Anfang von abgemeldet (Anfang) ================================================================================ Kapitel 1: Beginn einer Geschichte ---------------------------------- Ishizu stand in der Küche und machte sich ein Paprika-Salami-Sandwich. Dabei schweiften ihre Gedanken zurück. Seit drei Monaten waren Marik, Odeon und sie nun wieder in Ägypten. Wie sie es versprochen hatte, lebten sie nicht mehr in der unterirdischen Behausung der Grabwächter. Sie hatten sich eine Wohnung in der Stadt gesucht und das Leben verlief in ruhigen Bahnen. Ishizu war noch von Zeit zu Zeit im Auftrag des ägyptischen Ministeriums für Altertümer unterwegs und Marik unterstützte einige Ägyptologen bei der Entzifferung von Hieroglyphentexten. So verdienten sie den Lebensunterhalt ihrer kleinen Gemeinschaft. Ishizu schreckte aus ihren Erinnerungen auf, als Odeon die Küche betrat. "Was macht Ihr denn da? Es ist noch Couscous da. Diese Sandwichs, die Ihr immer esst, sind doch keine richtige Mahlzeit." sagte er mürrisch. Ishizu seufzte. Odeon hatte sich zum Hausmann entwickelt. Nicht, dass sie sich darüber beschweren wollte, dass er kochte, denn er kochte wirklich gut, aber aus dem Haus ging er nur, wenn es sich überhaupt nicht mehr vermeiden ließ; also praktisch nie. Nun ja, die Menschen reagierten ein wenig verstört, wenn sie Odeons Gesicht sahen. Aufgrund der Tätowierung glaubten sie, dass er Anhänger irgendeines dubiosen Kultes war. Aber immerhin gab es ja auch Menschen, die sich Metall unter die Haut implantieren ließen. Na gut, nicht in dieser Stadt. Sie hatte ein paar Mal versucht, ihn aus dem Haus zu locken. Völlig zwecklos. Und immer noch siezte er sie. Es war zum Verrücktwerden. "Ich gehe nachher zum Markt. Wir brauchen Obst. Kommst du mit?" fragte Ishizu, obwohl sie nicht glaubte, dass er ausgerechnet diesmal zustimmen würde. In dem Moment klingelte das Telefon. Sie ging ins Wohnzimmer, nahm ab, lauschte kurz und wandte sich dann mit entschuldigendem Lächeln zu Odeon um: "Tut mir leid. Das Ministerium." Odeon blickte ihr nach, als sie mit dem Telefon auf den Balkon ging. Er liebte ihr Lächeln. Seit Marik wieder er selbst war, lächelte sie oft. Dabei strahlten ihre mitternachtsblauen Augen und funkelten bis hinein in seine Träume. Manchmal strichen ihre weichen, duftenden Haare an seinem Arm entlang, wenn sie sich in dem schmalen Flur begegneten. In diesen Momenten hätte er immer am liebsten die Zeit angehalten. Ach so, jetzt hätte er beinahe Ishizus Einladung vergessen, mit zum Markt zu gehen. Er lehnte immer ab. Zwei Jahrzehnte lang hatte er ohne Kontakt zur Außenwelt gelebt und nun starrten ihn alle an. Seit Marik, von seinem bösen Geist besessen, Ägypten verlassen hatte, hatte Ishizu unter der Sonne gelebt und ein normales Leben geführt. Es wäre sicherlich unangenehm für sie, wegen ihm angestarrt zu werden. Jetzt hatte Ishizu ihr Telefonat beendet und kam wieder in die Küche. "Nun, was sagst du? Kommst du mit zum Markt?" fragte sie... und lächelte. Bevor er es noch verhindern konnte, war Odeon ein "Ja." entschlüpft. Ishizus Lächeln wurde noch breiter und er spürte, wie sein Herzschlag für einen Moment stoppte. Sie nahm zwei Beutel vom Haken, den Schlüssel und wandte sich zur Tür. Als sie sie öffnete, stand Marik davor, der gerade von der Rennbahn zurückkam. Er liebte es, den Wagen zuzusehen, wenn sie über die Piste bretterten. "Wo gehst du hin?" fragte er seine Schwester. "Zum Markt. Odeon kommt mit." antwortete Ishizu. Marik lächelte sie verschwörerisch an und Odeon fragte sich, was die beiden wohl ausgeheckt haben mochten. Dann aber folgte er Ishizu, die bereits auf der Treppe war. *** Ishizus Herz pochte wie verrückt. Marik hatte also schon gemerkt, dass sie... nun, Odeon nicht gleichgültig gegenüberstand. nicht, dass das etwas nützen würde. Sie hörte Odeons Schritte hinter sich auf der Treppe und da sie nicht wusste, was sie sagen sollte, legte sie ein ziemlich schnelles Tempo vor, so dass sie den Weg zum Markt in der Hälfte der Zeit schafften. Dort wurde ihre "Flucht" dann allerdings gebremst, da sie im Gedränge nur langsam vorankamen. Um sie nicht aus den Augen zu verlieren, hakte sich Odeon schließlich bei ihr unter, was sie völlig aus dem Konzept brachte. Als Ishizu Odeons Körper so nah an ihrem spürte, wurden ihre Knie weich. Nur mit äußerster Selbstbeherrschung gelang es ihr, sich auf ihre Einkäufe zu konzentrieren. Ab und zu warf sie ihm einen scheuen Blick aus den Augenwinkeln zu, aber er starrte stur geradeaus und schien überaus beschäftigt damit zu sein, die Auslagen der Händler zu betrachten. Odeon fühlte sich ungeheuer mutig. Er hatte es gewagt, ihren Arm zu umfassen! Und Ishizu hatte sich nicht von ihm gelöst. Aber nun war sie ihm so nahe, dass er sich zwingen musste, sich auf die Auslagen zu konzentrieren, um nicht in Versuchung zu kommen, statt ihrem Arm ihre Schultern zu umfassen. Ishizu spürte, wie sich ihr Herzschlag immer mehr beschleunigte. Nein, das hielt sie nicht mehr aus. Es fehlte nicht mehr viel und sie würde Odeon um den Hals fallen, was er bestimmt nicht sonderlich begrüßen würde. Also machte sie sich von Odeon los und rief ihm noch zu, während sie davon stürmte: "Ich gehe schon mal zu den Fischhändlern. Kümmere du dich um das restliche Obst." Dann war sie auch schon verschwunden. *** Nach einer Weile beruhigte Ishizu sich wieder. Sie schaute sich um und bemerkte, dass sie den Markt schon hinter sich gelassen hatte. Diese Gegend kannte sie nicht. Sie flößte ihr auch nicht unbedingt Vertrauen ein, ein Gefühl, dass sich bestätigte, als sie die drei Männer am anderen Ende der Gasse sah. Als diese sie bemerkten, hielten sie kurz inne, stießen sich grinsend an und kamen dann auf sie zu. Ishizu wich zurück. Das hier war nicht ihr Milieu. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Und sie fühlte Angst in sich aufsteigen. Zum ersten mal in ihrem Leben hatte sie Angst um sich selbst. Also wandte sie sich zur Flucht, die aber bereits nach ein paar Metern beendet wurde, als einer der Männer sie einholte und festhielt. "Na, was für ein hübscher Schmuck." grinste er, während er den Blick auf ihr Stirnband gerichtet hielt. "Die Trägerin ist auch nicht übel." meinte sein Kumpan und ließ seinen Blick über Ishizus Körper schweifen. Sie erschauerte. Und im nächsten Augenblick spürte sie auch schon, wie sich die Hände des Dritten um ihre Hüfte schlossen. Sie schrie auf und merkte erst danach, was gerufen hatte: "Odeon!" Natürlich konnte er sie nicht hören. Immerhin hatte sie ihn auf dem Markt stehen lassen. Und das nur, weil sie sich sonst an ihn geschmiegt hätte. Der Gedanke, dass Odeon sie daraufhin sicher von sich geschoben hätte, schien ihr auf einmal nicht mehr so schrecklich. Es gab Schlimmeres. Dieser Gedanke brachte sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Sie überlegte noch fieberhaft, wie sie entkommen könnte, als plötzlich einer der Männer am Kragen gepackt und durch die Gasse geschleudert wurde. Der Zweite hatte keine Gelegenheit, dem Faustschlag auszuweichen, der ihn in Bewusstlosigkeit versetzte. Der Dritte machte sich klugerweise gleich aus dem Staub. Ishizu stand wie gelähmt da und starrte Odeon an, der vor Wut bebte. Nachdem er seine Gegner unschädlich gemacht hatte, wandte er seinen Blick ihr zu. Sie sah völlig geschockt aus. Odeon hatte Ishizu noch nie so hilflos gesehen. Als sie noch die Millenniumskette getragen hatte, war sie ihm durch ihr Wissen um die Zukunft immer überlegen erschienen. Und auch nachdem sie diesem Jungen mit der seltsamen Frisur die Kette übergeben hatte (Er verstand immer noch nicht, wieso.), hatte sie keine Hilfe gebraucht. Sie war gut allein zurechtgekommen. Sie war es auch gewesen, die ihnen die Wohnung besorgt hatte. Mit einem erstickten Aufschrei warf sich Ishizu in seine Arme und Odeon spürte, wie sie zitterte. Im nächsten Moment erzitterte auch er, als er ihre Lippen auf seinen spürte. Glück durchströmte Ishizu. Das fühlte sich richtig an. Sie wurde nur ein wenig ernüchtert, als Odeon sie vorsichtig von sich schob. "Bitte, tut das nicht, nur weil ich diese... Individuen vertrieben habe!" murmelte er sanft. "Du. Sag' doch endlich du zu mir. Und das wollte ich schon lange tun." Sie zog seinen Kopf wieder zu sich herunter und küsste ihn erneut. Bevor sie selig die Augen schloss, sah sie noch das Leuchten in den seinen. Das war ein Anfang, ein ermutigender Anfang. Kapitel 2: Anubis ----------------- Als Ishizu die Tür aufschloss, stand Odeon schon im Flur. Bevor sie überrascht fragen konnte, warum er bereits aus Luxor zurück war, schloss er sie in die Arme und sie schmiegte sich an seinen Körper und atmete tief durch. Endlich zu Hause; und damit meinte sie nicht die Wohnung sondern Odeons Umarmung. Tief sog sie seinen Duft in sich auf. Er roch nach Wüste, nach Geborgenheit, nach Stärke. Odeon hielt Ishizu fest umschlungen und war fest entschlossen, sie nicht loszulassen. Er hatte sofort ihre Erschöpfung wahrgenommen. Es war wohl ein besonders harter Tag im Ministerium gewesen. Er selbst war zeitiger aus Luxor wiedergekommen, während Marik dort noch einen Auftrag zuende führte. Er hatte Ishizu vermisst, ihre Sanftheit, ihre Bestimmtheit... Sanft strich er ihr übers Haar. "Was war denn los?" fragte er leise. Ishizu seufzte: "Im Ministerium gab es heute eine Diskussion über einen Antrag für eine Grabung im Inepewe-Tal. Eine Gruppe von amerikanischen und japanischen Ägyptologen will dort nach dem Grab des Anubis graben." Odeon horchte auf. Ishizu nickte: "Richtig. Pharao Atemu hat ihn vor 5000 Jahren dort versiegelt, weil er versucht hat, mit Hilfe der Pyramide des Lichts die Welt zu zerstören. Die Gefahr, die eine Wiederaufstehung von Anubis bedeuten würde, habe ich auch versucht, den Beamten im Ministerium zu erklären. Völlig zwecklos. Wer glaubt heutzutage noch an Magie! Der Antrag wurde genehmigt und jetzt können wir nur noch hoffen, dass sie das Grab nicht finden. Sie haben zum Glück nur eine sehr ungenaue Ortsbeschreibung auf einer Stele." Sie ließ ihre Stirn wieder gegen Odeons Brust sinken und schlang die Arme um seine Taille. "Vielleicht können wir Marik mit hinschicken, damit er das Schlimmste verhindert." Odeon schloss tröstend seine Arme um Ishizu. Sie war sein ganzes Sein und er wollte alle Sorgen von ihr fernhalten. Sie hob den Kopf, schaute ihn eine scheinbare Ewigkeit an mit diesen mitternachtsblauen Augen, die bis auf den Grund seiner Seele schauen zu können schienen, und zog dann seinen Kopf zu sich herunter, um ihn zu küssen. Ihre Lippen schmeckten so süß und das Gefühl, ihren weichen Körper an seinem zu spüren, erfüllte Odeon mit tiefem Frieden. Egal, was kommen würde, sie war bei ihm und er würde nicht zulassen, dass ihr etwas passierte. *** Vier Wochen später war der Umzug in vollem Gange. Marik hatte ein Zimmer bei einer älteren Dame gefunden. Er war sowieso nur selten da. Im Moment allerdings hatte er gerade keinen Auftrag, da die Forscher, die das Grab des Anubis suchten, seine Hilfe abgelehnt hatten. Ishizu und Odeon zogen an den Rand von Kairo. Nachdem sie ihr ganzes Leben mit nur wenigen anderen zusammen unter der Erde verbracht hatten, war die Innenstadt ein zu hektisches und lautes Pflaster, um sich dort länger wohlzufühlen. Odeon liebte die Abende in der neuen Wohnung. Die untergehende Sonne tauchte die Wüste in ein Meer aus Feuer. Zuerst waren nur die Spitzen der Dünen in ein zartrosa getaucht, aber sehr schnell breitete sich ein roter Schleier über die unendliche Weite. Und wenn es windig war, sah es aus, als würden die Schleier der Abendröte die Stadt umspielen. Drei Wochen nach dem Umzug klingelte abends das Telefon. Das Display zeigte die Nummer des Ministeriums an, obwohl dort normalerweise abends niemand mehr war. Ishizu nahm ab und lauschte. Alsbald wurde Odeon gewahr, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Erschrocken eilte er zu ihr. Als Ishizu aufgelegt hatte, schaute sie ihn besorgt an. "Sie haben es gefunden, das Grab des Anubis." flüsterte sie. "Neben dem Sarkophag, der an die Wand gekettet war, haben sie eine Geheimtür entdeckt, die in einen Raum führte, wo sie eine kleine Pyramide gefunden haben. Das Ministerium hat angerufen, um mir mitzuteilen, dass das Grab sehr instabil ist. Es ist eingestürzt. Mindestens zehn Tote. Sie graben jetzt erneut an der Stelle, um den Sarkophag und die Pyramide zu bergen. Diese Toren!" Sie stöhnte verzweifelt. "Ich muss unverdingt verhindern, dass sie die Relikte bergen." Die Nacht war unruhig. Ishizu bekam kein Auge zu, weil sie ständig auf neue Nachrichten wartete und Odeon zerbrach sich den Kopf, wie er ihr helfen könne. Er würde hinfahren, ob seine Anwesenheit dort nun erwünscht war oder nicht. Im Notfall würde er zumindest die Pyramide des Lichts verschwinden lassen oder zerstören können. Am nächsten Morgen brach Ishizu zeitig ins Büro auf. Sie hatte Odeon davon überzeugt, mit einer Abreise zum Inepewe-Tal noch zu warten, bis sie mit dem Ministerium gesprochen hatte. Unruhig wartete Odeon. Er war wütend, weil niemand Ishizu glaubte. Sahen diese Idioten denn nicht, dass sie die Wahrheit sagte? Jeder musste doch sehen, dass solche Augen nicht lügen konnten. Seine Gedanken schweiften ab. Manchmal konnte er immer noch nicht glauben, dass Ishizu sich für ihn entschieden hatte. Obwohl seine Loyalität nach wie vor auch Marik galt, würde er für sie alles tun. Das Geräusch eines Schlüssels, der sich im Schloss drehte, riss ihn aus seinen Gedanken. Ishizu war wieder da. Odeon umarmte sie und küsste sie innig, bevor sie etwas sagen konnte. Nachdem er sie eine kleine Ewigkeit lang umschlungen gehalten hatte, löste sie sich langsam von ihm. Er schaute sie prüfend an und realisierte sofort, dass etwas passiert war. Sie wirkte vollkommen beherrscht und wie eine Frau, die genau wusste, was sie tun musste. Sie ging ins Schlafzimmer, holte eine kleine Reisetasche aus dem Schrank und begann zu packen. "Ishizu?" fragte Odeon vorsichtig. Wollte sie etwa gehen? Warum? Wohin? "Wir fahren." antwortete sie. "Ich habe gekündigt. Wir werden jetzt ins Inepewe-Tal fahren und uns um Anubis kümmern, bevor diese Ignoranten ihn aus Versehen wiedererwecken." Odeon schnappte sich ebenfalls eine Tasche und warf ein paar Sachen hinein. Da sie nicht mehr Angestellte beim Ministerium war, würden sie für das Betreten der Ausgrabungsstelle eigentlich eine Genehmigung benötigen, aber durch Marik hatten sie gute Kontakte. Sie würden auch so hineinkommen. Bevor sie die Wohnung verließen, zog Odeon Ishizu nochmal an sich und küsste sie. Sie blickte ihn liebevoll an. *** Odeon betrachtete Ishizu besorgt, die aus dem Fenster auf die Landschaft unter ihnen starrte. Sie wirkte ganz ruhig, aber er wusste, dass sie sich große Sorgen machte. Als sie im Inepewe-Tal angekommen waren, waren die Archäologen schon weg gewesen. Durch Nachfragen bei Kontaktleuten hatten sie erfahren, dass sie auf dem Weg nach Japan waren, wo die Fundstücke, darunter auch der Sarkophag und die Pyramide ausgestellt werden sollten. Jetzt saßen sie im Flugzeug nach Tokio, um das Schlimmste zu verhindern. Die Nähe des Milleniumspuzzles zur Pyramide des Lichts war zu gefährlich. Und Odeon konnte nur hoffen, dass Ishizu nicht irgendetwas Dummes tat, so wie z.B. ihr Leben zu riskieren. Das würde er nicht zulassen. Und wenn er sie gefesselt einsperren müsste. Er würde sich um diese Sache kümmern. Es war seine Aufgabe, sie zu beschützen. Entschlossen plante er seine nächsten Schritte. Hoffentlich ahnte Ishizu nichts davon. Nach der Landung eilte Ishizu so schnell zum Ausgang, dass Odeon kaum hinterherkam. Plötzlich jedoch blieb sie stehen und starrte auf den Fernsehbildschirm, der in der Halle hing: "Heute Nachmittag wurde der Battle-Dome der Kaiba Corporation unter ungeklärten Umständen schwer beschädigt. Es gab jedoch keine Verletzten. Zeugen berichten, einen blauen Lichtstrahl beobachtet zu haben, der von der Arena aus in die Höhe gestiegen sei. Der Firmeneigner Seto Kaiba verweigert eine offizielle Stellungsnahme." Ishizu lief zum Telefon und wählte eine Nummer. Odeon vernahm nur ihre kurze Fragen: "Ich habe gerade die Nachrichten gehört. Was ist passiert?... Und die Pyramide?... Seid ihr sicher?... Gott sei Dank!... Ja, bis bald." Sie legte auf und wandte sich zu ihm um. Eine kleine Ewigkeit schaute sie ihn ernst an. Doch dann breitete sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus und sie umarmte ihn. "Es ist vorbei. Die Pyramide ist zerstört. Anubis gebannt. Yugi hat das Duell gewonnen." erklärte sie ihm freudestrahlend. Während Odeon die Arme um sie schlang, dachte er, das dieser Kleine mit der Steckdosenfrisur manchmal doch ganz nützlich war. Kapitel 3: Ein paar harte Wochen für Odeon ------------------------------------------ Odeon blickte auf, als Ishizu in der Küche vernehmlich fluchte. Er enthielt sich aber jeder Bemerkung, da Ishizus Laune während der letzten Wochen nicht die beste gewesen war. Ein unbedachtes Wort und sie ging an die Decke. Nicht, dass er etwas gegen den Anblick ihrer wütend blitzenden Augen gehabt hätte, aber inzwischen nahmen diese Ausbrüche wirklich überhand. Er erhob sich vom Schreibtisch, ging in die Küche und begann wortlos, Ishizu beim Aufsammeln der Scherben der Tasse zu helfen, die sie fallen gelassen hatte. Als sie fertig waren, erhoben sie sich beide und standen sich plötzlich ganz dicht gegenüber. Nach ein paar Sekunden Blickkontakt errötete Ishizu und floh aus der Küche. Odeon schaute ihr verdutzt hinterher. Was war das denn gewesen? Seit wann lief Ishizu denn vor ihm weg? Langsam begann er, sich Sorgen zu machen. Ishizu schloss die Schlafzimmertür hinter sich und setzte sich auf's Bett. Na, fantastisch. Sie hatte sich ja auch überhaupt nicht verdächtig benommen. Da konnte sie sich ja gleich ein Schild umhängen. Verdammt! Erschrocken zuckte Ishizu zusammen. Prima! Sie begann zu fluchen. So würde Odeon bald dahinterkommen. "Ishizu, geht's dir gut?" hörte sie auf einmal seine Stimme vor der Tür. "Ist alles in Ordnung?" "Mach dir keine Sorgen. Mir geht's gut. Ich hatte nur zu viel Stress auf Arbeit." antwortete sie. Odeon runzelte die Stirn. Stress? Sie arbeitete jetzt als Assistentin bei einem britischen Archäologen, der sich zu Forschungszwecken in Kairo niedergelassen hatte. Es war ein alter, zerstreuter Professor, für den Stress ein Fremdwort war. Sogar ihre Ausreden ließen nach. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Dabei hatte er gedacht, dass sie sich ihr Leben sehr gut eingerichtet hätten. Er war zwar oft unterwegs, um Fundstücke zu schätzen. Aber er bemühte sich, nie länger als mehrere Tage am Stück fort zu sein. Nun ja, das tat er nicht nur, weil Ishizu es so verlangt hatte, sondern auch, weil er nicht längere Zeit ohne sie sein wollte. Plötzlich hörte Odeon die Schlafzimmertür. Er blickte auf und sah nur noch, wie Ishizu die Wohnung verließ. Er zuckte zusammen. So ging das nicht weiter. Er hatte bisher nichts gesagt, weil er Ishizu nicht drängen wollte. Aber sie entfernte sich von ihm. Seit Wochen unterhielten sie sich nur über die Arbeit. Er erinnerte sich noch an das letzte persönliche Gespräch. Das war ungefähr einen Monat her. Ishizu war spät heimgekommen. Er hatte mit dem Essen auf sie gewartet. Zunächst war sie schweigsam gewesen. "Heute war ein Mädchen bei Prof. Collins." hatte sie schließlich erzählt. "Die Enkelin von alten Freunden. Sie war wirklich bezaubernd. Ihr Mund stand gar nicht still. Sie wollte alles wissen und alles berühren. Kinder sind so neugierig." "Ja, Kinder sind ganz schön anstrengend." hatte er geantwortet. "Ich will mir gar nicht vorstellen, was ein Kind hier anstellen könnte. Es würde alles durcheinander bringen." "Meinst du?" hatte Ishizu erwidert. Danach war sie wieder in Schweigen versunken. Und seitdem schien sie verärgert und abwesend zu sein. Odeon seufzte. Er musste sie irgendwie ablenken. Vielleicht fehlten ihr einfach andere Menschen. Da Marik so oft unterwegs war, sah sie ihn nur noch selten. Und auf ihn selbst schien sie ja, aus welchen Gründen auch immer, nicht gut zu sprechen zu sein. Es würde ihr bestimmt gut tun, mal wieder unter Leute zu kommen. Entschlossen ging Odeon zum Telefon, suchte im Adressbuch die Nummer heraus und wählte. "Ja? Hallo Anzu. Ich wollte dich etwas fragen..." *** Ishizu saß derweil im Park und dachte nach. Sie musste es ihm sagen. Irgendwann würde er es sowieso merken. Aber was würde er dann sagen? Sie hatten nie darüber gesprochen. Als sie vor einem Monat das Thema unauffällig angeschnitten hatte, war seine Reaktion nicht sonderlich ermutigend gewesen. Noch war es nicht offensichtlich. Und ihre weiten Kleider taten ein Übriges, um ihren Zustand zu kaschieren. Schützend legte Ishizu eine Hand auf ihren Bauch. Schließlich stand sie auf und ging zurück. Odeon machte sich bestimmt schon Sorgen. *** Drei Tage später war Ishizu auf dem Rückweg von Prof. Collins. Heute würde sie es Odeon sagen. Sie hatte die letzten Tage damit verbracht, sich die richtigen Worte zurechtzulegen. Außerdem hatte sie sich bemüht, etwas ausgeglichener zu sein. Sie schloss die Wohnungstür auf, froh und erleichtert, dass sie ihr Geheimnis bald los sein würde. "ÜBERRRASCHUNG!" schallte es ihr mehrstimmig entgegen und sie prallte zurück. Yugi, Joey, Anzu, Tristan, Duke, Mai und Serenity lachten und waren froh, dass ihre Überraschung gelungen war. "W...W...Was ist denn hier los? Was macht ihr alle hier?" stammelte Ishizu. "Ich habe sie eingeladen, mein Engel." antwortete Odeon und trat vor (obwohl er hinter Yugi ja nicht gerade versteckt gestanden hatte). "Du warst in letzter Zeit so angespannt und ich dachte, dass du vielleicht unsere Freunde vermisst." Ishizu starrte Odeon sprachlos an. Fantastisch! Da hatte sie sich endlich dazu entschlossen, Odeon die Wahrheit zu sagen, hatte sich auf einen ruhigen Abend mit ihm gefreut und nun das! Allerdings konnte sie ihm kaum Vorwürfe machen. Er wusste es ja nicht. Und es war bestimmt schwierig gewesen, alle in so kurzer Zeit von Japan nach Ägypten zu holen. Ishizu lächelte also notgedrungen und machte gute Miene zum bösen Spiel. Odeon ließ erleichtert die Schultern hängen, als er Ishizu lächeln sah. Im ersten Moment hatte sie nicht besonders begeistert gewirkt, aber sie hatte eben einfach nicht erwartet, dass plötzlich alle ihre Freunde im Flur stehen würden. Er nahm Ishizus Arm und führte sie ins Wohnzimmer, während er ihr erklärte, was er für die nächsten Tage alles an Aktivitäten geplant hatte. Ishizu seufzte innerlich. Nun, auf einen ruhigen Moment, um Odeon die Neuigkeit mitteilen zu können, musste sie offensichtlich noch etwas warten. Neben Besuchen des Ägyptischen Museums, einer Kaiba-World, den Pyramiden von Gizeh und Luxor bzw. Theben würde sicherlich keine Zeit bleiben für private Gespräche. "Wie geht es Marik?" hörte sie plötzlich Yugis Stimme an ihrer Seite. Eigentlich ja an ihrer Hüfte, aber sie wollte nicht gemein sein. "Ihm geht es gut. Er ist viel unterwegs. Deshalb sehen wir uns nicht so besonders oft." antwortete Ishizu. "Schade. Ich hätte ihn gern gesehen, um mich mit ihm zu duellieren. Das wäre bestimmt ein tolles Spiel gewesen." Ishizu verzog innerlich das Gesicht. Als ob es nur dieses bescheuerte Kartenspiel gäbe! Man konnte nicht alle Probleme damit lösen. Im Gegenteil, es verursachte mehr Probleme als es löste. *** Eine Woche später mussten Yugi und seine Freunde wieder nach Japan zurückfliegen. Ishizu seufzte erleichtert, als das Flugzeug gestartet war. Auf die Dauer waren sie ganz schön nervig. Außerdem waren die ganzen Ausflüge auch körperlich sehr anstrengend gewesen. Eigentlich müssten Touristen als Leistungssportler bezeichnet werden. Zurück in der Wohnung verzog sie sich ins Schlafzimmer, legte sich aufs Bett, schloss die Augen und atmete tief durch. "Geht's dir gut?" hörte sie plötzlich Odeons Stimme neben sich. "O Gott, lass mich mal eine Minute allein!" stöhnte Ishizu unwillkürlich. Odeon erstarrte. "Bitte! Wenn du willst! Ich hab mir ja nur Sorgen gemacht, weil du erschöpft aussiehst." gab er zurück. Ishizu war wirklich nicht sonderlich dankbar, dachte er. Da hatte er Dutzende Leute anrufen müssen, um so kurzfristig genug Flugtickets für alle zu bekommen und sie hatte in der vergangenen Woche jeden Tag weniger geredet als noch am Vortag. "Erschöpft? Wie kommst du darauf? Ich musste die letzte Woche ja auch nur halb Ägypten durchwandern!" hörte er plötzlich Ishizus wütende Antwort. Und da konnte auch er sich nicht mehr zurückhalten. "Du hättest ja etwas sagen können, wenn es dir zuviel war." "Was sagen?! Wie denn? Ich wollte euch nicht enttäuschen und du warst ja offensichtlich so froh, dass alle da waren." "Weil ich dachte, du würdest sie vermissen. Ich bin erwachsen, Ishizu. Ich bin ein Mann. Ich kann es schon ertragen, wenn dir eine Überraschung nicht gefällt! Aber dieses dickköpfige Schweigen ist einfach nicht fair!" "Dickköpfiges Schweigen? Ich war müde und wollte meine Ruhe. Ich hatte dir eigentlich... Ach, vergiss es." "Was wolltest du mir eigentlich?" "Ich wollte dir eigentlich was sagen, aber du musstest ja Yugi und seinen ganzen Anhang anschleppen." "Ich konnte ja nicht ahnen, dass dich das so stören würde. Weißt du, Ishizu, geheimnisvolles Schweigen ist nicht sonderlich hilfreich." "Ich dachte, es wäre dadurch klar, dass ich meine Ruhe haben wollte." schrie Ishizu. "War es so undeutlich, dass ich allein sein wollte?" "Bitte, wenn du allein sein willst. Das kannst du haben." Odeon wandte sich mit wütenden Schritten um, öffnete den Kleiderschrank und packte mit entschlossenen Bewegungen eine Tasche. Dann ging er zur Tür. "Ich ziehe zu Marik. Mach doch, was du willst." sagte er noch, bevor er die Tür hinter sich zuschlug. Ishizu starrte ihm entsetzt hinterher. "Aber ich wollte doch mit dir allein sein." flüsterte sie noch, bevor sie in Tränen ausbrach. *** So ging das nicht weiter. Ishizu lief unruhig in der Wohnung auf und ab. Vor einer Woche war Odeon wütend aus der Wohnung gestürmt. Und seitdem hatte sie nicht mehr mit ihm gesprochen, geschweige denn ihn gesehen. Und es war ihre Schuld. Odeon hatte Recht. Sie hätte etwas sagen müssen. Eigentlich hätte sie schon viel eher mit ihm reden müssen, dann wäre es gar nicht zu diesem ganzen Durcheinander gekommen. Sie musste jetzt mit ihm sprechen. Sie nahm den Schlüssel und verließ die Wohnung. Mit einem Taxi fuhr sie zu Mariks Wohnung und klopfte. Odeon öffnete. Ishizu schluckte. Gott, wie sie ihn vermisst hatte! Odeon schluckte ebenfalls. Wie hatte er es nur eine ganze Woche ohne sie aushalten können? Eine ganze Woche, ohne ihre Stimme zu hören! "Darf ich reinkommen?" fragte Ishizu. "Sicher. Komm rein. Es ist nicht besonders aufgeräumt, aber na ja, mir war nicht danach. Willst du was trinken? Ich kann dir auch ein Sandwich machen. Paprika-Salami? Das magst du doch am liebsten, oder?" Abrupt hielt Odeon inne. O Gott, er plapperte wie ein Teenager. Von wegen, er war ein Mann! So hörte er sich nicht gerade an. "Nein danke, ich möchte nichts." riss ihn Ishizus Stimme aus seiner Selbstbetrachtung. "Ich möchte mich entschuldigen. Ich weiß, dass ich mich sehr unfair verhalten habe." Odeon hörte, wie traurig ihre Stimme klang. "Ist schon gut." sagte er und schloss sie in die Arme. Erleichtert schmiegte Ishizu sich an ihn. "Ist alles wieder in Ordnung?" fragte sie noch ein wenig zweifelnd. "Ja, ich hole meine Tasche und wir fahren nach Hause." antwortete Odeon. "Ich werde jetzt ganz bestimmt nicht mehr so mürrisch sein. Ich war die letzten Wochen nur etwas... ähm...angespannt." sagte sie. Er drehte sich um. "Warum denn, mein Engel? Hast du Probleme? Kann ich irgendwas für dich tun?" "Ich..." begann Ishizu und unterbrach sich dann. "Nein, es liegt nicht an dir, Odeon." Naja, nur ein bisschen. Immerhin gehörten dazu immer zwei. "Mach dir keine Sorgen. Ich werde wieder wie früher sein." Nur ein wenig dicker... Odeon küsste sie sanft und holte dann seine Tasche. *** Wiederum zwei Wochen später. Dr. Mulaid begleitete Ishizu ein Stück nach Hause. "Sie müssen mich wirklich nicht begleiten, Dr. Mulaid." meinte sie. "Mir geht es gut." "Natürlich, davon konnte ich mich ja eben selbst überzeugen. Aber ich habe sowieso Pause und da ich den ganzen Tag in der Praxis sitze, tut mir ein Spaziergang ganz gut." antwortete er lächelnd. "Haben sie ihrem Freund denn schon gesagt, dass sie bald zu dritt sein werden?" Ishizu seufzte. "Nein. Wir hatten vor drei Wochen einen Streit und haben uns erst kürzlich wieder versöhnt. Ich möchte nicht schon wieder mit ihm streiten." "Würde er denn wütend werden, wenn er davon erfährt?" fragte Dr. Mulaid besorgt. "Ich weiß es nicht. Vor einiger Zeit hat er einmal gesagt, dass Kinder anstrengend sind und es ein Glück sei, dass wir keine hätten, weil sie in unserer Wohnung alles durcheinanderbringen würden." "Nun, aber mit eigenen Kindern ist das doch etwas anderes. Glauben Sie mir, er wird begeistert sein. Wenn Sie noch lange warten, wird er wahrscheinlich eher wütend sein, weil sie es ihm nicht gesagt haben." Ishizu nickte. "Sie haben Recht. Er muss es endlich erfahren. Danke, Doktor." "Nichts zu danken, meine Liebe. Sagen Sie es ihm und machen Sie sich keine Sorgen." antwortete Dr. Mulaid. "So, hier werde ich mich verabschieden, sonst bin ich nicht mehr rechtzeitig in der Praxis zurück." Er umarmte Ishizu aufmunternd und wandte sich dann um, um zurückzugehen. Ishizu machte sich auf den Heimweg. Heute war also der große Tag. Sie würde es Odeon sagen. Odeon war wie erstarrt. Das war also des Rätsels Lösung. Deshalb war Ishizu die vergangenen Wochen so angespannt gewesen. Sie hatte ihm etwas sagen wollen, hatte sie erzählt. Sie hatte ihm sagen wollen, dass sie sich in einen anderen Mann verliebt hatte. Wieso hatte sie ihn nach dem Streit nur zurückgeholt? Er würde sie fragen. Und dann würde er ausziehen. Wenn ein anderer Mann sie glücklicher machte, wollte er dem nicht im Weg stehen. Er hoffte nur, dass ihm dieser Mann niemals begegnen würde. Ob er sich da zurückhalten könnte, wagte er zu bezweifeln. *** Als Odeon die Wohnungstür aufschloss, stieg ihm der Geruch von brennenden Kerzen in die Nase. Er war noch in der Stadt herumgelaufen, um nachzudenken, obwohl er eigentlich keinen klaren Gedanken fassen konnte, so sehr schmerzte ihn die Vorstellung, Ishizu zu verlieren. "Wo warst du denn?" kam ihm Ishizu lächelnd entgegen. "Ich habe auf dich gewartet. Ich muss dir unbedingt was sagen." Sie küsste ihn kurz und führte ihn dann ins Wohnzimmer, wo sie ihn in den Sessel dirigierte und sich ihm gegenüber auf die Couch setzte. Ihre Augen strahlten im Licht der unzähligen Kerzen, die sie im ganzen Raum angezündet hatte; als würden Sterne vor dem mitternachtsblauen Himmel tanzen, so spiegelten sich die Flammen der Kerzen in Ishizus Augen. Und da konnte Odeon nicht mehr an sich halten. "Warum bist du nach unserem Streit zu mir gekommen und hast mich zurückgeholt, wenn du doch einen Anderen liebst?" fragte er. "Ich werde euch nicht im Wege stehen. Ich möchte nur wissen, warum du es nicht damals schon beendet hast." Stille. Odeon blickte auf und sah in Ishizus entsetzte Augen. "Wovon redest du eigentlich?" fragte sie völlig entgeistert. "Ein Anderer? Wer soll das sein?" Ishizu war geschockt. Wie konnte Odeon denn so etwas denken? Odeon erwiderte: "Du musst es nicht abstreiten. Ich habe euch heute gesehen. Er hat dich umarmt..." "Umarmt?" unterbrach ihn Ishizu. Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie konnte nicht anders, als in Gelächter auszubrechen. Odeon starrte sie entgeistert an. Was war so komisch? Ishizu hob lachend den Kopf, sah Odeon an und sah, dass er keineswegs belustigt war. Sie riss sich zusammen. "Der Mann, der mich heute umarmt hat, ist Dr. Mulaid." hub sie an zu erklären. "Ich will nicht wissen, wer er ist." unterbrach Odeon sie. "Sei ruhig und hör zu!" gab sie zurück. "Dr. Mulaid ist nicht der Mann, den ich liebe, sondern mein Arzt." "Dein Arzt?" fragte Odeon besorgt. Er setzte sich neben sie auf die Couch und nahm ihre Hände in seine. "Bist du krank?" "Nicht direkt. Dr. Mulaid ist Gynäkologe." antwortete Ishizu und schaute Odeon erwartungsvoll an. "Gynäkologe?" Odeon war verwirrt, bis er wusste, was es bedeutete. "Ach so, du meinst, du gehst zu ihm zu diesen regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen." Ishizu seufzte leise. Nun ja, warum hätte es so einfach sein sollen? Sie musste es also deutlich aussprechen. "Nun, ja, ich gehe tatsächlich zu Untersuchungen zu ihm. Allerdings überprüft er dabei, ob..." Sie zögerte. "Ob was?" fragte Odeon und schlang seine Arme um sie. "Du kannst es mir sagen. Wir werden das schon schaffen." Ishizu küsste ihn sanft und sagte dann: "Er überprüft, ob mit dem Baby alles in Ordnung ist." "M...M...Mit dem...?" stammelte Odeon. Ishizu lächelte unwillkürlich. Sie schaute den völlig fassungslosen Odeon an. Diese Augen! Sie wünschte sich ein Kind mit diesen Augen. Olivfarbene Augen. Glänzend wie Peridots. Kapitel 4: Wenn drei in einem Fahrstuhl sind... ----------------------------------------------- „Bist du sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?“ fragte Odeon. „Ja. Ich hasse rohen Fisch, zumindest im Moment.“ meinte Ishizu. „Seltsam. Schlimmer als saure Gurken getaucht in Schokocreme kann’s nicht sein.“ grinste er. Ishizu knuffte ihn in die Seite. „Sei bloß ruhig. Wer ist denn an meinem Zustand schuld, hm?“ Odeon lächelte sie zärtlich an und sein Blick wanderte zu ihrem Bauch. Bald war es soweit. „Also gut. Ich gehe ohne dich zu diesem Geschäftsessen. Aber du fühlst dich wohl, oder?“ fragte Odeon besorgt. „Ja, mir geht es gut.“ meinte sie beruhigend. Odeon hatte das schon mindestens hundertmal gefragt, seit sie sich entschieden hatte, hochschwanger nach Japan zu fliegen, um an diesem Ägyptologenkongress teilzunehmen. „Ich bin nur schwanger, nicht krank.“ Gedankenverloren legte sie die Hand auf ihren Bauch. Diese ständigen Rückenschmerzen, die sie seit ein paar Wochen plagten, waren normal, wenn man ein paar Kilo vor sich her trug. „Also bis dann, mein Engel.“ riss Odeons Stimme sie aus ihren Gedanken. „Bis dann.“ lächelte Ishizu und erwiderte Odeons sanften Kuss. Sie schaute ihm nach, als er sich entfernte und wandte sich dann um, um ins Hotel zurückzukehren. Heute war kein guter Tag. Die Schmerzen wollten irgendwie nicht aufhören. Vermutlich war sie in letzter Zeit einfach zu viel auf den Beinen gewesen. Wenn sie sich kurz hinlegen konnte, würde es ihr wieder besser gehen. In diesem Moment hob sie den Kopf und fand sich vor einem Kaiba-Land wieder. Sie betrachtete die Figuren des Weißen Drachen mit Eiskaltem Blick, als sie plötzlich Mokuba durch eine Tür an der Seite des Gebäudes verschwinden sah. Das brachte sie auf eine Idee. Hier würde sie sich sicherlich kurz ausruhen können. Kurz entschlossen betrat sie die Spielewelt. *** „Wheeler! Was willst du in meinem Fahrstuhl? Sehnsucht nach einer weiteren Niederlage?“ fragte Seto mit diesem eisigen Glitzern in den Augen und diesem sarkastischen Lächeln, das Joey so gut kannte und das ihn jedes Mal zur Weißglut trieb. So auch jetzt. „Du kannst mich mal. Es dreht sich nicht alles nur um dich, Kaiba. Ich will zu Mokuba.“ fauchte er. „Zu meinem Bruder? Was kann der kleine Wheeler wohl von ihm wollen?“ meinte Seto und musterte den Blondschopf spöttisch. „Halten Sie den Fahrstuhl auf!“ ertönte plötzlich eine Frauenstimme und geistesgegenwärtig stellte Kaiba seinen Fuß zwischen die sich schließende Fahrstuhltür. „Danke.“ sagte Ishizu, als sie ein paar Augenblicke später hineinschlüpfte. Dann hob sie den Kopf und lächelte. „Kaiba. Joey. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ihr es seid. Wie schön, euch wiederzusehen.“ „Wenn du meinst.“ antwortete Seto. Er musterte die Ägypterin. Sie sah genauso aus wie das letzte Mal, als er sie gesehen hatte... nur war sie hochschwanger. Auch Joey starrte überrascht auf Ishizus Bauch. „Wie ist denn das passiert?“ rutschte es ihm heraus. Eine solche Gelegenheit konnte Seto Kaiba natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen. „Was denn, Wheeler, noch nie was von den Blumen und Bienen gehört?“ grinste er sarkastisch und Joey lief rot an. Ishizu lächelte. Die beiden hatten sich überhaupt nicht verändert, immer noch wie Hund und Katz. Aber vermutlich waren sie so am glücklichsten. Beiden würde wohl etwas fehlen, wenn sie den anderen nicht mehr zum Anfauchen hätten. „Schön, dass ihr euch so gut versteht.“ meinte sie ruhig, ihre Stimme bar jeder Ironie. Zwei blaue und zwei braune Augen starrten sie an. „Verstehen?“ ertönte es gleichzeitig aus beiden Mündern. „Ich mich mit DEM??? Das ist doch nicht dein Ernst!“ Die beiden Männer schauten sich an: „Hör auf, mich nachzuäffen!“ sagten beide. Ishizu brach in Gelächter aus und sorgte damit für einen weiteren geschockten Blick der beiden. Hatten sie die Ägypterin schon jemals laut lachen gehört? „Odeon muss ja wirklich ein Teufelskerl sein.“ meinte Seto halblaut. Ishizus Lachen verebbte und sie schaute ihn ruhig an: „Das ist er.“ Seto wollte etwas erwidern, als es plötzlich beängstigend knirschte. Der Fahrstuhl sauste ein paar Meter in die Tiefe, ruckte mehrmals heftig und blieb dann stehen. Nach ein paar Sekunden rappelte Joey sich vom Boden, mit dem er nähere Bekanntschaft geschlossen hatte, auf und schaute sich um. Na, das war ja klar gewesen! Seto stand noch. Der stand immer. Wieso verlor der nie das Gleichgewicht? Ishizu war durch die plötzlichen Bewegungen des Fahrstuhls in eine Ecke geschleudert worden und rieb sich jetzt den linken Arm, den sie sich unsanft gestoßen hatte. Seto drückte auf den Alarmknopf, aber nichts passierte. Kein Pfeifen, keine Antwort. Nur Stille. „Fantastische Qualität, die DEIN Fahrstuhl hat, Kaiba.“ meinte Joey grinsend. „Pass auf, was du sagst, Wheeler!“ schoss Seto zurück. Während er sein Handy zückte, drehte er sich zu dem Blonden um und meinte grinsend: „Vermutlich ist der Fahrstuhl überlastet. So viel Dummheit muss er sonst nicht befördern.“ „Pah, er wird sich einfach an deinem Ego überhoben haben.“ antwortete Joey. „An MEINEM Ego? Wer überschätzt sich denn jedes Mal und glaubt, mich mit stümperhaften Versuchen, Karten strategisch auszuspielen, besiegen zu können?“ „Das muss derjenige sagen, der immer gegen Yugi verliert.“ Setos Augen wurden, wenn das überhaupt möglich war, noch eine Spur eisiger. Und seine Stimme hätte sogar die Sonne gefrieren lassen: „Wheeler...“ Ein unterdrücktes Stöhnen unterbrach die „Diskussion“. Die beiden Männer drehten sich zu Ishizu um, die gekrümmt dastand, einen Arm um ihren Bauch geschlungen hatte und sich mit dem anderen an der Wand abstützte. Sie war blass und hatte ihre Lippen fest aufeinander gepresst. „O Gott, was ist los? Ist irgendwas nicht in Ordnung? Mann, Kaiba, ruf doch den Notruf. Wozu fuchtelst du sonst mit deinem Handy rum?“ rief Joey panisch. „Kein Empfang.“ erwiderte Seto und musterte Ishizu unbewegten Gesichtes. „Wehe, du übergibst dich hier!“ sagte er. „Das ist hochempfindliche Elektronik.“ „Kaiba, du Arschloch.“ funkelte Joey ihn an und wandte sich dann besorgt an Ishizu: „Alles in Ordnung?“ „Es geht schon.“ meinte sie und Joey atmete durch, während Seto sie skeptisch musterte. „...nur meine Tochter will jetzt zur Welt kommen.“ . . . „Aber doch wohl nicht hier.“ war das erste, was Seto nach der überraschten Stille sagte. „Das kann nicht sein. Es kann nicht jetzt kommen. Wir haben doch gar kein heißes Wasser.“ rief Joey panisch. „Heißes Wasser?“ Ishizu schaute den Blondschopf irritiert an. „In den Filmen brauchen sie das immer.“ „Das ist aber kein Film. Meine Tochter wird hier und jetzt geboren werden.“ Ishizu schaute Seto an: „Und zumindest, falls du den Fahrstuhl nicht bald wieder in Gang bekommst, Kaiba, werde ich leider nicht verhindern können, dass dein Fahrstuhl Schaden nimmt.“ Eine neue Wehe fuhr durch ihren Körper. Überrascht krümmte sie sich zusammen und krallte ihre rechte Hand haltsuchend in Joeys Arm, der daraufhin mit einem Schmerzenslaut in die Knie ging. „Mann, Wheeler, was bist du für ein Weichei.“ sagte Seto verächtlich. „Na, dann stell du doch deinen Arm zur Verfügung, wenn du so’n toller Hecht bist.“ Ishizu richtete sich langsam wieder auf und atmete tief durch. „Ich werde so etwas wie eine Decke brauchen.“ mischte sie sich ein. „Na los, Wheeler, zieh deine Jacke aus.“ lächelte Seto maliziös. Schweigen. Dann bemerkte er Ishizus Blick. Sie lächelte ihn entschuldigend an. „Joeys Jacke ist zu rau. Wohingegen dein Mantel...“ Zum ersten Mal entgleisten Kaibas Gesichtszüge. „Nie im Leben! Erst mein Fahrstuhl und nun das?“ Die Ägypterin schaute ihn an und hob ganz leicht eine Augenbraue. „Aber Kaiba, ich hätte nicht gedacht, dass dir Kleidung so wichtig ist.“ Plötzlich ertönte eine Stimme von oben. „Kaiba-san, ist alles in Ordnung?“ rief Roland. „Ja, aber sorg endlich dafür, dass wir hier rauskommen.“ „Wir tun unser Möglichstes, aber der Fahrstuhl hat sich zwischen zwei Stockwerken im Schacht verhakt. Es wird noch etwas dauern.“ „Verdammt, ich hab keine Lust, dass sie ihr Junges hier wirft.“ schrie Kaiba seinen Untergebenen an. Stille. „Kaiba-san?“ fragte Roland zögernd. „Mein Gott, hol einen Arzt. Sie bekommt hier gerade ein Kind.“ „Mein Gott.“ tönte es aus dem Schacht zurück. „Einen Moment Geduld.“ „Wir haben keine Zeit mehr.“ presste Ishizu zwischen zusammengekniffenen Lippen heraus. Ihre Finger gruben sich diesmal in Setos Unterarm, als sie unter dem erneuten Ansturm einer Wehe in die Knie ging. Seto konnte einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken und Joey grinste. Das verging ihm aber, als Ishizu konzentriert begann zu atmen. „Ogottogottogott...“ murmelte er vor sich hin. „Reiß dich zusammen, Wheeler! Es ist nur eine Geburt...“fuhr Seto ihn an „...und kein Duell.“ Er grinste. Ishizus Stöhnen lenkte die Aufmerksamkeit der beiden Männer wieder auf das dringlichste Problem. Sie hatte sich inzwischen zu Boden sinken lassen und saß nun an die Wand gelehnt da. Mit geschlossenen Augen atmete sie konzentriert, während sie mit den Händen über ihren Bauch streichelte. Sie war blass und presste in immer kürzen Abständen die Lippen angespannt aufeinander. „Verdammt“ murmelte Seto vor sich hin „wieso geht das so schnell?“ Er schaute Joey an, der immer noch mit weit aufgerissenen Augen dastand und sich nicht rührte. „Na los, Wheeler, komm her.“ Joey löste sich aus seiner Erstarrung und kniete sich neben Ishizu. „Du wirst ihr helfen.“ fuhr ihn Kaiba an. Joey blickte ihn verständnislos an, als ihn plötzlich etwas Weiches traf. Kaiba hatte seinen Mantel ausgezogen und ihm zugeworfen. „Für das Kind.“ erklärte er auf Joeys fragenden Blick mit geringschätzigem Ton. „...das jetzt übrigens kommt...“ warf Ishizu ein und stöhnte laut auf. „Oneinoneinonein....“ jammerte Joey. „Was soll ich machen.“ „Es auffangen, du Idiot!“ presste Seto zwischen den Zähnen hervor, als Ishizu ihre Hand wieder in seinen Arm krallte und zudrückte. „Ist da unten alles in Ordnung?“ ertönte eine Männerstimme aus dem Schacht. „Ich bin Arzt. Sie haben eine Frau in den Wehen?“ „Wir haben eine Frau, die gerade ein Kind kriegt. Bewegen Sie ihren Hintern sofort hier runter.“ rief Seto. „Das ist etwas schwierig. Solange es keine Komplikationen gibt, müssen sie nur den Säugling auffangen und warm halten. Das ist kein Problem.“ rief die Stimme zurück. „Kein Problem... kein Problem...“ wiederholte Ishizu zwischen ihren hastigen Atemzügen. „O bei Ra, ich wünschte, Odeon wäre hier.“ Joey wurde bleich und schwankte: „Ogottogottogott... der Kopf... o Gott... ich kann nicht...“ „Gib her!“ Seto war aufgestanden und stieß Joey zur Seite, nachdem er ihm seinen Mantel aus der Hand gerissen hatte. Gleich darauf rutschte ein verschrumpeltes, feuchtes Etwas in seine Hände. *** Und zum ersten Mal kam kein sarkastischer Spruch aus Seto Kaibas Mund. Geschockt und gebannt starrte er auf dieses kleine Wesen und rührte sich nicht. „Kaiba, kann ich meine Tochter sehen?“ ertönte plötzlich Ishizus sanfte Stimme. Er blickte auf, direkt in ihr lächelndes Gesicht. Sie streckte ihm die Arme entgegen und er wickelte das kleine Mädchen hastig in seinen Mantel und übergab es dann seiner Mutter. Zärtlich lächelte Ishizu auf ihre Erstgeborene herab. Das Mädchen schmatzte ein paar Mal und schlief dann ein. *** In diesem Moment ruckte der Fahrstuhl ein paar Mal und als er sich stabilisiert hatte, öffneten sich die Türen und drei Männer auf einmal stürmten herein. Roland wandte sich besorgt an seinen Chef: „Sind Sie verletzt, Kaiba-san?“ Kaiba schaute an sich herab und bemerkte sein blutverschmiertes Hemd, aber das war ihm egal. „Mir geht’s gut.“ wehrte er unwirsch ab und beobachtete die beiden Männer, die inzwischen neben Ishizu knieten. „Nun, wie geht es uns denn?“ fragte der Arzt. „Sie hat gerade ganz allein ein Kind zur Welt gebracht. Wie soll es ihr schon gehen.“ fuhr Odeon ihn an. Ishizu legte ihm sanft die Hand auf den Arm. „Es konnte niemand wissen, dass unsere Tochter sich entscheiden würde, heute auf die Welt zu kommen. Mach dir keine Vorwürfe!“ Sie lächelte sanft auf ihre Tochter herab. „Nun, dann werden wir die kleine Lady mal ins Krankenhaus zur Untersuchung bringen. Wie heißt sie denn eigentlich?“ fragte der Arzt. Fünf Augenpaare richteten sich erwartungsvoll auf die Ägypterin. Und Ishizu konnte es sich nicht verkneifen, die Spannung noch etwas zu steigern. „Nun, ich dachte an einen Namen, der an Musik, Lachen, Feste und Tanz denken lässt...“ Zur großen Überraschung von Seto spielte nun sogar ein schelmisches Lächeln um ihre Lippen und er dachte, dass man Frauen wirklich nie vollständig kennen lernen konnte. Er hätte nie gedacht, dass Ishizu Ishtar verschmitzt aussehen konnte. „Hathor.“ sagte Ishizu plötzlich und als Seto das freudig überraschte, glückliche Strahlen sah, das sich auf Odeons Gesicht ausbreitete, beneidete er ihn fast. Aber nur fast, denn jetzt war die kleine Hathor aufgewacht und machte sich lautstark und nicht gerade musikalisch wertvoll bemerkbar. „So, dann kann ich ja jetzt gehen.“ meinte Seto und wandte sich zum Gehen. „Der Schreihals ist ja jetzt in den besten Händen.“ „Kaiba, sei nicht so fies. Babys haben eben Hunger.“ fuhr ihn Joey an. „Ach, was weißt du denn von Babys, Wheeler. Du bist doch gerade fast umgekippt.“ „Das war doch nicht meine Schuld. In deinem tollen Fahrstuhl ist es nur so stickig.“ „Pah, du bist einfach ein Schlappschwanz, Wheeler.“ Und wenn sie nicht gestorben sind... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)