Anfang aller Feindschaft von Lizard (aus den Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 18: Schmerz und Liebe ----------------------------- Okay, zunächst: Gomen nasai! Bitte nicht böse sein, dass ich euch so extrem lange habe warten lassen. Das wollte ich echt nicht. Ich musste aber die ganze Dramatik erst selbst verdauen, bevor ich weiterschreiben konnte. *g* Das folgende Kapitel ist möglicherweise wieder mal ein klein bisschen langatmig und kitschig (naja, was erwartet ihr sonst bei solch einem Kapiteltitel...^^°). Doch ich wollte hier eine der letzten Chancen in meiner Story nutzen, um unserem Liebespärchen noch ein bisschen mehr Raum und Zeit zu schenken!^^ Also weiter, zu Kapitel 18: Inu Taisho hat sein Land gerettet und zu seiner Liebe gefunden, aber seinen Sohn verloren. Schnell offenbaren sich auch die ersten Widerstände, die sich der verachteten Liebe zwischen einem Dämonen und einem Menschen entgegenstellen. Und das Leben bleibt unvorhersehbar. Unerbittlich holt das Schicksal all jene wieder ein, die vor der rauen Wirklichkeit fliehen wollten... Enjoy reading! Stille und Finsternis beherrschten die gebirgige Hochebene, in der die Heimstatt des Herrn des Westens verborgen lag. Das dort befindliche Schlossgelände wirkte ebenso dunkel und einsam. Denn nur der Haushofmeister, die kampfunfähige Dienerschaft und einige alte Veteranen hüteten während der Abwesenheit ihres Fürsten das Schloss. Mehr Schutz war eigentlich auch nicht nötig, da Inu Taishos Schloss und das umgebende Bergland durch einen unsichtbaren, mächtigen Bannkreis gesichert wurde. Dieser Bannkreis ließ nur diejenigen ungehindert und ohne Warnung durch, die keine feindlichen Absichten verfolgten. Abgesehen von einigen Käuzen und Fledermäusen auf ihren nächtlichen Streifzügen bemerkte niemand die schattenhafte Gestalt, die sich an das Dämonenschloss heranpirschte und problemlos den schützenden Bann durchschritt. Der nächtliche Besucher erreichte völlig unbemerkt die Steinmauer, die den Schlossgarten umgab, sprang hinauf und überblickte das Gelände. Lange betrachtete er den großzügig angelegten, teils verwilderten Park. Seine Blicke schweiften über die vielen jahrhundertealten Bäume, über die leise glucksenden Bäche und über die im Nachtwind wogenden Wiesen. Schließlich sah er weiter zu den Lagerhäusern, Werkstätten sowie den Diener- und Soldatenunterkünften. Zuletzt starrte er auf das herrschaftliche Hauptgebäude, das über allem thronte. Dieses alte, ehrwürdige Bauwerk war sein Zuhause gewesen, das ihm Sicherheit, Schutz, Wärme und Geborgenheit geschenkt hatte. Er hatte jeden Holzbalken des Schlosses, jeden Baum und jeden Grashalm des umliegenden Gartens geliebt. Dies war seine Heimat. Seine Heimat, die er verraten hatte... Mit einem erstickten Laut der Verzweiflung griff sich Yoshio an den Hals und wartete kurz, bis sich sein rasender Herzschlag wieder beruhigt hatte. Dann holte er tief Atem und sprang die Schlossmauer herab. Flink durchquerte der Wolfshundedämon den riesigen Park, umrundete den bebauten Vorhof und schlich sich am bewachten Haupteingang vorbei seitwärts an das Schloss heran. Mit einem kraftvollen Satz sprang er auf eine ausladende Balkonterrasse und gelangte von dort zu einem Raum mit auffallend vielen Fenstern und Schiebetüren. Leicht zitternd streckte Yoshio die Hand nach einer der Türen aus und schob sie langsam beiseite. Der Raum, der sich nun vor ihm öffnete, war sehr einfach eingerichtet. Einige kleine, dünne Reismatten, eine kaum genutzte Bettstatt und zwei Holztruhen waren die einzigen Einrichtungsgegenstände. An einer Wand hingen einige kostbare Schwerter. Daneben befand sich eine regalartige Nische, in der mehrere Schriftrollen, Schreibwerkzeuge und andere kleine Dinge lagen. Yoshio sah sich unbehaglich um und schluckte. Es fiel ihm nicht leicht den Raum vor sich zu betreten. Denn dieses Zimmer war Sesshomarus Gemach und es erweckte viele quälende Gedanken und Ängste, die der Wolfhundedämon mühsam zu unterdrücken versuchte. Schwer atmend konzentrierte Yoshio sich auf sein Vorhaben. Er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen, er musste seine Gefühle unter Kontrolle halten. Wenn er seine Fehler wieder gut machen und seinen Freund retten wollte, musste er hier durch. Und er würde es schaffen! Während der Wolfshundedämon nervös Sesshomarus Zimmer durchquerte, fiel sein Blick auf eine der Truhen. Einige weiße, frisch duftende und sorgsam zusammengefaltete Untergewänder lagen darauf. Wahrscheinlich hatte eine Dienerin diese Kleidungsstücke gewaschen und für den Dämonenprinzen dort bereit gelegt. In Inu Taishos Schloss schien noch niemand genau zu wissen, was alles in den letzten zwei Wochen geschehen war und dass der Thronerbe vielleicht niemals zurückkehren würde... Die Verzweiflung begann Yoshio zu übermannen. Vor zwei Wochen hatte er Sesshomaru verraten und ihn den Drachen ausgeliefert. Waren es wirklich zwei Wochen oder vielleicht auch mehr? War es vielleicht schon zu spät? Er wusste nicht so recht, wie viel Zeit seit jener schrecklichen Nacht vergangen war. Er wusste nicht einmal mehr, was er in dieser Zeit eigentlich getan hatte. Seine Erinnerungen rissen in dem Moment ab, als er Sesshomaru einen Dolch in den Rücken stieß, und endeten danach in einem schwarzem Loch. Der Wahnsinn hatte von ihm Besitz ergriffen. Irgendwann allerdings hatte sein Überlebenswille über die dunklen Schatten seiner Seele gesiegt. So hatte sich Yoshio eines Tages am Ufer eines kleinen Waldsees wiedergefunden, total entkräftet, verwirrt und zerschrammt. Halb verdurstet hatte er sich auf das Wasser gestürzt, das kühle Nass tat gut. Für einen kurzen Augenblick hatte er sich befreit gefühlt, beinahe glücklich. Bis ihm wieder einfiel, was geschehen war, wovor er vergeblich geflüchtet war. Und dann hatte er erkannt, wo er war. Unbewusst musste er nach Nordwesten gelaufen sein, ins Innerste von Inu Taishos Reich. In die Nähe der gebirgigen Hochebene, auf der das Schloss des Dämonenfürsten lag. Sein Zuhause. Plötzlich war Yoshios Geist wieder völlig klar gewesen und mit einem Mal wusste er, was er tun konnte. Noch war nicht alles verloren. Es gab eine Möglichkeit seine Tat wieder gut zu machen und seinen Freund zu befreien. Er konnte Sesshomaru retten! Yoshio schüttelte sich, schob seine Erinnerungen beiseite und riss seinen Blick von der Truhe mit den darauf abgelegten Kleidungsstücken los. Entschlossen verdrängte er seine Zweifel und Sorgen, dass es vielleicht schon zu spät sein könnte, und ging weiter. Er erreichte eine Schiebetüre, die in die Schlossflure führte, und ließ Sesshomarus Zimmer hinter sich. In den Gängen war alles ruhig. Dennoch musste der Wolfshundedämon sehr aufpassen, um nicht entdeckt zu werden. Seine magischen Kräfte, die ihm völlige Unsichtbarkeit verliehen, wirkten innerhalb des Schlossgeländes nicht. Äußerst vorsichtig huschte Yoshio weiter bis in den abgelegensten Teil des Schlosses und kam schließlich zu einem kleinen, verschlossenen Raum. Direkt vor dem geheimnisvollen Raum, über einem schmalen Holzbalken, der die Türe versperrte, schwebte ruhig eine etwa kopfgroße, geisterhafte Gestalt. Diese war völlig weiß, leicht durchsichtig und ähnelte dem Aussehen nach einem alten Mann. Der Geist achtete nicht auf den Wolfshundedämonen und rührte sich nicht. Kaum zu glauben, stellte Yoshio aufgeregt und glücklich fest, Saya schläft. Dieser senile und faule Geist verlässt sich offenbar völlig auf den Schutz des Schlosses und vergisst in seiner seligen Ruhe seine Aufgabe. Was für ein unfassbares Glück, das macht es mir leicht. Das Schicksal ist auf meiner Seite! Bestärkt in seinem Glauben, das Richtige zu tun, schob Yoshio sacht den seelenruhig weiter schlafenden Schutzgeist beiseite und löste die Türverriegelung. Dann schlüpfte er in den Raum. Ein mattes, violettfarbenes Schimmern und eine vibrierende Aura aus gewaltigen, widerstreitenden Kräften erfüllte den Ort. Fasziniert betrachtete Yoshio den murmelartigen Gegenstand, von dem dieses Leuchten und die mächtige Ausstrahlung ausging: das Juwel der vier Seelen. Mit dem Juwel würde er Sesshomaru retten können, da war sich Yoshio sicher. Er wusste, dass Bundori und Ryokossei schon lange heimlich überall nach diesem wundersamen Gegenstand gesucht hatten. Der Drachenlord und sein Bruder schienen das Juwel gut zu kennen und wollten wahrscheinlich seine Macht nutzen. Ob die Drachen ahnten und sich darüber ärgerten, dass ein weiteres Objekt ihrer Begierde im Besitz ihres verhassten Feindes war? Vielleicht war Bundori bereit das Juwel für Sesshomaru einzutauschen. Wenn nicht, würde Yoshio die Macht dieser magischen Kugel eben selber nutzen, um seinen Freund zu befreien. Das Shikon no tama verlieh Dämonen angeblich gewaltige Stärke. Möglicherweise würde Yoshio damit sogar so mächtig werden, dass er jeden Gegner schlagen konnte. Er würde niemals mehr schwach sein und kein Verräter mehr sein... Das Juwel funkelte. In seinem Schein glaubte Yoshio ein Gesicht zu sehen. Ein von weißen Haaren umrahmtes Antlitz mit bernsteinfarbenen Augen, die ihn stumm und traurig ansahen. Der Wolfshundedämon erkannte diesen goldenen Blick. Es war der gleiche Blick, mit dem Sesshomaru ihn angesehen hatte, nachdem er Yoshio eine Frage gestellt hatte. Die Frage einer verletzten, vereinsamten Seele: Hasst du mich? "Ich dachte immer, ich würde dich hassen", flüsterte Yoshio: "Denn ich habe dich um deine Macht, um deinen Rang, um alles beneidet und habe nie erkannt, welch hohen Preis du dafür zahlen musstest. Dein Leben war niemals beneidenswert. Ich weiß jetzt, dass ich mich geirrt habe, dass ich dich in Wirklichkeit niemals gehasst habe. Ich habe dich nicht freiwillig verraten, ich wollte das nicht, ich wollte dich nicht verletzen. Ich bin dein Freund und ich werde dich nicht im Stich lassen!" Yoshio streckte die Hand aus und ergriff das schimmernde Juwel vor sich. Zögernd sah er auf die murmelartige Kugel zwischen seinen Fingern herab. Er hatte fast erwartet, dass irgendwas passieren würde. Doch es geschah nichts. Das Juwel lag ruhig in seiner Hand, es schien ihn weder ablehnen noch unterstützen zu wollen. Der Wolfshundedämon kümmerte sich nicht weiter darum, er hatte, was er wollte. Es war ganz leicht gewesen und das überzeugte ihn, dass er richtig handelte. Alles würde nun gut werden. Mit klopfendem Herzen und erwartungsvoll stürmte Yoshio hinaus in die Schlossflure und lief auf demselben Weg zurück, wie er gekommen war. In seiner Aufgeregtheit hätte er fast seine Vorsicht vergessen. Kurz vor Sesshomarus Gemach mit der nach draußen führenden Balkonterrasse erschrak er daher überrascht. Licht strahlte ihm entgegen. Im Gang vor der Schiebetüre zu Sesshomarus Räumlichkeiten stand ein junger, braunhaariger Hundedämon in soldatischer Ausrüstung und zwei Wachen mit Lichtern in den Händen, die ihn flankierten. Hastig wich Yoshio in einen dunklen Seitengang zurück und beobachtete versteckt die Szenerie. Glücklicherweise schien ihn niemand bemerkt zu haben. Die Aufmerksamkeit des soldatischen Hundedämonen und der Wachen war auf einen alten, ebenfalls dämonischen Diener gerichtet, der in diesem Moment aus Sesshomarus Zimmer trat. Yoshio erkannte in ihm den Haushofmeister. Mit einer leichten, höflichen Verbeugung überreichte er dem jungen Soldaten eines von Sesshomarus Schwertern. "Dies ist eines der Schwerter, die der junge Herr gerne nutzt... ähm, ich meine, genutzt hat. Benötigt Ihr sonst noch was?" "Eine Rüstung", erwiderte der Hundedämon knapp. "Oh, da müsste ich eine aus dem Lager holen. Der junge Herr trug seine Rüstung ja, als er zuletzt fortging. Und er hat immer nur eine in seinem Zimmer... das heißt, er hatte... Verzeihung, ich bin völlig durcheinander. Ich kann das alles einfach noch nicht glauben. Was ist eigentlich genau geschehen , ich meine, wie ist der junge Herr denn..." "Er wurde zu Tode gefoltert", unterbrach der Soldat den Haushofmeister brüsk und fuhr dann etwas leiser fort: "seid froh, dass Ihr nichts von all dem mitbekommen habt. Ich wünschte, ich wäre nicht bei Lord Inu Taisho gewesen, als Ieyasu-sama mit dem Sterbenden dort auftauchte... Ich habe schon viel gesehen, aber das... Es war grausig. Und niemals zuvor habe ich einen solch harten Ausdruck in den Augen des Lords gesehen. Es muss ihm die Seele zerrissen haben. Kurz darauf starb Sesshomaru-sama in den Armen seines Vaters." "Bei allen gütigen Mächten...", murmelte der alte Diener flüsternd, sah kurz zu Boden und schob fahrig die Türe zu Sesshomarus Gemach zu. Daraufhin wandte er sich wieder dem Hundedämonen zu: "Bitte folgt mir in die unteren Räume, ich werde Euch noch die gewünschte Rüstung geben." Der Haushofmeister, der soldatische Hundedämon und die beiden Wachen gingen. Im Gang wurde es wieder dunkel und still. Yoshio stand versteinert in seinem Versteck und umklammerte krampfhaft das in seiner Faust verborgene, gestohlene Juwel. Es war zu spät, all seine Hoffnung war vergebens, alles war verloren. Er ist tot... er ist tot... er ist tot... Unaufhörlich wiederholte Yoshio diesen Satz in seinen Gedanken und spürte, wie die Dunkelheit um ihn herum zunahm und sein Wesen völlig vereinnahmte. Er ist tot... Nichts würde nun mehr gut werden. * * * * * Als Izayoi die Augen aufschlug, war es immer noch Nacht. War die Zeit stehen geblieben? Oder war alles nur ein Traum gewesen? Träumte sie immer noch? Ein durchdringender, schwerer und betörender Duft umhüllte sie und machte sie schwindelig. Leicht benommen schüttelte die junge Menschenfrau ihren Kopf und rekelte sich. Ein weiches Fell umschmeichelte ihren nackten Körper. Sie spürte feste Arme und Hände, die ihre Hüfte und ihren Bauch umfassten. Hinter ihr saß Inu Taisho und hielt sie schützend in seinem Schoß. Izayoi schmiegte sich an ihn und sah empor in sein Gesicht. Der Dämon blickte gedankenverloren und unbewegt über Izayoi hinweg nach Westen in das nächtliche Land. Vereinzelte Kirschblütenblätter segelten auf ihn herab. "Woran denkst du?" Inu Taisho wandte seinen Blick von der Ferne ab und sah in Izayois Augen. "Du bist wunderschön...", antwortete er ihr schließlich leise. Lächelnd und etwas errötend zog Izayoi sein Fell, das er halb über sie gebreitet hatte, enger um sich und setzte sich auf. Sie schaute nun ebenfalls in die Ferne und betrachtete gemeinsam mit Inu Taisho das weite Land, das sich vor ihnen ausbreitete. "Ich bin sehr glücklich", durchbrach Izayoi nach einer Weile das Schweigen, "ich habe von dir geträumt, seit ich ein kleines Mädchen war. Obwohl ich kaum etwas über dich weiß, habe ich dich schon immer geliebt. Dabei kenne ich nicht einmal deinen Namen." "Ich habe viele Namen", erwiderte Inu Taisho ruhig, "sie haben keine große Bedeutung für mich. Es zählt nur, wer und was ich bin. Der Name meiner Geburt ist Meigetsumaru, doch dieser Name ist schon lange in Vergessenheit geraten, wie viele andere auch. Ich bin der weiße Hund, Inu Taisho, der Herrscher und Hüter des Westens." "Inu no Taisho, der Herr der Hunde...", murmelte Izayoi, "du bist ein Dämonenlord. Ein Daiyoukai, nicht wahr? Aber wie ist es dann möglich, dass wir zusammen... Ähm, ich habe einmal gehört, dass das Blut eines Daiyoukais besonders stark sein soll. Ein Mensch, so hat man mir erzählt, soll es nicht ertragen können und dabei verbrennen..." Inu Taisho verlagerte leicht sein Gewicht und strich zärtlich durch Izayois Haare. "Das ist wahr, das Blut eines Daiyoukais ist zu stark für einen Menschen. Es ist sehr gefährlich dieses Blut mit menschlichem Blut zu vereinen. Doch ich kann die Kräfte meines Dämonenbluts unterdrücken und versiegeln. Auf diese Weise bestand keine Gefahr für dich." "Was wäre geschehen, wenn du dein Dämonenblut nicht versiegelt hättest?" "Wenn ich meinem Dämonenblut nachgegeben hätte, hätte es dich getötet. Zudem hätte ich mich in meine wahre Gestalt verwandelt. Und das wäre nicht nur gefährlich für dich gewesen...", Inu Taisho lächelte neckisch, "es hätte unsere Vereinigung sicher auch sehr kompliziert. Meine dämonische Gestalt ist etwas... groß." Izayoi errötete, sie wollte nicht schon wieder verlegen sein, aber vieles war einfach noch zu neu und fremd für sie. Und es gab noch so viel, das sie unbedingt wissen musste. "Aber wenn ich ein Kind von dir bekommen würde, bekäme es doch trotzdem dein Blut vererbt, oder?" "Du kannst kein Kind von mir bekommen. Das ist unmöglich. Da mein Blut zu stark für einen Menschen ist, würde es die ungeborene Frucht schon bei seiner Entstehung in deinem Leib töten." Ich kann also keine Kinder von ihm bekommen, dachte Izayoi betrübt, kann er denn eine Frau lieben, die ihm keine Kinder und Erben schenken kann? "Sei nicht traurig", tröstete Inu Taisho sie, "es ist sicher besser so. Ein Halbdämon hätte ein sehr schwieriges Leben." "Dein Sohn ist tot... Hast du denn noch weitere Erben?" "Nein. Ich wollte mich niemals mehr binden und ich habe keine weiteren Kinder. Außerdem wurde meine Blutlinie fast komplett ausgelöscht. Vor einigen Jahrhunderten starben meine letzten engeren Verwandten in einem Krieg zwischen Hunden und Wölfen. Mein Land ist ohne Erbe, doch es wird sich nach meinem Tod selbst einen neuen Herrscher erwählen." "Hast du sehr viele Feinde, musst du oft kämpfen?" "Ja." Hast du dabei schon viele Dämonen getötet?" "Ja." "Auch Menschen?" "Ja." Ein eisiger Schauer fuhr über Izayois Rücken. Sie schwieg. Nach einiger Zeit fragte sie weiter: "Wie ist dein Sohn gestorben? Ist er in der Schlacht, in der du für dein Land gekämpft hast, gefallen?" "Gewissermaßen ist er das", sagte Inu Taisho gedämpft, "ich habe mein Land gerettet und habe ihn dafür sterben lassen." Wieder erschauderte Izayoi. Sie verstummte erneut, kuschelte sich fröstelnd an den geliebten Dämonen und sah lange in das nächtliche Land. "Gehört diese Lichtung und die ganze Umgebung hier zu deinem Reich?", fragte sie ihn schließlich. Der Dämonenfürst nickte. Izayoi überlegte ein wenig und fuhr dann fort: "Das Land, über das mein Vater gebietet, die angrenzenden Länder und die ganzen westlichen Berge gehören auch zu deinem Reich, nicht wahr? Und noch mehr, oder?" Wieder nickte Inu Taisho. "Du besitzt ein großes Land." Dieses Mal schüttelte Inu Taisho den Kopf. "Ich besitze das Land nicht. Es ist mein Land, ja, aber es gehört mir nicht in dem Sinne wie ihr Menschen das versteht. Dieses Land verleiht mir meine Macht, es hat mich auserwählt. Es ist, so könnte man sagen, die Quelle meines Daseins und es ist an mich gebunden. Für alles, das hier geschieht, trage ich Verantwortung. Je nachdem, ob ich ein guter oder schlechter Herrscher bin, wird das Land blühen oder verdorren. Und wenn ich sterbe, wird ein Teil von mir in diesem Land weiterleben, zum Guten oder zum Schlechten." "Du bist sicher ein sehr mächtiger Herrscher", stellte Izayoi fest. "Mag sein", meinte Inu Taisho, "aber meine Macht schützt mich nicht vor Fehlern. Je größer die Macht, desto größer ist auch die Gefahr, die davon ausgeht. Es ist eine schwere Bürde, die zu viel von mir verlangt. Ich wünschte, ich müsste diese Last nicht mehr tragen. Ich habe meinem Land und meiner Macht schon mehr geopfert als ich ertragen kann." Die verborgene Traurigkeit in seiner Stimme schnitt Izayoi ins Herz. Erneut schmiegte sie sich an ihn. "Ich wünschte, ich könnte dir helfen." Inu Taisho lächelte. "Das hast du schon längst getan." Er zog sie fest an sich, beugte sich zu ihr und küsste sanft ihren Hals. Izayoi erschauderte unter seinen Berührungen. Sein Kuss brannte wie Feuer auf ihrer Haut. Am liebsten hätte sie sich von diesen Flammen verzehren lassen, doch er löste sich von ihr, stand auf und begann sich langsam anzukleiden. "Es wird bald Morgen, ich werde dich zurück nach Hause bringen." Zögernd tastete Izayoi nach ihrem abgestreiften Gewand, das neben ihr im taunassen Gras lag, und zog sich ebenfalls an. Zurück nach Hause? Wovon sprach er? Sie war bereits daheim. "Du bist mein Zuhause. Du bist mein Gebieter, so wie du der Herrscher des Westens bist. Ich gehöre dir, für immer." Inu Taisho sah Izayoi ernst an. "Ja, ich habe dich zu der Meinen gemacht", sagte er bedachtsam, "unter Hundedämonen gilt dieses Versprechen bis in den Tod. Ich werde dich immer als die Meine betrachten und dich dein Leben lang beschützen. Doch du bist ein Mensch und an dieses Versprechen nicht gebunden. Es steht dir frei einen anderen Menschen zu heiraten und eine Familie mit ihm zu gründen." "Ich werde niemals einen anderen als dich lieben", empörte Izayoi sich, "und ich werde auch niemanden sonst heiraten. Wie kannst du nur so etwas denken oder mir so etwas vorschlagen?!" "Izayoi", sagte Inu Taisho mild und fasste sie an den Schultern, "ich zweifle nicht an deiner Liebe und Treue zu mir. Und du darfst mich nicht falsch verstehen. Ich möchte dir nur die Möglichkeit geben ein freies Leben zu führen. Du bist meine Schwäche. Wenn meine Feinde von dir erfahren, werden sie dich benutzen, um mich zu vernichten. Auf diese Weise habe ich meinen Sohn verloren. Ich werde dich gerne als meine Gemahlin auf mein Schloss bringen, falls du das möchtest. Dort wärst du in Sicherheit, aber vielleicht einsam und unglücklich. Du wärst der einzige Mensch in einem Dämonenschloss. Und die meisten Menschen werden dich um meinetwillen verachten und hassen. Unsere Liebe gilt als schändlich." Die Verbindung zwischen einem Dämonen und einem Menschen ist eine Schande, dachte Izayoi und zuckte innerlich entsetzt zusammen. Auf einen Schlag wurde ihr die ganze Tragweite dieser Aussage bewusst. Inu Taisho dachte dabei nur an sie, er sorgte sich um sie und wollte ihr Kummer und Leid ersparen. Doch ihn selbst würde die Schande ebenfalls treffen. Sogar viel schlimmer als sie. Genauso wie die meisten Menschen Izayoi verachten würden, weil sie einen Dämon liebte, würden die meisten Dämonen Inu Taisho verachten, weil er einen Mensch liebte. Zudem war er ein Dämonenfürst, eine schändliche Beziehung konnte ihn seine Ehre, sein Ansehen, die Anerkennung und das Vertrauen seiner Getreuen kosten. Und das wiederum konnte seine Herrschaft zunichte machen und seinen Untergang bedeuten. Das wollte Izayoi nicht, das durfte nie geschehen, entschloss sie, niemals. Ihre Liebe durfte niemals offenbar werden. Entschieden unterdrückte Izayoi ihre Tränen und ließ sich in Inu Taishos Umarmung fallen. "Bring mich zurück", flüsterte sie, "ich möchte bei den Menschen bleiben. Doch was auch geschieht, mein Herz wird immer dir gehören!" Der Dämon lächelte, nickte leicht und nahm sie auf seinen Arm. Ein blauweißes, warmes Licht umhüllte Izayoi, Inu Taisho verwandelte sich in einen Energieball und trug sie zurück an den Rand der westlichen Berge, in ihre Heimatstadt. In kurzer Zeit fand sich Izayoi im Garten ihres Zuhauses wieder. Sie sah sich kurz um und ergriff dann Inu Taishos Arme. "Was wirst du nun tun?", fragte sie ihn. Inu Taishos Blick verdüsterte sich etwas. "Ich werde die Mörder meines Sohnes suchen und seinen Tod rächen. Meine Schuld kann ich damit nicht begleichen, aber es ist das einzige, was ich noch für ihn tun kann." Izayoi zwang sich zu einem Lächeln und zog etwas unter ihrem Gewand hervor. "Sei vorsichtig und nimm das mit dir." Verdutzt nahm der Dämon den elfenbeinfarbenen Gegenstand aus ihrer Hand entgegen und betrachtete ihn. Es war sein Fangzahn. Kopfschüttelnd wollte Inu Taisho ihr den Zahn zurückgeben: "Dieser Zahn trägt einen Teil meiner Macht, ich habe ihn dir als Unterpfand für meinen Schutz gegeben. Behalte ihn, er gehört dir." "Nein", erklärte Izayoi, "ich brauche ihn nicht mehr. Für mich ist er ein Symbol unserer Liebe. Nimm ihn mit, dadurch wird meine Liebe dich begleiten und immer bei dir sein." Erst noch ein wenig verblüfft, dann zunehmend verlegen verbarg Inu Taisho den Zahn unter seinem Brustpanzer. "ihr Menschen seid wirklich eine seltsame Rasse...", murmelte er dabei. Izayoi freute sich, dass sie ihn mit ihren Liebesbeteuerungen aus der Fassung und sogar in Verlegenheit bringen konnte. "Dämonen sind auch eine merkwürdige Rasse", neckte sie, "aber dann passen wir beide ja perfekt zusammen, nicht wahr?" Ein Lächeln huschte über Inu Taishos Gesicht. Er strich noch einmal über Izayois Wange und durch ihr langes, schwarzes Haar. "Ich werde wiederkommen", versprach er ihr. Dann wandte er sich rasch ab, sprang auf die Schlossmauer und verschwand. Die junge Frau blieb im Garten zurück und sah in den Himmel. Die Nacht ging vorüber, zaghaft berührten die ersten rosafarbenen Finger der Morgenröte den Horizont. "Der Himmel und die Sterne sind so schön und unerreichbar wie unsere Träume", flüsterte Izayoi, "doch die Sterne waren unsere Zeugen und vielleicht werden sie uns eines Tages unseren Traum erfüllen." Soweit das achtzehnte Kapitel. Izayoi kann also eigentlich gar keine Kinder von Inu Taisho bekommen??? Tja, das hat der liebe Daiyoukai gedacht. Und dann, denkste... Überraschung!!! Inu Yasha ist eben immer für eine Überraschung gut und sorgt von Anfang an für Ärger. (*hihi*) Doch ich werde mal nicht zu viel verraten...^^ Der Name Meigetsumaru ist übrigens nicht meine Erfindung, er geht auf eine Idee von Hrafna zurück. Dieser Name bedeutet Herbstmond (falls ich jetzt was Falsches gesagt habe, korrigiere mich bitte, Hrafna!). Ich bedanke mich ganz herzlich dafür, dass ich diesen Namen hier verwenden durfte. Wie Inu Yashas Vater eigentlich heißt, ist bisher nicht bekannt. Inu Taisho ist strenggenommen kein Name, sondern eher so was wie ein Titel (der korrekterweise Inu no Taishou lauten müsste), genau wie auch Oyakata-sama (wie er im dritten movie auch angesprochen wird). Ich habe mir die künstlerische Freiheit genommen, Inu Taisho wie einen Namen zu verwenden, weil das assoziativ so schön zu Inu Yasha passt. Das wollte ich bei dieser Gelegenheit kurz erklären. Wer sich übrigens fragt, ob und wie ich aus dem Dilemma mit Sesshomarus Tod herauskommen will, muss weiterhin Geduld haben. Das dauert noch etwas. Zunächst wartet ein wenig Action auf euch, denn Inu Taisho wird dem Drachenlord Bundori seine Aufwartung machen. Und das wird sicher kein Höflichkeitsbesuch... So, und jetzt dürft ihr wieder mit Lob, Kritik und Anregungen um euch werfen. Ich würde mich sehr über Kommentare freuen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)