Weihnachtsengel von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Chocolate -------------------- O=O==O===O===O==O=O O Weihnachtsengel O O=O==O===O===O==O=O Autor: Ju-chan E-Mail: weissewoelfin@arcor.de Teil: 3 / 8 Abgeschlossen: ja Fandom: Original Warnung: depri, sap Disclaimer: Mal wieder alles meiner Fantasie entsprungen! Kommentar: Sooo, da Animexx gestern bei mir gestreikt hat *brumm* lad ich erst heut meine Weihnachtsstory für dieses Jahr hoch. Hoffe, dass sie heute, am 24.12., noch online geht, wenn nicht, dann halt am 1. Feiertag! Ich wünsche allen ein schönes Fest! O=O==O===O===O==O=O Chocolate O=O==O===O===O==O=O Mit brummendem Schädel setzte Simon seinen Weg durch die Zugabteile fort. Er wusste einfach nicht, was heute mit ihm los war. Irgendetwas in ihm schrie förmlich, dass er krank werden würde. Und wie sollte es auch anders sein, standen seine wenigen freien Tage um Weihnachten bevor. Simon war nie krank, aber wenn, dann traf es immer seine eh schon knapp bemessenen Urlaubstage. Der 18-jährige schüttelte leicht den Kopf und beschloss, sich nicht darüber aufzuregen. Was kommen musste, würde kommen, da konnte er eh nichts dran ändern. Im Moment störten ihn nur die Kopfschmerzen, das Kratzen in seinem Hals, die ab und an tränenden Augen und vor allem die gewaltige Masse an Fahrgästen, die sich wieder munter und laut um ihn herum tummelte. Die geschäftige Fröhlichkeit zog seine Laune von Zeit zu Zeit mehr herunter und Simon hoffte nur inständig, dass seine Schicht bald beendet sein würde. Sichtlich genervt stempelte er die nächste Fahrkarte ab, die ihm hin gehalten wurde. Mit einem leisen Brummen reichte er sie dem Fahrgast zurück und wartete auf die nächste. Während eine etwas ältere Frau aufgeregt ihre Handtasche nach dem Stück Papier durchwühlte, blickte Simon betrübt sein Spiegelbild in der Fensterscheibe an. Kam es ihm nur so vor oder sah er heute einfach nur schlecht aus? Das kurze schwarze Haar war zwar ungebändigt wie immer, doch es schien Simon, als wenn es seinen Glanz verloren hätte. Seine sonst immer gesunde Hautfarbe kam ihm nun blass vor und wenn er es nicht besser wüsste, könnte man nach seinen Augenrändern schließen, dass er schon seit Tagen nicht mehr ordentlich geschlafen hatte. Scheiß Beleuchtung!, fluchte er innerlich und versuchte sein Spiegelbild zu übersehen und die vorbeirauschende Landschaft zu erkennen. Doch draußen war es dunkel. Missmutig dachte er an den vergehenden Abend. Wieder ein Abend, den er mit Arbeiten verbrachte. Wieder ein Abend, wo er später zu Hause todmüde ins Bett fallen würde - ohne jemanden neben sich. Wieder ein Abend weg und morgen war schon der 24. Dezember, Heiligabend. "Entschuldigen Sie..." Erschrocken zuckte Simon zusammen - und sah in das verwirrte Gesicht der älteren Frau. Etwas überrumpelt griff er nach der Fahrkarte und setzte, ohne sie näher zu betrachten, seinen Stempel darauf. Er hatte gar nicht gemerkt, wie er mal wieder begonnen hatte zu träumen. Mit einem gemurmelten "Schöne Weiterreise noch..." setzte er sich wieder in Bewegung. Simon wusste nicht, wann genau er begonnen hatte, so negativ zu denken und in allem nur das Schlechte zu sehen, aber es hatte definitiv etwas mit seinem Ex zu tun. Als seine Gedanken zu Martin wanderten, erschien auch schon prompt dessen Gesicht vor Simons geistigem Auge: schwarze lange Haare, die ein leicht gebräuntes Gesicht mit schönen grünen Augen und dem strahlendsten Lächeln, das es gab, umrahmten. Es versetzte Simon einen Stich an Martins Lächeln zurück zu denken. Wieder einmal wurde ihm schmerzlich bewusst, dass er diesen Kerl geliebt hatte, auch wenn sie nicht mal ganz ein Jahr zusammen gewesen waren und ihre Trennung nun schon eine geraume Weile zurück lag... Kopfschüttelnd vertrieb Simon die unerwünschten Gedanken und öffnete die Tür zu dem Abteil, das für das Personal vorgesehen war. Seufzend ließ er sich auf einen der Fensterplätze fallen, was einer seiner anwesenden Kollegen mit einem fragenden Blick quittierte. "Was ist los, Kleiner?" In seiner Stimme schwang ein spöttischer Unterton mit. "Morgen ist Weihnachten - du hast sogar frei - und machst ein Gesicht, als wenn die Welt untergehen würde...." Vielleicht tut sie das ja auch, war das erste, was Simon einfiel, doch er konnte sich gerade noch zurück halten und diesen Gedanken nicht laut aussprechen. Statt dessen brummte er eine nicht sehr überzeugend klingende Antwort: "Ich glaub, ich werd krank..." Sein Kollege zuckte darauf hin nur kurz mit den Schultern und die Konversation war beendet. Simon wusste, dass er sich zur Zeit nicht unbedingt beliebter bei seinen Kollegen machte, kein Wunder bei dem unzugänglichen Verhalten, das er an den Tag legte, aber das war ihm so was von egal... Allein wenn er das Wort Weihnachten schon hörte, sank seine Stimmung rapide. Mit nach draußen gerichtetem Blick hing Simon seinen Gedanken nach... und reagierte erst, als er sanft an der Schulter berührt wurde. "Wach auf, Kleiner... Feierabend!" Simon war für einen kurzen Moment verwirrt, anscheinend war er tatsächlich eingeschlafen, doch dann fing er sich wieder und gähnte herzhaft. Ein wenig verspannt erhob er sich und mal wieder fiel ihm auf, wie unbequem Züge doch eigentlich waren... Wortlos raffte er seine Sachen zusammen und folgte stumm seinen Kollegen, die sofort das Personal begrüßten, das von dieser Station an nun übernehmen würde. Simon beschloss sich gar nicht erst auf ein Gespräch einzulassen und verabschiedete sich gleich mit einem halbherzigen Gruß und einem Winken von den anderen Bahnangestellten. Die Nacht war kalt und nach der Wärme im Zug, begann Simon hier draußen sofort zu frösteln. Brummend vergrub er die Hände in den Taschen und trottete nachdenklich über den Bahnsteig in Richtung Bahnhofshalle, seinen Blick forschend wandern lassend. Es waren nicht mehr viele Leute unterwegs. Kein Wunder, ging es ihm durch den Kopf, es ist schon nach 22 Uhr, es ist kalt und morgen ist Weihnachten, da haben die Leute besseres zu tun, als die Nacht auf einem eisigen Bahnsteig zu verbringen. Seine Schritten wurden einen Tick langsamer, denn wieder wurde ihm schmerzlich bewusst, dass er nichts besseres zu tun hatte, als spät nachts zu arbeiten. Es gab keinen, der zu Hause auf ihn wartete. Er würde sich zu Hause schlafen legen und wenn er morgen nicht so krank war, dass er nicht mehr aufstehen konnte, würde es ein Tag wie jeder anderen werden... Trotzig kickte Simon eine eingedellte im Weg liegende Blechdose davon. Der metallene Klang, mit dem sie erst davon sprang und dann rollte, hallte laut wieder. Müßig sah Simon der Dose nach und blickte erst auf, als sie zu den Füßen von jemandem liegen blieb. Simons Blick glitt überrascht an dem Jemand hoch: dunkle Turnschuhe, eine schwarze Kordhose, eine schwarze Jacke, ein blasses Gesicht, das von blonden mittellangen Haaren eingerahmt wurde. Die warmen braunen Augen, die aus ihm hervor blickten, sahen ihn direkt an. Und Simon stutzte. Den kenn ich doch, ging es ihm durch den Kopf und er machte ein paar Schritte auf seinen Gegenüber zu, welcher ihn immer noch wortlos anblickte. "Ach, du...", begrüßte Simon den "kleinen Schwarzfahrer von gestern", wie er ihn in seinen Gedanken nannte, überrascht. Der schien für einen Moment ebenfalls erstaunt, als er Simon anscheinend wieder erkannte, dann lächelte er jedoch warm. "Hallo..." Ein wenig unschlüssig stand Simon vor dem Kleineren und wusste nicht, was er nun tun sollte. War es blöd, ihn einfach ohne Grund in ein Gespräch zu verwickeln? Oder sollte er es besser auf sich beruhen lassen und nach Hause gehen? Doch was sollte er dort? Es wartete keiner auf ihn... und der Fremde brachte schon wieder das warme Gefühl von gestern zurück, nach dem er sich insgeheim so lange gesehnt, es sich jedoch verboten hatte. Eine innere Stimme riet ihm zwar, einfach weiter zu gehen, aber ein Gefühl in ihm flehte ihn an, hier zu bleiben, das warme Gefühl noch für einen Augenblick zu genießen. Doch noch immer wusste er nicht, was er nun genau tun sollte. Doch der Fremde war so freundlich ihm diese Entscheidung abzunehmen. "Feierabend?", fragte er leise, doch Simon konnte seine Worte trotzdem verstehen. Stumm nickte er. "Und du? Wartest du noch auf einen Zug?" Im nächsten Augenblick biss er sich auch schon innerlich auf die Zunge. Eine blödere Frage war ihm natürlich nicht eingefallen. Nee, dachte er bitter, der Kleine wartet auf dich, worauf auch sonst?! Natürlich wartet er auf einen Zug... Doch der andere schien sich nicht an der Frage zu stören, sondern nickte zögerlich. "Ja, ich hab aber noch 20 Minuten..." "Noch 20 Minuten?" Simon schauderte. "Und warum hockst du dann hier in der Kälte? Geh doch rein und hol dir was Warmes zu trinken!" Simon war ja schon nach den wenigen Minuten, die er hier draußen stand, durchgefroren. Er wollte gar nicht dran denken, wie kalt dem anderen dann sein musste. Doch der schüttelte nur verlegen den Kopf. "Nee, ich hab leider kein Geld." Simons Stirn legte sich Falten. Etwas misstrauisch fragte er: "Aber eine Fahrkarte hast du dieses Mal schon, oder?" Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Kleineren und er zog ein kleines Stück Papier aus der Tasche. "Natürlich! Es sind sicher nicht alle Kontrolleure so großzügig wie du..." Ich glaub auch, ging es Simon durch den Kopf und auch er musste ein wenig grinsen. Von einem spontanen Impuls gelenkt, meinte er plötzlich: "Wenn du willst, geb ich dir drinnen was Warmes zu trinken aus!", worauf er von dem anderen einen Augenblick misstrauisch gemustert wurde. "Also, wenn du nicht...", wollte Simon sein Angebot schon wieder zurück ziehen, als der Fremde ein wenig schüchtern lächelte und nickte. Etwas steif von der Kälte erhob er sich dann und schulterte seine Reisetasche. Gemeinsam betraten sie die um einiges wärmere Bahnhofshalle und Simon ging zielstrebig auf das kleine Stehcafé zu, von dem er wusste, dass es noch bis 23 Uhr geöffnet hatte. Der Fremde folgte ihm, wenn auch ein bisschen zögerlich. "Was möchtest du? Nen Kaffee?", fragte Simon lächelnd, worauf er jedoch ein Kopfschütteln als Antwort bekam. "Wenn es okay ist, wäre mir ein Kakao lieber." Simon musste ob dieser Bitte grinsen und wenn er sich nicht täuschte, röteten sich die blassen Wangen seines Gegenübers minimal. Simon konnte nun nicht sagen, was der Grund dafür war. War es, weil der Kleine es "wagte" auch noch Ansprüche zu stellte oder weil das Wort "Kakao" ein wenig kindisch klang? Oder verunsicherte das Grinsen auf Simons Lippen seinen Gegenüber? Er wusste nicht, was es war, aber er beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. Kommentarlos bestellte er zwei Tassen warmen Kakao. Mit den dampfenden Tassen kehrte er an den Tisch, den der Fremde auserkoren hatte, zurück und stellte sie vorsichtig ab. Der Kleine bedankte sich und schloss seine Hände sofort um die warme Tasse. Simon fiel auf, dass er seinen Gegenüber in seinen Gedanken immer nur "Kleiner" nannte, und räusperte sich leise. "Wie heißt du eigentlich?" Der andere schien einen Moment überrascht, lächelte dann jedoch freundlich. "Mein Name ist Rick!" Ein wenig förmlich hielt er Simon seine Hand hin, welcher auch sofort zugriff. Simon schauderte kurz, denn die Hand von Rick fühlte sich an, als wenn sie aus Eis bestehen würde. Wie lange er da wohl schon gehockt hat?, fragte sich Simon mitleidig und ließ dann Ricks Hand wieder los, welche sich auch sofort wieder um die warme Tasse schlossen, wie um gewärmt zu werden. Ein wenig verwirrt blickte Simon in Ricks Gesicht und musste erkennen, dass der anderen ihn anstarrte. Als er darauf hin nur zurück starrte, meine Rick ein wenig nervös: "Und du?" "Ich?" Simon wusste im ersten Moment nicht, was Rick meinte, doch dann schien es bei ihm Klick zu machen. "'tschuldigung, ich heiße Simon!" "Okay!" Rick lächelte wieder, wenn auch immer noch ein wenig verunsichert. Wie um Simon nicht mehr anzusehen, richtete er seinen Blick auf seine Tasse und hob sie an, um kurz an ihr zu nippen. Simon tat es ihm gleich. Weil ihm die aufkommende Stille nicht behagte, fragte er unsicher: "Wo willst du denn heut noch hin?" Rick blickte ihn darauf hin ratlos an und es kam Simon so vor, als wenn sein Gesicht sich ein wenig verdüstern würde. Etwas verspätet antwortete der Kleinere: "Nach Hause..." Es tat Simon weh, zu sehen, wie traurig Ricks Augen mit einem Mal wurden und er wiederholte nachdenklich dessen Worte: "Nach Hause... Hm... okay..." Vielleicht war es besser, wenn er nicht weiter nachfragte. Es interessierte ihn zwar irgendwie schon, was genau in dem anderen diesen bitteren Blick verursachte, doch er war sich sicher, eh keine Antwort zu erhalten. Ebenfalls nun ein wenig bedrückt, dachte er an seine schlechte Laune vorhin im Zug zurück und erst jetzt fiel ihm auf, dass diese mit dem Auftauchen von Rick wie weggeblasen gewesen war und er begann sich zu fragen, woran dies lag. Eine geraume Weile hingen beide ihren Gedanken nach, doch dann seufzte Rick einmal tief und fragte leise: "Und? Was ist mit dir? Hast du am Abend vor Weihnachten nichts besseres zu tun als wildfremde Typen auf 'nen Kakao einzuladen?" Simon war bewusst, dass Rick diese Worte nicht böse meinte. Im Gegenteil, seine Stimme klang so, als war es scherzhaft gemeint, als wollte er ihn necken, doch Simon spürte, wie er wieder in die melancholische Stimmung von im Zug verfiel. Woher hätte Rick auch wissen sollen, dass er mit dieser Frage einen wunden Punkt traf? Die Frage hätte Simon eigentlich vorher sehen können. Betrübt richtete er seinen Blick auf den warmen Kakao, von dem immer noch leichte Dampfschwaden aufstiegen, und wusste nicht, was er auf diese Frage antworten sollte. Vielleicht war es besser, wenn er gar nichts darauf sagte. Nun schien auch Rick zu merken, was seine Frage bei seinem Gegenüber bewirkt hatte und seine Stirn legte sich in Falten. "Entschuldigung...", begann er. "... ich wollte dir mit dieser Frage nicht irgendwie zu nah treten!" Mit einem traurigen Lächeln blickte Simon Rick an und wollte gerade etwas erwidern, als er von einer Zugdurchsage unterbrochen wurde. Als es wieder still war, meinte er ruhig: "Nee, ist schon okay. Du bist mir nicht zu nah getreten. Meine Laune ist heute nur nicht unbedingt die Beste. Ich glaub, ich leide irgendwie an Stimmungsschwankungen oder so..." Ein bitteres Lächeln folgte diesen Worten. "Na wenn du meinst..." Rick leerte sanft seine Tasse Kakao und erstarrte dann mit einem Mal. "Ähm.... was war das gerade für eine Durchsage gewesen?" Simon blinzelte verwirrt und richtete seinen Blick auf die große Anzeigetafel, die über ihren Köpfen hing. Zögerlich nannte er die Richtung und Rick wurde noch eine Spur blasser. "Shit! Das ist meiner!", entfuhr es dem Kleineren. Simon, der für einen Moment auch überrascht war, meinte nur lächelnd: "Na dann renn mal! Den müsstest du noch erwischen!" Rick schien einen Moment hin und her gerissen zwischen dem Gedanken jetzt einfach so fluchtartig seinen Gönner zu verlassen und den Zug noch zu bekommen. Dann gab er sich aber sichtlich einen Ruck und verabschiedete sich lächelnd von Simon: "Danke für den Kakao! Ich glaub, ohne ihn wäre ich draußen erfroren! Und noch ein schönes Weihnachtsfest!" "Gleichfalls!", murmelte Simon und blickte Rick nach, der im Laufschritt das Café verließ. Kaum dass Rick außer Sichtweite war, konnte er regelrecht spüren, wie sich seine Stimmung wieder verschlechterte. Simon konnte nicht genau sagen warum, aber es schmerzte ihn ungemein, dass Rick nun gegangen war. Der Kleinere war irgendwie... was besonderes - und Simon wusste nicht mal genau warum. Lag es an seinen braunen Augen, die so warme Blicke verteilen konnten? Oder an dem traurigen Ausdruck, der vorhin auf ihnen gelegen hatte? Vielleicht an dem Lächeln, das Rick ihm an dauernd zugeworfen hatte? Simon seufzte ergeben. Egal woran es lag, er wünschte sich, dass der Kleinere nicht hätte gehen müssen. Deprimiert leerte er seinen Kakao und gab der Kassiererin die beiden Tassen wieder, um dann zu bezahlen. Missmutig schulterte er seinen Rucksack und begab sich auf den Weg zu seinem Auto. Gerade als er die große Bahnhofshalle verlassen wollte, hörte er wie jemand seinen Namen rief. "Simon!" Überrascht drehte er sich um und sah, wie Rick auf ihn zu eilte. Er konnte nichts dagegen tun, dass sein Herz einen Freudensprung machte, als er den zierlichen Jungen auf sich zulaufen sah. Das blonde Haar wurde vom Wind leicht zerzaust und als Rick vor ihm zum Stehen kam, wirkte er ziemlich außer Atem. "Du bist noch da?" Simon war sich sicher, dass in seiner Stimmung außer Überraschung auch die eben verspürte Freude mitschwang... und für einen Moment hatte er ein schlechtes Gewissen deswegen. Rick wirkte ein wenig zerknirscht, als er antwortet: "Ja, mein Zug ist wortwörtlich vor meiner Nase abgefahren..." "Oh...", war das einzige was Simon erwidern konnte. Dann fasste er sich wieder. "Und nun? Wann fährt der nächste?" Mit einem Mal wurde Rick rot. "Na ja...", begann er zu stammeln. "Das war für heute der Letzte... und morgen ist Weihnachten... das heißt... am 25.?" Es klang eher nach einer Frage, als nach einer Antwort. "Aber das ist ja Übermorgen!" Simon war klar, wie überflüssig diese Feststellung war, aber er wusste nicht, was er hätte anderes sagen sollen. Rick nickte niedergeschlagen. Für eine Weile herrschte Schweigen, dann fragte Simon leise: "Was hast du nun vor?" Rick zuckte mit den Schultern. "Muss ich sehen. Irgendwie bekomm ich die Zeit schon rum." "Aber morgen ist Weihnachten!" Simon musste über sich selber staunen. Normalerweise war er der Ansicht, dass Weihnachten ein Tag wie jeder andere war, aber irgendwie gefiel ihm der Gedanke nicht, dass Rick ihn irgendwo alleine verbrachte - zumal er ja auch kein Geld hatte, um sich wenigstens ein Dach über dem Kopf zu besorgen. Das einzige was Rick tat, war wieder mit den Schultern zu zucken. "Was soll's... Da muss ich jetzt wohl durch..." "Komm doch mit zu mir!" Überrascht sahen sich die beiden an. Rick sah so aus, als wüsste er nicht, ob er gerade richtig gehört hatte und Simon, als wenn er überlegen musste, ob er das wirklich gerade gesagt hatte... "Aber..." Rick war sprachlos, doch dann schüttelte er den Kopf. "Nee, das kann ich nicht machen." Simon, der sich wieder gefangen hatte und dessen Herz erneut begonnen hatte wie wild zu pochen, runzelte die Stirn. "Warum denn nicht? Hätte ich dich nicht auf 'nen Kakao eingeladen, hättest du den Zug nicht verpasst. Also bin ich quasi Schuld an deinem Problem!" Doch Rick winkte ein zweites Mal ab. "Nein, lass mal. Sieh's so, ohne den Kakao wäre ich erfroren und für meine Schusseligkeit kannst du ja auch nichts. Weihnachten störe ich doch sicher nur. Es ist ein bisschen blöd, wenn sich ein vollkommen Fremder bei einem Familienfest einläd..." Simon musste schlucken. Familienfest hatte Rick gesagt. Ja, das war Weihnachten wohl, ein Fest für die Familie. Wie gut, dass Simons Familie am anderen Ende von Deutschland wohnte und es ihr egal war, wo er sich rumtrieb. Na ja, dachte der 18-jährige mit einem traurigen Lächeln, immerhin ist es mir ja auch egal, was die so machen. Rick, der den Stimmungswechsel seines Gegenübers wohl bemerkte, biss sich leicht auf die Lippe. "Sorry, anscheinend hab ich heut ein Talent dafür, in Fettnäpfchen zu treten." Verlegen kratze er sich am Kopf. Ungewollte musste Simon über das verlegene Verhalten des anderen lächeln. Es sah irgendwie süß aus! "Nee, ist schon okay. Du musst wissen, ich feier Weihnachten alleine, da würdest du echt keinen stören..." Ricks Augen weiteten sich überrascht. "Alleine?" Eine kurze Pause entstand, in der dieses eigentlich harmlose Wörtchen unangenehm in der Luft hing. Dann regte Rick sich endlich. "Hm... na gut, wenn ich niemanden störe, dann bleib ich... zumindest erst mal für diese Nacht!" Simon nickte einverstanden. "Na, dann komm mal mit! Mein Wagen parkt dort drüben!" O=O==O===O===O==O=O "Nett hast du's hier!" Neugierig sah Rick sich in der kleinen Wohnung von Simon um. Sie lag direkt unter dem Dach, bestand nur aus einer kleinen Küche, einem noch kleineren Bad, einem größeren Wohn- und einem seperaten Schlafzimmer. Sie war spärlich eingerichtet, wirkte aber alles in allem freundlich. Nur dass Weihnachten vor der Tür stand, war ihr nicht anzusehen. Dies schien auch Rick aufzufallen, denn er meinte zögerlich: "Mit Weihnachten scheinst du es wohl echt nicht so zu haben..." Simon zuckte nur mit den Schultern. "Wer es braucht, kann gerne seine ganze Wohnung mit irgendwelchem Kitsch zupappen, mir gefällt es halt nicht..." Er konnte es nicht verhindern, dass seine Stimme rechtfertigend und trotzig zu gleich klang. Rick lächelte ob dieser Reaktion leicht. "Ist mir nur so aufgefallen..." Unschlüssig stand er im Wohnzimmer. "Setz dich doch. Willst du noch irgendwas? Was essen oder was trinken?" Simon stemmte die Hände in die Hüften und legte den Kopf leicht schief. Doch Rick verneinte... Wieder zuckte Simon nur mit den Schultern, verschwand dann jedoch in der Küche, um sich noch einen Teller mit Broten zu schmieren. Wenn Rick keinen Hunger hatte, er hatte welchen. Immer wenn er spät abends von der Arbeit nach Hause kam, veranstaltete er regelrechte Fressorgien. Tja, das kommt wohl davon, wenn man alleine ist, da braucht man halt eine Ersatzbefriedigung. Wie gut, dass er nicht so leicht zunahm. Wahrscheinlich von dem Geschirr- und Schranktürengeklapper angelockt, kam Rick langsam in die Küche geschlendert. Simon, der dies aus den Augenwinkeln beobachtete, konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Ob der Kleine wusste, wie süß sein Verhalten war? Er beschloss, es ihn lieber nicht zu fragen. Schließlich wollte er seinen Gast nicht sofort verschrecken, in dem er ihm auf eine unelegante Art und Weise mitteilte, dass er vom anderen Ufer war. "Na?", fragte er spöttisch. "Nicht vielleicht doch ein wenig Hunger?" Simon konnte sehen, wie Rick seinen Blick wählerisch über die auf der Küchentheke verstreuten Lebensmittel gleiten ließ. "Na ja, vielleicht doch ein wenig." "Findest du was, das dir zu sagt? Im Kühlschrank ist auch noch etwas Geflügelwurst, falls du magst!" Das Gesicht von Rick verzog sich leicht. "Nee danke, ich bin Vegetarier..." Ach, schoss es Simon durch den Kopf, deshalb ist er so dürr... "Willst du Käse? Da ist auch garantiert kein Tier drin!", spottete Simon leicht. "Darüber will ich lieber nicht so genau nachdenken!", schoss Rick zurück. Kopfschüttelnd belegte Simon sich seine letzte Scheibe Brot und räumte dann seinen Platz für Rick. Der schien eher von der unkomplizierteren Sorte zu sein, denn er griff einfach nach einer der geschnittenen Scheiben Brot, legte sich eine Scheibe Käse drauf und sah fertig aus. Überrascht hob Simon eine Augenbraue. "Das war's?" "Das war's!", bestätigte Rick grinsend und biss herzhaft von seinem Abendessen ab. Simon verstaute nur noch kurz die Lebensmittel im Kühlschrank, dann ließ er sich an der Theke neben Rick, der sich dort schon einen Platz gesucht hatte, nieder. Schweigend aßen sie auf, dann blickte Simon seinen Gegenüber herausfordernd an. "Ich hoffe, dir macht es nichts aus, auf der Couch zu schlafen. Was anderes ist leider nicht frei. Außer du hast kein Problem damit, dich mit mir in ein Bett zu kuscheln." Er ließ seine Stimme mit Absicht etwas zweideutig klingen, da er den Kleineren noch mal erröten sehen wollte. Doch dieser nahm die Herausforderung lächelnd an und meinte wie nebenbei: "Och, damit hätte ich auch kein Problem, du bist sicher schön warm." In Simons Ohren klangen die letzten Worte wie ein laszives Schnurren und nun war er es, der rot wurde. Das warme Gefühl, das wieder über ihn kam, und die Gedanken, die sich in seinem Kopf breit machten, sollte er seinen Gegenüber lieber nicht wissen lassen, weswegen er sich fast schon fluchtartig erhob. Rick zuckte ob dieser Reaktion leicht zusammen und meinte dann versöhnlich. "Nee, die Couch ist schon voll okay. Sah doch ganz bequem aus." Schnell folgte er seinem Gastgeber, der schon begann eine Decke und ein Kissen rauszusuchen und diese auf die Couch legte. "Das Bad ist dort, falls du magst. Ich schätze mal, dass ich bald schlafen gehen werde. Bin doch relativ platt vom Arbeiten. Aber du kannst gern noch fernsehen." "Schon okay, ich leg mich auch hin. Bin schon reichlich früh heute morgen aufgestanden..." Kurz kramte Rick in seiner Reisetasche und verschwand dann mit einer Zahnbürste im Bad. Simon sah ihm nach und erst als sich die Tür zu seinem winzigen Bad schloss, schaffte er es seinen Blick zu lösen. Kurz fragte er sich, ob es richtig gewesen war, den anderen zu sich nach Hause einzuladen. Nicht das dieser ihm in der Nacht die Wohnung leer räumte. Doch diese Zweifel verflogen wieder, als Simon an die warmen braunen Augen von Rick dachte. Als Rick wieder aus dem Bad kam, saß Simon auf der Couch und starrte nachdenklich vor sich hin. Er war nur noch mit schwarzen Boxershorts und einem schwarzen T-Shirt bekleidet und sah aus, als wäre er mit seinen Gedanken ganz weit weg. Vorsichtig ließ Rick sich neben ihn gleiten und legte seine Hand sanft auf das nackte Knie des anderen. Er hatte mit seinen Worten vorhin gar nicht so unrecht gehabt, Simon war warm - zumindest im Gegensatz zu Ricks Hand. Der Träumende zuckte ob der Kälte auch gleich erschrocken zusammen und sah Rick überrascht an. "Oh, ich hab dich gar nicht bemerkt!" "Tja, ich bin halt von der leisen Sorte!", seufzte Rick und gähnte herzhaft. Simon erhob sich elegant und ging wortlos ins Bad. Kurz stutzte er wegen der fremden Zahnbürste, die neben seiner stand, doch dann lächelte er warm. Dieses Bild hatte er lange schon nicht mehr gesehen und irgendwie machte es ihn glücklich... Als Simon nach einer Weile das Bad wieder verließ, war das Licht im Wohnzimmer schon ausgeschaltet und leise, regelmäßige Atemzüge waren zu hören. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf Simons Lippen und er durchquerte den Raum um in sein Schlafzimmer zu gelangen. Auch wenn er wusste, dass der anderen ihn nicht mehr hören würde, murmelte er ein leises "Gute Nacht, Kleiner", ehe er, die Tür zu seinem Schlafzimmer offen lassend, sich in sein Bett legte. Es dauerte gar nicht lange, dann war er auch schon eingeschlafen... TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)