Joey Bells von Idris (oder "Kaiba vs. Christmas") ================================================================================ Kapitel 2: Anata ni tsuite wo shiru koto ---------------------------------------- Tja, eigentlich sollte das nur ein kurzer weihnachtlicher One-Shot werden. *drop* Jetzt entwickelt es sich zu einer längeren Angelegenheit. Hier ist also Teil 2 von vermutlich 4. (Teil 3 und 4 sind schon in Arbeit! ^_~) Warnungen: Kaibas Perspektive (die für mich ziemlich ungewohnt ist ^^), sein unerträglicher blasierter Sarkasmus, eventuell OOCness und wie üblich ... Kitsch as Kitsch can be ^^ Viel Spaß beim lesen! "Anata ni tsuite wo shiru koto" - bedeutet soviel wie "Die Dinge, die ich über dich weiß" (Danke an Tsumi fürs Übersetzen! *__*) *** Dieses Jahr stand Weihnachten im Zeichen des Köters. Und das war definitiv kein gutes Zeichen. Es begann schon in dem Augenblick als ich die Turnhalle betrat und mir wünschte, ich hätte es nicht getan. Es war laut, es war voll und aus zehn verschiedenen Lautsprechern schallte mir etwas entgegen, das ich mit einiger Mühe als "Jingle Bells" identifizieren konnte. Meine minderbegabten Mitschüler rannten unorganisiert durch die Halle, die so genannten Lehrkräfte versuchten so auszusehen, als hätten sie alles im Griff (und scheiterten dabei erbärmlich) und dutzende von Menschen, die definitiv noch nichts hier bei den Vorbereitungen zu suchen hatten, liefen mit Enthusiasmus quer durch das Chaos und machten es nicht besser. Wunderbar. "Mokuba ..." mein Blick wanderte langsam und drohend hinunter auf meinen kleinen Bruder. "Bitte, sag mir noch einmal, wieso ich mir das antun soll." "Mein Auftritt!!" er sah bettelnd zu mir hoch und hielt vorsichtshalber einen Zipfel meines langen Mantels fest, als hätte er Angst, ich würde versuchen zu entkommen. "Das ist wichtig! Du hast versprochen, dass du zusiehst." Leider hatte ich das. In einem Anfall geistiger Umnachtung hatte ich das wohl wirklich. Dabei war es mir völlig unbegreiflich wie ausgerechnet Mokuba, der sonst der vernünftigste, am meisten erwachsene Zwölfjährige der Welt war Spaß an so etwas Idiotischem wie Weihnachten haben konnte. Oder daran mit seiner Klasse etwas aufzuführen. Oder ... "Bitte!" Riesengroße dunkle Augen sahen zu mir hoch. "Bitte! Weil Weihnachten ist ...?" Ich hielt inne. "Nein." Deswegen mit Sicherheit nicht. Wenn ich etwas tat, dann mit Sicherheit nicht wegen irgendwelchen äußeren Umständen und schon gar nicht wegen etwas dermaßen Lächerlichem wie Weihnachten. "Weil du es bist." "Danke, Seto." Er strahlte mich vertrauensvoll von unten her an und für Sekunden musste ich den lebhaften Impuls unterdrücken ihm liebevoll durch die Haare zu wuscheln. Aber dass ich ihn über alles liebte, war ganz und gar meine Privatangelegenheit und ging niemanden etwas an. "Da drüben ist meine Lehrerin!" Sein Kopf flog herum und er ließ meinen Mantel los. "Wartest du hier auf mich? Ich muss sie schnell was fragen. Ich bin sofort zurück!" Ich nickte und sah ihm nach, als er zu einer jungen Frau hinüber lief, die hektisch mit den Armen fuchtelte und aussah als bekäme sie jeden Moment einen Anfall. Erbärmlich - dieser Mangel an Organisation. Ich hatte den Eindruck, das Chaos um mich herum schien grade auf einen lebhaften Höhepunkt zuzusteuern. Allerdings fehlte da noch irgendetwas um den Tumult perfekt zu machen ... besser gesagt irgendjemand. Denn das personifizierte Chaos hatte auch immer einen Namen ... und ein ganz bestimmtes Gesicht. "Vorsicht!!" Der Aufschrei wurde von einem lauten Krachen begleitet und dann sauste ein überdimensionales, bunt beleuchtetes nicht näher identifizierbares Objekt lediglich Millimeter entfernt an meinem Kopf vorbei und landete scheppernd auf dem Boden. Ich hob eine Augenbraue. Irgendwie war ich nicht überrascht. "Falls das ein niveauloser Versuch gewesen sein sollte mich umzubringen, dann muss ich dir leider sagen, dass er schief gegangen ist", informierte ich ihn und hob langsam den Kopf. Ich hätte mir nicht einmal die Mühe machen müssen hinzusehen um zu wissen, wer das gewesen war. Es gab definitiv nur eine Person auf der ganzen Welt, die so viel Unfähigkeit und Talentlosigkeit an einem Ort versammelte. Joseph Jay Wheeler, bei seinen Freunden auch bekannt als Joey. Sich mit einer Hand festhaltend, balancierte er ganz oben an der Sprossenwand und blickte verlegen zu mir hinunter. "Tut mir leid! Alles in Ordnung?" "Keine Sorge - wenn nicht, würdest du es spätestens morgen von meinen Anwälten erfahren." "Ich bin schwer beruhigt, dass zu hören!" rief er und wandte sich eilig wieder in Richtung der Wand. Er schloss kurz die Augen und sein Griff um die Stangen verstärkte sich. "Wo du schon da bist - du hast wohl nicht zufällig Lust mir das Ding wieder nach oben zu bringen?" Er lachte verlegen. "Mach dich nicht lächerlich, Wheeler." Sah ich so aus, als hätte ich die Absicht diese absurde Veranstaltung auch nur in geringster Weise zu unterstützen? "Schon gut ... wieso frage ich überhaupt?" Er verdrehte die Augen und begann hinunter zu klettern. Seine langen, schlanken Beine angelten nach der nächsten Stufe und sein kleiner Hintern hat etwas in jeder Hinsicht Aufreizendes an sich, wie er da während dem Klettern hin und herwackelte. Ich betrachtete ihn argwöhnisch. Bei ihm war ich mir niemals sicher, was von seinem unbegreiflichen Verhalten Zufall war und was er mit Absicht machte, nur um mich zu irritieren. Er ließ sich einen Moment lang in der Luft baumeln, bevor er schließlich neben mir landete. "Du bist so ziemlich der letzte Mensch, von dem ich erwartet hatte, dass er heute herkommt. Ich bin geplättet." Er grinste und man hätte ihm beinah abkaufen können, dass er sich freute mich zu sehen. Er angelte nach der überdimensionalen beleuchteten Monstrosität, die sich als viel zu bunt geschmücktem Elchkopf entpuppte und betrachtete sie. "Ist noch ganz", stellte er erfreut fest. "Erwarte keine Begeisterungsausbrüche von meiner Seite." Ich verschränkte die Arme. "Ich habe lediglich vor, das so schnell wie möglich hinter mich zu bringen." "Oh, komm schon - es ist Heiligabend! Falls du vorhattest, auch nur einmal in deinem Leben nett zu mir zu sein ... dann ist heute der ideale Tag dafür!" Der ideale Tag ... ganz sicher. Er hatte vermutlich keine Vorstellung wie unglaublich egal mir dieses Fest war. "Bepinkel dich nicht vor Freude, Köter." Er verzog das Gesicht. "Hey! Was für ein Problem hast du, dass du es nicht einmal für fünf Minuten schaffst halbwegs zivilisiert zu sein?!" knurrte er. "Und spar dir die Hundewitze - das wird langsam echt alt!" Schnaubend griff er mit der einen Hand nach der Sprossenwand, während er mit der anderen immer noch den künstlichen und aberwitzig geschmacklosen Elchkopf festhielt. Alles in allem sah es nach einer gefährlich wackeligen Angelegenheit aus. Ich fragte mich ernsthaft ob die Schule bei solchen Unfällen versichert war. Aber scheinbar hatte er es ja schon einmal geschafft mit dem Ding heil nach oben zu kommen. "Wheeler ..." "Was?!" Er war offenbar wirklich sauer. Idiot. "Es ist ziemlich dämlich für jemanden mit Höhenangst, eine solche Aufgabe zu übernehmen", sagte ich ruhig. Er hielt mitten in der Bewegung inne und wandte sich auf halber Höhe zu mir um. "Kann sein." Misstrauisch sah er mich an, als wüsste er nicht genau wie er diese Bemerkung einordnen sollte. "Woher weißt du, dass ich ...?" "Unwichtig. Versuch lieber dich dieses Mal nicht ganz so dumm anzustellen", schnitt ich ihm das Wort ab. "Sonst bist du das nächste was hier unten landet." Er sah mich an, unsicher und ein wenig überrascht, aber er sagte nichts mehr. Schließlich nickte er und wandte sich ab, und begann vorsichtig weiter nach oben zu klettern. Natürlich wusste ich, dass er Höhenangst hatte. Spätestens als er sich dreimal hintereinander auf meinem Luftschiff übergeben hatte, wäre das jedem Idiot klar gewesen. Tatsache war, dass ich einiges über Wheeler wusste, auch wenn er das niemals geglaubt hätte ... Ich wusste, dass seine Eltern geschieden waren und dass sein Vater ein ernsthaftes Alkoholproblem hatte. Ich wusste auch, dass die blauen Flecken und kleineren Verletzungen, die er immer wieder hatte nicht von irgendwelchen Raufereien auf dem Schulhof stammten. Ich wusste, dass er sechsmal die Woche morgens Zeitungen austrug und dafür lächerliche 47 Yen in der Stunde verdiente. Ich wusste, dass seine Schulakte genau 382 Seiten umfasste und dass erstaunlich wenig neue Einträge hinzukommen waren, seitdem er mit Yugi Mutou befreundet war. Ich wusste, dass sein Notendurchschnitt im letzten Jahr nicht einmal schlecht gewesen war, und dass das einzige Fach wo er von seiner 5 niemals herunterkam Mathematik war. Ich wusste, dass der Telefonanschluss in seiner Wohnung schon seit Jahren abgeschaltet war, weil sein Vater ihn nicht bezahlte und dass er alle paar Tage von einer Telefonzelle aus seine kleine Schwester anrief, die bei ihrer Mutter lebte. Ich wusste, dass er Kaugummis mit der Geschmacksrichtung Cherry-Mint bevorzugte und ich wusste sogar dermaßen unwichtige Details, wie dass er seinen linken Schuh immer zuerst zuband. Das einzige, was ich nicht wusste war, wieso ich mir jemals die Mühe gemacht hatte, das alles herauszufinden. "Hey Joey! Alles okay da oben?" Eine bekannte Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich drehte mich um. "Hallo Kaiba." Yugi warf mir ein freundliches Lächeln zu. "Schön, dass du hier bist." Darüber ließe sich streiten. Ich nickte unfreundlich und schwieg, was Yugi aber nicht im Geringsten zu irritieren schien. "Wie läuft es bei euch? Kriegt Joey das hin?" Er warf einen besorgten Blick nach oben. Hatte er sie noch alle? "Es gibt kein euch!" stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Da war Wheeler, hier war ich - da existierte nicht der geringste Zusammenhang. "Wenn du das sagst." Er strahlte mich an, lieb und unschuldig wie ein kleines Kind, bevor er seinen Blick wieder nach oben wandte. Ich hätte ihn erwürgen können. "Joey? Alles in Ordnung?" "Alles bestens, Yug!" ertönte es von oben, wo Wheeler es allem Anschein nach tatsächlich geschafft hatte das räudige Ding endlich zu befestigen. Welche überragende Leistung von dem Penner. "Ich bin gleich unten!" Geschickter als ich ihm zugetraut hätte, begann sich wieder herunter zu hangeln. "Fall nicht runter, ja?" rief Yugi. "Hab ich nicht vor!" "Das ist gut", erwiderte Yugi und warf mir ein hinreißendes Lächeln zu. "Sonst müsste Kaiba dich auffangen!" "Was?!" "WAS?!" Mir lag es auf der Zunge ihm zu versichern, dass er sich definitiv nicht darauf verlassen sollte, dass ich das tun würde ... als genau das eintrat. Ich hörte ihn schockiert nach Luft schnappen und sah wie er vergeblich versuchte sein Gleichgewicht zu behalten ... und dann verlor Wheeler den Halt. Er war schon auf einer der letzten Sprossen gewesen, als es passierte und ich schiebe es ganz und gar auf Yugis völlig deplazierte Bemerkung, dass er genau in diesem Augenblick die Stufe verfehlte und nach hinten wegrutschte. Es ging so schnell. Er fiel mir praktisch entgegen, mit dem Rücken voran und es war wie ein Reflex ... reiner Selbstschutz, dass ich ihn auffing. Von seinem Schwung mitgerissen, stolperte ich nach hinten und fing mich grade noch ab, und meine Arme schlangen sich beinah wie von selbst um seine Taille und hielten ihn fest. Sein Pullover rutschte bei dem abrupten Zusammenstoß nach oben. Er war ganz warm und das Stück flacher, harter Bauch, das meine Hände streiften, war jungenhaft und glatt. Für Sekunden war ich überrascht. Er war so ... dünn. "Joey! Alles in Ordnung?!" Yugis besorgte Stimme holte mich zurück. Ich ließ ihn los als hätte ich mich verbrannt, in gewisser Weise froh dass ich sein Gesicht nicht sehen musste. Es war seltsam ... denn er wirkte doch immer so robust und sportlich ... vielleicht weil das erste, was man mit Joey Wheeler in Verbindung brachte seine große Klappe und sein freches Benehmen war. Mir war nie wirklich bewusst gewesen, wie schmal das Hündchen in Wirklichkeit war. Aus unerfindlichen Gründen irritierte mich dieser Gedanke mehr als alles andere. Hastig wandte ich mich ab, im gleichen Maße verwirrt und angepisst. "Was für ein Glück, dass Kaiba da war. Du hättest dich verletzen können." "Mach kein Drama draus, Yugi", fertigte ich ihn eisig ab. Das fehlte noch zu meinem Glück, dass er in der Schule herumrannte und jedem erzählte, dass ich dem Köter das Leben gerettet hätte. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich es früher bereuen würde hier herzukommen, als ich angenommen hatte. "Kaiba ..." Wheeler klang außer Atem, als wäre er gerannt. Schisser. Man könnte meine, er hätte Angst gehabt. Ich wusste, er würde irgendetwas Rührseliges sagen, immerhin waren er und seine Freunde der rührseligste Verein, den ich kannte - und ich wollte es nicht einmal hören. Ich hatte das nicht getan, weil Weihnachten war und schon gar nicht, weil ich einen plötzlichen Moment von Einsicht und Nächstenliebe gehabt hatte und es pisste mich an, dass er das vielleicht dachte. "Ich ..." Es rauschte über uns. Er verstummte mitten im Satz und wir hoben praktisch synchron die Köpfe. Mit einem ohrenbetäubenden Scheppern sauste der der Elchkopf an uns vorbei und landete in unserer Mitte. Rechts und links flogen die Papierfetzen. Seine roten Leuchtaugen blinkten mich unverfroren an und ich musste den unwiderstehlichen Drang unterdrücken nach ihm zu treten. "Ich krieg die Krise! Das darf nicht wahr sein!" Wheeler wedelte aufgebracht mit den Armen. "Da riskiert man Kopf und Kragen und das blöde Ding bleibt einfach nicht oben!" "Immerhin hat es niemanden von uns getroffen", stellte Yugi fest. "Was für ein Glück." Dieser unerträgliche, gut gelaunte ...Optimist! "Yug, du verstehst nicht - jetzt muss ich noch mal da hoch! Und ich bin noch nicht einmal umgezogen für nachher!" "Denk dran, dass wir gleich zu den Ständen müssen ...", gab Yugi zu bedenken und warf einen kurzen Blick zu der Eingangstür. "Langsam kommen die ersten Besucher." "Aber ..." Langsam reichte es mir. Ich war umgeben von Idioten. Falls Wheeler vorhatte, sich heute noch umzubringen, konnte er das auch unproblematischer haben - vielleicht in dem er mich weiter reizte. "Lass das verdammte Ding gefälligst unten - wen interessiert schon ob es da hängt oder nicht!" fuhr ich ihn an. "Erwarte nur nicht, dass ich dir noch mal deinen kleinen Arsch rette, wenn du runterfällst!" Ich wandte mich ab und machte Anstalten zu gehen. Weihnachten und Nächstenliebe. Es war zum kotzen. Das war alles so verlogen. Ich hatte es nicht getan, weil Weihnachten war! Ich hatte nicht vor, heute irgendetwas zu tun, nur weil Weihnachten war. "Kaiba! Warte ..." Ich blieb stehen, aber drehte mich nicht um. Wenn ich mich noch länger mit dieser Unfähigkeit herumplagen musste, dann würde ich definitiv die Geduld verlieren. "Ähm ... hör mal ... wegen eben ... ich ..." stotterte er rum und unterbrach sich sofort. "Ich wollte nur sagen ... falls du dich langweilen solltest ...also, falls du sowieso nichts zu tun hast ..." "Wheeler - was versuchst du mir zu sagen?" Nur eine Rührseligkeit, nur ein Spruch über Weihnachten und ich würde ihm an den Kragen gehen. Er holte tief Luft. "Nur, dass ... falls du mich einmal absolut gedemütigt und in einem Rentierkostüm sehen möchtest und dich für den Rest des Abends über mich lustig machen, dann ... dann ist heute der ideale Tag dafür." Er lächelte. Ich wusste es, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte. War das etwa ein Dankeschön? War das Wheelers seltsame, verplante Art mir etwas Nettes zu sagen? Weihnachten. Der ideale Tag ... nicht wahr? Wieso ... wieso hing es in diesem Jahr nur jedes Mal mit Joey Wheeler zusammen ... wenn ich den verschwommen Eindruck hatte, irgendein Stück dieses lächerlichen Gefühls zu erwischen ... um das alle so viel Aufhebens machten ... ^to be continued^ Feedback? Immer her damit! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)