emanuelle auf Abumoahams breiten Rücken. „Ich würde sagen, wir verschwenden unsere Zeit.“, brummelte sie. „Selbst wenn Magenta tatsächlich gesagt haben sollte, sie wolle ins Brachland…der Landstrich ist riesig. Wir würden sie sowieso nicht finden. Warum suchen wir nicht stattdessen lieber nach Krazek?“ „Vermutlich, weil es einfach richtig ist, sie zu suchen.“, erklärte Risingsun der Gnomin. Dabei trug sie en strahlendes Lächeln zur Schau und kraulte die kleine Katze auf ihrem Arm hingebungsvoll hinter den Ohren. Emanuelle zog die Augenbrauen hoch. „Also irgendwie ist mir das nicht ganz geheuer.“, wisperte sie Schakal verschwörerisch zu. „Bist du dir sicher, dass diese Kräuter, die der Troll Rising gegeben hat, ihr auch gut bekommen?“ „Sie helfen doch gegen die Allergie oder nicht?“, grinste Schakal breit. „Jaaa schon.“, gab Emanuelle gedehnt zurück. „Trotzdem erscheint mir ein Geschäft, dass man mit Haaren bezahlt und mit Blut besiegelt nicht richtig. Ich bevorzuge normale Zahlungsmittel.“ Schakal zuckte nur mit den Schultern. „Jedem Tierchen, sein Pläsierchen.“ „Ihr verschwendet meine Zeit“, schimpfte da eine quäkende Stimme. „Ihr habt es angefasst, Ihr müsst es bezahlen.“ „Aber…“ Hilflos drehte Bladewarrior sich zu seinen Begleitern um. In seinen Händen lag ein schäbiges Langschwert. „Hat mal jemand zwei Gold für mich?“ Emanuelle rollte mit den Augen. „Was ist denn nun schon wieder los?“ Die Fäuste in die Hüften gestemmt baute sie sich vor einem weiblichen Goblin auf. „Gibt es ein Problem?“ „Allerdings.“, schnarrte die Goblin, die hinter einem Ladentisch voller schäbiger Waffen hockte und nicht wenig Ähnlichkeit mit einer aufgeplusterten Kröte hatte. „Euer Freund hat die Waren berührt. Jetzt muss er das Schwert auch kaufen.“ „Aber ich wollte doch nur mal gucken.“, warf Bladewarrior kleinlaut ein. „Ihr guckt wohl mit Euren Händen, was?“, schnaubte die Goblin empört, so dass die rote Lockenperücke zwischen ihren Ohren bedenklich schwankte. „Da oben auf dem Schild steht doch deutlich geschrieben: Fass mich erst an, wenn ich dein bin!“ „Welches Schild?“, fragte Emanuelle unschuldig. „Na das…oh.“ Fassungslos starrte die Goblin auf einen leeren Nagel an der Wand über ihrem Kopf. „Wenn Ihr Eure Geschäftsbedingungen nicht ordentlich ausweist, muss sich unser junger Freund auch nicht daran halten.“, schloss Emanuelle messerscharf. „Wenn Ihr nun also bitte das Schwert zurücknehmen würdet.“ Auffordernd sah Emanuelle Bladewarrior an. Der warf daraufhin einen wehmütigen Blick auf das Schwert. Alles an ihm schien sich zu sträuben, ausgerechnet die Waffe wieder herzugeben, die ihm seit seiner Geburt bestimmt zu sein schien. „Aber ich mag doch das Schwert…“, versuchte er die entschlossene Gnomin umzustimmen. „Leg es sofort wieder hin!“, knirschte Emanuelle. Seufzend legte Bladewarrior die Waffe auf dem Ladentisch der Goblin zurück. Mit gesenktem Kopf trottete er hinter Emanuelle und Schakal her, die sich köstlich zu amüsieren schienen. „Wo hast du das Schild eigentlich gelassen?“, wollte die Magierin wissen. „In die Lagune geworfen.“, antwortete der Zwerg und machte ein zufriedenes Gesicht. „Ich hab Goblins eh noch nie leiden können.“ „Ach.“, machte Emanuelle erstaunt. „ Wie kommt das? Ich dachte immer, ihr habt so ein gemeinsames Interesse an Gold.“ Schakal sah die Gnomin an, als hätte sie ihn zutiefst beleidigt. „Es ist eine Sache, sich sein Gold mit halbwegs ehrlicher Arbeit zu verdienen; eine ganz andere, es anderen Leuten mit dummem Gewäsch und nutzlosem Tand aus der Tasche zu ziehen. Außerdem habe Goblins Alarmanlagen, die nicht viel mehr als rauchende Häufchen Asche zurücklassen, wenn man versucht, ohne ihr Einverständnis an ihrem Reichtum teilzuhaben.“ „Ich verstehe.“, gluckste Emanuelle. „Ich mag Goblins auch nicht besonders und ihre Konstruktionen lassen mir schlichtweg die Haare zu Berge stehen. Ein Goblin wäre wahrscheinlich in der Lage selbst aus einer Muschelschale, einem Stück Würgetang und einem knusprigen Spinnenbein eine Bombe zu bauen. Aber selbst wenn es keine Bombe sein soll, so würde es dir irgendwann trotzdem um die Ohren fliegen.“ „Und du würdest zu gerne wissen, wie sie das anstellen.“, stellte Schakal fest. „Gar nicht wahr.“, schimpfte Emanuelle ertappt. „Ich bin ein Gnom. Ich würde nie die Technologie der Goblins erlernen.“ Damit drehte sie Schakal den Rücken zu und rauschte aus der Tür. „Grüß Krazek schön.“, rief Schakal ihr hinterher und zündete sich lachend eine Pfeife an. „Das sein zu viel.“, entrüstete sich Abumoaham. „Ihr nicht können verlangen so viel Gold für ein einzige Überfahrt.“ „Und ob ich das kann.“, schnarrte der Goblin und grinste zufrieden. „Seht Ihr, da wären zunächst die Mehrkosten für die Unterbringung eines Haustiers. Dazu führt Ihr noch Waffen mit Euch, auf die ich vorsichtshalber eine Ausfuhrsteuer erheben muss. Ihr könntet auf die Idee kommen, sie zu verkaufen. Dazu noch die Getränkesteuer, Tabaksteuer, Luxussteuer.“ „Wir gar nicht haben Luxus dabei.“, begehrte Abumoaham auf. „Aber Eure hübsche Begleiterin trägt Schmuck.“, erklärte der Goblin. „Solange dieser Schmuck nicht nachweislich kulturell oder rassenbedingt ist - darunter fallen zum Beispiel Nasenringe bei Tauren oder Knochennägel bei Untoten - muss ich diesen steuerlich veranschlagen.“ „Wie viel ihr verlangen für Überfahrt von eine Person?“, unterbrach Abumoaham den Goblin. „Vielleicht besser nur ich fahren.“ „Dann entfällt sowohl Luxus- wie auch Waffensteuer. Allerdings muss ich die Getränkesteuer vorsichtshalber beibehalten. Magier neigen dazu, sich ihr Essen und Trinken selbst herbei zu zaubern. Wollt Ihr die Katze mitnehmen?“ „Nein.“, grollte Abumoaham. Der Goblin nannte ihm einen Preis. Der Magier runzelte zwar die Stirn, zahlte dann aber was der kleine, grüne Kerl verlangte. Mit einer einzelnen Fahrkarte in der Hand trat er wieder zu seinen Freunden. „Goblins sein Halsabschneider.“, verkündete er mit einer Grimasse. „Und ich das meinen sehr wörtlich. Ich nur haben gekauft eine Fahrkarte. Ich werden alleine gehen und suchen Magenta.“ „Ihr seid so ein starker Held.“, seufzte Risingsun. „Ich wünschte, jemand würde sich so für mich aufopfern.“ „Ich könnte dein Gepäck tragen.“, bot Bladewarrior an. „Oh würdest du das wirklich tun?“, strahlte Risingsun. „Das wäre wirklich zu lieb von dir.“ „Keine Ursache.“, nuschelte der Krieger und seine Wangen bekamen einen verdächtigen Stich ins Rötliche. Schakal betrachtete die Szene indes argwöhnisch. „Wir müssen wirklich aufhören, Risingsun diese Kräuter zu geben.“, brummte er in seinen Bart. „Sonst bekomme ich irgendwann noch einen Zuckerschock.“ Da das nächste Schiff nach Kalimdor schon in wenigen Minuten ablegen sollte, hasteten die Freunde zum Pier. Dort hatte sich bereits eine kleine Schar Reisender versammelt, von denen die meisten mit Argwohn auf die Neuankömmlinge schauten. Muskeln spannten sich unter grüner Haut, Stoßzähne wurden angriffslustig in ihre Richtung gesenkt und aggressiver Verwesungsgeruch machte deutlich, dass sie hier nichts verloren hatten. „Horde.“, murmelte Abumoaham besorgt. „Wir besser Abstand halten.“ „Mich kribbelt es ja schon ein wenig in den Fingern, es diesen Banausen mal zu zeigen.“, flüsterte Emanuelle grimmig. „Aber leider wird das von den Haudraufs, den Wachen von Booty Bay, nicht besonders freundlich aufgenommen.“ „Was vermutlich daran liegt, dass die Goblins ihre Gewinnmöglichkeiten halbieren würden, wenn sie nur mit einer der Fraktionen Geschäfte machten.“, brummte Schakal. „An und für sich eine verständliche Maßnahme.“ In diesem Moment klatschte etwas gegen Risingsuns Kopf, fiel zu Boden und rollte zwischen ihre Füße. Als sie sich bückte, um es zu untersuchen, wurde grölendes Gelächter am anderen Ende des Steges laut. Der Untote war vorgetreten, machte einige merkwürdige Gesten und zeigte dann auf das Ding am Boden. Ein höhnisches Grinsen zog sein schädelartiges Gesicht noch weiter in die Breite. „Ich glaube, er hat ein Auge auf dich geworfen.“, bemerkte Schakal trocken. „Wie witzig.“ „Aber das ist ja total süß von ihm.“, jubelte Risingsun und griff nach dem Gegenstand zu ihren Füßen. „Ich werde es ihm zurückgeben.“ „Kommt nicht in Frage.“, sagte Bladewarrior entschlossen und stellte sich zwischen die Paladina und den Untoten. „Dieser Kerl wird dich nicht noch einmal beleidigen.“ Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck hob er den Fuß und sein Plattenstiefel zerquetschte das Auge zu einem glibbrigen Fleck auf den rauen Holzplanken. Im verbliebenen Auge des Untoten glomm die Schadenfreude auf. Er lachte meckernd und begann dann wie wild zu schreien. Dabei hielt er sich die leere Augenhöhle zu und zeigte immer wieder auf den völlig verdatterten Bladewarrior. Binnen Sekunden wimmelte der Steg nur so von kleinen, grünen und bis an die Zähne bewaffneten Goblins. Ein Netz wurde über den jungen Krieger geworfen, er wurde vom Rest der Truppe getrennt und mit Schlägen und Püffen in die Knie gezwungen. Ein Wall aus blitzenden Schwertern bildete sich um ihn, von denen nicht wenige direkt auf seine Kehle zielten. „Was ist hier los?“, schnarrte eine Stimme und ein wichtig aussehender Goblin kam den Steg entlang stolziert. Er trug ein blütenweißes Hemd, darüber eine schwarze Weste und auf Hochglanz polierte Schuhe. Er wirkte auf eine billige Art pompös, doch die Waffen an seinem Gürtel versprachen demjenigen große Schmerzen, der sich von der scheinbar schwächlichen Fassade täuschen ließ. Hinter ihm ragte ein alter Taure auf, der zwar unbewaffnet aber auf seine eigene Art einschüchternd wirkte. Die zwei wurden von einer jungen Frau begleitet, deren Äußeres auf den ersten Blick verführerisch wirkte, wenn nicht auch sie mit einem rasiermesserscharfen Schwert und einem ebensolchen Dolch bewaffnet gewesen wäre. Ihre Körpersprache drückte mit jeder Bewegung aus, dass sie jedem, der ihr dumm kam, ohne viel Federlesen den Kopf vom Hals trennen würde. Unverzüglich machten die Haudraufs Platz und ließen den Goblin und seine Begleiter durch. Der Goblin blieb vor dem gefesselten Bladewarrior stehen und schnippte mit den Fingern. „Losbinden! Krazz, was ist hier passiert?“ Ein weiterer Goblin eilte diensteifrig herbei. „Aye, Baron Revilgaz, ich weiß es nich. Scheint als hätten diese Landratten Streit angefangen.“ „Das ist überhaupt nicht…“ „Die haben angefangen…“ „Ich wollen…“ „Wir haben doch nur…“ „RUHE!“, donnerte Baron Revilgaz. Auf seiner Stirn war eine beachtliche Ader erschienen. Mit einer herrischen Geste deutete er auf Schakal. „Du! Erzähl, was hier vorgefallen ist.“ Schakal war sich der Aufmerksamkeit der Umstehenden mehr als bewusst und er schluckte ein wenig nervös. Ihm war klar, dass sie, wenn ihm keine plausible Erklärung einfiel, alle als Fischfutter im Hafen von Booty Bay enden würde. Vermutlich war es daher am besten, es einmal mit der Wahrheit zu versuchen. Er räusperte sich vernehmlich. „Tja wisst Ihr, das war so….“ Als er geendet hatte schwiegen alle Umstehenden. Wie eine Flagge in einer Flaute bewegte sich keiner der Umstehenden und selbst die schrillen schreie der Möwen schienen verstummt zu sein. „Er hat also ein Auge auf sie geworfen.“, wiederholte Baron Revilgaz schließlich noch einmal und Schakal nickte. Der Goblin schwieg und schien zu überlegen; dann winkte er einen Mann mit einer Augenklappe herbei. Er flüsterte ihm etwas ins Ohr und der Mann nickte. Ein fragender Blick traf die weibliche Begleiterin des Goblins, die mit einem Seitenblick auf Bladewarrior und einem amüsierten Lächeln ebenfalls ein Nicken andeutete. Auch der Taure beantwortete den Blick des Barons mit einem Nicken. Danach drehte sich der Goblin wieder zu den Angeklagten um. „Es ist entschieden worden, dass wir Euch und Euren Freund laufen lassen. Der Untote wird nach Dizzy Oneeyes fachmännischer Meinung auch mit der Beeinträchtigung leben können. Seine Anklage ist somit abgewiesen. Ihr werdet jedoch eine Strafe wegen Ruhestörung auferlegt bekommen, über deren Höhe ich mich noch mit meinen Leuten beraten werde. Bis dahin dürft ihr Booty Bay nicht verlassen.“ „Aber ich gekauft Fahrkarte.“, warf Abumoaham ein. Unwillkürlich hielten die Anwesenden den Atem an und wichen ein Stück von ihm zurück. Der Baron betrachtete das kleine Stück Papier in der Hand des Magiers wie etwas, das die Katze herein getragen hatte. Dann jedoch grinste er breit. „Nun es wäre schlecht für´s Geschäft, einen zahlenden Kunden zu verärgern. Macht, dass Ihr aus meiner Stadt verschwindet, Magier.“ Diese Aufforderung ließ sich Abumoaham nicht zweimal geben. Eilig verabschiedete er sich von seinen Freunden und sprang im letzten Moment an Bord, bevor das Schiff in Richtung Kalimdor ablegte. Die Planken wurden eingezogen und langsam entschwanden die Stadt und ihre Bewohner dem Blick des Magiers. Als das Schiff daran vorbei glitt, sah er an der riesigen Statue empor, die Baron Rivelgaz zeigte, wie er mit weit geöffneten Armen die Besucher in Booty Bay willkommen hieß. „Ich nur hoffen, ihr nicht bekommen zu viele Schwierigkeiten.“, seufzte Abumoaham. „Ich bald wieder bei euch. Mit Magenta. Ich versprochen.“ Obwohl noch nicht viel Zeit vergangen sein konnte, kam es Magenta bereits wie Stunden vor, die sie damit verbracht hatte, hinter ihrer Führerin herzustolpern. Vielleicht lag es daran, dass die Nachtelfe immer den unwegsamsten Pfad zu wählen pflegte, der sie in einem wirren Zickzack durch sämtliche Dornenbüsche des Brachlandes führte. Oder auch daran, dass sie mit ihren längeren Beinen immer gerade so schnell ging, dass Magenta alle paar Meter in einen kurzen Trab verfallen musste, um nicht zu weit zurückzubleiben. Am schlimmsten jedoch waren die stummen, spöttischen Blicke, die Magenta trafen, wenn sie wieder einmal leicht außer Atem zu der Nachtelfe aufschloss. Irgendwann wurde es der Hexemeisterin zu bunt. „Wartet!“, rief sie ihrer Begleiterin zu, die schon wieder ein paar Meter vorausgeeilt war. „Ich brauche dringend eine Pause.“ Ohne eine Antwort abzuwarten ließ sie sich auf den harten, trockenen Boden fallen, holte ihre Wasserflasche hervor und trank mit gierigen schlucken. Mit gerunzelter Stirn kam ihrer Führerin wieder zurück, musterte zunächst Magenta und ließ dann ihren Blick über die Landschaft schweifen. „Wir sollten nicht allzu lange verweilen.“, sagte die Nachtelfe schließlich. „Die Zentauren werden auf Rache sinnen und nicht so leicht aufgeben.“ „Woher wollt Ihr das wissen.“, fragte Magenta trotzig. „Ich an ihrer Stelle würde lieber in der kühlen, schattigen Oase bleiben, anstatt hier draußen herumzuirren.“ Die Nachtelfe zog eine Augenbraue nach oben. „Ihr kennt die Zentauren nicht so, wie ich sie kenne. Wer einmal in ihre Fänge gerät, der hat sein Leben verwirkt. Wen sie nicht der Sklaverei zuführen, die die wenigstens länger als ein paar Wochen überleben, den töten sie und essen sein Fleisch, noch bevor sein Körper erkaltet ist. Oder sie lassen einem Opfer die Illusion, es sei frei und könne flüchten, nur um es dann mit ihren Hunden zu Tode zu hetzen. Am schlimmsten jedoch trifft es die, die als ein rituelles Opfer für die primitiven Götter der Zentauren vorgesehen werden. Sie leiden teilweise tagelang, bevor die wilden Tiere sie endgültig in Stücke reißen.“ Magenta unterdrückte ein Schaudern. „Das klingt, als hättet ihr das alles schon einmal miterlebt.“ „Dort wo ich herkomme, aus Desolace, einem Landstrich im Nordwesten von hier, streiten einige der brutalsten Zentaurenstämme tagtäglich um die Vorherrschaft. Will man ihr jeweiliges Gebiet durchqueren, so muss man dieses Privileg mit dem Blut ihrer Feinde bezahlen.“ Die Nachtelfe lächelte grimmig. „Oder mit Eurem eigenen.“ Unwillkürlich verzog die junge Hexenmeisterin das Gesicht. „Das klingt nicht besonders einladend.“ „Es ist barbarisch.“, bestätigte die Nachtelfe.“ Aber es ist nichts im Vergleich zu der Brutstätte der Brennenden Legion, die im Süden des Landes lauert. Wären diese Höllenkreaturen nicht in das Land eingefallen, hätten die Zentauren niemals so stark werden können.“ Darauf wusste Magenta nichts mehr zu sagen. Wortlos stand sie auf und blickte die Nachtelfe auffordernd an. „Gehen wir…“ Sie stockte. „Ich weiß euren Namen gar nicht.“ „Mein Name ist Rakscha.“, antwortete die Nachtelfe. Ein Schatten huschte dabei über ihr Gesicht, doch Magenta zog es vor, nicht darauf einzugehen. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass sie sich geirrt hatte. „Ich heiße übrigens Magenta.“, erklärte sie daher. „Freut mich, Euch kennen zu lernen.“ Rakscha schenkte Magenta einen ausdruckslosen Blick und nickte dann. „Machen wir uns auf den Weg, es ist nicht mehr weit.“ Zu ihrer Erleichterung stellte Magenta fest, dass Rakscha offensichtlich beschlossen hatte, sich ihrem Tempo ein wenig anzupassen, so dass die beiden jetzt nebeneinander durch die gelbe Graslandschaft wanderten. Allerdings wurde dadurch die drückende Stille zwischen ihnen umso deutlicher. Mit jedem Schritt schien ihr Gewicht größer und schwerer zu ertragen. Nach einer Weile hielt es Magenta schließlich nicht mehr aus. „Warum seid Ihr ins Brachland gekommen.“, fragte sie und hätte sich im nächsten Moment dafür ohrfeigen können. Von allen Themen, die für eine Unterhaltung zur Auswahl standen, hätte sie nun wirklich kein schlechteres aussuchen können. Rakscha musterte sie ein wenig erstaunt, dann huschte ein schwaches Lächeln über ihr Gesicht. „Ich in eine Jägerin. Es ist Tradition, dass sich ein Jäger ein oder mehrere Tiere als Begleiter abrichtet um mit ihnen zusammen zu kämpfen. In Desolace gibt es jedoch nur Hyänen, Skorpide und Geier. Keine besonderen Schönheiten, wenn Ihr mich fragt.“ „Und hier hofft ihr, ein schöneres Tier zu finden?“, fragte Magenta zweifelnd. „Wobei so ein Kodo bestimmt einen praktischen Begleiter abgibt, aber schön würde ich es trotzdem nicht nennen.“ Rakscha brach in perlendes Gelächter aus. „Ein Kodo?“, prustete sie. „Oh nein, ich suche doch keinen unförmigen Fleischberg, groß genug um ein Haus niederzuwalzen. Ich bin auf der Suche nach einer seltenen Art von Windschlage. Ich habe gehört, in den Höhlen des Wehklagens soll es diese Tiere in einer ungewöhnlichen, blauen Färbung geben.“ „Windschlangen?“, fragte Magenta staunend. „Von so einem Tier habe ich noch nie gehört.“ „Das wundert ich nicht, wenn ihr von der anderen Seite des Ozeans kommt.“, antwortete Rakscha. „Ich habe gehört, dass diese Spezies genauso wie einige andere nur in Kalimdor vertreten ist. Wenn wir eine treffen, zeige sie sie Euch. Allerdings würde ich mir nicht allzu große Hoffnungen machen. Diese Tiere sind scheu und verstecken sich meist unter Büschen oder in Bäumen. Wenn man allerdings ihren Nestern zu nahe kommt, kann man sich meist auf eine böse Überraschung gefasst machen. Einige von ihnen besitzen sogar magische Kräfte und speien Blitze auf ihre Angreifer.“ Während sie sprach, hatte Rakschas Gesicht zu leuchten begonnen und Magenta konnte sich der Faszination dieses Anblicks nur schwer entziehen. Man konnte sich durchaus vorstellen, wie die Männer dutzendweise mit offenem Mund vor einer Nachtelfe standen, nur um auf einen Blick oder eine auffordernde Geste von ihr zu hoffen. Alles an ihr schien irgendwie so perfekt und ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, regte sich ein Stich von Eifersucht in Magenta. Einige Zeit später war es dann soweit. Rakscha blieb auf der Anhöhe eines kleinen Hügels stehen und wies auf ein Lager, das sich unter den ausladenden Ästen einen großen Baumes befand. „Dort unten werdet ihr Takar finden.“, erklärte sie. „Ich jedoch werde Euch hier verlassen, denn ich sollte meine Aufenthaltszeit hier nicht allzu sehr ausdehnen. Man erwartet mich zurück in Desolace. Wenn ich jetzt also um meine Bezahlung bitten dürfte.“ Magenta schrak zusammen. Sie hatte völlig vergessen, dass sie der Nachtelfe Gold versprochen hatte, damit diese sie hierher brachte. Mit unsicheren Händen griff sie nach ihrem Geldbeutel, der um einiges leichter war, als ein Geldbeutel, der tatsächlich den Gegenwert eines Goldstücks enthielt. Mit gesenkten Augen wühlte sie zwischen den kupfernen und wenigen silbernen Münzen herum, bis Rakscha ihr schließlich die Hand auf den Arm legte. „Ihr habt das Geld nicht?“, fragte sie argwöhnisch und seufzte, als Magenta beschämt nickte. „Ich hätte es wissen müssen. Mit Euch Menschen Geschäfte zu machen bringt meist nichts als Ärger ein.“ Magenta überlegte fieberhaft, was sie darauf erwidern konnte, doch die Nachtelfe schulterte nur ihren Bogen und winkte müde ab. „Lasst gut sein.“, sagte sie mit einer Enttäuschung in der Stimme, die Magenta das Herz zusammenzog. „Ich hoffe, Ihr werdet Gelegenheit finden, Euren Fehler an jemand anderem wieder wettzumachen. Und jetzt lebt wohl, Magenta.“ Mit einem letzten, enttäuschten Blick wendete Rakscha sich ab und begann, in nördlicher Richtung davon zu laufen. „Rakscha! Wartet!“, rief Magenta, doch die Nachtelfe tat, als hätte sie nichts gehört. Bald war von ihr nicht mehr zu sehen, als ein undeutlicher Staubfleck, der im Licht der untergehenden Sonne fast vollständig mit der braun-gelben Graslandschaft verschmolz. Mit hängenden Schultern machte Magenta sich an den Abstieg. Du trauerst dieser Nachtelfe doch nicht etwa nach, meldete sich da eine schon fast vergessen geglaubte Stimme in Magentas Kopf. Warum sollte ich, gab Magenta heftig zurück und fragte sich im Stillen, ob man in Gedanken eigentlich auch lügen konnte. Ach, war nur so ein Gedanke, flötete Pizkol zweideutig. Außerdem: wenn du erstmal eine Sukkubus hast, wird es nur wenige gebe, die sich eurer gemeinsamen Anziehungskraft entziehen können. Ein Grinsen erschien auf Magentas Gesicht und die Gedanken an die verärgerte Nachtelfe waren wie weggeblasen. „In dem Fall sollten wir uns beeilen, endlich Bekanntschaft mit diesem Takar zu schließen.“ Ich brenne förmlich darauf, antwortete Pizkol. Aber wenn du mich vielleicht erst noch beschwören könntest. Es wird langsam langweilig hier drinnen. Magenta tat dem Wichtel den Gefallen und gemeinsam betraten sie das Lager, das aus nicht viel mehr als einem schäbigen Zelt und einem Lagerfeuer bestand, das die aufkommende Dämmerung erhellte. Ein Mann stocherte mit einem Ast in der Glut herum und blickte auf, als Magenta näher kam. „Ah, Ihr müsst Magenta sein.“, rief er. „Mein Name ist Doan Karhan. Kommt heran und esst mit mir.“ Beeindruckt ließ sich Magenta an dem Lagerfeuer nieder und fand kurz darauf eine Schale dampfender Suppe und ein Stück Brot in ihrer Hand. „Woher wusstet ihr, wer ich bin?“, fragte sie schüchtern. „Takar hat es mir gesagt.“, erklärte der Mann. „Er bat mich, euch in Empfang zu nehmen. Allerdings sprach er davon, dass ich für zwei Gäste kochen sollte. Wo ist Rakscha?“ Vor Schreck verschluckte sich Magenta an ihrem Abendessen. „Woher wusste er nur davon?“, keuchte sie und kämpfte hustend mit den Resten von Flüssigkeit in ihrer Luftröhre. „Eine ungewöhnliche Frage für jemanden, der die Hilfe eines Sehers sucht.“, erklang eine brüchige Stimme hinter Magenta. Ein Mann in einer schäbigen Robe trat aus der Dunkelheit. Seine Haare waren strähnig und ungekämmt, sein Gesicht hart und die Augen von einem schmutzigen Tuch verdeckt. Trotzdem strahlte er etwas aus, das Magenta Husten und Atmen vergessen ließ, weil sie zu sehr damit beschäftigt war ihn anzustarren. Der Mann, der früher einmal eine beeindruckende Figur gewesen sein musste, lachte leise in sich hinein und sagte mit einem gönnerhaften Lächeln: „Falls es Euch jedoch beruhigt: Ich habe gehört, wie ihr nach Eurer Begleitung gerufen habt. Immerhin bin ich nur blind, nicht taub.“ Mit erstaunlicher Sicherheit setzte sich der Mann neben Doan, nahm sich von Suppe und Brot und begann zu essen. Magenta hingegen brachte keinen Bissen mehr hinunter, wagte es jedoch auch nicht, Takar bei seinem Mahl zu stören. Voller Ungeduld wartete sie, bis er endlich den letzten Bissen verzehrt hatte. Nachdem er gegessen hatte, wandte der Seher sein Gesicht in Magentas Richtung. Die junge Hexenmeisterin rutschte ein wenig unruhig hin und her, als der Blick der blinden Augen auf ihre ruhte. „Ihr wollt also eine Sukkubus unterwerfen.“, brach Takar schließlich das Schweigen. Magenta nickte zögernd und wurde sich erst viel zu spät der Lächerlichkeit dieser Geste bewusst. Takar hingegen schien ihr Schweigen als Antwort zu genügen. „Nun, das wird keine leichte Aufgabe werden.“, erklärte er mit undurchdringlichem Gesichtsausruck. „Sukkubi sind sehr gefährlich. Sie können selbst dem den Verstand rauben, der meint sie zu beherrschen. Und ihr werdet einen Anreiz brauchen, um sie in unsere Welt zu bringen. Doch wie ich Euch einschätze, werde ich Euch sowieso nicht von dieser Idee abbringen können. Es ist das Vorrecht der Jugend, Fehler zu begehen.“ Takar stand auf und trat an eine große, metallene Kohlenpfanne. Mit geschickten Händen schichtete er einen kleinen Haufen Brennmaterial auf und ließ ihn mit einem Wink seiner Hand in Flammen aufgehen. Ein unheimlicher Wind fachte auf eine weitere Geste hin das Feuer an, bis die Kohlen weiß glühten. Geblendet schloss Magenta die Augen, bis das Brennen darin wieder ein wenig nachließ. Gebannt beobachtete sie, wie der Seher nun einen kleinen Beutel von seinem Gürtel nahm und eine Hand voll von dessen Inhalt über die glühenden Kohlen streute. Stechend nach verbrannten Kräutern riechender Qualm breitete sich über der Feuerstelle aus. Dort bildete er eine stetig dichter werdende, wabernde Wolke aus deren Inneren undeutliche Figuren aufstiegen, die auf bizarre Weise die Worte des Seher widerspiegelten, die unheilschwanger durch die Nacht flüsterten. „Einst befand sich dieses Land im Krieg. Angezogen vom sorglosen Umgang der Hochgeborenen mit arkaner Magie, streckte der große, dunkle Gott der Namenlosen Leere, Sageras, seine Finger nach Azeroth aus um es zu vereinnahmen. Unter der Führung seiner Feldherren, Archimonde dem Entweiher und Mannoroth dem Zerstörer, strömten Heerscharen von Dämonen über den Kontinent. In blinder, besinnungsloser Wut schlachteten sie alles nieder, was sie fanden, und ließen nur Leere und Asche zurück. Die tapferen Krieger der Kaldorei versuchten zwar, sich diesem Wahnsinn entgegen zu stellen, doch sie mussten Schritt um Schritt vor den brennenden Legionen des Chaos zurückweichen.“ Takar machte eine kleine Pause, nahm einen Schluck aus einem Trinkschlauch und fuhr dann fort, während der Rauch das Bild von zwei Nachtelfen erschuf, die von einer Horde Dämonen eingekreist waren. „In einer der Schlachten kämpften zwei Liebende Seite an Seite. Als ihr Mann tödlich verwundet wurde, weigerte sich die Frau standhaft ihren Geliebten im Stich zu verlassen und so fanden sie beide unter dem Ansturm der brodelnden Dämonenfluten den Tod. An der Stelle jedoch, wo diese beiden gemeinsam ihren letzten Atemzug taten, entstand als Zeichen ihrer unsterblichen Liebe ein Baum, der Herzholz genannt wird. Ein Stück dieses Baums wird Euer Köder sein, Magenta, um eine Sukkubus in unsere Welt zu locken. Ihr findet ihn in den Ruinen von Ordil'Aran im nordwestlichen Teil des Waldes vom Ashenvale.“ Der Seher schwieg und blickte weiterhin in die Glut, die langsam zu schwelender Asche zerfiel. Magenta wartete, ob er noch etwas sagen würde, doch Takar schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein. So beschloss die Hexenmeisterin sich ein Nachtlager einzurichten um an nächsten Tag erfrischt nach Ashenvale aufzubrechen. Während sie den mit Sternen übersäten Nachthimmel betrachtete, wanderten ihre Gedanken noch einmal zu den beiden Liebenden zurück, die gemeinsam ihr Leben gelassen hatten. War es tatsächlich möglich jemanden so sehr zu lieben, dass man lieber starb, als ohne ihn weiter zu leben? Magenta hielt das für ziemlich ausgemachten Blödsinn, denn schließlich konnte man den anderen dadurch auch nicht wieder ins Leben zurückbringen. Mit der grimmigen Zufriedenheit, sehr viel klüger zu sein als diese zwei Nachtelfen, verfiel sie schließlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Brennende Augen glühten in der Nacht auf und wandten sich einem Geräusch zu, das möglicherweise eine Bedrohung darstellte. Da sich das Geräusch jedoch nicht wiederholte, kehrte die Teufelswache wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Wie eine lebende Statue stand sie unbeweglich über dem Lager ihres Meisters. Zu ihren Füßen schnarchte der Gnom-Hexenmeister und murmelte wie üblich im Schlaf vor sich hin. Haaroon hatte es jedoch aufgegeben zu hoffen, dass irgendwann einmal die formal dabei war, die in aus dem Dienst dieser Witzfigur entließ. Da wiederholte sich das eigenartige Geräusch von vorhin. Sofort war der Dämon in Alarmbereitschaft und hob drohend die Axt gegen den unbekannten Gegner. Dieses lästige Geräusch war wirklich hartnäckig und wurde zudem noch ständig lauter. Der Gnom, dessen Schlaf Haaroon zu bewachen pflegte wie ein sprichwörtlicher Schießhund (weil es die einzige Zeit war, die er vor diesem Quälgeist wirklich sicher war) begann langsam unruhig zu werden. Die Teufelswache musste schnellstens die Quelle des Geräusches finden und es abstellen, bevor sein Herr und Meister aufwachte. Schnüffelnd wie der bereits genannte Hund machte Haaron sich auf die Suche und blieb schließlich vor einem am Boden liegenden Körper stehen, dem Ursprung des Geräusches. Dort lag eine dieser blauhäutigen Kreaturen mit den langen Ohren halb zusammengerollt und schmatzte im Schlaf. In einer Lautstärke, die nicht nur den Schlaf seines Herrn störte, sondern - sollte es einer der hier ansässigen Feinde hören - auch die Sicherheit aller bedrohte. Mit einem entschlossenen Fußtritt beendete Haaroon diese Gefährdung. Äußerst unsanft geweckt schreckte Abbefaria aus seine Träumen hoch und sah gerade noch, wie die riesige Teufelswache wieder an ihren Platz an der Seite ihres Meisters zurück stampfte. Bis auf die glühenden Augen wirkte der Dämon wie ein eigenartig geformter Fels in der dunklen Nacht. Missmutig über die Störung und die Erkenntnis, dass er seine Wache verschlafen hatte, kehrte Abbefaria wieder auf den Felsen zurück, von dem er im Schlaf gerutscht war. Ein Blick bestätigte ihm, dass seine Freund noch wohlauf waren; Easygoing lag mit ausgestreckten Gliedern auf dem Rücken und zuckte leicht, während er im Traum vermutlich irgendwelche heldenhaften Kämpfe austrug. Ceredrian hingegen schlummerte mit einem leichten Lächeln auf den Lippen entspannt auf der Seite, während er sein Gepäck als Kopfkissen benutzte. Das hätte ich auch tun sollen, dachte Abbefaria und rieb sich den schmerzenden Nacken. Der Stein war kein besonders guter Bettnachbar gewesen. Er gähnte ausgiebig und beschloss, den Rest der Nacht wach zu bleiben. Mit etwas Glück konnte er behaupten, die ganze Nacht Wache geschoben zu haben, und blieb für den Rest der Reise von dieser lästigen Pflicht verschont. Viel Hoffnung, dass er damit durchkam, hatte er allerdings nicht. Geistesabwesend strich er mit seinem Finger über das poröse Gestein unter seinen Fingern, in dessen Vertiefungen sich der feine, staubige Sand gesammelt hatte. Die Erde war unangenehm warm, fast als wäre sie lebendig, doch der Druide spürte, dass dem nicht so war. Die Natur versuchte sich immer noch von dem zu erholen, das ihr hier einen so gewaltigen Schlag versetzt hatte. Trotz der Wärme fröstelte Abbefaria plötzlich. Die verbrannte, tote Erde bildete einen so schockierenden Gegensatz zu der stets wachsenden, lebenden, atmenden Insel Tedrassils, dass er für einen Moment glaubte, er selbst bekäme keine Luft mehr. Der beißende Rauch, der Schwefelgeruch, die alles erstickende, klebrige Wärme schnürten ihm die Kehle zu, benebelten seinen Verstand und ließen einen bitteren Geschmack zurück, als er seinen Gefühlen endlich wieder Herr wurde. Voller Verachtung bohrten sich seine Augen in die ihm gegenüber stehende Silhouette der Teufelswache. „Du und deinesgleichen…ihr habt dasselbe an vielen Orten dieser Welt angerichtet, Dämon.“, knurrte er leise. „Wie kann sich Xârdas nur verhalten, als wärt ihr nichts weiter als ein zahmes, unartiges Haustier.“ Der Druide erwartete keine Antwort. Umso erstaunter war er, als die Teufelswache eine halben Schritt vortrat und ihn aus funkelnden, gelben Augen ansah. „Ihr sprecht in der Tat von glorreichen Zeiten, Nachtelf. Ich wünschte, ich wäre damals dabei gewesen, als meine Brüder Euch und Euresgleichen jagten wie räudige Nagetiere.“ Zu überrascht um überhaupt zu reagieren, starrte Abbefaria den Dämon nur an. Die Teufelswache grinste und fuhr nachdenklich mit ihrem Daumen über die Schneide ihrer Axt. „Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Jetzt bin ich tatsächlich ein Schoßhund, angewiesen auf die Befehle eines Wesens, das ich normalerweise ohne große Anstrengung zerquetschen könnte. „Normalerweise?“ Abbefaria horchte ungewollt auf. Er wollte nichts mit diesem Dämon zu tun haben, trotzdem hatten seine Worte eine morbide Art von Faszination in dem jungen Druiden geweckt und seine Neugier angestachelt. „Was hindert dich daran, deinen Meister zu töten und dich wieder den Streitkräften der Legion anzuschließen?“ Die Teufelswache stieß etwas aus, das bei einem normalen, lebendigen Wesen einem Seufzen gleichgekommen wäre. „Ich kann nicht.“, erklärte der Dämon. „Mein Leben ist durch einen mächtigen Zauber an das Leben dieses schwächlichen Hexenmeisters gebunden. Sollte ihm etwas zustoßen, würde sich meine Subtanz in alle Winde zerstreuen. Eine Erfahrung, die ich, wenn möglich, vermeiden möchte.“ Misstrauisch musterte Abbefaria den gepanzerten Kriegerdämon. Mit großer Wahrscheinlichkeit war das alles nur eine Lüge um ihn in Sicherheit zu wiegen. Andererseits hätte die Kreatur genug Gelegenheit gehabt, sie alle im Schlaf umzubringen. Aber bewies allein die Tatsache, dass er es nicht getan hatte, dass er die Wahrheit sagte? Und konnte man sich auf einen so gebundenen Dämon tatsächlich verlassen oder musste man fürchten, dass die Fesseln, die ihn hielten, eines Tages brüchig wurden und die Bestie wieder freiließen? Diese und andere Fragen beschäftigten den jungen Druiden für den Rest der Nacht, während die Teufelswache ihm gegenüber stand, als hätte sie nie ein Wort an ihn gerichtet. Als seine Freunde schließlich am Morgen erwachten, hatte Abbefaria sich entschieden, ihnen nichts von der nächtlichen Unterhaltung zu erzählen. Welchen Nährwert hätte diese Information auch gehabt, da sich doch die Wege der Reisegefährten schon wenige Stunden nach Sonnenaufgang trennten. Der Abschied fiel wenig herzlich aus und beschränkte sich auf einen knappen Dank von Seiten der Nachtelfen und dem Rat von Xârdas, sich besser auf den befestigten Straßen zu halten, die sie auf direktem Weg ins Redridgegebirge führen würden. „Ein unangenehmer Zeitgenosse.“, brummte Easygoing, während sie durch die heiße, mit Asche bedeckte Landschaft wanderten. „Ich hoffe, dass wir uns nie wieder mit solchem Abschaum verbünden müssen. Es ist eine Schande, dass solche Individuen überhaupt auf Seiten der Allianz stehen dürfen.“ „Vermutlich erhofft man sich eine taktischen Vorteil davon.“, mutmaßte Ceredrian und tänzelte übermütig am Rand eines Lavastromes entlang. „Obwohl du natürlich Recht hast. Niemand sollte sich mit solch teuflischen Kreaturen einlassen.“ Abbefaria wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Reflexartig ließ er sich fallen und riss seinen Freund gleichzeitig vom Rand des Kraters weg. Bruchteile von Sekunden später krachte eine gewaltige Faust genau dort nieder, wo Ceredrian gerade noch gestanden hatte. Der Faust folgte eine fast drei Meter große Gestalt, deren Körper aus schwarzen, halbflüssigen Steinen bestand. Augen aus kochender Lava fixierten die Nachtelfen und mit einem Geräusch, das an einem wütenden Erdrutsch erinnerte, stürmte der Lavaelementar auf die Nachtelfen los. „Lauft!“, schrie Easygoing. „Ich halte ihn auf.“ Noch bevor einer der beiden anderen reagieren konnte, hatte der Druide sich bereits in einen Bären verwandelt und trat dem Elementar mit zornigem Brüllen entgegen. Der Elementar hob die riesigen Fäuste und ließ sie in den Nacken des Druiden krachen. Benommen taumelte Easygoing einige Schritte rückwärts. Ein weiterer Schlag traf in an der Seite des Kopfes. Blut spritzte aus seiner Schnauze und verdampfte zischend auf dem glühend heißen Körper des Elementars. Der Geruch von verbrannten Haaren und Fleisch stieg Abbefaria in die Nase und ließ ihn würgen. Doch jetzt war nicht die Zeit, Schwäche zu zeigen. Er musste Easygoing beistehen. Auch Ceredrian hatte sich inzwischen von seinem Schrecken erholt und griff nach seiner Waffe. Obwohl sie zu dritt waren, sah Abbefaria keine Möglichkeit, gegen das steinerne Ungetüm anzukommen. Die Wurzeln, die er aus dem toten Boden hervor beschwor, verbrannten binnen Sekunden und bildeten kein Hindernis für den Koloss aus lebendigem Felsen. Auch Ceredrians Magie und die Schläge seines Kampfstabes prallten wirkungslos an der steinernen Haut des Elementars ab. Und Easygoings Bewegungen erlahmten zusehends. Wenn ihnen nicht bald etwas einfiel, würden sie bald mit zerschmetterten Schädeln in der feurigen Lava versinken. Ceredrian war inzwischen dazu übergegangen, Easygoings Ausdauer mit seinen heilenden Kräften aufrecht zu erhalten und die Wunden so gut es ging wieder zu schließen. Unablässig murmelte er Heilzauber um Heilzauber vor sich hin, doch selbst das würde sie nicht retten. Schon jetzt zeigte er erste Spuren der Erschöpfung, während der Elementar Schlag um Schlag auf den inzwischen schon reichlich läderten Pelz des Bären prasseln ließ. Ein unglücklicher Treffer war nur noch eine Frage von Sekunden und Abbefarias Gedanken rasten. Das Wesen bestand aus Feuer und Erde; die Kräfte der Natur konnte es nicht aufhalten, es blutete nicht und war von außen nicht verwundbar. Also war die einzige Möglichkeit, es zu besiegen, seine innere Struktur zu zerstören. Nur wie konnte er es daran hindern, sich danach wieder zusammenzusetzen? Er müsste einen Weg finden, die Hitze, die den Elementar beweglich machte zu bekämpfen und ihn gleichzeitig von innen heraus sprengen. Er brauchte kaltes Feuer… Noch während die Worte durch seinen Kopf flossen, hatten seine Lippen begonnen die Formal zu rezitieren, die die Kraft der Mondgöttin anrief. Sie allein war in der Lage, sie jetzt noch zu retten. Es fiel dem jungen Druiden schwer, sich zu konzentrieren. Beißender Staub quälte sich durch seine Lunge, seine Ohren fingen das Krachen der Schläge und das Übelkeit erregende Geräusch splitternder Knochen auf, heißer Wind brannte auf seiner Haut und trieb ihm die Tränen in die Augen. Mit einem letzten, verzweifelten Versuch schloss er all seine Sinne aus und langte hinauf zu der mächtigen Quelle der Kraft, die hinter den roten Wolken verborgen lag. Wie durch ein Wunder erhielt er Antwort, wenngleich auch nicht die, die er erwartet hatte. Neue, fremdartige Energie aus hunderten von Quellen sang mit einem Mal in seinem Geist, tanzte vor seine Augen und summte in seinen Ohren. Wie von selbst woben die kleinen Stränge sich zu einem immer kompakter werdenden Muster, einer Waffe aus Sternenstaub und Licht, deren Energie der Abbefaria nicht einmal mehr hätte aufhalten können, wenn er es gewollt hätte. Eine grellweiße Lanze schoss von oben herab in den felsigen Körper des Elementars. Die Kälte des Sternenfeuers lähmte seine Bewegungen und das Kreisen der Lava in seinen Adern kam allmählich zum Stillstand. Seine Bewegungen erlahmten, die ganze Gestalt begann zu zittern und zu beben, während immer mehr und mehr arkane Energie in sein Inneres gepumpt wurde. Ein ohrenbetäubender Knall zerriss schließlich die Luft, als der Elementar in einer gewaltigen Explosion zerbarst. Große und kleine Felsbrocken flogen wie Geschosse durch die Luft. Einer von ihnen traf Abbefaria an die Stirn, doch er spürte nicht, wie das warme Blut an seiner Schläfe entlang lief. Wie betäubt stand er in dem endlos erscheinenden Regen aus den Splittern des Felswesens, bis es endlich vorbei war und nichts als eine riesige Staubwolke zurückblieb. Erschöpft, verwundet aber glücklich noch am Leben zu sein lagen die drei Nachtelfen nach dem kräftezehrenden Kampf am Boden. Easygoing hatte kurzzeitig das Bewusstsein verloren, doch sein pelziger Brustkorb hob und senkte sich im Takt mehr oder weniger gleichmäßiger Atemzüge. Ceredrian blutete aus einer Wunde am Arm und sein Gesicht zeigte Spuren mittelschwerer Verbrennungen. „Nicht, was man nicht heilen kann.“, erklärte er mit schmerzverzerrtem Lächeln. „Außerdem stehen die Frauen auf Männer mit Narben.“ Abbefaria musste gegen seinen Willen lachen. „Schön, dass du es mit Humor nimmst. Wie geht es unserem Freund?“ Der Priester legte dem Bären die Hand an den Hals und beugte sich zu seiner Schnauze hinab. „Er lebt und hat Mundgeruch.“, vermeldete er kurz darauf grinsend. „Aber das kriegen wir schon in den Griff.“ Mit vereinten Kräften schleppten die zwei Nachtelfen den besinnungslosen Bären an eine geschützte Stelle. Sie versorgten ihre Wunden und verzehrten die letzten Vorräte. Als Easygoing wieder bei Bewusstsein war, schienten sie seinen gebrochenen Arm und machten sich dann sehr viel vorsichtiger als zuvor auf den endlos langen Weg nach Lakeshire. Die Gastwirtin des Ortes fragte nicht lange, als die drei Nachtelfen weit nach Mitternacht an ihr Tor klopften. Eilig ließ sie drei Zimmer herrichten und das Letzte, das Abbefaria an diesem Tag wahrnahm, war das Gefühl in weiche, warme Kissen zu sinken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)