Die unzertrennlichen Brüder von Lizard (ein Schwertbann und ein Geschwisterproblem) ================================================================================ Kapitel 9: Ein tolles Team -------------------------- So, hier kommt das 9. Kapitel! Und, wie versprochen, gibt es diesmal wieder eine deftige Prügelei d.h. sogar zwei: denn während Sango und Miroku eine (appetit?)anregende Begegnung in einem dunklen Hain im Nebelgebirge haben, müssen sich die ,Unzertrennlichen' gegen einen übermächtigen (oder besser überzähligen?) Feind zusammenraufen. Damit das Lesen ungestört vor sich geht, vorher noch zwei kleine Begriffserklärungen: Shuriken = Sammelbegriff für kleine Wurfgeschosse/Wurfklingen, z.B. kleine, geschliffene Eisenstücke in Rhomben- oder Sternform oder messerartige Klingen, die per Hand geworfen wurden. Kyoketsu shoge = eine Art Messer mit Haken mit einem etwa vier Meter langen Seil am Griff und einem Stahlring am anderen Ende des Seils. War eine bei den Ninjas beliebte Waffe und erinnert im Aussehen etwas an Kohakus Waffe. (Beschreibung vgl. auch Ende Kapitel 7!) Ich weiß leider nicht wie man das Ding auf Deutsch übersetzt. Dann viel Spaß beim Weiterlesen! Angespannt standen Inu Yasha und Sesshomaru in der gewaltigen, unterirdischen Felsenhalle und sahen sich wachsam nach ihrem Gegner um. Die zahllosen Fackeln an den Wänden flackerten und ließen unruhige Schatten über die Felswände huschen. "He, du unsichtbare Witzfigur", maulte Inu Yasha ungeduldig in den Raum, "wo steckst du?" Als Antwort erfüllte ein lautes Rauschen die Halle und verlöschte die Hälfte der Fackeln. Ein greller Blitz schoss in der Mitte des Raums aus dem Boden und blendete mit seinem strahlend hellen Licht die beiden Brüder. Inu Yasha kniff kurz fest die Augen zusammen und schaute dann zur Hallenmitte. Dort stand nun ein eher schmächtiger Dämon in der Gestalt eines Menschen. Vom Aussehen erinnerte er an den ,Schwertmeister', der Inu Yasha und Sesshomaru vor mehreren Tagen in ihre missliche Lage gebracht hatte. Er hatte schwarze Haare und dunkelbraune Krallen und trug eine schwarze Rüstung. Aber er schien jünger als der ,Schwertmeister' zu sein, denn er war kaum größer als ein fünfzehnjähriger Junge und hatte ein sehr jugendliches Gesicht. "Also, bei dem pompösen Auftritt hätte ich schon etwas Größeres erwartet", meinte Inu Yasha zynisch und musterte den schmalen, dunklen Buschen, der ihm gerade bis zur Schulter reichte, geringschätzig. Sesshomaru sagte nichts dazu, sein Blick war eher misstrauisch. "Ich bin der ,Shurikenmeister'", erklärte der jung aussehende Dämon hämisch grinsend, "willkommen in meinem netten, kleinen Zuhause. Ich hoffe, es gefällt euch hier. Immerhin haben wir hier viel Platz zum Kämpfen, nicht wahr? Das heißt, sofern ihr euch das immer noch zutraut..." "Lass dein blödes Gequatsche, du Winzdämon!", raunzte Inu Yasha, "rück deine Waffe raus oder kämpfe mit uns darum, aber quassel uns nicht die Ohren voll. Darauf habe ich echt keinen Bock." "Wie unhöflich", sagte der ,Shurikenmeister' und grinste noch breiter, "ihr hündischen, unzertrennlichen Unglückswürmer habt überhaupt keine Manieren... also schön, mal sehen, ob ihr noch mehr als eine große Klappe zu bieten habt." Sesshomaru zögerte nicht länger und zog Tokijin. Inu Yasha spreizte daraufhin seine Krallen und stellte sich lauernd in Angriffsposition. Im gleichen Moment sprang der junge Dämon in die Höhe und flog flink auf die beiden zu. Er huschte geschickt über die Köpfe seiner Gegner hinweg und zückte währenddessen mit beiden Händen zwei winzige, messerscharfe Wurfklingen, die er auf die Brüder niederschnellen ließ. Blitzschnell sausten die kleinen Klingen je auf Sesshomarus und Inu Yashas Nacken zu. Gerade noch rechtzeitig drehten sich Inu Yasha und Sesshomaru nach ihrem Kontrahenten um und konnten so den Wurfgeschossen ausweichen. Die auf Sesshomaru gezielte Klinge fiel zu Boden und verschwand wie von Geisterhand. Inu Yasha wurde am Arm getroffen, doch sein Feuerrattengewand fing das kleine Messer schützend ab, so dass er nur einen winzigen Kratzer davontrug. Abschätzig zog der Halbdämon die Klinge aus seinem Ärmel und schmiss sie zu Boden, wo sich die Waffe sofort in Luft auflöste. "Also, da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen", höhnte er, "solche kleinen Bienenstiche bringen keinen von uns um." Der ,Shurikenmeister' zeigte nur wieder ein boshaftes Grinsen und sagte dann: "Ein Bienenstich bringt euch vielleicht nicht um... aber, wie wäre es mit vielen, vielen, Bienenstichen?" Wieder sprang der Dämon in die Höhe. Diesmal umgab ihn ein hell gleißendes Licht. Sesshomaru hatte keine Lust sich noch länger aufzuhalten, sprang ebenfalls leicht in die Luft und jagte mit Tokijin eine Druckwelle auf den ,Shurikenmeister'. Doch die Attacke prallte wirkungslos am Licht, das den Angegriffenen umgab, ab. Die Lichtkugel strahlte immer heller und zerbarst dann plötzlich in viele leuchtende Fetzen, die sich in der gesamten Felsenhalle verteilten. Geblendet schlossen Inu Yasha und Sesshomaru die Augen. Als sie diese wieder öffneten, fanden sie sich umringt von zwanzig jungenhaften Dämonen, die sich alle wie ein Ei dem anderen glichen und die alle wie der ,Shurikenmeister' aussahen. "Nanu, wo kommen die denn jetzt alle her? Was ist denn das für ein komischer Vervielfältigungszauber?" fragte Inu Yasha überrascht. Für genauere Überlegungen hatte der Halbdämon jedoch keine Zeit mehr, denn die zwanzigfach vorhandenen Dämonen zogen synchron neue Wurfklingen hervor. Zeitgleich sprangen sie alle gemeinsam auf Inu Yasha und Sesshomaru zu und ließen ihre blitzenden Wurfgeschosse wie ein Hagelgewitter auf die Hundebrüder herabregnen. Elegant und geschickt wehrte Sesshomaru einen Großteil der auf ihn und Inu Yasha zufliegenden Klingen mit seinem Schwert ab und vernichtete dabei gleichzeitig mit Tokijins Druckwelle mehrere der vervielfältigten Angreifer. Auch Inu Yasha wich so gut er konnte den Geschossen aus und erledigte ein paar der Gegner mit seinen Krallen. Trotzdem fanden einige der Wurfgeschosse ihr Ziel, blieben aber glücklicherweise überwiegend schadlos an Sesshomarus Rüstung oder Inu Yashas Feuerrattenkleidung hängen und lösten sich nach kurzer Zeit auf. Die übrig gebliebenen sieben Ebenbilder des ,Shurikenmeisters' zogen sich nach ihrem Angriff etwas zurück und sprangen stereotyp in die Höhe. Jeden von ihnen umgab nun erneut ein gleißendes Licht. "Auweia", rief Inu Yasha, "jetzt vervielfältigt sich jeder der Typen noch weiter. Schnell, zerleg sie mit Tokijin in ihre Einzelteile, solange sie da oben in der Luft schweben! Sonst beehren uns noch mehr von denen." "Geht nicht", antwortete Sesshomaru unwirsch, "falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, schützt dieses Licht vor der Druckwelle meines Schwertes. Es scheint eine Art Bannkreis zu sein, mit der sich der ,Shurikenmeister' während seiner Vervielfältigungsphase schützt. Dagegen kann ich mit Tokijin nichts ausrichten." "Na toll", meckerte Inu Yasha, "und ich kann Tessaiga nicht verwenden, weil dein dämliches Tensaiga dran pappt. Und was machen wir jetzt?" "Sie alle erledigen, wenn das schützende Licht wieder erloschen ist", sagte Sesshomaru emotionslos, "dieser Bannkreis kostet viel Energie, deswegen kann der ,Shurikenmeister' ihn nur während seiner Vervielfältigungsphase aufrechterhalten. Sobald er damit fertig ist, sind er und seine Ebenbilder wieder angreifbar." "Aha", meinte Inu Yasha bissig, "echt ein toller Plan... Hast du daran gedacht, dass wir jetzt weitaus mehr von diesen Typen abwehren werden müssen, wenn sich jeder von den Sieben verzwanzigfacht? Ohne Tessaiga schaffen wir doch nie alle auf einmal. Und sobald wir einen Teil erledigt haben, vervielfältigt sich der Rest und wir stehen noch blöder da als vorher..." Sesshomaru antwortete nicht, denn in diesem Moment zerbarst das hell strahlende Licht, das die sieben ,Shurikenmeister'-Doppelgänger umgab, und zersplitterte siebenmal in je zwanzig Teile. Als das blendende Licht wieder verlosch, standen den beiden, dämonischen Brüdern nun 140 Gegner gegenüber, die sofort in Angriffsposition gingen und gleichzeitig ihre Wurfmesser zückten. "Von diesen fiesen Zauberklingen scheinen diese vielfachen Typen auch mehr als genug zu haben", stöhnte Inu Yasha, "was sollen wir bloß tun, das sind viel zu viele!" "Bleib hinter mir", befahl Sesshomaru unbeeindruckt und preschte der 140fachen Übermacht rasend schnell entgegen. Schwungvoll lief er einen bogenförmigen Halbkreis vor den Reihen der klingenschleudernden Gegner und schwang mit aller Macht sein Schwert. Inu Yasha blieb an den Fersen seines Bruders und beobachtete erstaunt wie Sesshomaru eine gewaltige Energiewelle mit Tokijin freisetzte, die auf die mannigfachen Ebenbilder des ,Shurikenmeisters' zurollte. Eine heftige Explosion traf die 140 Feinde und ließ die Felsenhalle erbeben. Der mächtige, sich ausbreitende Druck riss auch Inu Yasha und Sesshomaru selbst zu Boden. Einige Felsbrocken brachen von der Decke und fielen krachend auf die Erde. Benommen richtete sich Inu Yasha auf. Er fühlte sich völlig ausgelaugt, als hätte ihm jemand fast seine ganze Kraft geraubt. Taumelnd und etwas orientierungslos sah er sich um. Tokijins gewaltige Explosionswelle hatte die halbe Felsenhalle zerstört und ausgehöhlt. Viele der Säulen waren eingestürzt und überall lagen große, von der Decke gefallene Felsbrocken herum. Unbehaglich betrachtete Inu Yasha die riesigen Risse, die sich die Wände entlang zogen. Irgendwie sah die ganze Halle nicht mehr besonders stabil aus und die letzten bestehenden Säulen knirschten bedenklich. Einige Meter vor Inu Yasha lag eine schwarze, leere Rüstung am Boden. Immer noch halb besinnungslos torkelte Inu Yasha darauf zu und sah auf die Rüstung herab. Es war die Rüstung des ,Shurikenmeisters'. Von dem feindlichen Dämon selbst und seinen 139 Ebenbildern war nichts mehr zu sehen, er hatte sich inklusive seiner Doppelgänger völlig aufgelöst. Neben der Rüstung lagen die Waffen des vernichteten Dämonen: zwei kleine, blitzende Wurfklingen. Inu Yasha hob sie auf. Die zierlichen Messer schimmerten und knisterten leicht in seiner Hand. Offensichtlich lag ein Zauber darauf. Vielleicht hat diese in den Wurfklingen steckende Magie den Vervielfältigungszauber des ,Shurikenmeisters' ermöglicht, überlegte Inu Yasha. Zum Glück konnte Sesshomaru diesen vervielfältigten Haufen platt machen, sonst wären wir geliefert gewesen. Dieser Gedanke brachte Inu Yasha wieder auf seinen Bruder und er sah sich suchend nach ihm um. Sesshomaru lag nicht weit von Inu Yasha entfernt reglos am Boden hinter einem großen Felsbrocken und war halb von Geröll überschüttet. Schnell ging Inu Yasha zu ihm, zog ihn mühselig unter dem Schutt hervor und betrachtete ihn erschrocken. Sein Bruder hatte überall an seinen ungeschützten Bereichen mehrere, blutige und tiefe Schnittwunden und sah auch sonst ziemlich zerschlagen aus. Er musste bei seinem Angriff auf den 140fachen Gegner von vielen der auf ihn gezielten Wurfgeschosse getroffen worden sein und hatte nach der Explosion von Tokijins Druckwelle wohl auch einiges von den herabfallenden Felsen abbekommen. Inu Yasha schüttelte seinen Bruder vorsichtig, doch er regte sich nicht. Komisch, dachte der Halbdämon, er ist zwar ziemlich stark verletzt, aber so völlig umhauen dürfte ihn das Ganze eigentlich nicht. Tot kann er erst recht nicht sein. Denn sonst wäre ich wegen dem Fesselbann zwischen uns beiden ja auch nicht mehr am Leben. Wieso also rührt er sich nicht? Kleine, bröckelnde Steine und ein dumpf knirschender Laut rissen Inu Yasha aus seinen Überlegungen. Alarmiert sah er hoch und bemerkte, dass die Decke der Felsenhalle einzustürzen drohte. Verdammt, wir müssen hier schnellstens raus, dachte der Halbdämon und lud sich Sesshomaru schwerfällig auf die Schultern. Das Gewicht seines bewusstlosen Halbbruders drückte ihn fast zu Boden. "Das gibt's doch einfach nicht", schimpfte Inu Yasha verärgert vor sich hin, "wieso bin ich so schwach? Ich kann mich kaum auf den Beinen halten, geschweige denn diesen schweren Idioten schleppen. Was ist denn bloß los?" Ächzend schwankte er mit seiner Last auf den Eingang zur Felsenhalle, der zurück in das Höhlenlabyrinth führte, zu. Immer mehr kleine Gesteinsbrocken und lose Erde rieselten auf ihn herab. Das dumpfe Knirschen des Raums verstärkte sich. Mit letzter Kraft taumelte Inu Yasha durch den Zugang ins Labyrinth, legte Sesshomaru im Gang am Boden ab und plumpste erschöpft zu Boden. Hinter ihm brach laut krachend die Halle zusammen. Matt, aber erleichtert lehnte sich Inu Yasha an die felsige Wand des Labyrinthgangs und seufzte. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Besorgt schaute er dann auf seinen Bruder. Sesshomaru regte sich immer noch nicht, sondern blieb weiterhin in tiefer Bewusstlosigkeit gefangen. Inu Yasha fragte sich, was Sesshomaru gemacht hatte, dass er nun gar keine Kräfte mehr besaß. Auf jeden Fall hat er alle Angriffe des 140fachen Shurikenmeisters abgefangen und mich sozusagen beschützt, überlegte der Halbdämon verwundert. Dieser Gedanke machte ihn irgendwie ein wenig traurig. Wir wären echt ein tolles Team, dachte Inu Yasha, wenn wir nicht verfeindet wären... Plötzlich fiel dem Halbdämonen der sanfte, schimmernde Schein auf, der den sonst eigentlich dunklen Gang erfüllte und den er bis jetzt in seiner Verwirrung gar nicht wahrgenommen hatte. Verdutzt schaute er an seine Hüfte. Tessaiga und Tensaiga glühten in einem milden Licht. Häh, was ist denn jetzt wieder los, dachte Inu Yasha verdattert, seit wann und wieso leuchten die Schwerter? Er machte die miteinander verklebten Schwerter von seiner Seite los, nahm sie in die Hand und starrte dann verwundert in das ihm entgegenblickende Spiegelbild auf den glänzenden Klingen. Ein von langen, schwarzen Haaren umrahmtes Gesicht sah ihn an. Was ist geschehen, dachte Inu Yasha perplex, ich bin ja ein Mensch! Sango und Miroku hatten unterdessen das Kloster im Nebelgebirge verlassen und wanderten einen alten Bergpfad hinauf zu dem geheimnisvollen, dunklen Hain, von dem ihnen der Abt erzählt hatte. Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen und der Weg wurde immer schlammiger. Miroku hätte lieber im Kloster bei einer warmen Mahlzeit auf besseres Wetter gewartet, aber Sango hatte ihn schnell davon überzeugt weiterzugehen. Schließlich waren sie nicht auf Erholungsreise hier und schließlich gab es da zwei nicht sehr geduldige Hundebrüder, die bestimmt nicht ewig auf einen trödelnden Mönch warten würden. Doch auch die Dämonenjägerin konnte nicht leugnen, dass das miese Wetter ihr die Laune verdarb. Hoffentlich erreichen wir bald den Hain und können die Sache schnell hinter uns bringen, dachte Sango und sah in den wolkenverhangenen Himmel. Dabei achtete sie nicht darauf, wo sie hintrat und rutschte aus. Bevor sie hinterrücks auf den Boden fallen konnte, fing Miroku sie fröhlich auf. "Hoppala", sagte er und lächelte schelmisch grinsend auf die in seinen Armen liegende Dämonenjägerin herab. Liebevoll und genüsslich nutzte er diese ideale Gelegenheit, um ihr über den Po zu streicheln. "Nimm sofort deine schmutzigen Pfoten von mir, du perverser Lustmolch", schrie Sango und verpasste dem Mönch eine derartig gewaltige Ohrfeige, dass er die Gesänge aus dem Kloster wieder zu hören glaubte. Beleidigt rieb sich Miroku seine rotleuchtende Wange. "Also wirklich, wäre es dir lieber gewesen in den Schlamm zu fallen? Ich sag's ja, Undank ist der Menschen Lohn..." "Halt mir bloß keine frommen Reden", grummelte Sango wütend, "und ab jetzt gehst besser du voran. Dich weiterhin in meinem Rücken zu haben, gefällt mir überhaupt nicht. Und glaub ja nicht, dass ich dich auffange, wenn du ausrutscht!" Seufzend fügte sich Miroku in sein Schicksal und ging nun voran. Einige Zeit später tauchte vor der Dämonenjägerin und dem Mönch ein kleines, düsteres Wäldchen aus immergrünen Eichen auf. Beide spürten sogleich die dämonische Aura, die davon auszugehen schien. Erstaunt beobachteten Sango und Miroku, dass der immer noch andauernde Nieselregen von dem Gehölz abprallte, als würde der ganze Hain unter einer schützenden Glasglocke stehen. Miroku näherte sich vorsichtig dem Hain und stieß mit seinem Stab gegen die Luft vor sich. Die Luft flirrte daraufhin leicht und schimmerte wie eine sich kräuselnde Wasseroberfläche. "Ein magischer Schutzkreis umgibt den Hain", stellte Miroku fest und zog eine Armkette aus Gebetsperlen aus seinem Gewand hervor, die er Sango überreichte: "Hier, trag die Kette, dann dürftest auch du diese magische Barriere durchschreiten können." Sango legte sich das Kettchen ums Handgelenk, nahm ihren Hiraikotsu vom Rücken und folgte Miroku langsam und achtsam in den Hain. Ungehindert durchbrachen beide die hauchdünne, unsichtbare Barriere und gingen weiter. Die Luft im magisch ummantelten Hain war trocken, stickig und völlig still. Auch die Bäume sahen völlig starr und leblos aus, nicht ein Blatt regte sich. "Wirklich unheimlich hier", meinte Sango und sah sich schaudernd um. Miroku ging schweigend weiter und stoppte dann urplötzlich wie eine erstarrte Salzsäule. Überrascht sah Sango an ihm vorbei und schnappte nach Luft. Wenige Meter vor ihnen lag eine große, freie und kreisrunde Sandfläche, auf der zahllose Knochen und Schädel verstreut lagen. Es waren eindeutig die Überreste von vielen Menschen, die jemand fein säuberlich abgenagt hatte. "Der Priester im Kloster hatte recht", murmelte Miroku bedrückt, "der Dämon hier ist den Menschen keinesfalls wohlgesonnen, außer sie kommen als Frühstück zu ihm." Ein leises, vergnügtes Kichern antwortete dem Mönch. Sango und Miroku sahen auf und blickten auf einen gewaltigen, uralten und halb ausgehöhlten Baum, der am gegenüberliegenden Rand der Sandfläche mit den Knochen stand. Auf einem seiner unteren, breiten Äste saß im Schatten eine zierliche, dunkle Gestalt und lachte fröhlich vor sich hin. "Wer bist du?", fragte Sango und umfasste fest ihren Knochenbumerang. "Jemand, der euch zum Fressen gern hat", antwortete die Gestalt, sprang elegant vom Baum herab und trat auf den knochenübersäten Sandplatz. Wieder schnappte Sango nach Luft und diesmal tat Miroku ihr es gleich. Auf der Sandfläche stand ein menschlicher Dämon mit knöchellangen, schwarzen Haaren, dunkler Haut, dunkelbraunen Krallen und glänzend schwarzen Augen wie Obsidian. Oder besser gesagt eine Dämonin, denn die Gestalt hatte einen wohlgeformten, überaus attraktiven und eindeutig weiblichen Körper, den sie nur wenig unter einer freizügig geschnittenen Rüstung verbarg. Miroku fielen fast die Augen aus dem Kopf. Da er offensichtlich nicht in der Lage war irgendeinen Ton von sich zu geben, wiederholte Sango ihre Frage noch einmal: "Wer bist du?" Die reizvolle Dämonin lächelte neckisch. "Man nennt mich den ,Fesselmeister'", antwortete sie. Ein fesselnder Anblick fürwahr, dachte Miroku und schluckte. "Ähm... äh, wir... äh, hätten nicht gedacht, dass... äh... unter den Waffendämonen eine Frau..." "Es war niemals die Rede von DämonenBRÜDERN", fiel ihm Sango genervt ins Wort, "die alte Priesterin und Myoga haben immer nur von fünf Dämonengeschwistern gesprochen, als sie uns von dem Fesselbann erzählten. Es ist also gut möglich, dass einer von den Waffendämonen eine Frau ist." "Klug erkannt", kicherte die Dämonin, "seid ihr etwa wegen dem Fesselbann hier? Hat euch einer meiner Brüder etwa mit diesem Fluch belegt?" "Uns nicht", sagte Sango unwillig, "aber zwei...äh...Freunde von uns. Und wir wollen deine Waffe haben, um den Bann wieder zu lösen." "Oho", meinte die Dämonin wieder kichernd, "ganz schön mutig für zwei schwache Menschen... Ich habe einen besseren Vorschlag. Bleibt doch zum Essen hier, ich koch uns auch was Feines..." "Oh, gerne", sagte Miroku, "und wenn wir schon dabei sind, darf ich dich gleich fragen, ob du mir vielleicht ein Kind ge..." "MIROKU !!!", schrie Sango lauthals, "bist du jetzt völlig durchgedreht?! Das ist keine Einladung zu einer gemütlichen Teestunde, die will UNS aufessen. Und wie kannst du von SO EINER auch noch ein Kind haben wollen? Du bist echt das Ekelerregendste, was ich je..." "Ich störe euch nur ungern in eurer ehelichen Auseinadersetzung", flötete die Dämonin dazwischen, "aber..." "WIR SIND NICHT VERHEIRATET!", brüllte Sango knallrot im Gesicht, "NICHT ALLE GEWALT DIESER WELT WÜRDE MICH DAZU BRINGEN DIESEN LÜSTERNEN, TOTAL VERRÜCKTEN MISTKERL ZU HEIRATEN!" "He, hör auf mit deinem Geschrei", rief die Dämonin dazwischen, "das ist ja gemeingefährlich. Ich glaube, so eine Sirene wie dich sollte ich lieber schnell ausschalten!" Darauf griff sich die 'Fesselmeisterin' an ihre Seite und hielt dann ein Kyoketsu shoge in der Hand. Blitzschnell schleuderte sie die an einem langen Seil befestigte Messerklinge auf Sango zu. Geistesgegenwärtig packte die Dämonenjägerin ihren großen Bumerang fester und hielt ihn als Schutzschild vor sich. Die mit einem Haken versehene Messerklinge des Kyoketsu shoge bohrte sich tief in den Hiraikotsu und blieb stecken. Mit einem höhnischen Lachen zog die Dämonin an dem Seil ihrer Waffe und entriss Sango damit den Bumerang. Flink sprang die 'Fesselmeisterin' zu dem weggezogenen Bumerang, machte die Messerklinge des Kyoketsu shoge wieder davon los und schleuderte diese erneut auf Sango zu. Miroku schubste seine Gefährtin beiseite und wehrte das fliegende Messer mit seinem Stab ab. Dabei wickelte sich das am Messergriff befestigte Seil um seinen Stock, so dass die Dämonin nun auch ihm seine Waffe entreißen konnte. Seines Stabes beraubt zückte Miroku daraufhin einige Bannzettel und warf sie seiner Gegnerin entgegen. Doch die magischen Papiersiegel zeigten keine Wirkung. Die Dämonin packte nun den Stahlring am anderen Ende des Seils ihres Kyoketsu shoge und warf ihn schwungvoll auf Miroku. Der Mönch wurde am Kopf getroffen und fiel bewusstlos zu Boden. Sango schrie entsetzt auf und lief zu ihm. "So", lächelte die 'Fesselmeisterin' zufrieden, "einen hätten wir. Dieser süße Mönch wird mir besonders gut schmecken. Für Mönche habe ich ein ganz spezielles Rezept..." Kichernd wandte sich die Dämonin nun Sango zu: "Und jetzt zu dir, du schreiende Nervensäge!" Die Dämonenjägerin zog ihr Schwert. Schützend stellte sie sich vor Miroku und hielt ihre Klinge drohend in die Höhe. "Na, so was", wunderte sich die 'Fesselmeisterin' hämisch, "ich dachte, du kannst den Kerl nicht leiden?!" Sango kümmerte sich nicht um die höhnische Bemerkung. Wutentbrannt lief sie mit gezücktem Schwert auf die Dämonin zu. Doch diese wich der Angreiferin geschickt aus und warf den Stahlring ihrer Waffe. Der Stahlring mit dem daran befestigten Seil flog mehrmals um Sango herum und wickelte so das Seil um ihren Körper. Die Dämonin fing den zu ihr zurückkehrenden Ring auf und zog fest am Seil. Gefesselt stürzte Sango zu Boden und schlug hart mit dem Kopf auf. "Nummer zwei!", jauchzte die 'Fesselmeisterin' vergnügt, "es geht doch nichts über meine unschlagbare Fesseltechnik! Und jetzt gibt es endlich nach langer Zeit mal wieder was Gescheites zu essen." Fröhlich vor sich hin pfeifend ging die Dämonin zu Sango, beugte sich zu der Bewusstlosen und befreite sie aus dem Seil ihres Kyoketsu shoge, das sie sich wieder an die Seite hing. Dann begann sie die Dämonenjägerin aus ihrer Rüstung zu schälen. "Lass sie in Ruhe!" Überrascht wandte die 'Fesselmeisterin' sich um und sah Miroku, der wieder aufgewacht und aufgestanden war. Ruhig und mit einem harten Ausdruck im Gesicht streckte er ihr eine Faust entgegen. "Was soll das nun werden?", fragte die Dämonin belustigt und ging ein Stück von Sango weg, "soll ich jetzt Angst bekommen?" "Du ahnst nicht, welche Kräfte du weckst", sagte Miroku bedrohlich leise, "zwing mich nicht sie einzusetzen." "O weh", kicherte die Dämonin amüsiert, "jetzt bekomme ich aber wirklich Angst." Sie nahm ihr Kyoketsu shoge wieder in die Hand und zückte die Messerklinge ihrer Waffe. "Was willst du schon tun, kleiner Mönch? Ich werde dich außer Gefecht setzen und an einen Baum binden. Dann kannst du zuschauen, wie ich deine niedliche Freundin häute und verspeise!" Miroku riss die Perlenkette von seiner Hand und öffnete die Faust. Ein kräftiger Sog erfüllte den Sandplatz und riss Knochen, Sand und Steine mit sich. Verzweifelt versuchte die 'Fesselmeisterin' sich dem saugenden Wind, der sie unerbittlich zum schwarzen Loch in Mirokus Hand zog, entgegen zu stemmen, doch es gelang ihr nicht. Nur noch wenige Schritte trennten die grausame Menschenfresserin von ihrem Schicksal. Währenddessen kam Sango wieder zu sich, spürte den starken Wind in ihrer Nähe und sah auf. Als sie erkannte, dass Miroku dabei war die 'Fesselmeisterin' in sein Kazaana zu saugen, sprang sie schnell auf, rannte hinzu und griff nach der im schwarzen Loch verschwindenden Dämonin. Schnell schloss Miroku sein Kazaana bevor Sango auch noch aufgesaugt wurde und die Dämonenjägerin fiel polternd auf ihn. Zusammen stürzten die beiden zu Boden. "Sango", sagte Miroku erschrocken, "was sollte das? Ich hätte dich beinahe auch ins schwarze Loch gezogen. Warum bist du der Dämonin hinterher gesprungen?" "Naja", meinte Sango und hielt triumphierend einen Gegenstand in die Höhe: "wäre doch bedauerlich gewesen, wenn ich mir das nicht noch geschnappt hätte, bevor dieses grässliche Weib im Kazaana verschwand, oder?!" Staunend sah Miroku auf das Ding in Sangos Hand: "Der Kyoketsu shoge der ,Fesselmeisterin'! Du hast ihr die Waffe noch entreißen können bevor sie endgültig aufgesaugt wurde. Das war ganz schön mutig und sehr gefährlich!" "Mag sein", antwortete Sango freudestrahlend, "aber es war das Risiko wert. Stell dir vor, was Inu Yasha oder vor allem Sesshomaru mit uns machen würden, wenn wir ohne die gewünschte Waffe zurückkämen?! Miroku nickte langsam. "Ja, da hast du recht. Zum Glück ist alles noch mal gut gegangen. Wir sind echt ein tolles Team, nicht wahr?" Sango lächelte ihn fröhlich an. Doch dann bemerkte sie plötzlich, dass sie immer noch halb auf Miroku hockte. Und nicht nur das, ihr Oberkörper war halbnackt. Mit einem Schrei sprang Sango auf und versetzte dem Mönch, der sie ungeniert glücklich anstarrte, einen heftigen Hieb auf den Schädel. Dann rannte sie schnell von ihrem Gefährten weg und suchte das Oberteil ihrer Rüstung, das ihr die Fesselmeisterin in ihrem Hunger nach Menschenfleisch ausgezogen hatte. Halb besinnungslos sackte Miroku zurück ins Gras und hörte laut um ihn herum jubilierende Himmelschöre singen. "Ich wusste es doch", murmelte er leise vor sich hin, "wir sind echt ein tolles Team..." _ _ _ _ _ So, damit wäre das neunte Kapitel geschafft. Und damit sind vier der fünf gesuchten Waffen beisammen! Unsere beiden Teams haben sich doch toll geschlagen, nicht wahr? Aber, was ist jetzt eigentlich mit Inu Yasha und Sesshomaru passiert? Was ist mit der fünften und letzten Waffe, die noch fehlt? Und wie lange wird diese Geschichte denn eigentlich noch dauern? Gerade zur letzten Frage kann ich zumindest schon mal eine Antwort geben. Eigentlich habe ich geplant die Story mit zwölf Kapiteln abzuschließen. Doch eventuell krieg ich das nicht ganz hin, kann sein, dass es ein oder zwei Kapis mehr werden. Wäre euch das recht oder wollt ihr vielleicht sogar eher eine etwas längere Geschichte? Sagt mir doch, was euch lieber ist: ein baldiger Abschluss oder lieber etwas länger andauernde Abenteuer. Ich passe die letzten Kapitel dann nach euren Wünschen an. Also schreibt mir eure Meinung, Kommis kann ich sowieso immer gut brauchen! Bis bald. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)