Do you know... von mathilda (Yukixkyo) ================================================================================ Kapitel 15: die sauren Trauben [Äsop] ------------------------------------- Aus Shigures Zimmer dringt ein leises Schluchzen an mein Ohr, aber ich kümmere mich nicht darum, als wir das Haus betreten. Wahrscheinlich hat mein guter Cousin wieder Besuch von seiner suizidgefährdeten Redakteurin. Ich selber hatte mich inzwischen wieder gefangen und eigentlich ist es auch gar nicht mehr notwendig, dass Haru mich ‚stützt’...aber irgendwie habe ich momentan nicht die Härte es ihm zum verbieten, nachdem er mich den ganzen Weg nachhause gebracht hat. Vielleicht ist es auch dieser kleine Fleck in meinem Herzen, der mir vorgaukeln will, es wäre Kyos Arm, der sich um meine Taille schlingt. Doch Kyo ist nicht da. Und selbst wenn er es wäre, so wäre das letzte was er tun würde, dass er mich tröstend in den Arm nimmt. Eigentlich habe ich ja selber schuld, dass er gegangen ist. Immerhin, habe ich ihm ja genug Gründe geliefert mich zu hassen! „Setzt dich, Yuki-kun! Ich koch uns Tee.“ Sagt Toru und wirft mir ein aufmunterndes Lächeln zu. Ich weiß, sie macht sich schreckliche Sorgen um mich. Ebenso wie Haru und Momiji, die sich nebeneinander auf der Küchenbank niedergelassen haben und mich aufmerksam mustern. Sie wollen wissen was los ist und ich werde wohl nicht umhin kommen ihnen wenigstens meinen Zusammenbruch zu erklären. Nur Wie?! Wie soll ich das erklären, was ich empfunden habe, ohne das Gesicht zu verlieren?! Einen Augenblick spiele ich mit dem Gedanken einfach abzuhauen. Doch da ich hier wohne, würde es wohl nichts bringen. Es wäre eher noch von Nachteil, weil sie dann womöglich Shigure mit reinziehen, der erzählt es Hatori und Ayame und innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden weiß es Akito und ich bin so gut, wie tot! Na wunderbare Aussicht! Besten Dank auch! „Hier ist der Tee! Yuki-kun! ich habe dich doch gebeten, dich zu setzen!“ Oh! Hatte ich ganz vergessen! Ich muss die letzten zehn Minuten ziemlich doof hier rumgestanden und ins Leere gestanden haben. Ein sanftes Lächeln auf den Lippen drückte sie mich auf einen der Küchenstuhle und befüllte eine Teeschale vor meiner Nase. „Möchtest du Milch oder Zucker?“ Fragte sie eilfertig, während sie auch die Schalen von sich und Haru befüllte und eine hellblaue Häschentasse vor Momiji abstellte, die wohl Kakao enthielt. „Ja, danke. Ich hatte gerne beides.“ Antworte ich und schaue auf meine Hände. Jetzt gibt es kein Entkommen mehr. Wenn ich nur wüsste, wie ich es erklären soll! „Habt ihr mal Äsop gelesen?“ Alle Personen außer mir selbst starren mich irritiert an. Haru sieht etwas wütend aus, hoffentlich verwandelt er sich nicht in Black, sonst müssen wir schon wieder ein neues Teeservice kaufen! Andererseits hält dieses schon erstaunlich lange. Es existiert schon, seit dem Tag nachdem Kyo hier ausgezogen ist! Also schon über ein Jahr!! Mann, Mann, Mann! Wie die Zeit vergeht... „Nein, hab ich nicht. Was schreibt der denn so?“ Toru lächelt ihr perfektes Lächeln und versucht ihre Enttäuschung darüber zu verdecken, dass ich nicht gleich über den heutigen Zwischenfall zusprechen komme. Momiji setzt seine Tasse ab, schüttelt ebenfalls den Kopf und erinnert mich eben daran, dass ich sie aufklären sollte. Ich nicke. „Äsop war ein griechischer Dichter, vermutlich ein freigelassener Sklave. Auf jeden Fall hat er sehr viele Fabeln verfasst, die auch später immer wieder von Literaten bearbeitet wurde. “ Erläutere ich und beeile mich fortzufahren, da mir der aggressive Zug in Harus Gesicht aufgefallen war. „Ich denke eine dieser Fabeln erklärt gut, warum ich immer so eine schlechte Beziehung zu Kyo hatte, als er noch bei uns war. Bitte erzählt nichts davon irgendjemandem! Ich will keinen Stress mit Akito kriegen!“ Ein bisschen peinlich ist es mir schon, so offen über meine Angst vor unserem Clanchef zu reden, aber es lässt sich wohl nicht ändern, wenn ich sie zum Schweigen kriegen will. „Ich werde versuchen, die Fabel nachzuerzählen.“ Nervös kratze ich mich am Kopf und nehme noch einen Schluck Tee. Pure Zeitschinderei! Absolut sinnlos! Schließlich kann ich mich, unter den unbarmherzigen Blicken meiner Zuhörer, dazu durchringen fortzufahren. „Eines Tages, fand der Fuchs auf einem seiner Streifzüge den Weg zu einem Garten. Neugierig schnüffelte er darin herum und sah schließlich eine Spalier der schönsten Weintrauben. `Oh! Was schauen die Trauben reif und saftig aus!´ Sagte der Fuchs und ihm lief das Wasser im Maul zusammen. Aber wie sehr er auch versuchte die Ranke hinaufzuklettern, um die köstlichen Früchte zu erreichen, es gelang ihm doch nicht. Zum Springen, hangen sie auch zu hoch und so musste er sich schließlich wohl damit abfinden, dass er diese Beute nicht erlangen konnte. Da dreht der Fuchs sich um und ging, ohne die Trauben noch eines Blickes zu würdigen. `Ach was interessiert mich dieses saure Obst! Ich würde nur Magenkrämpfe von diesen abscheulichen Dingern bekommen!´“ Ich schwieg und schaute zu wie es in den Köpfen meiner Zuhörer arbeitete. „Also hast du Kyo eigentlich nicht gehasst?“ Momijis Stimme klingt in diesem Augenblick bestimmt eine Oktave tiefer, als normal. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist, aber auf einmal wirkt er fast wie ein erwachsener Mann und nicht wie das üblicher Kleinkind! „Ja und nein. Natürlich gab es Sachen, die ich an ihm gehasst habe. Ich hasste es, wenn er mal wieder laut herumbrüllte, wie sehr er mich doch verabscheute. Ich hasste es, wenn er sich mit anderen Leuten stritt und ich befürchten musste meine ‚Monopolstellung’ zu verlieren. Aber am meisten hasste ich wohl, dass egal wie sehr ich es wollte, ich ihn weder ignorieren noch wirklich hassen konnte. Und, dass er, egal was ich auch tat, für mich unerreichbar bleiben würde.“ Ein trauriges Lächeln huschte über meine Züge. „Doch als Kyo dann auf einmal wegging, war alles anders. Mein Selbstbetrug, die Lüge euch und ihm gegenüber, alles stürzte zusammen wie ein Kartenhaus und ich saß auf einmal vor den Trümmern eines Lebens, das ich ohne Kyo, meinen Feind, nicht mehr ertragen konnte. Obwohl wir uns immer gestritten haben, uns prügelten uns Sachen an den Kopf schmissen, die wir uns nie trauen würden einem anderen Menschen ins Gesicht zu sagen, war ich abhängig von ihm. Ich brauchte ihn.“ Mit einem Seufzen fügte ich nach einer kurzen Stille hinzu. „Ich brauche ihn noch immer.“ „Erinnerst du dich an diesen Winterabend, als du und ich vor Kyos `neuer Wohnung´ gesessen haben und dein Freiern beim Rein- und Rausgehen zugesehen haben, Haru? Damals sagtest du, wenn ich ihn darum bitten würde, würde Kyo wieder kommen. Was du nicht wissen konntest war, dass ich Monate zuvor schon genau das versucht hatte. Okay, es war vielleicht nicht der beste Zeitpunkt, immerhin war er eine große Platzwunde am Hinterkopf und war total besoffen! Aber ich habe es versucht! Habe ihm gesagt, dass ich ihn brauche und habe ihn im wahrsten Sinne des Wortes unter Tränen und auf Knien gebeten zurück zukommen. Er hat es mir nicht abgenommen und ist einfach gegangen. Am nächsten Morgen habe ich erfahren, dass er von der Schule gegangen ist.“ Meine Stimme klingt rau. Ich bin mir sicher, dass sie alle wissen, dass ich nur mühsamst die Tränen unterdrücken kann. „Wenn Kyo eines ist, dann stolz. Er ist der stolzeste und konsequenteste Mensch, den ich kenne. Hat er einmal eine Entscheidung getroffen, dann setzt er diese durch, komme was wolle.... Es sei denn, er trifft die Entscheidung, dass die vorherige Entscheidung Mist ist. Es war klar, dass Kyo nicht zurückkommen würde.“ Irgendwie muss ich bei dem Gedanken an diese unbeugsamen Glutaugen lächeln. Wie schön er doch aussah, wenn er mich wild entschlossen anfunkelte und mir seine ganze Mimik die Kampfbereitschaft geradezu ins Gesicht schrie! „Mit anderen Worten, du bist heute Mittag zusammengebrochen, weil du Kyo liebst und nicht ertragen kannst, dass du ihn hast gehen lassen.“ Stellte Haru fest und trieb mir mit dieser Konfrontation die Röte in die Wangen. „Ich bitte dich! Nur weil Yuki-kun ihn mag, muss er Kyo-kun doch nicht gleich lieben!“ Widersprach Toru, ehe ich etwas dazusagen konnte. „Ich vermisse ihn.“ Murmel ich leise und leere meine Teeschale mit einem Zug. „Wer von uns tut das nicht!“ Momiji lächelt und legt mir die Hand auf den Unterarm. „Es hatte irgendwie immer etwas Beruhigendes an sich, euch zwei streiten zusehen. Sobald ihr damit aufgehört habt, herrschte immer so eine beängstigende Stille! Wenn ihr gestritten habt, war alles in Ordnung.“ Der Hasenzwerg grinst. „Irgendwie habe ich immer gespürt, dass ihr euch nicht wirklich hasst!“ „Oh! Gleich kommt Mogeta, Toru-chan!! Wir müssen uns beeilen, wenn wir noch den Vorspann sehen wollen!“ Ruft mein kleiner Cousin dann ohne jeden Kontext zu seinem vorherigen Satz aus und fasst Toru am Arm um sie aus dem Raum zu ziehen. Es ist mir, als hätte ich gesehen, wie er Haru im Vorbeigehen einmal verschwörerisch zugezwinkert hat. Die lieben Kleinen werden doch nicht etwas aufmüpfig?! Na, richtig schaden können, sie mir ohnehin nicht, sie stellen keine Gegner für mich da. Es gibt nur einem der dieser Position würdig ist. Nun ja, da ich nicht besseres zutun habe, sollte ich mir vielleicht noch einen Tee genehmigen... Eben genanntes Heißgetränk wechselt kurz darauf golden sprudelnd von seinem Vorherigen Aufenthaltsort, sprich Teekanne, in seinen neuen, sprich Tasse. Haru sitzt immer noch am Tisch und sieht mir zu. Und schweigt, als warte er darauf, dass ich irgendwas sage. Reicht ihm mein überaus ganzheitlicher Seelenstrip von eben denn nicht?! Was erwartet der denn noch? Dass ich ihn beichte, heimlich mit Akito liiert zu sein und von ihm schwanger bin, nächsten Monat Zwillinge bekomme, die aus Traditionsgründen (was auch immer das hier zu bedeuten hat) Heinz und Hildegunde heißen werden?! ENTSCHULDIGE MAL!!! Junge, guck mich nicht so an!!! „Yuki, ich liege doch richtig in der Annahme, dass in der Nacht in der wir vor Kyos neuem Zuhause gesessen haben, mehr passiert ist, oder?“ Oh. Jetzt hat er mich. In diesem Moment müsste ich farblich perfekt mit einem frischlackierten Löschzug harmonieren, wenn wir gerade einen zur Hand hätten. Damit habe ich nicht gerechnet! Unser kleiner Ochsenfrosch, kann ja richtig scharfsinnig sein! Nur warum muss er seine kriminologische Ader gerade jetzt entdecken?! „Ich bitte dich, Yuki! Du kommst erst am nächsten Morgen später, wirkst aber nicht so, als wärest du lange bewusstlos gewesen und todsterbenskrank. Du bist nass geschwitzt, riechst als ob du der... Fleischeslust gefrönt hättest ...und schaust, wie die Katze, die gerade den Kanarienvogel verspeist hat! Der riesige Batzen Geld, den dir Sensei zugesteckt hatte, ist auch futsch! Glaubst du wirklich ich würde so etwas übersehen?! Sei froh, dass dir Sensei erst nach dem Duschen über den Weg gelaufen ist!“ Reib es mir doch unter die Nase, Blödmann! Als ob es nicht schwer genug wäre, zu ertragen dass Kyo seinen Körper an mich verkauft hat. Ich habe mit ihm schlafen wollen, ja! Und für den Moment war ich auch unglaublich glücklich und zufrieden! Es gibt wohl keinen Augenblick in meinem Leben, den ich mehr genossen habe als diesen, indem mir Kyo auf solch intensive Weise seine Nähe gewährt hatte. Aber danach... War es um so schlimmer. Nicht nur, dass ich nun mit konkreten Vorstellungen und Erinnerungen bezüglich seines Körpers und seiner Berührungen habe, nein die Tatsache dass es nur das Geld war, das Kyo zu einem solchen Schritt bewegt hat und nicht ich, macht treibt mich seit dem in die Verzweifelung. „Weißt du was?! Wie wäre es wenn du dich mal um deinen eigenen Sch*** kümmerst?!“ Ich gebe zu, eigentlich ist es nicht mein Stil andere Leute anzubrüllen, geschweige denn zu beschimpfen! Erstrecht nicht, wenn sie eigentlich Recht haben...Aber in diesem Moment weiß ich mir einfach nicht anders zuhelfen. „Es geht dich ein feuchten Sch***dreck mit Soße an, ob und mit wem ich schlafe!! Für wen hältst du dich denn!?!“ Die Beschwichtigungsversuche meines erschrockenen Cousins, von wegen er habe es nicht so gemeint, dringen gar nicht erst bis an mein Ohr. Ohne Kyo bin ich sehr unausgeglichen, gerade jetzt bricht wohl wieder einmal die Frustration in mir hoch. Noch während ich Haru anblaffe, tut es mir auch schon leid. Ich weiß dass er es eigentlich nur gut gemeint hat. Aber das ist mir in meiner Wut egal. „Kümmere dich mal lieber darum, wie du Akito dazu überreden willst, das Austauschjahr nach Frankreich machen zu dürfen!!“ Fauche ich noch und ignoriere Harus verletzten Blick als ich aus der Küche rauschte. Die Tür fliegt mit einem Knall in die Angeln, sodass der Aufprall den Putz rechts und Links des Türrahmens herausbröckelt und zu Boden rieselt. „YUKI! Lass mein Haus ganz!! Das hört sich ja an, als würde Kyo da rumwüten!!“ Erschallt Shigures Stimme von oben. „Ach ich könnt mich alle mal am Ar*** lecken!!“ Rufe ich entgegen meiner sonstigen Ausdrucksweise, sehr vulgär und stürme aus dem Haus. Ich weiß nicht wohin ich laufe. Der laue Sommerwind streichelt sanft mein Gesicht. Unbewusst nehme ich wahr wie er kühlend unter meine schweißnassen Kleider kriecht. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Die Häuser, Bäume und Menschen fliegen an mir vorbei, ohne dass mein Hirn in der Lage ist die Information ihrer Anwesenheit erreicht. Ich rannte einfach nur, versuchte mich nur auf meine Füße und Beine konzentrieren und nicht auf die Leere in mir. Nur laufen....rennen...flüchten. Das hastige Trommeln meiner Turnschuhe auf dem Asphalt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)