Vier und vierundzwanzig kleine Überraschungen von abgemeldet (Der Kleine Adventskalender) ================================================================================ 2. Advent / 5. Dezember - Great Teacher Onizuka ----------------------------------------------- Eikichi Onizuka schlenderte langsam durch das große Einkaufszentrum, in dem er sich selber ein vorweihnachtliches Geschenk machen wollte. Ein Geschenk für einen Mann, der schon viel erlebt hatte. Langsam ging er zwischen den Reihen mit Weihnachtsdekoration hindurch, die das baldige Fest der Herzen ankündigten. Das er einmal mehr alleine verbrachte... Der blonde große Mann biss sich auf die Unterlippe und ballte die Hand so fest zur Faust, dass auf dieser die Adern hervortraten. Sein Gesicht ähnelte kurz dem Antlitz eines tollwütigen Stiers, aus dessen Nasenlöchern sich kleine wütende Rauchfäden erhoben. Es war zum Heulen. Zwar arbeitete er zwischen jede Menge hübschen und sogar wunderschönen Mädchen, aber die waren allesamt zu jung. Erst vierzehn und wenn es hochkam fünfzehn. Vielleicht dachte man nicht, dass ihn das störte, wenn man ihn kannte, aber er hatte ja auch so etwas wie einen Ehrenkodex. Zumindest etwas sehr Ähnliches. An einem Stand mit kleinen Engelsfiguren hielt der ehemalige Anführer einer Motorrad-Gang an und betrachtete die unschuldigen Gesichter der kleinen blond gelockten Mädchen, die mit ihren Harfen bewaffnet und den offene Mündern ganz den Anschein machten, als würden sie in die weihnachtliche Musik, die aus allen Ecken drang, einstimmen wollen. Als der Verkäufer des Standes auf Onizuka zukam, wedelte dieser mit beiden Händen vor dessen Gesicht herum und schüttelte heftig den Kopf. "Schon gut, wollte nur mal schauen." Damit huschte er weiter an Ständen mit frischem Lebkuchen und anderen weihnachtlichen Köstlichkeiten, denen er zum Teil widerstehen konnte, vorbei. Der Teil, der nicht widerstehen konnte, war es dann aber auch letztendlich, der ihn einen Schoko-Weihnachtsmann kaufen ließ, den er schon wieder etwas fröhlicher köpfte und somit zu vertilgen begann. Seine Aufmerksamkeit selbst wurde aber erst von den Ständen gezogen, als sich um einen großen Weihnachtskranz, der von der Decke hing, eine große Menschenmenge sammelte, und eine Leiter aufgeklappt wurde. Neugierig schlenderte die immer noch Jungfrau - was er sehr bedauerte - hinüber und versuchte über die Schultern der anderen Anwesenden zu sehen. Da diese allerdings hin und her zu schwanken schienen wie betrunkene Biker, drängelte er sich dreistfrech durch die Reihen und verharrte mit einem seligen Grinsen und einem Heiligenschein, der beinah über seinem Kopf erschien, in der ersten Reihe. Mit Blick auf eine schöne Brünette, die gerade in einem viel zu kurzen Röckchen, einer engen weißen Bluse und mörderisch hohen Highheels die Leitersprossen hinauf stieg. Zuerst vorsichtig und dann geradezu hektisch blickte der blonde Lehrer sich in den Reihen der Zuschauer um, während ihm wahre Teufelshörner aus der Stirn zu wachsen schienen. Als er sich in Sicherheit währte, ging er in die Hocke und lief einem Krebs ähnlich auf die Leiter zu, auf welcher die junge Frau immer höher kletterte. Mit einem letzten Blick in die Runde versicherte er sich, dass wirklich keiner seiner Schüler anwesend war und spähte dann vorsichtig unter den kurzen Rock der Frau. Sofort stellte sich bei ihm heftiges Nasenbluten ein, während im Hintergrund "All I want for Christmas is you" lief. Seine Augen verkleinerten sich binnen Sekunden zu glasigen Schlitzen, aus welchen Träne der Freude liefen, als sein Blick auf den rosa Tanga mit den Schleifen an den Seiten fiel. Dass sich hinter ihm plötzlich eine blonde Frau mit zwei verschiedenen Augen, eins blau und eins braun, erschienen war, daneben ein junger großer Mann mit einer Brille auf der Nase, war ihm vollkommen entgangen. Zu sehr war er in die prächtige Aussicht vertieft, die ihm einen herrlichen zweiten Advent einbringen sollte. Immerhin war das der Ausblick, der es ermöglichte, dass die zweite Kerze auf dem großen Adventskranz, der von der Decke hing, erleuchtet wurde. Aber das war ihm bisher völlig entgangen. "Da denkt man, er würde erwachsen werden und dann das..." Urumi Kanzaki stemmte die Arme in die Seiten und blickte auf Onizuka hinab, der sich ihrer Anwesenheit immer noch nicht bewusst war. "Sei nachsichtig. Auch ein streunender Hund braucht mal etwas zu fressen." Yoshito Kikuchi schob seine Brille auf der Nasenspitze zu Recht und ließ anschließend eine gebrannte und mit Schokolade überzogene Mandel in seinem Mund verschwinden. Kanzaki griff ungefragt in die Tüte, die er trug und welche die Köstlichkeiten enthielt und steckte sich ebenfalls eine in den Mund. "Das schreit dennoch nach Strafe." Ganz leise trat sie dicht hinter den auf dem Boden hockenden Lehrer und neigte sich zu dessen Ohr hinab. "Onizuka-Sensei, was machen Sie denn hier? Auch Weihnachtseinkäufe?" Kurz war der Lehrer noch wie paralysiert von dem göttlichen Anblick, der sich ihm bot, doch dann kam Bewegung in ihn. Wie von der Tarantel gestochen, blickte er sich um, in Kanzakis Augen, taumelte rückwärts, setzt sich dabei auf seinen Hintern und rückte in einem Höllentempo auf dem Po rutschend von ihr und Kikuchi weg. Kikuchis Mundwinkel hob sich zu einem schwachen Grinsen, während Kanzaki in lautes Gelächter ausbrach. "Schönen zweiten Advent noch, Onizuka-Sensei. Und nicht vergessen, das fünfte Türchen aufzumachen." Ihm noch einmal zuzwinkernd, ergriff sie Kikuchi an seiner Jacke und schleifte ihn fast schon hinter sich her zu einem Elektronikladen, in den er unbedingt gewollt hatte. Onizuka blieb erschrocken und verstört zurück, plötzlich bemerkend, dass sich alle Augen auf ihn gerichtet hatten. Einschließlich der braunen Augen der jungen Frau, die oben auf der Leiter stand. "Ich.. ich..." Der Lehrer sprang auf die Beine hoch, strich sich die graue Hose glatt und wedelte einmal mehr mit den Armen in der Luft herum. "Ich muss weg." Bevor die junge Angestellte von der Leiter kommen konnte, machte er sich bereits auf, um die Flucht zu ergreifen, die durch mehrere Weihnachtsstände und Fressbuden ging. Letztendlich hielt er schwer nach Luft ringend an einer großen Bühne an, setzte sich auf deren Rand und verschnaufte erleichtert. Sich absolut nicht bewusst, dass sich von hinten eine junge Frau in einem Weihnachtsfrau-Kostüm näherte. Die Weihnachtsfrau neigte sich zu ihm hinab und tippte ihm auf die Schulter. "Sie sind wohl doch schon etwas alt, um auf dem Schoß des Weihnachtsmannes zu sitzen." Onizukas Kopf drehte sich bei der engelsgleichen Stimme langsam um und starrte zuerst einmal in einen tiefen Ausschnitt, der wohl zur Freude der anwesenden Väter gereichen sollte. Nur ganz langsam hob er den Kopf und blickte schließlich in strahlende blaue Augen, die ihn vergnügt anblinzelten, während schwarze Korkenzieherlocken unter der Weihnachtsmannmütze hervorlugten. "Oh, ja, natürlich..." Langsam erhob er sich und blickte zu dem kleinen Junge, vielleicht gerade fähig zu laufen, der alleine die Treppe zum Weihnachtsmann empor klettern wollte, während seine Mutter fröhlich Fotos schoss. Kurz entschlossen trat Onizuka zu dem kleinen Kerlchen, nahm ihn auf den Arm und brachte ihn zu dem Weihnachtsmann, der sich bereits mit einem "Hohoho" auf den Lippen auf den Schoß klopfte. Für seine heldenhafte Tat erhielt der einstige blonde Rüpel ein strahlendes Lächeln von der Weihnachtsfrau und einen anerkennenden Blick von Kanzaki und Kikuchi, welche etwas weiter entfernt von der Bühne standen. "Hin und wieder ist auch er erwachsen." Kanzaki nickte zufrieden und wies zu einem Plattenladen. "Lass uns da mal reingehen." Kikuchi nickte und drehte sich dann schlussendlich mit einem letzten Blick auf Onizuka um, um den Laden zusammen mit Kanzaki zu betreten. ------------------------------------ © by Sandra Wronna/Merenwen Und ein großes Danke an Vanillaspirit, die sich als Beta-Leser geopfert hat.{/b] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)