Vier und vierundzwanzig kleine Überraschungen von abgemeldet (Der Kleine Adventskalender) ================================================================================ 1. Advent - Kizuna ------------------ "Ranmaru?" Ein leises Säuseln drang in das empfindliche Ohr des rotblonden ehemaligen Kendokämpfers, der auf dem Rücken in seinem Bett lag, die warme Decke bis zur Brust hochgezogen und immer noch friedlich schlummerte. Ein langer schlanker Zeigefinger zog langsam die Bettdecke runter und entblößte eine weiche glatte Brust, die zwischen einem halb geöffneten Pyjama-Oberteil hervor lugte. Der Finger glitt wie über Seide auf die helle Haut und begann kleine Kreise zu malen. "Ran-chan... Aufwachen!" Der schwarzhaarige, dessen Schulter langes Haar ihm offen über auf den Rücken fielen, neigte sich vor und hauchte mit sanften Lippen einen Kuss auf die Brust, küssten sich langsam gen Brustwarze, welche auf der linken Seite unter dem Pyjama hervorlugte. "Hm..." Der rotblonde Ranmaru legte den Kopf auf die andere Seite des Kopfkissens. Immer noch lag er viel zu tief im Schlaf, um den zärtlichen Übergriff seines Freundes zu registrieren. Enjoji ging derweilen dazu über, seine Zunge über das Brustbein seines Opfers gleiten zu lassen und sich gen Hals zu arbeiten, wo Ranmarus Haut besonders empfindlich war. Mit forschen Lippen stürzte er sich geradezu auf die zarte Haut in der Halsbeuge und begann zu saugen, bis zu dem Moment, als ihn eine Hand in die Seite traf. "Sowas nennt man unter Umständen Vergewaltigung." Braune Augen linsten unter müden Lidern den schwarzhaarigen Mann an und wirkten gar nicht begeistert. Zumindest nicht so, wie Enjoji sich das gewünscht hatte, "Sei nicht so, macht doch Spaß." Abermals senkten sich Enjojis Lippen auf Ranmarus Hals hinab und liebkosten diesen, doch auch dieses Mal schien der Andere nicht wirklich gewillt, ihn gewähren zu lassen. Stattdessen presste er die Hände gegen den etwas größeren und wohl auch stärkeren Körper seines Freundes und versuchte sich diesen vom Leib zu halten. "Nicht jetzt, ich schlafe noch halb." Blaue Augen blitzen belustigt auf und hefteten sich auf Ranmarus Braune. "Gib es zu. Ich habe dich gestern geschafft." Ein triumphierendes Grinsen malte sich auf schön geschwungenen Lippen ab, die geradezu danach lechzten, wieder in Aktion zu treten. Ranmaru seufzte erschlagen, schüttelte den Kopf, erwiderte aber nichts. Bis er des Geruchs gewahr wurde, der aus dem Wohnzimmer herein flutete. "Du hast Frühstück gemacht? Ich rieche Kaffee." "Möglich." Der andere Mann zuckte mit den Schultern und sah seinen Freund an, als würde er einen Plan aushecken. "Wie wäre es, wenn ich dich zum Frühstück lasse? Aber vorher kriege ich ein wenig von deiner Person." Der Duft von Kaffee und auch das Bewusstsein, dass ein Frühstück auf ihn wartete, ließ gar keine Antwort mehr auf Enjojis Vorschlag zu. Stattdessen kämpfte er sich unter dem Schwarzhaarigen hervor, so dass dieser einmal mehr vom Bett fiel und schmerzlich aufjaulte. "Warum immer ich? Warum immer auf den Boden." Seine Stimme ebbte zu einem leisen Wimmern ab, dass allerdings nicht auf Ranmarus Ohren traf. Dieser wanderte stattdessen ins Bad, um sich frisch zu machen. Nicht ohne allerdings die Tür abzuschließen. Ganz zu Enjojis Ärger, der sich, nach noch ein wenig Selbstmitleid, aufgemacht hatte, um ihm zu folgen und dabei gegen die verschlossene Tür lief. Sich den Kopf reibend, murrte er und erhob quengelnd die Stimme. "Du bist so herzlos. Und das am ersten Advent. Da hat man nett zu sein. Vor allen Dingen zum eigenen Freund." Kurz darauf öffnete sich die Badezimmertür. Enjoji schlug eine Dampfwolke entgegen, aus der Ranmaru erschien wie ein Gottesbote. Dieser blickte ihn verwirrt an. "Hast du eben etwas gesagt, oder bist du nur gerade hier vorbei gekommen." Zähne knirschend zog Enjoji seine Brille hervor und setzte sich diese auf die Nase. Mit der Konsequenz, dass sie sofort beschlug. "Och nein, ich habe nichts gesagt. Nur laut gedacht. Und jetzt komm frühstücken." Missmutig tappte der große Mann zu der gemütlichen weißen Couchecke hinüber und ließ sich darauf hinab. Breitbeinig und sich ein Kissen gegen den Körper drückend, machte er es sich bequem. Ranmaru, der sich ihm gegenüber setzte, musterte ihn abschätzend. "Was hast du denn?" "Schlechte Laune. Brauche Liebe." Enjojis Hand verschwand in seiner Leinenhose und wühlte solange darin herum, bis er aus der Hosentasche einen Haargummi zog, mit dem er sich anschließend die Haare zusammenband. Sein Gegenüber legte den Kopf etwas schief und begann leicht zu lächeln. Langsam und nur in seinem Bademantel kam er zu seinem Freund hinüber und ließ sich neben ihm nieder. Allerdings kam er Enjojis innigstem Wunsch nach Liebe immer noch nicht nach. Stattdessen neigte er sich einfach zum Frühstückstisch vor, schenkte ihnen beiden eine Tasse Kaffee ein und reichte dem Anderen diese. "Trink erst mal einen Schluck, dann geht es dir besser." "Sicherlich nicht." Anstatt die Tasse zu ergreifen, verschränkte Enjoji schmollend die Arme vor der Brust und versuchte Ranmaru betont manipulativ anzusehen. Dieser ließ sich davon aber nicht beeindrucken, stellte einfach nur die Tasse zurück auf den Tisch und ergriff eine Schachtel mit Streichhölzern. "Was machst du da?" Eine schwarze fein geschwungene Braue hoch sich steil an, während das darunter liegende blaue Auge jede Bewegung der blassen, feingliedrigen Finger beobachtete. "Eine Kerze anzünden. So was macht man in der Regel zum ersten Advent." "Du solltest lieber mein Feuer entfachten. Das ist wichtiger als so eine blöde Kerze." In seinen nicht vorhandenen Bart nuschelnd, versuchte Enjoji verzweifelt, seinem Freund eine Regung zu entlocken, doch Ranmaru nippte bereits nur noch seelenruhig und mit verklärtem Blick an seinem Kaffee. Resigniert seufzend gab Enjoji schließlich auf und lehnte sich wieder richtig zurück in die Polster. Allerdings entschied er sich rückwirkend noch einmal für eine andere Bewegung und angelte nach seinem Kaffee und einem runden Lebkuchen, der in einer Keksdose auf dem Tisch zu finden war. Etwas besänftigter an dem Lebkuchen kauend und einen Schluck seines Kaffees nehmend, linste er zu Ranmaru und rang sich zu dem Vorschlag durch, der ihm schon die ganze Zeit auf der Seele gelastet hatte. "Was hältst du davon, wenn wir über Weihnachten in die Berge fahren, eine Hütte mieten und... na ja, Weihnachten in weiß feiern? Mit Baum, Eierpunsch, roten Kerzen, einem Kamin und einem Bärenfell." Die beiden letzteren Details des Urlaubs nuschelte er wohlweislich nur, damit Ranmaru gar nicht auf die Idee kommen konnte, in irgendeiner Weise negativ zu antworten. Allerdings hatte dieser das gar nicht vorgehabt. Er nickt nur begeistert und strahlte den einstigen Freund aus Highschool Tagen an. "Eine sehr gute Idee. Lass uns das machen und der Hektik des Alltags damit ein wenig entfliehen." "Das wollte ich hören." Auch Enjoji begann zu strahlen und nickte seinerseits mehr als nur begeistert. "Dann kläre ich das später und am zweiundzwanzigsten oder dreiundzwanzigsten geht es dann los." Vorsichtig schob er zugleich einen Arm um Ranmarus Schultern, der sich zu seiner Freude sogar an ihn schmiegte und mit verträumten warmen braunen Augen in das Licht der einzelnen brennenden Kerze blickte. ____________________________ © by Sandra Wronna/Merenwen 1. Dezember - Sailor Moon ------------------------- "Sie hat es schon wieder gemacht." Rei blickte säuerlich in die Runde. Makoto trank überaus genüsslich einen Schluck ihres mit Zimt aromatisierten Früchtetees, Minako knabberte einen von Makotos berühmten Weihnachtskeksen und Amy hockte an einem Keks kauend auf einem Sitzkissen, die Beine zum Lotussitz verschränkt und rechnete eine Matheaufgabe durch, in die Minako verzweifelt Einsicht zu erlangen suchte. "Was hat sie gemacht?" Makoto linste über den Rand der Teetasse, in die sie gerade pustete, um die dampfende Flüssigkeit noch etwas abzukühlen. "Ist dir das heute Morgen nicht aufgefallen?" Das Gesicht der hübschen Schwarzhaarigen verfinsterte sich zu ihrer typischen "Ich habe einen Groll auf Bunny"-Grimasse. Amy blickte von ihrer Matheaufgabe auf und stieß dabei fast mit dem Kopf mit Minako zusammen, die ihr viel zu nahe gekommen war, um einer Kollision zu entgehen. "Ja, was hat sie gemacht?" Reis Augen verfinsterten sich. Ihr Arm schoss in die Höhe und wies auf ihren Adventskalender, dessen erstes Türchen geöffnet war. "Und?" Minakos Braue hob sich steil über den blauen Augen an, während sie die Freundin musterte. "Du hast es schon geöffnet. Sollte normal sein zum ersten Dezember hin." "Ich habe es nicht geöffnet." Rei blies ungehalten die Backen auf und schaute mürrisch in die Runde. "Bunny war das. Und bei euch hat sie es sicher auch gemacht." Ein mit kurzen blau schimmernden schwarzen Haaren bedeckter Kopf legte sich nachdenklich zur Seite und betrachtete Rei. "Jetzt wo du es sagst, ich glaube, mein Kalender war eben tatsächlich geöffnet, als ich kurz zu Hause war. Und ich habe ihn eindeutig nicht geöffnet." Makotos Hand hob sich in die Höhe. Ihr hoher Pferdeschwanz wippte bei der Bewegung langsam auf und ab. "Zwischenfrage. Wie soll Bunny in eure Wohnungen gekommen sein? Ich habe meinen Kalender für solche Fälle sowieso immer bei mir." Triumphierend grinsend griff sie nach ihrem Rucksack und holte den Schokoladen-Kalender hervor, bei dem das erste Türchen geöffnet war. "Und wie ist sie an deinen Rucksack gekommen?" Reis Stimme begann schnippisch anzumuten. Die ganze Sache zerrte an ihren Nerven und noch viel mehr zerrte Bunny an ihren Nerven. Mal wieder... "Ihr seid unfair. Bunny bricht sicherlich nicht bei uns..." Minako nuschelte wegen des Kekses, der einmal mehr ihre Wangen ausfühlte. Allerdings hielt sie recht schnell inne. "Bunny hat mich heute Morgen abgeholt und dann waren wir doch bei Amy und Rei und Makoto haben wir in der Schule getroffen..." "Da hast du es." Rei nickte bekräftigend. "Sie hat es schon wieder gemacht. Wie letztes Jahr. Bei Adventskalendern kennt sie keine Gnade. Und dabei war in meinem doch so ne tolle Schokolade drin." "So, bin wieder da." Die Tür zu Reis Zimmer schob sich auf und ein Blondschopf mit großen blauen Kulleraugen lugte ins Zimmer. "Ich habe von Mama noch den Kuchen hier bekommen." Sie wies mit einem Finger auf das Bündel, welches sie artig und vorsichtig bis zum Shrine transportiert hatte. Allerdings blickte sie nicht in begeisterte und erfreute Gesichter, als sie ihren Blick anhob. Verstimmte bis wütende Augen in grün, blau und braun funkelten ihr entgegen. "Was ist denn los? Hat Rei wieder irgendwas Dummes gemacht?" "Du..." Rei sprang wie gestochen auf und wollte gerade auf Bunny zuhechten, als hinter dieser Dianas Stimme laut wurde. "...bei Rei auch. Du hättest auch probieren sollen, Mami. Das war so leckere Schokolade." Luna erschien mit einem gequälten Gesicht neben Bunny - die Bezeichnung Mami mochte sie immer noch nicht, genau wie die Tatsache, dass sie mit Artemis ein Kind hatte - und schüttelte den Kopf. "Und dir wurde es tatsächlich erlaubt..." Ihre Augen glitten durch die Runde und verharrten vornehmlich auf Rei, die in jeder Bewegung inne gehalten hatte. "Was machst du, Rei?" "Bunny hat unsere Kalender..." Ihre Augen wanderten zu Diana, um deren Mäulchen immer noch gut sichtbare Reste von Schokolade klebten. "Duuuu..." Mit zittenderm Finger wies sie auf das kleine Kätzchen, das direkt hinter seiner zukünftigen Mutter in Deckung ging. "Du warst das." "Was war sie?" Bunny blickte irritiert zwischen den Katzen und Rei hin und her. Amy erhob die Stimme. "Diana scheint unsere Adventskalender geplündert zu haben." "Hast du?" Luna verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und bedachte ihre Tochter mit einem abschätzenden Blick. Diese nickte ganz stolz. "Ja, weil Papi gesagt hat, dass man zum ersten Dezember ein Türchen auf aaaallen Adventskalendern öffnen sollte, die man finden kann." Die Augen der kleinen grauen Katze strahlten vergnügt und überaus stolz. "Artemis..." Minako ballte eine Hand zur Faust und ließ diese laut klatschend in ihre Handfläche schnellen. "Der elende Kater... Dann war er das bestimmt auch letztes Jahr." "Immerhin würde das erklären, warum er nach Weihnachten immer so fett ist. Wenn er fünf..." "Vier..." Bunny warf das Wort ein und schaute triumphierend aus der Wäsche. "An meinem war er nicht. Noch nie. Ich war immer schneller." Das blonde Mädchen nickte so heftig, dass ihre Zöpfe wackelten. "Mmh..." Rei rutschte auf Knien zu ihr hinüber und kniff prüfend in ihre Seite. "Du isst nicht zufällig das ganze Jahr Schokolade aus Adventskalendern?" Sofort sammelten sich Tränen in Bunnys blauen Augen, welche in einem wahren Sturzbach aus ihren Augen flossen. "Du bist so gemein, Rei. Ich bin nicht fett." "Nee, nur breit wie ein Walross." "Rei, das war unfair. Sie ist nur etwas... pummelig." Amys Blick richtete sich wieder auf ihr Mathebuch. Bunny plärrte noch lauter, während Makoto mit den Schultern zuckte. "Dass immer und immer wieder Speckrollen nach ihrer Verwandlung zu sehen sind, sind wir doch gewöhnt. Sind es eben dieses Mal mehr." Minako nickte andächtig. "Ich frage mich nur, was Mamoru dazu sagte." "Ihr seid alle soooooo gemein." Bunnys Heulen drang selbst bis zu Reis Großvater, der auf dem Hof schönen jungen Frauen nachstellte. Unterdessen tapste Diana frohen Mutes zu Reis Kalender und suchte auf diesem bereits für den nächsten Tag das Türchen mit der Nummer zwei. ---------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 2. Dezember - Gunslinger Girl ----------------------------- Claes ist in letzter Zeit besonders stark mit sich und ihren Büchern beschäftigt. Seit ein paar Tagen liest sie in einem Weihnachtsbuch. Ich weiß nicht warum. Weihnachten ist nichts, über das ich mich freuen kann. Es hat keine Bedeutung für mich. Keine große. Diese noch so kleine Bedeutung bekam es erst, als ich von Hirscher letztes Jahr zu Weihnachten einen Weihnachtsteddy geschenkt bekam. Es war der erste Teddy, über den ich mich wirklich gefreut habe. Aber jetzt... Ich weiß es nicht. Ravaro war nicht lange genug bei Claes, um ihr die Bedeutung von Weihnachten nahe zu legen. Ich frage mich, ob etwas in ihrem Hirn ihr den Gedanken einimpft, sie solle etwas über Weihnachten lesen, solle sich mit diese Thematik auseinandersetzen. Vielleicht sind es ja Erinnerungen. Erinnerungen an eine Zeit, in der sie noch keine künstlichen Körperteile besaß. In der wir alle noch keine künstlichen Körperteile besaßen. Denn möglich wäre es. Henrietta erzählte mir nämlich nach Angelicas Tod, dass diese bei ihrem letzten Besuch plötzlich an einen Hund dachte, den sie zuvor nie erwähnt hatte, den sie schier vergessen haben zu schien. Und jetzt muss ich mich ernstlich fragen, ob Claes sich an etwas erinnert. Kündet diese Erinnerung vielleicht auch den Zerfall ihres künstlichen Körpers an? Eines Körper, der zum Töten geschaffen wurde, weil man in unserer Unschuld keine Gefahr erkennt? Bei Henrietta ist es allerdings das gleich. Es mag allerdings an José liegen, der ihr vor zwei Tagen einen großen Adventskalender geschenkt hat. Heute Morgen, als ich zu ihr und Rico ins Zimmer kam, öffnete die gerade das zweite Türchen. Die Schokolade verschwand sehr schnell in ihrem Mund und sie wirkte so normal. So normal, wie auch Claes wirkt, wenn sie in Geschichten um die Weihnachtszeit und den Weihnachtsmann, sogar das Christkind versinkt. Rico ist da aber ganz anders. Aber das liegt an Jean. Er ist nicht das, was ich die Freundlichkeit in Person nennen würde. Während José versucht, Henrietta auch als ein normales Mädchen in das Leben zu involvieren, erscheint mir Ricos Behandlung durch Jean ziemlich häufig so, als wäre sie nur seine Marionette. Allerdings sind wir nicht dazu konditioniert, uns zu beschweren. Wir sind nur dazu konditioniert, der Behörde zu Willen zu sein, unsere "großen Brüder" zu schützen, ihre Befehle zu befolgen und wenn sie es wollen, sie zu lieben, um ihnen hörig zu sein. Elsa und Raulo brachte das den Tod ein. Denn die konditionierte Liebe schlug bei Elsa schnell in das Bedürfnis um, von Raulo die gleichen Empfindungen zu empfangen. Da dies nicht passiert, erschoss sie ihn. Und sich kurz darauf selber durch einen Schuss ins rechte Auge, welcher ihr das Gehirn aus dem Kopf pustete. Manchmal frage ich mich wirklich, warum die Behörde uns zu dem gemacht hat, was wir sind. Sowohl Elsa als auch Angelica sind wegen des künstlichen Körpers, wegen der Konditionierungen bereits auf der Strecke geblieben, aber so lange wir anderen funktionieren, ist das nicht weiter erwähnenswert. Nur haben wir durch die beiden etwa verloren. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht an Angelica denken, kein Tag, an dem wir uns fragen, ob wir es so machen würden wie Elsa, aber reden können wir nicht darüber. Das entspricht nicht unserer Konditionierung. Wir sind einfach keine normalen Mädchen, so wie wir es gerne wären. Auch dann nicht, wenn wir so etwas wie Weihnachten entgegen fiebern. Brav unsere Adventskalender öffnen und hoffen, dass uns unsere "großen Brüder" vielleicht zu sich nach Hause einladen. Damit wir auch einige Tage verleben dürfen, in denen wir normal sind. Doch all das bleibt uns verwehrt. Wir agieren mehr wie willenlose Marionetten und erliegen langsam unseren Körpern, unseren Schulungen und dem Willen unserer "Brüder". Und das stimmt mich traurig, wirklich traurig. José kümmert sich wenigstens um Henrietta. Aber Claes hat niemanden mehr, was vielleicht auch besser ist. Jean benutzt Rico nur, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, was sie will und Hirscher... Hirscher ist wie immer. Desinteressiert und nur so etwas wie gesprächig, wenn wir einen Auftrag ausführen. Allerdings schenkt er mir immer noch die Teddybären. Jetzt habe ich schon fast zwanzig. Den letzten habe ich Hirscher genannt. Aber nicht, weil ich ihn besonders gut leiden kann, es ist viel eher, weil ich ihn dann auch einmal in der Hand habe. Ich will auch einmal das Gefühl haben, dass ich leben kann, wie ich es will, dass ich frei bin... normal. "Triela?" Claes blickte zu dem blonden Mädchen hinüber, dessen lange blonde Zöpfe ihr vorne über die Schulter fielen, während sie ein Jäckchen für den schwarzen Teddybär - Hirscher - nähte. Blaue Augen blickten empor und richteten sich auf Claes' hinter ihrer Brille versteckten Augen. "Mmh?" "Ich habe noch was für uns beide." Das schwarzhaarige Mädchen klappte ihr Buch zu und stieg die Leiter des Hochbettes hinab. Auf dem Boden ging sie hinüber zu einer Kommode und öffnete diese. Triela blickte ihr dabei neugierig auf den Rücken und erkannte, als Claes sich umdrehte, einen Adventskalender in ihren Händen. "Woher hast du den?" "Gekauft." Die jüngere Claes rückte sich die Brille auf der Nase zurecht und kam zu Triela hinüber. Die legte den Kalender vor ihr auf den Tisch und wies auf den mit Türchen übersäten Weihnachtsmann. "Die zwei gehört dir. Ein bisschen Weihnachtsstimmung kann jeder von uns vertragen." Das Gesicht des anderen Mädchens verzog sich nachdenklich und nur sehr langsam glitten ihre Augen über die Reihen, hinter denen Schokolade versteckt war. Als sie die zwei gefunden hatte, öffnete sie diese beinah andächtig, und betrachtete die Schokolade in Form eines Schneemannes. "Und ich darf wirklich?" Claes nickte nur und verfolgte mit wachsamen Augen, wie die Schokolade in Trielas Mund verschwand. Danach kletterte sie wieder die Leiter empor, legte sich auf den Bauch und las ihr Buch weiter. Trielas Aufmerksamkeit richtete sich dafür wieder auf das rote Jäckchen, dass sie Hirscher nähte. Jetzt bin ich doch normal. Ein normales Mädchen, das so wie jedes andere Kind ein Türchen im Dezember öffnet. Und das tut gut. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 3. Dezember - Onegai Twins -------------------------- Miina stand bereits um 6Uhr in der Küche und sprang begeistert von einem Bein auf's Andere, während vor dem Fenster die ersten Schneeflocken niedergingen. Alle ihre Gebete einer weißen vorweihnachtlichen Zeit schienen in Erfüllung gegangen zu sein. Zumindest waren es fast alle, denn ein Wunsch hing nach wie vor in der Schwebe, da Karen immer noch ziemlich auf Abwehr beharrte, was ihre Beziehung zu Maiku anging. Soweit man das überhaupt Beziehung nennen konnte, denn alleine waren sie bisher kaum gewesen. Karen versuchte alle Nase nach sich zwischen sie und Maiku zu drängen, mit der Begründung, es wäre ihr Recht als seine Schwester und keine Frau dürfe ihren Bruder anfassen, der ganz alleine ihr gehörte. Allerdings hielt Miina das für den puren Nonsens. Immerhin kam es nicht selten vor, dass Karen aus einer unschuldigen schwesterlichen Umarmung gerne hätte mehr werden lassen. Richtig abgefunden hatte sie sich immer noch nicht mit dem Status als Maikus Zwillingsschwester, selbst wenn sie auf diesem beharrte wie eine Eins. Aber nun war das erst einmal nebensächlich. Das junge Mädchen mit den strahlend blauen Augen streckte sich leicht in ihrem kleinen roten Schlafanzug und begab sich zum Kühlschrank, um das Frühstück vorzubereiten. Maiku würde spätestens in einer Stunde zu ihr stoßen und dann sollte ihn ein heißer Tee, warme Croissants, leckere Marmelade, und der eine oder andere Keks erwarten, welchen sie gestern unter großen Mühen und Anstrengungen nach Schule und Nebenjob gebacken hatte. Neugierig machte sie einen Umweg zu der Keksdose, die in einem Regal in der Küche stand und hob den Deckel an. Ein erschrockenes Quietschen entfloh ihrer Kehle, als Marie ihr mit vollen Backen und glücklich strahlend entgegenblickte. "Was machst du denn hier? Schmecken dir die Kekse?" Die kleine gelbe Steuerungseinheit von Mizuho Kazami gab einen leisen glücklichen Ton von sich und nickte, den nächsten großen Keks vor den kleinen Körper haltend, um ihn, wenn es sein musste, mit dem eigenen Leben zu schützen. Ein leichtes Lächeln umspielte Miinas Lippen. "Besserer Vorschlag. Komm aus der Dose raus, setzt dich auf den Tisch, und du kriegst noch ein paar meiner Spezialkeks." Marie überlegte nicht lange, stieg in seinen Schwimmreifen, der etwas zu eng an den kleinen Hüften anmutete und schwebte inklusive seines noch nicht verspeisten Keks hinüber zum Küchentisch, auf welchem er sich niederließ. Aus großen rotierenden Augen blickte er Miina an, die lachte und an den Küchenschrank trat, um eine weitere Dose hervor zu holen. Diese stellte sie neben Marie und öffnete den Deckel. Die außerirdische Steuereinheit riskierte einen Blick und gab abermals einen freudigen Ton von sich, während er fast in die Keksdose fiel. Zu seiner Freude zog er dick mit Schokolade bezogene und mit Leckereinen verzierte Kekse hervor, die aromatisch nach Ingwer rochen und schon beim bloßen Berühren zu zerschmelzen schienen. Mit einem glücklichen Gesicht nahm Marie einen Bissen, nickte und verputzte den Keks, während Miina dazu überging, sich um das Frühstück zu kümmern. Eine halbe Stunde später erschien Karen, reichlich verschlafen und das Nachthemdchen auf halb acht hängend in der Küche und rieb sich die strahlend blauen Kulleraugen. Allerdings war es ihre Nase, die zuerst reagierte, und den Zimtgeruch in der Küche ausmachte. "Das riecht so gut, Miina-san." Das andere Mädchen winkte ihr über die Schulter zu und brühte den Rest des Tees auf, dessen Duft langsam aber allmählich das ganze Haus erfüllte. Kurz darauf wurden weitere Schritte auf der Treppe laut. Maiku, der sich gerade das weiße Hemd über dem T-Shirt zuknöpfte, kam in die Küche und blickte sich noch etwas verschlafen um. Karen hüpfte zwischen Miina und der Keksdose hin und her, teilte sich mit Marie einen Keks und schlug danach den Weg zu ihrem Adventskalender ein, an welchem sie das dritte Türchen öffnete. Die Schokolade verschwand binnen Sekunden in ihrem Mund, welchen sie sich etwas ungelenk mit der Zunge sauber leckte. Vor lauter Eifer hatte sie allerdings vergessen, dass sie immer noch ihr Nachthemdchen trug, was ihr brennendheiß einfiel, als Maiku zu einem "Guten Morgen" ansetzte. Die Konsequenz war, dass sie einmal mehr in Ohnmacht fiel und leise vor sich hin jammerte. Miina, die das schon mehr als gewohnt war, kniete sich neben sie und brachte sie mit Maiku zusammen ins Wohnzimmer, wo sie das Mädchen niederlegten und vorsichtig mit einer Decke bedeckten. Zurück in der Küche röteten sich Miinas Wangen, da sie selten mit Maiku alleine war. Viel zu selten. Doch Maiku schien das überhaupt nichts zu bedeuten. Viel mehr ließ er sich bereits zum Essen nieder und beschmierte ein Croissant mit Butter und Marmelade. "Maiku, wir sind alleine." Das junge Mädchen tippte verlegen die Fingerspitzen der Zeigefinger aneinander und blickte zu Boden. Der Junge, der ihr Zwilling hätte sein können, hob den Kopf und blickte sich in der Küche um. Marie saß immer noch auf dem Küchentisch, einen Keks nach dem anderen verspeisend, während sein kleines Bäuchlein immer mehr Platz in seinem kleinen orangen Schwimmreifen forderte. "Fast." "Ehm... also..." Miina näherte sich ihm langsam, neigte sich zu ihm hinab und wollte ihm gerade einen Kuss auf die Wange hauchen, als Maiku irritiert den Kopf drehte und sich ihre Lippen berührten. In diesem Moment erklang hinter den Beiden ein empörter Aufschrei. Karen schoss wie eine Kanonenkugel in die Küche, zerrte ihren Bruder von Miina weg, deren Gesicht puterrot war und funkelte diese giftig an. "Das ist mein Bruder, dazu hast du kein Recht. Meiner!" Ihre Arme klammerten sich um Maikus rechten Arm. Während Miina versuchte, ruhig auf Karen einzureden, schüttelte er nur den Kopf, ergriff mit der freien Hand seine Teetasse und blickte Marie an. "Jeden Morgen das gleich." Der kleine Alien legte den Kopf nachdenklich schief und hielt Maiku, einen besänftigenden Ton ausstoßend, einen von Miinas Keksen entgegen. -------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 4. Dezember - Onegai Teacher ---------------------------- Einen Tag später, am 4. Dezember, schlug Mizuho Kazami ihre Augen auf. An sich gekuschelt spürte sie den Körper ihres fünf Jahre jüngeren Ehemanns Kei Kusanagi, der einen Arm um ihre Taille geschlungen hatte. Seine warme Haut glitt bei jedem Atemzug über ihre und ließ ein warmes Prickeln durch ihren Körper laufen. Kei war am vergangenen Tag noch lange wach gewesen, weil in der Schule eine Prüfung anstand. Da sie selber bereits völlig erledigt von der Schule gekommen war, hatte sie so lange wie möglich mit ihm ausgeharrt und war dann doch etwa zwei Stunden vor ihm ins Bett gehuscht. Als er endlich zu ihr gekrochen war, völlig übermüdet, hatte sie ihn dicht an sich gezogen und ihm eine Weile liebevoll über seinen Kopf gestrichen, der auf ihrem Busen geruht hatte. Allerdings hatte das die Lebensgeister in Kei wiedererweckt, der plötzlich reges Interesse an ihrem Körper bekundet hatte, wogegen sie selbstredend keine Einwände erhoben hatte. Die Nacht war so schön und intensiv gewesen, leider hatte sie zu lange gedauert, so dass sie nun, als sie vom Wecker geweckt wurde, völlig übermüdet war. Und Kei dachte noch gar nicht daran, seine Augen zu öffnen und sich dem wieder einmal schneereichen Morgen zu stellen. "Kei..." Vorsichtig berührte der Alien die Schulter ihres Mannes und schüttelte ihn leicht. "Aufwachen. Du musst los. In einer Stunde fängt deine Klausur an." "Will nicht." Der blonde junge Mann zog sie noch dichter an sich und versenkte den Kopf zwischen ihren Brüsten, woraufhin Mizuhos Gesicht sich leicht rot färbte. Zwar waren sie verheiratet, aber es war nach wie vor überraschend, erregend und auch schön, Kei auf diese unschuldige Art nahe zu wissen. "Du musst aber." Ihre Finger glitten abermals durch seine Haare und legten sich dann in seinen Nacken, um diesen leicht zu kraulen. Kei gab daraufhin nur ein leises Schnurren von sich und hob letztendlich doch den Kopf, um sie müde anzulächeln. "War gestern doch etwas spät..." Mizuho nickte und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Und deswegen hoffe ich, dass du in der Klausur nicht einschläfst. Und wenn doch, gibt es Ärger von deiner Lehrerin." Kei kuschelt seinen Kopf wieder an seinen Lieblingsplatz und nuschelte leise gegen ihre Haut. "Den Ärger habe ich wirklich gerne." Kichernd presste seine Frau ihn von sich und setzt sich im Bett auf. Der erste Griff ging zu ihrem Morgenmantel, auf dem Marie sich zusammengerollt hatte und selig schlief. Vorsichtig bettete sie die Steuerungseinheit auf ihr eigenes Kopfkissen und erhob sich langsam, um den Weg ins Badezimmer anzutreten. Ihr Mann griff derweilen verschlafen nach seiner Brille und setzte sie sich auf die Nase. Der noch nicht ganz geschlossene Morgenmantel seiner Frau entlockte ihn ein seliges Grinsen, welches er sich allerdings verkniff, als Mizuho ihn wieder anblickte. "Dir tut die Ehe nicht gut..." "Klausuren tun mir nicht gut. Die Ehe ist das Beste in meinem Leben." Mit einem Lächeln, das in ihrem Gesicht festgewachsen zu sein schien, dachte Mizuho an ihre gemeinsamen Anfänge und an die große Notlüge zurück, die der Start in ihr Eheleben gewesen war. Hätte sie Kei damals nicht in den Sportgeräteraum der Schule gelockt, um sich zu überlegen, was sie mit ihm machen sollte, da er ja um ihre wahre Identität wusste, wären sie nie vom Direktor erwischt worden und hätten nie behaupten müssen, dass sie verheiratet gewesen wären. Und das würde sie nun zutiefst bedauern. Mehr als das. Kei gab ihr alles, was sie brauchte, und sie hoffte inständig, dass sie ihm das Gleiche geben konnte. Auf dem Weg ins Bad machte sie einen Zwischenstopp in der Küche und öffnete Türchen Nummer vier auf dem Pärchen-Adventskalender. Da die geraden Zahlen ihr gehörten, ließ sie die Schokolade mit einem befriedigten Lächeln in ihrem Mund verschwinden und zwischen Zunge und Gaumen zergehen. "Du hättest mir zumindest einen kleinen Bissen überlassen können." Kei trottete aus dem Schlafzimmer auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Der um einen halben Kopf kleinere Mann streckte sich und blickte zu seiner Frau empor, die sich lächelnd zu ihm hinabneigte und seine Lippen mit ihren berührte. Als sie sich von ihm gelöst hatte, leckte Kei sich über die Lippen und nickte knapp. "Süß..." Mizuho zwinkerte ihm zu und huschte ins Bad, um unter die Dusche zu steigen. Kei folgte ihr auch dieses Mal, begnügte sich aber vorerst nur mit Zähne putzen und der restlichen Morgenwäsche, um sich anschließend um das Frühstück zu kümmern. Nachdem seine Frau die Dusche verlassen hatte, sich nun ihrerseits die Zähne putzte, die Kaffeemaschine bereits lief, und die Brötchen im Ofen knusprige wurden, stieg Kei so wie jeden Morgen nach ihr unter die Dusche. "Wann bist du heute zu Hause?" Der Blondschopf linste um den Duschvorhang herum seine Frau an, die sich nachdenklich mit der Zahnbürste gegen die Unterlippe tippte. "Auf alle Fälle etwas später. Wir haben heute noch eine Lehrerversammlung. Aber wenn ich nach Hause komme, koche ich uns etwas." Der junge Mann schüttelte den Kopf. "Das musst du nicht. Lass mich das machen. Ich habe nach der Klausur heute sowieso Schluss und dann ausreichend Zeit, um nichts anbrennen zu lassen." Mit einem glückseligen Gesichtsausdruck nickte Mizuho und beendete ihre allmorgendliche Waschzeremonie. Sie huschte aus dem Bad und verschwand im Schlafzimmer, um kurz darauf in einem Knielangen schwarzen Rock, mintfarbener Bluse und einer schwarzen Weste zurück ins Wohnzimmer zu kommen. Kei saß bereits vor dem kleinen Tisch und schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein. "Ich hoffe, er ist nicht zu stark geworden. Ich glaube, ich habe zu viel Kaffeepulver benutzt." "Wenn nicht, ist nicht schlimm. Das weckt auf. Und wach sein sollten wir heute beide und vor allen Dingen du." Hinter dem Rücken zog sie ein ganz kleines Geschenk hervor und hielt es ihm entgegen. "Das soll dir Glück bringen." Aus fragenden, hinter der Brille steckenden, großen Augen blickte ihr Mann sie an, nahm dann aber doch das Geschenk entgegen. Vorsichtig packte er das Kleinod aus, während dessen Anblick ihm die Röte ins Gesicht jagte. "Und damit soll ich mich konzentrieren können?" "Das klappt schon. Da bin ich zuversichtlich. Und nun iss endlich. Du musst bald los." Kei ließ den Schlüsselanhänger mit dem integrierten Passbild in seiner Hosentasche verschwinden und biss in sein bereits geschmiertes Brötchen. Mizuho lächelte ihrerseits glücklich und blickte zum Adventskalender hinüber. Bald würde ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest sein. Und diesem würden sicherlich noch viel weitere folgen. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen 2. Advent / 5. Dezember - Great Teacher Onizuka ----------------------------------------------- Eikichi Onizuka schlenderte langsam durch das große Einkaufszentrum, in dem er sich selber ein vorweihnachtliches Geschenk machen wollte. Ein Geschenk für einen Mann, der schon viel erlebt hatte. Langsam ging er zwischen den Reihen mit Weihnachtsdekoration hindurch, die das baldige Fest der Herzen ankündigten. Das er einmal mehr alleine verbrachte... Der blonde große Mann biss sich auf die Unterlippe und ballte die Hand so fest zur Faust, dass auf dieser die Adern hervortraten. Sein Gesicht ähnelte kurz dem Antlitz eines tollwütigen Stiers, aus dessen Nasenlöchern sich kleine wütende Rauchfäden erhoben. Es war zum Heulen. Zwar arbeitete er zwischen jede Menge hübschen und sogar wunderschönen Mädchen, aber die waren allesamt zu jung. Erst vierzehn und wenn es hochkam fünfzehn. Vielleicht dachte man nicht, dass ihn das störte, wenn man ihn kannte, aber er hatte ja auch so etwas wie einen Ehrenkodex. Zumindest etwas sehr Ähnliches. An einem Stand mit kleinen Engelsfiguren hielt der ehemalige Anführer einer Motorrad-Gang an und betrachtete die unschuldigen Gesichter der kleinen blond gelockten Mädchen, die mit ihren Harfen bewaffnet und den offene Mündern ganz den Anschein machten, als würden sie in die weihnachtliche Musik, die aus allen Ecken drang, einstimmen wollen. Als der Verkäufer des Standes auf Onizuka zukam, wedelte dieser mit beiden Händen vor dessen Gesicht herum und schüttelte heftig den Kopf. "Schon gut, wollte nur mal schauen." Damit huschte er weiter an Ständen mit frischem Lebkuchen und anderen weihnachtlichen Köstlichkeiten, denen er zum Teil widerstehen konnte, vorbei. Der Teil, der nicht widerstehen konnte, war es dann aber auch letztendlich, der ihn einen Schoko-Weihnachtsmann kaufen ließ, den er schon wieder etwas fröhlicher köpfte und somit zu vertilgen begann. Seine Aufmerksamkeit selbst wurde aber erst von den Ständen gezogen, als sich um einen großen Weihnachtskranz, der von der Decke hing, eine große Menschenmenge sammelte, und eine Leiter aufgeklappt wurde. Neugierig schlenderte die immer noch Jungfrau - was er sehr bedauerte - hinüber und versuchte über die Schultern der anderen Anwesenden zu sehen. Da diese allerdings hin und her zu schwanken schienen wie betrunkene Biker, drängelte er sich dreistfrech durch die Reihen und verharrte mit einem seligen Grinsen und einem Heiligenschein, der beinah über seinem Kopf erschien, in der ersten Reihe. Mit Blick auf eine schöne Brünette, die gerade in einem viel zu kurzen Röckchen, einer engen weißen Bluse und mörderisch hohen Highheels die Leitersprossen hinauf stieg. Zuerst vorsichtig und dann geradezu hektisch blickte der blonde Lehrer sich in den Reihen der Zuschauer um, während ihm wahre Teufelshörner aus der Stirn zu wachsen schienen. Als er sich in Sicherheit währte, ging er in die Hocke und lief einem Krebs ähnlich auf die Leiter zu, auf welcher die junge Frau immer höher kletterte. Mit einem letzten Blick in die Runde versicherte er sich, dass wirklich keiner seiner Schüler anwesend war und spähte dann vorsichtig unter den kurzen Rock der Frau. Sofort stellte sich bei ihm heftiges Nasenbluten ein, während im Hintergrund "All I want for Christmas is you" lief. Seine Augen verkleinerten sich binnen Sekunden zu glasigen Schlitzen, aus welchen Träne der Freude liefen, als sein Blick auf den rosa Tanga mit den Schleifen an den Seiten fiel. Dass sich hinter ihm plötzlich eine blonde Frau mit zwei verschiedenen Augen, eins blau und eins braun, erschienen war, daneben ein junger großer Mann mit einer Brille auf der Nase, war ihm vollkommen entgangen. Zu sehr war er in die prächtige Aussicht vertieft, die ihm einen herrlichen zweiten Advent einbringen sollte. Immerhin war das der Ausblick, der es ermöglichte, dass die zweite Kerze auf dem großen Adventskranz, der von der Decke hing, erleuchtet wurde. Aber das war ihm bisher völlig entgangen. "Da denkt man, er würde erwachsen werden und dann das..." Urumi Kanzaki stemmte die Arme in die Seiten und blickte auf Onizuka hinab, der sich ihrer Anwesenheit immer noch nicht bewusst war. "Sei nachsichtig. Auch ein streunender Hund braucht mal etwas zu fressen." Yoshito Kikuchi schob seine Brille auf der Nasenspitze zu Recht und ließ anschließend eine gebrannte und mit Schokolade überzogene Mandel in seinem Mund verschwinden. Kanzaki griff ungefragt in die Tüte, die er trug und welche die Köstlichkeiten enthielt und steckte sich ebenfalls eine in den Mund. "Das schreit dennoch nach Strafe." Ganz leise trat sie dicht hinter den auf dem Boden hockenden Lehrer und neigte sich zu dessen Ohr hinab. "Onizuka-Sensei, was machen Sie denn hier? Auch Weihnachtseinkäufe?" Kurz war der Lehrer noch wie paralysiert von dem göttlichen Anblick, der sich ihm bot, doch dann kam Bewegung in ihn. Wie von der Tarantel gestochen, blickte er sich um, in Kanzakis Augen, taumelte rückwärts, setzt sich dabei auf seinen Hintern und rückte in einem Höllentempo auf dem Po rutschend von ihr und Kikuchi weg. Kikuchis Mundwinkel hob sich zu einem schwachen Grinsen, während Kanzaki in lautes Gelächter ausbrach. "Schönen zweiten Advent noch, Onizuka-Sensei. Und nicht vergessen, das fünfte Türchen aufzumachen." Ihm noch einmal zuzwinkernd, ergriff sie Kikuchi an seiner Jacke und schleifte ihn fast schon hinter sich her zu einem Elektronikladen, in den er unbedingt gewollt hatte. Onizuka blieb erschrocken und verstört zurück, plötzlich bemerkend, dass sich alle Augen auf ihn gerichtet hatten. Einschließlich der braunen Augen der jungen Frau, die oben auf der Leiter stand. "Ich.. ich..." Der Lehrer sprang auf die Beine hoch, strich sich die graue Hose glatt und wedelte einmal mehr mit den Armen in der Luft herum. "Ich muss weg." Bevor die junge Angestellte von der Leiter kommen konnte, machte er sich bereits auf, um die Flucht zu ergreifen, die durch mehrere Weihnachtsstände und Fressbuden ging. Letztendlich hielt er schwer nach Luft ringend an einer großen Bühne an, setzte sich auf deren Rand und verschnaufte erleichtert. Sich absolut nicht bewusst, dass sich von hinten eine junge Frau in einem Weihnachtsfrau-Kostüm näherte. Die Weihnachtsfrau neigte sich zu ihm hinab und tippte ihm auf die Schulter. "Sie sind wohl doch schon etwas alt, um auf dem Schoß des Weihnachtsmannes zu sitzen." Onizukas Kopf drehte sich bei der engelsgleichen Stimme langsam um und starrte zuerst einmal in einen tiefen Ausschnitt, der wohl zur Freude der anwesenden Väter gereichen sollte. Nur ganz langsam hob er den Kopf und blickte schließlich in strahlende blaue Augen, die ihn vergnügt anblinzelten, während schwarze Korkenzieherlocken unter der Weihnachtsmannmütze hervorlugten. "Oh, ja, natürlich..." Langsam erhob er sich und blickte zu dem kleinen Junge, vielleicht gerade fähig zu laufen, der alleine die Treppe zum Weihnachtsmann empor klettern wollte, während seine Mutter fröhlich Fotos schoss. Kurz entschlossen trat Onizuka zu dem kleinen Kerlchen, nahm ihn auf den Arm und brachte ihn zu dem Weihnachtsmann, der sich bereits mit einem "Hohoho" auf den Lippen auf den Schoß klopfte. Für seine heldenhafte Tat erhielt der einstige blonde Rüpel ein strahlendes Lächeln von der Weihnachtsfrau und einen anerkennenden Blick von Kanzaki und Kikuchi, welche etwas weiter entfernt von der Bühne standen. "Hin und wieder ist auch er erwachsen." Kanzaki nickte zufrieden und wies zu einem Plattenladen. "Lass uns da mal reingehen." Kikuchi nickte und drehte sich dann schlussendlich mit einem letzten Blick auf Onizuka um, um den Laden zusammen mit Kanzaki zu betreten. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen Und ein großes Danke an Vanillaspirit, die sich als Beta-Leser geopfert hat.{/b] 6. Dezember - Chrno Crusade --------------------------- Unter der Regierung von Präsident Coolidge war es möglich, dass das einst so gebeutelte Amerika endlich wieder aufblühen konnte. Die Industrie blühte in nur jeglicher erdenklicher Weise auf. Mitte der zwanziger Jahre fuhr bereits jeder fünfte Amerikaner ein eigenes Automobil und hegte und pflegte es mit stolz geschwellter Brust. Durch den Aufschwung der Auto-Industrie wurde auch die Infrastruktur Amerikas vollkommen umgestellt. An jeder Ecke erhoben sich gepflasterte Straßen aus den Städten, deren vertikale Bauweise nun das Bild prägten. Zusätzlich erlebten Großkonzerne, die Öl förderten, einen Aufschwung, da dieses dringend für die Autos benötigt wurde. Arbeitsplätze konnten in Massen geschaffen werden, so dass die Wirtschaft erblühte und erstrahlte, wie eine Blume im Frühling. Durch die gute wirtschaftliche Lage fanden auch Konsumgüter fortan reißenden Absatz. Parfum und Pralinen aus Frankreich, feinste Stoffe und Gewürze aus dem Orient, feinster Tee aus Großbritannien, Musikinstrumente aus Italien und Deutschland eroberten binnen weniger Jahre die Herzen der Amerikaner. Der Wehrmutstropfen blieb allerdings, dass nach dem großen Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wurde - trotz florierender Wirtschaft. Immer mehr Amerikaner gaben den Afroamerikanern die Schuld an ihrem eigenen Elend, so dass binnen weniger Jahre, der Ku Klux Klan den Höhepunkt seiner Macht erreichte. Da dies allerdings alles vornehmlich auf dem Lande geschah, wo der Unterschied zwischen arm und reich noch größer war als in den Städten, gaben sich die Städter an einem 6. Dezember im Jahre 1926 den Herrlichkeiten der vorweihnachtlichen Stimmung in den langen Einkaufspassagen hin. Neben hell erleuchteten Weihnachtsbäumen, Lichterketten, Engeln in den Schaufenstern standen auch die Helfer der Wohlfahrt und Ordensmitglieder diverser Klöster an verschiedenen Standpunkten und läuteten ihr Glocken, um Spenden für die Bedürftigen zu sammeln, um diesen eine schönes Weihnachtsfest zu ermöglichen. Unter ihnen auch die 14-Jährige Rosette Christopher und der kleine Dämon Chrno, dem man nur mit einem Blick auf seine Ohren ansehen konnte, dass er kein normaler kleiner Junge war. "Warum heute? Es ist so verdammt kalt." Die Novizin des Magdala-Ordens bibberte in ihrem dicken Mantel und trotz der dicken Handschuhe an den kleinen Händen heftig vor sich hin. Der Dämon an ihrer Linken fror zwar auch, allerdings hielt es sich bei ihm einigermaßen in Grenzen, so dass er dichter zu ihr rückte, um ihr etwas von seiner Körperwärme abzugeben. "Weil heute Nikolaus ist und jeder ein Recht auf ein kleines Präsent hat." "Ich wäre aber lieber mit zu dem Exorzismus gefahren. Nächstes Jahr darf ich ja auch endlich anfangen." Die blonden Haare, die unter Rosettes dicker Mütze hervor hingen, waren bereits ganz nass und steif gefroren. Chrno kicherte leise, wobei sich kleine Dampfwolken aus Mund und Nase erhoben. "Erst einmal bei einem Exorzismus dabei gewesen und schon Blut geleckt..." "Ich fand es toll." In den Augen des jungen Mädchens leuchteten wahre Sterne auf, die mit den Lichterketten an den Geschäften um die Wette zu leuchten schienen. Der Dämon an ihrer Seite schenkte ihr einen sanften Blick und schaute dann zu den Sternsängern, die sich an einer Bankreihe aufgebaut hatten und "Stille Nacht" sangen. Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen, da dieses Lied so im Kontrast zu Rosettes Wunsch stand. Und dennoch... Rosette konnte auch anders. Sie war nicht anders als die Menschen, die hier ihrer Wege gingen. Sie war genauso wie sie, nur hatte sie ein Leben gehabt, das von ihr forderte, dass sie nun über kurz oder lang auf die Jagd nach Geistern und Dämonen ging. Immerhin wurde ihr Bruder von einem Dämon festgehalten. Von Aion... Erst als Rosette mit ihrer Glocke bimmelte und anfing, die Leute nach etwas Geld für die Bedürftigen zu fragen, riss sich der Dämon wieder aus seinen Überlegungen. Mit wachen Augen beobachtete er das Mädchen, das er nun schon einige Jahre kannte, und das er aus tiefstem Herzen liebte. So wie er einst eine andere Frau geliebt hatte. Zu einer anderen Zeit... In einer anderen Form. "Chrno, hilf mir doch mal. Die hören nicht auf mich." Rosettes rotes und leicht angefrorenes Gesicht nahm einen unwilligen Ausdruck an, als die zehnte Person an ihr vorbei ging, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. "Was soll ich denn machen?" Der kleine Damön mit dem langen Zopf hob fragend eine Braue. Rosette winkte allerdings bereits ab und setzte zu einem schiefen und krummen "Twelve Days of Christmas" an, welches dazu führte, dass die Leute sie bezahlten, damit sie zu singen aufhörte. Natürlich tat das junge Mädchen keinem diesen Gefallen, nachdem sie gemerkt hat, wie fruchtbar das Geschäft gegen den schiefen Gesang doch war. Allerdings entging ihr dabei ganz, dass die Sternsänger auf der anderen Passagenseite bereits reichlich schief und verstimmt zu ihr sahen, da sie das ganze Geld einheimste, welches die Sternsänger zuvor in ihren Beutel hatten wandern sehen. "Ro... Rosette..." Chrno begann daraufhin erst vorsichtig und dann immer energischer an dem Ärmel des Mädchens zu zupfen, welches sich allerdings partout nicht von seinem Tatendrang abbringen lassen wollte und immer weiter und noch viel lauter die schiefen Zeilen schmetterte. "Rosette, wir kriegen gleich Ärger. Sogar ziemlich heftig." Die Augen des kleinen Dämons weiteten sich mit einem Hauch von Panik, als ein großer bullige Sternsänger auf sie beide zugestapft kam. "Wie meinen?" Rosette öffnete die Augen und folgte Chrnos Kopfnicken in die Unheilverheißende Richtung. Auch ihre Augen vergrößerten sich urplötzlich ein wenig panisch. Mit der Glocke in einer Hand wedelte sie heftig mit den Händen. "Sir, es tut mir leid, wenn ich sie verärgert haben sollte. Das war... das war nicht... meine..." Da der Mann wirklich finster dreinblickte, entschied Rosette sich binnen Nanosekunden für einen Standortwechsel und schleifte Chrno im Eiltempo hinter sich her. Dieser legte beide Handflächen aneinander, neigte ständig den Kopf vor dem Mann und formte mit den Lippen immer und immer wieder das Wort "Entschuldigung". Erst als Rosette ihn hinter eine uneinschaubare Ecke gezogen hatte, entließ sie ihn aus ihrem Griff, lehnte sich erleichtert ausatmend an die Mauer und schüttelte energisch den Kopf. "Das mache ich nie mehr. Nie mehr werde ich Geld sammeln. Das ist ja gefährlich..." "Nur wenn man sich unbeliebt macht..." Abschätzende Augen glitten über das Gesicht des Mädchens, welche aber recht bald wieder einen freundlichen Glanz annahmen. "Lass und jetzt wieder zurück zum Orden fahren. Für heute haben wir sicherlich genug gesammelt." Er nickte auf die Büchse, die prall gefüllt war. Rosette folgte seinem Blick und nickte. "Stimmt, das reicht. Vielleicht sogar für einen Kakao..." "Rosette..." Chrnos Stimme wurde drohend etwas lauter, doch das Mädchen winkte ab. "War nur ein Scherz. Und nun komm. Meine Füße sind schon Eisklumpen." Abermals zerrte sie ihn hinter sich her. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen 7. Dezember - Saber Rider and the Star Sheriffs ----------------------------------------------- "Ich liebe die Weihnachtszeit..." Mit einem schwärmerischen Ausdruck im Gesicht und großen strahlenden blauen Augen blickte sich April in dem kleinen Wohnbereich in Ramrod um, den sie mit Lichterketten, Girlanden, Kerzen und weiterem Weihnachtsschmuck ausgekleidet hatte. In ihren Händen hielt sie immer noch eine Dose mit künstlichem Schnee, den sie auf die Plexiglastüren der Küche gesprüht hatte. Colt, der mit einem mit Marshmallows ausgestatteten heißen Kakao in der Hand an der Anrichte lehnte, hob skeptisch eine Braue. "Das ganze Zeug macht einen Flug, wenn wir im Gefecht sind." "Unsinn, Cowboy." Die blonde Wissenschaftlerin winkte ab und trat an eine Keksdose, die noch unberührt auf dem Tisch stand. Geradezu andächtig öffnete sie die Deckel und wollte sich gerade einen Keks stibitzen, als ihre etwas ins Auge stach, das ihr gar nicht so recht gefallen wollte. Leere... Gähnende Leere. Und das in ihrer Keksdose. "Meine Kekse..." Zuerst mit einem jämmerlichen Gesicht geschlagen, dann aber allmählich zornig, drehte sich sie zu Colt um. "Warum isst du einfach meine ganzen Kekse, ohne mich zu fragen. Kuhhirte..." Ihre Zähne knirschten lautstark. Der Cowboy schüttelte nur langsam den Kopf und linste sie unter der tief ins Gesicht gezogenen Hutkrempe an. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Frag den Säbelschwinger und den Turbofreak." Mit dem Daumen wies er über seine Schulter und meinte damit den Kontrollraum des großen Raumschiffes. Mit wehenden Fahnen und einem Gesicht, dass jedem Outrider das fürchten gelehrt hätte, stapfte April durch die Gänge zum Kontrollraum, haute auf den Türöffner und trat wie die Nemesis des Schottens und des Japaners ein. "Ihr..." Fireball, dessen Beine quer auf seinem Kontrollpunkt lagen, wendete sich ihr zu. Den Beweis für den schmählichen Keksdiebstahl immer noch im Mund und selig kauend. "Was denn, April?" Auch Saber wendete ihr sich zu und blickte sie fragend analytisch an. "Gibt es irgendein Problem." "Oh... ihr..." Aprils Körper straffte sich und alles in ihr und an ihr schrie nach Großangriff. Ihre Arme hingen angespannt an ihren Seiten hinab, während ihre Fäuste so fest geballt waren, dass die Adern unter der Haut gut sichtbar hervortraten. Auch an ihrer Stirn schien eine Ader geradezu hervorspringen zu wollen, um Rache für die Kekse zu üben. Saber und Fireball schenkten einander einen verwirrten Blick, während Saber sich einen weiteren von Aprils Keksen in den Mund schob und damit den offiziell letzten seiner Gerechtigkeit zuführte. "Die Kekse waren überaus deliziös..." Die Stimme des Schotten ging in ein Schnurren über, das seinen Gefallen kundtat. Die blonde junge Frau in dem roten Catsuit stierte ihn erst verblüfft, dann zornig an. Allerdings verrauchte ihre Wut beinah, als sich auf dem großen Plasmabildschirm am Aussichtsfenster des Kontrollraums das Bild ihres Vaters aufbaute, der einem in die Runde nickte und seiner Tochter ein Lächeln schenkte. "Gute Neuigkeiten. So wie es aussieht, können wir euch zwei Tage Urlaub gewähren, wenn es keinen Zwischenfall gibt." "Daddy..." Über Aprils Gesicht huschte ein Strahlen. Ihren Vater zu sehen, war nach wie vor das Größte für sich. Neben ihren Keksen... Aber diese Situation würde sie später klären. "Hallo Schatz..." Der Commander blickte sie abermals an und ließ dann den Blick zu Saber Rider und Fireball gleiten, während seine Augen anschließend Colt zu suchen schienen, der just in jenem Moment mit Schokolade am Mundwinkel den Raum betrat. "Da niemand das siebte Türchen öffnen wollte, habe ich das erledigt. Und die Schokolade war verdammt lecker." Seine Zungenspitze angelte nach dem letzten Relikt der süßen Köstlichkeit, wurde allerdings plötzlich Commander Eagle gewahr, nahm Haltung an und salutierte, genauso, wie es zuvor Saber und Fireball gemacht hatten. "Förmlichkeiten sind heute nicht nötig Colt." Der Commander warf abermals einen Blick auf seine Tochter, deren Gesicht genauso rot war wie ihre Kleidung. Sie schien geradezu explodieren zu wollen. "April? Geht es dir gut?" Die Augen der jungen Frau flammten wütend auf. Ruckartig wendete sie sich zu Colt um. "Du elender Kuhhirte. Ich jage dich zurück auf die Weide. Das war mein Türchen. Meins. Erst meine Kekse und dann das. Das ist ja wohl die Höhe..." Fragende Blicke huschten zwischen Saber, Fireball und Commander Eagle hin und her, während Colt schnellstmöglich die Flucht vor April übte, welche ihm wie eine Furie nachsetzte. "Wie war das mit Frieden auf Erden und Liebe in den Herzen?" Fireball nahm den neben sich liegenden Schoko-Weihnachtsmann zur Hand, befreite ihn von seiner Folie und biss ihm den Kopf ab. Saber zuckte mit den Schultern. "Dieses Jahr vielleicht ausverkauft." Eagle schüttelte nur leicht den Kopf. "Immer das gleiche. Seitdem sie ein Kind ist..." "Mmh..." Der japanische Rennfahrer warf April einen Blick zu, welche Colt um die Steuerarmaturen jagte. Der Cowboy-Hut des Amerikaners hing dabei nur noch durch die Kordel an dessen Hals und flog ansonsten wie ein Fähnlein im Wind hinter ihm her, als er über Schaltpulte, Sitze und dergleichen sprang. "Hätten wir ihr sagen sollen, dass wir noch Kekse aufbewahrt haben?" Fireball hob eine schwarze Braue und beobachtete Colts Rettungsversuch weiter hoch interessiert. Saber nickte langsam. "Wäre sicherlich besser gewesen. Zumindest für Colt." Der Blonde verschränkte die Arme vor der Brust, hob den rechten Arm und tippte sich mit einem Finger gegen das Kinn. "Colt hat allerdings zugelegt. Er hat sich beklagt, dass seine Rüstung ihm nicht mehr passt." Braune Augen richteten sich auf den Schoko-Weihnachtsmann, dessen Rumpf und Unterrock ihn nur noch vor der vollständigen Vernichtung trennten. "Dann sollten wir ihn noch eine Weile laufen lassen, bevor wir April besänftigen. Er bewegt sich sowieso zu wenig." Der Schotte blickte zu dem Plasmabildschirm empor, über welchen Commander Eagle immer noch den weihnachtlichen Amoklauf seiner Tochter beobachtete. "Sir, wenn Sie gestatten, bringen wir das in etwas zwanzig Minuten in Ordnung. Frühestens allerdings, wenn es so aussieht, als könnte Colt den kürzeren ziehen." Der Commander nickte. "Derweilen wünsche ich eine erholsame Zeit und verabschiede mich nun hiermit." Er salutierte knapp vor Saber und Fireball, die es ihm gleichtaten. Dann erlosch der Bildschirm. Beider Augen ruhten noch kurz auf der Stelle, von der Commander Eagle gerade verschwunden war, richteten sich dann aber wieder auf das Schauspiel, das April und Colt inszenierten und zur Folge hatte, dass Colt bereits der Schweiß in Sturzbächen von der Stirn lief. Auch April machte keinen frischen Eindruck mehr und dennoch konnten es sich der Schotte und der Japaner nicht nehmen, den beiden noch etwas Zeit zur körperlichen Betätigung zu überlassen. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 8. Dezember - DearS ------------------- Ren blickte aus großen Augen in die Flammen der zwei Kerzen, die auf dem Adventskranz in der Mitte des Tisches brannten. Es waren rote Kerzen, deren Standort verschönert war mit goldenen Bändern, Walnüssen, kleinen Weihnachtsmännern und goldgelockten Engelchen. Diese hielten kleine Instrumente in den Händen und schienen aus Leibeskräften eine stille Melodie mitzusingen. Als Takeya den Raum betrat, hob er fragend und ein wenig irritiert die Augenbraue. Selten hatte er Ren auf diese Art und Weise in sich gekehrt gesehen. Und noch viel seltener so andächtige. Die DearS stützte den Kopf in beiden Handflächen ab, suchte das Gleichgewicht mit auf dem Tisch gelagerten Ellenbogen. "Was ist denn?" Der offizielle Meister der DearS, welcher eine solche Bezeichnung rigoros ablehnte, trat näher an den Alien heran und blickte auf ihren mit langen türkisen Haaren bestückten Kopf hinab. "Mmh...?" Ren hob den Kopf und blinzelte gegen die Deckenbeleuchtung an, die Takeya einen Heiligenschein verpasste. Seufzend nickte der Junge zum Fenster. "Es schneit. Wollen wir nicht einmal nach draußen gehen? Den ganzen Tag in der Wohnung ist langweilig." Sonderlich viel Lust hatte er eigentlich nicht, mit der DearS, der Gott und die Welt nachlief, Zeit zu verbringen, aber sie hier so sitzen lassen, konnte er ja immerhin auch nicht. Seine Ehre trieb ihn geradezu zu dieser Frage. Das Mädchen überlegte, klimperte mit den Augen und nickte dann langsam. Immer noch in ihrer Schuluniform steckend, erhob sie sich und schritt an Takeya vorbei, um in ihre Schuhe zu schlüpfen, doch dieser hielt sie am Arm zurück. "Du solltest dich vorher wärmer anziehen. So holst du dir nur den Tod." Ren blinzelte abermals und nickte. "Du bist heute sehr nett, Takeya." Langsam trat sie wieder den Rückweg zu ihrem Schrank an und wühlte in den Sachen, die Neneko ihr im letzten Jahr auf Takeyas Kosten gekauft hatte. Allerdings fand sie nichts, dass ihrer Ansicht nach den Wetterbedingungen entsprechen könnte. Todesmutig und gefasst, jede Menge bunte Slips zu finden, trat Takeya neben sie und wühlte ebenfalls in den Kleidungsstücken, bis er eine Jeans, einen dicken roten Pullover, Mütze, Schal und Handschuhe hervorzog. Alles zusammen reichte er Ren, die zu seinem Schrecken bereits angefangen hatte, sich zu entkleiden. Sofort schloss der junge Mann die Augen und versuchte krampfhaft, nicht zu seiner außerirdischen Mitbewohnerin zu sehen, deren Busen ihn geradezu einmal mehr anspringen wollte. Wie immer wurde sich Ren ihres naiven Fehlers erst wieder bewusst, als sie sich den Pullover über den Kopf gezogen hatte und durch das Kopfloch lugen konnte. Zuerst verwirrt und dann etwas peinlich berührt, murmelte sie eine leise Entschuldigung, die Takeya mit einem hochroten Kopf und einem Nicken des selbigen hinnahm. Allerdings musste der junge Mann sich auch insgeheim eingestehen, dass es immer schwieriger für ihn wurde, nicht hinzusehen, wenn Ren sich umzog, und er im Zimmer war. Er war ja auch nur ein Mann in der Blüte seines noch so jungen Lebens. Und sie war wirklich das, was alle um ihn herum als schön bezeichneten. Selbst die Mädchen, die sonst dazu tendierten, alles niederzumachen, was schöner war als sie selber. Takeya blickte an die Decke empor und versuchte dort Ablenkung von Ren zu finden, die gerade in ihre Jeans stieg. "Ich bin fertig, Takeya." Die außerirdische Austauschschülerin schlüpfte in die warme Jacke und blickte an sich hinab. Diese Kleidung war so ganz anders als alles, was die Dears gewöhnlich trugen. Das Einzige, was nun noch an ihre Herkunft erinnerte, war ihr Halsband, das sie immer und überall trug, und welches sie als Teil der außerirdischen Delegation auszeichnete. Der Oberschüler nickte knapp und stieg bereits selber wieder in Jacke und Schuhe und band sich letztendlich einen dicken roten Schal um den Hals. Ganz Gentleman hielt er Ren die Tür auf, welche hinaustrat und auf eine dick verpackte Neneko stieß, die gerade hatte klingeln wollen. Takeyas Sandkastenfreundin grinste die DearS hinter ihrem dicken Schal breit an, während ihr verdampfender Atem ihre Brille beschlagen ließ. "Ich habe mir schon gedacht, dass ihr auch rauskommt. Und ich habe was für dich, Ren." Hinter dem Rücken zog das junge Mädchen einen Bilderadventskalender in Form eines Ovals hervor, welches von zwei Engeln aus der Sixtinischen Kapelle und Goldglitter geziert wurde. Rens Augen weiteten sich und man sah ihr ganz genau an, dass sie über den Sinn und Zweck des Ganzen nachdachte. "Du musst die ersten acht Türchen aufmachen. Und dann jeden Tag ein weiteres." Takeya nahm Neneko den Kalender aus der Hand und öffnete das Erste, damit Ren es auch wirklich verstand. Deren Kopf wippte langsam auf und ab. Erst als sie sich den kleinen Engel hinter dem Türchen angesehen hatte, begann sie, unter Takeyas Anleitungen weitere sieben zu öffnen. Jedes Bildchen hinter den Türen entlockte ihr ein kleines Lächeln. Neneko stieß unterdes Takeya in die Rippen. "Warum hast du ihr denn keinen gekauft? Ich weiß genau, dass du einen hast." "Und? Ich muss auch für meinen arbeiten gehen. Soll sie es doch auch so machen." Leicht verstimmt pustete er sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. Als er allerdings in Rens leicht verletzt wirkende Augen blickte, stieß er entnervt und gleichzeitig etwas besänftigter den Atem aus. "Gut, ich hätte es machen können, aber ich habe es vergessen. Für nächstes Jahr gelobe ich Besserung." Ren begann zu strahlen und flog Takeya binnen Sekunden um den Hals. Dieser ruderte hilflos mit den Armen, verlor das Gleichgewicht und fiel auf sein Hinterteil. Ren landete ihrerseits weich auf ihm. Der als Airbag eingesprungene Schüler schaute verwirrt in die Augen der DearS, bis von der Straße eine frivol anmutende Stimme zu ihnen heraufdrang. Frau Mitsuka stand am Eingang des Gebäudekomplexes und verging fast vor eingebildeten erotischen Schwingungen. "Ahhh, eine Orgie. Eine Orgie. Darf ich zu sehen. Oder war sie schon. Erzählt davon, erzählt mir davon." So wie jedes Mal, wenn sie ein wenig Erotik unter ihren Schülern vermutete, begab sie sich in eine "fast-Selbstbefriedigung". Neneko schüttelte nur den Kopf und half Ren auf die Beine, die Takeya schuldbewusst anschaute. Dieser winkte allerdings bereits ab und nickte zur Haustür. "Lasst uns einen Kakao trinken. Mir ist kalt." Überzeugt von diesem Vorschlag folgten die beiden Mädchen ihm in de Wohnung, während Frau Mitsuka weiter ihren erotischen Phantasien frönte. --------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 9. Dezember - Record of Lodoss War ---------------------------------- Ein kleiner Teil des Saals lag im Licht des Kaminfeuers, welches leise prasselte und dessen Zungen an den großen groben und dennoch so liebevoll gefertigten Steinen des Kamins leckten. In der Luft hing ein leichter Duft nach Früchten und Süße, nach Gebäck und von irgendwoher drang das leise Spiel der Hofmusikanten. Vom Kaminsims herab hingen lange Girlanden aus Tannen, in akribischer Arbeit hergestellt von Zofen und Mägden, die diese auch mit roten Schleifen, goldenen Glöckchen und kleinen vergoldeten Musikinstrumenten verziert hatten. Diese schienen bei jedem noch so kleinen Luftzug aufzuspielen. Generell wirkte der große Saal mit der Kaminecke überaus weihnachtlich. In der Mitte des Raumes war bereits für den pompösen Weihnachtsbaum Platz geschaffen worden, der in weniger als 14 Tagen aufgestellt werden sollte. Vor den Fenstern standen Kerzen, ebenfalls verziert mit Tannengrün, dessen Geruch sich schmeichelnd unter den übrigen Duft im Raum zu mischen schien. Auch die große Treppe, welche den Saal als Ausgangspunkt zum Erreichen des nächsten Stockes verließ, erblühte in weihnachtlichem grün und rot, hier und da bestückt durch weiß-rote Zuckerstangen, welche im Königreich von Flaim eine besondere Köstlichkeit waren. Der große Kronleuchter, auf welchem eine Unmenge an kleinen Kerzchen brannte, warf durch die geschliffenen und eingearbeiteten Kristalle einen zartes Licht auf Treppe und oberes Stockwerk. "Parn..." Die leise Stimme einer Frau erklang, die suchend durch die Dunkelheit ging, sich ganz alleine auf ihre Fähigkeiten verlassend. Als keine Antwort zu ihr gelangte, ließ die Hoch-elfe mittels Magie eine kleine Licht-Elfe vor sich erscheinen und erleuchtete sich den noch dunklen Weg bis in die Nähe des Kronleuchters. Dort angekommen, löste sie den Zauber und blickte über die Brüstung in den Saal hinein. Doch war es ihr immer noch nicht möglich, Parn auszumachen. Nur einen Schatten, der in der Nähe des Kamins stand und in dessen warmes und gemütliches Feuer starrte. Die Ohren der Elfe hoben sich in einem Akt der Vorfreude etwas an und ein wenig elanvoller nahm sie die Treppenstufen hinab in den Saal in Richtung Kamin. Gerade, als sie laut ihre Freude über Parns Anwesenheit verkünden wollte, drehte sich dieser tatsächlich um und lächelte sie auf geheimnisvolle Weise und ganz wie ein Held an. Sofort schlich sich die Röte in Deedlits Gesicht. Sie liebte es, wenn er lächelte. Und noch mehr liebte sie es, wenn er sie so anlächelte und ansah. Er war alles, was sie seit Jahren brauchte. Und das würde auf ewig so sein. Etwas langsamer näherte sie sich ihrem Ritter, dem sie schon soviel zu verdanken hatte. Nicht zu letzt ein Leben, das es wirklich würdig war, gelebt zu werden. "Ich habe dich schon gesucht, Parn. Ich habe etwas für dich." Der dunkelhaarige Ritter, der sich so noch nicht wirklich lange durfte, lächelte noch strahlender und neigte das Haupt leicht vor ihr. "Zufälle gibt es immer wieder. Ich habe auch etwas für dich, Deedo. Ich hatte heute nur noch keine Zeit, es dir zu überreichen." Die blonde Elfe legte den Kopf schief und schlug fast augenblicklich die Augen nieder, als sich ihre Ohrenspitzen vor Vorfreude rot färbten. Besagte Ohrspitzen begannen auch leicht und aufgeregt zu zucken, während sie ihren Blick wieder auf ihn richtete. "Darf... darf ich zuerst?" "Natürlich." Parn nickte leicht und trat näher auf sie zu. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt und darum bemüht, dass kein Zwischenfall die kleine Zusammenkunft stören könnte. Die Hoch-Elfe schenkte ihm ein dankbares Lächeln und griff in eine versteckte Tasche des Kleides, welches sie am Abend zu einem der großen Bälle von Flaim getragen hatte. Mit geschlossener Faust, welche sie ihm entgegenhielt, erhob sie wieder das Wort. "Ich habe dir doch einmal erzählt, dass man bei mir zu Hause etwa um diese Zeit vor Weihnachten immer kleine Geschenke erhält. Und weil das hier nun der erste Tag ist, an dem dafür die Zeit blieb, will ich es hiermit tun." Sie öffnete langsam ihre Hand und offenbarte einen feinen, filigranen Anhänger an einem Lederband. Parn blickte gerührt auf das Geschenk hinab, streckte die immer noch in Handschuhen steckende Hand aus und berührte vorsichtig den Anhänger, nicht ohne dabei auf Deedlits Hand zu berühren, welche abermals leicht errötete. "Er ist wirklich schön. Danke. Und ich werde ihn immer tragen. Seine Finger hoben den Anhänger aus ihrer Hand, als wäre er das kostbarste Gut auf Erden. Nur ganz vorsichtig legte er sich das Lederband um den Hals und blickte auf seine Brust hinab, auf welcher der Anhänger nun ruhte. Eine Weile noch ganz gefangen, löste er sich schließlich doch von dem leuchtenden Kunstwerk der Elfen und schaute Deedlit wieder an. Diese stand mit aufgeplusterten Wangen und sichtlich neugierig vor ihm und wippelte nervös von einem Fuß auf den anderen. Der dunkelhaarige Parn lachte leise und zog das kleine Geschenk hinter dem Rücken hervor und hielt es Deedlit hin. Gerührt und ganz langsam nahm diese es aus seiner Handfläche und öffnete es vorsichtig. "Ein weiterer Zufall." Auch sie holte mit vorsichtigen Fingern ein Band mit einem schönen zarten Anhänger hervor. "Aber warum schenkst du mir das?" "Als ich klein war, war es bei uns um die Weihnachtszeit Brauch, dass die Kinder in den vierundzwanzig Tagen vor Weihnachten jeden Tag ein Geschenk oder Süßigkeiten bekamen. Das ist wahrscheinlich gar nicht so anders, als bei euch. Ich dachte mit auf alle Fälle, dass es ein schöner Zug wäre, die am neunten dieser vierundzwanzig Tage einen Aufmerksamkeit zu machen. Dafür, dass du schon so lange mit mir durch Lodoss ziehst, mich immer unterstützt hast und eine Vertraute geworden bist." Deedlits Ohren begannen wieder rot zu leuchten. Ihr Herz klopfte heftig gegen ihren Brustkorb. Es war nicht das Geschenk, sondern einfach die Worte, die Parn sprach. Zwar war das Vertraute nicht das, was sie sich zu hören gewünscht hatte, aber es war für sie ein Schritt in die richtige Richtung. Und noch richtiger wurde diese, als sie sich vorneigte und Parn einen hauchzarten Kuss auf die Wange gab. ---------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 10. Dezember - The Vision of Escaflowne --------------------------------------- Den Blick in die unendliche Weite des Alls gerichtet, nur gelenkt von dem einen Planeten, der größer und heller erschien, als selbst die Sonne es bei Tage gekonnt hätte, blickte Hitomi Kanzaki, das Mädchen vom Mond der Illusionen, wie alle sie hier auf Gaia nannten, in den Himmel. Ihre Heimat schien fast greifbar und wirkte so nah. Und doch war sie so fern. Unendlich fern, wenngleich auch niemand, weder ihre Freunde noch Eltern dies wussten. Für sie schlief Hitomi wahrscheinlich einfach nur wieder, war nach dem Sport ohnmächtig geworden oder einfach nur ein paar Stunden ausgegangen. Auf der Erde wusste keiner, dass hier auf Gaia die Zeit anders tickte. Sie schien scheinbar schneller zu laufen, überholte die Zeit auf Erden in Tagen und Wochen und dennoch... Etwas blieb immer gleich. Das Gefühl für Hitomi, wenn sie zurückkehrte. Jedes Mal war es so, als wenn man ihr einen Teil ihres Lebens genommen hätte, wenn sie drei Wochen bei Van und ihren Freunden war und zu Hause war immer noch der Tag, an dem sie die Matheklausur schreiben musste. Es erschien ihr nach wie vor verrückt, und dennoch konnte sie nicht mehr ohne diesen Zustand. Gerade jetzt nicht, wo sich die Zeit des Jahres näherte, zu welcher auf Erden das Fest der Herzen gefeiert wurde. Das Mädchen schlang die Arme um den schmalen Körper und versuchte durch die Reibung ihrer Hände etwas Wärme in den bereits steif gefrorenen Körper zu treiben, der trotz des dicken Mantels, den sie trug, ausgekühlt war. "Du solltest langsam wieder ins Warme kommen, Hitomi." Milernas Stimme erhob sich hinter dem Rücken der jungen Frau, die den Kopf wendete und in das lächelnde Gesicht der Anderen blickte. "Oh... Ich war so in Gedanken versunken und habe gar nicht gemerkt, dass es so kalt ist." Sie ließ die Behandschuhten Hände von ihren Schultern sinken und trat zu Milerna, die zuerst den Weg in den warmen Raum antrat und folgte dieser dann. Vor dem großen Kamin saß bereits Merle und leckte ihren Handrücken, um sich anschließend damit das Katzenohr zu reinigen. Allen saß neben Van auf einem gemütlichen und königlichen roten Sofa und blickte in den Kamin. Alles wirkte normal. Fast wie zu Hause. Nur eine Sache fehlte Hitomi. Die Festlichkeiten der Vorweihnachtszeit, die Dekoration. Nichts davon war hier zu finden. Zwar roch es nach Gebäck und Tee, aber es war nicht das Gleiche. Heute wäre zu Hause der 10. Dezember gewesen, sie hätte ein Türchen ihres Kalenders geöffnet und den Zimttee ihrer Mutter zum Frühstück getrunken. Zwei Kerzen hätten auf dem Adventskranz gebrannt und das ganze Haus wäre von Lichterketten erstrahlt worden. Aber das war hier nicht so. Hier gab es das nicht. Der Geruch nach Tee rief nicht das warme Gefühl in ihr hervor, wie dieser es sonst immer tat. Auch das feine Gebäck, das auf silbernen Tabletts gereicht wurde und von diesen mit einer kleinen Zange genommen werden konnte, ließ in ihr nicht die rechte Stimmung aufkommen. Sie sehnte sich gerade im Moment einfach nach zu Hause. Denn sie war schon wieder zwei Wochen hier, auch wenn auf der Erde immer noch der besagte 10. Dezember war. "Bedrückt dich etwas, Hitomi?" Vans Augen richteten sich auf sie und entfachten ein wahres Feuer um ihr Herz. Dennoch schüttelte sie den Kopf. "Es ist alles in Ordnung. Ich denke, ich habe nur ein wenig Heimweh. Aber das kommt schon mal vor." Allens blaue Augen richteten sich auf sie. "Vielleicht solltest du dann ja wieder nach Hause zurückkehren. Du kannst doch herkommen, wann immer du möchtest." Die Blondine mit den kurzen Haaren schüttelte den Kopf und streifte den warmen Mantel ab, den ein Diener in Empfang nahm und aus dem Zimmer trug. "Nein, wenn ich zu Hause bin, habe ich nur wieder Sehnsucht nach hier. Es ist nur, dass wir zurzeit zu Hause auf Weihnachten zugehen. Und ich vermisse es ein wenig. Diese Zeit im Jahr ist immer so schön. Meine Mutter und ich, wir backen Kekse, trinken nach Zimt riechenden Tee oder machen Bratäpfel mit Vanillesoße. Hin und wieder liest mein Vater abends eine Adventsgeschichte vor. Das ist zwar eigentlich was für kleine Kinder, aber es ist zur Tradition geworden. Im ganzen Haus riecht es dann immer so gut, und es ist so schön warm, während draußen von Zeit zu Zeit die ersten Schneeflocken niedergehen." Mit glänzenden und schwärmerischen Augen weitete Hitomi ihre Erzählung über die Weihnachtszeit aus und endete mit einem Lächeln. "Es ist einfach die schönste Zeit des Jahres für mich." Merles Ohren zuckten nervös und man konnte dem Katzenmädchen genau ansehen, was es dachte. In ihrem Kopf liefen Visionen von massenhaft Geschenken unter einem Weihnachtsbaum ab, der in ihrer Vorstellung eher einer Birke ähnelte als einer Tanne. Mit strahlenden Augen blickte sie in die Runde und demonstrierte einmal mehr, wie eigennützig sie doch eigentlich war. "Und was ist, wenn wir für Hitomi ihr Weihnachten herholen?" Vans dunkle Braue hob sich steil an. Seine Augen fixierten das Katzenmädchen, dessen Wangen sich ertappt röteten. "Als wenn du das für Hitomi machen wolltest. Raffzahn..." Der Raffzahn Widerwillen plusterte die Wangen auf, bis sie fast zu platzen schienen, ließ die gesammelte Luft dann aber in einem entrüsteten Schnauben entweichen. "Auch ich kann nett zu Hitomi sein. Zwar nur, wenn ich es will, aber ich kann." "Eher wenn du etwas dafür bekommst." Vans Augen verkleinerten sich zu Schlitzen, die sich geradezu in Merle hinein zu bohren schienen. Entrüstet begann das Katzenmädchen die Verteidigung, an welcher alle rege teilnahmen. Bis auf Hitomi, deren Blick abermals Richtung Heimat gekehrt war. In Richtung einer Heimat, in der es noch 3Uhr Nachts war, in der sie immer noch in ihrem Bett lag und schlief, während der Duft von frischem Gebäck, Tannenzweigen und Zimt das Haus erfüllte. Auch ihre Eltern würden noch schlafen. Ruhig und friedlich, nicht ahnend, dass ihre Tochter zwar bei ihnen war, aber es auch nicht war. Es war alles normal und das würde es auch sein, wenn Hitomi in sieben Tagen zu ihren Eltern zurückkehrte. Um 7Uhr würde sie ihr Wecker wecken, sie würde aufstehen, sich waschen, frühstücken und in der Schule den Test schreiben. Dann würde sie heimkehren und erst einmal mit ihrer Mutter einen Tee trinken und Kekse essen. So wie jeden Tag, wenn sie in der Vorweihnachtszeit nach Hause kam. ----------------------------- (c) by Sandra Wronna/Merenwen 11.Dezember - Hand Maid May --------------------------- "May?" Kasumi balancierte geschwind über die Leiter, die Kazuyas und ihr Zimmer miteinander verband. Lena folgte ihr wie ein kleines treues Hündchen und überholte sie am Fenster, durch welches die kindliche Cyber Doll ins Zimmer huschte. Kasumi folgte ihr leichtfüßig und sprang von der Fensterbank auf den Boden hinab. Mit einem prüfenden Blick sondierte sie die Lage in Kazuyas Wohnung und hielt sowohl nach ihm als auch nach May aus, welche auch eine Cyber Doll war. Eine Cyber Doll, die zu Kasumis Ärger Kinder bekommen konnte. Bei diesem Gedanken blickte das Mädchen erschlagen an die Decke empor und zählte etwaige Flecken und Risse, bis Lena an ihrer Hand zog. "Kasumi, Mami hat einen Zettel da gelassen." Die 9-Jährige blickte noch kurz zu der Tochter der Hausvermieterin empor und wetzte dann zum Kühlschrank, an dem besagter Zettel befestigt war. Mit einem trotzigen und dennoch gut getarnten Blick folgte Kasumi der kleinen Cyber Doll und blickte über deren Schulter, als diese den Zettel las. "Mami sagt, May und Kazuya wären beschäftigt. Sie kaufen einen Baum..." Der schwarzhaarige Wirbelwind kniff die Augen zusammen und dachte angestrengt nach, bis ein wissendes Nicken folgte. "Aha, verstehe..." "Was verstehst du?" Kasumi riss Lena beinah das Papier aus der Hand und überflog die Zeilen selber noch einmal. Es war ja nun nicht so, dass sie May nicht mochte, aber seit sie von Mami erfahren hatte, dass May von der Funktion her einem Menschen glich, war es ihr mehr als nur unangenehm, wenn die künstliche 17-Jährige mit Kazuya um die Häuser zog. Zumal nicht zu übersehen war, dass die beiden sehr aneinander hingen. "Du bist eifersüchtig..." Lena kniff wissend die Augen zusammen und fing an zu kichern, doch Kasumi winkte herrisch ab. "Bin ich gar nicht. Kazuya ist alt genug, um zu wissen, was er tut." "Und warum siehst du dann so aus?" Die kindliche Cyber Doll ahmte Kasumis verkniffenen Gesichtsausdruck nach, ging aber vorsichtshalber in Deckung und damit gleichzeitig zu ihrem besten Freund Ikariya hinüber, der wie immer auf Kazuyas Rechner saß. Der Octopus blickte bereits freudig zu Lena hinab und wackelte mit den Tentakeln. Als das Mädchen ihn an sich drückte, quietschte er mit seiner nasalen Stimme "Lena". "Mein Ikariya..." Lena rieb ihre Wange an dem Gesicht des intelligenten Spielzeuges, auf dessen Technik in der Zukunft die Entwicklung der Cyber Dolls beruhen würde. Kasumi, bis jetzt immer noch etwas verstimmt, schaute sich das Schauspiel an, musste dann aber doch gestehen, dass es wieder einmal zu niedlich war, Lena und Ikariya so zu erleben. Allerdings blieb da immer noch Mamis Zettel, der ihr einfach keine Ruhe ließ, weswegen sie wie ein eingesperrter Tiger in Kazuya Wohn- und Schlafzimmer auf- und ablief. "Was ist das denn für ein Krach..." Die Tür von Kazuyas Wandschrank öffnete sich und lange Beine streckten sich aus einer kleinen Computerzentrale in die Freiheit. Die Frage erübrigte sich allerdings, als Kei Kasumi und Lena entdeckte. "Oh, ihr seid es. Wo ist Kazuya?" Sofort hielt die Cyber Doll mit dem IQ von 50000 nach dem Studenten Ausschau, musste aber auch recht bald einsehen, dass er nicht vorzutreffen war. Dafür hielt Kasumi ihr den Zettel von Mami unter die Nase. Kurz, während Kei die erhaltenden Informationen berechnete, ging ihr ganzes Wesen in einen Stillstand über. Dieser wurde allerdings beendet, als sie zu einem Schluss kam, den sie gar nicht mochte. "Die beiden sind zusammen weg. Alleine?" Nach wie vor hegte die 21-Jährige Cyber Doll eine Vorliebe für Kazuya. Und sie wäre sicherlich bereits öfter mit ihm alleine gewesen, wenn Mami nicht alles daran legen würde, Kazuya und May einander näher zu bringen. "Ja, einen Baum kaufen..." Kasumi schnaubte undamenhaft und erinnerte sich kurz an das Fiasko zurück, dass Mami mit dem Auswahlgespräch von Kazuyas Frau ausgelöst hatte. Nicht nur, dass dabei Nanbara sich in den Mittelpunkt gedrängt hatte, in dem er keinen Hehl daraus gemacht hatte, dass er hinter May her war... Nein, Kazuyas Gunst und damit auch der Tag mit ihm im Freizeitpark wurde von Mami zudem sogar noch mit unlauteren Mitteln vergeben. Zuerst die Suche nach dem zweiten Eintrittsticket und dann noch das Wettrennen um das Ticket, nachdem Sara sich ohne vorherige Anmeldung eingemischt hatte. Das Cyber Doll Genie musterte Kazuyas Vermieterin und legte die Stirn in intelligente Falten. "Mach dir keine Sorgen, Kasumi. Ich bin mir sicher, dass alles so ist, wie es sein sollte. Diese Worte von Kei verblüfften Kasumi in der Tat, allerdings nickte sie nur knapp und horchte auf, als an der Tür gerappelt und gezogen wurde. Nanbara und May, gefolgt von Kazuya und Sara, die den Baum schleppten und dabei fast zusammenbrachen, betraten die Wohnung. Zusätzlich ließ sich von der Treppe Mamis Stimme vernehmen, welche bereits eine nette Teestunde mit Bratäpfeln ankündigte, wenn der Baum erst einmal stand. Aufgeregt huschte Lena, Ikariya immer noch im Arm, zu dem Baum und begutachtete diesen kritisch. "Gut gemacht. Der ist schön. Ich helfe schmücken." Zwar traute keiner so recht dem Geschmack der 9-Jährigen, allerdings waren ihre Heulanfälle ein Grund mehr, sie gewähren zu lassen. Kazuya und Sara mühten sich redlich ab, den Baum unter Nanbaras inkompetenter Leitung aufzustellen, während May fachkundig über den genauen Winkel Auskunft gab, in dem der Baum zu stehen hatte. Kasumi beobachtete das alles mit mehr als nur gemischten Gefühlen. Erst als Mami in die Wohnung kam und direkt in der Küche zu werkeln begann, hob sich ihre Laune durch den Geruch von Vanille und Karameltee, welcher die ganze Wohnung erfüllten. "Ich finde ja, er sollte andersrum stehen. Da wären die schöneren Zweige." Kei lief, sich gegen das Kinn tippend, um den Baum und musterte jeden einzelnen Zweig, während Prozess nach Prozess in ihrem Kopf ablief. "Ich finde ihn so besser." Sara rückte an dem Baum herum, bis er genauso stand, wie May es nicht wollte. Kazuya blickte sich das Hin- und Hergerücke eine Weile an, bis er zu Kasumi trat. "Wie findest du denn, dass er am besten steht." Die Angesprochene blickte ihn erst irritiert an, da sie völlig in Gedanken versunken gewesen war, gab danach aber eine knappe Ausführung, wie sie es am besten fand. Der junge Student nickte und rückte den Baum so zurecht, wie es Kasumi gefiel. Diese freute sich derweilen diebisch, dass er ihren Rat gewollt hat. Erst als Mami aus der Küche kam, und die Bratäpfel fast in die Münder der Anwesenden zu hüpfen schienen, riss sich auch Kasumi von ihrem kleinen Triumph los und zog stattdessen eine gemütliche Teestunde vor. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 3. Advent / 12.Dezember - Gravitation ------------------------------------- Sleigh bells ring, are you listening, In the lane, snow is glistening A beautiful sight, We're happy tonight. Walking in a winter wonderland. Obwohl es bisher nicht einmal den Hauch von nur geschneit hatte, sprang Shuichi fröhlich singend durch Yukis Wohnung und zündete singend die drei Kerzen auf dem Adventskranz und sämtliche Lichtleich an, welche er aufgehängt hatte. Die Wohnung des Schriftstellers erstrahlte einmal mehr in weihnachtlichem Glanz und vermittelte durch die Wärme im Raum - nicht zuletzt hervorgerufen durch die Kerzen - eine weihnachtliche Atmosphäre. Leider sah Yuki das jeden Sonntag anders. Und das schon seit drei Wochen in denen Shuichi verzweifelt versuchte, aus dem mürrischen Weihnachtsmuffel einen fröhlichen Weihnachtsengel zu machen. Leider war bisher alles vergeblich gewesen. Sogar sein weihnachtlicher Verführungsversuch, der kurz umrissen in Form eines männlichen Engelchens, bewaffnet mit Flügeln und einem kleinen Lendenschurz vorgesehen gewesen war. Yukis Reaktion darauf war nur gewesen, dass er Shuichi mit einem Stoß gegen die Brust vom Bett gedonnert hatte. Danach hatte er sich rumgedreht und weitergeschlafen. Und dabei hatte er zuvor eigentlich aufstehen wollen. Shuichi blieb kurz und grüblerisch an einer Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge in Deutschland stehen, Mika hatte sie ihrem Bruder für unglaublich viel Geld gekauft, und blickte in die Flammen. Selbst in Yuki musste doch so etwas wie ein Weihnachtsgefühl leben. Irgendwo... Er war doch auch immerhin einmal ein kleiner Junge gewesen, der sich zu Weihnachten über seine Geschenke gefreut hatte. So kaltherzig wie er immer tat, war er doch gar nicht. Manchmal zumindest... Seufzend trat der Sänger seinen Weg zum letzten Fenster im Raum an und steckte auch hier den Stecker in die Steckdose. Sofort erstrahlte das Fenster im Glanz von fünfzig Weihnachtslichtern, die den Raum zusätzlich erhellten. Und die Stromrechnung hochtrieben, wie Yuki Shuichi so gerne vorhielt. Deswegen war der Sänger auch mehr als nur erleichtert, dass sein Freund ihm wenigstens die Adventstage zugestanden hatte, etwas Weihnachten in die Wohnung zu lassen. Und das musste ausgekostet werden. Mit allen Mitteln. "Spielst du wieder Disco? Gott, ist das scheußlich." Yuki betrat angezogen und gerade aus dem Bad kommend das Wohnzimmer und blickte sich verstimmt um. Allerdings konnte er es sich nicht nehmen, zum Weihnachtsteller zu greifen und einen der Kekse zu verspeisen, welche Shuichi mit seiner Schwester gebacken hatte. "Sei nicht so grummelig, Yuki." Wie eine Katze schlich der junge Mann um den Schriftsteller herum, blieb vor ihm stehen und rieb seinen Kopf and der Brust des Anderen. Doch dessen Reaktion war einmal mehr, dass er Shuichi unwirsch von sich schob, nach der Zeitung auf der Kommode griff und sich auf dem Sofa niederließ, um die Nachrichten des Tages zu lesen. Jemanden, der so anhänglich war wie Shuichi, brauchte er zumindest am frühen Morgen nicht. Und schon gar nicht, wenn seine Wohnung eher einem Freudenhaus, als einem Ruhepool glich. "Nicht böse sein Yuki. Ist so ein schöner Tag." Der Bad Luck Sänger trabte fröhlich zum CD-Player und ließ "Winter Wonderland" abermals erklingen. Zu Yukis Ärger aber nicht nur aus den Boxen, sondern auch aus seinem Munde, welcher besser geschlossen blieb, weil sowieso nichts dabei rumkam. "Kannst du mir nicht einen... nur einen Sonntag gewähren, an dem ich mir das nicht anhören muss? Es ist schrecklich. Du bist schrecklich. Deine Stimme ist grässlich, und ich will meine Ruhe." Genervt klappte der blonde Mann die Zeitung zu und warf sie auf den Tisch. Shuichi trieb ihn heute noch mehr in den Wahnsinn als für gewöhnlich. Nur heute war es anders. Der kleine Derwisch schien sich selbst von Beleidigungen nicht abbringen zu lassen, seinem Weihnachtswahn zu frönen. Yuki stellte darauf für sich fest, dass die Weihnachtsvorzeit ihrer Beziehung nicht im Geringsten gut tat. Wo führte das denn hin, wenn Shuichi nicht einmal mehr auf seine Worte hörte und sich von ihnen gemaßregelt fühlte? Und er fühlte sich nicht gemaßregelt, denn schneller als Yuki es mitbekam, saß plötzlich Shuichi auf seinem Schoß und schlang die Arme um seinen Hals. "Jetzt sei nicht so Yuki. Das Leben ist soooooo schön. Und Weihnachten so toll. Nicht mehr lange, und ich habe frei. Dann sind wir die ganzen Feiertage zusammen. Du kannst mit zu meinen Eltern kommen, da gibt es was zu essen und danach machen wir das, was Verliebte zu Weihnachten tun sollten." Die Augen des jungen Sängers strahlten wie die Verdopplung des Sirius, was Yuki sichtbar das Unwohlsein in den Leib trieb. Seine Augen weiteten sich nämlich ebenfalls, allerdings stand in ihnen so etwas wie Panik und dem Willen, die Flucht zu ergreifen. Scharf darauf, Shuichis Familie präsentiert zu werden, war er in der Tat nicht. Und noch viel weniger scharf darauf, war er, diese verdammten drei Tage einen auf verliebtes Pärchen zu machen. So war er einfach nicht. Und so wollte er nicht sein. Und schon gar nicht wollte er Shuichi damit einen Teil von sich zeigen, den der Sänger bisher eigentlich nicht wirklich kannte. Zwar wäre er ja in der Lage, Shuichi guten Gewissens lieben zu können und das nicht nur zur Weihnachtszeit, aber das war nicht möglich, weil er den Jüngeren immer noch schützen müsste. Vor ihnen beiden. Denn Yuki war nach wie vor immer noch nicht sicher, wohin ihn diese Beziehung führen würde. Wohin ihn sein Herz geleiten würde, wenn er wieder einmal einen seiner Flucht-Anfälle bekam und türmen wollte. Würde er Shuichi dann wieder verlassen, würde der junge Mann zerbrechen und er selber... er mit Sicherheit auch. Und genau deswegen war es besser, den kleinen Derwisch und sich selbst auf Distanz zu halten. "Yuki?" Shuichis Augen richteten sich auf seinen Freund. "Was?" Die Stimme des Blonden erinnerte stark an ein Knurren. "Wir können Weihnachten auch getrennt verbringen, wenn dir das lieber ist?" Ein schlanker Finger malte kleine Kreise auf Yukis Brust. Shuichis Gestalt, welche in jenem Moment so jämmerlich wirkte, so zu sehen, ließ Yuki ein entnervtes Seufzen entkommen. "Ich habe mit keinem Ton gesagt, dass wir Weihnachten getrennt verbringen. Aber... ich komme nicht mit zu deinen Eltern. Klar? Und du auch nicht zu meinen!" Wie die Ohren eines Luchses schienen sich Shuichis Ohren aufzustellen und die Lage zu sondieren. Da sie aber nichts wirklich Negatives empfangen konnten, schlang der junge Mann abermals fest seine Arme um Yukis Hals und küsste ihn ein paar Mal überschwänglich, während Yuki versuchte, sich der Klette in Menschenform zu entledigen. Allerdings konnte auch er schließlich nicht mehr umhin, Shuichi auch zu küssen. Zwar tarnte er das in Widerwillen, was Shuichi aber nicht durchschaute. Und das war auch besser so, zumindest bis Yuki sich endgültig für oder gegen ihn entschieden hatte. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen 13. Dezember - Wolf's Rain -------------------------- Meine geliebte, schöne, süße Hamona. Noch bevor mein Großvater vor 200 Jahren verschwand, war es Sitte, zu einer bestimmten Zeit des Jahres die Geburt Christi zu zelebrieren. In der Darcia Famlie feierten wir diesen Umstand für drei Tage. Vierundzwanzig Tage zuvor erlebte das Haus einen Wandel. Überall erstrahlten Kerzen; Tannengirlanden zierten die Wände und Treppengeländer. Die Farben Rot und Gold dominierten das Geschehen. Vorhänge in diesen Farben zierten die Fenster, welche groß und majestätisch die Fronten der Paläste schmückten. Von Zeit zu Zeit ging Schnee vor ihnen nieder und tauchte die Landschaft in ein reines Tuch, welches alle Sünden des vergangenen Jahres wegzuwaschen schien. Überall kehrte Frieden ein. Es war für uns wie das Paradies. Das Paradies auf Erden und vor allem wir Kinder genossen es. Diese Tradition und die Erinnerung an unsere Wünsche, Träume und Hoffnungen halten sich bis zum heutigen Tag. Und das Paradies, das ich eins zu schätzen lernte, will ich dir heute zu Füßen legen. Darcia stand in der Vorhalle des großen Palastes. Er trug eine schwarze Hose und ein rotes Hemd, welches nur bis zur Brust zugeknöpft war, welche im Schein des Kerzenmeeres golden schimmerte. Im gleichen Licht glänzte sein schwarzes Haar bläulich und betonte das stechend blaue Auge, welches voller Vorfreude die Treppe hinauf blickte. Kurz huschte sein Blick nervös zu der großen Standuhr, die an der Ostwand der Vorhalle stand. Es war bereits spät und jeden Moment erwartete er das Erscheinen seiner geliebten Hamona, welche in ein edles Designerkleid gekleidet sein würde, welches er für sie hatte anfertigen lassen. An diesem Tag, an einem Tag, der auf das Paradies seiner Kindertage hinauslief, wollte er sie in alte Traditionen einführen. Ihr nahe legen, wie schön diese sein konnten. Und er wollte noch viel mehr. Er wollte ihr seine Liebe gestehen. Mündlich und nicht nur auf dem Papier, wollte er ihr sagen, dass sie alles für ihn war, und dass er sich ihr in alle Ewigkeiten verbunden fühlte. In Gedanken versunken dachte er an den Tag zurück, als er sie das erste Mal getroffen hatte, dachte an ihr wunderschönes Lächeln zurück, das sein Herz und auch seine Seele berührt hatte, um ihm letztendlich beides zu stehlen und ewig an sie zu binden. Und obgleich dem so war, so wollte er es nicht anders. Nie mehr wollte er ohne sie sein. Und niemals würde er zulassen, dass sie getrennt würden. Als das Rascheln von feinem Stoff oben auf der Treppe erklang, riss der junge Lord sich aus seinen Gedanken los und glaubte beinah, sich einem Engel gegenüber zu sehen. Hamona, groß, schlank und wunderschön, war gekleidet in ein weißes fließendes Kleid, welches ihre Figur umschmeichelte und gleichzeitig soviel verhüllte, um seine Fantasie Freudensprünge machen zu lassen. Ein zärtliches Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, als sie seinen Namen sprach und einem Engel gleich schwebte sie zu dem Sterblichen hinab, der sie aus tiefstem Herzen liebte und verehrte. Als sie die unterste Treppenstufe erreichte, machte Darcia eine tiefe Verneigung vor ihr und offerierte ihr galant seine Hand, welche sie vorsichtig, beinah scheu ergriff, trotz der Tatsache, dass sie einander besser kannten, als jedem Anderen dies möglich wäre. "Du bist wunderschön, Hamona." Darcias Auge richtete sich auf die engelsgleiche Frau mit den strahlenden Augen und dem Gesicht, das zu schön war, um für ihn Realität zu sein. Wie immer, wenn er sie anblickt, klopfte sein Herz vor Aufregung. Die junge Frau lächelte ihn liebevoll an und ließ ihren Blick über seine große Statur gleiten. "Mein Begleiter steht mit keineswegs nach." Darcia blickte in ihre Augen und neigte sich vor. Zärtlich und zugleich vorsichtig hauchte er einen zarten Kuss auf ihre Wange, immer darauf bedacht, ihr nicht doch zu nahe zu treten. Zart röteten sich die Wangen der jungen Frau. Der Kuss hinterließ ein warmes Feuer, welches ihren ganzen Körper in Brand setzte. Ihre Hand in Darcias drückte seine Hand. Der junge Lord erwiderte das Lächeln, welches sie immer noch auf den Lippen trug und führte sie in den großen Wohnraum, der in vorweihnachtlichem Glanz erstrahlte. Weihnachten, das Fest, das er ihr als Paradies auf Erden geschildert hatte. Hamonas Augen weiteten sich vor Freude, als sie der ganzen Dekorationen, der Wärme und des angenehmen Geruchs gewahr wurde. Ihre Augen wanderten durch den ganzen Raum und blieben an dem mit Tannengirlanden, welche rot und golden behangen war, geschmückten Kamin hängen, der durch sein prasselndes Feuer die angenehme Wärme verströmte. "Das ist unglaublich schön, Darcia." "Nicht so schön, wie du." Mit langsamen Schritten, die ihrem Tempo angepasst waren, geleitete er sie zu der Sitzecke, die sich um den Kamin erstreckte. Vor diesem und damit in der Mitte der Sitzgelegenheiten blieb er stehen und blickte in ihre strahlenden Augen. "Ich wollte dir einen Eindruck davon vermitteln, wie wir leben. Wie ich lebe und es immer tun will. Mit dir zusammen. Und... und..." Sein Herz begann heftig in seiner Brust zu schlagen, während seine Hände immer wärmer wurden, obwohl sie ihm kalt erschienen wie der Schnee draußen in der Kälte. Aufgeregt wie ein kleiner Junge, brach es schließlich aus ihm heraus. "Hamona, ich muss es dir einfach sagen. Ich liebe dich. Seit dem Augenblick, als ich dich das erste Mal sah. Du bist in meinem Kopf, in meinem Herzen und in meiner Seele. Ich liebe dich." Gerührt und überglücklich blickte sie ihn an. Verzückt von den süßen Worten, die sich seinem Mund entrungen hatten und wegen der Wahrheit, die seine Lippen sprachen. Eine gemeinsame Wahrheit, eine Wahrheit, die auch für sie zutraf. Langsam und zurückhaltend näherte sie sich seinem Gesicht. Noch viel langsamer schlossen sich ihre Augen, als ihre Lippen auf seine trafen und sich ihre Münder in einem süßen Spiel bewegten. Erst, als der Kuss gelöst war und die darauf beruhende Röte ihr Gesicht verlassen hatte, erhob sie ihre leise und zarte Stimme. "Und ich liebe dich, Darcia. Aus ganzem Herzen." Das Herz des jungen Lords schlug um so heftiger in seiner Brust und erst, als sie ihn bat, sie in seine Traditionen einzuführen, riss er sich von ihrem Anblick, von ihren Lippen los und erzählte ihr von seiner Jugend. Von den Weihnachtsbäumen, dem Gebäck, dem aromatisierten Tee und wie glücklich er einst gewesen war. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 14. Dezember - Neon Genesis Evangelion -------------------------------------- Asuka sprang laut singend durch Misato Katsuragis Wohnung und schmückte diese mit Tannenzweigen, Tannengirlanden und Weihnachtsschmuck. Aus einem Räuchermännchen stiegen bereits kleine Rauchwölkchen auf, die nach Tanne rochen. Aus der kleinen Stereoanlage im Wohnzimmer erklang "Twelve Days of Christmas" in der uralt Versionen von Wesen, die sich Mickey Mouse und Co genannt hatten. Asuka hatte diese CD in einer Kiste gefunden, die Misatos Eltern gehört hatten und welche diese hatte aus ominösen Gründen ausmustern wollen. Allerdings hatte Asuka das auf Grund ihrer Neugier nicht zulassen können und hatte die Kiste, welche schon neben den Mülltonnen vor dem Wohnkomplex gestanden hatte, durchsucht. Und nun war es so weit gekommen, dass Asuka den Song auswendig konnte und lautstark mitsang. Ganz zum Ärger von Shinji, der plötzlich mit dem Kopf, auf allen Vieren kriechend, in seiner Zimmertür erschien und völlig verstört zu dem Mädchen blickte, welches nur in ein kurzes Nachthemdchen gekleidet war. "Es ist doch erst 8Uhr. Wir haben frei. Lass mich schlafen." Als Asuka sich zu ihm umdrehte und dabei ihr Slip aufblitzte, färbte sich sein Gesicht rot. "Hör auf zu maulen. Es ist so ein schöner Tag, und wir haben bald Weihnachten." Das junge Mädchen trällerte begeistert, sich nicht bewusst, dass auf einmal Misato wie ein Berserker in der Tür erschien, sich den Kopf haltend und eher leidend als ausgeschlafen aussehend. "Mach dieses verdammte Lied aus. Ich habe Kopfschmerzen, verdammt." Der Operation Manager der NERV Organisation stapfte zur Stereoanlage und haute beinah schon auf die Stop-Taste. Asuka schenkte ihr daraufhin einen entrüsteten Blick und nuschelte eine leise Beleidigung, die allerdings nicht von Misato, sondern von Shinji vernommen wurde. Dieser schüttelte nur den Kopf und kroch rückwärts in sein Zimmer zurück. Eilig schloss er die Schiebetür und betete, dass Misato nicht doch irgendwo in ihrem Unterbewusstsein das "elender Säufer" vernommen hatte. Und tatsächlich war dem nicht so gewesen, so dass die mittlerweile 30-Jährige völlig fertig in ihr Zimmer zurück schlurfte, um ihren Rausch, den sie sich zusammen mit Ritsuko angetrunken hatte, auszuschlafen. Die Pilotin der EVA-Unit 02 blickte ihr noch kurz nach, trat dann zur Stereoanlage und ließ das Lied erneut erklingen, allerdings nun in einer erträglichen und absolut nicht störenden Lautstärke. Abermals ging sie dazu über, Misatos kleine Wohnung zu schmücken und mit allem möglichen Nippes auszustaffieren. Stunden später, als auch die Fenster geputzt und hinterher geschmückt worden waren, krochen auch Misato und Shinji endgültig wieder aus ihren Betten. Asuka hatte sich freundlicher Weise dazu bereits erklärt, ein Frühstück zuzubereiten, zwischen welchem nun ein Adventskranz mit drei Kerzen brannte und zudem noch geziert wurde durch vier kleine Jutesäckchen, auf denen groß die Zahl vierzehn prangerte. Misato rieb sich verschlafen die Augen und blinzelte gegen das ihr zu stark erscheinende Kerzenlicht an. Shinji seinerseits drehte nur prüfend das Säckchen hin und her und schaute Asuka fragend an, welche breit grinste. "Auch wenn ich es nicht gerne bin, aber als Kind habe ich das Recht auf einen Adventskalender. Und weil ich so nett bin, dürft ihr an meiner Freundlichkeit teilhaben. Bin ich nicht toll?" Asukas Lobesrede auf sich selbst entlockte zumindest Shinji ein genervtes Stöhnen, welches sich aber verflüchtigte, als Asuka ihm gestattete, das Säckchen zu öffnen. Freudig wie ein kleiner Junge öffnete er die rote Kordel und ließ die kleinen Präsent in seine Hand fallen. Es gab Schokolade und zusätzlich einen Kugelschreiber. Da er seine immer verlegte, kam ihm das sogar überaus gelegen. "Das ist wirklich ein netter Zug, Asuka." "Ich weiß, aber so bin ich eben." Aus dem Augenwinkel linste das Mädchen zu Misato hinüber, die gerade selber ihr Säckchen öffnete und verwirrt zwei Kinokarten hervorzog. "Ist das nicht etwas viel?" Sie wedelte Asuka mit den Karten unter der Nase herum. "Nein, die sind ja nun auch nicht von mir. Soviel Geld gebe ich doch nicht aus. Bin bedürftig und außerdem ständig pleite." Dass die Karten von Ryoji waren, verkniff sie sich wohlweislich. Einmal, weil sie immer noch eifersüchtig war und andererseits, um eventuell dafür zu Sorgen, dass Ryoji die sich dann sicherlich beschwerende und zeternde Misato nicht doch zu einem Date ins Kino geschleift bekam. Soviel Freundlichkeit und Gefälligkeit musste dann nämlich doch nicht sein. Zumal sie selbst immer noch eine überaus große Zuneigung für den NERV Inspektor hegte. Immer noch blickte Misato nachdenklich auf die Tickets und grübelte sichtlich angestrengt darüber nach, was sie davon zu halten hatte. Da aber ihr Magen knurrte und schon ein Frühstück auf dem Tisch stand, ließ sie ihren Gedanken erst einmal beiseite und setzte sich an den Tisch, um eine für sie ungewöhnliche Art des Frühstücks einzunehmen. Auch Shinji nahm Platz, nachdem Asuka sich Misato gegenüber niedergelassen hatte und begann sein Frühstück mit einem warmen Croissant, das er mit Butter und Marmelade beschmierte. Genüsslich biss er hinein und ließ den zarten Teig auf seiner Zunge zergehen. Asuka redete derweilen wie ein Wasserfall auf Misato ein, die sich ein frisches Brötchen schmierte und immer nur nickte, bis Asuka heftig und wie aus heiterem Himmel auf die Tischplatte schlug. "Gut, ist gebongt. Ich gehe gleich einkaufen und dann backen wir Plätzchen." Misato fiel beinah das Brötchen aus dem Mund und starrte die Deutsch-Japanerin mit amerikanischem Pass aus großen irritierten Augen an, deren Blick binnen Sekunden, in denen Worte wie Mehl, Zucker und Butter aus Asukas Mund sprudelten, panisch wurde. Immerhin hatte sie noch nicht gebacken. Und wenn doch, dann eine Fertigmischung. Und das war schon Jahre her. Jahre, in denen ihre Eltern noch gelebt hatten. "Also... also... ich habe zu tun. Ich muss weg." Mit einem Blick auf ihre Armbanduhr erhob sie sich, doch Asuka griff nach ihrem Arm und krallte sich in diesem fest. "Keine Ausflüchte. Ich kenne die Personaleinsatzpläne für diese Woche. Ich weiß, wann jeder von euch frei hat." Da das Gesicht des jungen Mädchens leicht irre anmutete, ließ sich Misato erschlagen seufzend auf ihren Stuhl zurück sinken und ergab sich ihrem Schicksal, das in der Aufzählung unzähliger Plätzchenrezepte aus Asukas Mund bestand. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 15. Dezember - Naruto --------------------- Auf leisen Füßen, noch viel leiser, als es ein Ninja sonst tat, schlich der Junge durch den hohen Schnee. Durch das geballte Chakra in seinen Füßen sank er nicht in die frische und damit noch recht pulvrige Masse ein. Seinen Atem hielt er absichtlich so flach wie möglich, auch wenn das nach kurzer Zeit eine Hyperventilation zur Folge haben würde, da sein Gehirn gegen das Fehlen des Sauerstoffs aufbegehrte. Aber das störte ihn nicht. Nicht jetzt, wo sein Gehirn einen Plan gefasst hatte. Einen Plan, der seinem Opfer einen gehörigen Schreck einjagen würde. Denn besagtes Opfer rechnete nicht mit dem Angriff. Nicht von seiner Seite. Zumindest noch nicht... Sakura hob eine schmale Braue steil an und beobachtete Naruto, der einer Katze gleich, mit einem Schneeball in der Hand, von der Seite her auf Sasuke zu schlich. Es erschien ihr immer noch nicht so, als wenn der letzte Überlebende des Uchiha-Clans etwas von dem Plan des Blonden mitbekommen hätte. Aber das konnte täuschen. Und dessen musste sich auch Naruto sicher sein. Nur wie durch Zufall registrierte Sakura plötzlich, dass Sasuke den Angriff bereits doch durchschaut hatte. In der Naruto abgewandten Hand befand sich ein Schneeball. Nur sichtbar, wenn man sich auf ihn konzentrierte und damit für Naruto nicht zu realisieren. Denn dieser konzentrierte sich nur auf eins. Seinen Plan. Immer näher kam er seinem Intimfeind und Freund und immer breiter wurde das Grinsen in dem durchgefrorenen Gesicht, aus dessen Nase sich kleine Dampfwölkchen erhoben. Bald würde er Sasuke erreichen und ihm die Abreibung seines Lebens verpassen. Ganz so, wie der Andere es verdiente. Zumindest für den Augenblick, denn die weiße Pracht schrie geradezu danach, ausgekostet zu werden. Sasuke für seinen Teil blickte einfach nur mit erhobenem Haupte geradeaus und konzentrierte sich scheinbar auf den Weg, der vor ihnen lag. Er war der erste der Vier, weil er die Anderen etwas hinter sich gelassen hatte. Seine Gedanken schienen nur auf die Mission gerichtet zu sein und sein Körper folgte diesem Eindruck, um ihn zu verstärken. Und genau das würde Naruto zu Fall bringen. Nicht er würde den ersten Treffer landen, sondern Sasuke. Dafür würde er sorgen. Seine Hand ballte sich etwas fester um den Schneeball und der Mundwinkel, welchen Naruto nicht sehen konnte, hob sich zu einem selbstgefälligen Grinsen. Sollte er doch kommen und sein Bestes geben. Aber sein Bestes wäre nicht gut genug. Nicht, wenn Naruto gegen ihn antrat. Hier würde er ihm beweisen, dass er der Bessere von beiden war. Sakura behielt beide Jungen im Auge. Zwar hatte sie kurz daran gedacht, Sasuke zu warnen, aber spätestens, als sie gesehen hatte, dass dieser bereit zum Gegenschlag war, hatte sie diesen Gedanken verworfen. Hinter sich hörte sie die leisen Schritte von Kakashi. Er war schon seit einiger Zeit in sein Buch vertieft und schien nicht im Geringsten daran interessiert zu sein, was vor sich ging. Und dass, obwohl Sakura genau wusste, dass er alles im Auge behielt. Still und lauernd und nur darauf wartend, dass etwas passierte. Und es würde etwas passieren. In wenigen Sekunden, denn Naruto beschleunigte plötzlich seine Schritte, als er bis auf wenige Meter an Sasuke herangekommen war. Der Atem des blonden Jungen beschleunigte sich urplötzlich. Seine Arme nach hinten gestreckt, um durch die Aerodynamik einen Vorteil zu erhaschen und dennoch kurz davor, zum Wurf anzusetzen, preschte er auf den scheinbar ahnungslosen Sasuke zu. Doch auch dieser setzt sich urplötzlich in Bewegung. Binnen eines Lidschlags änderte er die Richtung, grinste Naruto überheblich an und schoss auf diesen zu. Sakura blieb wie gebannt an Ort und Stelle stehen und starrte wie gebannt auf die beiden Kontrahenten, die sich in wenigen Nanosekunden, welche sich zu Minuten auszudehnen schienen, aufeinanderprallen würden. Doch da wurde ihr bewusst, dass etwas hinter ihr nicht stimmte. Etwas stimmte nicht und dieses Etwas erhob sich urplötzlich zwischen Naruto und Sasuke und klatschte diesen Schneebälle ins Gesicht, als sie ihre Schneebälle auf den jeweils anderen abwerfen wollten. Kakashis Auge wirkte mehr als nur belustigt, als seine Schützlinge in jeder Bewegung inne hielten und ihnen der Schnee von den Gesichtern fiel. Unter der Maske, die die untere Hälfte seines Gesichtes versteckte, war mehr als nur eindeutig ein Grinsen zu erkennen. "Die Überraschung ist nicht alles. Auch die Art der Ausführung ist wichtig. Und ich... ich habe nun zwei Punkte." Beinah schon beschwingt fröhlich drehte sich der Jou-nin und Lehrer der Drei um, zückte sein Buch aus der Brusttasche seiner Weste hervor und setzte seinen Weg fort. Sasuke und Naruto blickten einander an. Deutlich verwirrt und immer noch mit den Schneebällen in der Hand, während Sakura ein leises Kichern entkam, bevor sie Kakashi an den beiden vorbei folgte. Sowohl Narutos als auch Sasukes Augen flammten verstimmt auf und mehr als nur einig setzten sie ihrem Mentor nach, welcher den hinterhältigen Angriff aber bereits geahnt hatte und sich mit zwei weiteren Schneebällen in der Hand in ihre Richtung bewegte. Wie Berserker schienen der Jou-nin und die beiden Ge-nin aufeinander zu prallen. Durch den hoch wirbelnden Schnee war er Sakura allerdings nicht vergönnt, zu überblicken, wer nun wen mit dem Schneeball niedergestreckt hatte. Allerdings wurde ihr das spätestens dann klar, als der Schnee sich legte, Naruto und Sasuke aussahen wie Schneekugeln und an Kakashis Stelle ein mit Schnee bedeckter Baumstamm zwischen den beiden lebenden Schneemännern lag. Das Lachen, welches aus einem Baum in der Nähe des Kampfplatzes erklang, war mehr als nur Beweis dafür, dass Kakashi sich ohne Schwierigkeiten aus dem Gefecht hatte zurückziehen können. Und nun hockte er dort oben, blickte erneut in sein Buch und schenkte seinen Schützlingen einen siegessicheren Blick. "Wenn euch die Pause ausreicht, sollten wir uns wieder auf den Weg machen. Er ist noch lang, und es wird langsam kalt. Aber das dürfte euch auch klar sein." Sasuke knurrte eine Erwiderung, während Naruto verzweifelt versuchte, sich auf den Schneemassen, in die Kakashi ihn eingepackt hatte, zu befreien. Erst, als Sasuke sich selbst befreit hatte und dann mit Sakuras Hilfe Naruto vor dem Kältetod errettete, erschien Kakashi wieder in ihren Reihen. "Und da nun geklärt ist, wer der Überlegende ist, können wir ja weiterziehen." Der große Jou-nin setzte, den Blick in sein Buch gerichtet, seinen Weg fort. Nicht bemerkend, dass sich hinter ihm seine drei Schützlinge zu Boden beugten, jeder einen Schneeball formte und mit diesem in der Hand auf ihn zuschoss, um ihm letztendlich die weiße Masse gegen Kopf und Rücken zu werfen. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 16. Dezember - Golden Boy ------------------------- Mein Name ist Kintaro Oe. Ich bin 25 Jahre alt und habe gerade mein Jura-Studium abgeschlossen. Ich gönne mir eine Auszeit und bereise mit meinem Fahrrad Japan, um in der Schule des Lebens zu lernen. Auf meiner bisherigen Reise habe ich schon viele Jobs übernommen und habe angepackt, wo ich nur konnte. Und obwohl man mich letztendlich immer anflehte, zu bleiben, habe ich mich wieder auf mein Fahrrad geschwungen und bin dem Horizont entgegen gefahren. Das große Einkaufszentrum in Osaka war ein stets viel besuchter Ort, da es in ihm nicht nur Geschäfte, sondern auch Restaurants, Spielhallen und Kinos gab, welche die Besucher aus aller Welt anlockten und mit ihren Reizen gefangen hielt. Auch Kintaro Oe, ständig auf der Suche nach einem Job, um sich im Leben zu beweisen, verschlug es eines Tages in dieses Kaufhaus, als er an einem Schaufenster ein Schild mit der Aufschrift "Weihnachts-Aushilfe gesucht" entdeckte. Kurzerhand schwang er sich von seinem Fahrrad, schloss es an und begab sich zum Personalbüro, vor welchem sich Schüler, Studenten und auch Rentner tummelten, um den Job zu erhalten. Beinah schon entmutigt, wollte der junge Mann den Rückzug üben, doch da vernahm er ein Geräusch, welches ihm stets heftiges Herzklopfen einbrachte. Hohe Absätze klickten auf dem Linoliumboden, welcher so stark poliert war, dass die langen Beine der dazugehörigen Frau noch länger wirkten. Kintaros auf den Boden gerichteter Blick hob sich langsam. Seine Augen glitten über schlange lange Beine, einen wohl proportionierten Po, eine schlanke Taille und einen Busen, der ihm das Wasser im Mund zusammenfließen ließ. Mit vor dem Mund hängender Zunge setzte sein Blick den Weg fort bis in das blasse Gesicht einer rothaarigen großen Frau mit grünen Katzenaugen, deren offnes Haar ihr bis unter die Schulterblätter reichte. Sofort weiteten sich seine Augen und sein Herz begann noch heftiger zu schlagen. Sein Gesicht verzerrte sich binnen Sekunden in eine irre Fratze, während er eine Pose zu Kampfansage - rechter Arm angewinkelt und linke Hand auf dem rechten Bizeps - vollführte. Besagte Frau blickte ihn in diesem Augenblick an und wisch kurz erschrocken zur Seite, obgleich dies mehr als nur sinnlos war. Denn Kintaro setzte ihr bereits nach und blickte sie aus großen bettelnden und gutgläubigen Augen an. "Bitte... bitte lassen Sie mich für Sie arbeiten. Sie werden es nicht bereuen. Ich scheuere ihre Toilette, ich kochen Ihnen Kaffee, koche und mache Botengänge. Aber bitte, bitte stellen Sie mich ein." Das verwirrte Gesicht der jungen Frau wurde noch verwirrter, bis sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl. Sie tippte den unterwürfig auf den Boden starrenden Kintaro auf die Schulter und wies mit einem Nicken zu der sich öffnenden Bürotür. "Sie sollten unseren Personalchef anbetteln. Und nicht mich. Ich bin nur die Sekretärin." Damit huschte sie an ihm vorbei durch die Reihen der Wartenden und verschwand im Büro, dessen Tür sich abermals schloss. Erschlagen und mit Schnodder, der ihm aus der Nase lief, blickte Kintaro ihr nach. Allerdings fiel sein Blick recht bald auf die Massen, die vor ihm an der Reihe waren. Massen, die ihm seinen Job vor der Nase wegschnappen konnten. Und das konnte er nicht zulassen. Nicht einmal im Traum. Deshalb ging er zum Angriff über, schnappte sich einfach ein paar Prospekte, die auf einer Fensterbank lagen und drängelte sich durch die Wartenden, welche lautstark protestierten. Nur ließ Kintaro sich nicht im Geringsten davon abhalten und huschte schließlich in das Büro, dessen Tür er hinter sich zudrückte. Sofort richteten sich die Augen des Personalchefs und seiner Sekretärin auf ihn. Letztere lächelte kurz amüsiert und blickte dann fragend zu ihrem Chef. "Kann ich dann noch etwas für Sie tun? Ansonsten erledige ich den Rest." Sie griff nach einigen Unterlagen, während Kintaro sie auf großen Augen anstierte, die beinah schrieen, dass er diesen Job wollte. "Nein, Sie können gehen, Hanae." Die junge Frau nickte erst ihrem Chef und dann Kintaro zu, dem sie auch noch einen gedrückten Daumen zeigte, was bei dem jungen Mann abermals zu Herzklopfen führte. Als seine Sekretärin aus dem Raum war, wendete sich der Personalchef an Kintaro und zog eine Fotografie hervor, die er sich abwechselnd mit Kintaro betrachtete. Aus einer Schublade zog er eine rote Nase hervor und warf sie dem jungen Mann zu. "Aufsetzen." Der übermotivierte Kintaro tat, wie ihm geheißen und setzte die rote Nase auf. Der Chef nickte und legte den Kopf schief. "Versuchen Sie einmal intelligent zu gucken." Kintaro tat wie ihm geheißen, überhörte dabei aber vollkommen, die Boshaftigkeit in der Stimme des Personalchefs, der plötzlich krachend auf den Tisch haute und begeistert nickte. "Perfekt. Wenn sie wollen, können sie direkt als Rudolph das Rentier anfangen." "Ru.... Rudolph?" Die Augen des Juristen in spe weiteten sich irritiert, bis der Personalchef aufstand, nach einem Karton griff und ihm diesen in die Hand drückte. Langsam öffnete er die Kiste und erkannte, was es war. Sein Kostüm. Ein Rentier-Kostüm. Kurz verfluchte KIntaro sich, aber bei dem Gedanken an Hanae verflüchtigten sich auch solche Flüche. Immerhin tat er das ja, um auch ihr zu helfen. So redete er es sich zumindest ein. "Ja, Rudolph. Und hier ist der Vertrag." Der Chef der Personalabteilung schob ihm das Papier hin, welches er misstrauisch betrachtete, letztendlich nach dem Durchsehen jeder Klausel aber doch unterschrieb. Abschließend schüttelte sein neuer Chef ihm noch die Hand und rief über das Telefon nach seiner Sekretärin, die Kintaro vor der Tür abholte und zu den Umkleiden führte. "Dann Glückwunsch zum neuen Job. Und immer daran denken, auch wenn die Kinder treten, lächeln." Die Rothaarige wartete vor der Umkleide bis Kintaro heraustrat und kicherte sofort leise. Kintaro rieb sich seinerseits verlegen hinter dem Geweih. "Naja, was man nicht alles tut." "Stimmt... Hier geht es lang." Abermals übernahm die Sekretärin die Führung und brachte den neuen Mitarbeiter zu einem große Schlitten, welcher unter dem riesigen Dom des Einkaufszentrums stand. Mit geschickten Fingern spannte sie den jungen Mann ein, der freudig schnurrte und sich bereits nette Zusammenkünfte mit ihr ausmalte. Als aber das erste Kind mit großen Augen vor ihm stand und ihn auslachte, vergingen auch ihm seine Tagträume. Denn die von ihm so verehrte Sekretärin war bereits wieder verschwunden. Aber lange würde das nicht vorhalten. Er würde sie finden und ihr behilflich sein. So wie er es immer war. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 17. Dezember - Kenshin ---------------------- Dank des Hinweises von Vanillaspirit möchte ich hiermit anmerken, dass ich mich am Anime orientiert habe, weil Mangas und ich uns net so doll verstehen. Meine Familie verlor ich vor langer Zeit. Damals wurden sie getötet und die, die zu meiner Familie hatten werden sollen, wurden ebenfalls von Sklavenhändlern getötet. Menschen, Frauen, die mir für einen Tag nahe standen, versuchten mich zu schützen. Ihre flehenden Stimmen dringen heute noch an mein Ohr. Sie starben für mich, damit ich leben konnte und dann, dann wurde ich alsbald zu dem, was ich heute bin. Ein Geächteter, aufgenommen von einem Virtuosen der Schwertkunst. Aufgenommen von Hiko Seijuro. Ich nannte ihn Meister, wurde von ihm wie ein Schüler mit eiserner Hand geführt und erlernte von ihm den Hiten Mitsurugi Style, welcher mich zu jenem Geächteten machte, der ich nun bin. Oder auch, der ich war. Denn heute bin ich nicht mehr der blutrünstige Schlächter von einst, der gegen das Shogunat aufbegehrte. Heute bin ich ein anderer Mensch. Und das habe ich ausschließlich meinen Freunden zu verdanken, die jeden Tag um mich sind. Kenshin hockte mit Dr. Gensais Enkelinnen an dem großen Waschzuber im Hinterhof des Kamiya Dojos, in welchem er nun schon beinah ein Jahr lebte. Er ging dort trotz der klirrenden Kälte, die im Freien herrschte, seiner alltäglichen Arbeit nach und machte sich nützlich, da Miss Kaoru ihn nach wie vor kostenlos unter ihrem Dach leben ließ. Yahiko tat das Gleiche, allerdings wischte er im Dojo den Fußboden und polierte ihn für den Fall auf Hochglanz, dass sich weiter und noch mehr Schüler in der Schule einfinden würden. Diesbezüglich gab Kaoru die Hoffnung nämlich niemals auf. Nicht, solange sie sich sicher war, wie gut ihre Schwertkunst war. Eine Schwertkunst, die einzig zur Verteidigung entwickelt worden war und den Mord außen vor ließ. Der rothaarige junge Mann blickte in den grauen Himmel empor, aus dem die klirrende Kälte kam, welche seine Hände schmerzen ließ. Ayame und Suzume folgten seinem Blick. Die kleinere und jüngere Suzume hob ein kleines Fingerchen in die Luft und wies in eine eher unbestimmte Richtung. "Es schneit, Bruder Kenny." Der Angesprochene kniff die Augen zusammen und blickte in die angezeigte Richtung, in welcher er tatsächlich etwas Ähnliches wie eine Schneeflocke ausmachen konnte. Der erste Schnee des Jahres... Seine Hände verkrampften sich leicht um den Stoff, welchen er im Zuber waschen wollte. Schnee erinnerte ihn immer an Tomoe. Jene Frau, mit der er vor zehn Jahren in einer Eheähnlichen Konstellation zusammen gelebt hatte. Damals war es gewesen, um sie zwei vor den Häschern des Shogunats zu schützen. Doch der Schutz hielt nicht vor. Nicht lange genug, denn diese Konstellation barg ein Risiko. Einst war er es gewesen, der Tomoes Ehemann getötet hatte. Und so war ihr nichts anderes übrig geblieben, als ihn zu verraten. Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht, in welcher sie beschlossen hatten, aus dem Schauspiel Ernst zu machen. Mit einem leisen Seufzen, welches kleine Dampfwolken vor seinem Mund formte, verdrängte der Mann mit dem Beiname Hitokiri Battousai diesen Gedanken und ging weiter seiner Arbeit nach, bis Ayame ihn am Ärmel zupfte. "Bruder Kenny, es wird kalt. Gehen wir rein?" Kleine Augen blickten ihn groß an und hofften auf ein ja. Langsam begann Kenshin zu nickten und legte das letzte Wäschestück in den kleinen Holzzuber, der als Wäschekorb diente. Als er sich erhoben hatte, klemmte er sich ihn unter den Arm und folgte Dr. Genzais Enkelinnen ins Haus, welche sich in dessen Wärme verfroren schüttelten und die kleinen Händchen mit ihrem Atem zu wärmen versuchten. Kenshin schlug unterdessen seinen Weg in die Küche ein, wo er behelfsmäßig ein Wäschegerüst aufgestellt hatte, ganz in weiser Voraussicht, dass es bald zu schneien beginnen würde. Sich absolut im Unklaren darüber, dass Kaoru gerade das spartanische Mittagessen zubereitete, begann er, die Wäsche aufzuhängen, hielt allerdings immer wieder etwas melancholisch inne, um an ein Leben zu denken, das seit über zehn Jahren Vergangenheit war. Kaoru entging dies keinesfalls, so dass sie sich schließlich erhob, zu ihm trat und dabei half, die Wäsche zum Trocknen aufzuhängen. Gleichzeitig suchte sie ein zaghaftes Gespräch mit ihm. "Heute hättest du das nicht machen müssen. Es ist doch viel zu kalt." "Es muss aber gemacht werden, Miss Kaoru. Ich darf hier kostenlos wohnen und das sind meine Pflichten." Ohne sie anzusehen, hängte er weiterhin die Wäsche auf. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass es ihm nun wieder etwas anders zu Mute war. Zwar würde er ihr nicht erzählen, was ihn bedrückte, aber immerhin tat ihm ihre Nähe mehr als nur gut. Und genau das spürte die junge Frau. So nickte sie nur und half ihm weiterhin stillschweigend, bis er das Wort wieder an sie richtete. "Morgen werden Yahiko und ich angeln gehen. Wenn wir Glück haben, gibt es dann Morgen viel mehr Fisch." Kaoru nickte langsam und warf einen Blick zu dem mickrigen Fisch, der mehr als nur zwei Mäuler zufrieden stellen sollte. Zwar brachte Dr. Genzai von Zeit zu Zeit Lebensmittel mit, weil seine Enkelinnen tagsüber eigentlich immer im Dojo waren, allerdings waren er und Megumi in letzter Zeit so beschäftigt, dass das ausgeblieben war. Leider, aber natürlich verstand Kaoru es. Immerhin war es wirklich eine absolute Nettigkeit, dass der Doktor sich so sehr um ihr aller Wohl kümmerte. "Fisch klingt gut, aber ist es dafür nicht zu kalt? Der Fluss ist bestimmt zugefroren und die Fische tummeln sich wenn überhaupt in seiner Mitte am Boden." Kenshin nickte knapp. "Möglich, aber die Hoffnung sollte man nicht so schnell aufgeben. Zumal das Eis Morgen so dick sein dürfte, dass man die Eisfläche ohne Probleme beschreiten kann." Die junge Frau nickte vorsichtig und langsam, war ihr doch nicht ganz wohl bei dem Gedanken, Kenshin und Yahiko auf das Eis zu jagen. "Und was wäre, wenn wir morgen ins Akabeko gehen würden und anschreiben lassen?" "Nein, nicht nötig. Wir holen den größten Fisch, den es zu fangen gibt, Miss Kaoru." Kenshin blickte sie zum ersten Mal an und ein Strahlen erhellte seine Gesichtszüge. "Na gut, aber passt auf euch auf." Die junge Frau hängte das letzte Wäschestück auf die wackelige Konstruktion und begab sich zurück zu dem kleinen Fisch, den sich fünf, wenn nicht sogar sechs Leute teilen würden, falls Sanosuke den Weg noch ins Dojo fand. So, wie er es eigentlich immer tat, wenn der Hunger in quälte. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 18. Dezember - Ragnarok ----------------------- "Iruuuugaaa!" Judias Stimme schallte laut durch das Tal, welches von hohen schneebedeckten Bergen umsäumt war. Mit einem etwas verlassen wirkenden Blick schaute sich die Jägerin nach dem Assassin um, der sich kurz zuvor aus dem Staub gemacht hatte. Zuerst hatte sie geglaubt, es wäre gewesen, weil sich von irgendwoher Gefahr näherte, aber dann hätte Iruga es ihr sicherlich gesagt und sie nicht vermeintlich schutzlos zurück gelassen. Obwohl schutzlos es nun wirklich nicht traf. Wenn sich eine Frau wehren konnte, dann war sie es. Und das wusste auch ihr Angebeteter, der sich so gerne etwas von ihr distanzierte, obwohl sie genau wusste, dass auch sie ihm viel bedeutete. "Falcon!" Sie streckte den Arm mit der Lederschiene aus, damit sich ihr Falke darauf niederlassen konnte, was er auch tat, nachdem er ihren Ruf gehört hatte. Fragend legte er den Kopf schief und blickte seine Besitzerin abwartend an. Diese gab allerdings nicht sofort Antwort, kraulte ihn dafür aber zuerst einmal am Kopf. "Das gefällt dir, ja?" Zu diesem Schluss gelangte sie, weil er seine Federn aufplusterte und einen wohligen Schrei von sich gab. Lächelnd betrachtete Judia den Falken und ließ den Blick abermals zu den hohen Schneebedeckten Bergen gleiten, in welchen Iruga verschwunden war. "Tust du mir einen Gefallen, Falcon? Such Iruga. Er ist einfach verschwunden, ohne etwas zu sagen." Der Kopf des Falken richtete sich auf. Grazil breitete er seine Schwingen aus, hielt aber inne, als hinter Judia eine sehr tiefe und viel zu selten genutzte Stimme erklang. "Ich bin zurück." Judia drehte sich mit heftigem Herzklopfen zu ihrem Weggefährten um und betrachtete unauffällig dessen große Statur, in die man sich einfach verlieben musste. Und genau deshalb hatte sie sich in ihn verliebt. Zuerst war da nur der Blick auf seine äußere Erscheinung gewesen, dann kam sein Wesen zu tage, als er sie vor dem Tode rettete. Und letztendlich war es seine kühle und distanzierte Art gewesen, die ihren Geist benebelt hatte und sie auf Wolke sieben hatte steigen lassen. "Wo warst du, Iruga? Ich habe mir schon Sorgen gemacht." Der Assassin hob seine Arme etwas an, auf welchen ein Fell ruhte. Etwa so groß, um sie damit bedecken zu können, denn nach wie vor trug sie einen kurzen Rock, ein bauchfreies Oberteil und fror vor sich hin, während er sich in seinen Umhang einwickeln konnte. "Das ist für dich. Ich habe einen fahrenden Händler entdeckt, kurz bevor wir das Tal betreten haben." Seine Arme streckten sich ihr entgegen und boten ihr das wärmende Fell an. Sofort röteten sich Judias Wangen, und sie musste hart damit kämpfen, nicht in einen überschwänglichen Freudentaumel auszubrechen. Gefasst versuchte sie ihm also gegenüber zu treten und wollte nach dem Fell greifen, als Iruga es ausbreitete und es hinter ihrem Rücken um ihre Schultern legte. "Ich hoffe, es ist jetzt nicht mehr so kalt." Die junge Frau schüttelte langsam den Kopf und zog das Fell dichter um den ausgekühlten Körper. "Es ist wunderbar warm. Aber ist dir nicht kalt?" Ihr Blick glitt über seine Kleidung und den Mantel, den er trug, der aber nicht wirklich Kältetauglich anmutete. "Nein, es geht schon." Der Assassin zog die Arme unter den Umhang zurück und hielt diesen vorne fest, damit er durch den aufkommenden Wind nicht wieder aufgepustet wurde. Allerdings strafte sein Zittern seine Worte Lügen, was auch Judia mit einem genaueren Blick auf ihn feststellte. Suchend schaute sie sich in der Umgebung um und blickte Falcon an. Dieser erhob sich in die Lüfte, nachdem sie ihm mit einer Armbewegung mehr Schwung ermöglicht hatte. "Falcon, such eine Höhle, in der wir übernachten können. Es wird zu kalt." Kurz blickte sie dem Raubvogel nach, richtete dann aber wieder ihren Blick auf Iruga, der verstärkt versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er fror. Judia trat näher zu ihm, blieb dicht vor ihm stehen und schaute zu ihm empor. "Lass uns gleich Feuerholz suchen. Dann wird es uns ein wenig wärmer in der Höhle. Obwohl mir zu diesem Zweck auch etwas anderes einfallen würde." Ihre braunen Augen blitzten amüsiert. Iruga blickte auf sie hinab und hob eine Braue. Da sein Mund hinter dem Mundschutz versteckt war, war es an Judia, allein aus seinen Augen die Antwort auf diesen Vorschlag zu lesen. Und diese Antwort fiel mehr als nur zufrieden stellend aus. Viel mehr als das. Der Assassin löste erst wieder den Blick von ihrem Gesicht, als Falcon einen Schrei ausstieg und zum Sinkflug ansetzte, welcher ihn auf Judias ausgestreckten Arm führte. Diese blickte ihn neugierig an und lauschte seinen Schreien. Schließlich wies sie in eine Richtung und übernahm die Führung, während Iruga hinter ihr herkam und bereits etwas Feuerholz auflas. In der Höhle angekommen ließ Judia Falcon auf einer aus der Wand ragenden Wurzel Platz nehmen, um das Fell, welches sie bisher vor der Kälte geschützt hatte auf dem Boden auszubreiten. Auf den Knien rutschend bereitete sie eine Feuerstelle vor, welche Iruga in Betrieb nahm, als er aus der Kälte mit Feuerholz bepackt hinein kam. Als das Feuer prasselte und sich Wärme in der Höhle breit machte, rutschte Judia dichter an Iruga und legte ihren Kopf an dessen Schulter. Zaghaft und ohne jede Gefühlsregung legte dieser daraufhin seinen Arm um ihre Schultern und reichte ihr etwas von den Lebensmitteln, die sie als Vorräte mit sich führten. "Wenn es nicht so verdammt kalt wäre, fände ich es wirklich gemütlich. Aber du machst das auch so wieder gut." Nachdem sie in ihre Süßkartoffel gebissen hatte, zog sie mit dem Zeigefinger langsam seinen Mundschutz hinab, nur um den Blick auf zwei blau angelaufene Lippen freizumachen. Iruga schenkte ihr ein verkniffenes emotionsloses Lächeln und neigte sich vor, als sie sich mit ihrem Gesicht seinem näherte. Mehr als nur zaghaft legten der beiden Lippen sich aufeinander und versuchten so etwas Wärme in die ausgekühlten Leiber zu bringen. Da dies allerdings nur ein kleines Feuer entfachen sollte, ließen sie sich auf das Fell zurück sinken und schenkten einander so die benötigte Wärme und Zuneigung, welche Iruga nach wie vor nicht zu formulieren in der Lage war. Falcon saß unterdes auf seiner Wurzel, aufgeplustert und in einen tiefen Schlaf gefallen, der ihm Träume von wärmeren Zeiten verhieß. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 4. Advent / 19. Dezember - Hellsing ----------------------------------- Mary's boy child Jesus Christ, was born on Christmas Day. And man will live for evermore, because of Christmas Day. Long time ago in Bethlehem, so the Holy Bible said, Mary's boy child Jesus Christ, was born on Christmas Day. Hark, now hear the angels sing, a king was born today, And man will live for evermore, because of Christmas Day. Mary's boy child Jesus Christ, was born on Christmas Day. Walter stand auf einer hohen Leiter in der großen Vorhalle des Hellsing-Anwesens und zündete die vierte Kerze auf dem Adventskranz an, während im Hintergrund aus dem Kaminzimmer "Mary's boy child" klang und weihnachtliche Stimmung in die alten Gemäuer des Hellsing Manor brachte. Auch Integra, so kalt und abgebrüht sie eigentlich war, saß in ihrem Büro und ging zu den Klängen des Nussknackers Akten und Aufträge durch, die seit wenigen Stunden auf ihrem Schreibtisch lagen. Selbst Victoria, für die es das erste Weihnachten als eine Untote war, sprang beinah schon fröhlich durch das festlich beleuchtete Haus und half Walter bei den noch schmählich vernachlässigten Dekorationen. Der Einzige, der das ganze Tam Tam mit einem mehr als nur gelangweilten und getrübten Blick betrachtete, war Alucard, der wie stets rot gewandet, im Keller auf einem fürstlichen Stuhl thronte, ein Weinglas mit Blut in der Hand und mörderische Gedanken in seinem alten Kopf, welcher schon mehr als 570 Jahre gesehen hatte. Die Geschichte über das vermaledeite Jesus-Kind, welche es durch sein scharfes Gehör bis in den Keller hinab vernehmen konnte, raubte ihm beinah den Verstand. Die Christen, egal ob Protestanten oder Katholiken, redeten sich tatsächlich eine unbefleckte Empfängnis eines Balges ein, der maximal als angeblicher Wunderheiler in Latschen existiert hatte. Die angeblich Unbefleckte war nichts weiter gewesen als eine Prostituierte, die sich hatte von einem römischen Soldaten schwängern lassen, und der Mann an ihrer Seite war entweder ihr Bruder, oder aber bestenfalls ein armer Thor, der das Pech gehabt hatte, dass sie ihm ein Kind unterjubelte. Kuckucksei... Alucard schloss die Augen und verdrehte sie hinter geschlossenen Lidern. Es mochte einmal eine Zeit gegeben haben, in welcher er an das alles geglaubt hatte, aber diese Zeit war Vergangenheit, seitdem er, seitdem Vlad III. Tepes Draculea von seinem Gott verlassen worden war. Einem Gott, an den er einmal bedingungslos geglaubt hatte. Nur hatte ihm der Glaube nicht mehr als Kummer und Schmerz eingebracht. Seine behandschuhte Hand hob sich an und stützte den Kopf, der auf Grund des infernalischen Krachs schmerzte. Wie jedes Weihnachten im Hellsing Manison fragte er sich ernsthaft, was schlimmer war. Seine Freiheit eingebüßt zu haben, um den Hellsings zu dienen oder der mit dieser Freiheitsberaubung einhergehende Weihnachtsterror. Ein Weihnachtsterror, der in den alten Gemäuern viel zu heftig ausgeweitet wurde. Sogar bis in den Keller, bis in sein Refugium. Einzig die Tür zu seinen Räumlichkeiten war von den Dekorationen verschont geblieben. Aber das lag viel mehr daran, dass er an seinem ersten Weihnachten im Hause Hellsing, an seinem ersten Weihnachten in Freiheit, klar gestellt hatte, dass Köpfe rollen würden, wenn Walter es sich wagte, ihn mit Kränzen, Girlanden oder Zuckerstangen zu quälen. Auch mit Integra hatte er erbittert gefochten, denn der Sir der Hellsing-Organisation war damals noch so klein gewesen, dass sie seinen Einspruch partout nicht hatte gelten lassen wollen. Erst als er ihr gedroht hatte, ihr das Fest zur Hölle zu machen, hatte sie eingelenkt. Und seither akzeptierte sie seine Einstellung zu Weihnachten. Leider war mit Victoria nun wieder ein Wesen ins Hause gekommen, welches nahezu Weihnachtsgeil zu sein schien und mit allen möglichen Tricks versuchte, ihn zu diesem Fest zu bekehren. Mehr als drei Mal kam sie während der dunklen Stunden zu ihm. Einmal bewaffnet mit Weihnachtsgebäck, dann war es Dekoration oder mit eine Weihnachtsmannmütze, die er ungehalten in der Luft zerfetzt hatte. For a moment the world was aglow, all the bells rang out there were tears of joy and laughter, people shouted "let everyone know, there is hope for all to find peace". Now Joseph and his wife, Mary, came to Bethlehem that night, they found no place to bear her child, not a single room was in sight. Die Hand, in der er das Weinglas hielt, ballte sich ungehalten um das zarte Glas. Mit einem plötzlichen Ruck seiner Hand zersplitterte das Behältnis und färbte seine Hand Blutrot. Langsam tropfte die ungerinnbar gemachte Flüssigkeit von der Armlehne auf den Boden und benetzte diesen. Die Christen verstanden es aus jeder Legende, ein wahres Drama zu machen. Die arme, arme gebeutelte Familie stand in der kalten Nacht vor verschlossener Tür, und die arme Frau konnte keinen Platz für die Geburt ihres Kindes finden... Alucard öffnete seine Augen und stierte emotionslos und innerlich doch mehr als nur genervt in die Dunkelheit. Wäre er an der Stelle der Wirtshausbesitzer gewesen, hätte er die ganze Familie von seinen Hunden zerfleischen lassen. Dann wäre dieses elende Märchen niemals zu etwas geworden, an das sich treulose Christen klammerten, als wäre es ihr rettendes Floß in der stürmischen See. Weihnachten... in wenigen Tagen wäre es soweit. Und dann wurde es noch schlimmer. Wie jedes Jahr würden sich die Diensthabenden Recken der Organisation mit Integra in der Vorhalle um den riesigen Weihnachtsbaum versammeln. Weihnachtslieder würden gesungen werden, nachdem der Sir der Organisation ihre traditionelle Weihnachtsansprache gehalten hatte. Ganz zum Schluss, wenn kleine Präsente an die armen Opfer eines Dienstreichen Weihnachten verteilt worden waren, würde Integra zu der ewig Floskel "Hoffen wir, dass es wirklich eine stille Nacht wird" ansetzen, und danach wäre der Spuck vorbei. Zumindest für die Soldaten. Diese würden wieder ihrem Dienst nachgehen, aber Integra selbst setzte dann erst zum Endschlag an. Beschallt von weihnachtlicher Musik würde sie ihr Mahl einnehmen und anschließend ihr trostloses kleines Weihnachtsfest im riesigen Kaminzimmer unter einem von Walter geschmückten Weihnachtsbaum verbringen. Und das alleine. Alleine, bis er das Elend nicht länger ansehen konnte und ihr wie jedes Jahr Gesellschaft leistete. Eine Gesellschaft, die sie vordergründig nicht wollte, aber andererseits sehr missen würde, wenn er sie ihr verweigerte. Der Vampir schüttelte leicht den Kopf und fragte sich ernstlich, warum er immer noch so nett war, obgleich ihm dieser ganze Hokuspokus nur noch zuwider war. Aber die Antwort lag vielleicht näher, als er sich selber eingestehen wollte. Zwar hasste er dieses Fest und seine Bedeutung, aber in den Bewohnern des Hauses hatte er so etwas wie ein zu Hause gefunden, welches einst erzwungen worden war, nun aber langsam die wirklich Bedeutung von zu Hause annahm. Hark, now hear the angels sing, a king was born today, And man will live for evermore, because of Christmas Day. Mary's boy child Jesus Christ, was... Die CD im CD-Player begann wie wild zu springen und hauchte mit einem letzten Ächzen ihr Leben aus. Mit einem befriedigten Grinsen, welches noch viel dämonischer anmutete, erhob sich der große Vampir. Mit einem letzten Blick auf den blutigen Boden wendete er sich ab und verschwand in einer fließenden Bewegung in den Schatten, um Walter mit der letzten Kerze auf dem Adventskranz zu helfen, und das, obwohl ihm dieser Adventskranz wirklich verhasst war. So wie alles an Weihnachten und der vorweihnachtlichen Zeit.... ----------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen Mary's boy child - lyrics by Boney M 20. Dezember - Berserk ---------------------- Es war eine stürmische Winternacht. Schnee ging in Massen auf die Ländereien des Königreichs von Midland hinab. Überall in den kleinen Dörfern und Städten, egal ob besiedelt von Bauern oder Kaufleute, waren die Straßen und Wege leer. Das selbe Bild über Land. Nur die armen Thore, denen es nicht vergönnt war, ein kleines Haus oder materielle Dinge ihr Eigen zu nennen, befanden sich in der Kälte. Viele von ihnen waren bereits erfroren, hatten bettelnd in den Städten und Dörfern an Häuserecken gesessen und waren hier ihrem Schöpfer gegenüber getreten. Kjaskar ließ den Blick durch das verschlafene Nest gleiten, welches die Falken im Auftrag des Königs durchstreiften. Er hatte ihnen den Auftrag gegeben, das Königreich zu sichern und das taten sie nun auch, obwohl Griffith dadurch seine neue Machtposition in Gefahr sah. Guts ritt an ihrer Seite, stillschweigend, den Blick gesenkt und völlig in die gekehrt. Der muskulöse Hüne wirkte einmal mehr beinah friedlich auf die junge Frau, die schon in frühen Jahren wie ein Mann zu kämpfen gelernt hatte. Da sie ihn beobachtete, öffnete sich eins von Guts braunen Augen. Suchend linste er in ihr Gesicht. "Was denn? Habe ich schon wieder etwas Verachtungswürdiges getan? Geatmet zum Beispiel." Sofort verfinsterte sich Kjaskars Gesicht. Sie gab ihrem Pferd die Sporen und schloss zu Griffith auf, der die Reihen der auserwählten Falken anführte - recht freud- und motivationslos. "Griffith, wir sollten uns für heute einen Unterschlupf suchen. Es wird zu kalt, und die Pferde brauchen auch eine Pause. Sie brechen uns sonst zusammen. Und der Schneesturm wird auch immer schlimmer." Der kühle Anführer der Falken regte sich nicht auf seinem Pferd. Er blickte nur aus eiskalten, emotionslosen Augen in das starke Schneegestöber voraus und schien seinen Gedanken nachzuhängen. Gedanken von dem Tag, an welchem er sich zum König über Midland aufschwang. Midland, oder ein anderes Land. Vielleicht auch über jedes ihm bekannte oder auch unbekannte Land. In seinem Kopf fuhren Triumphzüge ab. Einer nach dem anderen. Triumphzüge, welche auf Eroberungszüge folgten, die ihm den Ruhm eingebracht hatten, den er verdiente. Und er verdiente eine Menge Ruhm. Kjaskar blickte ihn aus dem Augenwinkel interessiert an. Es war selten, dass Griffith so weggetreten war und selbst seinen Soldaten kein offenes Ohr schenkte. Eigentlich tat er das immer, auch wenn sie nicht oft glaubte, dass er sich die Anliegen wirklich zu Herzen nahm. Viel eher glaubte sie, dass er sich sie nur anhörte, dann und wann nickte und somit Interesse heuchelte. Was ja auch nicht ganz so falsch war, zumindest nicht, wenn man andere und wichtigere Dinge zu tun hatte. "Griffith..." Sie streckte ihre Hand zu ihm hinüber und legte diese auf seine. Da er seine Rüstung nicht trug, waren seine Hände unter den ihren ob des fehlenden Schutzes steif und kalt. Erst, als er ihre Berührung spürte, riss sich der Anführer der Falken aus seinen Gedanken los. Seine blauen Augen hefteten sich auf ihr Gesicht und kurz wirkte er verwirrt, weil er sich in seiner Realität einfach nicht zu Recht finden wollte. Seine Traumwelt, die eines Tages Realität werden sollte, war ihm um einiges lieber. "Hast du etwas, Griffith?" Kjaskars große dunkle Augen waren immer noch auf sein Gesicht gerichtet, dass plötzlich all zu nachdenklich wirkte. Nur ganz langsam begann er den Kopf zu schütteln. Ein leises Räuspern lockerte seine kalte Kehle und gestattete es ihm, das Wort zu erheben. "Ich war nur in Gedanken versunken." Den Blick, den er Kjaskar zuwarf, setzte er über seine Schulter zu seinen Männern fort, die sich unermüdlich mit ihren Pferden durch das starke Schneegestöber quälten. "Wir sollten einen Unterschlupf finden. Wir brauchen alle eine Pause." Kjaskars Herz schlug sofort wahre Purzelbäume. Griffith war einfach der geborene Anführer. Und dafür betete sie ihn beinah mit all ihrer Hingabe an. Ganz zum Leidwesen von Guts, dem dieses Angebiedere schon seit geraumer Zeit immer wieder die Galle in den Rachen emporjagte. Immerhin bewies Kjaskar mit ihrem Verhalten nur wieder, wie unvorteilhaft Frauen in einer Armee doch waren. Und noch viel mehr bewies sie, das jedes Klischee auf Frauen zutraf, welche bis über beide Ohren verliebt schienen. Zwar war die Frau auf dem Pferd neben Griffith eine geborene und hervorragende Kämpferin, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ihre Unpässlichkeiten und auch die Phasen der absoluten Zickigkeit sie zu einem Laster für die Falken machten. Zähneknirschend und kopfschüttelnd beobachtete der große Mann die beiden. Das größte Trauerspiel war eigentlich, dass Kjaskar nicht merken zu wollen schien, dass Griffith immer nur dann Interesse an ihr heuchelte, wenn er sie für irgendetwas brauchte. In Guts stieg die Frage empor, ob er sie auch zum Verkehr in langen Winternächten zu Rande zog, allerdings gefiel ihm seltsamerweise die Aussicht darauf recht wenig, so dass er die Gedanken sofort beiseite schob und sie ignorierte. Immerhin waren die beiden alt genug und wenn Kjaskar so dumm war, sich ausnutzen zu lassen, dann bitte. Dann war sie es, und es war nicht seine Schuld. Aber eigentlich... Würde sie sich nach so etwas mit Griffith zerstreiten - dafür konnte es ja genug Gründe geben - wären es die restlichen Falken, die darunter zu leiden hätten. Und dann aber vor allen Dingen er, weil Kjaskar sich beinah dazu berufen sehen würde, ihm ihr Leid zu klagen. Immerhin war sie nur eine Frau und damit eine alte Tratschtante. Bei der Aussicht darauf trieb Guts sein Pferd an und passte dessen Geschwindigkeit in Kjaskars und Griffith' Höhe den Pferden der beiden an. "Ich habe etwa eine halbe Meile hinter uns eine Hölle entdeckt. Wenn wir zurück reiten, können wir Unterschlupf finden und endlich aus der Kälte raus." Aus flammenden Augen blickte Kjaskar ihn an, fühlte sie sich doch unendlich von seiner Person gestört. Doch Griffith tat nicht das, was sie sich wünschte. Er schickte Guts nicht zurück. Er brachte sein Pferd zum Stehen und nickte langsam. "Benachrichtige die Männer und dann reite vor. Wir folgen dir." Guts konnte sich einen leicht überheblich anmutenden Blick in Kjaskars Richtung nicht verkneifen und tat, wie ihm von Griffith geheißen. Kjaskar knirschte unterdes unwillig mit den Zähnen und wünschte ihn einmal mehr zum Teufel, ritt dann aber wieder neben Griffith der nach Wärme heischenden Meute hinterher. ------------------------------------- © by Sandra Wronna/Merenwen 21. Dezember - Madlax --------------------- Ich erinnere mich nicht an meine Kindheit. Auch erinnere ich mich nicht an meine Eltern. Ich weiß nur, dass es da einmal einen Mann gab, einen Mann, den ich habe sterben sehen, dem ich mich nahe fühlte. Ich habe gesehen, wie er fiel, wie er starb. Ich denke, es ist mein Vater. Es muss mein Vater sein, da er immer wieder in meinen Träumen erscheint. Jedes Mal, wenn ich im Traum im Kriegsgebeutelten Garza Sonica erwache... Vor Jahren wurde ich zu einer Attentäterin ausgebildet, zu einer Killermaschine, die mit Perfektion arbeitet. Es passiert selten, dass ich einen Misserfolg habe. Meine Missionen sind von Erfolgen gekrönt und dennoch erfüllen sie mich nicht mit Stolz. Es mag daran liegen, dass ich töte. Aber dazu wurde ich ausgebildet. Ich bin die jüngste Attentäterin dieses kriegerischen Landes, das nur wenige hundert Kilometer von Frieden und Freiheit entfernt ist. Doch gibt es auch hier Frieden und Freiheit. Wir besitzen Feriengebiete, die gerade um diese Zeit des Jahres viel besucht werden. In einer Zeit des Jahres, die in anderen Ländern durch ein friedliches weißes Gesicht geprägt wird. Diese Zeit nennt sich dort Weihnachtszeit und auch hier gibt es eine solche, nur ist es hier anders. Während dort Lichter in den Fenstern und an den Weihnachtsbäumen die Umgebung erhellen, sind es hier die Bomben, die vom Himmel fallen und durch ihr fluoreszierendes Licht den Himmel erleuchten. Mir wären die anderen Lichter lieber. Genauso wie vielen anderen, denn in einem Kriegsgebiet zu leben und zu agieren, ist nicht das, was man sich zu einem Fest der Freude und der Familie wünscht. Jeder hat ein Anrecht darauf, schöne Tage zu verbringen, doch unser Militär macht uns ständig mit seinen kriegerischen Aktionen die Hoffnung darauf zunichte. Es ist traurig. Viel zu traurig, um es in Worte zu fassen. Und der Gedanke quält mich, dass ich gerade heute, kurz vor Weihnachten einen Menschen beseitigen muss, der trotz all seiner Machenschaften versucht, Kinder, die hier leben, etwas zu erheitern will. Mit dem Sniper, den Kolben an der Schulter angelegt, lag Madlax auf dem Dach eines Hochhauses und blickte durch das Zielfernrohr auf die Menschenmassen vor einen Einkaufszentrum hinab. Ein Offizier von Garza Sonica stand dort, gekleidet in ein Weihnachtsmannkostüm und verteilte Geschenke an die Kinder derer, die sich keine Geschenke leisten konnten. Auch die anderen Kinder erhielten Geschenke, doch fielen diese um einiges kleiner aus. Madlax öffnete das geschlossene Auge und blinzelte leicht gegen den starken Wind an, der über das Hochhaus sauste. Hier oben war es wesentlich kälter als unten, da dort die Autos durch ihre Abgase die Luft aufwärmten. Die junge Frau richtete ihr Gewehr abermals aus und berechnete im Kopf die Flugbahn der Kugel, welche durch den Wind leicht abgelenkt werden könnte. Und das wäre fatal, da sie Kugel einen unschuldigen Menschen treffen könnte. Einen Menschen, der nur darauf hoffte, ein Fest der Freude zu verbringen, ohne Kugelhagel und Angst. Eigentlich widerstrebte ihr es ein wenig, dass sie diesen Mann nun umbringen musste, aber alles andere wäre nicht richtig gewesen. Selbst dann nicht, wenn sie wusste, dass er eigentlich auch ein guter Mensch war. Einer, der Familie hatte, kleine Kinder, eine Frau, die ihn liebte und Haustiere. Allerdings hatte er sich zum Verbrecher eines ganzen Landes gemacht, in dem er wahrlos hatte Menschen umbringen lassen, weil deren Ideologien nicht mit seiner konform gingen. Langsam begann sie den Kopf zu schütteln. Dafür, was er getan hatte, hatte er es verdient, seiner Gerechtigkeit zugeführt zu werden. Zudem war er einer der Kriegstreiber, die das Land in ständige Auseinandersetzungen scheuchte, ohne dass deren Bewohner dies wollten. Kurz meldete sich in ihr ihr gut gehütetes schlechtes Gewissen, welches sie nur seine menschlichen Seiten sehen lassen wollte, allerdings schob sie dieses rasch beiseite. Dieser Mann mochte menschlich sein, aber gleichzeitig war er eine Bestie, und es war ihre Pflicht, ihn niederzustrecken. Zum Wohle aller... Mit einem kurzen Blick sondierte sie die Lage, in der er sich befand. Immer noch waren unzählige Kinder um ihn herum, welche ihre kleinen Händchen nach den Geschenken streckten, die er an sie verteilte. Eine Situation, wie sie gefährlicher nicht sein konnte, wenn sie unschuldige Opfer vermeiden wollte. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie in der Masse einen Mann, der sich auf ihn zuschob. Dadurch wurden die Kinder auseinander gedrängt und suchten hinter dem Drängler wieder ihre alten Positionen. Bei dem Mann schien es sich um einen Bodyguard zu handeln. Falls dieser nun ankündigte, dass die Veranstaltung beendet wäre, würde ihre Chance vielleicht kommen. Aber auch nur vielleicht. Denn die Möglichkeit, so verschwindend gering sie auch war, dass sie entdeckt wurde, war gegeben. Durch das Zielfernrohr beobachtete sie den vermeintlichen Bodyguard, der das Podium erreicht hatte, die Kinder wegscheuchte und sich neben den Weihnachtsmann stellte. Ihre Chance war gekommen, als der Mann seinem Chef etwas ins Ohr flüsterte. Der Kolben wanderte wieder in richtiger Position an ihre Schulter. Das Zielfernrohr war exakt auf den Weihnachtsmann und die Wetterverhältnisse ausgerichtet. Und dann, als der Bodyguard sich wegdrehte, schoss Madlax. Ohne dem Resultat des Attentats Beachtung zu schenken, packte sie ihren Sniper weg, wische sich die Hände an ihrer Hotpants ab und erhob sich von dem Dach, um über die Feuertreppe das Haus zu verlassen. Das Einzige, das sie von unten vernahm, war der Tumult und das Heulen von Sirenen der Polizei und der Ambulanz. Ihr Auftrag war geglückt und möglicherweise war es nun für einige Menschen mehr möglich, ein ruhiges und schönes Weihnachtsfest zu verbringen. Bisher war es mir nie vergönnt ein unblutiges Weihnachten zu verbringen. Seit ich mich erinnern kann, vergoss ich gerade in dieser Zeit des Friedens das meiste Blut, so dass es für mich langsam zu etwas Alltäglichem wird. Nur denke ich mehr und mehr darüber nach, was ich hier eigentlich mache. Mehr und mehr frage ich mich, ob ich richtig handle. Oft ist die Antwort nein, aber wie in diesem Fall ist sie ja. Da mir kurz nach Erfüllung des Auftrages zugetragen wurde, dass alles anstehenden Exekutionen ausgesetzt worden waren, weil ihr Vollstrecker verstorben war. Und damit blieb noch genug Zeit, um die Unschuldigen zu retten. Ein gutes Gefühl... ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen 22. Dezember - Ghost in the Shell ~ Stand Alone Complex ------------------------------------------------------- Major Motoko Kusanagi lehnte mit dem Rücken in der Equipment-Halle der Public Peace Section 9. Die Halle war auf Grund der Mühen der Tachikoma-Einheiten weihnachtlich geschmückt. Überall waren Tannengirlanden mit roten und goldenen Kugeln und Schleifen angebracht, an welchen zudem noch eine Unmenge kleiner Lichter brannten, welche die sterile Neonbeleuchtung im Raum ersetzte. Ganz zur Freude der Mitarbeiter, die dadurch auch etwas in festliche Laune versetzt wurden. Und das, obwohl es noch zwei Tage hin war, bis überall die Tannenbäume erstrahlen sollten. Ein Tachikoma rollte auch die junge Frau zu und blieb direkt vor ihr stehen. Mit einer aufgeregten Stimme, die sich beinah überschlug, wendete sich die Einheit an sie. "Major, wir brauchen Ihre Hilfe. Wir kommen da oben nicht an die Decke." Ein Greifarm wies in eine Richtung, in welcher zwei Tachikoma-Einheiten zu erkennen waren, welche sich deutlich damit abmühten, weitere Dekorationen anzubringen. Ohne etwas zu erwidern, stieß der Major sich von der Wand ab und ging neben dem schnell in die entsprechende Richtung rollenden Tachikoma her. Beim näher kommen erkannte sie bereits Batou, welcher den Einheiten mehr schlecht als Recht zur Hand ging. "Wo soll das denn hin?" Der Major blieb neben dem Cyborg stehen und blickte auf die Girlande, die er in seinen Händen hielt. Mit einem Nicken nach oben erklärte er ihr Wortkarg den Bestimmungsort und reichte ihr die Girlande, welche sie schulterte und mit Hilfe der Tachikomas gen Decke aufstieg. "So in Ordnung?" Sie zupfte noch ein paar Zweige zu Recht und erhielt vom Boden begeisterten Beifall und aufgeregtes Geschnattere von den Einheiten, welche wild durcheinander rollten und ihren Major fast hochleben ließen. Als sie sich an den Abstieg machte, trat Batou einen Schritt zur Seite, da sie die letzten fünf Meter einfach nur auf den Boden sprang und sich unten angekommen wieder aufrichtete. "Gute Arbeit, Major." Sein Blick glitt wieder zu der Girlande empor, welche nun auch von den kleinen Lichtern erleuchtet wurde, die die Tachikoma-Einheiten angebracht hatten. Sie nickte langsam und folgte einer gelben Einheit mit den Augen, welche auf einem Tablett Kekse anhäufte und sie anschließend unter den Anwesenden Cyborgs, Androiden und Menschen verteilte, welche sich alle gleichermaßen freudig über das Gebäck hermachten. Auch sie selber biss genüsslich in einen Keks und ließ diesen fast schon auf ihrer Zunge zergehen. "Die sind wirklich gut. Wer hat die gebacken?" Eine blaue Einheit zeigte auf und fiepte mit seiner schrillen Stimme. "Ich... ich... und Batou." Der Arm richtete sich auf den Cyborg, der ertappt in eine andere Richtung sah und leise ein "Verräter" knurrte. Motoko blickte ihren Partner eine Weile an und begann dann zu kichern. "Als wenn ich es nicht geahnt hätte. Sonst so hart und dann so weich wie Butter. Aber wirklich, die Kekse sind sehr lecker." Batou murrte unwillig, wendete sich dann der blauen Einheit zu, die neben ihn gerollt war und ihn aus ihren Sensoren anblickte. "Backen wir zum Geburtstag vom Major wieder, Batou. Biiiiitteeeeee, das war so schön und lustig." Die Sensoren richteten sich auf den Major, welcher interessiert zwischen dem Cyborg und der Einheit hin und her blickte. Abermals plapperte die aufgeregte Einheit los. "Er hat mir auch Weihnachtslieder beigebracht." Der Cyborg zog den Kopf ein und versuchte sich aus dem Staub zu machen, just, als sich der blaue Tachikoma in Position warf, die Arme wie ein Dirigent hob und mit den anderen Einheiten in ein lautstarkes und überaus schiefes "Fröhliche Weihnacht" einstimmt. "Was habe ich getan?" Der Mann mit den schlohweißen Haaren fasste sich erschlagen an den Kopf, griff aber mit der anderen zu dem Tablett, welches die gelbe Einheit immer noch herumfuhr und ließ einen Keks in seinem Mund verschwinden. "Wirklich sehr gut geworden." "Sage ich doch." Die Augen des Majors glitten durch die Halle und trafen auf Togusa, der gerade die Halle betrat und sich suchend umsah. "Gibt es Nachrichten von unserem Freund?" Der Mann schüttelte den Kopf. "Nein, heute ist er relativ still. Scheint sich auch auf Weihnachten vorzubereiten. Was mir ganz recht wäre, zumal ich dann übermorgen bei meiner Familie sein könnte." Er streckte sich etwas und schnappte sich einen Keks, der sofort in seinem Mund verschwand. "Die sind gut. Sind die gekauft?" "Nein, Batou hat sie gebacken. Und gesungen hat er auch." Der Major blickte kurz zu dem Cyborg, welcher in ein Wortgefecht mit der blauen Tachikoma-Einheit verwickelt war, während die anderen Einheiten immer noch laut und weithallend Weihnachtslieder sangen, deren Melodie einfach nicht zu den elektronischen Stimmen passen wollte. "Hat er?" Togusas Mundwinkel hoben sich ganz leicht an. Zumindest vorerst. Doch es dauerte nur wenige Sekunden, bis sich ein schallendes Lachen aus seiner Kehle löste, welches auch zu Batou hinüber drang. Dieser drehte nur irritiert den Kopf zu dem Lachenden, erspähte den Keks in dessen Hand, zusätzlich Motokos amüsiertes Gesicht und seufzte abermals erschlagen. "Das hängt mir nun bis zum Ende meines Lebens nach. Ich bin ein Geächteter der Weihnachtszeit." Ein mechanischer Arm legte sich leicht um seine Schulter. "Nein, nicht geächtet. Du backst gute Kekse und singst schön, Batou. Das mag Tachikoma." Die blaue Einheit schien zu nicken und dirigierte abermals mit dem freien Arm den Chor der elektronisch verzerrten Stimmen, welcher einfach nicht inne halten wollte. Erschlagen schüttelte der Cyborg den Kopf und verdammte sich dafür, dass er zum einen Kekse gebacken hatte, aber vor allem dafür, dass er es in Anwesenheit einer Tachikoma-Einheit getan hat, die in ihm einen Freund sah und deswegen immer und immer wieder seinem Vorbild nacheiferte. "Der Laughing Man hat sich gerade gemeldet. Während einer Fernseh-Aufzeichnung." In der Equipment-Halle sprang ein großer Plasmabildschirm an und zeigte Chief Amaraki, der hinter seinem großen schweren Schreibtisch saß, auf welchem am äußersten Rand ein Teller mit Keksen zu sehen war. Togusa entlockte das ein amüsiertes Lachen, während Batou ihn niederschmetternd anblickte, Motoko aber nickte. "Wir sind schon unterwegs." Langsam, die Hände in ihren Jackentaschen vergraben, verließ sie die Halle und damit das Weihnachtskonzert. Auch Togusa folgte ihr, nachdem er sich noch ein paar Kekse genommen hatte. Batou blieb noch kurz alleine zurück, schaute sich vorsichtig um und stimmte eine kurze Strophe eines anderen Weihnachtsliedes an, bevor er die singenden Tachikomas alleine ließ und sich zum Büro des Chief der Public Peace Section 9 begab. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen 23. Dezember - Get Backers -------------------------- "Ban-chan!" Mit einer schief auf dem Kopf sitzenden Weihnachtsmannmütze und einer braunen Einkaufstüte in der Hand, betrat Ginji Paul's Café. Dieser stand wie jeden Tag hinter dem Tresen, während Natsumi einige Gäste bediente, die sich zu einer gemütlichen Weihnachtsstunde eingefunden hatten. Unter ihnen war auch Himiko, welche Ban an einem Tisch gegenüber saß und an einer Tasse Kakao nippte. Als Ban seinen Namen vernahm, hob er den Kopf und blickte zu Ginji, der bereits auf ihren Tisch zukam und über beide Ohren grinste. "Was hast du? Eine Grinsekatze verschluckt?" Eine dunkle Braue hob sich über den dunklen Gläsern der Sonnenbrille und glättete sich erst wieder, als Ginji die Tüte auf dem Tisch abstellte. "Nein, aber ich habe was für euch." Der blonde junge Mann öffnete die Tüte und wühlte in dieser herum, bis er einige Weihnachtsmannmützen hervorzog, von welchen er zwei Ban und Himiko reicht, während zwei weitere an Paul und Natsumi gingen. Paul blickte ihn an, als wenn das ein schlechter Scherz wäre und hielt die Mütze mit spitzen Fingern hoch. "Anstatt solchen Kram zu kaufen und zu verschenken, solltet ihr mal eure Rechnung begleichen. Die ist mal wieder extrem hoch." Ban zuckte sofort heftig zusammen, während Himiko ein amüsiertes Kichern entglitt. Ginji blickte seinerseits nur verstört zu Paul, dann zu Natsumi, die leicht nickte, um schließlich bei Ban zu landen, der erschlagen den Kopf schüttelte. "Ich wollte euch aber auf Morgen einstimmen." "Dann begleich eure Rechnung." Paul griff unter den Tresen und beförderte einen zwei Seiten langen Zettel hervor, der jede noch so kleine Bestellung auflistete - plus Trinkgeld für Natsumi und ihn. "Und ihr könnt noch froh sein, dass ich euch wegen morgen die Hälfte der Steuern erlasse." "Hieß das nicht fröhliche Weihnachten?" Bans Kopf knallte beinah auf die Tischplatte. "Arme Weihnachten würde es eher treffen. Sehr arme Weihnachten. Und danke Ginji." Himiko neigte sich zu Bans Ohr und linste ihn von der Seite an, während Ginji betreten zu Paul sah und anschließend versuchte, sich durch die üblichen Diskussionen aus der Affäre zu ziehen. "Nicht verzweifeln. Du weißt doch genau, dass Paul nicht so gemein ist, wie er jetzt tut. Außerdem könnt ihr ja auch noch woanders Weihnachten feiern." "Wo denn?" Über den Brillenrand hinweg blickte er die junge Frau an, welche ihn vielsagend, wenn auch sehr knapp, anlächelte. "Bei mir zum Beispiel. Ich meine, wir haben doch jetzt alles geklärt, und ich weiß doch jetzt, wie es wirklich war und ehm..." Ihre Wangen röteten sich, woraufhin sie sich aufrichtete und in eine andere Richtung sah. "Ja..." Ban hob den Kopf von der Tischplatte und näherte sich mit diesem ihrem Gesicht. Natsumi, die zu den beiden geblickt hatte, begann zu kichern, da all zu deutlich war, was Himiko meinte und was in der Tat nicht nur von ihr ausging, selbst wenn Ban versuchte, sich nichts dergleichen anmerken zu lassen. Und das, obwohl er ebenso auffällig dabei war wie sie. "Was ist denn los, Natsumi-chan?" Nachdem Ginji seine Debatte mit Paul beendet hatte - natürlich als Verlierer - wendete er sich dem Mädchen zu, welches amüsiert zu den beiden nickte. Ginji folgte ihrem Blick und begann wissend zu grinsen. "Damit hören die wohl nie auf." "Möglich. Und übrigens, woher hattest du überhaupt das Geld für die Mützen." Sie zog die Mütze aus der Tasche ihrer Schürze und setzte sie sich auf den Kopf. "Ehm..." Der blonde ehemalige Anführer der Volts wurde bis über beide Ohren rot und hustete leise und verschämt in seine Hand. "Ich habe es mir geliehen... von Shido. Und er hat es von Madoka." Abermals hustete er und blickte demonstrativ in eine andere Richtung. Der schwarzhaarige Mädchen an seine Seite beäugte ihn eine Weile und nickte dann. "Danke für die Mütze, aber Paul hatte Recht. Du hättest zuerst die Rechnung begleichen sollen. Er hat immerhin auch seine Ausgaben. Er braucht das Geld." "Mmh... ich leihe mir einfach noch was. Außerdem habe ich ihm schon ein wenig angezahlt." Dass es sich dabei um etwa ein Achtel der schulden handelte, verschwieg er. Es war wirklich nicht viel gewesen, aber immerhin besser als gar nichts. Und gar nichts hätte Paul trotz seiner hin und wieder aufflammenden Güte nicht zugelassen. "Übernimm dich aber nicht. Schon alleine, weil Shido es ja auch zurückbezahlen muss. Dann leihe ich dir lieber was und du kannst dir mit dem zurückzahlen Zeit lassen. Immerhin bin und bleibe ich euch noch etwas schuldig. Da ist es das Mindeste. Und auch, weil ihr so gute Freunde seid." "Würdest du das wirklich tun?" Ginji blickte sie gerührt an und zog sie kurz an sich, als sie nickte. "Du bist die Beste, Natsumi. Wirklich." "Die Beste sollte die Gäste bedienen, die da hinten am Tisch warten." Paul ließ sich brummend vernehmen und stellte dabei gerade die von den Gästen georderten Getränke auf ein Tablett. "Oh, natürlich." Natsumi huschte zur Theke, nahm das Tablett entgegen und servierte einen Cappuccino und einen Tee. Ginji rieb sich derweilen über den Hinterkopf und blickte zu Ban und Himiko, die einander immer noch nicht wirklich ansahen und so taten, als wenn zwischen ihnen nicht das Geringste wäre. Und dabei sah das selbst er, dass zwischen den beiden mehr lief, als eine weit zurückliegende Verbundenheit, die vor kurzem erneuert worden war. "Das ist doch wirklich putzig..." Eine dunkle eiskalte Stimme erhob sich hinter ihm. Eine Stimme, die eindeutig zu seiner Nemesis gehört. Seiner in schwarz gekleideten Nemesis mit einem riesigen Hut, der fast den ganzen Kopf zu verschlucken schien. Langsam drehte Ginji sich um, erhaschte aus dem Augenwinkel einen ersten Blick auf die Gestalt und zuckte heftig und unwillig zusammen, als er in dieser tatsächlich Akabane erkannte, der sich freundlich an den Hut tippte und an die Bar schlenderte, wo er von Paul bedient wurde. Wenn der Heilige Abend genauso aussehen würde wie das hier, dann würde er darauf verzichten. Akabane brauchte er sicherlich nicht unter seinem Weihnachtsbaum. Ganz sicher sogar nicht. Mit einem Griff an seine Mütze, um diese zu Recht zu rücken, wanderte er zu Ban und Himiko hinüber und sorgte dafür, dass an deren Tisch endlich wieder ein Gespräch aufkam. ----------------------------- (c) by Sandra Wronna/Merenwen 24. Dezember - Weiß Kreuz ------------------------- Die Berge lagen voller Schnee, genauso wie die Landschaft, welche zum Rodeln und Ski fahren einlud und dazu immer noch von den anwesenden Menschenmassen genutzt wurde. Die Wälder trugen ebenfalls weiße Kronen und wirkten wie von Zuckerwatte überzogen, die vom Mond beschienen wurden. Die Skipisten wurden von Flutscheinwerfern beleuchtet, wenngleich die Umgebung um sie herum weiterhin dunkel und friedlich anmutete. Viel zu friedlich für vier Männer, die schon lange keine friedlichen Zeiten mehr gesehen hatten, nun aber im wohlverdienten Urlaub auf ihrer Skihütte waren und den Weihnachtsbaum schmückten. "Omi, du musst da noch eine Kugel hinhängen." Yoji stand, mit der Kippe im Mundwinkel, seitlich vom Weihnachtsbaum und gab mehr oder minder qualifizierte Kommentare, während Omi und Ken den Baum schmückten. Ran saß auf der Couch vor dem Kamin und trank einen Punsch, welcher so viel Alkohol enthielt, dass er nur von Yoji gemixt worden sein konnte. "Ich bin nicht dein Untertan, also lass mich machen, wie ich das will." Omi knurrte unwillig, streckte sich aber zur besagten Stelle, um eine weitere Kugel anzubringen. Ken hielt unterdes die Leiter fest, damit der jüngste Weiß nicht mit dem ganzen Baum umfiel. "Braves Omicchi..." Yoji nahm mit Daumen und Zeigefinger die Kippe aus dem Mundwinkel und betrachtete nachdenklich den Baum, der ihm immer noch nicht ganz zusagte. "Also, da fehlt noch was. Und das nennt sich Spitze. Dafür müsst ihr aber jemanden auf die Leiter lassen, der groß ist." Seine Augen glitten zu Ran. "Dein Job. Hör auf, den Punsch zu trinken und ab auf die Leiter." "Warum ich? Du bist größer." Der frostige Rothaarige blickte ihn unwillig und überaus gelangweilt an, wendete sich dann auch schon wieder dem heißen Punsch zu, der dafür gesorgt hatte, dass etwas Farbe in sein Gesicht kam. "Geht nicht. Nachdem ihr mir mit Geschenken gehuldigt habt, mache ich noch einen Hausbesuch bei zwei niedlichen kleinen Skihasen..." Seine grünen Augen begannen verheißungsvoll zu glänzen. "Wenn ich mir dann vorher beim Baumschmücken was tue, kann ich das vergessen. Und ich kann die beiden doch nicht um ihr überaus hübsches und knackiges Weihnachtsgeschenk bringen. Habe mir doch extra eine Mütze gekauft." "Ja, aber die sitzt dann sicherlich nicht auf deinem Kopf..." Ken blickte kurz zu ihm, reichte Omi dann aber wieder etwas Weihnachtsschmuck, den dieser am Baum anbrachte. "Richtig geraten..." Der große Blonde schlenderte in Richtung Kamin, füllte sich Punsch in ein Glas und ließ sich auf der bequemen Couch nieder. "Und das nennt sich dann fröhliche Weihnachten." Omi schnaubte frustriert, als es ihm nicht gelang, die Spitze auf den Weihnachtsbaum zu setzen. Ran sah abermals über seine Schulter zu Ken und Omi und ließ den Blick über den Baum gleiten. "Eigentlich reicht es doch, wenn die Spitze drauf ist. Dann können wir auch mit den Geschenken anfangen. Und danach gibt es was zu essen." "Ich hoffe, dieses Mal ist es besser als im letzten Jahr. Deine Ente war schrecklich ledrig." Yoji leerte das Punschglas auf Ex und steckte die Zigarette zurück in seinen Mund. "Immerhin besser als dein matschiger Nachtisch. Ich habe immer noch Zahnschmerzen, weil der so widerlich süß war." Der inoffizielle Weiß-Leader knurrte unwillig und funkelte den anderen Mann finster an. Omi kletterte unterdes von der Leiter und wies mit dem Finger zur Spitze. Ken folgte dem Fingerzeig und nickte begeistert. "Das ist wirklich gut geworden, Omi." "Ja, finde ich auch. Und ihr zwei Meckerbolzen, wollte ihr nicht auch mal den Baum ansehen. Der ist nun endlich fertig." Der jüngste Weiß neigte sich zur Stromleiste und schaltete die Lichterkerzen am Baum an, während Ken die Beleuchtung in der Hütte löschte. Yoji und Ran erhoben sich fast synchron und schaute zu dem Baum, der nun durch sein gedämmtes Licht die Hütte sanft erhellte. Ganz langsam bildete sich selbst auf Rans Zügen ein friedliches Lächeln, während Yoji mit einem anrüchigen Grinsen in Richtung seines Rendevouz abdriftete. "Wie wäre es jetzt mit Bescherung?" Ken machte sich bereits zur Treppe auf und hastete in sein Zimmer, während Omi sich in die Essecke begab und dort aus einem Versteck eine große Tüte herausbeförderte. Ran stiefelte seinerseits in die Küche und Yoji verschwand in Richtung Badezimmer, um dort im Handtuchschrank die Geschenke auszugraben, die er fein säuberlich versteckt hatte. Ken war der erste, der mit einem Weihnachtsmütze auf dem Kopf wieder im Wohnraum erschien und die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum türmte. Omi betrat den Raum mit einer roten leuchtenden Nase im Gesicht und strahlte fröhlich, nachdem er den CD-Player gestartet hatte, von dem sich nun die Töne einiger Weihnachtslieder erhoben, welche sogar Ran leise zum mitsummen veranlassten. Yoji betrat als letztes den Raum, gekleidet in ein Weihnachtsmannkostüm und mit einem Juttesack über den Schultern. "Hohoho, fröhliche Weihnachten..." Er rieb sich den mit einem ausgestopften Kissen verdickten Bauch und zuppelte den Bart zu Recht, den er sich am Kopf befestigt hatte. "Dein Weihnachtsmannkostüm habe ich mir eigentlich anders vorgestellt." Omi begann lautstark zu lachen, während Ken zustimmend nickte. Ran, der mittlerweile auf dem Boden kniete und seine Geschenke ebenfalls unter den Baum legte, hob den Blick und verzog das Gesicht. "Sollte Weihnachten nicht fröhlich sein? Ich finde das abschreckend." "Schweig still, Teufel in Form von Frosty. Sonst kriegst du keine Geschenke und das, wo ich ein ganz besonderes für dich habe." Yoji hob drohend den Finger und fuchtelte mit diesem heftig hin und her. "Was könntest du mir schon schenken, dass ich wollen würde?" Ran hob skeptisch die Braue. Als es an der Tür klopfte, grinste Yoji ihn sichtlich breit an. "Du hast jemanden auf ein Internat geschickt, damit er hier nicht mehr in Gefahr ist. Und dieser jemand ist nun hier." Er stapfte zur Tür und öffnete diese. In einen dicken Mantel eingepackt stand Aya-chan da. Die Mütze tief ins Gesicht gezogen und mit einer kleinen roten Stupsnase. "Fröhliche Weihnachten wünsche ich euch." Ran starrte entgeistert zur Tür, sprang vom Boden auf und hetzte auf seine Schwester zu. Diese fiel ihm erleichtert um den Hals und drückte sich an ihn. "Ich habe dich so vermisst, Ran." Aya fing leise an zu weinen, während Ran sie an sich drückte. Immer noch verwundert, tatsächlich glücklich und schrecklich erleichtert, weil er Aya so unendlich lange nicht mehr gesehen hatte, schaute der Rothaarige Yoji an, der zwischen Ken und Omi stand und ihn freundschaftlich anstrahlte. "Danke Yoji. Danke. Das ist wirklich... Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll." "Sag Fröhliche Weihnachten und mir zudem, welches mein Geschenk ist, dann sind wir quitt." Der Blonde stützte sich lässig mit dem Arm auf Omis Schulter ab und betrachtete Ran und dessen Schwester, welche sich sicherlich ein halbes Jahr nicht mehr gesehen hatten, nachdem Ran sie aus Sicherheitsgründen nach Europa auf eine Schule geschickt hatte. Langsam begann Ran zu nicken und blickte zwischen seinen Freunden, seiner Familie, hin und her. "Fröhliche Weihnachten und das blaue mit der silbernen Schleife..." "Das wollte ich hören." Yoji ließ den Juttesack auf dem Boden stehen und stürzte wie ein kleiner Junge auf sein Geschenk zu, welches er mit strahlenden Augen aufriss. Ken eilte zu ihm, als seine Augen sich auf ein weiteres Geschenk richteten. "Das ist meins. Denk nicht mal dran." "Von wegen. Das ist meins." Omi stürzte hinterher und drängte sich zwischen die beiden. Aya-chan blickte zu ihrem Bruder auf und schmunzelte. "Das ist wirklich das beste Weihnachtsgeschenk." "Ja. Ist es. Aber es gibt ja noch ein anderes." Ran führte seine Schwester zum Baum und setzte sich mit ihr zu den anderen auf den Boden, die sich annähernd um die Geschenke stritten. Zur gleichen Zeit hatte es draußen wieder zu schneien angefangen. Die Welt lag friedlich da und selbst die Flutscheinwerfer hatten ihr letztes Licht verstrahlt. Die Sterne und der Mond tauchten die Welt in ein sanftes Licht und schwer zu erkennen, nur für den Bruchteil einer Sekunde, ging eine Sternschnuppe vom Himmel hinab. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen Ich wünsche allen FROHE WEIHNACHTEN und ein besinnliches und friedliches Fest. Lasst euch reich beschenken und esst nicht zu viel Merry X-Mas! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)