Bad Moon von RedSky ================================================================================ Kapitel 5: Art of melancholy ~dedicated to my little buttercup~ ---------------------------------------------------------------- "Taiji!" hide ließ beinahe seine Schultasche von der Schulter rutschen, als er das Schulgelände gerade verlassen hatte und nicht weit entfernt einen völlig demolierten Taiji die Straße hochtrotten sah. Er lief ihm sofort entgegen, seine Schulbücher polterten und hüpften in seiner Tasche auf und ab. Kaum bei ihm angekommen bekam hide einen noch größeren Schreck, denn erst jetzt erkannte er die blauen Flecken und die aufgeschlagene Lippe Taijis. Das Blut, welches ihm zuvor noch das Kinn hinab floss, war mit der Zeit getrocknet. Hide starrte den Freund entsetzt an. "Taiji....wer-wer war das?" Die Augen des Angesprochenen waren trübe. Erschöpft. Beinahe schon leer. Er blickte hide nicht direkt in's Gesicht. Und er zögerte etwas, bis er auf hides Frage rauh und leise antwortete: "Mein Vater." Der Gitarrist mit den langen, rötlichen Haaren konnte es nicht fassen, hatte seinen Freund noch nie so zugerichtet erblickt. Er wusste zwar, dass Taiji mit seinem Vater Dauerstress hatte, doch dass dieser Stress so ausartete, damit hätte er im Leben nie gerechnet. "Oh mein Gott, TaiTai...." hide nahm ihn sanft in die Arme, zog ihn sanft an sich. Irgendwie schien Taiji aus seiner Trance nun doch ein wenig aufzutauen, denn er erwiederte die innige Umarmung auf einmal und bettete seinen Kopf auf hides schmale Schulter. Er begann zu Schluchtzen. Er konnte nicht mehr, hielt es nicht mehr aus. Taiji fühlte sich so hilflos und alleine, war so vollends verwirrt. "Is' gut TaiTai, is' alles gut....", flüsterte hide ihm sanft zu und strich ihm gleichmäßig über den Kopf. "Hide...ich........ich kann nich' mehr......." Seine Stimme klang so zerbrechlig inmitten seiner Tränen und seines Schluchtzens. "Er.....er hat mich...rausgeschmissen.......Ich weiß nicht....wo ich...jetzt hin soll....!!" Sturzbäche von glühenden Tränen durchnässten hides Jacke. "Hey, komm, is' gut..." Hide blickte ihm zärtlich und fürsorglich in das tränenüberströhmte Gesicht. "Du kommst erst mal mit zu mir und Pata." Ganz vorsichtig wischte er dem Jüngerem mit den Fingerspitzen ein paar Tränen von der blaugeschlagenen Wange. Taiji kuckte ihn nur stumm an. Zu hide und Pata? Hatten die überhaupt genügend Platz für ihn, einer dritten Person...? Aber er wusste, dass er mit hide über solche 'Nebensächligkeiten' gar nicht erst diskutieren brauchte, denn wenn hide seinen Freunden helfen wollte tat er es auch und ließ es sich von niemandem mehr ausreden. Und so nickte Taiji nur stumm und folgte hide schniefend zu dessen Wohnung. Der junge Bassist stand am Fenster von Patas Zimmer. Schaute hinaus in den klaren Nachmittag. Der Himmel war völlig frei, keine einzige Wolke zog über die endlosen blauen Weiten hinweg. Die Sonne schien hell und freundlich, hatte jedoch nicht mehr viel Wärme zu spenden. Die Jahreszeit war schon vorrangeschritten, hinterließ immer kältere Temperaturen. Die Äste der Bäume waren schon fast kahl, ragten wie dürres Gerippe in den blauen Himmel hinein. Skurril und doch so sanft harmonierend. Die Sonne hatte sich schon auf den Weg des ankündigenden Untergangs begeben und ließ ihr sanftes Licht weich durch die dunklen Äste fallen. Es war noch gar nicht so spät, glaubte man der Uhr. Es war gerade mal mitten am Nachmittag. Doch die Sonne hatte sich für den heutigen Tag schon zum angehenden Abschied entschlossen. Taiji setzte vorsichtig seine Fingerspitzen auf das kühle Glas der Fensterscheibe. Schaute sehnsüchtig der Sonne entgegen. Sie war für den heutigen Tag nicht lange zu erblicken gewesen. Am Morgen brauchte sie schon lange, bis sie sich zeigte. Es lag an der Jahreszeit. Und jetzt, Pata war noch nicht mal aus der Schule zurück gekommen, verabschiedete sich die goldene, freundliche Sonne auch schon wieder. Es lag an der Jahreszeit. War es so? War es so, dass schöne, angenehme Dinge manchmal, kaum dass sie da sind, auch wieder davon gehen und zu anderen Zeiten beinahe Ewig anhalten zu scheinen? Phasenweise Glücklichkeit? Wenn man es so nennen konnte? Seine Fingerkuppen glitten langsam und geräuschlos das glatte Glas hinunter. Die Sonne konnte nicht Ewig scheinen. Es musste auch mal Regen geben. Und Sturm. Und Schnee. Würde die Sonne Ewigkeiten und unendlich auf diese Erde scheinen, sie ausnahmslos ihre Helligkeit und ihre Wärme spühren lassen, würde diese Erde verdorren, austrocknen. Sterben. So nötig wie diese Erde die Sonne hatte, benötigte sie auch den Regen, der ihr frische Energie gab, wenn die Hitze sie zu veröden drohte. Und den Schnee, der ihr Ruhe gab und Zeit, sich zu erholen. Und den Sturm, der über alles hinwegfegt und manchmal Schaden anrichtet, um Lücken zu schließen. Es hatte schon alles seine Richtigkeit. Auch wenn es nicht immer angenehm war. Auch wenn man sich oft vom Regen ertränkt fühlt oder vom Schnee begraben oder vom Sturm entwurzelt. Irgendwann, und ließ sie sich noch so lange Zeit, zeigte sich auch wieder die Sonne und streichelte alles mit ihren Strahlen. "Ich.....kann da aber....nicht noch mal hin....." Er verbarg sein Gesicht in seinen zitternden Händen. Hide strich immer wieder über den bebenden Rücken Taijis. "Du musst da auch nicht nochmal hin. Wir kriegen deine Sachen auch noch anders aus der Wohnung deines Alten...." Hide klang zuversichtlich. Der aufgelöste Junge gab sein Gesicht frei, schaute ihn fragend an. "Und....wie...willst du das anstellen?", schniefte er. "Ich erledige das für dich. Du musst lediglich mitkommen um mir ganz genau zu zeigen, welches dein Fenster ist. Ihr wohnt doch im Erdgeschoss, oder?" Schon wenig später waren die beiden Jungen auf dem Weg zu der Wohnung, die bis gestern noch Taijis zu Hause barg. Auch, wenn er sich dort die letzten Jahre über nie wirklich zu Hause gefühlt hatte... Taijis Knie zitterten, sogar beim gehen. Er wusste nicht, was ihn erwartete, bei der Wohnung seines hasserfüllten Vaters. Er wusste nicht, was hide im Schilde führte. Doch bald schon sollte er es erfahren, denn nun standen sie vor besagtem Gebäude. Der Bassist, der für gewöhnlich alles andere als ein Feigling oder Angsthase war, schaute nun zaghaft und regelrecht eingeschüchtert an der Fassade des großen Wohnhauses hinauf. Hide griff ihn am Arm, zog ihn sanft etwas zur Seite. "Keine Panik. Dir wird nichts passieren. Du wirst dieses Haus nicht betreten müssen. Das übernehme ich." Taiji starrte ihn fassungslos an. "Bist du irre, Mann?? Der verarbeitet dich in Rekordzeit zu Kleinholz, wenn du bei dem vor der Tür stehst und um meine Sachen bittest!", fuhr er in aufgebracht an. "Wann hab ich behauptet, ich würde mich vor seine Wohnungstür stellen und mir die Fresse polieren lassen?" Hide schaute ihm in die Augen. "Wo sagtest du noch gleich, sei nun dein Fenster?" Taiji ging ein paar Schritte in die entsprechende Richtung und deutete auf eines der verschlossenen Fenster. Hide registrierte dies, nickte kurz und zauberte aus der Tasche, die er schon die ganze Zeit mit sich rumschleppte, einen Backstein hervor. Der Jüngere starrte wie blöde auf das Ding in hides Händen. Ihm dämerte mitlerweile die Methode, die sich der langhaarige Gitarrist zurechtgelegt hatte, doch konnte er es nicht recht fassen. "Du willst bei uns einbrechen?? Hast du sie noch alle??" "Willst du deine paar Sachen nun noch haben oder nicht? Ausserdem hast du selbst erzählt, eure Wohnung sei gut schallgeschützt, weshalb die Nachbarn auch kaum was von den Streitigkeiten zwischen dir und deinem alten Herren mitbekommen haben. Die Strasse hier ist auch ziemlich schwach belebt-also was soll dabei schief gehen?" Taiji überlegte einen Augenblick. Hide hatte mit allem, was er sagte, Recht, das musste er zugeben. Dann nickte er zustimmend. Als hide diese Einwilligung erkannte, zögerte er auch nicht mehr lange, fixierte die Fensterscheibe, holte mit dem Backstein in seiner Hand etwas aus-und donnerte den harten, eckigen Gegenstand gekonnt gegen das Fenster. Schon wenige Sekundenbruchteile darauf war ein klares und nicht gerade diskretes Klirren zu vernehmen. Ein kleiner Glassplitterregen ergoss sich auf den Gehweg. Hide entledigte sich seiner Jacke, formte sie zu einem Bündel zusamen und beseitigte damit die noch restlichen stöhrenden Glassplitter, die teilweise noch an ein paar Ecken des Fensterrahmens hingen. Taiji reagierte schnell, machte ihm eine Räuberleiter und so gelang hide schnell in das kleine Zimmer Taijis. Er orientierte sich rasch, schaute sich kurz um und suchte dann so schnell es ihm gelang all die Sachen zusammen, von denen Taiji ihm zuvor erzählt hatte, die ihm wichtig waren. So schmuggelte sich auch schon wenig später eine Akkustik-Gitarre durch's Fenster, die Taiji sofort entgegennahm. Anschließend huschte hide mehrfach quer durch's Zimmer, stopfte ein paar Bücher und Tapes in seine Tasche, lud sich mit einigen von Taijis Klamotten voll, krallte sich ein paar bestimmte Fotos, die dem Bassisten sehr am Herzen lagen und dachte sogar an sein Maskottchen: Ein kleines, buntes, flauschiges, unförmiges Etwas. Hide konnte in der Eile beim besten Willen nicht fest stellen, was das darstellen sollte. Doch er wusste, dass es eins von Taijis kostbarsten Schätzen war und so nahm er es kommentarlos mit. Mit dem ganzen Zeuchs beladen lief er wieder zum zerbrochenem Fenster, reichte dem jungen Freund das meißte hindurch, kletterte anschließend auf die Fensterbank und begab sich selbst wieder in's Freie. Ohne ein Wort zu verlieren flüchteten die Zwei in Windeseile die Straße entlang. Was keiner der beiden auch nur ansatzweise ahnen konnte: In exakt der selben Wohnung, in der hide vor wenigen Sekunden noch eingebrochen war, befanden sich zwei ungleiche Personen, die von diesem Schauspiel rein gar nichts mitbekommen hatten. Die Räumlichkeiten waren tatsächlig wirklich gut schallgeschützt.... In der Küche saß Taijis Vater am Tisch, erhielt soeben einen Bündel Geldscheine, die er sofort dreckig grinsend nachzählte. Offensichtlich schien er mit der ihm gegebenen Summe zufrieden, denn er schaute von dem Geld auf und warf seinen grinsenden Blick nun der ihm gegenübersitzenden Person zu. Die mageren, unterernährten Gesichtszüge dieser Person formten sich nun auch zu einem breitem Grinsen. Zu einem zufriedenem Grinsen. Einem Grinsen, über dem ein Hauch Wahnsinn sich zu legen schien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)