Was heißt Liebe? von abgemeldet (Was heißt Liebe?) ================================================================================ Kapitel 6: Wieder zurück, zurück an den Anfang ---------------------------------------------- "...wieder zurück, zurück an den Anfang" An diesem morgen stand ich nicht auf, ich gaukelte meiner Tante vor, ich sei krank und würde gegen Mittag zum Arzt gehen. Meine Tante lugte immer noch zum Zimmer hinein. Von hier aus, konnte sie mich nur unter einem Berg von Klamotten und meiner Bettdecke erkennen. Das blau geschlagene Auge würde ich nicht lange verstecken können und ich wusste das sie früher oder später ankommen, und mir alle möglichen Fragen stellen würde. Aber das war mir jetzt gleich. Nachdem sie endlich unten in der Küche verschwunden war, setzte ich mich in meinem Bett auf. Solche Fragen schossen mir sekundenschnelle durch den Kopf. Ganz allmählich, bekam ich wieder einen klaren Gedanken, und verdrängte diese Situation, in der mir Gewalt angetan wurde. Ich verdrängte sie, so gut ich nur konnte, aber es gelang mir einfach nicht. Das einzige was funktionierte war, das ich halbwegs, wenn auch etwas mürrisch, meiner Tante hatte antworten können. Innerlich, verkroch sich die kleine apathische Josy, in eine kleine winzige Ecke ihres Ichs. Meine Armbanduhr zeigte acht Uhr an, Unterrichtsbeginn. Ich stand vor dem Badezimmerspiegel, betrachtete mein blaues Auge, strich ein zwei Mal drüber, wobei ein leichter Schmerz durch meine Haut zuckte. Heute war heute, und heute war nicht gestern. Ich duschte den Albtraum von meinem Körper, zog dicke fette Linien mit dem Kajaal-Stift an meinen Augen entlang, sodass sie wie Katzenaugen wirkten. Heute wollte ich anders sein, heute wollte ich meinen Neuanfang, in die Vergangenheit verbannen. Ich schminkte mich sonst nie sonderlich. Drei Sekunden später hüpfte ich auf meinem linken Bein durch mein Zimmer, um mich in eine schwarze Hotpants zu wurschteln, und anschließend in meine schwarze Baggy-Hose. Die hatte ich ja schon ewig nicht mehr angezogen. Schwarz-weiß-geringelte Strümpfe, schwarzes Top und "BH" und dazu ein paar Nietenarmbänder. Eine ebenso farbige Netz-Stulpe und einen schwarzen Schlips. Ich kam fast also komplett schwarz gekleidet heraus. Praktisch im kompletten Punk- Style, Goth hätte auch zugetroffen. Ich weiß nicht warum ich das tat. Wollte ich mich verkleiden um mich vor diesem Verbrecher verstecken zu können, oder schämte ich mich vor mir selber. Ich war auch nicht im Stande, es meiner Tante oder sonst irgendwem zu erzählen, was mit mir passiert war, noch nicht. Aber ich schwor Rache! "Josy, kommst du bitte runter? Dein Frühstück ist fertig. Ich muss doch noch mal in die Stadt, das weißt du doch, oder willst du etwa einkaufen gehen?" Ein Schritt nach dem anderen, kam ich die Stufen herunter. Gisele`s Mund stand weit, weit offen. "Kind, Josephine, was ist mit dir? Warum...?", weiter kam sie vorerst nicht. "Warum hast du dich so...ja schwarz angezogen?. Und...um Himmels Willen, was ist mit deinem Auge passiert? Waren es deine Mitschüler, ein Lehrer...verdammt noch mal, Josy, rede mit mir! Wer hat dir das angetan, antworte!" Ich ließ mich derweil auf einen Holzstuhl in der Küche fallen, vor mir auf dem Tisch stand eine große Schale mit Cornflakes und Kakao darin. Pure Milch und Cornflakes konnte ich nicht leiden. Drei kleine bräunliche Spritzer klebten auf der Tischplatte. Gisele stand fragend vor mir. Angst und Mitleid, die Antwort auf tausend Fragen, standen ihr ins Gesicht geschrieben. Aber es gab nichts, was ich ihr hätte erzählen wollen. Nicht jetzt. Sie tat mir so leid, also musste ich ihr wenigstens eine Antwort geben, wenn auch eine falsche. Ich blickte zu ihr auf und sagte, "Ich hab mich mit einem Mädchen aus meiner Schule geprügelt. Ich hab sie aus Versehen angerempelt und dabei ist sie ausgerutscht und hatt sich mit ihrer Cola bekleckert." Meine Tante stellte mir darauf Fragen wie, Wie heißt dieses Mädchen? Und in welche Klasse geht sie? Aber ich sagte ihr das ich weder ihren Namen kannte, noch ihre Klasse. Damit war das Thema für Gisele, fürs erste gegessen. Ständig beäugte sie mich, wegen meinem seltsamen neuen Auftreten. Es war mir gleich. Ich hatte mit meinem alten Leben nun endgültig abgeschlossen. Ich wollte stark sein, ich wollte es allen zeigen. Doch ich wusste nicht genau ob dies der richtige Weg war, aber ich fühlte mich wohl in meiner jetzigen Haut, wohler als in meiner alten und auch stärker. Ich löffelte ganz sachte mit kleinen Happen, meine aufgeweichten Flakes hinter und bemerkte einen Schatten, der an der Haustür vorbeihuschte und von einem mir bekannten Geräusch begleitet wurde. Etwas kleines helles kam durch den Briefkastenschlitz geflogen. Ich sprang auf, und hob erstaunt meinen Bibliotheksausweiß auf. Ich griff nach der Türklinke, riss die Tür auf und schaute mich um. Mein Puls raste. Mein Puls raste. Ich spürte ihn gegen meine Schläfen pochen. Noch einmal blickte ich mich um, nach rechts, nach links und nach vorn. Mir genau gegenüber, unserem Haus gegenüber stand ein altes mehrstöckiges Haus. Es war wunderschön, aber dem Zerfall sehr nahe. Zumindest schien es rein äußerlich so. Und was ich dort entdeckte, war vielleicht die Antwort auf meine Vorstellung, auf all meine Fragen. In dem Moment als ich vor der Tür stand, verschwand der Schatten in hinter der Tür dieses alten Hauses, ich hatte es nur erst nicht registriert. Wer will schon in einem so baufälligen Haus wohnen, obwohl es echt schön aussah. Ich war mir sicher das die Person, die meinen Ausweis gefunden oder genommen hatte, dort drinnen verschwunden sein musste. "Josy, alles in Ordnung?" Ich sagte nichts, steckte mein Ausweis ein und schloss die Tür. Nach einer halben Stunde fuhr Gisele mit ihrem schwarzen Van in die Stadt. Ich war allein. Ich ging auf mein Zimmer rauf. Der Arzt konnte warten. Ich war bereit, den Termin sausen zu lassen und meine Schule zu schwänzen. Bis ich bereit war, mich allem zu stellen. Gegen elf Uhr wachte ich auf, ich musste kurz nachdem ich nach oben abmarschiert war, eingenickt sein. Mein Magen knurrte ein wenig. Zeit für Mittagessen. Aber ich hatte keine Lust aufzustehen, deshalb rappelte ich mich auf und döste ein wenig vor meinem Fenster. Das Haus da drüben, in dem der merkwürdige Schatten verschwunden war, hatte eine große Veranda, weiße Säulen, die längst vergilbt und grau geworden waren, hielten einige Etagen zusammen. Wie stark sie sein mussten, sich mit aller Kraft dagegen zu stemmen. Grünliche Kacheln, die auf dem riesigen Dach angebracht waren, teilweise zerstört, erinnert an Kupfer, das längst oxidiert war. Die ebenso grüne Farbe an einigen Teilen der Hauswände, blätterten hier und da, mehr oder weniger schon herunter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)