Samusa von Mirri (Der schwarze Kristall) ================================================================================ Prolog: Asche zu Asche ---------------------- Asche zu Asche "Sukuu, Engel der Erlösung, nimm dich der Seelen der Verstorbenen an und gewähre ihnen die ewige Ruhe in deinem Reich." Mit diesen Worten schloss Genkaku seine Rede und wandte sich ab, um Abstand von dem zu nehmen, was gerade geschehen war. Die Asche war noch warm gewesen, als die kleine Gruppe die Ruinen des Dorfes erreicht hatte. An einigen Stellen loderten sogar noch kleine Flammen des Brandes, der das gesamte Dorf in kürzester Zeit verschlungen und dem Erdboden gleich gemacht hatte. Es war schwer abzuschätzen, wie viele Menschen bei dem Feuer ihre Leben gelassen hatten, da sich ihre Asche untrennbar mit der ihrer Besitztümer vermischt hatte. Außer dem großen Fleck verbrannter Erde und den Schutthaufen war nichts mehr übrig geblieben. Die vier Männer hatten geplant, in der Siedlung Halt zu machen und sich von ihrer langen Reise zu erholen, doch statt einer Gaststätte hatten sie dieses Schlachtfeld vorgefunden. Sofort hatten sie sich daran gemacht, nach Überlebenden zu suchen, doch sie waren erfolglos geblieben. So war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als für die unbekannten Toten zu beten. "Was denkt ihr, wer das getan hat?", fragte schließlich Hokori. Der kräftig gebaute Riese hatte die ganze Zeit über geschwiegen, doch nun war er derjenige, der die Frage aussprach, die seit ihrer Ankunft nicht nur ihn beschäftigte. "Na wer wohl?", knurrte Kaminari böse. "Wer sonst wenn nicht die vom schwarzen Kristall?" Wütend trat er gegen einen Stein, der vor seinen Füßen lag und ließ ihn so mehrere Meter durch die Luft fliegen. Geistesabwesend nickte Kitakaze, der Anführer der Gruppe. Sein schulterlanges, braunes Haar wehte leicht ihm Wind, der feine Asche aufwirbelte. Schon seit Langem versuchte er die Diener des schwarzen Kristalls zu verstehen. Er wollte wissen, warum sie so waren, wie sie waren. Allerdings waren all seine Bemühungen bislang vergebens gewesen. Es hatten sich sogar noch mehr Fragen aufgetan, auf die er nun Antworten finden musste. Im Allgemeinen war das Wissen über die Diener des Kristalls mehr als bescheiden. Fest stand, dass ihr Anführer ein Dämon war, der seine Kraft aus einem magischen Kristall bezog. Allerdings hatte diesen Dämon nie jemand zu Gesicht bekommen. Die wenigen Verhandlungen, die es zwischen den beiden Fronten gab wurden durch die Diener des Dämons geführt. Seine Anhänger waren in der Regel Abtrünnige, die sich gegen den König gestellt hatten oder in anderer Weise die Gesetze missachteten. Um den Frieden zu wahren hatte der König ihnen einen Teil des Landes östlich des Eisgebirges überlassen. Diese großzügige Geste hatte jedoch ihr Ziel verfehlt. Immer wieder überquerten die Diener des Kristalls die Grenze zum Königreich, griffen schutzlose Dörfer an und vernichteten sie. Jegliche Versuche von Seiten des Königs aus, Frieden zu schließen, schlugen fehl. Je weiter die Diener des Kristalls in das Königreich vordrangen, desto offensichtlicher schien es, dass sie es für sich einnehmen wollten. Immer mehr Patrouillen wurden darauf angesetzt, die Pässe des Eisgebirges zu bewachen und vor Übergriffen zu schützen, doch offensichtlich fanden sich immer wieder gefährliche Lücken in der Überwachung der Grenze. "Kitakaze!" Es war Genkakus Stimme, die den jungen Anführer aus seinen Gedanken riss. Der Schwarzhaarige stand am nahe gelegenen Waldrand und winkte seinen Begleitern zu. "Seht euch das an!" Sofort eilten die anderen drei zum Ende der Lichtung, um den Grund für Genkakus Aufregung zu erfahren. Das schmale Gesicht des Heilers war bleich. "Ich denke jetzt wissen wir, wem wir das hier zu verdanken haben.", sagte er und deutete auf ein Gebüsch, das nur wenige Schritte hinter ihm lag. Der Anblick der sich ihnen bot überraschte Kitakaze nicht wirklich. Es war bei weitem nicht die erste Leiche, die er sah und er wusste, dass es auch nicht die letzte sein würde. Das einzige was ihm an diesem Fund zusetzte war die Tatsache, dass es der Körper eines Kindes war, der vor ihm lag. Er schloss die Augen und murmelte ein stummes Gebet. Inzwischen war Hokori neben der Leiche auf die Knie gegangen und untersuchte die Wunden. Es dauerte nicht lange, bis die Todesursache feststand. "Wölfe!", sagte er tonlos. Kaminari fiel es sichtlich schwer, seine Emotionen zu zügeln und seine Wut nicht einfach heraus zu schreien. Normalerweise töteten Wölfe nur dann, wenn sie Hunger hatten oder sich bedroht fühlten und keine Möglichkeit sahen zu fliehen. Anhand der Wunden und dem Zustand der Leiche war zu erkennen, dass das Kind nicht von einem Hungrigen Tier getötet worden war. Bis auf die zerrissene Kehle war der Körper des Kindes unversehrt. Dass ein Kind in diesem Alter einen Wolf so sehr gereizt hätte, dass er es angriff bezweifelte Kitakaze ebenfalls. "Damit hat der Weiße Wolf ein weiteres Mal zugeschlagen.", sagte er leise und wandte sich von der Leiche ab. "Und wieder ist er damit durch gekommen. Verdammt!" Ohne auf die Schmerzen zu achten, begann Kaminari, auf einen nahe stehenden Baum einzuschlagen, bis seine Fäuste bluteten und seine Wut sich halbwegs gelegt hatte. Seine Freunde wussten, wie empfindlich der Blonde reagierte, wenn es um die Diener des Kristalls und vor allem um den Weißen Wolf ging. "Es hat keinen Sinn, sich aufzuregen, Kaminari.", versuchte Genkaku, ihn zu beruhigen. Der Angesprochene schenke dem anderen nur einen wütenden Blick, bevor er sich wegdrehte und zu den Pferden zurück ging. Hokori und Genkaku warfen sich besorgte Blicke zu. "Vielleicht sollten wir einfach zurück nach Kalindrea reiten und dem König Bericht erstatten. Mehr können wir jetzt ohnehin nicht tun." Hokori nickte wortlos und folgte den anderen. Wie so oft waren sie zu spät gekommen, um jemandem zu helfen und so blieb ihnen keine andere Wahl, als unverrichteter Dinge nach Hause zurück zu kehren. Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Er war erschöpft. Im Laufe der letzten Stunden hatten seine Kräfte erheblich nachgelassen und nun grenzte es an ein Wunder, dass er sich noch auf den Beinen halten konnte. Die heiße Mittagssonne, die im Zenit über dem Innenhof stand und die körperliche Anstrengung trieben dem jungen Mann den Schweiß auf die Stirn. Immer wieder war er gezwungen das Schwert, an welches er sich beinahe krampfhaft klammerte, loszulassen und sich die feuchten Handflächen an seiner Hose abzuwischen. Bei Sonnenaufgang hatte das Training begonnen, so wie jede Woche, doch trotz dieser Routine hatte er bis heute nicht begriffen, welchen Nutzen er daraus ziehen sollte, wenn er regelmäßig zu einer unmenschlichen Zeit aus dem Bett geholt wurde, nur um sich stundenlangem Kampftraining zu widmen. Mit einem Schwert auf einen anderen Menschen einzuschlagen und ihn umzubringen gehörte nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen und noch weniger zu seinen Stärken. Offene Kämpfe waren ihm zuwider. Eher zog er es vor, einen eventuellen Gegner mit Hilfe seiner Wurfdolche aus der Entfernung zur Strecke zu bringen. Diese Methode war zwar weniger ehrenhaft, aber auch weniger gefährlich. Zu seinem Unglück nahm jedoch niemand Rücksicht auf seine persönliche Meinung und so gab es auch für den Halbdämon, genannt Manthor, keine Ausflüchte vor dem Training. Sein Gegenüber sah so ausgelaugt aus, wie er sich fühlte. Keiner von ihnen war noch in der Lage, sich darauf zu konzentrieren, seinen Gegner zu besiegen. Sie alle wünschten sich nur, dass die Zeit der Schinderei ein Ende nehmen würde. Innerlich seufzte Manthor, als er entschied, dass er zumindest den momentanen Kampf beenden könnte. Mit zwei weit ausholenden Schritten eilte er auf den anderen Jungen zu und hieb mit dem stumpfen Übungsschwert auf ihn ein. Er konnte nicht sagen, ob es an der Erschöpfung oder an mangelnder Konzentration des Anderen lag, doch sein Angriff traf auf keine nennenswerte Gegenwehr. Der Junge versuchte zwar den Schlag mit seinem eigenen Schwert abzuwehren, verlor dabei jedoch den Halt und stürzte rücklings zu Boden. Nun sah Manthor seine Chance gekommen und setzte ihm nach. Mit einem zweiten Schlag entwaffnete er seinen Trainingspartner und hielt ihm dann mit einem matten aber dennoch triumphalen Lächeln die Spitze des Schwerts an die Kehle. "Erkennst du deine Niederlage an?" Seine Stimme kam Dank seiner ausgetrockneten Kehle einem Krächzen gleich, doch darauf achtete er schon lange nicht mehr. Der Unterlegene nickte schwach und sah ebenfalls lächelnd zu Manthor auf. Dieser zog die Klinge zurück und bot dem Anderen die Hand dar, um ihm auf zu helfen. "Das war ein guter Kampf!", entgegnete der Halbdämon. "Das nennst du einen guten Kampf?", fragte jemand hinter ihm. Manthor drehte sich um und blickte hinüber zu demjenigen, der soeben die Leistung, auf die er so stolz gewesen war, herabgewürdigt hatte. Er erblickte einen jungen, hoch gewachsenen Mensch, dessen abschätziger Blick im verriet, dass ihn der Kampf nicht im Geringsten beeindruckt hatte. Auch er hielt ein Schwert in der Hand, zeigte jedoch keinerlei Zeichen von Erschöpfung. Seine Aufgabe war es, das Training zu leiten und zu überwachen, was die ganze Angelegenheit nicht unbedingt angenehmer machte. "Dafür, dass du uns seit Stunden ohne Pause schuften lässt, solltest du mit unseren Leistungen zufrieden sein, Karoon. Einige von uns sind schon froh, dass sie ihr Schwert überhaupt noch ohne Hilfe halten können.", entgegnete Manthor leicht verärgert. Der Mensch zeigte sich auch von diesen Worten nicht beeindruckt, kam jedoch auf Manthor zu und blieb direkt vor ihm stehen. Der Halbdämon musste nach oben blicken um ihm ins Gesicht sehen zu können. Karoon überrage ihn beinahe um Haupteslänge. Der Größere ließ seinen Blick über die Umherstehenden schweifen, bevor er wieder in die rot schimmernden Augen des Halbdämons blickte. "Ihr seid also erschöpft.", stellte er fest. "Dann solltet ihr vielleicht eine Pause machen." Er lächelte Manthor an. Dieser starrte einen Moment lang verwirrt zurück. Normalerweise war Karoon nicht dafür bekannt, so großzügig zu sein. Eher neigte er dazu denjenigen, die sich unerlaubt eine Pause gönnten besonders harte Strafen aufzuerlegen. Trotzdem schien er es diesmal ernst zu meinen. Zustimmend nickte Manthor, bevor der Andere es sich anders überlegte. "Danke!", sagte er und wandte sich ab, um sich ein gemütliches Plätzchen für seine Pause zu suchen. "Sangos Truppen werden sich freuen, wenn sie euch im Krieg gegenüberstehen. Vielleicht wollt ihr sie ja fragen, ob sie euch Gesellschaft leisten. Dann könnt ihr euch alle zusammen ausruhen." Der Sarkasmus in Karoons Stimme war nicht zu überhören und traf Manthor wie ein Messer in den Rücken. "Aber lasst euch nicht aufhalten. Ich will ja nicht, dass ihr euch überanstrengt." Der Halbdämon und ebenso einige andere, denen die Unterhaltung nicht entgangen war, warfen Karoon nun wütende Blicke zu. Auf diese Art von Scherzen war hier niemand gut zu sprechen. Natürlich hätte Manthor sich denken können, dass dieses großzügige Angebot nicht ernst gemeint war. Mit hängenden Schultern machte er sich auf die Suche nach einem Trainingspartner für den nächsten Kampf. Während dessen glaubte er Karoons Blick auf sich zu spüren. Als er sich nach ihm umdrehte, stellte er fest, dass der Mensch ihn tatsächlich mit einem merkwürdigen, kaum sichtbaren Lächeln betrachtete. "Hört zu!", rief Karoon und sicherte sich augenblicklich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. "Da ihr anscheinend viel Wert auf eine Pause legt mache ich euch ein Angebot." Er hielt erneut inne und musterte die Jungen, die ihn nun erwartungsvoll ansahen. Auch Manthor wollte wissen, wie dieses Angebot aussehen würde. Wie er den Menschen kannte, würde die ersehnte Ruhepause einen beträchtlichen Preis kosten. "Wenn drei von euch es zusammen schaffen, mich in einem Kampf zu besiegen, beenden wir das Training sofort. Ansonsten werde ich dafür sorgen, dass ihr den Rest des Tages beschäftigt sein werdet." Augenblicklich verfiel die Gruppe in aufgeregtes Gemurmel. Ohne die Aufrichtigkeit des Angebots anzuzweifeln wurde beratschlagt, welche drei Auserwählten den Entscheidungskampf bestreiten sollten. Zu reizvoll war die Aussicht, dem staubigen Kampfplatz zu entkommen und sich angenehmeren Dingen hinzugeben. Trotz der überwiegenden Euphorie gab es auch einige Zweifler. Manthor gehörte dazu. Er kannte Karoon seit Kindestagen und wusste, dass er sich niemals auf dieses Angebot eingelassen hätte, wenn er sich nicht absolut sicher wäre, dass sein Sieg bereits feststand. Kopfschüttelnd lehnte sich der Halbdämon an die nächste Wand und beschloss, sich von dem Spektakel zu distanzieren. Auf seine Meinung würde nun sowieso niemand hören. Es dauerte nicht sehr lange, bis man drei Freiwillige gefunden hatte. Ihnen war die Erschöpfung nicht so sehr anzusehen, wie den meisten ihrer Kameraden und sie schienen genug Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben, um sich Karoon zu stellen. Nach dem zu urteilen, was er in den bisherigen Trainingsstunden von ihnen gesehen hatte rechnete er den dreien durchaus eine Chance aus, zu gewinnen, wenn es auch nur eine sehr geringe war. Während sich die drei Jungen vorbereiteten, ihre Schwerter prüften und sich gegenseitig Glück wünschten, sah Manthor, wie Karoon sein Schwert beiseite legte. Stattdessen zog er lediglich ein einfaches Band aus seiner Hosentasche und band sich damit sein langes, weißes Haar zu einen Zopf zusammen, damit ihn die Haare beim kämpfen nicht behindern würden. Ohne das Schwert wieder aufzunehmen trat er in die Mitte des Kreises, den die umstehenden Jungen gebildet hatten. "Nach welchen Regeln werden wir kämpfen?", fragte einer der drei Freiwilligen. Karoon lachte leise. "Es gibt keine Regeln! Ganz wie im richtigen Leben. Aber damit ihr eine Chance habt verzichte ich auf mein Schwert." Einer der Jungen warf ihm einen zornigen Blick zu. "Du wirst schon sehen, wohin dich deine Überheblichkeit bringen wird!", warnte er den Weißhaarigen, der ob dieser Worte nur erneut lachen konnte. "Ich kann es kaum erwarten! Fangt an!" Auch wenn er es nicht zugeben wollte, war Manthor auf den Kampf gespannt. Weniger auf den Ausgang als viel mehr auf den Verlauf, der interessant zu werden versprach. Mit wildem Kampfgeschrei stürzten die drei Jungen auf Karoon zu. Dieser wich ihrem gemeinsamen Angriff ohne Schwierigkeiten aus, indem er sich zur Seite fallen ließ. In dem Moment, in dem er auf dem Boden aufkam trat er nach den Beinen des Angreifers, der ihm am nächsten war. Erst in der Sekunde, als Karoons Stiefel sein Schienbein traf und ihm somit von den Beinen riss bemerkte der blonde Junge, was überhaupt passiert war. Er schrie auf, als er vorwärts stürzte und hart auf den schmutzigen Steinboden aufschlug. Ein anderer Junge reagierte schneller. Er sah wie Karoon auswich und ließ sein Schwert auf seinen Gegner hinabschnellen, doch erneut war der Weißhaarige schneller. Er rollte zur Seite und sprang wieder auf, so dass die Klinge mit einem lauten Klirren auf die Steine traf. Nun versuchte der dritte sein Glück. Langsam kam er auf Karoon zu und achtete genau auf die Bewegungen seines Gegners. Dieser sprang vor, woraufhin der Junge mit der Klinge nach ihm stieß. Auch dieser Angriff verfehlte sein Ziel. Der Weißhaarige wich erneut aus und packte noch in der Bewegung die Schwerthand des Jungen und verdrehte diese so, dass er die Waffe fallen ließ. Er ließ die Hand des Jungen los und als dieser sich nach dem Schwert bückte, rammte ihm Karoon seinen Ellenbogen in den Rücken. Der Schlag war heftig genug, um den Jungen zu Boden zu werfen, wo er benommen liegen blieb. Ein Raunen ging durch die Menge Anscheinend hatte niemand damit gerechnet, wie weit der Kampf ausufern würde. Manthor hingegen war nicht überrascht, dass Karoon keine Rücksicht auf seine Gegner nahm. Er selbst hatte schon viele Verletzungen aus Kämpfen gegen ihn davongetragen. Die beiden verbliebenen Jungen wirkten plötzlich nervöser als zuvor. Sie schienen keinen Wert darauf zu legen, wie ihr Freund zu enden. Aufgeben konnten sie jedoch nicht, da sie sich somit zum Gespött der ganzen Truppe gemacht hätten. Immerhin lag es an ihnen, ihre Kameraden vom Training zu erlösen. "Was ist?", fragte Karoon. "Wollte ihr schon aufgeben?" Plötzlich wieder zu allem entschlossen schüttelte einer der Jungen den Kopf und versuchte sich an einem erneuten Angriff. Noch immer unbewaffnet stand Karoon einfach da und wartete, bis der Andere mit dem Schwert ausgeholt hatte und zuschlug. Kurz bevor die Klinge ihn traf schlug der Weißhaarige mit der flachen Hand zu, traf die Seite der Klinge und schlug sie bei Seite. Zugleich packte er den Jungen am Hemd, riss ihn nach vorne und rammte ihm sein Knie in den Unterleib. Nach Luft schnappend brach auch dieser zusammen und gab ein gepeinigtes Wimmern von sich. Bei diesem Anblick zogen sich instinktiv Manthors Innereien zusammen. Es war beinahe, als könne er selbst den Schmerz des anderen fühlen. Auch wenn dieser es nicht bemerkte warf der Halbdämon ihm einen mitleidigen Blick zu. Als der letzte Verbleibende realisierte, was soeben geschehen war ließ er das Schwert fallen und sank auf die Knie. "Ich gebe auf!", stammelte er und blickte zu Boden. Karoon trat vor ihn und sah auf ihn herab. "Steh auf!", befahl er. Sofort tat der Junge, was von ihm verlangt wurde. Er war offensichtlich froh, dass ihm schlimmeres erspart wurde und rang sich zu einem erleichterten Lächeln durch. Dieses Lächeln erstarb jedoch, als Karoons Faust sein Gesicht traf und seine Nase mit einem unschönen Knacken brach. "Das ist die gerechte Belohnung für einen Feigling wie dich.", knurrte der Weißhaarige und wandte sich von ihm ab. Er holte sein Schwert und ging auf das Hauptgebäude der Burg zu. Bevor er nach drinnen verschwand warf er Manthor noch einen Blick zu, der einem direkten Befehl gleich kam. Wenn er herausbekam, dass einer der Jungen sich vorzeitig von Training entfernt hatte würde dies Konsequenzen für alle bedeuten. "Großartig!", schoss es Manthor durch den Kopf. Es war nicht das erste Mal, dass Karoon sie einfach so zurückließ, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Der Halbdämon strich sich einige Strähnen seines schwarzen Haares aus dem Gesicht, während er sich wieder zu den Anderen gesellte. Am besten war es, den anderen Jungen die schlechte Nachricht so schnell wie möglich zu überbringen. Die Stimmung konnte ohnehin nicht schlechter werden. Alle litten mit den gescheiterten Kämpfern, auch wenn Manthor sicher war, in manchem Blick einen Funken Wut zu erkennen. Durch ihre Niederlage hatten sich die Drei nicht wirklich bliebt gemacht. Gerade wollte der Halbdämon dazu aufrufen, weiter zu trainieren, als mit schnellen Schritten ein junges Mädchen auf den Hof geeilt kam. Ihr Erscheinen zog sofort die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf sich. Mit einem breiten Lächeln, so wie einigen Strähnen ihres rötlich schimmernden Haars im Gesicht kam sie völlig außer Atem vor Manthor zum stehen. Erschöpft schnappte sie nach Luft. "Immer mit der Ruhe, Gem!", versuchte Manthor sie zu beruhigen. "Was ist denn passiert?" Das Mädchen sah ihn mit vor Anstrengung gerötetem Gesicht an und strich sich die Haarsträhnen aus selbigem. "Ich wollte euch nur sagen, dass gerade eben ein Haufen Neulinge angekommen ist!", verkündete sie laut genug, dass jeder sie hören konnte. Schlagartig verbesserte sich die Laune der Gruppe. Es war immer äußerst interessant, wenn Neue auf die Schwarze Burg kamen und so versammelten sich viele der Burgbewohner, um sie zu begutachten. Innerhalb weniger Sekunden schienen alle Anstrengungen vergessen und jeder war bereit sich in die große Halle zu begeben, um dem Empfang der Neuen beizuwohnen. Manthor schien der Einzige zu sein, den der Gedanke, das Training zu vernachlässigen, ein ungutes Gefühl bereitete. Dieses Gefühl veranlasste ihn, seinen Blick über die umliegenden Fenster streifen zu lassen, in der Erwartung Karoon zu erblicken, der sie beobachtete. Allerdings war von dem Weißhaarigen nichts zu sehen. Diese Feststellung erleichterte ihn nicht wirklich, doch es fiel ihm etwas leichter, den anderen Jungen ins Innere der Burg zu folgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)